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Predigtvorschläge - 24. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr A)
1. Predigtvorschlag

von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2006)

Mein Sohn, Deine Sünden sind Dir vergeben.

Liebe Schwestern und Brüder,
das ist das eigentliche Wunder in der Heilungserzählung, die wir im Evangelium gehört haben.

Die Heilung des Leibes kommt erst nachher. Wesentlich scheint für Jesus die Heilung der Seele zu sein, die Vergebung der Sünden.

Ich glaube an die Vergebung der Sünden. So bekennen wir.
Gott vergibt die Schuld. Das glauben wir.

Aber manchmal kommen in mir Zweifel auf.
Gerade wenn ich im Beichtstuhl sitze.
Wenn wir als katholische Christen an die Vergebung der Sünden glauben, warum nimmt dann kaum jemand mehr das Sakrament der Vergebung wahr?
Warum sitzen Pastor Stücker und ich im Beichtstuhl und warten häufig so lange vergeblich, daß jemand kommt?
Viele sind es nämlich nicht gerade, die kommen. Meistens ein vielleicht mal zwei. Häufig niemand.

Die geringe Zahl derjenigen, die zur Beichte kommen, ist nicht gerade ein flammendes Zeugnis der Kirchhellener Bevölkerung für ihren Glauben an die Vergebung der Sünden.

Gut, vor Weihnachten kamen ein wenig mehr Menschen. Aber auch deren Anzahl war so gering, daß man meinen könnte: Die Katholiken in Kirchhellen sündigen nicht. Und mit Verlaub, das glaube ich wiederum nicht.
Vielleicht gehen die ja woanders beichten, versuche ich mich manchmal zu trösten. Aber weder die Nachbarpfarrer noch die Pater vom Jugendkloster berichten von Schlangen vor ihren Beichtzimmern.
Es bleibt dabei: Hier wird wenig gebeichtet. Warum ist das so?

Sicherlich, es hat schwere Fehler in der Beichtpraxis gegeben. ältere Menschen erzählen von Druck, Angst, Zwang, Herzlosigkeiten.

Mich haben andere Erfahrungen geprägt: Wenn ich an meinen Beichtunterricht zurückdenke, und der ist nun auch schon fünfundzwanzig Jahre her, da war nichts zu spüren von Angstmacherei usw.
Natürlich kostete mir die Beichte im Anfang Überwindung, aber letztlich war es immer ein sehr tröstendes und schönes Erlebnis für mich.

Und die Kommunionkinder in dieser Gemeinde haben vor Weihnachten zumindest ähnlich positive Erfahrungen gemacht. Ebenso die Firmlinge vor der Firmung.

Jedenfalls meine ich das erkennen zu können in den Gesichtern der Kinder, die zum erstenmal beichten.
Da wird im Beichtstuhl auch schon mal gelacht.
Ab und zu kommen dann Eltern und erzählen, wie schön die Erfahrung der Beichte für die Kinder war.

Und spätestens da frage ich mich dann: Warum kommen dann so wenige aus dieser Elterngeneration zur Beichte, wenn das doch so gut zu gehen scheint?
Brauchen denn bloß noch Kinder die Vergebung der Sünden?

Nein, wir haben sie alle nötig. Bitter nötig. Ich auch. Darum gehe ja auch ich als Priester beichten. Regelmäßig.

Und seit meiner ersten Beichte habe ich noch nie erlebt, daß ein Beichtvater mich – entschuldigen Sie das Wort - abgesaut hat.
Im Gegenteil. Vielfach hat mich der Zuspruch des Priester aufgebaut.
Und aufgebaut hat mich auch immer die Gewißheit, daß Gott mir vergeben hat.
So war, so ist jede Beichte für mich ein Neuanfang, ein neues Aufleben.

„Was soll ich denn beichten? Ich hab doch gar keinen umgebracht.“, sagen viele.
Abgesehen davon, daß man einen Menschen nicht nur mit Messer oder Pistole, sondern auch mit der Zunge oder im Gedanken umbringen kann,
geht es darum, die kleinen Lieblosigkeiten, die kleinen Vergehen gegen Gott, gegen den Nächsten und gegen sich selbst vor Gott zu tragen, damit er sie heilt, er sie vergibt.

