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Predigtreihe zum Jahr der Bibel

Für Fragen und Anregungen bin ich dankbar: Peter van Briel.

 

 

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Diese Katechese ist auch als gedrucktes Heft (Nr. 010) erhältlich: Kostenlose Bestellung

1. Predigt - Historizität des NT

Liebe Schwestern und Brüder, wir haben es schon am Anfang des Gottesdienstes gehört: Wir wollen auch in unserer Gemeinde das Jahr der Bibel 2003 als Anlass nehmen, dem Buch der Bücher einen neuen Zugang abzugewinnen. Ich habe vor einigen Jahren schon einmal eine Predigtreihe zur Eucharistie gehalten, an den nächsten Sonntag möchte ich nun etwas zur Heiligen Schrift sagen.

Es gibt verschiedene Hürden, die es uns schwer machen, einfach mal wieder in der Bibel zu lesen. "Alles gar nicht passiert" ist so eine Hürde; "unverständliches Zeug" eine andere; "alles so weit weg" - "langweilig" - und "immer dasselbe" weitere Hürden.

Für heute möchte ich die erste Hürde in Augenschein nehmen: "Das ist alles gar nicht passiert"; die Bibel sei ein Sammelsurium von Legenden, Märchen, Gerüchten und Unwahrheiten. Wie soll Gott etwa die Welt in nur sieben Tagen erschaffen haben? Wie kann es sein, dass alle Tiere dieser Welt auf nur einem einzigen Schiff Platz gefunden haben sollen? Sollte Mose wirklich das Rote Meer mit seinem Stab geteilt haben? Kann Jesus die Zukunft vorhersagen, Menschen heilen und Tote erwecken? Wie kann jemand, der tot ist, selbst wieder lebendig werden?

Wie sollen wir die Bibel lesen? Nun, Lukas leitet sein Evangelium mit den Worten ein: «Schon viele haben es unternommen, einen Bericht über all das abzufassen, was sich unter uns ereignet und erfüllt hat. Dabei hielten sie sich an die Überlieferung derer, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes waren. Nun habe auch ich mich entschlossen, allem von Grund auf sorgfältig nachzugehen, um es für dich, hochverehrter Theophilus, der Reihe nach aufzuschreiben. So kannst du dich von der Zuverlässigkeit der Lehre überzeugen, in der du unterwiesen wurdest.» (Lk 1, 1-5)
Und Petrus schreibt in seinem zweiten Brief: «Ich halte es nämlich für richtig, euch daran zu erinnern, solange ich noch in diesem Zelt lebe, und euch dadurch wach zu halten; denn ich weiß, dass mein Zelt bald abgebrochen wird, wie mir auch Jesus Christus, unser Herr, offenbart hat. Ich will aber dafür sorgen, dass ihr auch nach meinem Tod euch jederzeit daran erinnern könnt. Denn wir sind nicht irgendwelchen klug ausgedachten Geschichten gefolgt, als wir euch die machtvolle Ankunft Jesu Christi, unseres Herrn, verkündeten, sondern wir waren Augenzeugen seiner Macht und Größe.» (2 Petr 1, 13-16)
Zumindest für das Neue Testament erheben die Autoren den Anspruch, historische Wahrheit zu überliefern, keine Mythen und keine orientalische Märchen. Moderne Theologen betonen zwar immer wieder, dass die Autoren der Bibel ihre Glaubenserfahrungen vermitteln wollen - und kein Geschichtsbuch mit historischem Anspruch schreiben wollten. Sie schließen daraus, dass vieles (vielleicht sogar alles?) nur Symbolgeschichten sind, die Glauben wecken wollen; aber ob das alles wirklich geschehen ist, bleibt unwahrscheinlich.

Einmal angenommen, sie wollen ihren Enkeln deutlich machen, wie schrecklich der Krieg ist. Deshalb sammeln sie Geschichten und Erzählungen, die sie selbst im Krieg erlebt haben oder die andere ihnen erzählen. Ihre Absicht ist es nicht, eine Geschichte des zweiten Weltkrieges zu schreiben, sondern deutlich machen, was Krieg eigentlich bedeutet. Deshalb ordnen sie die Geschichten, betonen bestimmte Details und lassen andere weg, erklären bestimmte Dinge auf, die die Kinder noch nicht verstehen können und so weiter.
Kann ein moderner Forscher daraus schließen, dass das alles erfunden ist und nie stattgefunden hat? Machen die Geschichten denn überhaupt noch einen Sinn, wenn sie alle erfunden sind? Wohl kaum.

Oder ein anderes Beispiel: Ein Biologe schreibt ein Buch, in dem er die kleinen und großen Wunderwerke der Natur beschreibt; die Schönheit und Ordnung der Pflanzen- und Tierwelt, um dadurch auf die Schönheit Gottes zu verweisen. Kann man deshalb sagen: Es geht ihm doch nur um Gott, also wird alles andere wohl erfunden sein?

Anzunehmen, dass die Bibel sich nicht um Naturwissenschaften und Geschichtswissenschaften bemüht, nur weil sie im Dienst des Glaubens steht, ist unwissenschaftlich.

Es ist klar: Wenn ich nicht an Gott glaube, werde ich auch die Bibel für ein Lügenbuch halten; denn es wird dort von den Taten Gottes erzählt. Aber auch als glaubenswilliger Mensch, der Wunder und Berufungen für möglich hält, ja sogar so etwas wie eine Menschwerdung Gottes nicht von vornherein ausschließt, sollte bei Wunderberichten skeptisch sein. Warum also der Bibel glauben?

Nun, deshalb, weil sie sogar aus historischer Sicht sehr glaubwürdig sind. Nehmen wir einmal die Auferstehung Jesu: Die Informationen über dieses Ereignis lassen sich auf die ersten fünf Jahre nach Jesu Tod datieren - viel zu wenig Zeit für eine Legendenbildung, außerdem fehlen die für eine Legende üblichen Ausschmückungen. Die Zeugen und Kritiker Jesu waren alle noch am Leben und hätten jede Unwahrheit sofort aufgegriffen, um endlich diesen lästigen christlichen Glauben zu entblößen. Außerdem werden Frauen als die ersten Zeugen der Auferstehung genannt, obwohl das Zeugnis der Frauen wurde damals als grundsätzlich unzuverlässig angesehen und war z.B. vor Gericht nicht erlaubt. Der einzige Grund, dieses eher peinliche Detail nicht zu verschweigen ist der, dass es wirklich Frauen waren, die das leere Grab entdeckten. Außerdem ist glaubten die ersten Jünger ernsthaft und ganz plötzlich an die Auferstehung Jesu, obwohl sie an das Gegenteil hätten glauben müssen; denn der jüdische Glaube kennt keine Auferstehung vor dem Jüngsten Gericht am Ende der Zeiten. Für diesen Glauben waren sie sogar bereit zu sterben.

