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Predigtvorschläge - 03. Sonntag der Osterzeit (Lesejahr B)
1. Predigtvorschlag

von Peter van Briel (erstellt: 2021)

Liebe Schwestern und Brüder!

Die Lesungen und das Evangelium des heutigen Tages bieten mir als Prediger gleich drei spannende Themen an. Zwei möchte ich allerdings nur kurz erwähnen und nicht zum Gegenstand dieser Predigt machen:

Dass beide Lesungen fast ausschließlich von der Sünde und der christlichen Überzeugung der Vergebung reden - und das Evangelium am Ende das noch einmal bestärkt - befremdet uns vielleicht, die wir in der Osterzeit doch lieber von österlichen Erfahrungen hören wollen. Aber «Auferstehung» ist zunächst etwas aus der Vergangenheit (bei der Auferstehung Jesu) oder der Zukunft (als Verheißung unserer eigenen Auferstehung). Das, was wir jetzt oft als Auferstehungserfahrung bezeichnen, ist nicht mehr als nur ein Bild, eine Art Vorgeschmack. Und auch, wenn neuer Mut nach einer persönlichen Krise oft als «Erfahrung von Auferstehung» bezeichnet wird, bleibt es doch nur ein sehr menschliches Bild. Am ehesten kommt die Erfahrung von neuem Leben demjenigen, der nach einer großen persönlichen Schuld Vergebung erfährt.
Vergebung ist also das österliche Thema schlechthin!

Dann spricht natürlich das zentrale Geschehen im Evangelium von der konkreten, leibhaften Realität der Auferstehung. Keine Vision, keine astraler Körper oder eine geistige Erscheinung begegnet den Jüngern, sondern der handfeste, berührbare und berührende auferstandene Jesus.
Obwohl ich gar nicht oft genug darüber predigen könnte, wie leibverliebt unser Gott und damit unser Glaube ist, will ich mich einem dritten Thema zuwenden.

Gerade vor zwei Tagen schrieb mir eine Grundschullehrerin - die zufälligerweise auch noch eine entfernte Cousine von mir ist - von der Frage eines Schülers, warum Jesus beim Gang nach Emmaus den beiden Jüngern nicht schon direkt am Anfang gesagt hat: «Hallo, ich bin's, Jesus! Ich bin auferstanden!» Warum geht er erst - vermutlich Stunden - mit ihnen, ohne sich zu erkennen zu geben? - Natürlich sind auf solche Fragen mehrere Antworten möglich.

Aber eine sehr naheliegende Antwort gibt uns auch das heutige Evangelium. Denn genauso wie in der Emmaus-Erzählung heißt es dort, dass Jesus ihnen «den Sinn der Schrift» erschloss. «Musste das nicht alles geschehen, was ihr in den letzten Tagen gehört habt?»

Das ist das zentrale Thema. Im Youcat-Glaubenskurs heißt das, «die innere Logik des Christentums» erkennen. Obwohl ich lieber vom «inneren Wesen Gottes» sprechen würde, denn Logik klingt doch sehr nach etwas, dass der Verstand produziert. In Wirklichkeit geht es aber darum, zu verstehen, wie alles im Innersten zusammenhängt. Vor allem mit mir.

Wir haben einen oft sehr fragmentarischen Glauben. In den Gottesdiensten hört man mal da eine Predigt, liest dort einen Artikel, findet im Gespräch noch zusätzlich eine Antwort - und fühlt sich irgendwann umgeben von einer Wolke von Glaubenswahrheiten, die manchmal frustriert die Frage erzeugt: «Was muss ich eigentlich noch alles glauben? - Und was hat, bitteschön, dieses heiße Eisen mit der Botschaft Jesu zu tun?»
- Das ist so ähnlich wie jemand, der fragt, was Liebe eigentlich ist. Wenn ich ihm erzähle, was Liebende so alles tun, empfinden, glauben und hoffen, kann man schon mal die Antwort hören: «Dann will ich mich nicht verlieben. Wer soll das alles schaffen? - Und was hat, bitteschön, das Ausräumen der Spülmaschine und das Leeren des Mülleimers mit Liebe zu tun?»

