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Predigtvorschläge - 07. Sonntag der Osterzeit (Lesejahr A)
1. Predigtvorschlag

von Manfred Stücker (erstellt: 2020)

Beten heißt nicht diskutieren

Schon als Kind hat mich die Apostelgeschichte fasziniert. Ich kann mich erinnern, daß im Fernsehen – damals gab es nur drei Sender! – eine Serie lief, in der die Apostelgeschichte als Trickfilm dargestellt wurde. Das war spannend gemacht, und es ist ja auch wirklich spannend, nachzulesen und nachzuempfinden, wie die Anfänge der Kirche waren, wie die Reisen des Apostels Paulus verliefen, wie Streit und Schwierigkeiten, Verfolgungen und wunderbare Ereignisse sich abgespielt haben.

Doch je mehr ich mich mit der Apostelgeschichte beschäftige, desto mehr fällt mir auf, daß von einer Sache ständig die Rede ist, und daß diese Sache das ganze Werk von vorne bis hinten durchzieht und daß ohne dieses eine das Anliegen des Autors, des Evangelisten Lukas, gar nicht verstanden werden kann.

Und dieses eine ist das Gebet.

Als die Apostel für Judas einen Ersatzmann finden müssen, beten sie.

Als Stephanus gesteinigt wurde, betet er.

Als Jakobus hingerichtet war und auch Petrus verhaftet wird, betet die Urgemeinde in Jerusalem.

Als Paulus sich von der Gemeinde in Milet verabschiedet, kniet er nieder und betet mit allen (vgl. Apg 20,36).

Noch viele weitere Beispiele könnten gefunden werden, um zu zeigen: die Apostelgeschichte bezeugt das Gebet als tragende und treibende Aktivität der Urgemeinde.

Die Stelle, die wir gerade gehört haben, ist für diese Sicht zentral: nach der Himmelfahrt des Auferstandenen versammeln sich die Apostel, die Frauen, die Verwandten Jesu und Maria im Abendmahlssaal zum Gebet.

Denn der Heilige Geist, den Jesus ihnen versprochen hatte, er kann nur zu ihnen kommen in der Weise des Gebetes.

So ist die im Abendmahlssaal versammelte und mit Maria vereinte Gemeinde ein Urbild der Kirche. Die Kirche lernt, was sie zu tun hat, durch den Heiligen Geist, der ihr im Gebet geschenkt wird.

Zwei Mißverständnisse müssen ausgeräumt werden, damit deutlich wird, was hier gemeint ist.

Das erste Mißverständnis könnte durch das Wort „einmütig“ ausgelöst werden. „Sie alle verharrten einmütig im Gebet“, heißt es ja (Apg 1,14). – Heißt das, daß sie alle sich gegenseitig nett und sympathisch fanden? Daß sie alle sofort einer Meinung waren? Ich glaube, da hätten wir etwas falsch verstanden. Einmütig zu beten wird hier wohl eher heißen, daß alle sich erst einmal öffnen und zulassen, daß verschiedene Fragen, Sorgen und Nöte da sind. Und vor allem, daß Unterstellungen, Unfriede, Neid und Stolz keinen Platz mehr haben im Abendmahlssaal.

Dann, ein zweites mögliches Mißverständnis: es betrifft das Gebet. Was bedeutet beten? Haben die Apostel und Maria nun neun Tage lang hintereinander das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis aneinandergereiht? – Hier wollen wir nicht eine Karikatur zeichnen, sondern überlegen, warum Lukas das in seiner Apostelgeschichte immer wieder betont und zeigt, wie wichtig das Gebet für die Kirche und für jeden Einzelnen ist:

Das Gebet ist Hören auf Gott. Es meint, still zu werden in seiner Gegenwart. Es bedeutet, danach zu fragen, was er von mir will.

Der Abendmahlssaal ist ein Kraftfeld der Gnade Gottes, weil die Apostel und Maria bereit sind, Gottes Stimme in ihrem Inneren Raum zu geben. So richtig es ist, daß Gebet auch heißt, daß wir Gott ansprechen, so kommt doch als Erstes etwas anderes. Zuerst kommt, daß Gott spricht, daß er uns sich offenbart, und um dafür bereit zu sein, braucht es Zeiten und Orte der Stille, der Sammlung, der Einkehr.

