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Predigtvorschläge - 30. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr A)
1. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2005)

Liebe Gemeinde!

In der Lesung hörten wir gerade einen Text aus dem 1. Thessalonicherbrief. Dieser Brief ist die älteste Urkunde des Neuen Testaments, er führt uns an die ersten Anfänge der christlichen Mission heran, nämlich in das Jahr 50. Paulus hatte in Thessalonich die Botschaft von Jesus Christus verkündet, mußte dann aber abreisen und sandte einige Zeit später seinen Schüler Timotheus dorthin, um zu erfahren, wie es mit dem Glauben der Gemeinde steht.

In der heutigen Lesung blickt Paulus zurück auf die Anfänge der Gemeinde und ruft den Christen dort ins Gedächtnis: „Ihr habt das Wort [Gottes] trotz großer Bedrängnis angenommen. … So wurdet ihr ein Vorbild für alle Gläubigen.“ (1 Thess 1,6f) – Worin bestand ihr Vorbild? Zuerst in der gläubigen Annahme der Predigt des Apostels und dann in der praktischen Umsetzung des Evangeliums.

Die Mitte des Evangeliums ist die Verkündigung der Liebe Gottes. An Gott glauben heißt: in Beziehung zu Gott leben, ihm sein Herz geben, heißt: Gottes Liebe mit dankbarer Gegenliebe beantworten. So versteht sich das erste Hauptgebot wie von selbst: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken.“ Doch zur Gottesliebe gehört untrennbar die Nächstenliebe, wie Jesus unmißverständlich feststellt: „Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Denn die Liebe, die Gott mir geschenkt hat, verpflichtet mich, meinem geringsten Bruder diesen göttlichen Liebeserweis nicht nur zu sagen, sondern, soweit ich es kann, auch zu zeigen. „Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott!, aber seinen Bruder haßt, ist er ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, kann Gott nicht lieben, den er nicht sieht.“ (1 Joh 4,20)

Die ersten Christen haben es als einen der elementarsten Liebesdienste dem Nächsten gegenüber angesehen, ihm den christlichen Glauben zu verkünden und vorzuleben. Damit entsprachen sie natürlich zugleich dem Missionsbefehl Jesu. Am heutigen Missionssonntag ist es sicher besonders angemessen, auch über diesen Aspekt nachzudenken.

Es wird heute oft darüber geklagt, daß der Glaube in Deutschland verdunstet und zu wenig weitergegeben wird. Es fehle die Fähigkeit, über den Glauben zu sprechen. Es ist tatsächlich nicht jedermanns Sache, vor anderen sein Innerstes auszubreiten. Aber zum Glaubenszeugnis gehört oft viel weniger: Schon wer ein Kreuzzeichen macht, bevor er – zum Beispiel im Restaurant – mit dem Essen beginnt, legt Zeugnis für seinen Glauben ab. Wer bei einem Ausflug sich danach erkundigt, wo und wann ein Gottesdienst eingeplant ist, der gibt Zeugnis von seinem Glauben. Wer anregt, eine Kirchenführung mit einem Gebet oder Lied zu beenden, der tut das gleiche. All diese schlichten Dinge sind auf ihre Art wirksam. Oder wollen wir etwa den Ungläubigen in unserem Land das Reden ganz überlassen?

Paulus lobt seine Gemeinde, weil sie vorbildlich gewirkt hat. Noch wichtiger als das gesprochene Wort ist das lebendige Vorbild. Nicht nur die Kinder schauen auf Vorbilder und ahmen sie nach, auch die Erwachsenen. Es lohnt sich, sich einmal zu fragen: Für wen bin ich Vorbild oder kann ich es sein? Was müßte sich bei mir ändern, damit die Menschen an meiner Lebensweise ablesen können, woran ich glaube, woran mein Herz hängt?

An dieser Frage hängt das ganze Leben mitsamt dem Glauben.

2. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder,

die Lesung, die wir vorhin gehört haben, ist nicht sehr hilfreich, finden Sie nicht auch? "Ihr sollt keine Witwen oder Waisen ausnützen!" Das tut doch keiner. Wenn eine Witwe ihr Miete nicht mehr zahlen kann und ich sie vor die Tür setze - dann ist das doch kein Ausnützen, sondernmein gutes Recht. Oder wenn der hiesige Energieversorger einem Fremden den Strom abschaltet, dann hat das nichts mit Fremdfeindlichkeit zu tun oder Ausbeuterei, sondern mit Schulden und Zahlungsfähigkeit.

