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Das Sakrament der Ehe

Scheinbar sind die Sakramente "lebensbegleitende Maßnahmen". Geburt (begleitet durch die Taufe), Übergang zum Erwachsenwerden (Firmung), Sterben und Tod (Krankensalbung) werden durch die Sakramente religiös gedeutet und mit Gott in Verbindung gebracht.

Das ist in bestimmter Hinsicht nicht falsch - aber darin erschöpfen sich die Sakramente nicht! Ein Erwachsener, der in die Kirche aufgenommen wird, wird ebenfalls getauft und gefirmt; seine Taufe ist dann wohl kaum ein "Willkommensfest für Neugeborene". Nein - in Wirklichkeit haben die Sakramente zwar eine Ausstrahlung auf die Lebensphasen des Menschen, sind aber nicht an diese gebunden.

Für das Sakrament der Ehe ist das jedoch anders. Hier wird ausdrücklich eine Lebensentscheidung zweier Menschen aufgegriffen und religiös gedeutet. Was ein besonderes Licht auf unseren Gott wirft.

 

 

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«Ehe wir uns trauen - Das Sakrament der Ehe» - Aus der Broschüre «Ehe wir uns trauen» - Kapitel 1: Das Sakrament der Ehe.

 

Weitere Texte zu diesem Thema:

Der Weg zur kirchlichen Eheschließung
Vorbereitung und Gestaltung des Trau-Gottesdienstes

Ist die Ehe überhaupt ein Sakrament?

Die Sakramente der katholischen Kirche sind nicht nur Heilszeichen, sondern sie vermitteln und bewirken das Heil - das haben wir in der Katechese über Sakramente ausführlicher beschrieben (ebenso in der Katechese über den "Absolutheitsanspruch der Kirche").Natürlich liefern die Sakramente das Heil nicht wie ein Automat, bei dem man einfach nur die richtigen Knöpfe drücken muss. Das Bemühen des Menschen ergänzt die Wirkung der Sakramente, im Zusammenwirken von Mensch und Gott gewinnen wir das ewige Heil.

Hm... Heil? Ewiges Heil? Wahrscheinlich ist dieser seltsame Begriff und die Tatsache, dass viele sich darunter nichts mehr vorstellen können, der Grund dafür, dass sowohl die Sakramente, aber auch die Religion insgesamt überflüssig erscheinen. "Heil? Ewiges Heil? Brauch' ich nicht..."
Dabei ist dieser Begriff leicht zu übersetzen - wie ich in der Katechese "Glauben ist Beziehung"versucht habe. "Heil" meint nämlich nichts anderes als die wunderbare, von Liebe erfüllte Beziehung zu Gott und all seinen Geschöpfen. Weil wir nicht mehr wirklich "heil" sind, fallen uns die Beziehungen nicht nur zu Gott, sondern auch zu den Menschen in dieser Welt so schwer und misslingen immer häufiger. Dabei sehnen wir uns alle danach: Ganz und gar zu lieben und geliebt zu werden.

Jetzt wird auch deutlich, warum das Sakrament der Ehe eines der "rundesten" Sakramente ist: Denn bei der Ehe wird nicht nur durch ein Zeichen (wie z.B. die Salbung oder eine Waschung) etwas an meiner Gottes-Beziehung verändert. Sondern das Zeichen ist selbst eine Beziehung; das äußere Zeichen, in dem Gott sich verbirgt, ist diesmal nicht Brot, Wein, Salbe oder Wasser, sondern die Liebe.

Wir unterscheiden bei den Sakramenten Materie und Form; bei einer Taufe ist die Materie z.B. das Wasser und die Form die gesprochene Taufformel. Deshalb meinen manche, die Materie sei immer etwas Materielles, etwas Sichtbares. Aber das stimmt nicht: Die Materie des Ehe-Sakramentes ist der Ehekonsens... also die Liebe.
Gott verbirgt sich also in der Liebe der Eheleute... was fast schon kein verbergen mehr ist. Deshalb ist die Ehe auch ein Sakrament von besonderer Strahlkraft!

Indem sich zwei Menschen trauen, eine Beziehung zueinander einzugehen, verbessert Gott ihre Beziehungsfähigkeit - so dass sie auch in ihrer Gottes-Beziehung wachsen. Wenn wir noch bedenken, dass dieses Trauen, Vertrauen und Wachsen auch eine Ausstrahlung auf die Welt hat (dazu später mehr), können wir eine dreifacher Wirkung erkennen: (Erstens:) Zwei Menschen wagen eine Liebesbeziehung zueinander, die Gott trägt, schützt und erfüllt. (Zweitens:) Darüberhinaus gibt das Sakrament der Ehe eine Ausrichtung: Die Liebe des einen Ehepartner soll den anderen befähigen und bestärken, in seiner Liebesfähigkeit auch Gott gegenüber zu wachsen. Gott befähigt die Eheleute, einander in den Himmel zu helfen. (Drittens:) Schließlich offenbart Gott in der Liebe dieser Menschen, was er sich von allen Menschen erhofft - und allen Menschen anbietet: Nämlich eine ehe-ähnliche Liebesbeziehung.

Erstens: Wir trauen uns - Gott traut uns

Die erste Wirkung ist die augenfälligste. Manche Brautpaare betonen, dass sie in der Kirche für ihre Ehe den Segen erwarten... "...und an Gottes Segen ist alles gelegen!".

Das ist sehr verständlich und auch gut. Denn: Auch dann, wenn beide Brautleute sich ihrer Entscheidung absolut sicher sind, bleibt die Ehe ein Wagnis. Keiner weiß, was im gemeinsamen Eheleben passieren wird, welche Probleme sich ergeben und wie weit die Liebe reicht, um sie zu meistern.

Diese Unkenntnis der Zukunft ist vielleicht auch ganz gut so; manchmal schrecken wir ja vor großen Herausforderungen zurück, obwohl wir sie meistern könnten. Da Gott die nötige Kraft nicht im Voraus gibt, sondern erst dann, wenn sie gebraucht wird, würden wir dann vielleicht niemals die Herausforderungen des Lebens annehmen - und somit auch nicht daran wachsen können.

Wenn wir nicht wissen, was da kommen wird, schauen wir auf die Ehe unserer Freunde, Verwandten und Bekannten. Dort zeigt sich leider, dass viele Ehe vorzeitig aufgelöst werden. Deshalb kommen vielleicht Zweifel auf: Überfordert die Ehe uns vielleicht? Kann ein Mensch überhaupt ein so gewagtes Versprechen abgeben..: "Ich will Dich lieben alle Tage Deines Lebens"?
Eigentlich kann das nur Gott versprechen. Und im Sakrament verspricht er es auch - durch den Mann und durch die Frau und sagt: "Ich will Dich lieben - in guten und in bösen Tagen!" und spricht auch gleichzeitig beiden Brautleuten die Liebe zu, dieses Versprechen zu erfüllen.
Gott gibt aber auch das Versprechen ab, dass er den Eheleuten immer die Gnade geben wird, ihre Ehe zu leben - natürlich unter der Voraussetzung, dass sie es versuchen und wollen. Auch, wenn der Kampf um die Liebe des anderen vielleicht sogar eine vorübergehende Trennung bedeutet (das gegenseitige Wachsen und Wachsen-lassen in der Heiligkeit und Beziehungsfähigkeit bedarf manchmal seltsamer Umwege und ist selten leidfrei), können wir darauf vertrauen, dass diese Wege und Umwege von Gott begleitet sind - und Gott uns schließlich wieder zusammenführt.

So ist die erste Wirkung des Sakramentes - die Stärkung der Ehe - einer der Hauptgründe, kirchlich zu heiraten. Gott möge der Dritte im Bunde sein: Er, die Quelle unserer Liebe. Solange Er zugegen ist, solange hat die Liebe Luft zu atmen.

Bedenke aber: Die kirchliche Eheschließung ist keine selbstwirksame Garantie für die ewige Haltbarkeit dieser Beziehung. Gott verspricht - in jedem Sakrament - nicht anstelle des Menschen zu wirken, sondern mit ihm zusammen. Wer auf dieses Versprechen baut, wird Gottes schützende Hand erfahren.

Wer dagegen nicht glaubt, dass Gott in seiner eigenen Ehe wirkt, der wird sich die Fortführung der Ehe (die er ja dann allein zu verantworten hat) möglicherweise irgendwann nicht mehr zutrauen und scheitern. Gott dann daran die Schuld zu geben, heißt den verantwortlich zu machen, der als erster vor die Tür gesetzt wurde.

Aber das Ehesakrament ist nicht nur ein Abo für die tägliche Gnadenlieferung zur Eheführung, (inklusive der Verpflichtung zur Mitwirkung) - es ist mehr. Es ist das Versprechen, sich für den Ehepartner in den Liebesdienst Gottes zu stellen.

