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Gottesbeweise - Was beweisen die wirklich?

Die Frage, ob die Existenz Gottes bewiesen werden kann, hat die Philosophie und Theologie schon seit Jahrhunderten beschäftigt. Im alltäglichen Leben - innerhalb und außerhalb der Kirche - hat diese Frage allerdings bis vor gut hundert Jahren keine große Bedeutung gehabt: Es war eine allgemeine Selbstverständlichkeit, dass es Gott gibt.

Das hat sich in der Neuzeit, vor allem im den letzten beiden Jahrhunderten geändert. Inzwischen hat sich eher die gegenteilige Auffassung in den Köpfen der Allgemeinheit festgesetzt: Ob es einen Gott gibt, ist keine Frage des gesicherten Wissens - sondern eher eine Glaubensfrage, so eine Art persönliche Vermutung oder private Lebensphilosophie.

Man ist heute der Auffassung, dass die Naturwissenschaften wirklich sichere Erkenntnisse hervorbringen - nur dort gibt es handfeste Beweise. Was die Theologie und Philosophie so erzählen, kann man höchstens glauben - bewiesen werden kann davon nichts.

Okay - ein Theologe und Naturwissenschaftler muss angesichts einer solchen Behauptung immer tief Luft holen - denn derjenige, der so etwas behauptet, hat offensichtlich keine Ahnung, wovon er spricht.

Wenn Du nun diese Katechese liest und hochphilosophische Gedankengänge erwartest, so wirst Du wohl enttäuscht werden. Im Gegenteil, es erwarten Dich zahlreiche Beispiele aus den Naturwissenschaften (vor allem aus der Physik - mein Steckenpferd). Ich halte diesen Umweg allerdings für notwendig; denn es gibt immer noch einen Mythos in der Naturwissenschaft: Den Beweis.

 

 

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Diese Katechese ist auch als gedrucktes Heft (Nr. 015) erhältlich: Kostenlose Bestellung

1. Was ist ein Beweis?

Im Grunde gibt es drei Arten von Beweisen: Den naturwissenschaftlichen (oder physikalischen, von «Physis - die Natur») Beweis, den mathematischen und den historischen (oder juristischen) Beweis - so will ich sie hier einmal nennen. Der historische Beweis untersucht einmalige Ereignisse (fragt nach, ob sie wirklich passiert sind und welche Gründe und Konsequenzen dafür wahrscheinlich sind); der physikalische Beweis fußt auf empirische Daten (also auf Beobachtungen, Experimente, Anschauungen oder Erfahrungen und Erfahrungsberichten, die grundsätzlich wiederholbar sind) und sucht nach allgemeinen Gesetzen, die diese Daten verbinden; der mathematische Beweis ist rein geistiger Natur.

Im allgemeinen erwarten wir von einem Beweis, dass nach dessen Darlegung Widersprüche verstummen und meine Gesprächspartner ihre gegenteilige Position aufgeben und mir zustimmen - die Sache ist eben geklärt, da ich ja einen Beweis aufgeführt habe. Vielleicht ist mein Beweis fehlerhaft - dann wird darüber noch ein wenig weiterdiskutiert. Aber wenn die Schlüssigkeit des Beweise anerkannt wird, dann kann auch keiner das Bewiesene mehr anzweifeln («ein Beweis ist zwingend für den Verstand»).

1.1. Der mathematische Beweis

Ein solchen zwingenden Beweis gibt es nur in der Mathematik. Dort ist die Sprache, in der diskutiert wird, hoch formalisiert: Die mathematischen Zeichen sind eindeutig definiert und über alle Sprach- und Ländergrenzen hinweg anerkannt, die (fünf) Grundannahmen der Mathematik sind allgemein und offensichtlich. Daher kann ein mathematischer Beweis, der in aller Welt veröffentlicht wird, auch überall verstanden werden. Wenn festgestellt wird, dass ein neuer Beweis fehlerfrei ist, dann gibt es dahinter kein Zurück mehr: Nun gehört das neue Wissen zum mathematischen Bestand, ein Widerspruch ist nur noch möglich, wenn auf versteckte Fehler in der Beweisführung Bezug genommen wird.
Die im Alltag noch tolerierte Haltung: «Was interessiert mich dein Beweis? Ich bleibe dennoch bei meiner Meinung!» ist in der Mathematik nicht zulässig; ein Mathematiker, der anerkannte Beweise ignoriert, wird nicht mehr ernst genommen. Deshalb kann man von einem «zwingenden Beweis» sprechen.