Das kann geschehen, wenn wir eine fragmentarische Liebe haben - oder einen fragmentarischen Glauben. Deshalb ist Jesus nicht zu den Emmaus-Jüngern oder den Aposteln im heutigen Evangelium gekommen und hat ihrem Glauben noch die Auferstehung hinzugefügt. Sondern er erschloss ihnen den inneren Sinn von allem. Das innere Wesen unseres Glaubens. Die innere Logik (wenn man das Wort verwenden will) unseres Tuns. Wer sich dem nähert - und sich davon ergreifen lässt - der stöhnt nicht: «Muss ich das auch noch glauben?!», sondern würde wahrscheinlich eher ausrufen: «Ach, das hatte ich mir schon fast gedacht! Jo, das passt genau zu dem, was ich immer schon zutiefst gespürt habe!»

Das «Wesen des Christentums» zu erkennen ist dabei kein Vorrecht von Theologen, Studierten oder Intellektuellen. Ganz im Gegenteil: Genauso, wie jemand, der über die Liebe philosophieren will, am besten auf die «einfachhin Liebenden» schaut und von ihnen lernt, sind diejenigen unter uns, die einfach glauben und sich von dem innersten Gottes ergreifen lassen, allen Theologen voraus. Um Längen.

Von dem, was Jesus seinen Aposteln in den vierzig Tagen nach seiner Auferstehung bis zu seiner Himmelfahrt erzählt hat, steht fast nichts in den Evangelien. Vermutlich waren es keine neuen Gleichnisse, Gebote oder Mahnreden - sondern ein Nahebringen wie auf dem Gang nach Emmaus. Im Grunde geht es im ganzen Christsein, Menschsein und Geliebtsein um nichts anderes: Als das innere Wesen der Liebe zu verstehen, zu begreifen, zu erspüren. Oder noch besser: sich davon ergreifen zu lassen.

Amen.

2. Predigtvorschlag

von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2009)

Liebe Schwestern und Brüder!

Im Evangelium hörten wir gerade über die Jünger und Jesus:
„Darauf öffnete er ihnen die Augen für das Verständnis der Schrift.“

Die Augen öffnen – das heißt: die Augen waren vorher eben nicht offen, zumindest nicht offen genug. Erst durch die Hilfe Jesu wurden die Jünger wirklich zu Menschen mit offenen Augen, zu Sehenden. Im Originaltext steht hier nicht einfach nur „öffnen“, sondern sicher nicht ohne guten Grund die seltene Wortform „dianoigo“ statt „anoigo“.

Ganz streng übersetzt würde das bedeuten: Jesus eröffnete ihnen die Augen. Bei Eröffnung denken wir z.B. an einen Laden, ein Geschäft, eine Gaststätte usw. – Wenn der Besitzer gewechselt hat oder gründlich renoviert wurde, dann wird anschließend neu eröffnet. Oft wird dafür sogar geworben: „Achtung – Neueröffnung!“

Eröffnung, das ist etwas Neues. Öffnen, das geschieht jeden Tag, immer wieder. Aber eröffnen, das geschieht nur, wenn etwas Neues geöffnet wird.

Wir feiern heute den 3. Sonntag der Osterzeit. Ostern – das ist nicht nur ein einmaliges Ereignis, das mit der Auferstehung Jesu abgehakt ist. Das heutige Evangelium erinnert daran, dass Ostern weitergeht, dass Ostern auch ein fortlaufender Prozess ist. Mit Ostern hat sich die Welt grundlegend geändert, denn der Tod hat seinen Stachel verloren.

Ostern – das ist wie ein Loch, wie ein Durchbruch durch eine dicke Wand, die wir Menschen im Gefängnis der Sünde und des Todes nach dem Bauplan des Bösen errichtet hatten.

