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Predigtvorschläge - 01. Sonntag der Adventszeit (Lesejahr B)
1. Predigtvorschlag

von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2007)

Es ist schon wieder Advent. Man mag es nicht glauben. Aber es ist so.

Heute beginnt damit für uns auch ein neues Kirchenjahr. In diesem neuen Jahr werden uns an den Sonntagen besonders das Evangelium nach Matthäus begleiten.

Das hervorstechendste Wort des Evangeliums dieses ersten Adventssonntags lautet: „Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt… Darum haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.“

Manchmal fragt man sich, warum Gott uns etwas derartig Wichtiges wie die Stunde seines Kommens verborgen hält, die für einen jeden von uns im einzelnen mit der Stunde des Todes zusammenfällt.

Die traditionelle Antwort lautet: „damit wir wachsam seien und ein jeder glaubt, dass dies zu seinen Tagen geschehen kann“ (Hl. Ephräm der Syrer).

Der Hauptgrund aber ist, dass Gott uns kennt. Er weiß, welch schreckliche Angst wir hätten, kennten wir die genaue Stunde im Vorhinein und müssten wir zusehen, wie sie sich langsam, aber unvermeidlich nähert.

Gerade das ist es auch, was bei bestimmten Krankheiten die meiste Furcht einflößt. Zahlreicher sind heute die Menschen, die an plötzlichen Herzkrankheiten sterben, als jene, die an so genannten schweren unheilbaren Krankheiten leiden. Und dennoch: Wie viel mehr ängstigen diese Krankheiten, scheinen sie uns doch die Unsicherheit zu nehmen, die es uns gestattet zu hoffen.


Die Ungewissheit der „Stunde“ darf uns nicht dazu bringen, gedankenlos zu leben, sondern als Menschen, die wachsam sind.

Nimmt das liturgische Jahr seinen Anfang, so geht das weltliche Jahr zu Ende. Dies ist eine sehr gute Gelegenheit, um eine Überlegung über den Sinn unserer Existenz anzustellen.

Im Herbst lädt uns die Natur selbst dazu ein, über das Vergehen der Zeit nachzudenken. Was der Dichter Giuseppe Ungaretti über die Soldaten im Schützengraben auf dem Carso während des Ersten Weltkriegs sagte, gilt für alle Menschen: „Man ist wie im Herbst auf den Bäumen die Blätter.“ Das heißt: Man kann von einem Moment auf den anderen fallen. So sagt Dante Alighieri: „Die Zeit vergeht, und der Menschen wird dessen nicht gewahr.“

Ein Philosoph der Antike brachte diese grundlegende Erfahrung in einem Satz zum Ausdruck, der bis heute berühmt geblieben ist: „panta rhei – alles fließt“. Im Leben ist es wie beim Fernsehen: Die Programme folgen rasch aufeinander, und das neue löscht das ältere. Der Schirm bleibt derselbe, die Bilder aber wechseln.

So ist es mit uns: Die Welt bleibt, wir aber gehen einer nach dem anderen. Von allen Namen, Gesichtern, Nachrichten, die die Zeitungen und Fernsehsendungen von heute anfüllen – von mir, von dir, von uns allen –, was wird davon in ein paar Jahren oder Jahrzehnten bleiben? Nichts. Der Mensch ist nichts anderes als „ein von der Welle auf dem Strand des Meeres geschaffenes Zeichen, das von der nachfolgenden Welle ausgelöscht wird“.

Sehen wir zu, was uns der Glaube zur Tatsache, dass alles vergeht, zu sagen hat. „Die Welt und ihre Begierde vergeht; wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit“ (1 Joh 2,17). Es ist da also jemand, der nicht vergeht – Gott –, und es besteht die Möglichkeit, dass auch wir nicht gänzlich vergehen. Wenn wir den Willen Gottes tun, das heißt glauben, bei Gott sind.

In diesem Leben sind wir wie Menschen auf einem Floß, das durch die Strömung eines reißenden Flusses auf das offene Meer hinaus getrieben wird, von dem es keine Rückkehr gibt. In einem bestimmten Moment kommt das Floß an die Nähe des Ufers. Der Schiffbrüchige sagt: „Jetzt oder nie!“, und springt ans Festland. Was für eine Erleichterung, wenn er den Felsen unter seinen Füßen spürt! Das ist das Gefühl, das oft derjenige hat, der zum Glauben kommt. Aber er muß springen.