Ein solcher Beweis wäre natürlich als Gottesbeweis ideal. Keiner würde mehr über Gott diskutieren, die Frage wäre nur noch, ob ich ihn mag oder nicht.
Aber die Mathematik hat drei Eigenschaften, die es schwierig machen, einen solchen Beweis in die reale Welt zu übertragen (und wir wollen Gott ja als real-existierend beweisen):

1. Die Mathematik ist keineswegs bis in ihre Grundlagen beweisbar; sie baut genauso wie die Philosophie oder die Theologie auf Grundannahmen auf - in der Mathematik sind es genau fünf: Die sogenannten 5 Axiome der Mathematik.
Natürlich können die Grundannahmen auch in der Mathematik hinterfragt oder kritisiert werden. Aber eine Antwort ist auf diese Frage innerhalb der Mathematik nicht möglich; es liegt im Wesen einer Annahme, dass sie nicht wiederum hergeleitet wird.
In der Philosophie und Theologie herrscht allerdings die Freiheit, alles zu hinterfragen und nichts als einfach gegeben anzunehmen. Bestimmte Schulen der Philosophie gehen zwar von gemeinsamen Grundgedanken aus, aber in anderen philosophischen Richtungen werden genau diese wiederum abgelehnt.

2. Außerdem ist die Sprache der Philosophen nicht so eindeutig und formalisiert wie die mathematische Symbolsprache. Jeder Philosoph muss also zunächst Begriffe definieren (wie ich ja auch gerade tue), und da liegen sie sich schon oft in den Haaren... tja.

3. Aber noch eine dritte Eigenschaft hat die Mathematik, die eine Übertragung der zwingenden Beweiskraft auf die reale Welt verhindert - eine Eigenschaft, die uns vermutlich überhaupt nicht aufgefallen ist: Die Mathematik beschreibt nicht die Wirklichkeit. Sie entwickelt nach streng logischen und formalen Regeln aus den Grundannahmen eine in sich stehende Wissenschaft - eine Geisteswissenschaft in reinster Form. Die Mathematik ist gültig, unabhängig davon, ob sie mit der Wirklichkeit übereinstimmt oder nicht.
So machen Mathematiker gelegentlich neue Entdeckungen, von denen keiner sagen kann, wofür sie gut sind und ob es jemals dazu eine Entsprechung in der realen Welt geben wird; und so haben sich die alten Griechen schon - zu Unrecht? - darüber aufgeregt, dass die damaligen Mathematiker negative Zahlen eingeführt hatten - in der Wirklichkeit gäbe es das ja auch nicht...
Es ist schon ein Wunder, dass die Mathematik, obwohl sie von den Mathematikern nur zu deren eigenen Zwecken erfunden wurde, tatsächlich in der Lage ist, die Wirklichkeit zu beschreiben. So schrieb Eugene Wigner einen Artikel mit dem Titel «The Unreasonable Effectiveness of Mathematics in the Natural Science» (Die unglaubliche Wirksamkeit der Mathematik in der Naturwissenschaft). Und Albert Einstein fragte einmal: «Wie kann es sein, dass ein Produkt des menschlichen Geistes, das von keinerlei Erfahrung abhängt, so wunderbar dazu eignet, Objekte der realen Welt zu beschreiben?»

In dem Augenblick, in dem wir die uneingeschränkt gültigen Aussagen der Mathematik auf die reale Welt anwenden, verliert die Mathematik allerdings ihren allgemeingültigen Wahrheitsanspruch: Denn als angewandte Mathematik unterliegt sie jetzt dem Anspruch, die Realität angemessen zu beschreiben - oder nicht.
Ob eine mathematische Formel korrekt hergeleitet ist oder nicht, lässt sich eindeutig klären. Ob diese Formel aber geeignet ist, zum Beispiel das Wachstum von Coli-Bakterien in der Petri-Schale zu beschreiben - oder nicht -, ist niemals eindeutig beweisbar (im strengen mathematischen Sinn). Denn Coli-Bakterien kommen weder in der Mathematik vor, noch haben sie im wirklichen Leben eine einprogrammierte mathematische Formel. Das gilt ebenso für die Hebelgesetze, die einstein'sche Relativitätsphysik und die Funktionsberechnungen von Graphen 4. Grades usw.: Was sie tatsächlich beschreiben, entscheidet nicht die Mathematik, sondern der Naturwissenschaftler - und diese Entscheidung ist durch nichts begründet als durch die (fehlbare) Beobachtung und die (subjektiv) angemessene Übereinstimmung mit der Wirklichkeit. Schauen wir uns also die Wirksamkeit von Beweisen in der realen Welt (der «Physis») an - den physikalischen Beweisen.

