Suche: 

Neue Site - empfehlenswert! Ein Ableger der Karl-Leisner-Jugend: aktueller, kürzer, frischer und moderner: www.gut-katholisch.de.

Predigtvorschläge - 28. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B)
1. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2006)

Liebe Gemeinde!

Das Markusevangelium legt Jesus folgendes Wort als sein allererstes in den Mund: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!“ Daß Gott nun seine Herrschaft auf der Erde errichtet, daß sein Reich nahe ist – davon war Jesus nicht nur mit größter Festigkeit überzeugt, das hat auch all seinen Umgang mit den Menschen geprägt und seine Predigt grundlegend bestimmt.

Was ist die Konsequenz, wenn Gott auf der Erde herrscht und nicht mehr der sündige Mensch? – Dann wird alles anders, dann bekommt alles ein anderes Gewicht. Paulus hat es einmal sehr deutlich ausgedrückt: „Ich sage euch, Brüder: Die Zeit ist kurz. Daher soll, wer eine Frau hat, sich in Zukunft so verhalten, als habe er keine, wer weint, als weine er nicht, wer sich freut, als freue er sich nicht, wer kauft, als würde er nicht Eigentümer, wer sich die Welt zunutze macht, als nutze er sie nicht; denn die Gestalt dieser Welt vergeht.“ (1 Kor 7,29-31) Die Gestalt dieser Welt vergeht, ihre Struktur ändert sich dramatisch, wenn Gottes Reich kommt. Wenn das Ziel erreicht ist, verlieren die Mittel zum Ziel ihren Wert, wenn das Vollendete da ist, muß man sich nicht mehr mit dem Vorläufigen und Unvollkommenen begnügen. Wofür Schätze ansammeln, wenn das Leben auf ganz andere und viel effektivere Weise gesichert werden kann?

Der Ankündigung der Nähe des Gottesreiches folgt der Ruf zur Umkehr, zum Glauben und zur Nachfolge – ganz logisch. Jesus ruft überzeugte Mitstreiter für das Reich Gottes in seine Nachfolge. Die ersten waren damals Simon, Andreas, Johannes und Jakobus, einer der späteren war der Mann, von dem das heutige Evangelium spricht. Dieser fragt für uns ganz nachvollziehbar: „Was muß ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?“ (Mk 10,17) – Die Frage ist völlig unabhängig davon, ob das Reich Gottes nahe ist oder fern ist, ob Jesus mit seiner Predigt recht hat oder nicht, die Frage ist eine typische Menschheitsfrage, die noch nichts von der überraschenden Botschaft gehört, daß Gott sich selbst auf den Weg zum Menschen machen will, um ihn zu retten. – Jesus antwortet deshalb anfangs auch ziemlich nüchtern und erinnert fast hausbacken an die Zehn Gebote. Diese beschreiben den Weg zum ewigen Leben. Vielleicht will Jesus dem Mann damit auch einen Gewissensspiegel vorhalten, um ihn zu prüfen, ob er denn auch niemandem seinen gerechten Lohn vorenthält und ob er für seine alten Eltern sorgt. Doch der Mann kann gelassen antworten, daß er von Jugend an alle diese Gebote befolgt hat.

An diesem Punkt sieht Jesus die Chance, dem Mann seine eigentliche Botschaft anvertrauen zu können. Ausdrücklich sagt der Evangelist, daß Jesus ihn ansah und liebgewann – so wie er so viele andere Menschen zuvor in sein Herz geschlossen und in seine Nachfolge berufen hat. Er beginnt so: „Eines fehlt dir noch.“ (Mk 10,21) Das soll nicht heißen: Ein Gebot fehlt dir noch, ein 11. Gebot, das Moses noch nicht kannte. Sondern vielmehr: Ein Zuspruch fehlt dir noch, der letzte Sinn fehlt dir noch, die Erfüllung fehlt dir noch. Merkst du es nicht selbst, wie leer du bist trotz deines Reichtums, wie einsam trotz deiner Freunde? Hältst du nicht sehnsuchtsvoll Ausschau nach etwas, was dich wirklich trägt und hält, nach einer Liebe, für die es sich lohnt, alles zu geben? – Und nichts wünscht sich Jesus sehnlicher, als daß die Menschen es merken, daß er selbst es ist, der die Sehnsucht stillen kann, der der Schatz ist, der das unruhige Herz endgültig zufrieden macht.