Es ist nicht hilfreich, das Ausleihen von Geld gegen Wucher zu verbieten. Denn Wuchern tut doch keiner - nur die Preise und Gebühren der Marktsituation anpassen. Und wenn in Krisenzeiten oder Kriegsgebieten das Geld knapp wird, dann kann das schon mal zu erhöhten Zinsen führen. Wucher? Ich doch nicht.

Deshalb - weil mit solchen allgemeinen Geboten (Du sollst nicht lügen! - Naja, Notlügen sind schon okay...) jeder macht, was er will, ist das Judentum konkret geworden: Allein in der Bibel gibt es 248 Gebote und 365 Verbote. Für fast alle Situationen genaue Anweisungen. Da kann sich keiner mehr herausreden. Klare Verhältnisse nennt man so etwas.

Das ärgerliche ist, dass bei einer solchen exakten Regelung die eigentliche Motivation verloren geht. Bei vielen Juden stand die Erfüllung des Gesetzes im Vordergrund - und nicht das, was durch die Gebote gesichert werden soll: Die Gerechtigkeit, der Gottesdienst und die Liebe.

Wir in Deutschland sind mit unserer Bürokratie auf einem gleichen Weg. Dir geht es schlecht, Du brauchst Hilfe? Dafür gibt es doch Ämter, Anträge, Versicherungen, die Caritas und die Bahnhofsmission. Obwohl die sozialen Einrichtungen, deren Finanzierung und insgesamt die Sozialleistungen ständig steigen, wird das gesellschaftliche Klima immer Kälter. Wir Deutschen sind auf dem Weg ins Pharisäertum.
Dagegen setzt Jesus wieder auf ein ganz einfaches Gebot (ein Doppelgebot genaugenommen): "Liebt Gott und den Nächsten!" Denn es kommt nicht auf die 613 Gebote an, sondern auf Eure Absicht: Dem anderen zu helfen, weil ich ihn und Gott liebe.

Klar: Ein Rückschritt. Den Fehler hat Gott schon in der Lesung gemacht. Wer sich so allgemein ausdrückt, der wird bewusst oder aus Versehen missverstanden. "Liebe ist, was Arbeitsplätze schafft" - also wird ersteinmal rationalisiert. "Liebe ist, wenn ich etwas gerne tu" - also bleib ich ersteinmal vorm Fernseher sitzen. "Liebe heißt, bei mir selber anfangen" - also gebe ich mein Erspartes ersteinmal für's Fitnessstudio und den Wellnessurlaub aus.

Liebe Schwestern und Brüder, das Doppelgebot der Liebe wäre wirklich ein Rückschritt in die Beliebigkeit, wenn es nicht ein Korrektiv gibt: Gottes Geist. Und der wirkt in den Sakramenten, vor allem in der Eucharistie und in der Beichte. Wer meint, er sei eigentlich ein guter Christ und liebe selbstverständlich seinen Nächsten, der soll mal ruhig beichten gehen. Mal sehen, ob er nachher immer noch der gleichen Meinung ist.

Liebe Schwestern und Brüder, wer sich vor der Beichte drückt, der drückt sich vor der notwendigen Korrektur dessen, was ich unter "Liebe", unter "Opfer", unter "Nächsten" verstehe. Wer sich vor der Anbetung drückt, wer es nicht schafft, eine Stunde allein mit Gott zu sein, der verpasst die notwendige Korrektur dessen, was er unter "Gottesliebe", "Gottesdienst" oder "Gebet" versteht.

"Das Wort, das Dir hilft, kannst Du nicht Dir selber sagen." Wir brauchen dazu die Korrektur durch außen - auch durch die Fremden, die in der Lesung genannt worden sind. Gerade am Tag der Weltmission sollten wir uns eingestehen, dass wir selbst (wie jeder Mensch) immer wieder missioniert werden müssen.