Unsere Worte, die wir versuchen zu machen, sind nichts anderes als eine oft so kleine und kümmerliche Antwort auf das große und reiche Wort, das Gott uns schenkt.

Uns allen wünsche ich in dieser Novene vor dem Hohen Pfingstfest, daß uns geschenkt wird, einmütig um das Kommen des Heiligen Geistes zu beten, so wie die Apostel mit Maria es getan haben, so wie es die Kirche zu allen Zeiten getan hat.

2. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2005)

Liebe Gemeinde!

Am letzten Sonntag habe ich über Liebe und Pflicht gesprochen, über die oft fehlende Lust zur Liebe. Heute möchte ich die Trilogie über die drei göttlichen Tugenden abschließen mit Gedanken über den Ewigkeitswert der Liebe.

Am letzten Sonntag habe ich gesagt: Wenn die Liebe schon hier auf Erden eine Lust ist, dann wird sie es im Himmel erst recht sein, und zwar uneingeschränkt. Weil aber die Natur durch die Sünde aus dem Gleichgewicht geraten ist, kommt es oft vor, daß die Liebe mühsam ist und wir nicht gern tun, was wir doch aus Liebe tun möchten oder sollen. Das muß ich jetzt noch ein wenig präziser ausdrücken. Liebe ist nicht dasselbe wie die Lust, auch nicht im Himmel, Liebe hat vielmehr eine gewisse Lust oder Freude zur Folge. Aber diese Lust können wir nicht anzielen, so ähnlich wie wir uns auf ein genußvolles Essen freuen können und nun die Schritte planen, die nötig sind, damit uns die Lust des Essens schließlich zuteil wird. Die Liebe kann niemals ein bloßes Mittel zum Zweck der Luststeigerung sein. Sie ist vielmehr Zweck in sich selbst und nur als solcher überhaupt möglich.

Hier kann uns die Sprache täuschen, denn wir sagen ja auch: „Ich liebe diese Speise und jenen Wein.“ Aber das ist doch etwas anderes, als zu sagen: „Ich liebe diesen Menschen.“ Denn ich liebe den Menschen nicht um des Genusses willen, den er mir verschafft – wenn es so wäre, müßten wir urteilen, daß gar keine echte Liebe vorliegt, sondern nur eine gewisse Attraktion, ein Anreiz, der mir Erfüllung eines Bedürfnisses verspricht. Von personaler Liebe sprechen wir erst, wenn wir den anderen um seiner selbst willen lieben, achten und ehren, nicht weil er ein Gut für mich ist, sondern weil er in sich selbst gut ist. Den Unterschied von beiden Affekten können wir sehr leicht erkennen, wenn wir uns fragen, wie wir jeweils reagieren auf ein Gut-für-mich und auf ein Gut-in-sich: Etwas ist für mich gut, wenn es sich meinen Wünschen und Bedürfnissen anschmiegt und fügt – dann und gerade deshalb liebe ich es. Die Liebe, die sich aber auf den Wert einer Person an sich richtet und diesen anerkennt, bejaht und hochschätzt, hat die umgekehrte Zielrichtung: sie gibt sich selbst an diesen hin, sie nimmt nicht, sondern gibt, macht nicht gefügig, sondern fügt sich, hält nicht fest, sondern läßt sich los, läßt sich nicht bedienen, sondern dient.

Aber gerade wenn sie dies tut, wenn die Liebe sich dienend hingibt, dann erfährt sie eine ungeahnte Freude, die nicht angezielt war und nicht angezielt werden konnte, weil sie gar nicht im Blickfeld war. Die Freude, von der ich spreche, überragt alle natürliche Lust, sie ist selbst kein Werk der Natur, sondern zeugt von der Wirklichkeit Gottes, der uns eben so geschaffen hat, daß wir zur wahren Erfüllung erst kommen, wenn wir aus unserem Egoismus heraustreten, aus der natürlichen Verhaftung an das eigene Ich. „Wer sein Leben zu bewahren sucht, wird es verlieren; wer es dagegen verliert, wird es gewinnen“, sagt Jesus (Lk 17,33). Und von sich selbst stellt er fest: „Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.“ (Mk 10,45)

Daß solche Liebe bis zur Lebenshingabe führt, gehört nicht grundsätzlich zu ihrem Wesen, sondern ist Folge der Sünde. In einer Welt ohne Sünde gibt es keinen Schmerz der Hingabe, sondern nur die unbändige Freude der Hingabe. Was für eine Welt kann das sein? Wenn es sie überhaupt gibt, dann kann es nur die jenseitige Welt sein, die die Bibel „Himmel“ nennt.