Vielleicht war Jesus zu schnell mit der sogleich hinterher gestellten Forderung (aber vermutlich hat der Evangelist wie sonst auch ein langes Gespräch nur drastisch gekürzt und auf das Wesentliche zusammengezogen): „Geh, verkaufe, was du hast, gib das Geld den Armen, und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach!“ (Mk 10,21) – Nicht alle Menschen konnten oder wollten Jesus in diesem Punkt Glauben und Vertrauen schenken, daß mit ihm wirklich das Reich Gottes gekommen ist, daß er wirklich über einen bleibenden Schatz im Himmel verfügte und daß es nur darauf ankommt, alles Hinderliche abzustreifen, insbesondere das Hängen am Besitz. Der Mann gehörte zu denen, die traurig weggingen und dem Ruf Jesu widerstrebten. Er hing zu sehr an seinem Vermögen, das er zu seiner Lebenssicherung erworben hatte und das doch niemals das Leben endgültig zu sichern imstande ist. Das Vordergründige, Vorläufige und Sichere war ihm lieber als das Endgültige, aber eben nicht unmittelbar Sichtbare, von dem Jesus sprach.

Hat der Mann das ewige Leben, das er gesucht hat, verloren? Wir müssen es umdrehen: Gott hat einen Menschen verloren, der berufen war, Zeuge für sein ewiges Reich zu werden. Der Mann, der die Berufung ausgeschlagen hat, wird wahrscheinlich zeitlebens den Stich im Herzen gespürt haben: »Weil ich immer Sicherheit gesucht habe, ist mein Herz leer geblieben.« Für uns Hörer und Leser des Evangeliums soll die Begebenheit zum Anlaß werden, unser Verhältnis zu Jesus Christus zu überdenken. Ist es so, wie ein Wortspiel von Lothar Zenetti es sagt: „Was Jesus für mich ist? Einer der für mich ist. Was ich von Jesus halte? Daß er mich hält.“ Papst Benedikt XVI. drückt es so aus: „Habt keine Angst vor Christus. Er nimmt nichts, und er gibt alles.“

2. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

Letzten Samstag und am vergangenen Mittwoch konnten wir erfreulichen Fußball sehen. Zwei Siege unserer Nationalmannschaft. Diese Siege waren verdient, denn die Fußballspieler sind da hingegangen wo es weh tut. Vor einem Jahr sah das noch anders aus. Da sagten die Sportler noch: „Wir sind einfach nicht da hingegangen, wo es weh tut!"
„Stimmt, da hatten sie Recht!" murmelten viele Hobbysportler auf dem Sofa, während sie genüßlich Cola schlürften und Chips futterten.

Dahin gehen, wo es weh tut. Gilt das nur für Sportler? Gilt das nicht auch für den Glauben? Ein Leben aus dem Glauben erfordert auch Sportsgeist und Anstrengung.
Aber wieso? Wir leben doch aus dem Glauben. Wir gehen sonntags und Feiertags zur Kirche, vor und nach der warmen Mahlzeit wird gebetet und meist abends im Bett. Freitags gibt es Fisch statt Fleisch. In der Fastenzeit wird auf Süßes verzichtet und Geld gespendet wird auch. Die zehn Gebote sind bekannt und werden gehalten.
Wir haben es uns schön eingerichtet im „Sofaglauben". Suchen wir noch die entschlossen Zweikämpfe gegen die eigene Trägheit? Gehen wir im Glauben noch dahin, wo es weh tut?
Will Gott das überhaupt?
Das heutige Evangelium gibt eine eindeutige Antwort. Gott reicht eine „Sofaglaubensmentalität" nicht. Der Jüngling geht traurig davon, weil er nicht bereit ist, dahin zu gehen, wo es weh tut.

Gelegenheiten bietet uns der Alltag genug, um der „Sofaglaubensmentalität" zu entkommen.
Der Verzicht auf die zweite Tasse Kaffee, das dritte Glas Bier, die vierte Zigarette. Nichts Spektakuläres. Kleine Nadelstiche gegen die eigene Trägheit und Sattheit. Unscheinbare Verzichte aus Liebe zu Gott. Wer im Auto unterwegs ist, läßt einmal das Radio aus und betet einen Rosenkranz. Bei dem Sonntagnachmittagsspaziergang im Oktober die Rosenkranzandacht mit einplanen. In der Woche einmal eine Heilige Messe mitfeiern. Das Feld der Möglichkeiten für die Zweikämpfe ist ein sehr weites.