Zweitens: Ehe erhebt - Die Liebe verleiht Flügel

Viele Menschen - einigen davon bin ich schon persönlich begegnet - halten nämlich die eheliche Gemeinschaft nur für ein Produkt der Evolution; die Ehe diene der Aufzucht von Nachkommenschaft und der Erhaltung der Art. Dass der Hochzeit eine Zeit der Auswahl und der Werbung vorangehe, stelle nur sicher, dass von den "egoistischen Genen" nur die zur Vermehrung zugelassen werden, die attraktiv verpackt sind; nicht umsonst weisen die Vertreter dieser Ansicht darauf hin, dass wir meistens das als "schön" empfinden, was auf Wohlstand, Reichtum, körperliche Gesundheit und Gebärfreudigkeit hinweist...
Viele Ähnlichkeiten zwischen menschlichem und tierischen Verhalten bei der Brunft, der Paarung, der Brut und der Aufzucht von Nachkommen illustrieren diese Ansicht: Der Mensch sei nichts anders als ein Produkt der Evolution und eine gute "Gen-Reproduktions-Maschine".

Das ist zwar materialistisch - aber natürlich auch korrekt. Teilweise. Wir sind ja auch aus Materie gebaut und haben eine nicht zu unterschätzende materielle Komponente in uns. Aber wir sind - im Gegensatz zu den Tieren - nicht nur Materie, sondern haben auch Geist. Dieser Geist in uns macht uns Gott-fähig - und gleichzeitig Liebe-fähig.
Aber der Geist ist in uns geschwächt und manchmal nicht ausreichend in der Lage, sich über die materiellen Gesetzlichkeiten zu erheben und sie gleichzeitig zu gestalten. Wir verlieren immer wieder den Kontakt Verbindung zu Gott - und unsere Fähigkeit, wahrhaft zu lieben.

Deshalb gibt es die Sakramente im allgemeinen, und deshalb gibt es das Sakrament der Ehe im Speziellen: Mit Gottes Hilfe, mit Seiner Gnade knüpft Gott nicht nur eine Beziehung zu unserer gebrochenen Existenz, sondern stärkt, heilt und erhebt uns. Die Liebe Gottes - vermittelt durch den Ehepartner - gibt uns die Kraft, uns aufzuschwingen - und zu geistigen und liebenden Höhenflügen zu gelangen, die sich ein Evolutionist niemals erklären kann. Das Wichtigste dabei ist, uns zu gott-ähnlicher Liebe zu führen.

Immer noch zweitens: Mann und Frau - und Frau und Mann - reichen an die Gottheit 'ran

In der Schöpfungsgeschichte heißt es: "Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich... Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie." (Gen 1, 26f) Nicht der Mann ist das Abbild Gottes (und auch nicht die Frau) - sondern erst als Mann und Frau sind beide IHM ähnlich. In ihrer unbedingten Liebe und Sorge füreinander werden die Menschen wie Gott sie haben wollte.

Es mag für viele Menschen enttäuschend sein, dass Gott sich ihnen nicht in Glanz und Glorie offenbart und sie durch seine überwältigende Erscheinung zum Glauben führt. Aber Gott hat einen anderen Weg gewählt: Er nimmt uns Menschen in den Dienst; auch in den Dienst, IHN selbst zu erfahren. Dieses "in-Dienst-nehmen" geschieht für alle Menschen in der Taufe, in der wir zum "Allgemeinen Priestertum" berufen und befähigt werden.
Aber wir können uns in diesem Dienst selbst überbieten; indem wir beschließen, zum Realsymbol für die Liebe Gottes zu werden. Indem wir Priester werden oder heiraten. Im Gegensatz zu den Eingangssakramenten stärken diese beiden "Standessakramente" nicht nur die persönliche Gottesbeziehung der Empfänger, sondern versetzen diese vor allem in die Lage, andere zu stärken. Wie der Priester (aus Liebe zu den Menschen) bemüht ist, seiner Gemeinde in den Himmel zu helfen, nehmen die Eheleute genau diesen Dienst - wiederum aus Liebe - füreinander an.
Die "Standessakramente" verleihen die dazu nötige Gnade. Durch diese Sakramente sind Priester und Eheleute nun "im Stande", einander die Liebe Gottes zu schenken.

Ehe und Priestertum
Die Ehe und das Priestertum sind also nicht zwei entgegengesetzte Berufungen, wie mancher glaubt, der sich zwischen beiden entscheiden muss. Beide sind überraschend identisch: In beiden Berufungen geht es um eine Liebesbeziehung, die dem Geliebten den Himmel schenken will. Nur ist in der Ehe der (oder die) Geliebte eine einzelne Person - während der Priester sich wie Jesus Christus der "göttlichen Braut", also der Kirche vermählt - die nunmal aus vielen Personen besteht. (Aber dieser Unterschied ist geringer, als man glaubt; eine Gemeinde zu lieben ist genauso eine Herausforderung mit Höhen und Tiefen, wie die Liebe zum immer auch unvollkommenen Ehepartner).
Daher erklärt sich auch der Zölibat des Priesters, der seinen Leib in den Dienst der göttlichen Liebesvermittlung an die Gemeinde stellt (in Segen, Predigt, Gottesdienst und Sakramentenspendung), während der Verheiratete seinen Leib ebenfalls hingibt - aber zur Vermittlung der Liebe an den einen, geliebten und liebesbedürftigen Ehepartner.

Ehe und Beichte - Ehe und Kommunion
"Liebe geht durch den Magen" heißt es; aber was, wenn das Essen nicht schmeckt...? Die Größe der Liebe zeigt sich vor allem im Verzeihen; vor allem darin, den Geliebten auch in seinen Lieblosigkeiten anzunehmen; aber auch in der Bereitschaft, die eigenen Defizite mit der Hilfe des liebenden Partners aufzufüllen und - darauf vertrauend - einen Neubeginn zu versuchen... nicht nur einmal, immer wieder.
Darin zeigt sich, dass das Leben des "Christen im Allgemeinen" nicht sonderlich unterscheidet vom Leben als "Verheirateter im Besonderen".

Vielleicht übt sich der eine in der Beichte auf dieses "Wachsen durch Vergebung" ein, um dann Reue und Vergebung in der Ehe leben zu können. Vielleicht geht der Weg aber auch über die wunderbare Erfahrung in der Ehe ("Sie hat mir verziehen! Ich fasse es nicht!") hin zur Beichte ("Dann wird auch Gott mir verzeihen!").

Das Gleiche gilt - manche mögen über diese Paralelle den Kopf schütteln - für das "Eins-werden-miteinander" in der Ehe und das "Eins-werden-mit-Gott" in der Kommunion. Wobei ich hier im ehelichen Eins-werden nicht nur die körperlich-sexuelle Komponente meine. Vielmehr werden Eheleute auch in einer viel tieferen Weise "ein Fleisch", indem sie Regungen und Befindlichkeiten des anderen schon spüren, ehe sie geäußert werden; indem Abstimmung und Übereinkunft zustande kommt, die keiner Worte mehr bedarf; indem man sich "blind versteht". Nichts anderes soll auch durch die Feier der Eucharistie und durch die Kommunion mit Gott geschehen: Ein Verstehen, das alles Erklären übersteigt.

Nicht umsonst legt die Kirche großen Wert darauf, dass nach Möglichkeit jede Eheschließung im Zusammenhang mit einer Eucharistiefeier geschlossen wird. Vielleicht ist die gelebte Ehe nur möglich durch die gefeierte Eucharistie - und jedes Fest der ehelichen Liebe gelebte Kommunion?

Drittens: Zeichen für die Welt

Ich werde manchmal gefragt, warum es in der katholischen Kirche nicht nur die zwei Sakramente Taufe und Abendmahl gibt (wie in vielen evangelischen Kirchen), sondern sogar sieben Sakramente. Nun - die erste Antwort ist natürlich: Wir haben die sieben Sakramente (inklusive der Ehe), weil sie von Christus eingesetzt worden sind und die Kirche seit biblischen Zeiten diese Tradition bewahrt hat. Aber wenn wir die Bibel und die Tradition nicht nur gehorsam annehmen wollen, sondern auch auf deren Sinn hin befragen (was jeder tun sollte!), stellt sich auf den zweiten Blick immer noch die Frage: Es gibt viel menschliches Tun - worin liegt der Sinn, ausgerechnet die Verbindung von Mann und Frau zum Sakrament zu erheben?
Die Antwort auf diese Frage ergibt sich allerdings erst, wenn wir die Frage umkehren. Denn menschliche Zeichen werden nicht deshalb zu Sakramenten erhoben (von Gott oder von der Kirche, wie auch immer), weil sie sich besonders ausgezeichnet haben und von "archetypischer Bedeutung" sind. Vielmehr sind Sakramente Zeichen, in den sich Gott herablässt, um uns in dieser Welt zur Seite zu stehen. Die Frage nach dem Sinn eines Sakramentes sollte also lauten: Welche menschliche Realität kommt am ehesten dem göttlichen Wesen so nahe, dass es zum Abbild Gottes taugt und würdig ist, eine Verbindung von göttlichem und menschlichem Tun zu werden?

