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Predigtvorschläge - 11. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr A)
1. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2005)

Liebe Gemeinde!

„Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter.“ – Ein vertrautes Wort! Wem fällt da nicht der Priestermangel ein? Und der Mangel ist gleich doppelt: Die Zahl der Priester ist zu klein im Vergleich zu der Zahl der Menschen. Und jeder Priester muß sein eigenes Tun als mangelhaft empfinden. Warum? Weil er unmöglich das leisten kann, was er sich als Ergebnis seines Einsatzes wünscht. Es ist wie ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn ich einen Hausbesuch mache, um z.B. ein Taufgespräch zu führen. Was kann ich da schon ausrichten? Werden meine Worte etwas bewirken, wird ein Funke überspringen?

„Als Jesus die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen“, heißt es im Evangelium. Mitleid und Erbarmen bewegen ihn, keineswegs Kleinmut! Für kleinmütiges Jammern ist im Reiche Gottes kein Platz, keine Zeit und kein Grund. Wer in Jesu Fußstapfen tritt, soll wie er von Mitleid und Erbarmen erfüllt sein – sonst bleiben seine Worte und Taten hohl. Aber hier beginnt schon die Schwierigkeit: Die Massenmenschen halten ihr Leben gar nicht für erbarmungswürdig, und sie schleudern dem Priester oder auch dem engagierten Christen ihre offene Verachtung entgegen oder verdächtigen ihn sogar, Schlechtes im Sinn zu haben. Wer so geschmäht wird, kommt in Versuchung, nun seinerseits in bittere Verachtung zu fallen. Er geht den Leuten aus dem Weg und beschäftigt sich nur noch mit dem kleinen Kreis von Leuten, die ihm selbst Anerkennung entgegenbringen. Diese Versuchung ist zumal in unserer deutschen Kirche sehr groß, und es gibt nur sehr wenige, die ihr nicht oder nur selten erliegen. Von daher könnte man beinahe sagen, die Krise unserer Kirche liege daran, daß kein Mitleid mehr empfunden wird, nur noch Selbstmitleid. Und es ist ja auch wirklich schwer, Mitleid zu haben mit Leuten, die mit Glaube und Kirche nichts oder nur ganz am Rande zu tun haben wollen.

Um Mitleid zu empfinden, muß mir erst einmal klar sein, was den Menschen fehlt, was sie so erbarmenswürdig macht. Im Evangelium heißt es: „Sie waren müde und erschöpft wie Schafe, die keinen Hirten haben.“ Jesus erbarmt sich angesichts der geistigen Orientierungslosigkeit der Massen. Wenn er heute käme, wäre sein Mitleid vermutlich noch viel größer; ein Blick ins Fernsehen würde ihm die unglaubliche Seichtheit und Geistlosigkeit des modernen Lebens zur Genüge vor Augen führen. Da wird der Mensch entwertet zum bloßen Konsumenten von überflüssigen Waren, an denen andere verdienen. Diejenigen, die Hirten sein könnten und sollten, tun wenig oder gar nichts für die große Masse, sie weiden vorwiegend sich selbst und beruhigen das Volk mit Brot und Spielen, genauer noch: mit immer weniger Brot und immer mehr Spielen.

Um Mitleid zu empfinden, müssen wir uns umgekehrt bewußt machen, was uns durch den Glauben und die Gemeinschaft der Kirche geschenkt ist, welchen unschätzbaren Wert unser Glaube für unser Leben hat. Und so zu empfinden, ist ja nicht selbstverständlich. Im Gegenteil: Wie oft leitet uns die dumpfe Empfindung, unser Christsein sei etwas Beschwerliches, es lege uns Lasten auf und mache unser Gewissen eng, es nehme uns Freiheiten und verlange auch noch Opfer, Zeit und Geld. Da richtet sich das Mitleid gern gegen uns selbst, und es kann sogar heimlicher Neid aufsteigen gegen diejenigen, die all das abgeworfen haben. Fehlt ihnen denn überhaupt etwas? Die Frage bohrt und nagt an unserer Glaubensfreude. – Da wird es Zeit, daß wir wieder einmal bedenken, daß wir ohne Gott keinen Halt haben, keine Orientierung und keinen Sinn. Wer kann uns denn die Anerkennung geben, die wir ersehnen, die Zustimmung zu unserer Existenz, ohne die wir des Lebens überdrüssig werden? Wer sagt denn bedingungslos JA zu uns – wenn nicht der liebende Gott, der uns seit Ewigkeit auf den Plan gerufen und zu ewigem Leben berufen hat? Kein Mensch kann uns die Anerkennung geben, die wir brauchen, nicht einmal der Ehepartner. Mit keinem Geld der Welt können wir sie kaufen und mit keiner Leistung verdienen. Und wer kann unseren Durst nach Leben vollends stillen, uns ewiges Leben in Frieden und Freude garantieren?