Wenn wir es uns im Winter auf dem Sofa bequem machen bei prasselndem Kaminfeuer und den Biathleten zuschauen, wie sie in der Kälte den Wettkampf bestreiten, dann dürfen wir uns bewußt machen, daß diese Sportler die Leistung nur bringen, weil sie hart dafür trainiert haben. Sie trainieren nicht nur dann, wenn es ihnen gerade „danach ist". Das gilt doch auch für den Glauben. Ich kann nicht nur dann Glauben, wenn es mir gerade „danach ist". Feste Gebetszeiten können da sehr hilfreich sein. Wenigstens morgens und abends fünf Minuten Zeit nehmen, um Gott zu loben, zu danken und ihm unsere Sorgen vorzutragen.

Die Begegnung mit Jesus läßt den Jüngling erkennen, daß Jesus ein „Sofaglauben" nicht genug ist. Auch wir erfahren und erleben hier in diesem Gottesdienst eine Jesusbegegnung im Wort und in dem Sakrament der Eucharistie. Wie dem Jüngling sagt uns Jesus: „Geh dahin, wo es weh tut!" Und wenn wir anfangen unsere „Sofaglaubensmentalität" zu überwinden, werden wir merken, wie spannend und faszinierend auf einmal das Leben aus dem Glauben wird. Auf einmal ist der Alltag des Glaubens nicht mehr fad, sondern ein tägliches Abenteuer. Die kleinen unscheinbaren Verzichte aus Liebe zu Gott können das Leben so spannend machen. Amen.

3. Predigtvorschlag

Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr.

Liebe Schwestern und Brüder,
das mit dem Kamel und dem Nadelöhr ist ein bekanntes Sprichwort. Vermutlich haben Sie es schon gehört oder selbst verwendet.

Dieses geflügelte Wort meint, dass irgendetwas unmöglich passieren kann, schließlich kann man selbst das kleinste Kamel nicht durch das größte Nadelöhr quetschen.

Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr.
Dieses Sprichwort nimmt auch Jesus in den Mund. Wir verwenden in der Regel nur diesen ersten Teil. Häufig vergessen wird oder überhaupt nicht bekannt ist die wichtige Präzisierung, die Entfaltung, die der Herr im zweiten Teil anspricht.
Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.

Da stellt sich die Frage: Ist es also für Reiche unmöglich, in den Himmel zu kommen? Und ab wann ist man denn eigentlich reich, ab 2000 € Monatsgehalt? Schaut Gott den auf den Lohnstreifen und das Girokonto? Muss ich etwa am letzten Tag sozusagen eine Lohnsteuererklärung für den Himmel machen?

Nun diese Fragen machen deutlich, dass man dieses Wort vom Nadelöhr und dem Kamel nicht einfach ganz platt übernehmen kann. Dass wussten auch schon die Bibelwissenschaftler. Und sie haben dabei etwas Erhellendes heraus gefunden.

Wenn Jesus vom Nadelöhr spricht, dann spricht er mit aller Wahrscheinlichkeit von einem Stadttor in Jerusalem. Zur Zeit Jesu waren alle Städte mit Mauern umgeben, die mit einigen Toren versehen waren. Diese wurden allerdings aus Sicherheitsgründen nachts verrammelt und verriegelt, damit keine feindlichen Truppen eindringen konnten. Wer also bis zum Einbruch der Dunkelheit nicht rechtzeitig die Stadt erreicht hatte, musste draußen übernachten.

In Jerusalem aber gab es eine kleine Tür, die immer geöffnet war. Tag und Nacht. Sie war allerdings so eng und niedrig, dass dort keine Angreifer mit Rüstung und Waffen eindringen konnten, sondern nur einzelne Personen und das auch noch gebückt. Und dieser Eingang hieß im Volksmund damals "Nadelöhr".

Mit diesem Wissen im Hintergrund lässt sich besser verstehen, was der Herr meint, wenn er sagt:
Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.