Immer noch Drittens: Der Bund Gottes - Vorbild des Ehebundes

In Amerika ist es üblich, zur Eheschließung sogenannte "Eheversprechen" in ein kleines Büchlein zu schreiben und es dem Ehepartner feierlich zu überreichen. Darin stehen dann Dinge wie "Ich werde Dich niemals an Deiner Berufsausübung hindern", "Ich werde niemals Deinen Geburtstag vergessen", "Ich werde Dir zuliebe nicht mehr Alkohol trinken, als ich vertrage", "Ich werde niemals schlecht über Dich reden" - und so weiter.

Das ist der tiefere Sinn der Zehn Gebote: Sie sind Eheversprechen. Korrekt übersetzt müssten sie also nicht heißen: "Du sollst...", auch nicht "Du wirst...", sondern "Weil ich Dich, Gott liebe, werde ich niemals lügen, niemals stehlen und die Ehe heilig halten; ich werde keinen anderen Gott neben Dir haben, denn ich liebe Dich doch; ich werde Deinen Namen ehren und Deinen Wochentag...."

Der Gedanke, dass der Bundes-Schluss am Sinai dem Ehebund gleicht, ist keine neue Erkenntnis. Für die Juden war die Form des Bundesschlusses immer schon eindeutig als Ehevertrag erkennbar; nur für uns Christen ist diese Erkenntnis mit der Zeit etwas in den Hintergrund geraten.

Vor allem die letzten beiden Gebote ("Du sollst nicht begehren..." - oder, besser übersetzt: "Ich werde nicht begehren... ") ergeben nur einen Sinn, wenn die Gebote insgesamt als Eheversprechen aufgefasst werden. Einem Polizisten-Gott ist es egal, ob wir uns danach sehnen, über die rote Ampel zu fahren - Hauptsache, wir tun es nicht. In einem Eheversprechen ist aber "Weil ich Dich liebe, werde ich auch meine Gedanken hüten und nichts von dem begehren, was Dich traurig macht...." ein angemessener Vorsatz.

Nach dem ersten Bundesschluss am Sinai (mit der Übergabe der Zehn Gebote als Eheversprechen) hat es in Jesus Christus einen zweiten Bund gegeben - und bei diesem ist der Vergleich zur Ehe noch viel intensiver hervorgetreten. Jesus spricht immer wieder vom "Hochzeitsmahl", vom Himmel als "der Hochzeit", von sich selbst als dem "Bräutigam" und dem Volk Israel bzw. der Kirche als "die Braut". Auch durch die Briefe der Apostel und der gesamten christlichen Literatur zieht sich dieser Gedanke: Gott wirbt um uns in bräutlicher Liebe; und unser Heil zu finden heißt soviel, wie Hochzeit-feiern mit Gott.

Exkurs: Das Ehe-Sakrament in der Kirche der Reformation

Die Eheleute lieben sich und versprechen sich die Ehe. Das ist schön - keine Frage. Aber eben durch und durch menschliches Tun, das von dem, was Gott wirkt, nicht mehr eindeutig zu trennen ist. Wie in keinem anderen Sakrament verwebt sich menschliches und göttliches Wirken miteinander - ein für die katholische Kirche wunderbarer Gedanke. Mensch und Gott wirken gemeinsam!
Für die Kirchen der Reformation ist diese unlösbare Verbindung von menschlicher Liebe und göttlicher Hingabe eher ein Super-Gau. Beim Sakrament der Taufe sind die beiden Wirkungen ja deutlich getrennt: Während jede andere Waschung nur den Leib reinigt, kommt bei der Taufe eine ganz andere, neue Dimension hinzu: Die Reinigung der Seele. Klare Sache, zwei getrennte Ebenen. Fein.
Die Trauung verknüpft dagegen unlösbar Gottes Tun mit dem natürlichsten und menschlichsten Empfindungen, Gefühlen, Regungen und Absichten. Das Sakrament der Ehe macht aus der Hochzeit nicht etwas gänzlich anderes, sondern bleibt auch in Bedeutung und Wirkung zutiefst mit der menschlichen Wirklichkeit verknüpft. Genau das aber - die Vermischung und Verbindung von menschlichem und göttlichem Wirken - lehnten die Reformatoren ab. Also - so schloss z.B. Martin Luther - ist die "Ehe ein weltlich Ding" und eben kein Sakrament.

Das gilt auch heute noch für die protestantischen Kirchen, auch wenn man dort anscheinend genauso heiraten kann wie in katholischen Kirchen. Äußerlich unterscheiden sich die beiden Formen der katholischen und evangelischen Trauungen nur wenig. Aber: Nach lutherischem Verständnis wird die Ehe auf dem Standesamt geschlossen - und in der Kirche nur gesegnet und unter den Schutz Gottes gestellt. In der katholischen Kirche wird dagegen eine Ehe vor dem Altar geschlossen.
Daher ist eine katholische Trauung auch möglich, wenn zuvor keine standesamtliche Eheschließung stattgefunden hat (was weltweit der Normalfall ist); in der protestantischen Kirche kann eine Ehe in der Kirche erst dann gesegnet werden, wenn die Brautleute vor dem Staat eine Ehe eingegangen sind.

Die Kritik der Reformation, die katholische Kirche würde menschliches Tun einfach mit göttlichem Tun verquicken oder gar gleichsetzen (was Gott herabwürdige und den Menschen unangemessen aufwerte), trifft vollkommen korrekt den Kern der Sache: Ja, die katholische Kirche verquickt und verbindet menschliches Tun mit göttlichem Wirken. Nur glauben wir, dass Gott es genau so will und wir sind ihm ewig dankbar dafür.

Mehr zum Unterschied zwischen Evangelisch und katholisch findest Du in der Katechese "Evangelisch-Katholisch: Der Unterschied".

Natur-Ehen

Wir haben weiter oben eine extreme materialistische Sicht skizziert - eine Verbindung zwischen zwei Menschen, die allein Trieb- und Gen-gesteuert sein soll. Daneben gibt es aber nicht nur das andere, leuchtende Bild der freien und vergeistigten Liebesheirat - sondern jede nur denkbare Zwischenform. Es gibt arrangierte Ehen - Zwangshochzeiten - Vernunftehen; Ehen auf Zeit; Männer mit mehreren Frauen und (selten) Frauen mit mehreren Männern. Es gibt heimliche Ehen, unausgesprochene Verbindungen, rein sexuelle Beziehungen oder die rein platonische Liebe. Es gibt Ehen, in denen Gewalt ausgeübt wird; Ehen, die kinderlos bleiben; Ehen, die zu Alpträumen werden - und Ehen, die in den siebten Himmel führen und keinen Absturz erleben. Sind das alles Ehen? Und alle Abbild Gottes?

Nun: Was eine Ehe ist, hängt einmal davon ab, wie sich die Beziehung entwickelt - und davon, unter welchen Voraussetzungen sie geschlossen wurde. Zum Beispiel:

Falls eine Ehe unter der stillschweigenden oder ausdrücklichen Übereinkunft geschlossen wird, dass die Frau vom Mann geschlagen werden darf, ist die Idee dieser Ehe bereits unsittlich und diskriminierend. Wenn jedoch die Ehe unter der Voraussetzung geschlossen wird, dass keiner dem anderen Gewalt antun darf, es dann aber doch zu einem Ausbruch der Gewalt kommt, war die Idee gut - aber die Verwirklichung dieser Idee ist gescheitert.

Für Frauen, die in einer Ehe unter Gewalt leiden mussten, mag die Frage, ob der Mann schon bei der Eheschließung Gewalt gegenüber der Frau in Betracht gezogen hat, oder ob er erst später zum Gewalttäter wurde, eine typisch theoretisch-juristisch-gefühllose Unterscheidung sein; das ist klar. (Übrigens gibt es auch zahlreiche Männer, die in der Ehe geschlagen werden - und die ebenso schrecklich darunter leiden...) Aber für die Frage: "Ist das, was ihr dort eingegangen seid, überhaupt eine Ehe gewesen?", ist diese Unterscheidung wichtig: Damit zumindest andere es besser machen.

