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Predigtvorschläge - 30. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B)
1. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2006)

Liebe Gemeinde!

Er hat lange auf diesen Augenblick gewartet, dieser Blinde am Straßenrand von Jericho – sein Name ist sogar noch überliefert: Bartimäus. Mit seinem ganzen Wesen sehnt er sich nach Heilung, nach Licht. Jetzt ist die Chance da, und er ruft mit lauter Stimme: „Jesus, Sohn Davids, erbarme dich meiner.“ Er stört sich nicht an den vielen, die die Not des Blindseins nicht kennen und ihm befehlen zu schweigen, er schreit nur noch viel lauter.

Es ist leicht, diese Begebenheit auf unser geistliches Leben zu übertragen. Zwar ist uns der Herr immer nahe, aber manchmal geht er auch vorüber, wenn wir ihn nicht durch lautes Rufen auf uns aufmerksam machen. Der heilige Augustinus sagt in einer Predigt: „Ich fürchte, Jesus könnte an mir vorübergehen und nicht wiederkommen.“ – Das ist in der Tat ein ernster Gedanke. Wir können ihn beziehen auf unser persönliches Leben wie auch auf die großen Entwicklungen in der Welt.

1. In unserem persönlichen Leben kommt es immer wieder vor, daß wir merken: wir kommen alleine nicht zurecht. Wir wissen nicht, welcher Weg der richtige ist, wohin wir uns wenden sollen, welcher Stimme wir folgen sollen, was jetzt für uns dran, was zu tun ist. Oder wir erkennen uns plötzlich nicht wieder und haben auch ein getrübtes Bild von der Welt und von unseren Mitmenschen. Das Gute und Schöne zeigt sich nicht mehr, wir sehen nur noch die Schattenseiten des Lebens – als wären wir blind geworden. Geistige und geistliche Blindheit ist nicht weniger schlimm als die leibliche, aber sie kommt viel häufiger vor, zu gewissen Zeiten fast bei jedem Menschen.

Wenn wir merken, daß auch wir davon befallen sind, dann wird es Zeit, daß wir Christus herbeirufen, der immer wieder auch unsere Wege kreuzt. Die Bitte des blinden Bettlers „Ich möchte wieder sehen können“ sollten wir zu unserer eigenen Dauerbitte machen: „Ja, Herr, nimm die Blindheit von meinen Augen, die mich hindert, deine väterliche Liebe zu erkennen.“ Von der Stunde unserer Geburt an bis zum letzten Atemzug werden wir von der Liebe Gottes umfangen und gehen gleichgültig an ihr vorbei. Unsere Augen sehen nicht, wie Jesus uns jeden Tag nahe ist, wie er jeden Tag darauf wartet, uns sein helfende Hand zu reichen. Unsere Aufmerksamkeit ist auf vergängliche Dinge gerichtet, die uns mit ihrem gleißenden Licht anlocken und den Blick auf die entscheidenden und bleibenden Werte verstellen. – Doch Jesus kann jede Blindheit heilen und uns die geistige Klarheit neu schenken, wenn wir ihn nur innig und unbeirrt darum bitten.

