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FAQ (frequently asked question) zum Thema evangelisch

Häufig gestellte Fragen - und mögliche Antworten der katholischen Kirche

In der FAQ-Abteilung unserer Site haben wir Fragen und Antworten zusammengestellt, die durch Anfragen (vor allem per eMail) entstanden sind - also, so hoffen wir, aus dem Leben gegriffen.

Hast Du noch eine Frage, die Du hier nicht findest? Dann maile mir! Wenn Du willst, wird Deine Anfrage gerne auch vertraulich behandelt.

Die evangelische Prädestinationslehre ist falsch, unsere Zukunft ist offen (es ist nichts vorbestimmt), weil wir einen freien Willen haben und uns für eine der vielen Zukunftsmöglichkeiten (z.B. Berufswahl) entscheiden können. Ist das richtig?

Die Prädestinationslehre geht von einer doppelten Freiheit aus: Einmal in Bezug auf die Dinge dieser Welt und zweitens in Bezug auf unser ewiges Heil (so lehrt es Luther und auch Calwin). In Bezug auf die Dinge dieser Welt - also auch auf die Berufswahl und alles andere, was wir hier entscheiden - sind wir auch nach Luther und Calwin frei. Aber wir sind nicht frei in Bezug auf unser Heil - da kann kein Mensch etwas selbst dran tun. Das sehen wir Katholiken natürlich anders.

Aber wie ist es dann richtig, dass alles (im Leben eines Menschen) einen Sinn hat? Ist dies dann der Sinn, den der Mensch selbst seinen Entscheidungen zuschreibt? Oder trifft der Mensch Entscheidungen und Gott gibt der (vorher offenen und nun getroffenen) Entscheidung dann nachträglich einen Sinn?

Dein letzter Vorschlage - der Mensch trifft Entscheidungen und Gott gibt den Entscheidungen dann nachträglich einen Sinn - kommt der Sache ziemlich nahe. Nur das "nachträglich" passt nicht so ganz. Denn Gott steht selbst außerhalb der Zeit, da gibt es kein "nachträglich". Er kann die Dinge lenken und fügen, so dass er nicht erst abwarten muss, was wir tun, sondern schon vorher und währenddessen und auch im Nachhinein die Dinge fügen kann. Dabei kann natürlich auch ruckzuck die menschliche Freiheit verschwinden; deshalb ist es wichtig, an den gütigen und liebenden Gott zu glauben, der will, dass wir frei sind und bleiben. Er legt sich also selbst die Beschränkung auf, dass er nichts fügt oder bestimmt, was unsere freie Entscheidung behindert, aber er kann die jeweiligen Fäden, die jeder Mensch spinnt, so zusammenfügen, dass es einen Sinn ergibt.

Das beste Beispiel wäre eine Mutter, die ihr - sagen wir mal 3-jähriges Kind - die Wohnung erkunden lässt. Dabei räumt sie einmal die gefährlichen Sachen schon vorher weg, vielleicht fängt sie es hier und da auf, wenn das Kind fällt, und wenn es zum Beispiel aus Versehen den Herd auf volle Leistung dreht, dann kann sie das wieder rückgängig machen - und trotzdem lässt die Mama das Kind alles machen, was es will, und behindert es nicht in seiner Freiheit.

Das Beispiel zeigt auch, dass Gott uns nicht vor allen schlechten Taten bewahrt. Denn vielleicht lässt die Mama das Kind, wenn es übermütig wird, auch hier und da Schmerz erfahren, damit es lernt, wor Gefahren lauern. Gott ist da noch liberaler: Er gesteht uns sogar zu, einander das Leben zu nehmen. Sein Ziel ist es nicht, den Menschen ein leidfreies oder (politisch) erfolgreiches Leben zu gewährleisten, sondern in den Himmel zu kommen, weil man das Gute liebt. Da wäre ein allzu behütetes Kind - oder eine vor allem Leid bewahrte Menschheit - letztlich nicht förderlich.

Luther

Du schreibst in Deiner Katechese "Evangelisch-katholisch: Der Unterschied": "Wie nun Luther oder andere Reformatoren (genauso wie heutige überzeugte Protestanten) zu dem Schluss kommen, dass der Mensch nicht gut genug ist, um von Gott zur Mitwirkung mit Gott befreit zu werden, wissen wir nicht. Es gibt Vermutungen, dass Luther z.B. von seiner eigenen Schuld dermaßen gefangen war, dass er sich eine Vergebung und damit Befreiung zur Miterlösung gar nicht vorstellen konnte. Und er schloss von sich auf andere: Der Mensch ist verdorben und kann nichts zur Erlösung beitragen. Bei dem, was Gott mit ihm tut, bleibt der Mensch passiv."
Darauf, dass Luther von sich auf andere schloss, wäre ich nicht gekommen. Vielmehr denke ich an die Aussage Paulus' in Römer 3, 11-18 (EÜ): Es gibt keinen, der gerecht ist, auch nicht einen; 11 es gibt keinen Verständigen, keinen, der Gott sucht. 12 Alle sind abtrünnig geworden, alle miteinander taugen nichts. Keiner tut Gutes, auch nicht ein Einziger. 13 Ihre Kehle ist ein offenes Grab, mit ihrer Zunge betrügen sie; Schlangengift ist auf ihren Lippen. 14 Ihr Mund ist voll Fluch und Gehässigkeit. 15 Schnell sind sie dabei, Blut zu vergießen; 16 Verderben und Unheil sind auf ihren Wegen, 17 und den Weg des Friedens kennen sie nicht. 18 Die Gottesfurcht steht ihnen nicht vor Augen.

Was denken Sie, könnte es einen Zusammenhang zwischen dieser Bibelstelle und Luthers Überzeugung geben?

Natürlich ist es denkbar, dass Luther aufgrund der von Dir genannten Schriftstelle aus dem Römerbrief zu seinen Ansichten gekommen ist; aber letztlich ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass es die Schriftstelle allein gewesen ist.
Wenn Theologen oder bedeutende geistliche Personen mithilfe von Schriftstellen zu neuen Anregungen kommen, die bis dahin in der Kirchengeschichte so nicht dagewesen sind, dann ja nicht deshalb, weil die Schriftstelle selbst neu sei - und auch nicht, weil sie bislang immer übersehen wurde oder nicht wahrgenommen. Vielmehr ist das entscheidende ein neuer Blick auf die entsprechenden Stellen - eine neue Wertung - oder eine neue Fragestellung.
Der Römerbrief spricht eine deutliche Sprache - und dennoch wurde er von den Theologen der 1500 Jahre Kirchengeschichte vor Martin Luther nicht so verstanden, wie Luther es tat. Außerdem relativieren die anderen Bibelstellen (z.B. der Jakobusbrief) eine Einseitigkeit der Auslegung. Dass Luther den Jakobusbrief aber (zumindest innerlich) verworfen hat ("ein wahrhaft strohener Epistel") und den Römerbrief auf seine Weise ausgelegt hat, ist wohl eher auf eine Veränderung bei Luther zurückzuführen.

Eine mögliche psychologische Erklärung, warum Luther eine neue Fragestellung in die Theologie einbrachte (und somit "von sich auf andere schloss") haben Mock und Emme vorgeschlagen - beide übrigens evangelische Lutherforscher.