Es geht in der Beichte eben auch darum, die kleinen Risse in der Staumauer auszubessern, damit sie nicht weiter aufreißen und irgendwann die Mauer dem Druck der Wassermassen nicht mehr standhalten kann und zusammenbricht.
Es geht darum sozusagen das Dach unserer Seele vom Schnee der Unaufmerksamkeiten und Lieblosigkeiten zu befreien, damit es nicht einstürzt.

Die Beichte hilft so, aufmerksam zu bleiben, damit in mir irgendwann nicht doch der Damm bricht und dann tatsächlich jemanden umbringe. Auch wenn wir es nicht gerne hören: Jeder und jede von uns ist eigentlich zu allem fähig.
Es gibt tiefe Abgründe im Menschen, in mir. Und daß diese mich nicht verschlingen, dazu hilft mir das regelmäßige Bekenntnis dieser meiner Abgründe.

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt.

In der Beichte lerne ich mich besser kennen,
kann ich lernen, auch mit meinen dunklen Seiten umzugehen,
werden meine dunklen Seiten verwandelt durch die Vergebung Gottes.
In der Beichte erfahre ich: Gott schenkt mir einen neuen Anfang, ein neues Leben.
Letztlich höre ich Jesus zu mir sprechen: Mein Sohn meine Tochter, Deine Sünden sind Dir vergeben.

Wie gesagt: Jesus geht es im Evangelium zuerst um die Heilung der Seele, dann um die Gesundung des Körpers.

Der Gelähmte im Evangelium kann wieder laufen, nachdem Jesus ihm zuerst die Sündenvergebung zugesprochen hat.

Ich stelle immer wieder fest – egal ob ich Beichte höre oder selber beichte – dass die Absolutionsformel „Und so spreche ich Dich los von Deinen Sünden“ oft innerlich Gelähmten wieder neuen Schwung verleiht,
dass die Beichte zurecht immer öfter das Sakrament der Freude genannt wird.

Sicherlich, den Weg in den Beichtstuhl zu finden, kostet Überwindung. Aber was nehmen wir Menschen nicht oft für Opfer auf uns, um unseren Körper zu stählen, ihn gesund zu halten. Sollte unsere Seele etwa zu kurz kommen?

Mein Sohn, Deine Sünden sind Dir vergeben.
Dieses Wort Jesu wartet auf Sie und auf mich. Amen.

Übrigens an jedem Samstag von 16.00 – 16.45 Uhr besteht hier in der Kirche Gelegenheit zur Beichte. Sie können auch uns Pastöre gerne um einen anderen Termin ansprechen.

2. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2005)

Im heutigen Evangelium geht es um die Frage, was ich tun soll, wenn mir Unrecht zugefügt wird. Petrus kennt anscheinend einen Menschen, der ihm ständig auf die Nerven geht, und so fragt er, wie oft er ihm vergeben soll; anders gesagt: wann das Maß des Vergebens voll ist. Jesus antwortet: Das Maß ist nie voll. Wir sollen immer bereit sein, von Herzen zu vergeben.

Um zu verstehen, was damit gemeint ist, möchte ich zuerst zwei Anwendungsfälle unterscheiden. Der erste und einfachere Fall ist dann gegeben, wenn der andere mich um Vergebung bittet. Im zweiten Fall tut er es nicht und sieht vielleicht noch nicht einmal sein Unrecht selbst ein. Bleiben wir zunächst beim ersten Fall. Nehmen wir ein Kind, das seine Eltern immer wieder anlügt, oder einen Arbeitskollegen, der immer wieder zu spät kommt und mir dadurch Schwierigkeiten macht. Beide sagen vielleicht jedesmal: „Es tut mir leid. Soll nicht wieder vorkommen.“ Aber kann ich das wirklich glauben? Muß ich nicht irgendwann urteilen: „Also jetzt ist der Bart aber ab. Jetzt reicht’s endgültig!“ ? –

Es gibt viele Menschen, die in solchen Fällen die Vergebung verweigern. Sie brechen dann die Beziehung ab und reden vielleicht kein Wort mehr miteinander. Jesus sagt uns aber, daß wir so nicht handeln dürfen, denn wir selber verhalten uns ja genauso unserem Gott gegenüber: Wir kommen nicht nur zu spät zum Gottesdienst, sondern gehen erst gar nicht hin; wir gestatten uns immer wieder Ausnahmen von seinen Geboten und meinen leichthin: Das wird er mir leicht vergeben. Aber wir irren uns: Die Schuld, die wir vor Gott haben, wiegt im Vergleich zu der Schuld, in der andere Menschen uns gegenüber stehen, wie 10.000 Talente zu 100 Denaren, d.h. sie ist eine Million mal größer. „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“ – beten wir jeden Tag, und so sollten wir auch handeln. „Denn nach dem Maß, mit dem ihr meßt, wird auch euch zugemessen werden.“ (Lk 6,38) Wenn uns jemand also um Vergebung für ein Unrecht bittet, dürfen wir die Bitte nicht zurückweisen, auch wenn es uns schwerfällt.