Eine Welt ohne Sünde ist eine Welt, in der die Hingabe des einen vom anderen nicht mit Undank belohnt, nicht ausgenutzt oder schnöde zurückgewiesen, sondern mit freudiger Anerkennung und Gegenliebe beantwortet wird. Es ist eine Welt, in der die Liebe des einen die um so größere Liebe des anderen auslöst und so immer weiter bis hin zu unendlicher Steigerung, weil keiner festhalten und für sich allein behalten will, was er vom anderen empfängt. Eine Welt ohne Sünde ist eine Welt ohne Egoismus und ohne die Angst, etwas zu verlieren oder zu verpassen. Das muß uns wie eine Utopie erscheinen: Wie soll das möglich sein? – Und doch sehen wir, daß es ansatzweise diese Welt schon gibt, denn in jeder Liebestat wirft sie ihren leuchtenden Schein in unser Leben hinein.

Wir spüren, daß es ein wirklicher Kampf zwischen zwei Mächten ist, der hier stattfindet: Licht kämpft gegen Finsternis, Liebe gegen Egoismus, Leben gegen den Tod. Und das Merkwürdige ist: Gerade den egoistischen Menschen müßte es ein Anliegen sein, daß die Liebe den Sieg davon trägt, denn sie wollen ja, daß andere sie bedienen. Doch solche gäbe es nicht mehr in einer Welt, in der keiner mehr dienen will, sondern alle nur noch bedient werden wollen; das wäre eine Welt, in der jeder gegen jeden kämpft, eine so schreckliche Welt, daß selbst die Bösen keine Lust am Leben mehr hätten – es wäre die Hölle. Und doch wird kein egoistischer Mensch durch diese Aussicht veranlaßt, sich zu ändern und auf die Seite der Liebe überzuwechseln, vielmehr lediglich denken: „Rette sich, wer kann.“ Aber niemand kann sich selbst retten, weil der Egoismus kein Weg zur Rettung ist, sondern der Weg ins Verderben, gemäß Jesu Wort: „Wer sein Leben zu bewahren sucht, wird es verlieren.“

Rettung ist um keinen geringeren Preis zu erhoffen als den der Liebe. Jeder der liebt, hat dadurch bereits Anteil am Sieg Gottes über das Böse. Jede Liebestat bringt uns dem Himmel und der endgültigen Rettung einen Schritt näher. So gesehen, gibt es in unserem Leben überhaupt nur eine Kategorie von sinnvollen Taten: die Werke der Liebe. Sinnvoll sind nur Liebestaten! Alles andere kann sehr zweckvoll und gewinnbringend sein, für die Ewigkeit indes ist es nur wertloses Stroh. So schreibt Paulus im Hohenlied der Liebe: „Wenn ich in den Sprachen der Menschen und Engel redete, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke. Und wenn ich prophetisch reden könnte und alle Geheimnisse wüßte und alle Erkenntnis hätte; wenn ich alle Glaubenskraft besäße und Berge damit versetzen könnte, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich nichts.“ (1 Kor 13,1-2) Das ist so, weil die Liebe die einzige Verbindung dieses Lebens mit dem ewigen Leben ist, das einzige, was in beiden Leben genau gleich ist, weil die Liebe eben das Vollkommenste ist, was es in dieser Welt gibt, und niemals aufhört (1 Kor 13,8), denn es trägt den Keim des Ewigen bereits in sich.

Allein die Liebe genügt. Eine Seligkeit unter dem Niveau der Liebe ist in Gottes Schöpfungsplan nicht vorgesehen. Wenn man dies verstanden hat, dann wird man auch den Satz von Augustinus nicht mißverstehen: „Liebe und tu, was du willst. ... Die Wurzel der Liebe soll das Innerste deines Herzens sein: aus dieser Wurzel kann nichts als Gutes hervorkommen.“

3. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!

Ich möchte Ihnen von einem Gespräch erzählen, die genannte Frau hat mir dazu ihr Einverständnis gegeben.

