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Intelligent Design - Gott als Hypothese?

Richard Dawkins hat mit seinem neuen Buch „Der Gotteswahn" ein umfangreiches Werk vorgelegt. Bei seinen Bemühungen, sich als Evolutionsbiologe gegen die Angriffe von Kreationisten zu erwehren, zieht er alle Register und sammelt sie in seinem Werk "Gotteswahn". In unserer Buchbesprechung versuchen wir, dem riesigen Sammelsurium gerecht zu werden.

Dabei geht schnell der eigentliche Streitpunkt unter: Ist die Evolutionslehre wider-göttlich? Oder haben die Neo-Kreationisten mit der Einführung des "Intelligent Design" die Biologie getauft?

Letztlich stellt sich die Frage, was Intelligent Design eigentlich ist - und wie sie wissenschaftstheoretisch und schließlich aus christlicher Sicht zu bewerten ist. Eigentlich keine so schwere Aufgabe (wie die folgende Katechese zeigt). Die ideologische Überfrachtung der Argumentationen auf beiden Seiten führt allerdings oft dazu, dass die Sachlichkeit auf der Strecke bleibt.

Deswegen laden wir Dich herzlich ein, Dir mit den folgenden Gedanken wieder einen - hoffentlich sachlichen - Überblick zu verschaffen.

Wenn es Dich interessiert, kannst Du in der grundsätzlichen Katechese zur Evolution und Schöpfung weitere Anregungen finden.

 

PDF-Datei zum Drucken oder Download dieser Katechese

Diese Katechese ist auch als gedrucktes Heft (Nr. 065) erhältlich: Kostenlose Bestellung

Grundsätzliches zu „Intelligent Design"
Was ist das - Intelligent Design (ID)?

Eine gute Definition finden wir bei Wikipedia:

Intelligent Design (ID, deutsch etwa intelligenter Entwurf, intelligentes Design) ist der Standpunkt der Neokreationisten, dass bestimmte Merkmale des Universums und Lebens am besten durch eine intelligente Ursache erklärt werden können und nicht durch einen Vorgang ohne solche Leitung, wie die natürliche Selektion.

Oder, auf der Homepage von Ralf Isau (www.isau.de), wird Intelligent Design folgendermaßen erklärt:

Intelligent Design (ID): nach der Intelligent-Design-Theorie ist die Entstehung bestimmter komplexer Merkmale in der Natur durch eine intelligente Ursache (Designer, Schöpfer) besser zu erklären als durch zufällige Mutationen und natürliche Auslese (Selektion). Natur und Wesen dieser Ursache sind dagegen nicht Gegenstand der ID-Forschung.

Damit haben wir ein einfach zu beschreibendes Problem: Wie können wir erkennen, ob die Selektion (im Zusammenspiel mit der Mutation) ein Phänomen besser erklärt als die Annahme eines intelligenten Designers - also eines Schöpfers?

So stellt sich die Frage, was in der Biologie oder in den Naturwissenschaften „besser" bedeutet.

Ockhams Rasiermesser - Das Sparsamkeitsprinzip

In Carl Sagans guten Buch "Contact" (das auch als sehr guter Film in die Kinos kam - mit Jodie Foster und Matthew McConaughey) wird das "Ockhamsche Rasiermesser" erwähnt und sozusagen zum Thema des Buches/Filmes erhoben: Ockhams Rasiermesser ist das Sparsamkeitsprinzip in der Wissenschaft. Es besagt, dass von mehreren Theorien, die den gleichen Sachverhalt erklären, die einfachste zu bevorzugen ist.
Man kann das „Rasiermesser" des Philosophen und Theologen Wilhelm von Ockham (1285-1349) auch anders formulieren: Die „Entitäten dürfen nicht über das Notwendige hinaus vermehrt werden" (lat. Entia non sunt multiplicanda praeter necessitatem oder sine necessitate). Entitäten ist hier im Sinne von „Vorbedingungen" gemeint.