2. Doch gilt dies nicht nur für unser persönliches Leben, sondern auch für das gesellschaftliche Leben und sogar für das ganze Weltgeschehen. In diesem Bereich sehen wir sogar am ehesten ein, daß guter Rat teuer ist, hat uns doch seit langem schon der Fortschritts­opti­mis­mus verlassen und einer allgemeinen Zukunftsangst Platz gemacht. Hier sind wir Christen gefragt, ob wir unseren Glauben als eine weltverändernde, heilende und befreiende Kraft oder nur für eine Privatsache ansehen. Wenn wir uns wie die anderen nur auf rein innerweltliche Strategien verlassen, dann sind auch wir von Mutlosigkeit und Resignation bedroht, die sich einstellen, wenn die ergriffenen Maßnahmen versagen. Europa steht am Scheideweg: Wird es wie der blinde Bartimäus den vorübergehenden Christus zu Hilfe rufen, oder wird es weiterhin seine christliche Vergangenheit in stolzer Verachtung mit Füßen treten? Die zwölf Sterne der europäischen Flagge erinnern an Maria, die in der Offenbarung geschildert wird als „Frau, mit der Sonne bekleidet … und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt.“ (Offb 12,1) Aber in der europäischen Verfassung soll von Gott nicht einmal die Rede sein. Die Völker Europas, die einst ihre Geisteskraft und ihren Glauben so stolz in alle Welt getragen haben, sind im Materialismus versunken und suchen ihr Heil nur noch in der Ökonomie. Die muslimischen Völker haben nur Verachtung für uns übrig. Und sie wissen: bald wird Europa nicht nur arm an Kindern sein, sondern auch seinen wirtschaftlichen Reichtum verlieren – wenn wir uns nicht ändern und uns auf Christus besinnen, der nur darauf wartet, uns fragen zu können: „Was soll ich dir tun?“

2. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

"Dein Glaube hat Dir geholfen!" - Diesen (oder einen ähnlichen) Satz hören wir oft im Zusammenhang mit einer Wunderheilung. Das klingt sehr verdächtig nach dem typischen Placebo-Effekt: Nicht das Medikament wirkt, sondern der Glaube an die Wirksamkeit des Medikamentes! So lassen sich tatsächlich beachtliche Heilungserfolge mit absolut unwirksamen Medikamenten erzielen - wenn der Kranke nur glaubt (zumindest in engen medizinischen Grenzen). Und so gibt es tatsächlich Deuter der Schrift, die meinen dass nicht Jesus den blinden Bartimäus geheilt habe, sondern ein - wie auch immer gearteter "Glaube" des Bartimäus. "Wie auch immer?" Ja, letztlich ist es belanglos, woran der gute Bartimäus glaubt; wenn der Glaube allein schon Heil-Kräfte weckt, dann mag es auch der Glaube an Außerirdische sein - Hauptsache, es wirkt.

Natürlich widerstrebt uns spontan eine solche Annahme; und selbstverständlich legen wir weiterhin Wert darauf, dass es eine Kraft gegeben haben muss, die von Jesus ausging. Aber das ist ein wenig heuchlerisch; denn in unserem Alltagsdenken, -reden und -verhalten zeigt sich, dass es wirklich schon so weit gekommen ist, dass Jesus eine Art Placebo ist. Wie selbstverständlich reden wir davon, dass "man ja an irgendetwas glauben muss" und dass es ganz schrecklich sei, wenn jemand "an nichts mehr glaubt". Dabei finde ich, dass jemand, der an die Rassenideologie des 3. Reiches glaubt, besser an nichts glaubt. Auch in der Gesprächen mit Mitmenschen, die einer anderen Religion angehören, hören wir uns schnell sagen: "Ja, wenn das nun einmal deren Glaube ist...!" - "Wir glauben halt an Jesus und die an Mohammed - wo ist da der Unterschied?" - "Wie Gott wirklich ist, weiß doch keiner!". Auch im Ökumenischen Dialog sind wir uns rasch einig, dass doch jeder sein Recht auf einen eigenen Glauben hat "Ob nun mit Maria oder ohne - das muss doch jeder selber wissen!"; jeder Glaube aber gleichwertig sei - zumindest wenn er nicht zur Gewalt aufruft. Solange aber alles friedlich abgeht, soll jeder glauben, was er will. Hauptsache, er wird glücklich damit.