Die katholische Kirche spricht den nicht nach christlichem Ideal geschlossenen Ehen keineswegs den Status der Ehe ab - unter der Voraussetzung, dass die Beziehung zwischen den Ehepartnern die grundlegenden Rechte der Personen achtet und nicht etwa außer Kraft setzt...

Eine Ehe, die von der Idee her gut und sittlich ist, kann sich selbstverständlich auch zur Hölle entwickeln, wenn sich einer oder beide Ehepartner nicht an das Ideal halten. Ebenfalls kann eine Ehe, die zwar unter unsittlichen Umständen zustande kommt (und deshalb eigentlich keine Ehe ist), aufgrund der menschlichen Größe der Ehepartner zum Glücksfall werden - wenn das auch weniger wahrscheinlich ist.

Wenn wir zum Beispiel auf die arrangierten Ehen im Mittelalter oder in den Adelskreisen schauen - oder auf Kulturen, in denen das heute noch Praxis ist - sollten wir nicht glauben, dass deshalb die Eheleute automatisch unglücklich werden. Ich weiß von einigen Ehen, in die zwar von den Eltern arrangiert wurden, aber dennoch glücklich geworden sind.
Aber grundsätzlich ist dieses Ideal der Ehe eher dazu geneigt, die Ehe unglücklich werden zu lassen, als das christliche Ideal, in dem eine Ehe immer nur frei und ohne inneren und äußeren Zwang geschlossen werden muss. Eine Garantie für die gelungene Ehe gibt es aber für die freien Ehen nicht.

Alle Beziehungen zwischen Mann und Frau, die in diesem Sinne sittlich tragbar sind, dürfen sich auch im Vergleich zur katholischen Ehe-Vorstellung "Ehe" nennen - die katholische Tradition spricht hierbei von einer Natur-Ehe.

Was aber macht nun - im Gegensatz zu den Naturehen - eine christliche Ehe aus?

Die vier Wesenseigenschaft der Ehe

Die Antwort auf diese Frage ist erstaunlich präzise: Es gibt genau vier Eigenschaften, die vorhanden sein müssen, um eine christliche Ehe einzugehen: Die Einheit, Unauflöslichkeit, Hinordnung auf das beiderseitige Wohl und die Bejahung der Nachkommenschaft. Zu diesen vier Eigenschaften gehören noch weitere vier Voraussetzungen, die aber auch für die Naturehen gelten: Freiheit (dass kein Zwang ausgeübt wird), Vorbehaltlosigeit (dass die Ehe nicht unter Bedingungen geschlossen wird), Ehrlicheit (dass die Eheleute keine schwerwiegenden Umstände verschweigen) und die Reife (das Mindestalter der Eheleute).

Einheit

Die erste Wesenseigenschaft schließt die Polygamie aus: Eine Ehe wird nur zwischen einem Mann und einer Frau geschlossen. Mit eingeschlossen - und für unseren Kulturkreis viel wichtiger - ist darin der Wille zur Treue; nur den einen Ehepartner zu lieben heißt auch, nicht fremdzugehen. Ob sich beide daran halten, weiß im Augenblick der Eheschließung keiner - aber wenn die Absicht, einander treu zu bleiben, gar nicht erst vorhanden ist, ist die Beziehung keine christliche Ehe...!

Unauflöslichkeit

Während die erste Wesenseigenschaft der Ehe - die Einheit, also der Wille zur Treue - nur selten Widerspruch erfährt, wird die zweite Eigenschaft, die Unauflöslichkeit um so mehr angefragt. Warum eine christliche Ehe unauflöslich sein muss, kann verschieden begründet werden:

Zum Beispiel mit Bezug auf Aussagen Jesu in der Bibel (davon gibt es genügend - kaum eine moralische Norm ist so gut belegt wie die Unauflöslicheit der Ehe: Mt 5,27 - 5,31-32 - Mt 14,4 - 19,3-12 - Mk 10,2-12 - Mk 10,19 - Lk 16,18 - und so weiter). Jesus begründet nicht erst die Unauflöslichkeit, sondern bezieht sich bereits auf ein Gebot bzw. eine Aussage des Alten Testamentes: "Da kamen Pharisäer zu ihm, die ihm eine Falle stellen wollten, und fragten: Darf man seine Frau aus jedem beliebigen Grund aus der Ehe entlassen? Er antwortete: Habt ihr nicht gelesen, dass der Schöpfer die Menschen am Anfang als Mann und Frau geschaffen hat (Gen 1,27) und dass er gesagt hat: Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden, und die zwei werden ein Fleisch sein? (Gen 2,24) Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins. Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen." (MT 19, 3-6).

Aber mir gefallen solche Begründungen nicht so sehr - sie haben zwar ihre Berechtigungen, aber auch ein Geschmack von Fundamentalismus, Positivismus, in dem ein Gesetzgeber-Gott eine Sache eben nun mal so bestimmt hat, weil er gerade in der Stimmung war (oder sich etwas gedacht hat, was wir nicht verstehen können) - und wir müssen eben nur gehorchen.

Dabei liegt die Begründung für die Unauflöslichkeit der Ehe doch offen vor uns. Wir verstehen sie, wenn wir auf die dritte Wesenseigenschaft einer christlichen Ehe schauen: Die sogenannte "Hinordnung auf das beiderseitige Wohl" - oder auch "Liebe" genannt.

Hinordnung auf das gegenseitige Wohl

Wer einen kurzen Blick auf die vierte Ehe-Eigenschaft wirft, wird feststellen, dass in keiner der vier Eigenschaften von "Liebe" die Rede ist. Natürlich sind alle Eigenschaften Formen der Liebe - man muss nur näher hinschauen, um das zu begreifen. Aber dem, was wir im Normalfall unter Liebe begreifen, kommt die "Hinordnung auf das beiderseitige Wohl" noch am Nächsten.
Es stellt sich nämlich bei jeder Eheschließung die Frage, warum wir die Ehe eingehen wollen. Weil wir nicht mehr allein sein wollen? Weil wir jemanden zum Reden brauchen? Weil wir gerne eine Familie gründen möchten? Oder - noch etwas trivialer - weil ich jemanden brauche, der mir den Rücken krault, die Klamotten wäscht und das Haus finanziert?
Nein, das spüren wir - das ist nicht die richtige Motivation. Aber es fällt uns manchmal nicht ganz leicht, den Grund für unseren Ehewillen zu formulieren - außer vielleicht: "Weil wir uns lieben." Aber - das wusste schon Grönemeyer - "Liebe ist ein klebriges Wort", wie Kaugummi; "Liebe" kann vieles bedeuten - leider auch sehr unzureichende Motivationen eingeschlossen.
Deshalb hat die Erfahrung uns eine andere Formulierung gelehrt: "Ich heirate, damit es meinem Mann - meiner Frau - gut geht. Ich heirate zu ihrem - zu seinem Wohl!" Das ist Liebe - und gleichzeitig sehr erhellend:

Ich heirate nicht, damit ich in den Arm genommen werde - sondern, um meinen Partner in den Arm zu nehmen und ihm Geborgenheit zu schenken.
Ich heirate nicht, um geliebt zu werden, sondern um zu lieben, zu heilen, aufzubauen und zu pflegen.
Ich heirate nicht, um dadurch vollkommener zu werden, sondern um meinen Ehepartner zur Vollkommenheit zu führen - vorsichtig, behutsam und zärtlich.
Ich heirate nicht, um dadurch selbst einen Platz im Himmel zu erlangen - sondern um meinen Ehepartner in den Himmel zu führen.

Aber das ist kein bloßer Altruismus (Altruismus ist das Gegenteil von Egoismus: Altruismus will nur das Wohl des Anderen und vergisst dabei sein eigenes Wohl - man gibt sich selber dabei auf), denn: Weil ich weiß, dass es auch zum Glück meines Partners gehört, mich zu lieben, lasse ich mich ebenfalls lieben, umarmen, heilen und vervollkommnen - und heiligen: "Der, den ich liebe hat mir gesagt, dass er mich braucht. Darum gebe ich auf mich acht sehe auf meinen Weg und fürchte mich vor jedem Regentropfen, dass er mich erschlagen könnte." (Bertolt Brecht).

Natürlich hofft derjenige, der eine Ehe eingeht, dass nicht nur er der Gebende ist - denn der andere gesteht und verspricht ja seine Liebe ebenfalls. Aber - auch wenn ich immer auf die Liebe des anderen hoffe - ich mache meine eigene Liebe, mein Wohl-Wollen und mein Wohl-Tun nicht davon abhängig. Selbst, wenn mein Ehepartner eine Krise durchlebt und weniger Liebe schenken kann, als ich mir erhofft habe: Das, weshalb ich ihn geheiratet habe, kann ich nun genauso: Ihn lieben. Ihm Gutes tun. Ihm helfen, heilen und heiligen. Vielleicht wird die Größe meine Liebe in diesem Moment auf eine schwere Probe gestellt, aber vielleicht erweist sie sich in diesem Augenblick auch als die wahre Liebe, deren größtes Glück es ist, zu schenken.