Anders und viel schwieriger ist es freilich, wenn uns der andere gar nicht um Vergebung bittet. Z.B. wenn mein Chef seine Macht mir gegenüber ungerecht ausnutzt – einfach so. Kann ich ihn dann noch lieben, kann ich ihm gegenüber loyal bleiben und das Unrecht vergessen? Oder wie ist es mit meinem Nachbarn, der nicht aufhört, schlecht über mich zu reden? Muß ich da nicht mit denselben Waffen zurückschlagen? Oder wie ist es mit meinen Arbeitskollegen, die mich schneiden, über mich herziehen und mir das Leben schwer machen? Habe ich da nicht Grund, gegen sie Groll zu hegen und sie vielleicht sogar zu hassen? – Unser Sinn für Gerechtigkeit empört sich gegen das Unrecht. Wie sollen wir da vergeben?

Ich selbst gebe zu, daß ich manchmal Genugtuung bei dem Gedanken finde, daß böse Menschen, deren Taten ich ohnmächtig gegenüberstehe, einst die gerechte Strafe dafür erhalten. Ich denke sogar, daß solche Gedanken vielleicht unvollkommen, aber noch nicht unbedingt schlecht sind, da ja Gott die Gerechtigkeit nicht weniger liebt und fordert als die Barmherzigkeit. In diesem Zusammenhang schreibt der Apostel Paulus: „Rächt euch nicht selber, liebe Brüder, sondern laßt Raum für den Zorn Gottes; denn in der Schrift steht: Mein ist die Rache, ich werde vergelten, spricht der Herr. Vielmehr: Wenn dein Feind Hunger hat, gib ihm zu essen, wenn er Durst hat, gib ihm zu trinken; tust du das, dann sammelst du glühende Kohlen auf sein Haupt.“ (Röm 12,19f) Das heißt: Wir dürfen Gottes Gericht nicht vorgreifen, denn jeder Mensch kann sich noch zum Guten ändern, und wir Christen sind verpflichtet, diese Möglichkeit immer offenzuhalten und sie in keinem Fall zu verhindern, indem wir uns weigern, den ersten Schritt auf den anderen hin zu machen. Wenn Gott keinen Menschen vor seinem Tode abgeschrieben hat, so dürfen wir es erst recht nicht tun.

In einem neueren Lied heißt: „In die Schuld der Welt hast du uns gestellt, um vergebend zu ertragen, daß man uns verlacht, uns zu Feinden macht, dich und deine Kraft verneint.“ Solche Vergebung ist schwer, ich würde sogar sagen, ohne die Hilfe des Heiligen Geistes, der uns zur Vergebung antreibt, unmöglich. Wir sind schwach und schaffen es nicht immer, so zu denken und zu handeln, wie Gott von uns verlangt. Darum müssen wir um neue Kraft beten, wie es im Lied darum auch immer wieder heißt:

„Herr, wir bitten, komm und segne uns, lege auf uns deinen Frieden. Segnend halte Hände über uns, rühr uns an mit deiner Kraft.“

3. Predigtvorschlag

Es ist Samstag. Am Nachmittag. Ich sitze im Beichtstuhl.
Als ich in der Bibel lese, stoße ich auf folgende Stelle aus dem Evangelium:
In jener Zeit trat Petrus zu Jesus und fragte:
"Herr, wie oft muß ich meinem Bruder vergeben, wenn er sich gegen mich versündigt? Siebenmal?"
Jesus sagte zu ihm:
"Nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal!"

Petrus wird wohl ganz schön geschockt gewesen sein. Da dünkt er sich schon sehr großmütig mit seinem siebenmaligen Vergeben; doch der Herr belehrt ihn: Nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal.

Siebenundsiebzigmal. Das heißt: immer und immer wieder!

Wir sollen ständig bereit sein, jedem Menschen immer zu vergeben.
Immer vergeben. Das ist schwer. Das vermag man nur mit Gottes Hilfe.
Wir können anderen nur vergeben, weil wir wissen, daß Gott uns vergibt, wenn wir bereuen. Und zwar immer.