Hauptsache, wir werden glücklich damit. Die Güte eines Glaubens wird nach seinem "Glückspotential" bemessen. Nach seinem Effekt: Wenn er mich glücklich macht, dann ist es doch egal, ob er "richtig" ist oder "falsch". Darauf kommt es nicht an. Das, was hilft, wird als "wahr" definiert. - Und, natürlich, gilt das umgekehrte: Wenn der Glaube mit Kopfschmerzen bereitet, mich unglücklich macht, dann ist es kein guter Glaube. Wenn eine Religion von mir verlangt, im Zweifelsfall mein Leben für eine Überzeugung zu lassen, dann übersteigt sie ihre Zuständigkeit. Wenn die Kirche von ganzen Personengruppen (ob nun Homosexuellen, wiederverheiratet Geschiedenen, ehewilligen Priestern oder glücklichen Großgrundbesitzern) verlangt, sie dürfen ihr vermeintliches Glück nicht ausleben, dann hat die Kirche eben versagt. Wahr ist, was hilft. Ein Glaube, der nicht zum Glück dient, dient zu nichts.

Und genau da hakt es. Er sagt von sich eben nicht: "Ob ich der wahre Sohn des wahren Gottes bin, wird sich erweisen, wenn ihr mir folgt und dabei feststellt, dass es unheimlich viel Spaß macht!" - Jesus stellt die Welt wieder in die richtige Rangordnung: "Weil ich die Wahrheit bin, findet Ihr nur bei mir Euer Glück. Weil ich die Wahrheit von Ewigkeit her bin, bin ich der Weg zum ewigen Leben!" Jesus verlangt Unfassbares: Einen Vorschuss-Glauben. Einen Glaubensakt nicht aufgrund von erfolgter Glückserfahrung. Sondern aufgrund von Erkenntnis, vielleicht Intuition, eines Erlebnisses, das mich ergreift. "Weil Du an en einen wahren Sohn geglaubt hast, wurdest Du geheilt!" (Apg 3,16) - So ist der Hauptmann unter dem Kreuz nicht zur Erkenntnis gekommen, dass der Gekreuzigte "wahrhaft Gottes Sohn war", weil das Kreuzigungsgeschehen für ihn so beglückend war - sondern im Gegenteil. (Mt 27,54)

Liebe Schwestern und Brüder; es geht im Glaubensgespräch - in ihrer Familie und Freundeskreis, aber auch im Gespräch mi anderen Religionen und Konfessionen - nicht nur darum, sich an den Überzeugungen anderer zu freuen. Sondern es geht um etwas viel Dramatischeres: Um die Suche nach der Wahrheit; nach dem, was wirklich ist, was für jeden gilt. Ein echtes Glaubensgespräch lädt jeden ein, von dem zu berichten, was er als wahr entdeckt hat. Alles andere ist nur spirituelle Wellness.

Bartimäus hat geglaubt; er war sich sicher, dass in Jesus das Erbarmen Gottes auf die Erde gekommen war. Er hätte sicherlich auch dann noch geglaubt, wenn Jesus ihn nur gesegnet und nicht geheilt hätte. Sein Glaube war kein Mittel zum Zweck - zum Glück und persönlichen Wohlbefinden - sondern ein Ergriffensein von der Wahrheit. Als Zeichen für uns, dass allein die Wahrheit und nicht ein Placeboglaube hilft, hat Jesus dem geistig hellsichtigen Bartimäus auch das leibliche Augenlicht wiedergeschenkt.

Lassen wir uns auch ergreifen von der Wahrheit. Sie ist uns näher als wir manchmal vermuten. Zum Beispiel im Glaubensbekenntnis, das wir gleich gemeinsam beten. Amen.

3. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder,
dieses Evangelium haben sie sicherlich schön häufig gehört. Es ist eines der bekanntesten und auch eines der sympathischsten.
Eine lebendige Geschichte, die zeigt wie sehr Christus uns nahe ist.

Eine Episode von der wir lernen auch können.
Bartimäus, der blinde Bettler am Straßenrand, ist heute unser Lehrmeister. Ein Lehrmeister des Betens und des Lebens.