1.2. Der physikalische Beweis

Der naturwissenschaftliche Beweis ist tatsächlich weniger zwingend, als im allgemeinen angenommen. Zwar hört oder liest man immer wieder das Argument: «Das ist naturwissenschaftlich bewiesen!» - verbunden mit der Erwartung, dass damit jede Diskussion beendet ist. Aber das ist ein Irrglaube: Das einzige, was in der Naturwissenschaft exakt und (hoffentlich) eindeutig erhoben wird, sind Daten. Alles andere (vor allem die daraus abgeleiteten Theorien) sind Vermutungen.

1. Schritt: Die Daten

In der Naturwissenschaft gilt es zunächst, Daten zu sammeln: Durch Beobachtungen, Messen, Experimente und Forschungsreisen. Diese Daten sind bereits eine erste Fehlerquelle, denn sie können nur durch Beobachtung gewonnen werden. Die Mathematik, die bereits erhobene Daten miteinander verbinden kann, ist nicht in der Lage, empirische Daten vorherzusagen:

Zum Beispiel muss die Lichtgeschwindigkeit nicht endlich sein, doch in unserer Welt, die sich von all den vorstellbaren anderen mathematisch möglichen Welten unterscheidet, ist sie es. Die Grundlagen der Naturwissenschaften, die Daten, lassen sich nur empirisch gewinnen, indem man sich die Welt ansieht und herauszufinden versucht, wie sie funktioniert.

Es gilt bei der Beobachtung, mögliche Ungenauigkeiten, Täuschungen oder Fehlmessungen zu vermeiden und oder gar ganz auszuschließen, so dass die Daten unter exakt beschriebenen Umständen jederzeit und jederort identisch erhoben werden können.

2. Schritt: Die Hypothesen verbinden Daten

Danach beginnt der theoretische Teil der Forschung: Die Daten werden durch Überlegungen miteinander in Beziehung gesetzt. Es wird nach allgemeinen, möglichst einfachen Erklärungen gesucht, warum die Daten genauso beschaffen sind und welche Mechanismen im Hintergrund wirksam sind. Dabei kann sich nur eine Hypothese etablieren, die mit möglichst wenigen Zusatzannahmen auskommt, möglichst viele Daten erklärt (alle Daten zu erklären wäre ein bisschen viel verlangt) und komplizierte Sachverhalte auf einfachere zurückführen kann.
Ein wichtiges Kriterium für die Akzeptanz einer Hypothese ist ihre Schlichtheit, Einfachheit oder - wie David Lindley es ausdrückt - ihre Schönheit. Das mag verwundern; aber nach Lindley war vor allem Einstein der Überzeugung, dass «wissenschaftliche Theorien elegant sein sollten, sie mögen auch komplex und schwer zu ergründen sein, dürfen aber nicht erzwungen wirken; sie sollten eine gewisse innere Schönheit besitzen, die ihre Eignung zeigt, die Natur zu beschreiben.»

Noch heute liegen nur wenige direkte experimentelle Beweise für die Allgemeine Relativität vor; aber noch immer werden Physikstudenten von dieser Theorie und der ihnen innewohnenden Anziehungskraft fasziniert, dem Gefühl, etwas mathematisch so tief Befriedigendes müsse notwendigerweise eine tiefe Wahrheit enthalten.

Eine Hypothese, die diesen Anforderungen entspricht, wird nun verallgemeinert: Einmal angenommen, diese Hypothese wäre korrekt - welche Vorhersagen für bisher noch nicht erhobene Daten können gemacht werden? Was folgt daraus für weitere Versuche, Experimente oder Beobachtungen?

3. Schritt: Experimente bestätigen Hypothesen

Diese Vorhersagen werden nun gezielt überprüft; neue Experimente werden ausgedacht oder Forschungsreisen (in den Urwald oder zum Mars) werden gestartet, um nun unter den von der Hypothese bestimmten Voraussetzungen nach Daten zu suchen, die den Vorhersagen entsprechen. Erst, wenn die Theorie durch die neuen Experimente bestätigt werden, kann man von einer wissenschaftlichen Anerkennung sprechen.