Vielleicht - wir wollen es nicht hoffen - fällt mein Ehepartner eines Tages ins Koma. Natürlich werden mir seine Umarmung, seine Worte und seine Liebe fehlen. Aber - das stellt meine Ehe nicht in Frage, denn deshalb habe ich ihn ja nicht geheiratet. Ihn zu lieben und für sein Wohl dazu sein kann ich immer noch mindestens genauso gut, auch wenn er im Koma liegt.

Das ist der Grund, weshalb die Motivation, aus Liebe zu heiraten, automatisch zur Unauflöslichkeit der Ehe führt. Es gibt einfach kein Ende, an das die Liebe kommen könnte.

"Die Liebe erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf. Prophetisches Reden hat ein Ende, Zungenrede verstummt, Erkenntnis vergeht... Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe." (1 Kor 13,9.13)

Crazy little thing called love

Liebe... was ist das?

Ich erdreiste mich nicht, an dieser Stelle "Liebe" erschöpfend definieren zu wollen; aber ich halte es für notwendig, darauf hinzuweisen, was Liebe eben nicht ist.

Richard David Precht hat (in einem Interview mit der Zeitschrift Cicero - Juli 2009, S. 119), drei verschiedene Arten von Liebe unterschieden - und fällt dann anschließend einer mangelnden ersten Unterscheidung zum Opfer. Er sagt:

"Die Griechen unterscheiden zwischen Eros, der leidenschaftlichen Liebe, Agape, dem Mitgefühl und Hingabe, sowie Caritas, der selbstlosen Nächstenliebe. Wenn wir sagen: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst, dann sprechen wir von Caritas. Dieser Satz ist eine Überforderung, letztlich sogar Blödsinn, weil man emotionale Zustände nicht einfordern kann. Auf Kommando kann man nicht lieben." Soweit R. D. Precht.

Aha. Wenn nun aber schon das Gebot "Liebe Deinen Nächsten" Blödsinn ist und eine emotionale Überforderung - wie kann dann jemand einem anderen versprechen: "Ich will Dich lieben, bis dass der Tod uns scheidet?" Aber selbst, wenn man diese Liebe nicht bis ans Lebensende verspricht, sondern nur für den nächsten Tag, ist es Richard David Precht zufolge eine hohle Phrase. Ich kann nicht auf Kommando und auch nicht aus eigener Entscheidung Gefühle erzeugen. "Deshalb, Liebling, darfst Du mir nicht böse sein, wenn ich am Tag nach der Hochzeit vielleicht aufwache und feststelle, dass ich Dich gar nicht mehr liebe. Da kann ich nichts für. Alles andere wäre Blödsinn und eine emotionale Überforderung."

Was hat Richard David Precht falsch gemacht, als er die das Gebot der Nächstenliebe als Blödsinn bezeichnet hat? Er hat zwar über die griechischen Unterscheidungen der Liebe nachgedacht, sich aber nicht über das Alltagsmissverständnis erhoben, das "Liebe" als ein Gefühl deutet.

Liebe ist tatsächlich kein Gefühl. "Verliebtheit" ist vielleicht eines - Sympathie oder Leidenschaft. Aber Liebe ist mehr als das.

Liebe ist eine Entscheidung. Ich entscheide mich - aufgrund meiner Gefühle, aber auch aufgrund von Überlegungen, Erfahrungen und sozialen Vorgaben und Erwägungen - jemanden meine Liebe zu schenken.

Liebe ist ein Verhalten. Ich verhalte mich - aufgrund meiner Leidenschaft, aber auch aufgrund von Angewohnheiten, Ängsten und Hoffnungen, Erwartungen und Befürchtungen - jemanden gegenüber wohlwollend und wohltuend.

Vielleicht ist die Caritas weniger gefühlsbetont, der Eros jedoch mehr und die Agape in vollendeter Harmonie. Aber alle drei sind mit Sicherheit nicht nur eine Frage der Hormone.

Liebe ist vielleicht noch mehr als nur Entscheidung und Verhalten. Wie gesagt, ich möchte an dieser Stelle nicht den Anspruch erheben, "Liebe" zu definieren. Aber eines ist mit Sicherheit viel zu kurz gegriffen: Liebe mit einem Gefühl, einer Emotion gleichzusetzen.

Deshalb läuft die Rechtfertigung einer Trennung oder Ehescheidung "Wir lieben uns einfach nicht mehr" ins Leere. Das Ausbleiben von Gefühlen ist schade und bisweilen eine Katastrophe. Aber eine Ehe wird nicht allein auf diesem Grund gebaut; sondern vor allem auf dem Willen der Eheleute. Ja, in seltenen Fällen kann es sogar Liebe sein, den Zusammenhang von Liebe und Ehe umzukehren: Ein Goldhochzeits-Paar hat mir einmal gesagt: "Wir haben geheiratet, weil wir uns lieben. In schwierigen Zeiten haben wir uns geliebt, weil wir verheiratet waren. Mittlerweile ist beides einfach das gleiche: Wir sind verheiratet. Wir lieben uns. Dazwischen gibt es keinen Unterschied."

Man glaubt immer, mehr zu geben, als man bekommt

"Die Hinordnung der Ehe auf das beiderseitige Wohl" lässt manche Ehepartner über sich hinauswachsen, was mir in sovielen Fällen vor Augen geführt wird, wenn einer der Eheleute schwer erkrankt ist und der Ehepartner diesen - manchmal über Jahre hinweg - wie selbstverständlich und voller Liebe und Zärtlichkeit pflegt. Nur in den seltensten Fällen höre ich dann eine Klage; "Ich fühle mich so wenig geliebt" hat mir noch nie jemand in dieser Situation gebeichtet.

Genau dieser Satz fällt jedoch in Partnerschaften, die anscheinend vom Leid verschont sind. "Immer bringe ich die Opfer, mein Mann steckt kaum zurück!" - "Was habe ich nicht alles für meine Frau aufgegeben? Und wie wenig ist sie bereit, für mich zu tun!" Woher kommt das?

Nun, meistens handelt es sich hier um ein Wahrnehmungsproblem. Die Opfer, die ich (oft im Stillen) bringe, sind mir selbstverständlich vollkommen bewusst; während ich in die ebenfalls stillschweigenden Verzichte meines Ehepartners keinen Einblick habe.

Dass meine Frau mir zuliebe immer wieder Spaghetti kocht, obwohl sie diese kaum noch sehen kann, erfahre ich nur, wenn sie es mir ausdrücklich sagt; davor schreckt sie aber zurück: "Warum das ausdrücklich betonen? Wenn er mich liebt, müsste er es doch merken!"
Dass mein Mann schon zum dritten Mal auf den gemütlichen Abend bei seinen Skatclub-Brüdern verzichtet, um mit mir einen gemütlichen Abend auf dem Sofa vor dem DVD-Player zu verbringen, wird er nicht ausdrücklich betonen. "Aber kaum will ich dann einmal im Monat einen Abend in der Kneipe verbringen, verzieht sie ihr Gesicht, als wenn ich nur an mich denken würde!"

Vielleicht ist die Liebe die Kunst, im Herzen des Geliebten zu lesen. Oder zumindest anzunehmen, dass im Herzen des geliebten Partners eine größere Liebe, ein größeres Wohlwollen und eine größere Opferbereitschaft wohnt, als meine Sinne mir glauben machen.
Die Liebe erwartet nichts. hofft aber alles.

Kinder

Und dann gibt es noch die vierte Wesenseigenschaft der Ehe: Die Bejahung von Nachkommenschaft. Interessanterweise ist diese Eigenschaft nicht die erste und auch nicht die zweite, sondern wird immer als Letzte genannt. Es geht also in der Ehe nicht primär darum, Kinder zu zeugen; deshalb heißt diese Wesenseigenschaft auch nur "Bejahung" von Nachkommen. Eine Ehe ist niemals deshalb ungültig, weil sich die erhofften Kinder nicht einstellen!