Diese Fragen können unseren verirrten Blick wieder gerade richten. Nein! Diejenigen, denen Glaube und Kirche nichts sagt, sind wirklich nicht zu beneiden, sondern zu bemitleiden! Wenn es uns gelingt, den unvergleichlichen Wert der Frohen Botschaft wiederzuentdecken, dann verstehen wir das Wort Jesu erst richtig: „Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter.“ Dann beziehen wir es nicht zuerst auf unsere eigenen Bedürfnisse nach einem Pastor, der wie in alten Zeiten überall dabei ist und für alle ein gutes Wort der Anerkennung findet. – Das war gewiß etwas Gutes – aber war es das, worum es Jesus geht? Die Frage entscheidet sich daran, ob man den Fernstehenden und Nichtgläubigen wirklich und ernsthaft wünscht, zum Glauben und dadurch Freude zu finden. Wünsche ich den 180 Schulkindern unserer Grundschule diesen froh machenden, lebendigen Glauben? Und wünsche ich diesen Glauben den Jugendlichen, den frisch Verheirateten, den Berufstätigen, den Alten und Kranken?

Sobald dieser starke Wunsch in mir ist, werde ich mich selbst angesprochen fühlen von Jesu Auftrag: „Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe.“ Ich werde diese Aufgabe nicht einfach an andere abschieben, an Kindergarten, Schule und die sogenannten Hauptamtlichen. Denn Jesus sagt: „Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben.“ Umsonst geben heißt unbezahlt. So wie eine Mutter sich um ihre Kinder und um den Haushalt sorgt, ohne dafür Geld zu bekommen. Den Lohn ihrer Mühen empfängt sie vor allem von ihren Kindern selbst, wenn sie sieht, was aus ihnen geworden ist. So ist es mit allen, die sich um die Seele ihrer Mitmenschen sorgen. Diese Arbeit ist nicht in Geld aufzuwiegen. Wer darum meint, die Seelsorge sei nur von denen zu leisten, die dafür Geld bekommen, hat nichts verstanden. Das gilt übrigens auch für diejenigen, die für ihren Dienst besoldet werden, besser gesagt: denen die Kirche den Lebensunterhalt sichert, damit sie mehr freie Zeit haben, in der sie umsonst geben können. So etwa, wie wenn eine Mutter das Glück hat, nicht arbeiten zu müssen, damit sie sich ganz ihren Kindern widmen kann.

Bitten wir „den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden“ – damit dieser Dienst, der nur umsonst geleistet werden kann, nicht verschwindet.

2. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!

Gott ist derjenige, der aktiv ist. In allen drei Lesungen heute geht die Initiative von Ihm aus: Ich habe euch aus Ägypten befreit und hierher getragen (Ex), Christus ist für uns gestorben, als wir noch Sünder waren (Röm), Jesus hatte Mitleid mit den vielen Menschen, die müde und erschöpft waren (Mt), so wie die Fußballnationalmannschaft am Donnerstag aussah. In allen drei Bibeltexten wird deutlich: von Gott geht die Initiative aus. Er sieht unsere Not und will uns helfen.
Das galt zur Zeit des Mose im AT, das galt für Jesus im NT und das gilt genauso auch heute. Gott sieht unsere Not und will uns helfen. Er sieht, wenn wir müde sind, wenn wir ungerecht behandelt werden, wenn wir uns in Lügen oder Schulden verstrickt haben. Und er ergreift die Initiative und hilft uns. Wir hören jeden Sonntag diese alten Bibelstellen um uns dieses Handeln Gottes in Erinnerung zu rufen, wie es Gott selbst heute dem Mose gesagt hat: "Ihr habt gesehen, was ich den Ägyptern angetan habe, wie ich euch auf Adlerflügeln getragen und hierher zu mit gebracht habe." Oder wie Paulus im Brief die Gemeinde in Rom erinnert: "Christus ist für uns gestorben" oder wie wir aus dem Evangelium gehört haben: "Als Jesus die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit Ihnen, denn sie waren müde und erschöpft." Gott sieht unsere Not und hilft uns, heute wie damals.