Die heilige Teresa von Avila hat als eine Art geistliches Testament das bekannt Wort hinterlassen : „Nichts soll dich ängstigen, nichts dich erschrecken. Alles vergeht, Gott allein bleibt.“

Liebe Schwestern und Brüder.
Das ist auch die Hoffnung, die unser Leben trägt und unser Handeln und Denken durchprägen sollte. Von dieser Hoffnung, dass Gott bleibt und dass wir bleiben, wenn wir uns an ihm festmachen – von dieser Hoffnung spricht die gestern veröffentlichte Enzyklika Benedikt XVI.

Das ist die Botschaft eines jeden ersten Adventssonntages. Das Kommen Christi als Herr der Welt – nicht als Kind in der Krippe – steht da im Vordergrund.
Auf IHN, seine Barmherzigkeit und Liebe zu hoffen – das ist eine adventliche Haltung, die uns nicht nur in diesen Tagen vor dem Weihnachtsfest gut zu Gesichte steht.

2. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2005)

Liebe Gemeinde!

Die Adventszeit hat begonnen. Es ist eine Zeit des Wartens, der Vorbereitung auf Christus, eine Zeit der Sehnsucht. So sollte es jedenfalls sein. Empfinden wir sie aber auch so? Schauen wir jetzt sehnsüchtiger als sonst aus auf den kommenden Christus? Und wenn nicht, ändern wir etwas an uns, damit die Zeit nicht fruchtlos an uns vorbeirauscht und wir plötzlich überrascht und innerlich leer feststellen müssen: „Oh, es ist ja schon Weihnachten, und ich freue mich noch gar nicht so richtig!“

Um Sehnsucht zu haben, muß unser Herz unruhig sein, unzufrieden mit dem Zustand des Jetzt. Das Volk Israel betete in der babylonischen Gefangenschaft: „Reiß doch den Himmel auf und steig herab!“ Die Israeliten erkannten klar ihre Not und ebenso den Grund ihres Elends: ihre Schuld, ihr Abfall von Gott, ihre Verstrickung in die Sünde. Sie waren sich bewußt: Der Himmel ist verschlossen, Gott selbst muß kommen, den Himmel wieder aufreißen und das Unheil wenden. Mit ihnen singen wir noch heute: „O komm, o komm, Emanuel, mach frei dein armes Israel! In hartem Elend liegt es hier, in Tränen seufzt es auf zu dir.“ – Das Lied drückt wie auch viele andere Adventslieder unsere verborgene Sehnsucht aus. Wir spüren: Diese Welt kann mit all ihrem Glanz unser Herz nicht zufriedenstellen; im Gegenteil: im Grunde ist alles von Vergänglichkeit, Leid und Tod durchzogen. Wir suchen Erfüllung und Glück und müssen immer wieder feststellen: Hier auf Erden ist es nicht zu haben. Wir können es uns nicht verschaffen.

Freilich gibt es auch eine ganz andere Wirklichkeit, die mit großer Macht unser Leben bestimmen will: die moderne Konsumgesellschaft mit ihrer anziehenden Werbung, die uns suggeriert: „Komm, tritt ein, du kannst dein Glück kaufen!“ Wir brauchen nur in ein Kaufhaus in Münster oder Dortmund zu gehen, um zu sehen, was die modernen Tempel unserer Zeit sind. Marmor, Glas, Spiegel, Festbeleuchtung, das Feinste vom Feinsten – all das zieht die Menschenmassen an, während die Kirchen immer leerer werden. Im Hintergrund höre ich gleichsam den Teufel den Leuten ins Ohr flüstern: „Was wartet ihr noch auf Christus? Der kann euch doch nicht helfen! Es ist doch alles da, was ihr haben wollt! Ihr braucht nur zuzugreifen!“

"Es ist doch alles da!"– das ist das trügerische Wort. Es will uns einreden, wir könnten uns selbst erlösen, das Heil sei schon hier auf Erden zu finden, dazu brauchten wir keinen Gott. Wer es glaubt, legt die Unruhe in seinem Herzen still. Aber das Herz rächt sich für diese Erstickung seiner tiefsten Regungen. Es wird kalt, gefühllos, leer und verzweifelt. Selbst die besterleuchteten Kaufparks bringen keine Helle mehr hinein. Das ist die Paradoxie des falschen Konsumdenkens: Je mehr wir uns auf unser eigenes, künstliches Licht verlassen, desto dunkler wird die Welt. Und wir können den Satz umdrehen: Je mehr wir unser Hoffen ausrichten auf Gott, je sehnsüchtiger wir uns ausstrecken nach dem Licht Christi, desto heller wird unser Herz und desto heller wird es auch in unserem Lebenskreis.

