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Hat Jesus wirklich gelebt? - Der "Titulus"

Neben den außerbiblischen schriftlichen Zeugnissen, die von Jesus sprechen, finden sich auch zahlreiche archäologische Funde. Ein sehr interessanter Gegenstand ist der sogenannte "Titulus" - die Holztafel, die am Kreuz Jesu angebracht wurde. In ihrem Buch «Das Jesus-Fragment» (von Carsten Peter Thiede u. Matthew D'Ancona, Basel 2004) gehen die beiden Forscher der Geschichte dieses Fundes nach. Im folgenden findet ihr eine kurze Zusammenfassung der Erkenntnisse:

 

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Diese Katechese ist auch als gedrucktes Heft (Nr. 092) erhältlich: Kostenlose Bestellung

Der Titulus - Echt oder gefälscht?

Der Titulus wird in der römischen Kirche "Santa Croce in Gerusalemme" aufbewahrt - schon seit geraumer Zeit. aber bisher interessierte sich kein ernstzunehmender Forscher für die Holztafel - es war schlicht ausgemachte Sache, dass es sich um eine Fälschung handelte. Als dann aber unabhängig von einander mehrer Historiker und Archäologen die Tafel mit der Kreuzesinschrift untersuchten, stellten die Kritiker fest, dass es für eine Fälschung eigentlich gar keine Gründe gab - man hatte aus einem Vorurteil heraus noch nicht einmal begonnen, die Tafel zu untersuchen, zu datieren oder überhaupt einer wissenschaftlichen Betrachtung zu unterziehen.

Nun - inzwischen ist das geschehen, und die Erkenntnisse sind verblüffend:

  • Das Fragment besteht aus Holz, und zwar aus einer im Nahen Osten damals häufig anzutreffenden Holzart, nämlich aus Walnuss, mit botanischem Namen "Juglans regia".

  • Es wiegt 687 Gramm, misst an seiner breitesten und längsten Stelle 25,3 mal 14 Zentimeter und ist 2,6 Zentimeter stark.

  • Das Holz war ursprünglich weiß bemalt, was zu der römischen Praxis passt, solche alba oder tabulae dealbatae genannten Bekanntmachungstafeln weiß anzustreichen.

  • Die Buchstaben, die ins Holz geschnitzt sind, weisen Spuren einer Färbung auf, die uns dunkelrot erschien, die aber von anderen als schwarz beschrieben wurde. Es ist anzunehmen, dass es sich ursprünglich tatsächlich um rote Farbe handelte, die aber im Laufe der 1970 Jahre, die seitdem vergangen sind, einen Schwarzton angenommen hat. Rot, gelegentlich aber auch Schwarz, stünde im Einklang mit der römischen Praxis.

  • Es gibt drei Zeilen mit fragmentarischer Schrift, Hebräisch oder Aramäisch (das Erhaltene reicht nicht aus, um das sicher zu entscheiden), Griechisch und Lateinisch.

  • So beschädigt das Fragment auch ist, über die Reihenfolge der drei Sprachen besteht kein Zweifel: Hebräisch (oder Aramäisch), Griechisch, Lateinisch.

  • Die Tatsache, dass in den anerkannten Bibelausgaben jeweils eine andere Reihenfolge angegeben wird, spricht ganz entschieden gegen die Annahme, es könne sich bei dem Fragment um eine späte Fälschung handeln. Erinnern wir uns: Als der Titulus durch Kaiserin Helena entdeckt wurde (oder für sie angeblich gefälscht wurde), gab es bereits im ganzen Reich Abschriften der Evangelien im Überfluss; die ersten beiden großen Codices (die antike Form des Buches), der Sinaiticus und der Vaticanus, wurden gerade geschrieben. Sie alle weisen für das Johannesevangelium die Reihenfolge Hebräisch, Lateinisch, Griechisch auf. Und das früheste Manuskript des Lukasevangeliums, das die drei Sprachen erwähnt, der Codex Sinaiticus, entstand tatsächlich ungefähr zeitgleich mit Helenas Besuch der Heiligen Stätten, gibt aber die Reihenfolge Griechisch, Lateinisch, Hebräisch an. Es versteht sich von selbst, dass ein Fälscher, der für Helena oder für die christliche Gemeinde in Jerusalem arbeitete, der Anordnung der Sprachen im einen oder anderen der beiden Evangelien gefolgt wäre. Eine neue Abfolge zu erfinden, die im klaren Widerspruch zu den aufgezeichneten Evangelien stand, wäre für jemanden, der seinem Werk doch gerade den Schein von Echtheit verleihen wollte, schierer Widersinn gewesen. Praktisch läuft das darauf hinaus, dass es sich bei dem Titulus von Santa Croce um alles Mögliche handeln kann, nur ganz gewiss nicht um ein Objekt aus dem vierten Jahrhundert. Jeder Zeitgenosse, der es zu Gesicht bekam und es mit dem griechischen Text der Evangelien verglich, hätte einen Schwindel sofort gemerkt.

  • Außergewöhnlich ist, dass der Text in der griechischen und der lateinischen Zeile von rechts nach links geschrieben ist. Was im Hebräischen bis heute korrekt ist, nimmt sich in diesen beiden Sprachen höchst merkwürdig aus. Es gibt alte etruskische Texte und antike griechische Inschriften mit Wörtern oder Buchstaben, die von rechts nach links verlaufen, aber aus dem Zeitraum, um den es hier geht, kennen wir keinen einzigen geschlossenen Text, der auf diese Weise eingeritzt wäre. Auch dieser sehr seltsame umgekehrte Schreibstil spricht entschieden gegen die Annahme, dass es sich bei dem Titulus von Santa Croce um eine Fälschung handelt. Ein Fälscher, der etwa von Helena oder Macarius oder auch von einem mittelalterlichen Kardinal beauftragt worden wäre, hätte etwas derart Ausgefallenes einfach nicht riskiert, da es ihm ja darum gegangen wäre, seine Arbeit als echt erscheinen zu lassen. Schon grundsätzlich hätte der Auftraggeber bei ihm nicht bloß ein Fragment bestellt. Und dann hätte er ihn mit einem Muster versorgt, einem abzuschreibenden Text. Dass die Schrift einer späteren Textfassung oder Textkopie von rechts nach links verlief, kann man mit Fug und Recht ausschließen. Weit wahrscheinlicher ist, dass der Schreiber des ursprünglichen Titulus, der auf Geheiß des Pilatus und vielleicht sogar nach dessen lateinischer Vorlage schrieb, es einfach so hinschrieb und dass der Irrtum sich nicht mehr rückgängig machen ließ, als man ihn bemerkte.

Für die historische Existenz Jesu - und damit auch für die Glaubwürdigkeit der Evangelien - gibt es auch einen weiteren archäologischen Fund, der alles vorstellbare sprengt:

das Grabtuch von Turin
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