Wenn es aber - auch aus historisch, wissenschaftlicher Sicht - keine vernünftigere Erklärung für die Berichte von der Auferstehung gibt, als eben die Annahme, dass Jesus wirklich von den Toten auferstanden ist, dann dürften auch die restlichen Wunder keine Schwierigkeiten sein - davon abgesehen bestehen sie die historische Prüfung ebenso sicher.
Es gibt also gute Gründe, die Glaubwürdigkeit der Evangelien anzunehmen, und so gut wie keine Gründe, die Bibel für unglaubwürdig zu halten.

Liebe Schwestern und Brüder, natürlich besteht ein Unterschied zwischen den neutestamentlichen Berichten und den Erzählungen des Alten Testamentes. Die Hürde, "alles ist erfunden" lässt sich allerdings leicht nehmen: Das sagt schließlich nur der, der nicht glauben möchte.

Wir Christen, die wir von Gott berufen sind und seine Kinder heißen, sollten uns nicht beirren lassen. Lesen Sie in die Bibel in dem Geist, in dem sie geschrieben ist: Als ein aufrichtiges Zeugnis derjenigen, die Gott gesehen, gehört und erfahren haben. Amen.

2. Predigt - Die Historizität des AT

Liebe Schwestern und Brüder, unser Glaube beruht nicht auf klugen Überlegungen und persönlichen oder allgemeinen Glaubenserfahrungen - dann könnte die Bibel ruhig eine Sammlung von Märchen und Legenden sein, die diese Glaubenserfahrungen widerspiegeln. Nein, Jesus Christus hat mit seiner Predigt und seinem Tun etwas so radikal Neues in die Welt gebracht, dass das alle Überlegungen und Glaubenserfahren übersteigt. Der Maßstab unseres Glaubens ist also nicht das Glaubensgefühl der ersten Christen, sondern Jesus Christus selbst.

Deshalb glauben wir fest, dass das Neue Testament uns alles richtig und wahrheitsgemäß berichtet, was Jesus zu unserem Heil getan und gesagt hat - wie auch das II. Vatikanische Konzil schon festgehalten hat.

Etwas anders sieht es mit dem Alten Testament aus; vieles, was dort berichtet wird, erscheint uns heute zumindest fragwürdig, wenn nicht sogar unmöglich - denken wir nur an die Geschichte von Jona und dem Walfisch.
Vor einigen Jahrzehnten hätte kein ernstzunehmender Theologe auch nur in Betracht gezogen, dass an den Berichten über den Turmbau zu Babel, der Sintflut oder dem Auszug aus Ägypten auch nur ein Körnchen Wahrheit dran ist. Das ist heute nicht mehr so; angefangen mit Bücher wie z.B. "Und die Bibel hat doch recht" entdecken Archäologen und Geschichtsforscher immer wieder außerbiblische Hinweise darauf, dass an den Geschichten des Alten Testamentes doch mehr dran ist, als man zuvor geglaubt hat.

Allerdings darf man den Bogen auch nicht überspannen: Im Gegensatz zu den Zeugen Jehovas oder einigen radikal fundamentalistischen Christen, vor allem in Amerika behauptet die katholische Kirche keineswegs, dass alles, was im Alten Testament steht, den Anspruch auf historische Wahrheit erhebt.
Natürlich muss sich die Kirche von diesen Gruppen Kritik gefallen lassen: "Ja, was ist denn nun? Mal ist eine Geschichte wahr, dann wieder erfunden? Glaubt ihr Katholiken den überhaupt noch an die Bibel?"

Die Antwort der Kirche auf diese Frage ist einfacher, als manche glauben.

Liebe Schwestern und Brüder, stellen sie sich vor, sie haben Kinder, die Ihnen von der Schule erzählen - und vom dortigen Unterricht. Sie erzählen regelmäßig, was sie dort im Sachkunde-Unterricht lernen, berichten von Geschichten, die sie gehört haben; singen ihnen Lieder vor (manchmal immer wieder, ohne Ende) und sagen Gedichte auf. Sie erzählen von Erfahrungen auf Ausflügen oder Klassenfahrten - und schreiben sogar selbst Geschichten und Aufsätze.

Sie, als Eltern, wissen: Alles, was die Kinder erzählen, ist durch den kindlichen Verstand und in kindliche Worte gefasst - und enthält trotzdem wirkliches Wissen. Weil sie ihre Kinder kennen, können Sie unterscheiden zwischen Liedern und Gedichten - und den Berichten aus dem Sachkunde-Unterricht. Sie unterscheiden Berichte von Erlebnissen auf Ausflügen von frei erfundenen Aufsätzen, die allerdings eine kluge Lehre enthalten.

So ähnlich können auch wir Christen das Alte Testament lesen und verstehen. Gott ist der große Lehrer, der sein Volk auf die Begegnung mit seinem Sohn vorbereitet. Er lehrt seinem Volk Lieder und Gedichte (z.B. in den Büchern der Psalmen und Sprichwörtern und dem Hohenlied); das Volk Israel macht Erfahrungen und erlebt Geschichte (in den Geschichtsbüchern, von Mose bis zum Buch Samuel). Sie schreiben Aufsätze über wichtige Eigenschaften Gottes - wie z.B. das Buch Jona. Propheten ermahnen und erzählen in Gleichnissen, und es gibt Beispielgeschichten wie das Buch Hiob.

Zu verstehen, welche Art von Buch wir gerade in der Bibel lesen, schmälert nicht die Aussagekraft das Alten Testamentes, sondern lässt deutlicher Erkennen, was die Botschaft Gottes an uns (und ganz persönlich an mich) ist. Wenn ich weiß, was ich lese, werde ich besser begreifen, was Gott sagt. Wir würden dem Buch Jona Unrecht tun, wenn wir uns fragen, was wohl ein Biologe auf die Frage antwortet, wie lange ein Mensch im Bauch eines Walfisches überleben kann...
Wir würden aber auch den Berichten vom Auszug aus Ägypten und dem König David Unrecht tun, wenn wir darin nur die Lehrgeschichte eines Menschen sehen würden, der sein Vertrauen in Gott in eine spannende Geschichte packt. Das Alte Testament ist vielschichtig, aber immer doch Gottes Wort, verkleidet in unterschiedlichen "pädagogischen Konzepten".

Anders dagegen das Neue Testament: Nun lesen wir keine Texte von Menschen, die - wie unsere Kinder - in die Schule gegangen sind und dort einiges über Gott erfahren haben. Nun begegnen wir Gott selbst: in Jesus Christus. Sie stellen ihm Fragen, bitten um Erklärungen, nicht mehr gefiltert durch den kindlichen Verstand, sondern in der unmittelbaren Begegnung mit Gott.