Der Durchbruch des göttlichen Erbarmens, den die Auferstehung Jesu bewerkstelligt hat, wird nicht wieder zugemauert. Dieser Durchbruch bleibt, und Ostern geht weiter.

Wenn Jesus vielen Jüngern nach Ostern an verschiedenen Orten erschienen ist, dann geschah das nicht einfach nur so. Jesus begegnete ihnen und belehrte sie, damit sie seine Neu-Eröffnung auch deutlich sehen können. Doch nicht nur das, denn sie selbst sollen an andere weitergeben, was sie selbst erfahren durften. Im heutigen Evangelium heißt es dazu nur knapp: „Ihr seid Zeugen dafür.“

Das Wichtigste hat sich Jesus hier bis zum Schluss aufgehoben: Ihr seid Zeugen dafür!

Wenn jemand Zeuge ist, wenn er oder sie etwas gesehen hat, was andere nicht gesehen haben, dann hat derjenige oder diejenige eine wichtige Aufgabe. Wir kennen das z.B. durch Zeugenaussagen vor Gericht, die zur Klärung einer Angelegenheit beitragen, etwa Aussagen zu einem Unfallgeschehen.

Ein Zeuge muss auch bereit sein, mit seinem Namen zu seinen wichtigen Angaben zu stehen, denn es geht um die Wahrheitsfindung und um die Gerechtigkeit.

Ihr seid Zeugen dafür! - Dieser Aufruf Jesu ging nicht nur damals an die Jünger, sondern er geht seit Ostern immer wieder an jeden, der ihm nachfolgen will. Lege Zeugnis ab für das, was du im Glauben erfahren hast. Denn Jesu Ziel ist es, dass alle Völker zu ihm umkehren, damit bei allen endlich Ostern werden kann.
In unseren Eucharistiefeiern betet die ganze Gemeinde als Zuruf beim Hochgebet: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.“

Verkünden und preisen – diese Aufgaben, die wir für die Heilige Messe selbst so klar formuliert haben, erwartet der österliche Jesus von denen, die seine Jünger sein wollen. Dann erfahren alle von der Neu-Eröffnung!

Liebe Schwestern und Brüder!
Zeugen der Auferstehung zu sein – das ist unser aller Berufung. In besonderem Maße sollen es die geweihten Diakone und Priester sein. In unserem Bistum werden an diesem Sonntag drei Männer zu Diakonen, an Pfingsten vier Männer zu Priestern geweiht. Wir waren damals zwölf. Das war vor elf Jahren. Ein Rückgang um Dreiviertel.

Liebe Schwestern und Brüder, Berufungen zum Priestertum und auch zum Ordensstand können wir nicht machen, nicht durch Änderungen der Zulassungsbedingungen oder durch geschickte Medienkampagnen. Berufungen sind Geschenke, sind Gnaden und auch Zeichen der Lebendigkeit des Gebetes in der Kirche.
Ich möchte sie ermutigen, in dieser Osterzeit ganz besonders um geistliche Berufungen zu beten.

Und darum möchte ich Sie bitten, sich zum Auferstandenen zu bekennen, sein Zeuge, seine Zeugin zu sein. Darauf wartet die Welt, weil es ihr neue Perspektiven eröffnet. Amen.

3. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2006)

Liebe Gemeinde!