Das setzt allerdings voraus, dass man Thesen auch wirklich testen kann. Da aber Experimente z.B. im Bereich der physikalischen Grundlagenforschung im Lauf des letzten Jahrhunderts immer schwieriger, kostspieliger, zeit- und arbeitsaufwändiger geworden sind, ist diese Möglichkeit, Hypothesen zu überprüfen, immer seltener geworden. Heutzutage werden ästhetische Urteile («die Schönheit der Hypothesen», s.o.) immer gewichtiger - und zwar nicht infolge irgendeiner bewussten Umgewichtung in der wissenschaftlichen Methode - sondern schlicht in Ermangelung experimenteller Daten.

4. ...und wo ist da jetzt der Beweis?

Der landläufigen Meinung, die Naturwissenschaft liefere in unserer Welt die einzigen wirklich gesicherten Erkenntnisse, widerspricht diese nähere Betrachtung natürlich. Das mag große Enttäuschung für die Gläubigen der Naturwissenschaften sein: Naturwissenschaftliche Beweise sind immer nur Theorien - zudem manchmal experimentell wenig gesichert, immer jedoch auf Widerruf. Bei vielen Erkenntnissen ist sich die Wissenschaft zwar ziemlich sicher, dass ein solcher Widerruf nicht geschehen wird - aber ein echter Beweis, dass die Daten nur so und nicht anders erklärt werden können, ist nicht möglich.
Was landauf, landab als Beweis angesehen wird, ist nichts anderes als eine erneute Gewinnung von Daten, die eine bestimmte Theorie erhärten. Aber das schließt niemals aus, dass die vorhandenen und neugewonnenen Daten nicht auch durch eine andere Theorie erklärt werden können - oder das Daten gefunden werden, die die bisher anerkannte Theorie hinfällig werden lassen.

Echte Naturwissenschaftler stört das nicht. Überzogene Erwartungen an die Naturwissenschaften hat nur derjenige, der ihren wahren Charakter nicht kennt. Für wirkliche Physiker ist das Hypothetische ihre Arbeit eine Selbstverständlichkeit: Max Planck, der Begründer der Quantentheorie, sagte einmal: «Über den Toren des Tempels der Wissenschaft stehen die Worte geschrieben: Du musst glauben.»

Ein paar Beispiele aus der modernen Physik

Wer eine Allergie gegen Physik hat, kann hier einfach weiter blättern. Die Beispiele sollen lediglich verdeutlichen, dass gerade die moderne Physik das Gegenteil von dem tut, was wir unter «beweisen» verstehen.