Im Neuen Testament begegnet uns Gott ganz persönlich. Er spricht zwar immer noch in menschlichen Worten, die wiederum von Menschen aufgeschrieben sind - aber dem zugrunde liegt die einzigartige Selbstoffenbarung Gottes.

Grundsätzlich gilt: Trauen Sie dem, was sie hören. Oft steckt dort viel mehr Wahrheit drin, als wir vermuten. Das gilt, wenn sie die biblischen Geschichten lesen genauso, wie wenn ihr Kinder aus der Schule plaudern: Trauen sie denen, die von Gott erzählen. Amen.

3. Predigt - »Das ist alles so lange her...«

Liebe Schwestern und Brüder, viele unserer Zeitgenossen, die der Kirche und den Gottesdiensten fern stehen, führen als ein Argument an: "In der Bibel steht doch nur unverständliches Zeug drin, jahrtausendealte Geschichten. Die sagen mir nichts mehr." - Oder: "In den Gottesdiensten sprechen die immer so komisch. Eine ganz andere Sprache. Da verstehe ich kaum etwas." Oder, wie Pastoraltheologen formulieren würden: "In der Sprache der Bibel und der Gottesdienste findet sich der moderne Mensch mit seiner Sprache und seinem Denken nicht mehr wieder."

Vor ein paar Wochen habe ich in den Kindheitserinnerungen eines großen Schriftstellers die gegenteilige Ansicht gehört: "Schon als Kind habe ich es gehasst, wenn Erwachsene mit mir in einer aufgesetzten, naiven Sprache geredet haben. Ich fühlte mich herabgesetzt, ausgeschlossen und klein... Ganz besonders liebte ich es dagegen, beim Gespräch der Erwachsenen zuhören zu dürfen, auch wenn ich die vielen fremden Worte nicht verstand; es war eine andere, größere Welt, an der ich teilhaben durfte. Sie überstieg zwar meinen kindlichen Verstand, aber ich lebte in der Gewissheit: Dort ist meine Zukunft, dort werde ich hineinwachsen und irgendwann verstehen. Das gab mir das Gefühl, zu Höherem berufen zu sein und ließ mich vergessen, dass ich im Moment doch noch ein Kind war."

Liebe Schwestern und Brüder, die Bibel ist eine andere Welt - uns fremd. Aber nicht in erster Linie, weil die Welt der Bibel 2000 Jahre alt ist und damit vergangen und verloren. Sondern weil die Welt der Bibel ein Universum ist, in das wir noch hineinwachsen. Wir sind Kinder, die schon teilhaben dürfen an Wahrheiten, die unseren Horizont übersteigen. Und wir leben in der Gewissheit, einmal alles zu verstehen.
Ich gebe zu: Wer die Bibel aufschlägt, kommt - gerade im Alten Testament - oft an lange Auflistungen, langweilige Beschreibungen von Gebäuden, Gegenständen und Ahnenreihen. Das ist uns fremd und - in der Tat - langweilig. Aber die zahlreichen Personen und Ereignisse, die uns in der heiligen Schrift darüber hinaus begegnen, sie sind uns nicht deshalb fremd, weil sie solange schon tot sind, - sondern weil sie uns so weit voraus sind. Aber, gottseidank, wir haben die Hoffnung, zu ihnen einmal aufzuschließen.

Liebe Schwestern und Brüder, der heutige Mensch hat Schwierigkeiten mit den Berichten der Bibel, weil der Wunderglaube, der Glaube an Engel und Dämonen, an «Gott unter uns» dem heutigen, weit verbreiteten, naturwissenschaftlich bedingtem Weltbild widerspricht. Den Autoren des Neuen Testamentes wird ein falsches, in ihrer Zeit gegründetes Bewusstsein vorgeworfen: Die haben eben noch nicht unseren Wissenstand gehabt. Dieses Buch ist nun wirklich nicht mehr up-to-date, ganz und gar nicht lesenswert. Der moderner Leser dagegen scheint das Bewusstsein seiner Zeit - eben das heutige naturwissenschaftliche Denken - ganz ungeprüft und selbstverständlich als richtig hinzunehmen.

Die seltsame, antiquierte Sprache der Bibel mag für viele ein Grund sein, wegzuhören; es gibt halt Menschen, die nicht bereit sind, sich in anderes Denken, Sprechen und Erzählen hinein zuhören.
Die seltsame, antiquierte Sprache kann aber auch dazu führen, nicht nur in eine andere Kultur hinzuhören, sondern uns von unserer eigene, genauso zeitbedingte Sprech- und Redeweise zu lösen - und eben auch von unserem jetzigen Verständnis der Welt. Erst dann erschließen sich die ewigen Wahrheiten von Erlösung, Auferstehung, Schuld und Sühne, Lohn und ewiges Leben.

Liebe Schwestern und Brüder, Glauben ist nichts anderes, als sich auf etwas Fremdes einzulassen, Glauben setzt die Bereitschaft voraus, von gefestigten Gewohnheiten (Lesegewohnheiten - Denkgewohnheiten - Sprachgewohnheiten) abzurücken und sich auf etwas wirklich Neues einzulassen. Es ist Glauben nötig, um sich mit der Bibel anzufreunden; zumindest die Bereitschaft, Glauben anzunehmen.

Deshalb sind aber die Menschen, die aus genau diesem Grund die Bibel, den Glauben und unsere Gottesdienste ablehnen, nicht verloren. Im Gegenteil:
Gott ist genau deshalb Mensch geworden: Er lässt sich in unsere begrenzte Welt herab und wirkt dort, wo enge und Selbstverliebtheit lebt, um uns von der Enge in die Weite zu führen, aus der Gefangenschaft unserer kleinen Welt in seine Unendlichkeit zu führen. Deshalb hat Jesus uns den Geist verheißen, der bis in die entferntesten Herzen zu wirken weiß. Der Geist Gottes wirkt in der Sprache und im Horizont derer, für die Gott noch zu fremd und zu groß ist. Und er ruft uns - als Kirche und jeden Einzelnen von uns zur Mitarbeit auf. Der Geist wirkt durch uns, die wir die lebendige Bibel sind. Die einzige vielleicht, die die Menschen heute noch lesen.

Liebe Schwestern und Brüder, Jesus sagt einmal von uns Christen: Ihr seid zwar in der Welt, ihr seid aber nicht von dieser Welt. Das gleiche gilt auch für sein Wort: Es ist für uns greifbar nahe; aber es ist nicht unsere Sprache und unser Wort. Nur, wenn wir bereit sind, uns auf etwas ganz Anderes einzulassen, wird es für uns zur Quelle der Freude. Amen.