Das klingt gut - führt aber schon in „Contact" zu der Frage: Ist es einfacher, an einen unglaublichen Zufall zu glauben - oder an einen intelligenten Schöpfer?

Für einen religiösen Menschen, der in seinem Leben die Existenz Gottes bereits als gegeben annimmt, ist es keine „Vermehrung von Entitäten", diesem Gott auch die Schöpfung der Welt und die Erschaffung des Schnabeltieres und das Schafsleberegel zuzuschreiben. Für einen Theisten scheint es viel seltsamer, dazu unglaubliche Zufälle und Selektionstheorien anzunehmen. Ockhams Rasiermesser (als wissenschaftliches Prinzip) verbietet solche Wahrscheinlichkeits-Verrenkungen.

Für einen Atheisten sieht es aber schon wieder ganz anders aus. Zufälle gibt's, manchmal sogar ziemlich unglaubliche Dinge. Das ist für ihn eine gegebene Tatsache. Die Annahme, ein bestimmtes biologisches Tier oder Organ sei von Gott erschaffen, ist für ihn nur eine „unnötige Vermehrung der Entitäten".

Die Frage nach dem notwendigem Standpunkt, um die „Notwendigkeit der Entitäten" zu beurteilen, ist aber keineswegs so unentschieden, wie es zunächst scheint. Denn: Die Naturwissenschaften sind „methodische Atheisten". Sie haben sich als Methode selbst die Regel auferlegt, nicht von der Existenz und der Aktivität eines Gottes auszugehen. Der berühmte Physiker Steven Weinberg hat es einmal so formuliert: „Die Physik nimmt zunächst an, dass es keinen Gott gibt, und schaut, wie weit sie mit der Hypothese kommt."

Nun können wir auch Verstehen, dass Dawkins immer wieder nach den Wahrscheinlichkeiten für die Existenz Gottes fragt (tatsächlich fragt er nach der Wahrscheinlichkeit für die Entstehung Gottes - aber das meint er nicht so. Das macht nämlich keinen Sinn.) Die Behauptung, ein bestimmtes „Design-Merkmal" sei besser durch einen intelligenten Schöpfer zu erklären als durch Selektion, übersetzt er in die Sprache der Evolutionisten: „Die Annahme, es gäbe einen Schöpfer, der dieses Merkmal intelligent designt hat, ist viel wahrscheinlicher als die Annahme, das Merkmal sei allein durch Selektion entstanden". Und wenn Dawkins - oder jeder andere Wissenschaftler - diese Aussage prüfen will, dann muss er unweigerlich bestimmen, wie wahrscheinlich es ist, dass Gott existiert.

Das macht aber - offenbar - keinen Sinn. Gott kann kein Gegenstand der Naturwissenschaften sein, denn weder seine Existenz noch sein Handeln lassen sich wahrscheinlichkeitstheoretisch einordnen.

Gott, der per definitonem "allwissend und allmächtig" ist, wäre - auch nur als ganz, ganz vorsichtige Vermutung - der Tod einer jeden Naturwissenschaft. Denn Gott erklärt alles. Eine all-erklärende Hypothese - zudem nicht experimentell überprüfbar - bedeutet für jeden andere Theorie der Super-GAU.

Wohlgemerkt: Das gilt für alle Abwägungen innerhalb der Naturwissenschaften. Persönlich kann jeder Mensch zu dem Schluss kommen, dieses oder jenes Merkmal des Lebens sei von Gott in Handarbeit gefertigt worden. Aber er kann daraus keine wissenschaftliche Theorie formen.