Um diesen Zusammenhang geht es in der Adventszeit. Die Kirche gibt uns in diesen Wochen die Gelegenheit, uns neu einzuüben in die Sehnsucht, in das Warten auf den Erlöser. Das geht nicht so hopplahopp, sondern es erfordert wirklich Übung, geduldiges Umdenken und Umkehren. Dazu sind die vier Adventssonntage mit ihren Gottesdiensten und Andachten eine ganz unverzichtbare Voraussetzung. Dazu bieten wir in diesem Jahr sogar eigens Exerzitien im Alltag an, geistliche Übungen, die auch der Berufstätige mitmachen kann.
Wenn wir den Advent ernstnehmen wollen, wenn wir die Weihnachtsfreude wirklich tief erleben wollen, dann müssen wir uns Zeiten der Stille und Besinnung, der Sammlung und des Gebetes suchen.
Der Stern, der uns auf dem Weg zur Weihnacht führt, zeigt uns an diesem 1. Advent den Wachenden, den, der seine Ohren spitzt, um auch die leisen Töne zu hören. Das Lied drückt es so aus:

Stern über Bethlehem, du bringst uns Licht,

erwarten wir den Herrn, schlafen wir nicht!

Drum laß uns wachsam sein zu jeder Zeit.

Stern über Bethlehem, gib uns Geleit!

3. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Was ist das - Adventszeit?

Advent - so haben wir gelernt - das ist die Ankunft Gottes in unserer Welt.

Wann erwarten Sie die Ankunft Gottes? Ganz konkret, höchstpersönlich? Wann rechnen Sie mit dem Ende der Dinge?

Vermutlich nicht, bevor es nicht mit ihrem eigenen Leben selbst zu Ende geht. Die zweite Ankunft Gottes, das Ende der Welt, setzen wir - zu Recht - mit unserem eigenen Ende gleich.

Adventszeit - das ist also nicht nur die Zeit, vier Wochen vor Weihnachten. Adventszeit, das ist eigentlich unsere ganze Lebenszeit. Dieser Gedanke verleiht unserem Leben etwas mehr Ernst - ohne das wir deswegen die Freude verlieren müssten. Es nimmt aber auch dem Tod eine ganze Menge seiner Grausamkeit: Denn wenn unser Leben ein großer Advent ist - dann ist unser Tod das große Weihnachtsfest, dass Fest der Begegnung mit Gott.

Nun mögen sie denken: Ganz schön lebensfremd, was der Kaplan heute wieder sagt. Und das war auch der Gedanke, der mir kam, als ich diese Zeile geschrieben habe: So lebt doch heute keiner.

Unser Leben ist viel unbeschwerter, viel leichter geworden. Im Grunde geht es uns gut, sehr gut. Ängste, Nöte und Leid sind nicht mehr alltäglich. Wir haben eine unbeschwerte Kindheit - und manchmal geht diese Kindheit fast ein Leben lang nicht zu Ende.
Ganz im Gegenteil dazu steht heute aber die vollkommene Hilflosigkeit, mit der wir dem Tod begegnen - dem Tod anderer und auch unserem eigenen Tod.

Darüber spricht man nicht, vor allem nicht mit den Sterbenden. Der Tod wird weggeleugnet, weg geschwiegen, übermalt, verdrängt. Die «Unerträgliche Leichtigkeit des Seins» gibt dem Tod ein Gewicht, das uns erdrückt.

«Seht euch vor, und bleibt wach! Was ich Euch sage, das sage ich allen: Seid wachsam!»

Liebe Schwestern und Brüder, Gott ist in aller Armut im Stall geboren, er war als solcher nicht zu erkennen. Die Hirten mussten sich auf die Suche begeben, sich ihre Augen öffnen lassen. Die Könige aus dem Morgenland hatten eine lange Strecke zurückzulegen, um zum menschgewordenen Gott zu gelangen.

Machen sie sich auf! Suchen sie Gott! Begegnen sie Ihm hier: In der Eucharistiefeier. Suchen sie Ihn in den Sakramenten, in denen Gott zwar verborgen, aber sehnsüchtig auf sie wartet! Finden sie Gott in der Armut eines kleinen Stückchen Brotes.
Begegnen sie Ihm in den Menschen, die arm geworden sind. Arm an Gefühlen, an Liebe, an Hoffnung. Machen Sie sich auf.

Geben Sie ihrem Leben den Ernst der Gottsuche. Machen Sie Ihr Leben zu einer echten Adventszeit. Dann kann es auch heißen: «Freuet Euch: Weihnachten kommt bald.»

4. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Zu Weihnachten bei mir zuhause wurde es früher besonders spannend, wenn das Wohnzimmer feierlich abgeschlossen wurde, und keiner von uns Kindern es mehr betreten durfte. Da waren die Geschenke drin - das war mir als kleines Kind schon klar.

Einmal habe ich es nicht mehr ausgehalten. Als meine Eltern noch einmal zu letzten Einkäufen unterwegs waren, bin ich mit meinem kleinen Bruder ins Zimmer geschlichen, und wir haben uns ein wenig umgeschaut. Leider waren die meisten Geschenke eingepackt und somit brachte unser Einbruch nicht viel. Nur das Fahrrad war natürlich nicht eingepackt, und die große Sperrholzplatte für meine Modelleisenbahn nicht. Das wichtigste hatte ich also gesehen.

Nur: Weihnachten war für mich daher schon gelaufen. Die Überraschung war hin, die Spannung weg. Ich hatte mir selbst die Festlichkeit genommen. Weil ich nicht mehr abwarten konnte und mich schon vorher informierte, hatte ich mir eines der schönsten Gefühle genommen: Das des Beschenktwerdens.

Besonders ärgerlich war dann vor allem, als mein kleiner Bruder mitten im Weihnachtsgottesdienst meine Mutter fragte, für wen das Fahrrad ist.

Die Unfähigkeit, abzuwarten, die Ungeduld eines Kindes ist heute aber weit verbreitet, auch bei uns Erwachsenen. Bereits im September finden sich die ersten Schokoladenweihnachtsmänner beim Aldi, Weihnachtsmusik tönt uns aus allen Lautsprechern in den Kaufhäusern den ganzen Advent lang entgegen. Weihnachtsbäume werden so früh aufgestellt, dass sie bereits am 4. Advent zu rieseln beginnen, sogar bei uns im Pfarrheim. Und wer noch am zweiten Weihnachtstag Lust auf Spekulatius oder Pfeffernüsse hat, muss einen enorm guten Magen haben.

Selbst die traditionellen adventlichen Feiern sind allesamt schon Weihnachtsfeiern. Advent, Zeit der Vorbereitung und des Wartens, kennen wir eigentlich gar nicht mehr. Warten, Er-Warten und Spannung aushalten liegt uns fern. Das wollen wir nicht mehr. Alles muss jetzt und sofort verfügbar sein. Vorbereitung und Erfüllung begreifen wir nicht.

Wie ich damals, als ich die Bescherung vorweggenommen habe und deshalb kein Weihnachten mehr feiern konnte, berauben sich die meisten Menschen heute des eigentlichen Festes. Weil uns auf Weihnachten der Weihnachtskult schon aus dem Hals heraushängt, könne wir nicht mehr feiern. Kaum ist der zweite Weihnachtstag gekommen, wird die Weihnachtsstimmung entsorgt und auf Sylvester umgestellt. Gefühlsmäßig könnte sich sofort Karneval anschließen. Die Weihnachtszeit als das, was erst mit dem 25.12. beginnt, ist uns vollkommen fremd.
Das Weihnachtsfest selbst hat seinen Reiz verloren. Wir können das gar nicht mehr feiern. Nur die Kinder scheinen das noch zu können. Wenn sie nicht vorher heimlich auf Spionage gehen.

Liebe Schwestern und Brüder, wir haben das Warten verlernt. Warum sonst heiraten die jungen Leute erst, nachdem sie schon Jahre als Mann und Frau zusammenleben? Warum gibt es keine Verlobungszeit mehr? Warum warten Brautleute mit dem ehelichen Leben nicht bis zur Ehe? Sie berauben sich damit selbst eines der größten Feste. Was hat das noch für eine Bedeutung, wenn ich nach dem Jawort sage: «Und nun sind sie Mann und Frau», wenn sie das sowieso schon seit Jahren sind? Was bedeutet das Jawort überhaupt noch, wenn die Brautleute sich dieses im Bett schon Jahre lang gegeben haben?

Wir verlernen das Feiern, wir verlieren die Höhepunkte des Lebens, wir begreifen nicht mehr, was es heißt: «Alles hat seine Zeit». Wir wollen immer alles sofort haben. Dass dann die Ehe nicht mehr das ist, was sie früher mal war, braucht uns nicht zu wundern. Weihnachten, das wir nicht mehr ertragen können, weil am Heiligabend die Krippe bereits Schimmel ansetzt, ist auch nicht mehr richtig Weihnachten.