„Deus caritas est. Gott ist die Liebe.“ Diesen Satz aus dem 1. Johannesbrief kennen seit einem halben Jahr fast alle Menschen. Denn so hat Papst Benedikt XVI. seine erste Enzyklika überschrieben. Ich möchte Ihnen dieses päpstliche Lehrschreiben heute und an den folgenden Sonntagen vorstellen und die wichtigsten Aussagen erklären. Heute möchte ich beginnen mit der Grundaussage. Was hören wir eigentlich aus dem programmatischen Wort heraus „Gott ist die Liebe“? Was ist gemeint? Unser Papst sagt, hier sei die Mitte des christlichen Glaubens ausgesprochen, das christliche Gottesbild wie auch das Bild vom Menschen. Vielleicht wird es klarer, wenn ich es negativ sage: Die Mitte unseres Glaubens ist nicht die Erkenntnis, ebensowenig ein Ritus, nicht eine Unterwerfung, nicht eine schriftliche Urkunde, nicht eine bestimmte Tradition; unser Glaube hat es nicht mit Macht zu tun, weder mit der göttlichen Macht noch dem Versprechen, durch den Glauben mehr Macht zu haben. Und so könnte ich fortfahren… Nein, all das macht unseren Glauben nicht aus, sondern einzig die Liebe verdient es, als das Wesentliche des Glaubens genannt zu werden. Wir glauben an einen Gott der Liebe, und das heißt zuerst und vor allem: Gott ist ein Jemand, eine Person mit Name und Gesicht, mit dem Vermögen zu lieben und geliebt zu werden. So heißt es im 1. Joh 4,7f: „Liebe Brüder, wir wollen einander lieben; denn die Liebe ist aus Gott, und jeder, der liebt, stammt von Gott und erkennt Gott. Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn Gott ist die Liebe.“ Und weiter (V. 10): „Nicht darin besteht die Liebe, daß wir Gott geliebt haben, sondern daß er uns geliebt und seinen Sohn als Sühne für unsere Sünden gesandt hat.“ Es lohnt sich, kurz darüber nachzudenken, warum Papst Benedikt ausgerechnet dieses Thema zum Inhalt seiner ersten Enzyklika erwählt hat. Er selbst spricht davon, daß dies „eine Botschaft von hoher Aktualität und von ganz praktischer Bedeutung“ ist, weil wir in einer Welt leben, „in der mit dem Namen Gottes bisweilen die Rache oder gar die Pflicht zu Haß und Gewalt verbunden wird“. (n. 1) Damit erinnert er an die Bedrohung der heutigen Welt durch eine neue Form des Terrorismus, der insofern nie dagewesene Ausmaße angenommen hat, als hier die religiösen Gefühle gläubiger Muslime für die inhumansten Zwecke eingespannt und mißbraucht werden. Offenbar hegt der Papst die Hoffnung, daß die Menschen guten Willens diesem verderblichen Denken leichter widerstehen können, wenn sie sich bewußt machen, daß Gott die Liebe ist und darum niemals zur Legitimation von Gewaltanwendung herangezogen werden kann. Eine zweite Absicht richtet sich mehr auf uns Christen in Europa, die wir die Botschaft von der Liebe Gottes schon so lange kennen und tradieren und doch anscheinend immer noch weit entfernt davon sind, sie wirklich innerlich aufgenommen und umgesetzt zu haben. Vielmehr sieht es ganz so aus, als taumelten wir immer zwischen zwei Extremen hin und her, ohne die rechte Mitte zu finden: Das eine Extrem betont Gottes Heiligkeit und entsprechend seinen Zorn über die Sünde; das Evangelium wird dann als Drohbotschaft verstanden; das äußere Verhalten wird durch sozialen Druck und durch Angstmache reguliert; man tut zwar das Rechte, aber nur ungern, gezwungen und ohne Überzeugung, und man will aus diesem Zwang ausbrechen. – Das andere Extrem betont Gottes nachsichtige Güte und Barmherzigkeit, angesichts derer die Rede von Sünde antiquiert erscheint; das Evangelium wird als Bestätigung des Menschen verstanden, als freies Angebot, dem keinerlei Verbindlichkeit zukommt, als folgenloser Appell an das Werteempfinden