4. Predigt - »Wie war das mit der Erschaffung der Welt...«

Liebe Schwestern und Brüder, eine große Hürde beim Lesen der Bibel scheint bereits der Beginn, dem Anfang des Buches Genesis: Der Schöpfungsbericht. Ich habe zwar bei der Frage nach der geschichtlichen Wahrheit des Alten Testamentes schon darauf hingewiesen, dass die Bibel kein Naturkundebuch ist. Aber die Frage stellt sich hier sehr viel dringlicher: Macht die Bibel nicht eindeutige Angaben über die Entstehung der Welt - und zwar Angaben, die der Naturwissenschaft widersprechen?

Wir vergessen oft, dass die Bibel nicht auf deutsch geschrieben wurde - sondern dass wir lediglich eine Übersetzung lesen. Wer einmal einen Blick in den hebräischen Urtext geworfen hat, der versteht, dass die Übersetzung sehr viel schwerer ist als z.B. eine Übersetzung vom Englischen ins Deutsche. Das liegt unter anderem daran, dass die Begriffe in der orientalischen Sprache wesens-orientiert sind - und der Sachbezug findet sich im Kontext.

Ein Beispiel: Es gibt oriental kein Wort für Wasser, sondern nur das Wort "Fließendes". Ein See ist nichts Fließendes; wohl aber Flusswasser oder eine einströmende, feindliche Armee. Wenn das Wort für "Fließendes" im Text vorkommt, muss der Zusammenhang (der Kontext) entscheiden, ob damit eine Flut, der Angriff eines Heeres oder eine in Panik geratene Menschenmenge gemeint ist.
So gibt es im Orient auch kein Wort für "Tag" oder "Morgen" oder "Abend", aber es gibt Worte für "Zeitabschnitt", "Anbruch" und "Abbruch". Der damit umschriebene Zeitablauf kann Sekunden dauern, Stunden oder Jahrtausende. Nicht einmal in einer Versicherungspolice heißt "Abend des Lebens", dass der Mensch nur einen Tag lebt.

Wenn man einmal naiv das Wort "iom" in der Schöpfungsgeschichte als "Tag" übersetzt, dann ist dessen Anbruch ebenso naiv übersetzt eben "Morgen" und dessen Abbruch dann "Abend".
Aber diese Übersetzung ist sehr seltsam - denn wie sollten die ersten Epochen der Schöpfungsgeschichte Tage mit Sonnenauf- und Sonnenuntergang sein, wenn die Sonne erst in der vierten Schöpfungsepoche geschaffen wird?
Das entscheidende Wort "iom" sollte also nicht mit "Tag" übersetzt werden, sondern neutral mit "Epoche" - das können eben auch Jahrtausende, oder, nach heutigen Erkenntnissen, auch Milliarden von Jahren sein. Mit dieser kleinen Korrektur in der Übersetzung enthüllt die Genesis eine enorme Sachkenntnis über die gewaltige Epochen der Schöpfung, mit für diese jeweils charakteristischen Anbrüchen und Abbrüchen. Denn faszinierender Weise deckt sich der Schöpfungsbericht exakt mit den neuesten Ergebnissen der Kosmologie des Weltalls. (s. Philberth)

Das II. Vatikanische Konzil hat darauf hingewiesen, dass die Bibel die Heilsgeschichte verkündet und ankündet - und dass sie keine naturwissenschaftliche Publikation sein wollte. Im Schöpfungsbericht sind die wesentlichen, heilsbedeutsamen Aussagen für uns eher auf den zweiten Blick erkennbar: Zunächst richtet sich der Verfasser des Berichtes gegen die Nachbarvölker, die in den Sternen, in Sonne und Mond Götter sahen. Der Schöpfungsbericht macht diesen Glauben zunichte: Dort am Himmel sind keine Himmelsgewalten, sondern nur "Lichter", die Gott gemacht und dort "befestigt" hat.
Außerdem werden entscheidende Aussagen über den Menschen gemacht: Gott erschuf ihn nach seinem Bilde - geistbegabt, frei in seiner Entscheidung und fähig zur Liebe. Er erschuf ihn als Mann und Frau - weder der Mann noch die Frau ist der bessere Mensch. Eine solche Aussage zur Gleichberechtigung war für den Orient vor 3500 Jahren revolutionär!

Noch mehr wesentliche Aussagen finden wir im Schöpfungsbericht, und wir können sicher sein, dass das die zentralen Aussagen sind - nicht die Frage nach dem WIE und WO und WANN. Und trotzdem erkennen wir gerade in der enormen Sachkenntnis des Schöpfungsberichtes, dass es sich um eine echte Offenbarung - eine inspirierte Schrift - handeln muss.
Der verblüffend genaue Schöpfungsbericht entpuppt sich beim näheren Hinsehen also gar nicht als Hürde zum Verständnis der Bibel, sondern als Tür, die den Zugang zu diesem Buch ermöglicht: Durch den Schöpfungsbericht begreifen wir bereits am Anfang der Bibel, dass dieses Buch schließlich und letztendlich nicht von Menschenhand allein geschaffen worden sein kann. Amen.

5. Predigt - «Was die Bibel mit dem GOLDENEN BLATT gemeinsam hat.»

Liebe Schwestern und Brüder, warum liegen im Wartezimmer der Ärzte immer so seltsamen Zeitungen aus, wie z.B. Das Goldene Blatt, der Gong, Die Bunte und so weiter? Wer liest eigentlich eine ganze Zeitschrift - nur mit Berichten über die kleinen und großen Probleme der Stars und Prominenten? Ob da jemand ungewollt schwanger geworden ist oder ob der Haushund ein Bein gebrochen hat oder sich irgendein Politiker die Haaren färben lässt - wen interessiert das eigentlich?
Es kann mir doch eigentlich egal sein, ob eine Frau in Bochum einen Schnupfen bekommen hat, weil sie den Haustürschlüssel verloren und deshalb im Regen vor der verschlossenen Tür gestanden hat. Dabei spielt es doch keine Rolle, ob diejenige Claudia Schiffer oder Königin Elisabeth oder Erna Koslowski heißt.

Aber gerade darüber berichten diese Zeitungen. Warum lesen Menschen das?
Keine Angst, keiner von ihnen braucht jetzt einen roten Kopf zu bekommen, weil Sie auch so ein Blättchen zuhause abonniert haben. Die Antwort fällt nämlich ganz positiv aus:

Wir lesen solche Geschichten aus dem gleichen Grund gern, weshalb wir auch in der Bibel gerne lesen. Während wir im Goldenen Blatt feststellen, dass Könige, Prinzessinnen, Popstars oder Sportasse im Grunde genauso Menschen sind wie Du und ich, erfahren wir in der Bibel (wenn wir sie lesen), dass Heilige, Propheten und Könige, Apostel und Jünger ebenfalls nur Menschen sind - und auch nicht viel besser wie wir.