Immer wieder unterstellt man der katholischen Auffassung von Ehe, sie (und die Sexualität) diene lediglich einem biologischen Zweck. Im Gegenteil - hier wird der Kirche etwas vorgeworfen, dass eigentlich auf die Evolutionisten und Materialisten zutrifft, die zwar der Sexualität einen gewissen Spassfaktor zubilligen, darin aber lediglich einen Trick der Evolution sehen, uns zur Zeugung und Aufzucht von Kindern zu verleiten.
Nein - die Ehe hat keine rein biologische Funktion. Seltsam, dass diese Auffassung gerade einer Religion nachgesagt wird, die sich schon seit jeher für die geistige und seelische Dimension der menschlichen Existenz einsetzt.
Aber Kinder bekommen und Kinder großziehen ist ja auch kein rein biologisches Geschehen. Wir lieben unsere Kleinen, wir genießen es, Familie zu sein; wir freuen uns an dem Heranwachsen und Selbstständig-werden unserer Kinder. Unsere Nachkommen dienen nicht nur der Arterhaltung - sie sind Geschenke, Quelle der Freude und der Hoffnung auf eine bessere Welt.

Aber unsere Kinder bewahren uns auch vor einem "Egoismus zu Zweit". Es kommt vor, dass der Mann völlig selbstlos seine Frau liebt und sie alles tut, um ihn glücklich zu machen - und dennoch leben beide nur für sich und vergessen die Welt. Kinder bewahren uns vor dieser Versuchung, sie reißen uns aus der Abgeschlossenheit der Verliebten heraus und verbinden uns mit der Welt.

„Solange Kinder geboren werden, zeigt Gott, dass er diese Menschen noch nicht aufgegeben hat." (Rabindranath Tagore, Indischer Dichter, 1861 - 1941) - Kinder sind Zeichen der Hoffnung - und sie schenken uns die Hoffnung, wenn sie zu verschwinden droht.

Und nicht zuletzt ist die Erschaffung von neuem menschlichen Leben die höchste Form der Zusammenarbeit von Gott und Mensch. "Immer wenn ein Kind geboren wird, ertappst du Gott, den Schöpfer, auf frischer Tat!", hat einmal Martin Luther gesagt. Gottes Liebe ist schöpferisch, aus Liebe hat er die Welt erschaffen (nicht aus Langeweile!), und aus Liebe zu uns Menschen erhält er sie jeden Augenblick im Sein.

Tatsächlich glauben wir, dass die eheliche Liebe, die liebende Beziehung eine ganz andere Tiefe bekommt, wenn sie offen bleibt für die Mitwirkung an der Erschaffung von neuem menschlichen Leben. Diese Offenheit gibt allem, was sich die Eheleute aus Liebe gegenseitig schenken, einen tieferen Sinn: Aus geschenkter Liebe wird neues Leben!
Aber ich gebe zu - das ist kein Argument. Sondern eine Erfahrung. Sinn, Schönheit und Erfüllung lassen sich eben nicht argumentativ darlegen. Wer sich aber auf das Zusammenwirken von menschlicher und göttlicher Liebe einlässt und die Einheit von körperlicher und spiritueller Ekstase erfahren möchte, kommt ohne die Frage nach diesem Sinn nicht weit.
Leben ist Frucht der Liebe! Der Liebe diese Frucht zu nehmen, heißt nicht nur, ihr einen unendlich kostbaren Inhalt zu rauben, sondern auch, Beziehung zu schenken, ohne die Welt zu verändern.

Damit sich Eheleute dieser Erfahrung nicht von vornherein verschließen - und in ihrer Offenheit sich der höchsten Form der Liebe, der Gottebenbildlichkeit, nicht versagen - deshalb gehört die "Bejahung der Nachkommenschaft" zu den Wesenseigenschaften einer christlichen Ehe.

( hier findest Du mehr zum "Verbot" der künstlichen Empfängnisverhütung)

Notwendige Voraussetzungen: Freiheit - Ehrlichkeit - Vorbehaltlosigkeit - Reife

Wir sind schnell versucht, diese vier notwendigen Voraussetzungen kurz zu überprüfen - und dann nickend abzuhaken. Frei..? Klar, keiner zwingt uns. Ehrlich sind wir sowieso und alt genug auch...

In den praktischen Vorbemerkungen zur Ehe haben wir die rechtliche Seite dieser notwendigen Voraussetzungen beleuchtet, aber darin erschöpft sich eine Ehe nicht - sie ist immer mehr als eine Rechtsform. Das gilt auch für die Freiheit, die Ehrlichkeit, die Vorbehaltlosigkeit und die Reife: Damit sind Anforderungen umschrieben, die jeden Tag einen neuen Ansporn zur Heiligkeit der Ehe geben.

Freiheit

Dass eine Ehe nicht unter Zwang geschlossen werden darf, erscheint uns als eine Selbstverständlichkeit - und deshalb sehen wir auch mit einem inneren Grausen auf die Ehe der Vergangenheit, die von Königen und Adeligen aus politischen Gründen geschlossen oder von Eltern für ihre Kinder arrangiert wurden.

Eine solche Bestimmung steht im Gegensatz zu sogenannten Zwangs-Ehen, bei denen äußerer Zwang ausgeübt wird - und auch im Gegensatz zu reinen Vernunft-Ehen, zumindest solchen, bei denen sich Ehepartner selbst unter einen inneren Zwang stellen. Die Freiwilligkeit der Eheschließung war immer Bestandteil der katholischen Ehe-Auffassung, auch wenn es in der Kirchen- und der Weltgeschichte gerade unter Adeligen und Königshäusern die politisch motivierten Ehen gegeben hat. Wie zu Anfang schon gesagt: Es ist eine Sache, ein Ideal zu haben - und eine ganz andere Sache, sich auch daran zu halten.
Das heißt aber nicht, dass jede arrangierte Ehe ins Unglück führen musste; auch in vielen aus Vernunftgründen geschlossenen Ehen haben sich die Eheleute lieben gelernt. Zwar sollten wir - auch bei arrangierten Ehen in anderen (z.B. türkischen oder indischen) Kulturkreisen - darauf hinwirken, dass die Eheleute das letzte Wort haben - und dieses möglichst frei und selbstbestimmt gesprochen werden sollte.

Aber sind wir wirklich freier, wenn wir eine Ehe schließen, deren Ehepartner wir uns selbst gewählt haben? Manchmal haben wir uns selbst unter einen viel größeren Druck gestellt: Die Ehe muss glücklich sein, der Ehepartner repräsentativ, die Eheschließung standesgemäß. Die bekannte Torschlusspanik (wenn ich den nicht heirate, krieg ich keinen mehr ab...!) schränkt unsere Freiheit genauso ein wie eine falsche Rücksichtnahme (ich kann sie jetzt nicht mehr zurückweisen - das würde sie nicht verkraften). Aber auch die Festlegung des Zeitpunkts der Eheschließung nur aufgrund der Überlegung, wann sich ein Brautpaar die teuren Feierlichkeiten leisten kann, ist ein Zeichen von Unfreiheit.

Eine junge Frau erzählte mir, die klassischen ersten drei Kriterien einer Frau für die Wahl des richtigen Ehepartner seien: "Wie wirke ich an seiner Seite?" - "Passt mein Vorname zu seinem Nachnamen?" - "Wie werden unsere Kinder aussehen?" - Alles natürlich Nebensächlichkeiten. Aber wer kann sich wirklich von diesen oder ähnlichen Gedanken freisprechen? Wieviele jungen Leute schließen kategorisch aus, eine Beziehung einzugehen, in der der Mann kleiner ist als die Frau...!

In Wirklichkeit ist die notwendige Freiheit immer bedroht (vor allem durch das Abfinden mit den sogenannten "Sachzwängen" und der schleichenden Alltags-Routine - und nicht erst bei arrangierten Ehen oder Vätern, die mit geladenem Revolver hinter den Brautleuten stehen) und muss sich neu erkämpft oder zumindest bewahrt werden. Vor der Ehe gilt es, sich zwar mit äußeren Rahmenbedingungen (die Auswahl der in Frage kommende Männer und Frauen ist naturgemäß begrenzt) zu arrangieren, dabei aber die innere Freiheit nicht zu verlieren - und Verstand und Herz nicht zu verwechseln.
Nach der Eheschließung sind wir aber immer noch gefordert, unseren Ehepartner nicht nur "gezwungenermaßen" an unserer Seite zu akzeptieren, sondern unser Herz immer wieder dahin zu bewegen, das Versprechen "Ich will Dich lieben alle Tage meines Leben" einzulösen.

Bedingungslosigkeit

Eine Ehe darf zudem nicht bedingungsweise geschlossen werden; weder eine Bedingung, die in der Zukunft liegt ("Ich heirate Dich nur, wenn Du nicht so wirst, wie Deine Mutter"); noch eine Bedingung, die in der Vergangenheit liegt ("Ich heirate Dich nur, wenn Du wirklich der Hoferbe bist..."). Aber diese Bedingungslosigkeit schleicht sich - genauso wie die innere Freiheit - im Laufe eines Ehealltags ebenfalls gerne davon... "Wenn Du nicht lernst, Deine Socken wegzuräumen, wird das nichts mit uns!" - "Wenn Du nicht endlich lernst, Deine Geld unter Kontrolle zu halten, bin ich weg..." und so weiter...