Heute steht die Physik in ihren modernen Forschungszweigen auf sehr wackeligen Boden. Viele Gesetze und Regeln werden entdeckt, ohne dass sie - für einen wissenschaftsgläubigen Jünger zumindest - hinreichend erklärt werden können - sie beschreiben lediglich, was man vorfindet. Drei Beispiele dazu:
Erstes Beispiel: Das Pauli-Verbot für Fermionen
Der deutsche Physiker Wolfgang Pauli hat ein interessantes Verhalten von leichten Elementarteilchen festgestellt: Niemals haben zwei identische Elementarteilchen (z.B. zwei Elektronen) einen identischen Zustand. So können sich mehr als zwei Elektronen auf der «Umlaufbahn» um den Atomkern nicht die eine Bahn teilen - im Gegensatz zu den Planeten, wo es Asteroidengürtel gibt, die zu Millionen die gleiche Umlaufbahn haben. Warum? Weil Wolfgang Pauli das verboten hat.
Natürlich hat Pauli sich das Verbot nicht ausgedacht. Er hat festgestellt, dass sich Elektronen - und so auch die anderen kleinen Teilchen, die Fermionen - nun einmal so verhalten. Pauli hat daraus gefolgert, dass es in der Natur ein solches Verbot gibt - ohne begründen zu können, warum das nicht sein kann. Trotz einiger Theorien geben sich die Physiker damit zufrieden: Es ist so, weil es so ist. Deshalb ist diese Theorie auch - mit dem typischen Physikerhumor - als das «Pauli-Verbot» in die Geschichte eingegangen: Weil man nicht weiß, warum sich die Teilchen so verhalten, tut man so, als wenn sie lediglich Paulis Anordnungen Folge leisten...
Zweites Beispiel: Die Farbe der Quarks
Ein Proton, so glauben die Physiker, besteht aus drei Quarks - ein sogenanntes down-Quark und zwei up-Quarks (ein Neutron hat ein umgekehrtes Quark-Verhältnis). Das kann nach Paulis Verbot nicht sein; denn die beiden identischen Quarks können nicht gleichzeitig Bestandteil eines Elementarteilchen sein - sie würden gegen das Pauli-Verbot verstoßen. Es war daher nötig, eine neue Eigenschaft anzunehmen, die «Farbe» der Quarks, die als «rot, grün und blau» festgelegt wurde.
Jeder einfache Jünger der Physik wäre entsetzt: Die Naturwissenschaftler erfinden Eigenschaften, um eine Theorie zu retten? - Das passt tatsächlich nicht zu dem Image, das die Physik hat: Anstatt von harten Fakten und eindeutigen Erkenntnissen arbeiten die Physiker bloß mit Vermutungen und erfundenen Eigenschaften. - Wahre Physiker haben damit aber keine Schwierigkeiten: Die paar Annahmen wie «Spin» oder «Color» der Quarks oder ähnliches erweisen sich als äußerst sinnvoll und nützlich. Und schließlich tun die Naturwissenschaftler grundsätzlich nichts anderes, als Theorien aufzustellen, die das, was ist, gut erklären. Mehr nicht.
Drittes Beispiel: Die Umgekehrte Anziehungskraft
Bleiben wir bei den geselligen Quarks, den Bestandteilen der uns bekannten Elementarteilchen. Leider konnten trotz aufwändiger Experimente keine einzelnen, freien Quarks nachgewiesen werden. Dabei war durch Friedman, Kendall und Taylor nachgewiesen worden, dass die Quarks im inneren eines Proton ziemlich lose herumkullerten.
1973 brachten David Politzer aus Harvard und David Gross und Frank Wilczek aus Princeton eine neue Hypothese ins Spiel: Nach ihrer Theorie hat die Kraft zwischen den Quarks eine ganz neue, vertrackte Eigenschaft: Sie wird um so stärker, je weiter sich die Quarks von einander entfernen - und nimmt ab, je näher sie aneinander rücken. Wenn man versucht, eines der Quarks im Inneren eines Protons mit einer geeigneten Pinzette zu packen und zu extrahieren (wie ein Zahnarzt einen Zahn), dann würde man feststellen, dass die dazu benötigte Kraft wächst, je weiter man das Quark von seinen Kollegen trennt. Mit einer gewaltigen Anstrengung ließe sich das widerstrebende Quark tatsächlich aus dem Inneren des Protons herauslösen, doch die dafür notwendige Energie wäre dann groß genug, um zwischen den Proton und dem ausgelösten Quark ein neues Quark-Antiquark-Paar entstehen zu lassen. Eines der frisch entstandenen Quarks würde ins Proton zurückfallen (das dann wieder komplett wäre) - und das andere neue Antiquark würde mit dem herausgelösten Quark eine Einheit werden: Ein Meson.
«Grauenhaft!» - so sträuben sich die Haare des Wissenschaftsgläubigen - «da wird eine Kraft erfunden, die genau umgekehrt funktioniert, anders als alles, was wir kennen - nur um zu erklären, warum ein Experiment zur Erhärtung einer anderen Theorie nicht funktioniert? Das ist doch fast schon Vetternwirtschaft!»
Aber auch hier bleibt der Physiker ganz ruhig: Diese kleine Zusatzannahme der umgekehrten Anziehungskraft von Quarks rettet eine wirksame Theorie, die wunderbar beschreibt, was bisher gemessen und gefunden wurde. Was soll also daran so schlimm sein? (Und so bekamen die drei Quantenforscher am 4. Oktober 2004 sogar den Physik-Nobelpreis für ihre "umgekehrte Anziehungskraft" - echt cool, die Physiker.)
1.3. Der historische Beweis

Das eigentlich Problem in der Diskussion um die Beweisbarkeit von geistigen Dingen ist einmal die Überschätzung des physikalischen - aber auch die Unterschätzung des historischen (oder juristischen) Beweises. Dinge, die nur einmal passierten und nicht in einem Experiment nachgewiesen werden können, für die wir also nur Zeugen und "Zeugnisse" (in schriftlicher oder archäologischer Form), bezeichnen wir schnell als "unbewiesen".

Dabei ist auch die historische Wissenschaft - oder das Gerichtswesen - ein nach exakten Regeln arbeitendes System. Der Hinweis auf viele historische Irrtümer (und Fehlurteile in der Rechtssprechung) ändert daran genauso wenig wie der Vorwurf, die Physik sei kein exaktes System, weil dort ständig viele falsche Theorien aufgestellt wurden.