Denken Sie an Petrus, der Jesus lautstark ewige Treu schwört - und dann schon in der gleichen Nacht nicht mehr den Mumm dazu hat. Denken sie an den König David, der auf der Höhe seiner Macht schwach wird und eine Affäre mit Bathseba beginnt - und sogar vor einem Mord nicht zurückschreckt. Denken sie an den Propheten Jona, der einfach keine Lust hat, Prophet zu sein und eine Ausrede nach der anderen erfindet. Oder an Mose, der zu Beginn seiner Karriere einen Mann von hinten erschlägt. Oder an den Propheten Bileam, der sich dümmer anstellt als sein eigener Esel. Oder an Adam und Eva, die wie kleine Kinder, die erwischt worden sind, die Schuld auf den anderen schieben... Es ist so: In der Bibel erfahren wir, dass alle diese großen Namen, die alle Welt kennt, auch nur Menschen mit Schwächen und Fehlern sind, genauso sind so wie Du und ich.

Allerdings - es gibt dann doch einen kleinen Unterschied. Da wir alle selbst keine König und Stars sind, dient das Neue Blatt vor allem zur Beruhigung: «Du bist kein König? Und nicht berühmt? Mach Dich deswegen nicht unglücklich! Die Könige und Königinnen sind auch nicht problemfrei, ganz im Gegenteil; große Stars haben auch große Probleme.» Ja, die Botschaft des Goldenen Blattes geht vielleicht so weit, uns nicht nur zu trösten: «Sei nicht traurig, dass Du nicht dazu gehörst!» - sondern sogar zu warnen: «Wünsche Dir nicht einmal, ein anderes Leben zu führen!»

Die Bibel allerdings will mit ihren großen und kleinen Skandalen aus dem Leben der großen Personen genau das Gegenteil: «Schaut, da sind keine Übermenschen zu Propheten geworden; keine Genies als Apostel berufen, keine Idealmenschen zu Königen ernannt worden. Was die können, das könnt Ihr auch.»

Die Menschlichkeit der biblischen Personen ermutigt uns, in den gleichen Dienst zu treten und nicht abzuwinken «Nee, als Prophet bin ich nicht geeignet, das sollen mal andere machen.» Na, dann lesen Sie mal das Buch Jona - der hat nämlich das gleiche gedacht.
Während der Gong oder die Neue Revue sie beruhigen möchten: «Seien sie zufrieden, so wie Sie sind», ermutigt die Bibel Sie: «Lassen Sie sich ruhig berufen - die Großen in der Bibel waren auch keine Helden.»

Liebe Schwestern und Brüder: Auch in Ihnen steckt das Zeug zu einem Propheten, der im Namen Gottes auf die Missstände seiner Zeit weist. In ihnen steckt das Zeug zu einem Heiligen, der sein Leben in den Dienst Gottes stellt. Sie haben das Zeug, Apostel der Liebe zu werden oder Könige im Reich Gottes. Berufen sind sie allemal - und die Bibel zeigt, dass es keinen Grund gibt, anderen den Vortritt zu lassen.

Wer gerne das Goldene Blatt oder Die Bunte liest, der kann doch auch mal in die Bibel schauen, oder? Und wenn Sie das nächste mal beim Doktor wieder anderthalb Stunden warten müssen, dann nehmen sie doch einfach mal die Bibel mit.

Amen.

6. Predigt - «Das ist doch immer das gleiche...»

Liebe Schwestern und Brüder, meine Schwester (die immer noch in Kleve, meiner Heimatstadt wohnt) hat drei Kinder: Sara, Kathrin und Matthias. Zu Weihnachten oder zu deren Geburtstag stellt sich für mich - dem Onkel aus dem hohen Norden - immer die Frage, was ich denn schenken soll. Ein großes Problem für jemanden, der seine Nichten und Neffen nicht so oft sieht. Inzwischen hat sich aber eine gute Regelung gefunden: Ich bin für die Videofilme zuständig - da kenne ich mich einigermaßen aus.

Dabei habe ich aber, vor allem als die drei noch kleiner waren, eine immer wieder ernüchternde Erfahrung gemacht: So schön, wie die Filme auch waren, die ich mitgebracht habe - am Ende lief immer das Dschungelbuch. Mit Begeisterung erzählten mir die drei, was als nächstes passiert und sprachen sogar eine ganze Menge der Dialoge auswendig mit.

Kinder lieben vor allem das, was sie kennen.

Eine ähnliche Erfahrung mache ich nämlich, wenn sich mal wieder eine Messdienergruppe in meinem Videokeller auf einen Film einigen muss. Da heißt es nicht: «Nee, denn will ich nicht sehen, den kenn' ich schon...» - Sondern fast ausnahmslos: «Lass uns den Film gucken, der ist gut, den habe ich schon gesehen!» und manchmal sogar «...den habe ich schon fünfmal gesehen!»

Kinder lieben vor allem das, was sie kennen. Fremdes und Neues ist immer auch ein Risiko, dem man gerne aus dem Weg geht. Und, seien wir mal ehrlich, wir Erwachsene sind da nicht viel anders.
Sich auf Neues einzulassen, ist anstrengend. Das gilt vor allem für neue Bekanntschaften («Was soll ich bloß sagen?» - «Was ist, wenn wir uns nicht verstehen?» - «Die kenn' ich ja überhaupt nicht!»), aber auch für neue Ziele im Urlaub («Was sollen wir denn da? Da waren wir doch noch nie!») oder neue Speisen auf der Speisekarte («Was der Bauer nicht kennt...» - den Spruch kennen Sie).

Das Alt-Bekannte ist Heimat. Da weiß man, was man hat, da kennt man sich aus und fühlt sich behütet. Dort schöpfen wir Kraft, wenn die schnelllebige Welt mit ihrem ständigen "Neusten Neuigkeiten" uns ermüdet.

Die Bibel, liebe Schwestern und Brüder, ist ein solches Stück Heimat. Erinnerungen werden wach, wir entdecken immer wieder neue Kleinigkeiten und lassen unsere Fantasie anregen. Die Bibel muss nicht jedes Jahr einen Fortsetzungsband bekommen, um interessant zu sein.
Der Vorwurf «Das ist doch immer das gleiche - und schon soo lange her!» ist nicht die Schwäche der Bibel - sondern ihre Stärke: Sie ist uns Christen Heimat. Der Satz aus Kindermund: «Opa, erzähl noch mal die Geschichte...» spiegelt uns wider: Nocheinmal hören von der Liebe Gottes, seiner Aufmerksamkeit, seinen Botschaften und seinen Wundern.