Was macht er? Er macht uns Mut, er stärkt uns, indem er uns erwählt. Auch das nicht nur bei den 12 Aposteln im Evangelium, denen er Vollmacht gibt - also Anteil an seiner göttlichen Macht. Sondern auch in den anderen beiden Lesungen macht Gott den Menschen Mut. Zu Mose sagt er: Ihr "werdet ... unter allen Völkern mein besonderes Eigentum sein ... Ihr sollt mir als ein heiliges Volk gehören." Wir sind Gott heilig. Manchem ist der Fußball heilig. Wir sind Gott heilig - wir bedeuten ihm viel, er hat uns auserwählt. Er hat uns in die Nationalelf gewählt - 12 Apostel - und er wusste, dass einer ausfallen würde. Und Paulus betont es für seine Gemeinde in Rom auch nochmals extra: Christus ist für die Menschen gestorben, als diese ihn nicht erkannt hatten - als Trainer nicht akzeptiert hatten. Um wieviel mehr wird sich Gott für die einsetzen, die ihn als Couch anerkennen!
Und so wie es Paulus sagt, gilt das auch für uns heute. Wenn ich merke, dass ich ein Spiel verloren habe, von allen Leuten ausgepfiffen werde, keiner mehr Stücke auf mich hält - nicht nur beim Fußballspiel, sondern ebenso auf der Arbeit, in der Familie; wenn ich was verbockt habe, Schuld auf mich geladen habe, dann ist Gott derjenige, der mich da rausholt. Er sagt: hey - ich bau auf Dich, trotz oder gerade wegen Deiner Unzulänglichkeit. Das hat er bei Petrus gemacht, der ihn dreimal verleugnet hat, das hat er bei Antonius gemacht (Figur dort hinten am Pfeiler), dessen Gedenktag wir gerade Freitag gefeiert haben: er wollte die Moslems in Afrika bekehren - wird krank, muss zurück - sieht seinen Plan misslungen und trifft Franziskus und wird zum größten Prediger aller Zeiten, an dessem Grab noch heute Wunder geschehen - schon mal was verloren? Ihn um Fürsprache bitten - sie finden es wieder!
Gott baut auf uns. Ich erfahre das auch immer wieder im Beichtgespräch. Gott kennt meine Fehler - aber er vergibt mir voll und ganz - und er erfüllt mich neu mit seiner Gnade und erwählt mich. Er gibt mir meinen Wert; nicht die immer unzulängliche Arbeit, nicht die undankbaren Familienmitglieder oder tratschenden Nachbarn.

Und Gott sendet mich. Nach der Beichte kann ich erfüllt mit seiner Gnade wieder frisch ans Werk gehen, ich bin nicht mehr vorbelastet mit meiner Schuld, sondern mit seiner Kraft ausgestattet vermag ich auf andere zuzugehen. Und auch das steht in den heutigen Lesungen. "Unter allen Völkern" werdet ihr "mein besonderes Eigentum sein", das Gott unter diesen Völkern bekannt macht. Das Volk Gottes hat keinen Selbstzweck. "Wir rühmen uns Gottes" sagt Paulus im gehörten Brief an die Römer. Wir halten damit nicht hinter dem Berg - wir posaunen es heraus indem wir den anderen verkünden "Das Himmelreich ist nahe" wie Jesus es uns im Evangelium aufgetragen hat. Wobei es nicht nur bei Worten bleiben darf: "Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus." Es gibt soviele Aussätzige, die ausgegrenzt sind in unserer Gesellschaft: der Hauptschüler, der keine Lehrstelle findet, der Nachbar, der aus irgendeinen Grund schwierig ist und mit dem niemand Kontakt hat, das Mädchen, deren Familie sich die Klassenfahrt nicht leisten kann. Und so manch einer ist von einem Dämon besessen: dem Alkohol verfallen, der Gier nach immer mehr Geld oder Einfluss.
Jesus ruft auch uns zu: Heilt diese Menschen - ich habe mich um Euch gekümmert und ich habe Euch auserwählt und befähigt, und nun stellt dieses Licht der Welt nicht unter den Scheffel sondern haltet es den Menschen hin. Und wenn Du auch das letzte Spiel verloren hast, und zwei Gegentore kassiert hast. Jetzt aber!