Bei der historischen und juristischen Wahrheitsfindung geht es im Grunde darum, nach der Glaubwürdigkeit eines Ereignisses und dessen Bezeugung zu fragen. Ist der geschilderte Sachverhalt wahrscheinlich, in sich schlüssig und hatte er Auswirkungen? Sind die Auswirkungen sichtbar, prüfbar und unverfälscht? Gibt es Zeugen für das Ereignis? Gibt es Gründe, die dafür sprechen, dass die Zeugen die Unwahrheit sagen?

Zum Beispiel wird ein junger Mann vor Gericht beschuldigt, zu einer bestimmten Zeit ein Verbrechen begangen zu haben. Er kann ein Alibi vorweisen: Er war zu fraglichen Zeit an einem anderen Ort. Nun, das ist eine Behauptung. Wie will er das beweisen? - Zum Beispiel durch Zeugen, durch Videoaufnahmen oder durch Fotos. Aber auch mit einem Video und einem Zeugen fragt sich der Richter: Woher weiß ich, dass der Zeuge nicht lügt und das Video echt ist? Letztlich können sämtliche Beweise arrangiert, die Zeugen bestochen und Indizien gefälscht sein. Wir kennen das aus guten Kriminal- oder Agentenfilmen oder Romanen.
Hat auch Brutus seinen Ziehvater Julius Caesar erstochen? - Auch hier gibt es keine Möglichkeit der experimentellen Überprüfung; die Geschichte ist einmalig und wiederholt sich nicht im Labor. Es bleibt also nur, nach schriftlichen Zeugnissen zu fragen (Augenzeugen sind in diesem Fall nicht zu erwarten) und - falls Zweifel aufkommen - nach Gründen für eine eventuelles Falschzeugnis (warum sollten Zeitzeugen Brutus in die Liste der Mörder aufnehmen, wenn er nicht dazu gehörte?)

Worum es letztlich geht, ist die Einschätzung eines Zusammenhanges (einer Theorie wie in den Naturwissenschaften) als plausibel; die Einschätzung eines Zeugen als «glaubwürdig» und eines Gegenstandes als «echt». Aber alles das sind Eigenschaften, die wir den Dingen zuerkennen - nichts, was wir experimentell feststellen können. Selbst, wenn wir naturwissenschaftliche Methoden hinzunehmen (wie z.B. DNA-Test, Infrarot-Aufnahmen vom Tatort oder Microfaseruntersuchungen) müssen die Erkenntnisse immer noch interpretiert werden; sie sind nur "Indizien", keine Beweise. Ein Beweis z.B. für das Alibi ist immer so aussagekräftig, wie wir glauben.

Das gilt zum Beispiel auch innerhalb einer Beziehung: Ob mich mein Partner wirklich liebt, mich betrügt oder hintergeht, ist nicht beweisbar. Es bleibt - trotz aller Bemühungen z.B. einer Privatdetektei - immer eine Frage meines Vertrauens zu dieser Person und meines Glaubens an ihn.

Dabei ist wichtig: Alle Zeugen genießen grundsätzlich einen Vertrauensvorschuss: Ein Zeuge muss seine Glaubwürdigkeit nicht beweisen. Im Gegenteil: Jemand, der seine Aussage anzweifelt, hat die Beweislast.

Und dennoch sprechen die Historiker von "gesicherten Erkenntnissen" und die Richter "von der erwiesenen Unschuld". Auch wenn sich diese Beweise auf einer anderen Ebene abspielen als die physikalischen oder mathematischen, so ist der Beweiskraft deswegen nicht geringer - nur die Methoden sind andere.

2. Die Gottesbeweise
2.1. Der mathematische Gottesbeweis

Nun, die Übertragung des bisher Erkannten auf die Theologie ist schnell getan: Einen Gottesbeweis, zwingend wie in der Mathematik, gibt es in der realen Welt nicht.

Einen Entwurf eines mathematischen (zwingenden) Gottesbeweises hat Anselm von Canterbury mit seinem ontologischen Gottesbeweis versucht. Darin geht Anselm von den Begriffen und deren Implikationen aus - und nicht von Beobachtungen oder Wahrnehmungen.
Dieser Beweis ist in der Philosophie und Theologie bis heute viel diskutiert - wie versprochen, will ich hier nicht näher darauf eingehen. Nur soviel: Vermutlich krankt dieser Beweis an der gleichen Beschränkung, die auch der Mathematik zu eigen ist: Es gelingt nicht, die Brücke in die Wirklichkeit zu schlagen, ohne die Allgemeingültigkeit des Beweises zu verlieren.