Liebe Schwestern und Brüder, vor zwei Wochen habe ich davon gesprochen, dass wir uns auch in die privatesten Dinge hineinreden lassen sollen. Viele haben mir ihre Zustimmung ausgedrückt. Was nutzt das aber, wenn wir uns dann doch nicht ändern? Es ist eben nicht Privatsache, das wir die Ehen, die wir schließen, entzaubern, banalisieren und gefährden.

Wir warten nicht mehr, weil wir Angst haben, etwas zu verpassen. Aber gerade dadurch verpassen wir im Grunde alles.

Angst war aber noch nie ein guter Ratgeber. Mit dieser Angst im Nacken sind wir auf dem besten Wege, unser Christsein zu verlieren. Wer allerdings im Bewusstsein lebt, von Gott sowieso schon reich beschenkt zu sein, wer als Geschenk unterm Weihnachtsbaum findet, der verpasst nichts, der verliert nichts und der braucht keine Angst zu haben. Amen.

5. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Die Beleuchtung in den Fußgängerzonen und an den Straßenlaternen sind angebracht, die Fenster in den Geschäftsstraßen und Wohnhäusern sind weihnachtlich gestaltet, Adventskalender erstellt und die ersten Kerzen am Kranz angezündet. Alles ist bereit für die besinnliche Zeit im Jahr.

Doch die schlechten Nachrichten nehmen darauf keine Rücksicht: Da hat ein Italiener angekündigt, dass bald das erste geklonte Menschenkind zur Welt kommen wird; eine Attentatsserie auf israelische Urlauber erschüttert weiterhin die Friedensbemühungen im Heiligen Land; ob es Krieg gibt im Iran, steht auf des Messers Schneide; die Wirtschaftsdaten in Deutschland werden immer dramatischer... und – und – und. In meinem Briefkasten häufen sich Spendenbriefe, die das menschliche Elend der ganzen Welt in mein Haus tragen und an mein gutes Herz und an mein Portemonnaie appellieren.

Und wir machen die Türen hinter uns zu, dimmen das Licht und feiern Advent.

Dürfen wir das? – Dürfen?! Es ist unser gutes Recht, uns eine Auszeit zu nehmen! Wir können die Welt nicht alleine retten, wir können nicht alles Leid der Welt schultern und immerzu mit einem moralinsaurem Gewissen auf unsere eigenen Festlichkeiten schauen. Wir brauchen unseren Gott und eine Zeit, die wir mit ihm verbringen; die wir uns ganz frei halten für den, der alles Leid der Welt trägt.

Ja., wir haben nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, uns im endlosen Streit dieser Welt einmal bei Gott auszuruhen; Gottesdienst zu feiern und uns daran zu freuen, dass Gott Mensch geworden ist.

Das hat nichts mit „Weltflucht" zu tun. Natürlich stehen wir auch in der Gefahr, zu resignieren und in eine neue Biedermeierzeit zurückzufallen: Damals hatten die Menschen zunächst große Hoffnungen und wurden dann bitter enttäuscht, als die Welt doch nicht zum Paradies wurde. Der Rückzug in die kleine private Welt war die Antwort: „Was interessiert uns schon die Politik und Weltgeschichte? Die da oben machen sowieso, was sie wollen. Hauptsache, wir haben ein gemütliches Zuhause." Ist die Katze gesund, freut sich der Mensch. Das sind Biedermeier, und es gibt sie damals wie heute.

Aber Advent feiern und die Ankunft des Herrn erbitten, das gefällt auch den Biedermeiern nicht. Die freuen sich nämlich nicht sonderlich auf Besuch. Die wollen lieber ungestört blieben. Nein, der christliche Advent als eine Vorbereitung auf die erneuerte Gegenwart Jesu in meinem Leben ist keine Weltflucht, keine neue Biedermeierzeit. (Dafür ist eine Begegnung mit dem lebendigen Gott viel zu unberechenbar!)

Ja, es ist dringend nötig, Advent zu feiern. Gott in den Mittelpunkt zu stellen und damit uns und andere zu entlasten: Von uns hängt das Heil der Welt nicht ab.

Es ist dringend nötig, Advent zu feiern und uns eine Auszeit zu nehmen. Zur Ruhe kommen, aufräumen und nach Gott Ausschau halten. Damit der Biedermeier in uns keine Chance hat: Wir erwarten Besuch. Gott will kommen.