An diesem Freitag rief mich eine Mutter an, ihre Tochter habe gesagt, ich hätte gesagt, weil sie am Sonntag nicht zur Kirche gegangen sei, hätte sie eine Todsünde begangen. - Das habe ich so nicht gesagt, aber es ist so, wenn jemand wissentlich und willentlich gegen ein wichtiges Gebot verstoße - und dazu gehört die Sonntagspflicht, sei dass eine schwere Sünde, was man früher als Todsünde bezeichnete. Sie selber habe auch zu Ostern ganz bewusst keinen Gottesdienst besucht, weil sie dieses Jahr da einfach keine Lust zu gehabt hätte, dann hätte sie ja auch eine Todsünde begangen. Wenn sie das so formulieren wolle?: Ja! - Aber das würde in ihrer Ehe doch auch immer mal wieder vorkommen, dass sie wüsste, sie müsse jetzt eigentlich dies und das tun und hätte da einfach keinen Nerv zu - sie würde das auch ihrem Mann sagen und der hätte dann auch durchaus dafür Verständnis. Hat Gott auch - hab ich gesagt. Genauso, wie sie ihrem Mann ihr Fehlverhalten erklärt und um Verzeihung bittet, sollte sie es auch bei Gott tun - das nennt man Beichte.

Wenn ich die Einladung zum Gebet ablehne, sag ich zu Gottes Liebe nein; nicht grundsätzlich, aber für den Moment. Nichts anderes ist die Definition von Sünde: Nein sagen zu Gottes Liebe. Gott sagt, ich habe Dich vom Tod befreit, ich habe Dir mein Leben geschenkt - und ich sag: jaja - aber nerv mich nicht jetzt damit. Heute will ich ausschlafen und 1. Mai feiern. Dann lehne ich in dem Moment Gottes Liebe ab, oder anders gesagt: ich sündige und weil ich weiß, dass es ein Sonntag- und Feiertagsgebot gibt, und mich nichts und niemand daran hindert zur Messe zu gehen, ist es auch eine schwere Sünde.

Ich erzähle Ihnen das ganze nicht nur, weil dieses besagte Gespräch mit der Mutter ganz aktuell ist, oder weil es wieder einmal sehr ernüchternd war, wie wenige am Hochfest Christi Himmelfahrt in der Heiligen Messe waren, und keiner im Beichtstuhl war und ich befürchte, dass sich die meisten der Schwere ihrer Schuld gar nicht bewusst sind und gleich einfach wieder im Zustand dieser Sünde die Heilige Kommunion empfangen. Ich bin deswegen auf diese Geschichte gekommen, weil es ein Thema der heutigen Lesungen ist.

Es geht in den biblischen Texten heute immer wieder um das Gebet. In der 1. Lesung wird gesagt, dass sich die Jünger zusammen mit den Frauen nach der Himmelfahrt zum gemeinsamen Gebet zurückzogen. Sie verharrten einmütig im Gebet - es tat ihnen gut, auch wenn sie sich zunächst versteckten, es als schwierig empfanden, sich zu Jesus zu bekennen.

Dann im Evangelium: Jesus selbst betet - es ist sein Abschiedsgebet. Er sagt, dass seine Jünger nun ihn erkannt hätten, Gott erkannt hätten. Nicht nur erkannt im Sinne von erkennen - sehen, nicht nur im Sinne von erkennen - kapieren, sondern im Sinne von den anderen erkennen - ihm ins Herz schauen: eins sein mit ihm, ganz nahe sein - nicht mehr meins und deins, sondern eins in Christus.

So ist dann auch die 2. Lesung zu verstehen: Für Christen geschrieben, die unter der Verfolgung leiden. Sie wurden verfolgt, weil sie an Gott glaubten, zu Jesus hielten. Auch heute ist es so manchem peinlich, wenn er beim Beten im Restaurant erwischt wird, wenn er vorschlägt, die Maitour mit der Messe am Morgen zu beginnen. "Wenn einer leiden muss, weil er Christ ist, soll er sich nicht schämen" - so hieß es dort vorhin - ich brauch mich nicht zu schämen, ich darf mich freuen, dass Gott uns nahe ist.

Amen.