Wenn z.B. ein reicher Kaufmann mit seiner Karawane die Stadt Jerusalem nicht rechtzeitig vor Toresschluss erreicht hatte, um sich und seine Waren hinter den Mauern vor den Räubern in Sicherheit zu bringen, musste er sich entscheiden:
Bleibe ich jetzt, diese Nacht draußen bei meinen voll beladenen Kamelen? Oder bringen ich mein Leben lieber in Sicherheit, indem ich durch das Nadelöhr in die Stadt hineingehe?

Eins war klar: Seinen ganzen Besitz konnte er nicht mitnehmen. Der war zu sperrig für das kleine Tor. Der Reiche musste sich wohl oder übel davon trennen, es loslassen.

Der Herr will uns sensibilisieren mit diesem Wort vom Nadelöhr, sensibilisieren für unsere Anhänglichkeiten:

Angenommen, Sie stehen vor diesem Nadelöhr, vor dieser kleinen Pforte. Was haben Sie, woran hängen Sie?

Könnten Sie, wollten Sie so ohne weiteres auf Liebgewordenes verzichten? Auf das schicke Auto, den jährlichen Urlaub, den regelmäßigen Besuch im Restaurant und auf die vielen anderen Dinge, die das Leben so angenehm machen? Oder hängen Sie schon zu sehr daran? Aber all diese Dinge können wir nicht durch das schmale Tor zerren.

Es ist gut, sich einmal damit zu beschäftigen, woran man denn so richtig hängt. Vielleicht erschrecken wir sogar darüber, wie sehr wir schon an manchen Dingen und Gewohnheiten kleben.

Liebe Schwestern und Brüder!
Weder ich noch der Herr wollen Ihnen das Schöne am Leben verleiden, die kleinen Freuden des Alltags, das kleine bisschen Luxus, das wir uns gönnen dürfen.

Aber es schlummert in uns Menschen die Gefahr, diese Nebensächlichkeiten zu ernst zu nehmen, uns zu viel damit zu beschäftigen, so dass unser Kopf davon voll ist. So dass wir nur noch damit beschäftigt sind, das Auto zu pflegen, die besten und billigsten Angebote für einen Kurztrip zu sichten, die Preise und das Ambiente der Gaststätten zu vergleichen und was weiß ich.

In all dem schlummert die Gefahr, dass sich um uns ein Berg auftürmt, der uns den Zugang, ja die Sicht für das kleine Tor, für das Wesentliche nimmt.

Vollbepackt kommen wir nicht durch das Nadelöhr. Wir müssen loslassen lernen, so wie der Kaufmann von damals, wenn er des nachts in die sichere Stadt Jerusalem kommen wollte.

Liebe Schwestern und Brüder,
es gehört zu unserer menschlichen Existenz unweigerlich dazu, dass wir abgeben können, loslassen können müssen. Erst recht, wenn wir unser Leben lassen müssen, um in die himmlische Stadt Jerusalem, in das ewige Leben eingehen zu können.
"Das Totenhemd hat keine Taschen."
"Nach oben nimmt man nix mit."
So und so ähnlich heißt es dann. Und zu recht.

Bevor wir unser ganzes Leben loslassen - in die Hände Gottes - wäre es gut, die kleinen Dinge unseres Lebens loslassen zu lernen, damit uns der letzte Schritt am Lebensende leichter fällt, damit wir frei von unnötigem Ballast werden.

Liebe Schwestern und Brüder!
Gerade hier im Krankenhaus, angesichts der Krankheit, des Leidens und des Leides,
gerade hier ist ein Ort, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Viele erleben hier worauf es eigentlich ankommt.
Viele merken hier, dass das Leben, das Sein an sich viel wichtiger ist als das Haben.

Auf etwas verzichten zu können, fällt oft schwer. Aber wehe dem, der auf nichts verzichten kann. Er wird sich für das Wesentliche, das Ein und Alles nicht entscheiden können.

Wir können durch das Nadelöhr in die gepriesene, ewige Stadt gelangen,
wenn wir lernen, zu besitzen, ohne am Besitz zu kleben,
wenn wir lernen, die Dinge dieser Welt zu genießen, ohne unser Herz von diesen Dingen und dieser Welt abhängig zu machen,
denn dann werden wir der Verheißung unseres Herrn gemäß einen bleibenden Schatz im Himmel haben.

4. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Auch wenn wir nicht genau wissen, wie es im Himmel aussieht - es ist im allgemeinen doch erstrebenswert, in den Himmel zu kommen.

Und so spielt die Frage des Jünglings aus dem Evangelium auch in den Köpfen der heutigen Menschen eine große Rolle: Wie komme ich in den Himmel? «Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu erlangen?»

Die erste Antwort Jesu war wohl zu erwarten: Halte dich an die Gebote. Tatsächlich sind die 10 Gebote ja auch durchaus geeignet, unser Verhalten zu besseren. Liebe Gott, ehre seinen Namen, lüge und stehle nicht, ehre Vater und Mutter und deinen Ehepartner. Eine Richtschnur, die sich immerhin Tausende von Jahren bewährt hat.

Aber Vorsicht! Regeln, Gebote und Gesetze können zwar unser Verhalten ändern, aber einen besseren Menschen machen sie noch nicht. Im Gegenteil: Sie können sogar als Schutz vor weitergehenden Ansprüchen Gottes verstanden werden.

So kann ein Angestellter, der möglichst wenig mit seinem ungeliebten Vorgesetzten zu tun haben möchte, gerade die Erfüllung aller Vorschriften und Höflichkeitsformen benutzen, um die Kontakte mit dem Vorgesetzten auf ein Minimum zu reduzieren. «Je mehr ich mich an die Vorschriften halte, umso weniger habe ich mit ihm zu tun. Und wenn er mir komisch kommt, kann ich immer sagen: Was willst Du denn, ich habe doch alle Vorschriften erfüllt?»

Genauso kann eine gewissenhafte Befolgung aller Gebote und kirchlichen Vorschriften geradezu zum Bollwerk gegen Gott werden: «Was willst Du denn, Gott, von mir? Ich habe alle deine Vorschriften erfüllt, lass mich also in Ruhe.»

Wer sich lange genug bemüht, der kann irgendwann alle diese Gebote halten, er wird perfekt sein. Und wer perfekt ist, wer fertig ist - wofür braucht der noch einen Gott?

Nicht so bei Jesus: Wer den einen Schritt getan hat, der wird aufgefordert, den nächsten zu tun. Und wer schon sehr weit vorangeschritten ist - wie der reiche Jüngling - der steht vor immer schwierigeren Schritten: Alles verkaufen? Den ganzen Besitz? Wieviel will Gott noch von mir fordern?!

Liebe Schwestern und Brüder: Wer einen einfachen, kurzen Weg zum Himmel finden will, wer ein Rezept in die Hand gedrückt bekommen will, mit der Garantie, nach einiger Zeit zu den «Perfekten» zu gehören, der ist in der Nachfolge Jesu am falschen Ort, der sollte sich besser einer Sekte anschließen. Denn gerade die Sekten bieten Patentrezepte an, mit Erfolgsgarantie, und irgendwann gehört man zu den «Perfekten», den Erleuchteten, den Heiligen. Dann hat man die Welt im Dösken und mit Gott nichts mehr zu tun.

Aber erwarten sie das nicht von unserem christlichen Gott: Es geht immer einen Schritt weiter auf der Leiter zur Vollkommenheit, aber perfekt werden sie nicht werden. Versuchen sie nur einmal die Armut zu leben. Da kommen sie nie an ein Ende - denn Armut bedeutet ja nicht, mittellos zu sein, sondern Armut bedeutet frei sein von unseren materiellen Vorlieben, frei sein vor Gott. Und wer kann schon von sich behaupten, das geschafft zu haben? Wer von ihnen freut sich nicht auf eine geheizte Kirche, ein warmes Mittagessen, den Fernseher und das weiche Bett?

Aber - wenn wir hier nie perfekt werden - wie können wir dann in den Himmel kommen? «Wer kann dann noch gerettet werden?» Die Frage des Petrus ist gar nicht so schlecht. Als Jesus aber den reichen Jüngling liebevoll anschaute, war die Antwort eigentlich schon klar: Gott wünscht unsere Armut, damit wir großzügig werden, damit wir lieben, damit wir werden wie Er - und genau dieser großzügig und liebevolle Gott ist die einzige Hoffnung - die einzige Garantie, die wir haben. Amen.

5. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder, «Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als ein Reicher in das Reich Gottes kommt». Ein bekannter Spruch aus der Bibel, oft zitiert und heiß umstritten. Und bis heute wird gerätselt, was denn genau mit diesem Sprichwort gemeint ist.