Ich glaube an die Vergebung der Sünden. So bekennen wir.
Gott vergibt die Schuld. Das glauben wir.

Aber plötzlich kommen in mir Zweifel auf.
Wenn wir als katholische Christen an die Vergebung der Sünden glauben, warum nimmt dann kaum jemand mehr das Sakrament der Vergebung wahr?
Warum sitze ich im Beichtstuhl und warte häufig so lange vergeblich, daß jemand kommt?
Viele sind es nämlich nicht gerade, die kommen. Meistens ein bis zwei.

Die geringe Zahl derjenigen, die zur Beichte kommen, ist nicht gerade ein flammendes Zeugnis der Eper Bevölkerung für ihren Glauben an die Vergebung der Sünden.
Gut, vor Hochfesten kommen mehr Menschen. Aber auch deren Anzahl ist so gering, daß man meinen könnte: Die Katholiken in Epe sündigen nicht. Und mit Verlaub, das glaube ich wiederum nicht.

Vielleicht gehen die ja woanders beichten, versuche ich mich manchmal zu trösten. Aber weder die Nachbarpfarrer noch die Pater von der Bardel berichten von Schlangen vor ihren Beichtzimmern.
Es bleibt dabei: Hier wird wenig gebeichtet. Warum ist das so?

Sicherlich, es hat schwere Fehler in der Beichtpraxis gegeben. ältere Menschen erzählen von Druck, Angst, Zwang, Herzlosigkeiten.

Aber diese Zeiten sind doch wohl mittlerweile vorbei. Wenn ich an meinen Beichtunterricht zurückdenke, und der ist nun auch schon zwanzig Jahre her, da war nichts zu spüren von Angstmacherei usw.
Natürlich kostete mir die Beichte im Anfang etwas Überwindung, aber letztlich war es immer ein sehr tröstendes und schönes Erlebnis für mich.

Und die Kinder in dieser Gemeinde machen ähnlich positive Erfahrungen.
Jedenfalls meine ich das erkennen zu können in den Gesichtern der Kinder, die zum erstenmal beichten.
Da wird im Beichtstuhl auch schon mal gelacht.
Ab und zu kommen dann Eltern und erzählen, wie schön die Erfahrung der Beichte für die Kinder war.

Und spätestens da frage ich mich dann: Warum kommen dann so wenige aus dieser Elterngeneration zur Beichte, wenn das doch so gut zu gehen scheint?
Brauchen denn bloß noch Kinder die Vergebung der Sünden?

Nein, wir haben sie alle nötig. Bitter nötig. Ich auch. Darum gehe ja auch ich als Priester beichten. Regelmäßig.
Und seit meiner ersten Beichte habe ich noch nir erlebt, daß ein Beichtvater mich abgesaut hat.
Im Gegenteil. Vielfach hat mich der Zuspruch des Priester aufgebaut.
Und Aufgebaut hat mich auch immer die Gewißheit, daß Gott mit vergeben hat.
So war, so ist jede Beichte für mich ein Neuanfang, ein neues Aufleben.

"Was soll ich denn beichten? Ich hab doch gar keinen umgebracht.", sagen viele.
Abgesehen davon, daß man einen Menschen nicht nur mit Messer oder Pistole, sondern auch mit der Zunge oder im Gedanken umbringen kann,
geht es darum, die kleinen Lieblosigkeiten, die kleinen Vergehen gegen Gott, gegen den Nächsten und gegen sich selbst vor Gott zu tragen, damit er sie heilt, er sie vergibt.

Es geht in der Beichte eben auch darum, die kleinen Risse in der Staumauer auszubessern, damit sie nicht weiter aufreißen und irgendwann die Mauer dem Druck der Wassermassen nicht mehr standhalten kann und zusammenbricht.
Die Beichte hilft so, aufmerksam zu bleiben, damit in mir irgendwann nicht doch der Damm bricht und dann tatsächlich jemanden umbringe.

Es gibt tiefe Abgründe im Menschen, in mir. Und daß diese mich nicht verschlingen, dazu hilft mir das regelmäßige Bekenntnis dieser meiner Abgründe.

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt.

In der Beichte lerne ich mich besser kennen,
kann ich lernen auch mit meinen dunklen Seiten umzugehen,
werden meine dunklen Seiten verwandelt durch die Vergebung Gottes.
In der Beichte erfahre ich: Gott schenkt mir einen neuen Anfang, ein neues Leben.