Bartimäus ist blind.
Auch wir kommen in Situationen, wo uns der Durchblick fehlt: Ereignisse können uns sozusagen das Licht nehmen. Wohin? Wie soll das weitergehen? In Krankheit und Leiden, in Brüchen unseres Lebens, in enttäuschter Hoffnung spüren wir oft das Dunkel in und um uns. Wir wissen weder ein noch aus.

Bartimäus ist Bettler.
Er bedarf der Hilfe der anderen, aber gleichzeitig ist er von diesen ausgestoßen, weil damals die irrige Meinung vertreten wurde, dass eine Krankheit die direkte Folge einer Sünde sei.
Es ist nicht leicht, auf andere angewiesen zu sein in einer Gesellschaft, in der der "Macher" den Ton angibt. Noch schwerer ist es, sich von den anderen verlassen zu fühlen, sich einsam zu wissen.

So wie es Bartimäus damals ging, so geht es vielen Menschen heute, hier in Deutschland und anderswo. Sie sitzen zwar vielleicht nicht so augenfällig an der Strasse, aber wer wachen Auges unser Gemeinwesen betrachtet, sieht sie doch: die Einsamen, die Verzweifelten, die Hoffnungslosen, die seelisch Verwundeten, die körperlich Kranken. Und vielleicht finden wir uns selber darin wieder. Vielleicht sind auch wir in einem gewissen Sinne ein "blinder Bettler".

Das Evangelium endet damit, dass Bartimäus wieder sehen kann und in der Nachfolge Jesu eine Sinn, eine Orientierung für sein Leben findet. Wie kommt es zu dieser Wende? Was ist nötig aus dem Dunkel ins Licht zu kommen?

Bartimäus hört.
Er hörte, dass Jesus an ihm vorüber ging. Zum Hören braucht es Stille und auch Zeit. Und oft ist es das, was uns fehlt. Unsere Ohren sind voll mit allem möglichen. Unsere Sinne werden bombardiert mit Reizen. Wir kommen gar nicht dazu, in uns hineinzuhören, über uns und unser Leben nachzudenken, erst recht nicht zum Beten.
Um wie Bartimäus hören zu können, müssen wir versuchen, uns Zeit freizuschaufeln für uns, für unser Gebet. Manchmal zwingen uns die Umstände sogar dazu, hören zu müssen, still zu werden, z. B. dann, wenn ich durch die Krankheit ans Bett gebunden bin. Und oft ist es wahr, dass erst die Not wieder beten lehrt.

Bartimäus ruft.
Jesus, Sohn Davids hab Erbarmen mit mir. Bartimäus ruft nach Jesus. Er ruft, weil er weiß, dass er Hilfe braucht; weil er weiß, dass Jesus ihm helfen kann.
In seinem Ruf steckt sicherlich viel Schmerz, viel Gram, viel Enttäuschung darüber, dass er blind und Bettler ist. Aber wer genau hinhört, spürt auch die Hoffnung in diesem Ruf.
Er schreit nach Jesus. Auch gegen den Widerstand der anderen, die ihn mundtot machen wollen. Er hört nicht auf nach Jesus zu rufen.
Sein Rufen hat einen Adressaten. Er sieht ihn zwar nicht. Er weiß aber, dass er existiert, dieser Jesus. So betet Bartimäus.

Im Gebet können auch wir unserer Not, der inneren wie der äußeren, Ausdruck verleihen. Das, was uns bedrängt, muß heraus, damit es uns nicht auffrisst. Unser Dunkel dürfen wir hinausschreien, ja müssen wir hinausschreien, um ans Licht zu gelangen.
Unser Flehen stößt nicht ins Leere, es trifft auf die Ohren unseres Herrn. Auch wenn wir ihn nicht mehr wahrzunehmen scheinen, auch wenn wir ihn schon lange außen vor gelassen haben in unserm Leben. ER ist da. ER hört. ER ruft uns zu sich. So wie auch den Bartimäus.