Es ist dringend nötig, Advent zu feiern, weil der Advent, die Ankunft des Herrn, die einzige Hoffnung dieser Welt am Rande der Katastrophe ist. Es gibt kein größeres Geschenk, als dass Gott Teil dieser Welt wird und wir dadurch die Möglichkeit bekommen, ein Teil der göttlichen Welt zu werden. So verwandelt Gott erst uns – und wir verwandeln dann die Welt.

Amen.

6. Predigtvorschlag

Predigt vom 1. Adventssonntag, den 28.11.1993 in Allerheiligen, Delmenhorst, Lesejahr B, Jes 63, 16b-17.19b;64,3-7, Mk 13,33-37, "Zeit der Hoffnung"

1. Advent - Vorbereitungszeit auf Weihnachten beginnt. Vom ursprünglichen bedeutet das Wort die Ankunft des Herrschers, sein glücksverheissener Einzug in die Stadt. Daher haben wir Christen dieses Wort übernommen. Wir erwarten die Ankunft des Herrschers, unseres Herrn Jesus Christus. Somit ist die Adventszeit die Zeit des Wartens und somit auch die Zeit der Hoffnung. Wir schauen auf ein großes Fest voraus, dass große Freude verheißt. Der Herr kommt, der Herrscher kehrt in seine Stadt ein, unser Gott kommt zu uns auf Erden hernieder. Dahinter steckt auch die Hoffnung, dass mit der Ankunft des Königs in seiner Stadt die Ungerechtigkeiten geahndet werden, dass die Stadt es besser haben wird als bisher. Und so hofften auch die Israeliten, dass sich durch die Anwesenheit ihres Königs, durch Jesu Geburt die Welt verändert. Auch wenn die Menschen damals sich ihren Retter anders vorstellten, ihre Hoffnung wurde dennoch erfüllt. Jesu Botschaft hat die Welt verändert, die Botschaft der Liebe.

Und heute? Advent 1993, eine Zeit des Wartens und der Hoffnung?

Advent 1993: Über 3 Millionen Arbeitslose, und ihre Familien warten auf Arbeit. Und Hunderttausende andere bangen um ihren Arbeitsplatz, siehe hier in Lemwerder. Zeit der Hoffnung?
Advent 1993: An Aids Erkrankte verzweifeln an der Schlampigkeit der Behörden und der Skrupellosigkeit einiger Geschäftemacher. Sie warten auf eine Ausweg. Zeit der Hoffnung?
Advent 1993: Ausländer leben in Angst vor Übergriffen von Deutschnationalen, vor denen sie sich selbst nicht mehr schützen können. Auch unsere Polizei ist machtlos. Zeit der Hoffnung?
Advent 1993: Millionen Serben, Bosnier, Kroaten, Muslime und Christen warten im ehemaligen Jugoslawien auf dauerhaften Frieden und Hilfe von außen in diesem Winter. Die Versorgungslage spitzt sich tagtäglich zu. Zeit der Hoffnung?
Advent 1993: Tausende Menschen warten unschuldig in den Gefängnissen von verschieden Ländern dieser Erde und sind dort Menschenrechtsverletzungen und Folter ausgesetzt. Zeit der Hoffnung?
Advent 1993: Zehntausende warten auf ein Schlupfloch, um in unser Land zu gelangen, warten auf Anerkennung ihres Asylantrages. Auch wir kommen damit in Berührung. Heute nachmittag wird ein Kind unserer Nachbarn aus der Kaserne hier in unserer Kirche getauft. Zeit der Hoffnung?
Advent 1993: Tagtäglich, wenn ich die Zeitung aufschlage, sehe ich Nachrichten über Menschen, die in scheinbar hoffnungsloser Situation warten müssen.

Können wir wirklich nur warten? Abwarten und Tee trinken, wie es so schön heißt.

Schauen wir doch 'mal ins heutige Evangelium. Man könnte meinen, dort sei auch vom Warten die Rede, dem ist aber nicht so. Jesus spricht vom Wachsein. Vier mal kommt dieser Ausruf in diesem kurzen Evangelium vor. Bleibt wach, seid wachsam! Im Unterschied zum reinen Abwarten bis der Hausherr wiederkommt, gab der Hausherr hier seinen Dienern alle Verantwortung. Jedem eine bestimmte Aufgabe. Das heißt, die Jünger und somit wir sollen in seiner Abwesenheit Verantwortung übernehmen, wir sind Wächter mit Vollmacht, die nicht tatenlos auf den Herrn warten, sondern diese Vollmacht wahrnehmen und sich der Rechenschaft bewusst bleiben, die sie ihrem Herren bei der Wiederkunft schuldig sind. Soweit die Kernaussage des Evangeliums.