Es gibt einige Erklärungen, die sich in der Bibelwissenschaft (der Exegese) finden. Ich fand aber nur die folgende wirklich einleuchtend:

Jerusalem war damals, wie auch viele andere große Städte von einer festen Mauer umgeben, der Stadtmauer, in der es zwar zahlreiche Tor gab, die aber nachts alle geschlossen wurden. Wer bis zum Einbruch der Dunkelheit nicht rechtzeitig zurück war, musste zunächst draußen bleiben. In Jerusalem allerdings soll es eine Besonderheit gegeben haben: Dort gab es eine kleine Tür, die auch in der Nacht noch geöffnet war. Diese Tür war eng und niedrig, so dass dort keine Angreifer mit Waffen und Rüstungen hindurch konnten, sondern nur einzelne Personen, gebückt und zum Teil sogar kriechend. Eine solche niedrige Pforte gibt es heute zum Beispiel noch an der Grabeskirche in Bethlehem, gerade einmal 1,10 m hoch.
Diese Pforte in Jerusalem soll "Das Nadelöhr" geheißen haben. Alle Zuhörer Jesu wussten also genau, was er gemeint hat, als er sagte: "Eher geht ein Kamel durch das Nadelöhr in unserer Stadtmauer". Damit ändert sich allerdings auch der Sinn dessen, was er den Leuten damals sagen wollte:

Es kam sehr wohl vor, dass ein Kaufmann mit seiner Karawane nicht rechtzeitig die Stadt erreichte, um sich dort hinter den Mauern in Sicherheit vor den umherziehenden Räuberbanden zu bringen. Wenn er Jerusalem erreichte und die Tore verschlossen vorfand, musste er sich entscheiden: Möchte ich die Nacht hier draußen verbringen, bei meinen mit kostbaren Waren beladenen Kamelen? Oder möchte ich lieber mein Leben in Sicherheit bringen und durch das Nadelöhr in die Stadt fliehen?

Nicht wer einfach nur reich ist, kommt nicht in den Himmel. Sondern wer an seinem Reichtum so sehr hängt, dass er ihn nicht loslassen kann, selbst wenn seine Seele in Gefahr ist.
Reichtum verführt uns zur Selbstherrlichkeit. Die Gier nach Hab und Gut verdirbt den Charakter. Wer besessen ist von dem Gedanken, was er als nächstes noch kaufen muss, der verliert den Blick für das wirklich wichtige im Leben.

Aber wie das so ist im Leben: Wir merken es nicht, wenn die Gier und das Besitzenwollen von unserem Denken und Tun und unserem Herzen Besitz ergreift. Wer sich selber eine Grube gräbt, redet sich oft ein, dass er auf Gold gestoßen ist.

Stellen Sie sich einmal die Frage, die Jesus mit seinem Beispiel angedeutet hat: Angenommen, sie stehen vor diesem Nadelöhr, der kleinen Pforte. Auf der einen Seite Ihr Besitz, ihr Anerkennung, die Freunde und ihre Freizeit, auf der anderen Seite Gottes Reich. Welche Seite würden sie wählen?

Lieber die Ernte einbringen - oder den Sonntag heiligen?
Liebe bis zum Morgengrauen feiern - oder zum Gottesdienst gehen?
Lieber Schweigen und sein Gesicht nicht verlieren - als bei Gotteslästerungen (oder Lästern über Menschen) zu protestieren?
Lieber im neuesten Trend bleiben - als mein Geld den geben, die weniger haben?
Lieber die Freizeit abwechslungsreich gestalten - oder das Leben derer zu bereichern, die nur noch wenig vom Leben haben?

Liebe Schwestern und Brüder, wir stehen - gottseidank - nicht ständig vor der Wahl. Oft genug können wir beides tun: Unser Leben genießen und gleichzeitig am Reich Gottes mitwirken. Aber oft genug, in kleinen Dingen, ganz unscheinbar, müssen wir uns entscheiden. Das, liebe Schwestern und Brüder, sind kleine Tests; Zwischenprüfungen Gottes, ganz unerheblich. Damit wir uns dort immer häufiger richtig entscheiden, feiern wir Gottesdienst; bitten wir Gott um seine Hilfe. Amen.

Fürbitten