3. Predigtvorschlag

Es war vor ca. zwei Jahren. Ich war zu Besuch in Köln. Um in die Innenstadt zu kommen, musste ich die U-Bahn nehmen. Da Abteil war voll. Ich musste stehen. Nach einer Station kam ein junger Mann auf mich zu. Er war ca. 25 Jahre alt und machte einen abgerissenen Eindruck. Ein Obdachloser wahrscheinlich. Zumindest ein echter Sozialfall. "Has'te mal ne Mark?" ... hörte ich den Fremden in meinem inneren Ohr schon sagen. Aber es kam anders... Es entspann sich ein überraschender Dialog

"Sind Sie Pastor?"
"Nein, Kaplan. Aber ich bin ein römisch-katholischer Priester, wenn Sie das meinen."
"Ja. Ich habe eine Bitte..."
"Die wäre?"
"Könnten Sie mich segnen?"
"Jetzt?"
"Jetzt!"
"Der Herr sei mit Dir."
"Und mit Deinem Geiste."
"Der segne und behüte Dich, er lasse sein Angesicht über Dir leuchten und sei Dir gnädig. Er wende Dir sein Angesicht zu und schenke Dir sein Heil. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Hl. Geistes."

Diese Szene zog die Aufmerksamkeit vieler im dichtbesetzten Bahnabteil auf sich, zumal ich zugegebenermaßen nicht sonderlich leise die Segensworte gesprochen hatte.
Kaum war ich mit dem Segen zu Ende, verneigte sich der Fremde vor mir und sprang aus der Tür, die sich gerade an einer neuen Station öffnete. Ich verlor ihn aus den Augen.

Liebe Schwestern und Brüder!
Ich bin der festen Überzeugung, dass der junge Mann wirklich gesegnet werden wollte. Das war ihm ernst. Kein Witz.

Einen Segen wollte er haben.
Auch hier, in meiner Gemeinde, werde ich des öfteren gebeten, einen Segen zu spenden. Wenn auch weniger spektakulär.

Und so habe ich schon Menschen, Tiere, Autos, Wohnungen, Ställe und diverse Andachtsgegenstände gesegnet.

Ein Segen - Was ist das eigentlich?
Das Lied aus dem Gotteslob, das wir heute eingeübt haben, kann uns mit seiner ersten Strophe helfen, eine Klärung zu finden.

Komm, Herr, segne uns.
Der Segen geht immer von Gott bzw. von Christus aus. Segnen heißt jemand etwas Gutes zusagen, bene-dicere heißt das auf Latein. Gott sagt uns im Segen das Gute schlechthin zu: Heil, Schutz, Fülle des Lebens.

Komm, Herr, segne uns, dass wir uns nicht trennen.
Wer einen Segen wünscht, wünscht sich Gemeinschaft mit Gott. Er will sich an IHM festmachen.
Wer einen Segen wünscht, bekennt, dass er auf Gott angewiesen ist.
Wer einen Segen wünscht, will, dass alles, was das Leben ausmacht, von Gottes Augen gnädig angeschaut werden soll.

Segnungen sind Zeichenhandlungen. Sie sollen das Leben der einzelnen und der menschlichen Gemeinschaft in seinen verschiedenen Phasen und Bereich aus dem Glauben deuten und gestalten.

Komm, Herr, segne uns, dass wir uns nicht trennen, sondern überall uns zu Dir bekennen.
Die Antwort des Menschen auf Gottes Segen ist der Lobpreis und der Dank.
Als Christ lieben wir die von Gott geschaffenen Dinge: Von ihm empfängt er sie und schätz sie als Gaben aus seiner Hand. Mit dem Segen dankt der Mensch Gott und verspricht, die Schöpfung in seinem Sinne zu gestalten. So helfen die Segnungen, die Augen auf Gott zu richten.

Nie sind wir allein. Stets sind wir die Deinen. Lachen oder Weinen wird gesegnet sein.
Der Gesegnete weiß sich und sein Leben in allen Facetten getragen von der Liebe Gottes.
Der Gesegnete erwartet alles von Gott, ohne die Hände in den Schoß zu legen. Er ist sich seiner Verantwortung in der Welt und vor Gott bewusst.
Ein Segen gibt Halt und Hoffnung. Ein Segen macht und Mut und gibt Kraft.

Liebe Schwestern und Brüder!
Der Segen setzt den Glauben -zumindest beim Spender- voraus, wenn er wirksam sein soll. Ein Segen ist deshalb kein Zauberspruch oder eine magische Formel, sondern zeichenhafter Glaubensvollzug.

Nicht nur Geistliche segnen. Auch die Gläubigen sind aufgerufen, zu segnen. Z. B. die Eltern ihre Kinder. Jedes Kreuzzeichen am Beginn des Tages oder einer Arbeit ist ein Segen.

Wir werden nun ein Orgelstück hören. Vielleicht können Sie währenddessen darüber nachdenken, wo sie einmal gesegnet worden sind, wofür Sie selbst Segen erbitten, wo Sie selbst segnen könnten...

4. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder,

sowohl der Prophet, von dem wir in der Lesung gehört haben, als auch die Jünger im Evangelium sehen sich mit der Situation der Verfolgung konfrontiert. Sie werden beide hart bedrängt - von den ersten Jüngern Jesu wissen wir, dass sie zu hunderten ihr Leben lassen mussten, weil sie sich zu Jesus Christus bekannt haben - und nicht zum römischen Kaiser als ihren Gott.

Nach den Zeiten der Verfolgungen im römischen Reich waren alle Christen, aber auch die anderen Römer, heilfroh, als dies endlich vorbei war. Der römische Staat wurde christlich, und in wenigen Jahren war die Kirche und der Glaube nicht nur etabliert, sondern auch mit dem Staat verschmolzen. Nur weniger Jahrzehnte nach der letzten Verfolgung war es sogar der Kaiser, der ein Konzil einberief und es leitet. So eine enge Identifikation zwischen Kirche und Staat hat es seitdem kaum mehr gegeben.

Allerdings, so muss man es heute sehen, war das keine rundum gute Sache. In vielen Bereichen verwässerte die Botschaft der Kirche, weil sie zu sehr politisch wurde. Die Sprengkraft des Glaubens begann zu schwinden. Eine kleine Glaubensgemeinschaft kann an ihre Mitglieder hohe Ansprüche stellen. Ein Staat muss der weitaus toleranter sein. Letztlich war die Zeit nach der Verfolgung eine Zeit schwindender Leuchtkraft der Kirche.

Liebe Schwestern und Brüder, die Zeit der letzten Verfolgung der Kirche im Nationalsozialismus liegt hinter uns. Viele Christen haben damals ihr Leben auf's Spiel gesetzt, viele haben ihr Leben verloren. Und alle waren heilfroh, als diese Zeit endlich ihr Ende fand. In den 50-er Jahren boomte die Kirche in beispielsloser Weise, die Kirchen waren voll, die katholischen Vereine konnten ihre Mitglieder kaum fassen. Sogar die politischen Parteien nahmen sich der Kirche an, einige Parteien sogar das C für christlich in ihren Namen auf, der Staat treibt bis heute für die Kirche deren Mitgliedsbeiträge ein.

Vielleicht ist der Vergleich über zwei Jahrtausende hinweg etwas gewagt. Verfolgung - und Versöhnung. Immerhin handelte es sich im 3. Reich um eine Juden-, und keine Christenverfolgung. Auch noch andere Unterschiede fallen mir ein.

Aber was damals galt, scheint auch heute zu gelten: In der Zeit der Versöhnung, nach der Verfolgung, sind die Menschen harmoniebedürftig. Und dabei geht dann leicht das verloren, was zur Ausbreitung des Glaubens geführt hat: Die Begeisterung für das Wagnis.

Unser Glaube ist anscheinend kein Wagnis mehr. Zumindest hier in unseren Breiten. In fernen Ländern sieht das allerdings ganz anders aus. Uns geht es gut.
Aber - vielleicht liegt das auch daran, dass wir nichts mehr wagen? Dass es in unserer Gesellschaft für Christen genug zu wagen gibt, brauche ich ihnen, nehme ich an, nicht einzeln darzulegen. Vom Einsatz für die Armen, Kriminellen, für das Ungeborene Leben, - über die Todesstrafe, das Klonen von Menschen, das Herstellen von Embryonen zu medizinischen Zwecken, die Pläne zum kontrollierten Tod für alte und kranke Menschen - bis hin zur Sorge für vereinsamte Menschen, für die vergessenen Alten, den Hoffnungslosen, den gescheiterten Ehen und misshandelten Kindern.

Was sind wir bereit, zu wagen? Sind wir bereit, alles aufs Spiel zu setzen? Hab und Gut? Ehre, Ansehen, gesellschaftliche Stellung? Unser Leben?

«Fürchtet euch nicht!» heißt es im Evangelium, und so hat auch der Prophet im AT geschrieben. Fürchtet Euch nicht! Gott ist auf unserer Seite. Er hat der Welt die Rettung versprochen, aber nicht ohne die Kirche. Und die Kirche sind wir, die wir hier sitzen.

Heute meinen vielen, Gott habe uns seine Güte magisch zugesagt, die uns sozusagen zu Arbeitslosen mit vollem Lohnausgleich macht. Nein: Er hat mit unserer Mitarbeit gerechnet.

Bin ich denn der Hüter meines Bruders? Ja das bin ich. Amen.

Fürbitten