Deswegen ist das Evangelium, das in jedem Gottesdienst verkündet wird, ein Stück Erholung: Weil es ist nicht die Verkündigung von Neuem oder Neuestem ist. Sondern weil es Gelegenheit gibt, uns zu erinnern: An das, was Gott vor unserer Zeit getan hat; an das, was mir schon alles geschehen ist und die verschiedenen Bibelstellen immer mehr mit Erfahrungen und Wissen füllt.

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Aber es liegt auch eine Gefahr in dem Wunsch, dort zu bleiben, wo alles so schön vertraut ist. Wir verabschieden uns jedes mal von der Welt, wie sie ist - und geben uns allzu leicht mit ihr zufrieden, auch wenn die Welt im Argen liegt. Wir sind zu schnell mit uns selbst zufrieden, wie wir sind und den anderen, wie es ihnen geht - selbst wenn der Nächste leidet und wir immer wieder versagen.

Wenn wir uns an einen schönen Film erinnern, dann heißt das auch, dass es sich damals gelohnt hat, einen noch unbekannt Film anzuschauen. Warum nicht auch heute?
Wenn wir uns an unsere alten Freunde erinnern, dann erinnern wir uns auch daran, dass wir es schon einmal geschafft haben, Freunde zu gewinnen.
Wenn wir uns an unsere vertraute Kirche erinnern, dann heißt das doch, dass wir bereits damals in der göttlichen Welt heimisch geworden sind.

Das Evangelium, das wir verkünden, ist nämlich nicht nur die Erinnerung an das, was früher einmal war, sondern dadurch auch die Erinnerung an das, was wir jetzt sein können.

Erinnern kann man sich an ein Ereignis, das Jahre zurück liegt, - und man kann sich daran erinnern lassen, das ein Ereignis kurz bevorsteht - ein Geburtstag z.B., den man beinahe vergessen hat.

Das meint Jesus, als er sagt, das Reich Gott ist wie ein Hausherr, der aus seinem Vorrat Altes und Neues hervorholt. Wer die Bibel liest, der erinnert sich, der findet seine Heimat und dort Kraft und Erholung. Er wird aber auch daran erinnert, das er zu mehr in der Lage ist, zu größerem berufen - und aus der Kraft der alten Geschichten die Welt zu verändern.

Vielleicht habe sie sich bei dem heutigen Evangelium daran erinnert, wie sie sich die Bibelstelle als Kind ausgemalt haben, wie das Herablassen durch die Decke Sie als Kind schon beeindruckt hat.
Vielleicht hat sie die Bibelstelle daran erinnert, wie schön es ist, wenn mir vergeben wird.
Aber sie erinnert mich auch daran, dass ich auch jetzt dazu geschaffen bin, Verzeihung zu schenken, endlich jemandem zu vergeben, dessen Boshaftigkeit mich schon lange bedrückt.

Erinnern Sie sich an beides: Aus der Kraft des "zuhause-Seins" erwächst der Mut, Neues zu beginnen. Gott ist mit ihnen. Amen.

7. Predigt - «Humor mit der Bibel»

Liebe Schwestern und Brüder, die biblischen Texte sind knapp, zwar mit vielen Wiederholungen, aber genau genommen wenigen Informationen. Sie gleichen sozusagen schwarz - weiß - Zeichnungen, die wir ausmalen können - und auch sollen.

Die kirchliche Tradition nennt das "Betrachtung"; sich in einer der kurzen, manchmal nur wenige Zeilen langen Szenen zu vertiefen, und sie auszumalen. Ein kleiner Junge sagte mir vor einigen Jahren, als er hörte, dass ich ein Priester bin: «Ich habe ein Buch von Jesus. Ein Malbuch. Da darf man nicht über die Linien malen!»
Nicht über die Linien malen, heißt: Die Szenen nicht verändern - nur ausmalen und mit Farbe versehen.

Liebe Schwestern und Brüder, heute ist in weiten Teilen unseres Landes Karneval - Gelegenheit auch in den Gottesdiensten, den Glauben von der humoristischen Seite zu nehmen.

Deswegen darf ich ihnen einige Ausmalungen vorstellen, die aus einer angeregten Fantasie stammen - und vielleicht auch ihre Fantasie anregen - auch wenn hier und dort ein wenig über die Linien gemalt wird...

Eva fragt ihren Adam im Paradies: "Liebst du mich?" Er antwortet mürrisch: "Wen denn sonst?"

In welcher Tonart waren die Posaunen von Jericho gestimmt? D-Moll! Die haben nämlich alles demolliert.

Moses kam vom Berg herab, um den Wartenden Gottes Botschaft zu verkünden: "Also Leute, es gibt gute und schlechte Nachrichten: Die gute ist: ich hab Ihn runter auf zehn. Die schlechte ist: Ehebruch ist immer noch dabei!"

Der Pfarrer liest im Religionsunterricht aus der Bibel vor: "Und der Vater des verlorenen Sohnes fiel auf sein Angesicht und weinte bitterlich! Kannst Du mir sagen warum, Florian?" - "Klar! Knallen Sie mal mit der Nase voll auf die Erde, da kommen Ihnen auch die Tränen!"

Ein Pastor und ein Hippie sitzen in einem Park auf einer Bank. Der Hippie liest in der Bibel. Plötzlich ruft er laut "Halleluja". Daraufhin fragt ihn der Pastor, was denn sei.
"Oh, ist es nicht wunderbar, wie Gott Moses und das Volk durch das Meer führte?" antwortet der Hippie.
Sofort erklärt ihm der Pastor, dass zu diesem Zeitpunkt an dieser Stelle das Meer nur etwa 40 cm tief gewesen sei und das Volk dort durchwatete.
Fünf Minuten später flippt der Hippie völlig aus und ruft noch lauter "Halleluja".
"Was ist den jetzt schon wieder?" fragt ihn der leicht genervte Pastor.
Der Hippie antwortet ihm: "Aber das ist doch ein Wunder! In nur 40 cm tiefem Wasser ertränkte Gott eine ganze Armee."