Bedingungslos zu heiraten ist genauso eine Herausforderung, wie bedingungslos zu lieben. Das zeigt auch folgendes Gedankenspiel:

Sie: "Würdest Du mich auch lieben, wenn ich eine andere Haarfarbe hätte?"
Er: "Klar, ich würde Dich auch dann lieben."
Sie: "Würdest Du mich auch lieben, wenn ich älter bin, eine andere Figur habe und meine Haut runzlig ist?"
Er. "Ja, auch dann würde ich Dich lieben."
Sie: "Würdest Du mich auch dann lieben, wenn eine andere Sprache sprechen würde, aus einem anderen Land käme und ein anderes Temperament habe?"
Er: "Ja, ich würde Dich auch dann wirklich lieben."
Sie: "Würdest Du mich auch lieben, wenn ich einen anderen Charakter hätte und andere Vorlieben?"
Er: "Ja, sogar dann noch würde ich Dich lieben."
Sie: "Dann liebst Du mich nicht."

Denn wir lieben eine konkrete Person und natürlich auch die Eigenschaften an ihr. Wenn sich diese Eigenschaften alle (!) ändern - dann ist es auch nicht mehr die eine, konkrete Person. Wenn es mir egal ist, welche Eigenschaften mein Geliebter hat, dann liebe ich ihn auch nicht.

Bedingungslose Liebe kann gar nicht bedeuten, jemanden mit jeder erdenklichen Eigenschaft zu lieben - aber auch nicht, jemanden nur aufgrund von wenigen Eigenschaften zu lieben. Wenn Liebe aufgekündigt wird, weil sich eine Person im Laufe der Zeit ändert, dann hat es wohl an Bedingungslosigkeit gefehlt.

So bleibt auch diese Eigenschaft eine Herausforderung: Die Balance zu halten, sich der ganz konkreten Person mit ihren ganz konkreten Eigenschaften zu versprechen - und dem Partner in Liebe zugetan bleiben, wenn sich im Laufe der Zeit eine nach der anderen Eigenschaft ändert.

Ehrlichkeit

"Versprechen Sie, den Partner über alle Umstände zu informieren, die geeignet sind, das eheliche Leben schwer zu stören?" - Mal wieder juristisches Denken und juristische Sprache... Und hier liegt es auf der Hand, dass die Ehrlichkeit nicht auf den Augenblick der Eheschließung beschränkt bleiben kann. Wobei niemand verpflichtet ist, dem Ehepartner wirklich ALLES zu sagen - auf eine solche absolute Offenheit hat kein Mensch ein Recht - sondern nur Gott.
Gefordert ist die Ehrlichkeit in Bezug auf all das, was "geeignet ist, das eheliche Leben schwer zu stören." Und - wenn es eben geht - auch darüber hinaus in Bezug auf alles, was das eheliche Leben betrifft. Wo genau die Grenze gezogen werden muss zwischen "Liebling, ich muss Dir etwas sagen..." und "Ach, damit will ich sie (ihn) lieber nicht belasten.", bleibt in der Verantwortung des Einzelnen - und wiederum eine lebenslange Herausforderung. Nur drei Tips an dieser Stelle:

  • Jede Ehe muss es aushalten, dass der Ehepartner Geheimnisse hat oder nicht über alles Reden will. Aber das darf niemals durch Unehrlichkeit oder Lügen kaschiert werden. - Schweigen? Ja, das muss erlaubt sein. Lügen? Nein, niemals.
    Also, zum Beispiel: Falls es eine bisher noch nicht erwähnte Jugendliebe gegeben hat, und der Ehepartner danach fragt, darf man antworten: "Darüber möchte ich lieber nicht reden". Das mag für den in der Unwissenheit verbleibenden Partner nicht einfach sein - aber er sollte das respektieren. Wer dagegen lügt und sagt: "Nein, da war nichts" beruhigt momentan zwar die Beziehung zum Partner, zerstört sie aber von innen her. Lügen sind ein Gift, das immer wirkt - wenn auch manchmal erst nach Jahren.
  • Im Zweifelsfall ist Offenheit die bessere Wahl.
  • Stelle den Frieden nicht über die Wahrheit
  • Viele Ehen oder Beziehungen zerbrechen daran, dass man es nur gut gemeint hat und "harmonie-erhaltend" gelogen oder geschwiegen hat. Das liegt daran, dass Harmonie an sich noch kein Wert ist.
    In Wirklichkeit ist Harmonie die Übereinstimmung in der Wahl der Werte, die zwei Menschen anstreben. Eine solche Harmonie kann nur hergestellt werden, wenn beide offen über das reden, was sie sich wünschen, was sie für Stärken - aber auch, was sie für Schwächen haben. Geht die Offenheit verloren, gibt es auch keine Harmonie.
Das Mindestalter

Klar, wenn man ein wenig darüber nachdenkt, geht es nicht um das Alter. Die Anzahl der Jahre, die ein Mensch hier auf der Erde verbracht hat, ist nicht immer aussagekräftig über seine Fähigkeit, eine Ehe einzugehen. Durch die Festlegung eines Mindestalters soll verhindert werden, dass Menschen im Zustand der "Unreife" heiraten.

In Deutschland ist das staatliche Mindestalter 18 - jedoch kann in Ausnahmefällen einer der beiden Ehepartner auch minderjährig sein - jedoch mindestens 16 Jahre. Für die kirchliche Eheschließung gilt, dass der Mann mindestens 16 und die Frau mindestens 14 Jahre alt sein muss - es sei denn, der Staat schreibt, wie in Deutschland, ein höheres Mindestalter vor.

Dabei ist umgekehrt die Erreichung des Mindestalters noch keine Garantie für die erforderliche Reife. Viele Ehen werden in kirchlichen Prozessen annulliert, weil einer der beiden Brautleute nachweislich nicht die erforderliche Reife für eine Ehe oder die Eheentscheidung hatte...

Aber wann sind wir wirklich "reif" für die Ehe? Wenn wir alle Erfahrungen gemacht haben - alle möglichen Ehepartner begutachtet und alle Krisen überstanden haben? Letztlich bleibt jede Ehe ein Wagnis, dass zwar abgewogen werden sollte. aber immer vertrauensvoll angegangen werden muss.

Vertrauen auf die Dir eigenen Kräfte: Du wirst es schaffen! Du wirst Krisen meistern; Du wirst verzeihen und neu anfangen; Du wirst auch dann noch lieben, wo andere aufgegeben haben.
Vertrauen zum Ehepartner: Er ist gut; er ist liebenswert! Er ist in der Lage, sein Versprechen zu halten und darüber hinaus zu wachsen.
Vertrauen auf Gott: Er wird Euch dann tragen, wenn Eure Kräfte nicht mehr reichen. Er ist der treue Gott und der Gott Eurer Liebe. Er will nichts anderes, als Euer Glück.

Schließlich bleibt auch hier die Frage nach der nötigen Reife ein Mittelweg zwischen "gut überlegt" und "voller Vertrauen".

Die Bestätigung: Meine Entscheidung wird Gottes Entscheidung

Nachdem in der kirchlichen Eheschließung die Brautleute die Ehe geschlossen haben, vollzieht der Priester ein nicht unwichtiges Ritual: Er fordert die Eheleute auf, einander die rechte Hand zu reichen, die ineinandergelegten Hände umwickelt er mit seiner Stola, legt seine Hand darauf und spricht: "Im Namen Gottes und seiner Kirche bestätige ich den Ehebund, den Sie geschlossen haben." Und, zu den Trauzeugen gewendet, sagt er: "Sie aber und alle, die zugegen sind, nehme ich zu Zeugen dieses heiligen Bundes. »Was Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen.«"

In diesem Augenblick erklärt der Priester die Entscheidung der Brautleute als "von Gott gewollt". Lassen wir uns diesen waghalsigen Gedanken noch einmal auf der Zunge zergehen: In diesem Augenblick erklärt Gott durch den Dienst des Priesters, dass er diesen Mann und diese Frau von Anfang an füreinander geschaffen hat - und die Entscheidung, gemeinsam den Bund der Ehe einzugehen, mit der Entscheidung Gottes übereinstimmt.

Wow.

Das ist vielleicht das deutlichste Merkmal, dass hier, in diesem Augenblick eine Ehe nicht nur gesegnet wird ("Gott wünscht Euch viel Erfolg!"), sondern dass ein Sakrament, also eigentlich Unerhörtes geschieht. Gott lässt sich in die Karten schauen; er erklärt verbindlich seinen Willen und bestätigt eine menschliche Entscheidung.