So lässt sich auch die Moral von Carl Sagans "Contact" formulieren: Während die junge Wissenschaftlerin Eleanor Arroway zunächst Gott für eine "unnötige Annahme" hält und vom aufstrebenden Theologen Palmer Joss die Antwort erhält "aber ich habe ihn erfahren!"; muss Eleanor Arroway am Ende des Filmes das gleiche für die Begegnung mit den Außerirdischen eingestehen: Sie weiß (!), dass diese Begegnung stattgefunden hat; aber sie kann sie nicht beweisen. So hat sie eine persönliche Erfahrung gemacht, die aber keinen wissenschaftlichen Anspruch erheben kann.
Nicht-reduzierbare Komplexität

Isau schreibt dazu:

Weiterhin besagt die ID-Theorie: Die Wahrscheinlichkeit der Entstehung (biologischer) Strukturen durch zufällig wirkende Naturgesetze nimmt exponentiell mit der Dichte ihrer Komplexität ab. Demnach können insbesondere solche Strukturen nicht ohne intelligentes Design entstanden sein, deren Einzelkomponenten erst durch ihr Zusammenwirken funktionieren und zwar erst dann, wenn sie vollständig vorhanden und in der richtigen Anordnung zueinander zusammengesetzt sind. ID-Theoretiker sprechen im Zusammenhang mit solchen Strukturen von »nicht reduzierbarer Komplexität«, »Synorganisation« oder »spezifizierter Komplexität«.

Dawkins beschäftigt sich ausführlich mit diesem Punkt der ID-Debatte. Es wird ja immerhin behauptet, ein bestimmtes komplexes Zusammenspiel komplexer Strukturen (z.B. beim Schafsleberegel) muss „in einem" entstanden sein, weil das ganze System nicht funktionieren würde, wenn nur ein kleines Teil fehlt. Es wäre „unmöglich", dass solche komplexen Strukturen nach und nach durch Selektion entstanden sind.

Wiederum lässt sich diese Behauptung auf Wahrscheinlichkeiten reduzieren. Natürlich kann man auch von „unmöglich" sprechen, dahinter steckt aber immer eine Wahrscheinlichkeit, die wir als zu gering erachten.

Aber auch hier hilft uns die Gottes-Hypothese nicht weiter - denn wir ersetzen eine sehr, sehr geringe Wahrscheinlichkeit (für die Entstehung von Strukturen mit „nicht-reduzierbarer Komplexität") durch einen „intelligenten Schöpfer" - dessen eigener Wahrscheinlichkeitswert nicht fassbar ist.

Wiederum: Jeder Mensch ist frei, an diesen intelligenten Schöpfer zu glauben. Und die „nichtreduzierbar-komplexen Strukturen" sind durchaus Argumente. Aber nur für den denkenden und schauenden Menschen, nicht für die Biologie. In deren Methoden benimmt sich die Gotteshypothese wie in der Mathematik die Division durch Null.

Schönheit und Information

Und noch einmal Ralf Isau:

Ein Forschungsschwerpunkt der ID-Wissenschaftler ist das Aufspüren von Design-Signalen. Darunter werden Eigenschaften der belebten oder unbelebten Welt verstanden, deren Entstehung durch geeignete Versuche und Beobachtungen möglichst unzweideutig auf eine gestaltende Intelligenz hindeuten. Dafür geeignet gelten insbesondere semantische Informationen, Informationen also, deren Bedeutung nur durch Einsatz weiterer Intelligenz verstanden werden kann. Die in der DNA codierten Proteine und Peptide werden beispielsweise auf Grund biochemischer Prozesse zwar ohne Zuführung weiterer Intelligenz synthetisiert, solche ist aber für das Verständnis der Bedeutung des genetischen »Programmes« (analog zu einem Computerprogramm) unabdingbar. Da semantische Information aber ohne Verstehen nicht erstellt oder »programmiert« werden kann, müssen entsprechende Beispiele in der Natur wie die DNA auf das Wirken von Intelligenz zurückzuführen sein.