Das Gebot "Du sollst den Herrn, deinen Gott liebe - und deinen Nächsten wie Dich selbst!" ist grundlegend und brauch nicht ersetzt werden durch andere Gebote. Es braucht nur die Lebenspraktische Korrektur durch Gott selbst, der in Eucharistie und Beichte - in den Sakramenten - uns darin unterrichtet, was wirklich Liebe bedeutet.

Amen.

3. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Sind Menschen, die nicht zur Kirche gehen, eigentlich schlechtere Christen?
Vielleicht sind Sie schon einmal so ähnlich gefragt worden. Muss man eigentlich, um ein guter Christ zu sein, zur Kirche gehen? Können Menschen, die nicht zur Kirche gehen, nicht doch auch gute Christen sein?
Die Antwort, die Jesus indirekt auf diese Frage gibt, lautet ganz klar: Nein. Das erste und wichtigste Gebot ist, Gott zu lieben. Wer Gott in der Kirche links liegen lässt, verstößt gegen das Gebot, an dem alles andere hängt. Wir reduzieren das Christentum zwar gerne auf das Gebot der Nächstenliebe. Aber Jesus nicht.

Hätten Sie auch so geantwortet? Oder regt sich jetzt Unbehagen?

Das ist nicht so verwunderlich. Wie soll das denn auch gehen - dass wir Gott lieben? Lieben Sie Gott? So richtig, aus ganzem Herzen, mit ganzer Seele und all Ihren Gedanken? Wie können wir jemanden lieben, den wir nicht sehen, den wir nicht berühren können? Wie können wir jemanden lieben, der so weit über uns steht?
Und ist es nicht wichtiger, menschlich zu bleiben und die Nächstenliebe zu leben?

Gut - eigentlich sollte man die beiden Gebote nicht gegeneinander ausspielen. Immerhin sind wir sind hier im Gottesdienst, um es immer wieder mit der Liebe zu Gott zu versuchen. Aber wenn ein solches Gebot so schwer zu erfüllen ist, dann ist es nicht verwunderlich, wenn wir irgendwann aufgeben; uns nur noch dem zweiten Teil zuwenden.

Damit setzen wir aber Christlichkeit und Menschlichkeit gleich: Dass jemand, der sich für die Notleidenden und vernachlässigten Menschen einsetzt, ein guter Mensch ist, ist unbestritten. Aber ob er deshalb auch schon ein guter Christ ist, egal, wie er seinen Glauben lebt, wage ich zu bezweifeln.

Liebe Schwestern und Brüder, in Wirklichkeit ist das Doppelgebot der Liebe - Gott und den Nächsten zu lieben - ein und dasselbe Gebot. Denn unsere Liebe zu Gott findet ihren Ausdruck in der Nächstenliebe. Gottesliebe und Nächstenliebe sind nicht zwei Gegensätze, die sogar in Konkurrenz geraten können, sondern ein und dieselbe Bewegung - von uns weg. All die Liebe, die Gott uns schenkt, erwidern wir, indem wir den Nächsten lieben; die Zärtlichkeit, die wir Gott geben würden, legen wir in den Umgang mit seinen geliebten Kindern.

Dabei gilt dann ohne Ausnahme: Das eine geht nicht ohne das andere. Es ist uns völlig klar: Wer behauptet, Gott zu lieben, aber den Nächsten verachtet, der kann kein guter Christ sein. Dann gilt aber auch: Wer dem Nächsten Dient, aber Gott seinen Dienst verweigert, der kann auch kein guter Christ sein! Der Dienst am Nächsten ohne Gottesdienst ist wertlos. Wenn unsere Wertschätzung des Nächsten nicht Ausdruck unsere Wertschätzung Gottes ist - dann steckt da nicht mehr hinter als eine Seifenblase, die sehr schnell zerplatzen kann, und schnell kommt wieder der Egoismus zum Durchbruch.

Und wenn wir Katholiken glauben, dass hier, in der Kirche, Gott seine Liebe uns mitteilt - in der Kommunion am deutlichsten - dann können wir nicht daran vorbeigehen, ohne dass wir uns selbst schwächen.

Ein Christ, der die direkte Begegnung mit seiner großen Liebe vermeidet, kann kein besserer Christ sein. Und ich befürchte, dass er irgendwann auch in seiner Menschlichkeit Schaden nimmt.

Amen.

Fürbitten