Bartimäus wagt den Sprung.
Da warf er seinen Mantel weg, sprang auf und lief auf Jesus zu.
Der Blinde wird vom Herrn gerufen und er macht sich auf, IHM zu begegnen. Wie schwierig mag es für einen Blinden sein, aufzuspringen und sich ohne Hilfe auf die Suche nach jemandem zu machen. Aber Bartmäus wagt es. Er vertraut sich Christus an. Und andere ermutigen ihn dazu.
Sein Vertrauen ist wirklich groß. Er wirft seinen Mantel von sich, das also, was er sicher besitzt, um zu erlangen, was er erhofft.

Sich Christus anzuvertrauen ist ein schwerer Schritt. Er ist nicht leicht, aber er ist der einzige Weg vom Dunkel ins Licht. Wie Bartimäus müssen auch wir uns freimachen von dem, was wir zu besitzen meinen: Geld, Kraft, Stärke, Fähigkeiten, sogar von Menschen, die uns zu sehr festhalten wollen, uns nicht freilassen.

Bartimäus eröffnet seine Sehnsucht vor dem Herrn.
Was soll ich dir tun? - Ich möchte wieder sehen können.
Bartimäus kennt seine Sehnsucht. Er speist sich selber nicht ab mit Nebensächlichkeiten. Er will von Jesus kein Almosen, ein paar Münzen. Er will alles. Er will wieder sehen.

Kennen wir unsere tiefste Sehnsucht? In jedem von uns schlummert eine Sehnsucht. Wirklich glauben zu können. Lieben zu können. Geliebt zu werden.

Stell Dir vor, Jesus steht jetzt vor Dir und fragt Dich: Was soll ich dir tun? Es ist eine einmalige Chance. Was würdest Du ihm antworten?

Jesus kommt dem Bartimäus nicht mit einem Lebensrezept, nach dem Motto: Mache dies und dann das und Du wirst wieder sehen. Nein, Jesus wirkt einfach. Dein Glaube hat dir geholfen. Und im gleichen Augenblick konnte er wieder sehen und er folgte Jesus auf seinem Weg.

Bartimaüs hat es geschafft. Er sieht wieder. Das Dunkel ist dem Licht gewichen.
Auf diesem Weg musste er sehr mit sich ringen.
Er musste schmerzlich anerkennen, wie es um ihn steht. Um ihn, den blinden Bettler. Er hat sich seine Situation nicht schön geredet.
Und er musste den Sprung wagen, sich mit all seinem Schmerz und seiner Sehnsucht Christus anzuvertrauen. Ohne Vorbehalt, ohne Hintertürchen.

Liebe Schwestern und Brüder,
so zu beten, so auf Gott zu vertrauen, das fällt nicht leicht. Weder Ihnen noch mir. Aber das Evangelium von heute sagt uns, jedem, jeder persönlich:
Hab nur Mut, steh auf, der Herr ruft dich!

4. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Jesus ist mit seinen Jüngern auf dem Weg nach Jerusalem, und die Menschenmenge, die ihn dabei begleitet, sieht in diesem Hinaufziehen zum Tempel eine Art Demonstration. Sie unterstützt die Sache Jesu. Die Leute wollen dabei sein, weil Sie die Idee dieses unorthodoxen Predigers gut findet. Die Sache Jesu ist eben nicht die Sache der Pharisäer, und das kommt an.
Jesus aber geht es gar nicht um eine Sache. Er will mit dem Zug nach Jerusalem auch nicht einfach irgendein Programm oder eine Lebensphilosophie demonstrieren. Jesus geht es um den Menschen. Deshalb stört ihn der blinde Bartimäus auch nicht - im Gegensatz zu denen, die ihm befahlen, doch lieber den Mund zu halten. Und deshalb ist die Frage, die Jesus stellt, das Zentrum des Evangeliums: «Was soll ich dir tun?»