4. Predigtvorschlag

Gottes Wort muß in uns zum Klingen gebracht werden

Stellen Sie sich vor, Sie betreten zum ersten Mal ein altes Haus, das Sie vor kurzem geerbt haben. Sie schauen durch die Fenster und in die Räume. Sie öffnen Türen und treten ein. Sie öffnen Luken und erkennen verborgene Ecken. Und plötzlich, in einem ganz entlegenen, dunklen Raum, fänden Sie es: ein altes, vergilbtes Papier. Ein Schriftstück aus alter Zeit. Darauf sehen wir Linien, Noten, Zusätze, Zeichen. Und darunter steht auch ein Name: W.A. Mozart. -

Dieser Name - Ihnen und mir wohlbekannt - läßt Sie innehalten. Sie gehen mit dem Blatt zu einem Musikkenner, zu einem Fachmann, der es untersucht. Er schaut sich das an und nach einer Zeit der Prüfung erklärt er: Diese Noten - sie sind ein bisher unbekanntes Musikstück des Komponisten, ein wiederentdecktes Werk. Das Papier ist eine Kostbarkeit. Das Werk eines großen Meisters.
Was würde nun wohl mit einem solchen Blatt geschehen? Man würde sicher in aller Welt über diesen bedeutenden Fund berichten. Fachzeitschriften würden Fotos und Kommentare bringen. Das Interesse wäre groß.

Aber eines fehlte jetzt noch. Die Noten auf dem Papier sind nicht bloß dazu da, daß sie angeschaut, mit den Augen gelesen und vielleicht dazu noch untersucht werden. Nach dem Willen des Komponisten erfüllen sie ihren Zweck erst dann und genau dann, wenn Menschen die passenden Instrumente nehmen und die Noten auf dem Papier in Musik umgesetzt werden; wenn das Geschriebene in Gehörtes verwandelt und die Komposition so zur Freude und zum Trost der Menschen zum Klingen gebracht wird.

Genauso verhält es sich auch mit der Abschiedsrede Jesu, von der wir gerade einen Teil als Evangelium gehört haben. Das Evangelium ist zunächst nur Buchstaben auf Papier, aber das soll es nicht bleiben.
Zunächst soll es von uns angenommen und als wertvoll angesehen werden. Viel wertvoller als jede noch so große Werk eines noch so berühmten Musikers.

Und dann soll das Wort Christi wie eine wunderbare Komposition zum Klingen gebracht werden: es soll nach dem Willen des Stifters seinen Sinn erfüllen, indem es im Lied und im Spiel des Lebens zum Klingen gebracht wird: einmal dadurch, daß wir es im Gottesdienst hören; daß der Buchstabe und die Wörter in den Raum kommen, an unser Ohr und an unser Herz. So kann es zu einem Lied werden, dessen Urheber Gott selber ist.
Aber die Instrumente, auf denen dieses Lied erklingt, sind wir selbst. Wir selbst sind das Werkzeug und das Medium, durch das Gottes Trost und Treue, seine Güte und Liebe zu den Menschen kommen.
Jesus möchte, daß seine Melodie, die er in die Welt gebracht hat, nie vergessen wird. Er möchte, daß sie immer wieder entdeckt und gespielt wird - in unseren persönlichen Gebeten, im Gottesdienst, im Alltag.

Der Heilige Geist, um den wir in diesen Tagen vor dem Pfingstfest beten, er wird dafür Sorge tragen, daß diese Melodie harmonisch und voll erklingt und daß keine Mißtöne entstehen. Er wird dafür sorgen, daß diese Melodie das bewirkt, wozu Jesus in diese Welt gekommen ist: daß wir erkennen, wie sehr Gott an uns gelegen ist und daß er wirklich Vater ist, der nicht aufhört, uns zu rufen.

5. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Das Evangelium, das wir gerade gehört haben, stammt aus den Abschiedsreden Jesu, die im Johannesevangelium aufgezeichnet sind. Diese Abschiedsreden sind nicht einfach, schwer verdaulich und werden wohl kaum "nur mal so" gelesen.
Auch dieses Evangelium ist nicht ganz einfach, schwer verdaulich und wird wohl kaum als Schriftlektüre gewählt werden.
Und doch wird in diesem Text eine der zentralen Fragen nicht nur der Christen, sondern eine Frage aller Menschen unserer Zeit gestellt.
Haben Sie sie mitgekriegt?