Aber was kann ich schon ausrichten gegen all die erwähnten und noch weiteren Leiden und Ungerechtigkeiten in der Welt. Was kann ich schon tun, ich hab doch in unserer Gesellschaft mit meiner christlichen Überzeugung keine Chance.

So ähnlich klagt auch der Prophet Jesaja in der heutigen Lesung die Gottesferne an, die sein Volk zur Zeit erlebt. "Warum lässt du uns, Herr, von deinen Wegen abirren und machst unser Herz hart?" Warum begleitest du, Herr, unsere Wege nicht mehr, warum bist du nicht bei uns, wo wir doch fast am Ende sind?

Genauso könnten auch wir heute fragen: "Warum lässt du uns Herr hier in unserer Gesellschaft im Stich, warum lässt du zu, dass wir Christen in dieser Gesellschaft immer weniger Einfluss besitzen, dass Du als letzte Instanz aus unserer niedersächsischen Verfassung gestrichen wirst. Warum lässt du zu, dass so viele Menschen wie anfangs aufgelistet leiden müssen?"

Der Prophet Jesaja macht dann Zugeständnisse, er gibt zu, dass die Menschen sich gegen Gott gewendet haben, von ihm nichts mehr wissen wollten, treulos geworden sind.

So könnten wir sicherlich ähnliches sagen, wir haben uns oft von Gott abgewandt, trauen seiner Botschaft nicht mehr allzuviel zu. Vergangene Woche hatte ich ein lebhaftes Gespräch mit einer jungen gläubigen Frau, die sagte, dass man doch nicht alles, was Gott uns in der Bibel als Lebensweisheiten verkauft, ernsthaft versuchen kann. Mit anderen Worten gesagt: die Botschaft der Bibel, der Liebe ist ja schön und gut, aber dass ich sie mir zur Richtschnur für meinen Alltag nehme, das sei doch ein wenig unrealistisch. Sicher haben wir alle unsere Schwächen, aber wenn wir es aufgeben, daran zu arbeiten, dann wenden wir uns von Gott ab. Sind wir nicht auch schon in diesem Sinne Gott treulos geworden, trauen wir seiner Botschaft der Liebe noch die Kraft zu, uns und die Welt zu verändern?

Der Prophet bekennt Gott gegenüber, dass er treulos geworden ist und im nächsten Schritt sagt er für uns vielleicht etwas unverständig: "Und doch bist du, Herr, unser Vater. Wir sind der Ton, und du bist der Töpfer, wir sind das Werk deiner Hände." Der Prophet gibt trotz der hoffnungslosen Situation die Hoffnung nicht auf. Er vertraut auf Gottes Liebe. Wir sind seine Geschöpfe, seine Kinder. Gott könnte uns verlassen, zu einem Klumpen Ton machen, wir hätten es verdient, aber er will es nicht, er macht mit uns einen neuen Anfang, er arbeitet an uns, er formt uns neu. Und tatsächlich hat sich diese Hoffnung des Propheten Jesaja erfüllt. Gott hat mit seinem Volk einen neuen Anfang gemacht, im Stall von Bethlehem, einen neuen Anfang der Vergebung.

Und so wird Gott mit jedem von uns einen neuen Anfang machen, wenn wir nur auf seine Hilfe, auf seine Kraft und seine Macht, seine Liebe hoffen. Wir haben Anlaß dazu, denn Gott hat es immer wieder in der Geschichte gezeigt. Nicht nur im Jahre 0, auch heute. Advent 1993, eine Zeit des Wartens und des Hoffens.

Amen.

7. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder,

1. Advent - Die Vorbereitungszeit auf Weihnachten beginnt. Vom ursprünglichen bedeutet das Wort: Ankunft des Herrschers, seinen glückverheißenden Einzug in die Stadt erwarten. Daher haben wir Christen dieses Wort übernommen. Wir erwarten die Ankunft des Herrschers, unseres Herrn Jesus Christus. Der Herrscher kehrt in seine Stadt ein, unser Gott kommt zu uns auf Erden hernieder. Dahinter steckt auch die Hoffnung, daß mit der Ankunft des Königs in seiner Stadt die Ungerechtigkeiten geahndet werden, daß die Stadt es besser haben wird als bisher. Und so hofften auch die Israeliten, daß sich durch die Anwesenheit ihres Königs, durch Jesu Geburt die Welt verändert. Die Adventszeit ist die Zeit des Wartens und der Hoffnung.