Wir erinnern uns an die Eingangsfrage: Ist die Ehe ein Sakrament? Nun, diese Ehe-Bestätigung ist noch nicht die eigentlich sakramentale Wirkung. Aber vielleicht können wir jetzt begreifen, warum nicht nur Protestanten ein wenig zurückschrecken vor der so offenen Bindung Gottes an das menschliche Geschehen der Eheschließung. In diesem Augenblick müssten eigentlich alle Glocken läuten!
Die Erklärung des Priesters: "Eure Ehe ist von Gott gewollt!" ist aber nicht als moralischer Anspruch gemeint; sondern sie hat etwas ungemein Entlastendes.

Die geborgene Unreife

Jede Entscheidung - vor allem die, eine Ehe einzugehen - braucht Zeit und muss reifen. Irgendwann allerdings muss die Entscheidung gefällt werden, auch dann, wenn sich die absolute Gewissheit (noch) nicht eingestellt hat. Aber einmal, Hand aufs Herz: Kann man sich je absolut sicher sein? Kann es nicht immer passieren, dass man sich Jahre später die Haare rauft und seine eigene Entscheidung als "unreif und voreilig" einschätzt?
Da ist es sehr beruhigend, dass der Priester diese Entscheidung (und mag sie noch so unreif oder voreilig geschehen sein) annimmt und erklärt, dass es nunmehr nicht mehr nur eine menschliche Entscheidung ist. Gott hat mitentschieden!
Natürlich - das ist eine Glaubensfrage (Gott schickt ja kein Bestätigungszeichen vom Himmel). Aber wenn ich dem, was dort während der Eheschließung geschieht, Glauben schenke, brauche ich ein Leben lang an meiner Entscheidung nicht mehr zu zweifeln - Gott hat ja erklärt, dass er es von Anfang an selbst so entschieden hat.

Natürlich macht Gott seine Entscheidung erst nach der Eheschließung öffentlich - er will ja nicht Eure Entscheidung vorwegnehmen und damit pulverisieren. Erst muss der Mensch seine Entscheidung treffen - dann erst bestätigt Gott, dass er diese Entscheidung wie seine eigene annimmt.

Sagt Gott auch mal "Nein"? Wenn Gott die Entscheidung des Menschen annimmt - kann er sie auch ablehnen? Ja, das kann er; das tut er aber, indem er es erst gar nicht zur Eheschließung kommen lässt; im Zweifelsfall brennt die Kirche ab oder der Priester wird vom Blitz getroffen. Gott hat da ein unbegrenztes Repertoire.

Natürlich gibt es auch Ehen, die zwar im Ritus vom Priester bestätigt werden, aber unter betrügerischen Umständen zustande gekommen sind - weil die Eheleute z.B. bei ihren Ehe-Versprechen bewusst gelogen haben. Dann ist aber weder eine Ehe zustandegekommen, noch eine Ehe durch den Priester bestätigt worden.
Passen wir gar nicht zueinander?

Aber die Bestätigung des Ehebundes durch den Priester hat noch eine zweite beruhigende Wirkung: Denn die Frage, die vor der Eheschließung ausgiebig bedacht werden muss, ist vor allem, ob die Brautleute wirklich zueinander passen. Eine Frage, die sich gar nicht beantworten lässt, die sich aber leider immer wieder neu stellt - auch nach 10, 20 oder 50 Jahren. Die Antwort ist die Antwort, die Gott schon bei der Eheschließung gegeben hat: "Ja, ich habe Euch füreinander geschaffen. Ich habe Euch auf einander hin erschaffen - fähig zu gelebter Harmonie. Natürlich habt Ihr Eure Ecken und Kanten, sonst wäre es ja langweilig. Aber auch Eure Macken und Fehler habe ich aufeinander abgestimmt; ihr seid somit eine Herausforderung - aber auch ein Segen für den anderen. Beides. Wenn Ihr Euch also eines Tages fragt, ob der letzte Streit oder die gestrige Meinungsverschiedenheit nicht endlich den Schluss nahelegt, dass ihr gar nicht füreinander bestimmt seid, dann wisst: Ich, der Schöpfer Eures Lebens und der Gott Eurer Liebe, habe mich nicht getäuscht. Ich weiß, wozu Ihr fähig seid: Euch auch heute so zu lieben, wie am Tage Eurer Eheschließung. Und dazu sage ich: Amen! So sei es!"

Die sakramentale Wirkung

Im Gegensatz zu den Eingangssakramenten wie Taufe, Firmung und Kommunion stärken die beiden Standessakramente nicht die persönliche Gottesbeziehung der Empfänger, sondern versetzen diese in die Lage, andere zu stärken. Wie die Eheleute eigentlich einander in den Himmel helfen sollen, versucht das der Priester für seine Gemeinde.
Die Standessakramente verleihen die dazu nötige Gnade. Durch diese Sakramente sind Priester und Eheleute nun "im Stande", einander die Liebe Gottes zu schenken - sie sind spürbares "Zeichen der Liebe Gottes" für den Ehepartner - und gleichzeitig "wirksames Mittel".

Weg oder Ziel?

Wir haben im Laufe der Katechese mehrfach erwähnt, dass die Ehe das Ziel hat, einander Spiegel der Liebe Gottes zu sein und sich gegenseitig in den Himmel zu helfen.

Für einige Heiratswillige aber ist allein schon die Rede von "Ehezwecken" oder "Zielen der Ehe" ein Gräuel. Soll Liebe denn nicht immer zweckfrei sein? Muss die Liebe der Eheleute nicht vielmehr keinem anderen Ziel dienen, sondern nur um der Liebe willen gewählt werden?

Sorry, wenn ich das hier so deutlich sage: Nein. Denn Liebe ist kein Gefühl, dass um seiner selbst willen gepflegt wird. Denn der Liebe wohnt immer ein Ziel inne: Sie will dem Geliebten alles erdenkbare Wohl.
Wenn Liebe aber eine Entscheidung ist - eine Entscheidung für das, was dem Wohl meiner Geliebten dient - dann hat diese Gemeinschaft schon einen Zweck, dann hat die Ehe ein Ziel: Das Wohl des Ehepartner.

Dass die Kirche es nicht bei dem einen Ziel belässt (das gegenseitige Wohl der Ehepartner), sondern direkt noch ein paar hinzufügt, scheint für viele eine typische Überforderung der katholischen Kirche zu sein. Aber - das stimmt nicht, es gilt genau das Gegenteil.
Denn in der Kirche sind Ziele niemals formuliert worden, damit sie durch menschliche Anstrengung erreicht werden - sondern damit wir uns in diese Richtung bewegen. Das Ausrichten auf einer Ziel ist entscheidend ("Der Weg ist das Ziel" heißt es manchmal); dadurch gewinnen wir Sinn in unserem Leben. Und wenn es nicht nur ein Ziel gibt, hat unser Leben eben einen mehrfachen Sinn. Schließlich ist Gott das Ziel, an das wir gelangen wollen und wohin wir unseren Ehepartner mitnehmen - und unsere Kinder. Ja, die Ehe hat einen Zweck, ein Ziel und Ausrichtung. Der Sinn der Ehe liegt nicht in der Ehe selbst - wir sind gemeinsam, in Ehe und Familie, unterwegs. Nach Hause.

Wer dagegen als einziges Eheziel die Vergötterung des Ehepartners anstrebt - oder die Harmonie der Familie; wer zum Beispiel alles dem Frieden im trauten Heim opfert, sogar bereit ist, für seine Familie zu lügen und zu betrügen - der verliert den Sinn, den eine Ehe und Familie hat. Er opfert die Welt "da draußen" für das kleine Heim "dadrinnen" ... und schließlich wird er auch die Familie und den Ehepartner verlieren, denn keiner kann das erfüllen, was mit diesem Anspruch verbunden ist.

Viele Ehen scheitern nicht daran, dass die Eheleute sie nicht mehr für so wichtig halten. Sondern daran, dass es für die Eheleute nichts wichtigeres gibt. Wenn ich von der Liebe zu meiner Ehefrau und den harmonischen Feiertagen in der Familie das erwarte, was die Menschen früher von Gott und Gottesdienst erhofft haben, dann überfordere ich damit jeden Menschen. Restlos.

Nein - das Ziel der Ehe außerhalb der Ehe zu sehen, entlastet. Dann lassen sich Schwächen und Versagen leichter ertragen und verzeihen, denn keiner muss für den anderen zum Gott werden. Der Gott jedoch, auf den wir uns zubewegen, ist der Meister im Verzeihen, Vergeben und Neu-Beginnen.

Möchtest Du mir schreiben? Für diese Katechese ist Peter verantwortlich.