Nehmen wir einmal ein extremes Beispiel:

Wir nehmen einen schönen, rechteckigen Klotz reines Cäsium 137. Cäsium 137 ist radioaktiv und deshalb zerfällt der schöne Klotz nach und nach. (Übrigens hat Cäsium eine Halbwertszeit von 30 Jahren, wir brauchen für dieses Gedankenexperiment also viel Geduld.)
Einmal angenommen, Cäsium 137 würde regelmäßig (oder auch nur in einem dokumentierten Fall) auf eine solche Art zerfallen, dass der Rest des noch nicht zerfallenen Cäsiums nach und nach die Buchstaben JHWH (hebräisch für „Jahweh" oder - für die Zeugen Jehovas unter den Lesern - „Jehova") bilden - vielleicht sogar in hebräischen Originalschriftzeichen.

Wäre das ein Intelligent-Design-Merkmal? Es handelt sich - wie Isau sagt - eindeutig um semantische Informationen.

Jein. Denn für den Chemiker gibt es keinen Grund, an dem Ergebnis zu zweifeln - solange die Halbwertszeit eingehalten wird. Dass das Cäsium nicht gleichmäßig zerfällt, ist eine Frage der statistischen Verteilung. Für den Chemiker ergeben aber die Schriftzeichen keinen Sinn; sie sind schlicht nicht Bestandteil seiner Forschung. Das entstandene Muster ist nur zufällig. Zudem ist die Annahme, dass ein jenseitiger Gott im radioaktiven Cäsium regelmäßig Autogramme gibt, in ihrer Wahrscheinlichkeit nicht nachprüfbar, da auch die Annahme eines Gottes durch die Chemie nicht in ihrer Plausibilität einschätzbar ist.

Aber das „JHWH" im Cäsium wäre natürlich schon ein Intelligent-Design-Merkmal - für alle, die nicht rein naturwissenschaftliche denken. Vor allem, wenn ein solches Muster nicht nur einmal entsteht (wie zum Beispiel ein Madonnenbild auf einem Toastbrot), sondern regelmäßig. Ob jemand so etwas glauben will, ist dabei keine Frage, ob er „vernünftig" oder „unvernünftig" ist. Denn leider setzen wir „vernünftig" mit „naturwissenschaftlich" gleich. Dann ist natürlich jeder „unvernünftig", der ein Design-Merkmal erkennt; genauso unvernünftig ist aber auch der, der im Lächeln der Mona Lisa etwas Geheimnisvolles erahnt.

Was für das JHWH-Phänomen im Cäsium gilt, lässt sich genauso auch auf die anderen Design-Bereich übertragen: Schönheit, Sinnhaftigkeit, Eleganz und Perfektion sind keine Begriffe der Naturwissenschaften, zumindest keine, die messbar und bewertbar sind.

Rückschlüsse auf „Intelligent Design" nicht in, sondern aus den Naturwissenschaften

Damit haben wir - ohne das Vokabular eines R. Dawkins zu verwenden - dem Intelligent Design den Zutritt zu den Naturwissenschaften verboten. Dort - als wissenschaftliche Theorie - haben sie nichts zu suchen. Und dementsprechend gehört die Lehre des Intelligent Design nicht in den Biologie- und Physik-Unterricht, sondern in den Religionsunterricht - (oder auch in den Ethik-Unterricht unter „Anthropologie").

Aber das schließt einen umgekehrten Weg nicht aus: Aus den Naturwissenschaften können Journalisten, Filmer, Fotografen aber auch die Naturwissenschaftler selbst gerne wunderbare Fälle veröffentlichen, die ihnen die Augen geöffnet haben für die Existenz eines Schöpfers.

Solche Filme, Bildbände, Fotobücher, Erlebnisberichte oder einfach nur Faktensammlungen gibt es zur Genüge. Sie sind oft auf hohem Niveau geschrieben und sehr beeindruckend. Ich blättere gerne darin (oder schau mir immer wieder entsprechende Filme gerne an - vor allem beim Zahnarzt) und empfehle sie auch kritischen oder suchenden Zeitgenossen, um die Evidenz (Offensichtlichkeit) eines Schöpfers dezent zu vermitteln.
Aber wir dürfen niemals der Versuchung unterliegen, in diesen Werken wissenschaftliche Abhandlungen über die Existenz Gottes zu sehen!