Es ist die Frage nach dem ewigen Leben. Was ist das ewige Leben?

Um diese Frage hat es immer schon Streit und Auseinandersetzungen gegeben, Professoren haben ihre Theorien aufgestellt, Philosophen darüber spekuliert und Theologen dicke Bücher geschrieben. Auch alles nicht einfach, nicht gerade leicht verdaulich oder verständlich.
Dabei bin ich der Meinung, dass unser Glaube einfach ist - immer. Jedes Kind kann perfekt glauben!

So ist auch die Antwort auf diese Frage im Evangelium sehr einfach. Ich lese Sie ihnen noch einmal vor:
"Das ist das ewige Leben: Dich, den einzigen wahren Gott, zu erkennen und Jesus Christus, den du gesandt hast."

Sind Sie jetzt enttäuscht? Haben sie eine andere Antwort erwartet? Können sie sich auf dieses "ewige Leben" nicht freuen?
Vielleicht können wir mit solch einfachen Antworten deshalb nichts mehr anfangen, weil wir selbst schon zu kompliziert geworden sind.

Liebe Schwestern und Brüder, ich möchte Ihnen einmal eine Frage stellen. Was tun sie eigentlich am liebsten? Wofür würden sie alles andere stehen und liegen lassen? Was ist es, was sie am meisten erfüllt?

Essen? Fernsehen? Arbeiten? Spazieren?

Noch eine Frage: Was wünschen sie sich eigentlich am sehnlichsten? Welchen Wunsch haben sie, gegen den jeder andere Wunsch verblasst? Was ist es eigentlich, das Sie zutiefst ersehnen?

Einen Lottogewinn? Einen Mercedes? Ein eigenes Haus - oder ein noch größeres?

Nehmen wir einmal an, dass Gott an diesem unseren Wünschen und Vorlieben nicht vorbeigeht, dass er unsere tiefsten Wünsche im ewigen Leben erfüllen wird.
Ewig essen! (Selbst wenn es die beste Pizza wäre, denke ich, dass das eher die Hölle ist.)
Ewig fernsehen! Wohlmöglich noch RTL - das ist die Hölle.
Ewig Mercedes fahren - entscheiden sie selbst, ob das der Himmel oder die Hölle ist.

Ich bin fest davon überzeugt, dass Gott tatsächlich nicht an unseren Wünschen und Wollen vorbeigeht - was immer es auch sei.

Wenn aber unser liebstes Tun hier auf Erden ist, Gott zu erkennen, wie gut er ist, ihn lieben zu wollen, das Gute im Menschen zu erkennen, endlich vorbehaltlos lieben zu können, wenn wir uns nichts sehnlicher wünschen, als die Menschen um uns herum, so wie sie sind, zu lieben - ewig lieben: Das ist nicht langweilig, das ist der Himmel. Unseren lieben Gott endlich so zu erkennen, wie er ist, wie gut er ist - das ist das Paradies.

Und das ist der Weg zum ewigen Leben: Unseren Willen neu ausrichten, unser Wollen immer wieder schulen, das Wünschen neu lernen.

Und so heißt es doch auch im Evangelium: "Das ist das ewige Leben: Dich, den einzigen wahren Gott, zu erkennen, und Jesus Christus, den du gesandt hast" und - so könnte man noch hinzufügen - die Menschen, das Gute in den Menschen, das du geschaffen hast.

Ich mache es mir zu einfach? Vielleicht mache ich es mir wirklich zu einfach. Aber warum kompliziert, wenn es einfach geht?

Vielleicht haben wir es deshalb lieber kompliziert, weil wir nicht wahrhaben wollen, dass wir hier und jetzt selber darüber entscheiden, wie unser Himmel und unsere Hölle aussieht. Wie auf Erden, so auch im Himmel. Wir selbst schaffen uns unsere Zukunft, weil Gott nicht an unseren Willen vorbeigehen will. Ja, hier und jetzt, wo Sie hier sitzen, treffen Sie diese Entscheidung. Was wünschen Sie sich im Moment?

Okay, vielleicht mache ich das alles wirklich etwas zu einfach. Aber: Die Dinge sind selten so kompliziert, wie wir sie gerne hätten.

Amen.

Fürbitten