Es läutet. Gleich beginnt die Hl. Messe. Ich muß den Beichtstuhl verlassen.
Ich schließe die Beichtstuhltür und danke Gott für das Geschenk der Beichte, der Vergebung der Sünden.

Und ich hoffe, daß beim nächsten Mal mehr Menschen dieses Geschenk annehmen.

4. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Petrus ist ordentlich genervt. Er hat es satt, immer wieder von Jesus aufgefordert zu werden, seinen Brüdern (damit sind wohl vor allem auch die Pharisäer gemeint) zu vergeben. Die Frage, die er stellt, ist keine Bitte um Information, sie ist Ausdruck seiner Ungeduld: «Wie oft, Jesus, muss ich eigentlich noch vergeben? Hab ich nicht langsam mein Soll erfüllt? Ich hab den lästigen Pharisäern heute schon siebenmal ihre Unverschämtheiten verziehen. Kann ich jetzt vielleicht endlich mal zurück schimpfen?»

Aber Jesus, der seinen Petrus schon mag, lässt sich in dieser Frage nicht erweichen: «Siebenmal? Siebenundsiebzigmal sollst du verzeihen!» In der Version, die Lukas aufgeschrieben hat, stöhnen die Jünger daraufhin entsetzt: «Siebenundsiebzigmal?! Oh Herr, stärke unseren Glauben!»

Und das tut Jesus. Indem er ihnen aufzeigt, wie es mit ihnen selber aussieht. Indem er ihnen das Gleichnis erzählt, das wir gerade gehört haben. Das Fazit ist: Wir sollen nicht nur einfach vergeben, barmherzig sein und Gutes tun, weil das so schön werbewirksam für die Christen wäre (nach dem Motto: «Wir Christen - barmherzig, praktisch, gut.»), sondern weil wir selbst erkannt haben, dass wir Sünder sind - immer wieder, jeden Tag neu, - und dass Gott uns trotzdem immer wieder vergibt und darin nie die Geduld mit uns verliert.

Naja - vielleicht hapert's da schon. Beim Petrus und auch bei uns. Ein Jugendlicher hat mir nach einer Sonntagsmesse einmal gesagt, dass mit dem Schuldbekenntnis und dem dreimal «durch meine Schuld» und so - dass passe nicht in sein Gottesbild. Und ein anderer sagte mir, als er zu Beginn einer Messe von mir gehört hatte, dass «Wir alle schließlich auch Sünder» sind, habe er den Gottesdienst wieder verlassen. So könne er den Sonntag nicht feiern. Noch jemand anders hat mir deutlich gemacht, dass das Gebet vor der Kommunion «Herr, ich bin nicht würdig» doch wohl völlig unpassend wäre angesichts der Güte Gottes.

Es tut mir leid, aber in dem Augenblick, indem wir - um der Güte Gottes willen - so tun, als ob wir frei von Fehlern, frei von Schuld wären - oder sie zumindest verschweigen; indem wir so tun, als wenn wir einen Anspruch auf die Güte Gottes hätten, in dem Augenblick haben wir die Güte und Liebe Gottes zerstört - nicht vergrößert. Es gehört zum Wesen der Liebe, dass wir darauf keinen Anspruch haben können, dass sie immer unverdient bleibt.
Eine Ehe zerbricht genau dann, wenn sich die Ehepartner nicht mehr in dem Bewusstsein begegnen, dass beide von ihnen die Liebe des anderen nicht verdient haben. Eine Familie gerät in eine arge Krise, wenn die Eltern oder die Kinder die Liebe des anderen einfordern.

Das wahre Eingeständnis einer Liebe beginnt immer mit dem Eingeständnis, dass man sich bewusst ist, diese Liebe nicht verdient zu haben.

Ein hervorragendes Beispiel: Ein Liebeslied der Gruppe PUR. «Ich hab gut und gerne 5 Kilo Übergewicht, ein krummes Ding namens Nase ziert mein Gesicht. Und wie ich an 'ne Frau wie dich komm, weiß ich nicht.»

Erst wenn wir uns realistisch selbst eingestehen, wie es um uns steht - ja, wenn wir es hier im Gottesdienst sogar öffentlich auszusprechen wagen, vor einander, dass wir nicht die großen Vorbilder sind, können wir das erleben und erfahren, was es bedeutet, dass Gott uns immer wieder neu liebt, geduldig und nie nachlassend. Und erst dann - wirklich, erst dann (!) können wir die Kraft und die Freude aufbringen, ohne Groll anderen zu verzeihen. Siebenmal. Siebenundsiebzigmal. Mindestens.

5. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Seien wir einmal ehrlich: Den dummen Verwalter im heutigen Evangelium können wir nicht wirklich verstehen. Wir sind, alles in allem genommen, doch gerne bereit, zu verzeihen und zu vergeben.
Zugegeben, es gibt ein paar Reizthemen und Reizpunkte, da fahren wir schon einmal schnell aus der Haut und geben nicht so leicht nach. Das kommt vor. Aber wenn der Betreffende uns anständig bittet, reumütig und ganz lieb, und ein wenig Geduld hat, dann werden wir den Teufel tun und hart bleiben!

Das Problem, liebe Schwestern und Brüder, liegt anscheinend eher in der umgekehrten Haltung: Wer bittet schon gerne um Verzeihung? Wer kommt schon gerne reumütig an - und ist dann auch noch bereit, für eine Wort der Vergebung sich eine Gardinenpredigt anzuhören? Es reicht doch oft, einfach etwas abzuwarten, irgendwann wächst dann doch Gras über die Sache.
Ja, wenn wir es uns einmal genau ansehen (bei Kindern lässt sich das gut beobachten): Wenn ich entdecke, dass ich einen Fehler gemacht habe, einem mehr oder weniger guten Bekannten wirklich Unrecht getan habe und ihn darüber hinaus wirklich innerlich verletzt habe - dann gehe ich eben nicht hin und bitte um Verzeihung, sondern gehe dem aus den Weg. Dem, der gar nichts dafür kann und der eigentlich ein Opfer meiner Unbeherrschtheit ist, meide ich. Ich möchte mich nicht an meinen Fehltritt erinnern lassen. Ich kann ihm nicht mehr in die Augen sehen - und blicke deshalb weg. Ja, innerlich bauen sich dann Rechtfertigungsstrategien auf: «Der hat mich doch provoziert; der guckt so komisch, der würde mir nie verzeihen; will der denn, dass ich mich erniedrige? Glaubt der denn, ich bin auf ihn angewiesen? Ich kann doch auch gut ohne ihn leben!»

Und genauso behandeln wir Gott: Wir wissen genau, dass wir nicht das Verhältnis zu Gott haben, das er zu uns hat. Wir wissen genau, dass wir ihm nicht gerecht werden und eigentlich nicht würdig sind, seine Kinder zu sein. Aber anstatt uns immer wieder neu in seine Arme zu werfen und Vergebung zu empfangen, ärgern wir uns.
Wir ärgern uns, dass wir bereuen sollen, bekennen und uns Sünder nennen sollen. Wir ärgern uns zunächst über uns selbst, dann über Gott und schließlich gehen wir ihm aus den Weg. Besser nicht mehr daran denken, Gras drüber wachsen lassen, die Enttäuschung Gottes wird sich schon legen; der soll mal nicht so sein. Ich komm auch gut ohne ihn aus.

Liebe Schwestern und Brüder, die Taktik "Ich lass da einfach Gras drüber wachsen" ist genauso unchristlich wie die des Nicht-verzeihen-können, von der wir heute im Evangelium gehört haben: Beide lassen es kalt werden zwischen den Menschen - und zwischen mir und Gott. Vielleicht sind auch beide Haltungen nur die zwei Seiten einer Medaille: Es geht um die Weigerung, sich zu versöhnen; Trennung auszuräumen und Vergebung zu feiern. Der Preis ist uns zu hoch.

Und es gibt noch eine andere Verbindung: Nur wer weiß, wie es ist, Schuld erlassen zu bekommen, kann anderen vergeben.

Mit unserer standhaften Weigerung, Gott um Vergebung und Lossprechung zu bitten, berauben wir uns der Erfahrung, die nötig ist, um selbst anderen gegenüber großzügig zu sein. Wer die zunehmende Kälte in unserer Welt überwinden will, kommt nicht an zwei Dingen vorbei: Von Gott Versöhnung zu empfangen - und selbst Vergebung zu schenken.

Das ist das Wunder im Leben der Christen: Obwohl wir von Schuld reden, wo andere ihre Sünden verdrängen, sind wir erfüllt und freudiger. Gott sei Dank!

Amen.

Fürbitten