Eines Tages, nach einer kleinen Ewigkeit im Paradies, ruft Adam nach Gott. "Ich habe ein Problem", sagt er.
"Und welches?" fragt Gott.
Adam antwortet: "Mir ist langweilig und ich bin einsam".
"Oh", sagt Gott, "das ist kein Problem. Ich werde Dir eine Frau erschaffen."
"Ein Frau?", sagt Adam, "was ist das?"
"Eine Frau ist das intelligenteste, einfühlsamste und liebenswerteste Geschöpf auf der Erde. Sie ist so intelligent, dass sie Deine Wünsche erkennt, noch bevor Du den Wunsch selbst verspürst. Sie ist so einfühlsam, dass sie alle Deine Stimmungen kennt und weiß, was Dich glücklich macht. Ihr Schönheit wird unvergleichlich sein mit allem, was es im Himmel und auf Erden gibt. Sie wird immer für Dich da sein und mit Sicherheit die beste Entsprechung für Dich sein."
"Klingt gut!", sagt Adam.
"Ja, aber die Sache hat einen Haken. So eine Frau wird Dich einige kosten." gibt Gott zu Bedenken.
"Wieviel denn genau?"
"Nun, deinen rechten Arm, dein rechtes Bein, ein Auge, ein Ohr und den linken großen Zeh."
"Oh," sagt Adam und schweigt für einen Moment. Seine Stirn legt sich in Falten und er denkt angestrengt nach. Nach einigen Augenblicken meint er: "Äh - und was krieg ich für eine Rippe?"

(Man möge mir diese Predigt verzeihen - sie wurde auf Karneval-Sonntag gehalten).
8. Predigt - «Betrachten einer Bibelstelle»

Liebe Schwestern und Brüder, in der letzten Predigt habe ich davon gesprochen, dass wir die biblischen Berichte, die mit schwarz-weiß Zeichnungen zu vergleichen sind, ausmalen können.
Ihnen Leben einhauchen heißt gleichzeitig, sie in meine Welt hereinzuholen. Denn ich bin es ja, der seine Vorstellungen, Gefühle und Fragen in eine biblische Geschichte hineinlegt.

Ein Beispiel für eine Betrachtung anhand das heutigen Evangeliums (Anm.: Die Verklärung Jesu auf dem Berg Tabor): "Jesus führte sie auf einen hohen Berg" heißt es da, ganz kurz. Aber stellen Sie sich vor, wie es ist, stundenlang den Berg zu ersteigen; es ist heiß und staubig. Nach und nach versinkt das übrige Leben um Sie, die Sicht auf die umliegenden Städte, Berge und Täler wird immer weiter. Es dauert, der Weg nimmt kein Ende - aber Sie wissen überhaupt nicht, warum Jesus auf diesen Berg will! Er schweigt, Sie aber machen sich Gedanken und fragen die anderen beiden Jünger, ob Sie eine Ahnung haben, was das ganze soll. Was geht ihnen durch den Kopf? Woran denken Sie?
Noch kurz, bevor Sie sich auf den Weg gemacht haben, hat Jesus von seinem Tod gesprochen: Dass er sterben wird. Ist er jetzt verrückt geworden? Der Sohn Gottes soll sterben? Der, da alle anderen heilt und ins Leben holt? Vielleicht ärgern Sie sich über Jesus, der ihnen so unverständlich und fremd ist. Wer ist Jesus für Sie wirklich?
Und dann, plötzlich, sind Sie ob angelangt - und vor ihren Augen verwandelt sich der Mensch Jesus, beginnt zu strahlen und zu leuchten. Es muss herrlich gewesen sein - Jesus, aus dieser Welt entrückt, im Gespräch mit den Propheten des Alten Bundes. Und eine Stimme aus einer Wolke dröhnt plötzlich und macht klar, woran Sie immer wieder zweifeln: "Das ist mein geliebter Sohn".


Liebe Schwestern und Brüder, eine solche Bibelbetrachtung - ausgedehnt auf vielleicht 10 Minuten bis zu einer halben Stunde - bringt meine Welt mit der Welt Gottes in Berührung. Das, was die Jünger erlebt haben, kann auch ich erleben. Und, wenn Sie es einmal aufrichtig versuchen, werden Sie feststellen, dass es dabei nicht nur um ein Erinnern geht - oder um eine reine Fantasievorstellung; sondern dass die Worte Jesu auch in ihr Leben passen, dass Gott Sie anspricht und mit ihnen spricht.

Vielleicht schließen Sie zwischendurch die Augen, und Sie sehen sich um. Vielleicht können Sie sogar die Szene spüren, riechen oder hören.

Damit eine solche Bibelbetrachtung zu einem echten "Anschauen" wird - zu einer Begegnung mit dem Gott der Bibel, sollten Sie die Zeit der Betrachtung mit einem Gebet einleiten. Reden Sie zu Beginn mit Gott, und betrachten Sie alles, was ihnen geschenkt wird, als Seine Antwort.

Liebe Schwestern und Brüder, wir haben jetzt Fastenzeit. Zeit, aus den gewohnten Bahnen auszubrechen und einmal etwas ganz anderes zu tun. Nehmen Sie sich Zeit und probieren Sie es einmal aus. Gott freut sich schon drauf. Amen.

9. Predigt - «Politik und Bibel»

Liebe Schwestern und Brüder,

jetzt, wo wir wieder einmal aufs Neue erfahren, dass Krieg und Unheil in dieser Welt noch immer einen Platz haben - und wir uns nach der Friedensbotschaft der Bibel sehnen - gerade heute wir uns ein Evangelium vorgelesen, in dem Jesus selbst zur Geißel greift, gewalttätig wird und den Tempel "säubert".

Wie schön wäre ein Evangelium aus der Bergpredigt gewesen: «Wer Dich auf die rechte Wange schlägt, dem halte auch die Linke hin; wer zum Schwerte greift, kommt auch durch das Schwert um; selig die Friedfertigen, liebet Eure Feinde, betet für die, die Euch verfolgen...» und so weiter.

Durch diese Worte der Bergpredigt ist die Bibel allerdings in den Ruf gekommen, ein eher frommes Buch zu sein - und ziemlich weltfremd. Und deshalb eigentlich ziemlich untauglich für die hohe Politik und den normalen Alltag. Soll ich etwa wirklich dem, der mich beraubt, noch Geld von der Bank holen und nachbringen? - «Nein, mit der Bibel kann man beten, aber nicht regieren.»

Aber Jesus war gar kein Pazifist - auch wenn viele seiner Worte so gedeutet werden können. Gerade weil er liebt, kann er nicht ruhig bleiben, wenn diese Liebe bedroht wird. Er ehrt den Tempel, er bezeichnet ihn als Haus des Vaters. Darum kann er nicht anders, als die Entehrung und Verunreinigung des Hauses anzuprangern und selbst Hand anzulegen.

Liebe Schwestern und Brüder, die Predigt und das Handeln Jesu kann sehr wohl unser Tun begleiten - ob in der ganz großen Politik oder in der alltäglichen Situation. Wir müssen allerdings Abschied nehmen von der Vorstellung, die Bibel gäbe uns konkrete Handlungsanweisungen für bestimmte Situationen. Das hieße, die Bibel als Handbuch der Politik (auch meiner persönlichen Alltagspolitik) falsch zu verstehen.