Wie R. Dawkins machen viele den Fehler, die methodische Beschränkung seines Fachgebietes als die Grenzen der Wirklichkeit misszuverstehen. Zwar unterläuft dieser Faux-Pas auch vielen angesehen Wissenschaftlern, aber eigentlich sollte man erwarten, das die Diskutierenden (wie auch die über diese Diskussion berichtenden Journalisten) wissen, welche Voraussetzungen sich die Wissenschaftler für ihre Forschung selbst gegeben haben.

So ist auch die Sammlung von „Hinweise auf die Existenz Gottes" auf unserer Homepage zu verstehen. Alle dortigen Hinweise sind verschiedenen Fachgebieten (auch den Naturwissenschaften) entnommen und nach bestem Wissen und Gewissen geprüft worden. Den Schluss, darin einen Hinweis auf Gott zu sehen, fügt aber immer nur der Leser hinzu - die Fachgebiete selbst müssen dazu schweigen.

Die Religion lehrt uns, damit zufrieden zu sein, dass wir die Welt nicht verstehen

R. Dawkins hat auf dem Buchdeckel seines Werkes "Gotteswahn" ein Zitat setzen lassen: „Ich bin ein Gegner der Religion. Sie lehrt uns, damit zufrieden zu sein, dass wir die Welt nicht verstehen."

Das mag - wie Dawkins und wir festgestellt haben - für einige Intelligent-Design-Fundamentalisten-Kreationisten zutreffen. Wer Gott als Erklärungs-Hypothese in die Naturwissenschaft einführt, hat ruck-zuck alles erklärt und kann mit dem Forschen aufhören. Deshalb hat Steven Weinberg recht, wenn er sich auf den methodischen Atheismus beruft. Wir forschen grundsätzlich so, als gäbe es keinen Gott.

Aber das ist keine Errungenschaft der modernen Naturwissenschaften. Sondern - man höre und staune - das ist eine Errungenschaft der Religion selbst - vor allem des Christentums.

Denn in vorchristlichen Zeiten war die Welt voller Götter, Magie und Geistern. Alles, was geschah, wurde mythologisch erklärt: Wenn es donnert, war es der Donner-Gott, wenn es regnet, war es der Regen-Gott, und wenn Bayern gewinnt, war es der Bayern-Gott. Mit diesem mythologischen Denken hat nicht erst Galileo Galilei gebrochen - sondern bereits das Judentum und in dessen Folge die Christen. Und zwar schon mit dem Schöpfungsbericht.

Wie das Beispiel mit dem Bayern-Gott zeigt, gibt es dieses mythologische Denken allerdings auch heute noch - nicht nur auf dem Fußballfeld in Bayern oder Schalke.

Denn im Schöpfungsbericht (in Genesis Kapitel 1) wird mit göttlicher Autorität erklärt, dass die Welt nicht Gott ist. Es gibt nur einen Gott, und die Welt ist nicht-göttlich. Am Himmel hängt kein Sonnen-Gott und keine Mond-Göttin, sondern nur „Funzeln" (so übersetzt Manfred Lütz in seinem lesenswerten Buch „Gott"). Damit, dass Gott sich selbst als jenseitig erklärt und die Welt radikal entgöttlicht wurde, war der Weg frei für einen systematischen Zugriff auf die Welt durch den Menschen.

Alle Zehn Geboten schützen den Menschen. Das gilt auch für die ersten drei Gebote, die sich scheinbar nur auf den Schutz Gottes beziehen. Aber in Wirklichkeit ist auch das erste Gebot - „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben" - Schutz der Freiheit und Eigenständigkeit des Menschen, der sich keiner dämonischen Welt mehr gegenüber sieht, sondern lediglich Materie vor sich hat. Jetzt (erst jetzt!) wurde die moderne Wissenschaft möglich.