Und wir heute? Advent 1996, auch eine Zeit des Wartens und der Hoffnung?

Advent 1996: Ca. 4 Millionen Arbeitslose, und ihre Familien warten auf Arbeit. Andere bangen um ihren Arbeitsplatz. Zeit des Wartens. Zeit der Hoffnung?
Advent 1996: In Ruanda und Zaire flammen die Kämpfe immer wieder auf. Wann kann die Hilfe endlich zu den Menschen gelangen? Zeit des Wartens. Zeit der Hoffnung?
Advent 1996: 30.000 Soldaten werden erneut als Friedenstruppe nach Bosnien geschickt. Zeit des Wartens auf endgültigen Frieden. Zeit der Hoffnung?
Advent 1996: Tausende Menschen warten unschuldig in den Gefängnissen von verschiedenen Ländern dieser Erde und sind auch in Europa Menschenrechts- verletzungen und Folter ausgesetzt. Zeit des grausamen Wartens. Zeit der Hoffnung?
Advent 1996: 3,1 Millionen Menschen erkrankten allein in diesem Jahr neu an AIDS. Besonders in Afrika, wo die Not am größten ist, warten die Menschen auf einen Ausweg. Zeit des Wartens. Zeit der Hoffnung?
Advent 1996: Tagtäglich, wenn ich die Zeitung aufschlage, sehe ich Nachrichten über Menschen, die warten müssen, in einer scheinbar hoffnungslosen Situation. Man möchte manchmal schreien über die ungerechte Situation in unserer Welt, das Unrecht schreit laut zum Himmel. Manchmal möchte man Gott anklagen, daß er all das zuläßt.


Der Prophet Jesaja tut das. Er klagt in der heutigen Lesung die Gottferne an, die sein Volk zu seiner Zeit erlebt hat. "Warum läßt du uns, Herr, von deinen Wegen abirren und machst unser Herz hart?" Warum läßt Du das Leid zu, das dein Volk erfahren muß? Jesaja schreit „Reiß doch den Himmel auf, und komm herab, so daß die Berge zittern." Du hast doch die Macht, du bist doch der Allmächtige!

Genauso könnten auch wir heute fragen: "Warum läßt du, Herr, unser Bemühen nicht gelingen, warum läßt Du unsere Hilfe nicht ankommen. Warum läßt du zu, daß so viele Menschen wie anfangs aufgelistet leiden müssen?"

Der Prophet Jesaja macht dann Zugeständnisse. Er gibt zu, daß die Menschen sich gegen Gott gewendet haben, von ihm nichts mehr wissen wollten, treulos geworden waren.

Ähnliches müssen wir wahrscheinlich auch zugeben. Im heutigen Evangelium wirds deutlich. Jesus übergibt als der Hausherr seinen Dienern alle Verantwortung. Jedem eine bestimmte Aufgabe. Das heißt, die Jünger und somit wir sollen während seiner Abwesenheit Verantwortung übernehmen. Wir sind Wächter mit Vollmacht. Doch wie oft sind wir müde geworden, haben unsere Verantwortung nicht wahr genommen, haben geglaubt, daß wir doch nichts ausrichten können gegen all das Leid, sind treulos geworden, wie die Menschen zur Zeit Jesajas?

Der Prophet bekennt Gott gegenüber, daß er treulos geworden ist, er gesteht seine Schuld ein. Und im nächsten Satz sagt er: "Und doch bist du, Herr, unser Vater. Wir sind der Ton, und du bist der Töpfer, wir sind das Werk deiner Hände." Der Prophet gibt trotz der hoffnungslosen Situation die Hoffnung nicht auf. Er vertraut auf Gottes Liebe. Wir sind seine Geschöpfe, seine Kinder. Gott könnte uns verlassen, zu einem Klumpen Ton machen, wir hätten es verdient, aber er will es nicht. Er macht mit uns einen neuen Anfang. Er arbeitet an uns, er formt uns neu. Diese Hoffnung des Propheten Jesaja hat sich erfüllt. Gott reißt den Himmel auf, steigt vom Himmel herab und macht mit seinem Volk einen neuen Anfang, im Stall von Betlehem.

Und so wird Gott mit jedem von uns einen neuen Anfang machen, wenn wir nur auf seine Hilfe, auf seine Kraft und Allmacht, auf seine Liebe hoffen. Wir haben Anlaß dazu, denn Gott hat dieses immer wieder in der Geschichte gezeigt. Nicht nur im Jahre 0, auch heute. Advent 1996, eine Zeit des Wartens und eine Zeit der Hoffnung!

Fürbitten