Das ist nicht weiter schlimm, da es grundsätzlich keinen mathematischen Beweis in der realen Welt gibt - auch nicht in den Naturwissenschaften. Und da Gott als etwas Reales erwiesen werden soll, können wir nicht mehr erwarten.

2.2. Der physikalische Gottesbeweis

Ein Gottesbeweis im Range eines physikalischen Beweises ist allerdings ohne Probleme möglich. Wenn ich mir bestimmte Daten am einfachsten erklären kann, indem ich die Existenz eines Gottes annehme, so bin ich allemal auf dem Erkenntnisniveau der Naturwissenschaften. Kann ich sogar bestimmte Daten ausschließlich durch eine bestimmte Annahme (z.B. eines Schöpfers) erklären, habe ich einen echten physikalischen Beweis.

Von den klassischen Gottesbeweisen gehören die «Fünf Wege der Gotteserkenntnis» des Thomas von Aquin in diesen Bereich. Ausgehend von realen Beobachtungen (Bewegung, Zielgerichtetheit, Ursache-Wirkung...) bietet er eine Erklärung an. Zunächst nur eine Hypothese, aber Thomas ist sich ziemlich sicher, das es keine andere mögliche Erklärung gibt. Damit hätte er also einen echten physikalischen Beweis erbracht.

Die Begrenztheit der physikalischen Gottesbeweise war natürlich auch den klassischen Theologen bewusst. Die versuchten auch nicht, mit ihren «Beweisen» jemanden zum Glauben zu zwingen.
Es ging ihnen lediglich darum, zu zeigen, dass der Glaube an Gott kein blinder Entschluss ist (wie z.B. der Glaube an UFOs oder an kleine, fliegende Fettmöpse), sondern vernünftig ist. Nicht die Überzeugung der Atheisten, sondern die Rechtfertigung, dass der Glaube an Gott vor dem Verstand verantwortbar ist, ist Ziel der «Beweise».

Ein Beweis, der einen Menschen, der eine Theorie nicht akzeptieren will, dazu zwingt, seine Position aufzugeben, gibt es weder in der Theologie noch in der Physik oder anderen Naturwissenschaften. (Auch Einstein hat sich zeit seines Lebens gegen die Quantentheorie gesträubt, obwohl die Beweislast erdrückend war - er wollte nicht glauben, deshalb tat er es auch nicht.)

Verabschieden wir uns also grundsätzlich von dieser unrealistischen Vorstellung. Wer behauptet: «Ich glaube erst, wenn Du es mir bewiesen hast...» erwartet, von einem Beweis in die Knie gezwungen zu werden; aber da kann er lange warten.

In London trifft sich alle paar Jahre die «Flat-Earth-Society», eine Gruppe anerkannter, aber etwas spleeniger Forscher, die regelmäßig neue Beweise dafür zusammentragen, dass die Erde doch nur eine Scheibe ist; und auf der anderen Seite die Beweise zerpflücken, die auf eine Kugelgestalt der Erde schließen lassen.
Vielleicht glauben diese (typisch britischen) Unikate nicht wirklich an ihr Projekt; aber es zeigt, dass auch in der Naturwissenschaft niemand durch Beweise in die Knie gezwungen wird: Wir sind immer frei, eine Hypothese anzunehmen oder abzulehnen, ohne unseren Verstand zu verleugnen.

Auch in den Naturwissenschaften heißt es: «Ich will Dir wohl glauben, zeige mir also, was für und was gegen Deine These spricht...»

Auf der Ebene der Naturwissenschaften ist eine Erkenntnis, dass es so etwas wie ein geistiges Prinzip geben muss (das wir Christen dann Gott nennen), durchaus möglich. Wir sprechen deshalb von einer natürlichen Erkennbarkeit Gottes (oder, korrekter, von der natürlichen Offenbarung). Einige mögliche Hinweise auf Gott findest Du hier: Hinweise auf Gott.

2.3. Der historische Gottesbeweis

Aber selbst die mathematischen und physikalischen Gottesbeweise, mögen sie noch so einleuchtend sein, bleiben uns oft innerlich sehr fern.

Ich kenne keinen Mathematiker, der aufgrund einer mathematischen Entdeckung sein Leben sinnlos erachtet hat (außer Gödel - aber das nur für eine kurze Phase). Mathematik - das spürt schon jeder Schüler - hat mit den wirklich wichtigen Dingen im Leben (wie Freundschaft, Liebe, Sinn und Glück) nicht viel zu tun.
Ähnliches gilt auch für die Naturwissenschaften: Selbst der beste Chemiker kann keinen Stoff erzeugen, der klug und weise macht; kein Biologe kann die Liebe berechnen und kein Physiker messen, wie weh es tut, einen Menschen zu verlieren. Was wirklich von Bedeutung in unserem Leben ist, fußt fast ausschließlich auf der Ebene der historischen und juristischen Beweise: Nämlich das, was andere Menschen tun, denken und fühlen. Alles, was einmalig ist.