Dawkins fragt sich, warum der eifersüchtige Jahweh ständig auf diesem ersten Gebot herumreitet. Nun wird es klar: Damit Dawkins Wissenschaft betreiben kann!
Intelligent Design: Ein katholisch längst verworfenes Modell

Vielleicht fragst Du jetzt, ob dieser Text überhaupt eine Katechese ist und ob ich den Anspruch erheben darf, hier die katholische Position zu vertreten. Immerhin firmiert unsere Site unter dem Anspruch "garantiert katholisch". Nun hat die Kirche aber keine offizielle Verlautbarung zum Intelligent Design veröffentlicht. Zudem ist diese Fragestellung doch eine ganz neue Entdeckung der Wissenschaft, oder?

Nein.

Das Problem, das dem Denken der ID-Vertreter zugrunde liegt, ist der katholischen Kirche nicht neu. Denn die Frage, ob wir in Phänomenen der Natur und der überprüfbaren Wirklichkeit Gottes Wirken nachweisen können, ist schon viel älter. Sie hat sich der katholischen Kirche bei jedem Wunder, jeder Marienerscheinung und jeder Heiligsprechung gestellt. Ein wirklich altes Problem. Und eigentlich schon längst gelöst.

Bei einer gut dokumentierten Heilung eines Kranken z.B. in Lourdes kann die Medizin nie zu dem Ergebnis kommen: "Die Annahme, es gäbe einen übernatürlichen Wunderheiler ist für die Erklärung dieses Falles viel wahrscheinlicher als jede medizinische Erklärung". Falls einmal ein Mediziner, der eine solche Heilung untersucht, zu dem Ergebnis kommt: "Das war Gott!", so wird er von der katholischen Kirche selbst (!) sofort zurückgepfiffen. "Das ist", so wird es dann lauten, "seine private Meinung. Als Mediziner kann er ledglich feststellen, dass er die Heilung medizinisch nicht erklären kann."

Das ist mehr als eine Sprachregelung. Das ist die Achtung vor der Eigenständigkeit der Naturwissenschaften - eine Erinnerungs an deren eigenen Prinzipien und auch deren Grenzen.

Mehr als "wir können es nicht erklären" wird demnach aus dem Munde eines Naturwissenschaftler redlicherweise nicht kommen können. Vielleicht sogar mit einer zusätzlichen Einschränkung: "wir können es zur Zeit noch nicht erklären". Aber das ist schon wieder eine glaubensmäßige Vermutung.

Und - hält sich die Biologie zurück?

Ja. Das tut sie. Denn die Behauptung, etwas sei durch "Zufall" entstanden, heißt nichts anderes, als keine beschreibbare Erklärung zu haben. Diese Wahrscheinlichkeit des "Zufalls" kann durch Mechanismen wie z.B. der Selektion reduziert werden. Und vielleicht kommen dann einige Wissenschaftler zum Schluss, diese reduzierte Wahrscheinlichkeit (Dawkins spricht von der sanften Steigung auf der Rückseite der Steilwand) reiche aus, um ein Phänomen zu erklären. Manche meinen vielleicht, es sei dann kein großes Wunder mehr nötig, aber doch ein bisschen Begleitung durch Gott. Und andere sehen darin immer noch eine Lücke, die nur durch Gott ausgefüllt werden kann.

Aber alle drei stellen diese Vermutungen außérhalb der Naturwissenschaften an. Innerhalb der naturwissenschaftlichen Methode bleibt die Suche nach neuen Hypothesen, Theorien und Mechanismen immer aktuell. Die Gotteshypothese in der Wissenschaft wäre der Tod einer jeden Suche.

Möchtest Du mir schreiben? Für diese Katechese ist Peter verantwortlich.