Was soll ich dir tun? Was würden wir auf diese Frage antworten? Was ist es, dass wir uns von Jesus, von Gott wünschen? Was steht im Mittelpunkt unseres Lebens, unserer Sehnsucht? Bartimäus hat sich nichts sehnlicher gewünscht, als sehen zu können. Und er glaubte, damit bei Jesus an der richtigen Adresse zu sein. Bei ihm fühlte er sich mit seinem Wunsch aufgehoben. Haben wir einen solchen tiefsten Wunsch? Würden wir uns damit an Jesus wenden, weil wir uns bei ihm aufgehoben wissen?

Wir feiern heute den Welttag der Mission, den Weltmissionssonntag. Der erste Gedanke, der uns bei dem Stichwort «Mission» durchzuckt, ist der Gedanke an unsere Geldbörse - muss ich jetzt schon wieder etwas spenden? Wieviel wohl?
Bei dem Wort «Weltmission» vergessen wir nämlich leicht, dass nicht nur wir die Gebenden sind. Gerade die Menschen in den sogenannten Entwicklungsländer sind nämlich in mancher Beziehung reicher als wir.

Ein Bischof hat einmal geschrieben: «Es fällt mir immer wieder auf, dass man in den Armenvierteln zum Beispiel in Südamerika viel mehr lachende, fröhliche Menschen findet als bei uns. Offensichtlich haben sie bei aller Not noch die Wahrnehmung des Guten, an der sie sich auch festhalten, sich aufrichten und Kraft gewinnen können. Insofern brauchen wir wieder jenes Urvertrauen, das letztlich nur der Glaube geben kann. Dass im Grunde die Welt gut ist, dass Gott da ist und gut ist. Dass es gut ist, zu leben und ein Mensch zu sein.»

Könnten wir vielleicht von diesen Menschen wieder lernen, was es heißt, Gott zu vertrauen? Das Leben zu lieben, weil Gott uns liebt?

Natürlich braucht die Mission auch unsere finanzielle Unterstützung. Aber auch wir brauchen die Mission, damit wir wieder lernen, in Gott und im Glauben unsere Freude zu finden. Vielleicht haben wir gerade im Hinblick auf die Mission verlernt, zu bitten - so wie der Bartimäus Gott um Hilfe anzuflehen.
Die glaubenden Menschen in den Krisengebieten dieser Welt wissen sehr gut, was sie auf die Frage Jesu «Was soll ich dir tun?» antworten sollen. Und sie haben das Vertrauen, dass Gott sie nicht alleine lässt mit ihrem Wunsch.

Sind wir wunschlos glücklich, weil es uns gut geht und kommen - zumindest praktisch gesehen - ohne Gott aus?

Oder wissen wir, was Gott uns tun soll? Haben wir das Vertrauen, dass er uns nicht allein lässt? Denn ihm geht es nicht um eine Sache, Ihm geht es um mich. Ganz persönlich. Was willst du, dass ich dir tun soll?

Amen.

5. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Die Geschichte des blinden Bartimäus ist vielen von uns schon seit Kindertagen bekannt. Ich will Ihnen zu dieser Geschichte auch nicht viel Neues erzählen, sondern sie lediglich dazu einladen, Ihrer äußeren Augen zu schließen und ihre inneren Augen zu öffnen, für das, was dort geschehen ist, und was auch mit ihnen geschehen kann.

Bartimäus hat von Jesus gehört, wie wohl jeder Einwohner von Jericho damals. Und nun spürt er, wie Jesus vorbeigeht. Man sagt ihm, dass es dieser berühmte Prophet sei. Und Bartimäus beginnt, ins Dunkel seiner Welt hinein, laut zu rufen.