Eine viel größere Bedeutung auch für unseren Glauben spielen die einmaligen, nicht wiederholbaren und nicht experimentell überprüfbaren Ereignisse, Beweisstücke oder Zeugenaussagen, die für mich die Existenz eines Gottes plausibel machen - oder einfach nur glaubhaft erscheinen lassen. Dabei müssen wir uns an die Regeln halten: Die Zeugenaussagen müssen ihre Glaubwürdigkeit nicht "beweisen" (das geht gar nicht), sondern Kritiker sollten - wie auch vor Gericht - Fälschungen und Falschaussagen nachweisen.

Von all den genannten Gedankengängen ist - logisch gesehen - der historische Gottes-Beweis der «schwächste»; er lässt sich selten verallgemeinern, ist leicht zu kritisieren und ergibt fast nie einen zwingenden Schluss. Aber dennoch ist er für mich realer:

Mal angenommen, ich bin verliebt. Leider habe ich aber noch kein sicheres Zeichen von meiner Auserwählten, dass sie mich ebenfalls liebt. Vielleicht versucht mein bester Freund, ein scharfer Denker, mir ihre Liebe zu beweisen, indem er ihre Worte und Gesten exakt analysiert und daraus den Schluss zieht, sie müsse in mich verliebt sein.
Allerdings verblasst ein solcher noch so plausibler Gedankengang gegenüber der realen Erfahrung: Wirklich sicher bin ich erst, wenn sie mir tief in meine Augen schaut und ich die entscheidenden Worte aus ihren eigenen Mund höre.
Dabei hat so ein gehauchtes Liebesgeständnis objektiv gesehen den geringsten Wert: In meine Augen zu sehen und «ich liebe Dich» zu sagen, ist nun wirklich ein schwacher Beweis; das kann schließlich jede schauspielerisch begabte Frau. Aber für mich (und ebenso für jede andere verliebte Person) sind die kleinen Zeichen der Aufmerksamkeit (z.B. ein verlegenes Lächeln - Rosen als Geschenk - Gedichte - Warten im Regen) von größerer Aussagekraft als jede Argumentation.

Und deshalb hat Gott diesen Weg gewählt, um sich selbst zu offenbaren: Nicht in der Mathematik und nicht in der Physik, sondern in der Geschichte. In Menschen, die mit ihm einmalige Erfahrungen gemacht haben. Die übernatürliche Offenbarung ist historisch - nicht naturwissenschaftlich und nicht logisch. Denn Gott will von Bedeutung sein für unser Leben -- und kein Spezialgebiet der Akademiker.

(In der Sammlung "Hinweise auf Gott" finden sich im zweiten Teil auch einmalige, historische Hinweise auf die Existenz Gottes)

Fazit

Die mathematischen Beweise sind zwingend - haben aber keinen Aussagewert über die Realität.

Die naturwissenschaftlichen Beweise sind schon nicht mehr wirklich zwingend, dafür aber verallgemeinerbar. Dadurch können sie aber nicht das fassen, was für uns Menschen von entscheidender Bedeutung ist: Alles, was einmalig passiert und - und vor allem das, was freiwillig geschieht.

Der scheinbar schwächste Beweis ist der, der nur durch Zeugen und Indizien erhärtet wird; denn einmalige Ereignisse folgen keinen Naturgesetzen und sind nicht experiementell wiederholbar. Zeugen und Indizien setzen aber Vertrauen (also Glauben) voraus.
Deshalb darf man aber dennoch von einem echten Beweis sprechen - wie es die Juristen und Historiker ja auch tun. Ein sauberer historischer Beweis ist nicht weniger stichhaltig - nur seine Methoden sind andere.

Gott hat für seine Offenbarung vor allem den historischen Beweis gewählt: Denn er ist kein logisches Prinzip und auch keine naturgesetzliche Kraft - er ist ein geistiges, liebendes Wesen. Alles andere als eine historische Offenbarung wäre Gott unangemessen.

Hast Du Kritik - Fragen - Anregungen? Dann schreib mir! - Für diese Katechese ist Peter verantwortlich