Aber nur, weil die Bibel als "Gebrauchsanweisung" nicht funktioniert, heißt das nicht, dass sie uns gar nichts zu sagen hat. Es geht dort eher um Grundsätzliches: Die heutige Bibelstelle zeigt uns besipielsweise, dass es so etwas wie einen gerechten Zorn gibt; eine heilige Wut und "liebevollen Druck". Gerade in einer Welt, in der das Böse immer wieder zur Gewalt neigt, kann das Gute nicht untätig bleiben. Das gilt für die alltägliche Erziehung in Elternhaus und Schule genauso wie für die hohe Politk.
Aber Gewalt, wenn sie denn nötig ist, darf sich nicht von Gefühlen der Rache, des Stolzes, der Rechthaberei oder der Eitelkeit leiten lassen. Alles, was wir tun, soll dem Heil des Menschen dienen; manchmal bleibt dazu leider nur die Anwendung von Gewalt.

Die Ausräumung des Tempels und die Bergpredigt gehören zusammen: Jesus war kein Pazifist - und trotzdem hat er bei seiner Verhaftung, Kreuzigung und Hinrichtung keine Gegenwehr geleistet. Weil er alles, was er tat, zu unserem Heil getan hat.

Liebe Schwestern und Brüder, ich möchte zu dem Krieg im Irak, genauso wenig Stellung nehmen, wie zu den vielen anderen Kriegen, die tagein, tagaus auf der Welt stattfinden - für die sich aber keiner interessiert. Sie sind informiert und Sie bilden sich eine eigene Meinung.

Grundsätzlich aber gilt für alles, was wir tun: Warum tun wir es? - Weil es unser Recht ist? Weil wir auch betrogen wurden? Weil der andere es verdient hat? - Rache, Stolz, Hochmut, Rechthaberei und Egoismus sind immer schlechte Beweggründe. Jesus, der den Tempel geräumt hat, sich hat kreuzigen lassen und in der Bergpredigt den Frieden gepredigt hat, zeigt: Alles, was wir tun, soll geschehen, um dem Heil der Menschen zu dienen.

In einem kleinen Versand für christliche Artikel gibt es Armbänder, Uhren und Tassen mit dem Aufdruck: »WWJT - Was würde Jesus tun?«

Eine Frage, die uns wirklich weiterbringt und hilfreich sein kann. Vorausgesetzt, wir wissen, wie und warum Jesus handelt, was er denkt und gepredigt hat. Lesen Sie es nach - und fragen sie sich immer wieder selbst: Was würde Jesus tun?

Amen.

10. Predigt - «Bibel und Dogmatik»

Liebe Schwestern und Brüder, in meinem Bücherregal steht ein amüsantes Buch mit dem umständlichen Titel «Wie man mit Fundamentalisten diskutiert, ohne den Verstand zu verlieren». Amüsant ist vor allem, dass dort mit Fundamentalisten nicht irgendwelche Randgruppen gemeint sind, sondern alle Christen (und auch Moslem und Juden) - also immerhin 80% der Weltbevölkerung.

Das Problem, das dieser Autor hat, ist die Bibel. Er ist der Meinung, dass man die Bibel (oder den Koran oder die Thora) sehr wohl als ein Stück Literatur akzeptieren kann, aber nicht als Grundlage einer Wissenschaft, einer Weltanschauung oder einer Theologie, die den Anspruch erhebt, die Wahrheit zu kennen. Denn dort wird nicht der Glaube nicht in wissenschaftliche Sätze gepackt, sondern in Erzählungen, Gebete und Prophezeiungen.
Er stellt fest, dass aus diesem dicken Buch jeder immer das herauslesen kann, was er gerade möchte.

Dieser Autor hat zu einem guten Teil recht. Die Bibel ist kein dogmatisches Lehrbuch. Wer unser Glaubenswissen lernen möchte, der kauft sich am besten einen Katechismus - am besten der dicken, blauen «Katechismus der katholischen Kirche». Dort wird in wissenschaftlich und logischen Sätzen festgelegt, was wir glauben. Verstehen Sie etwas nicht? Möchten Sie über die Sakramente oder das Konzil mehr erfahren? Dort kann man es nachlesen.

Aber - und das vergisst der Autor des Anti-Fundamentalismus-Buches: Unser Glaube ist nicht nur das Glaubenswissen. Zu Beginn unseres Studiums hat ein Professor gesagt: "Keiner von Ihnen muss an Gott glauben, um Theologie studieren zu können - viele unserer besten Theologen glauben tatsächlich nicht an Gott.» An der Universität - oder auch im Religionsunterricht - oder im Katechismus lernen wir das, was wir über Gott, die Kirche und die Welt wissen können. Ich werde mich als Religionslehrer hüten, einem Schüler eine "5" zu geben, weil er nicht an Gott glaubt - was zählt, ist sein Glaubenswissen.

Wer Gott aber nicht nur wissen will, sondern ihn auch lieben möchte, der sollte zur Bibel greifen. Dort erfahren wir nicht, was Gott ist, sondern wer er ist, wie er handelt, wie er sich bemüht. Dort lernen wir Menschen kennen, die ihn lieben, mit ihm hadern und sich bekehren. Dort erfahren wir, wie unendlich die Geduld ist, mit der sich Gott um uns bemüht.

Liebe Schwestern und Brüder, wissenschaftliche und logische Aussagen über Gott sind nötig - aber sie stellen noch nicht den Glauben selbst da. Ich kann viel über einen Menschen wissen (von den Akten des Einwohnermeldeamtes über die Verkehrssünderkartei in Flensburg), sein Leben von vorne bis hinten kennen - aber vertraue ich deshalb schon diesem Menschen? Glaube ich an ihn?

Und umgekehrt gilt: Die Bibel als Grundlage eines wissenschaftlichen Systems ist nicht ausreichend. Das wäre so, als wenn wir im Einwohnermeldeamt unsere Tagebücher und in der Verkehrssünderkartei in Flensburg unsere Reiseberichte abheften. Deshalb gehen auch die Ansichten der Christen über den wahren Glauben weit auseinander - obwohl alle die gleiche Bibel haben.
Für ein wissenschaftliches System mit logischen Aussagen über Gott bedürfen wir zusätzlich der Kirche mit ihrem Lehramt, den Konzilstexten und den Theologen, die darüber forschen. Die Forderung an die Theologie "Allein die Bibel" solle Grundlage sein, ist das Ende der Theologie als Wissenschaft.

Aber der Glaube, der sich vertrauensvoll an diesen Gott wendet, begnügt sich nicht mit einer Aufreihung von Fakten - er braucht ein Zeugnis derjenigen, die diesen Gott erfahren haben. Und davon finden wir in der Bibel mehr als in jedem anderen Buch dieser Welt.

Amen.