Es gibt Ereignisse in unserem Leben, die uns sozusagen alles Licht nehmen. Plötzlich sitzen wir im Dunkeln. Wie oft kommt es vor, dass uns nicht nur Gott, sondern auch diese Welt so ganz entzogen ist - alles ist weit weg. Dann ist es wichtig, jemanden in seiner Nähe zu spüren. Dann tut es gut, wenn mir jemand sagt: Ich bin da. Dafür müssen wir Ohren haben. Dafür brauchen wir aber auch eine Stimme, die noch rufen und klagen kann.
Wer das beten verlernt hat - das bewusste, flehende Gebet des Herzens - verliert auch seine Stimme. Bei Gott und bei den Menschen. Vielleicht können manche Ereignisse, die uns die Orientierung im Leben nehmen, unsere Stimme wieder finden lassen. Not lehrt beten, sagt man, Dunkelheit und Orientierungslosigkeit sollte uns wieder das Bitten und Rufen lehren.

Als Bartimäus ruft und ruft, wurden viele ärgerlich und befahlen ihm zu schweigen. Das ist vielleicht der größte Widerstand, den Bartimäus überwinden muss. Er ist doch auf diese Menschen angewiesen, es muss ihn viel Überwindung gekostet haben, sie jetzt zu verärgern. Aber wichtiger als die Abhängigkeit von den Menschen ist ihm die Zuwendung Gottes. Dass Gott mit ihm Erbarmen habe ist ihm wichtiger als die Anerkennung seiner Mitmenschen.

Und dann sagt Jesus: Ruft ihn her. Bartimäus springt auf und läuft auf Jesus zu. Blind, ohne zu wissen, wie er von ihm empfangen wird, geht er einfach los.

Zur Zeit finden in Sydney die Paralympics, die Olympischen Spiele der Behinderten statt. In der Zeitung habe ich ein Bild von einem blinden Leichtathleten gesehen, der am Weitsprung teilgenommen hat. Blind loszurennen und sogar noch zu springen, ins Dunkel hinein - und sich dann fallen zu lassen - das erfordert ein Vertrauen, das weit größer ist, als wir sehende Menschen leisten können.
Aber manchmal sind wir auch dazu genötigt. Gott zeigt sich uns höchst selten, er erwartet von uns dieses außergewöhnliche Vertrauen. Nicht deshalb, weil er uns auf die Probe stellen möchte, sondern weil er uns zeigen möchte, dass er uns hält. Dass er da ist. Immer.

Und dann fragt Jesus den blinden Bartimäus: «Was soll ich Dir tun?» - Das Vertrauen hat sich gelohnt; Jesus will helfen. Aber er fragt, was wir denn möchten. Worum es uns denn geht. Was ist es, dass wir uns von Jesus, von Gott wünschen? Was steht im Mittelpunkt unseres Lebens, unserer Sehnsucht? Bartimäus hat sich nichts sehnlicher gewünscht, als sehen zu können. Und er glaubte, damit bei Jesus an der richtigen Adresse zu sein. Bei ihm fühlte er sich mit seinem Wunsch aufgehoben. Haben wir einen solchen tiefsten Wunsch? Würden wir uns damit an Jesus wenden, weil wir uns bei ihm aufgehoben wissen?

«Rabbuni, ich möchte wieder sehen können.» sagt Bartimäus. «Rabbuni, ich möchte glauben können» würden wir vielleicht sagen. Oder: «Rabbuni, ich möchte lieben können, uneigensüchtig, selbstlos.» Die Antwort Jesu ist kein Lebensrezept: «Tue dies, oder tue das, und Du wirst schon sehen, wie sich Dein Leben ändert.» Sondern Jesus sagt nur: «Dein Glaube hat Dir geholfen.» Jesus hilft, indem ER wirkt. Er gibt die Verantwortung nicht ab - oder zurück an Bartimäus.

Und Bartimäus konnte wieder sehen, weil er sich nichts sehnlicher gewünscht hatte. Wenn wir uns wirklich wünschen, zu glauben, zu lieben, zu schenken oder zu beten, so reicht diese kleine Bitte vollkommen aus, dass es geschieht. Und in diesem Augenblick sind wir, wie Bartimäus, schon in der Nachfolge Jesu. Amen.

Fürbitten