der Menschen; die Menschen folgen ihren Launen und beginnen sich wieder nach strenger Ordnung sehnen. Obwohl das ein wenig schwarz-weiß gezeichnet ist, trifft es wohl weitgehend zu. Ich vermute, der Papst wollte mit seiner Enzyklika zeigen, daß beide Extreme vom Unverständnis der Liebe Gottes geprägt sind. Das erste nicht, weil es ganz auf Angst und Druck baut, das zweite aber ebensowenig, weil Liebe hier mit unverbindlicher Nachsichtigkeit verwechselt wird. Denn man spricht hier vom harmlosen „lieben Gott“ und hat ein Bild von Gott im Kopf wie das von einem Urgroßvater, der seinen Lebensabend im Heim verbringt. Man besucht ihn an Feiertagen und hört sich seine alten Geschichten an. Grundsätzlich ist man ihm schon dankbar, vor allem, wenn er auch jetzt noch Geschenke verteilt oder weil man sich ein Erbe erwartet. Aber ansonsten läßt man ihn im heutigen Leben nicht mitreden. Ein solcher Glaube kostet nicht viel, bringt aber auch nichts; er ist wirkungslos, und die Rede von Liebe ist unwahr. Das sagt die heutige Lesung ganz klar: „Wer sagt: Ich habe ihn erkannt!, aber seine Gebote nicht hält, ist ein Lügner, und die Wahrheit ist nicht in ihm.“ (1 Joh 2,4) Liebe Gemeinde! Die Enzyklika des Papstes könnte man als Kommentar zu diesem Satz auffassen: „Wer sagt: Ich habe ihn erkannt!, aber seine Gebote nicht hält, ist ein Lügner, und die Wahrheit ist nicht in ihm.“ Als einen Kommentar jedoch, der an die Freiheit des Hörers oder Lesers appelliert, nicht als Rückfall in die alte Form der Drohbotschaft. Denn so könnte man den Satz ja auch verstehen und dann mißdeuten: Wenn ihr die Gebote nicht haltet, dann seid ihr Lügner. Fangt also schon mal an, euch vor dem Zorn Gottes zu fürchten! So nicht! Eher so: Lügt euch nicht in die Tasche! Macht euch nichts vor, und laßt euch nichts vormachen! Glaubt ihr wirklich, daß ihr freier werdet, wenn ihr das Gebot der Liebe in den Wind schlagt? Daß ihr frei werdet, wenn ihr den Tag des Herrn, den Sonntag, zum Werktag degradiert? Es ist doch gerade umgekehrt: Die Gesetze der Ökonomie zwingen immer mehr Menschen, rund um die Uhr, auch nachts und sonntags, zu arbeiten. Sie machen uns nicht frei, sie machen uns kaputt. Seht ihr nicht, daß Gottes Gebote unser bester Schutz davor sind, ausgebeutet und kaputt gemacht zu werden? Der Glaube ist nichts Theoretisches, sondern etwas Praktisches, er ist eine Praxis, ein Handeln. Johannes sagt dies mit folgendem etwas merkwürdig klingenden Satz: „Wenn wir seine Gebote halten, erkennen wir, daß wir ihn erkannt haben.“ (1 Joh 2,3) Gott erkennen, an Gott glauben heißt immer auch, tun, was er uns sagt, denn er sagt uns nichts anderes, als in der Liebe zu bleiben und aus der Liebe zu leben. Glauben heißt, auf Gottes Liebe antworten und sie erwidern. „Wer sich aber an sein Wort hält, in dem ist die Gottesliebe wahrhaft vollendet.“ (1 Joh 2,5) In allen Geboten geht es immer nur um das Eine: die Liebe zu Gott und zum Nächsten umzusetzen. Dann halten wir uns an sein Wort und erfahren, daß der Glaube uns trägt.

4. Predigtvorschlag

von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2000)

Liebe Schwestern und Brüder!
Wenn man von Europa spricht, spricht an auch vom christlichen Abendland. Das will heißen, die Grundwahrheiten und die Grundvollzüge des Christentums sind für das Leben der Europäer im allgemeinen prägend.

Ostern, der christliche Glaube an die Auferstehung ist eine solche Grundwahrheit.
Liest man aber aufmerksam neuere Umfragen, so treten erstaunliche, ja erschreckende Ergebnisse zutage:

Das sogenannte christliche Abendland glaubt in weiten Teilen nicht mehr an das christliche Verständnis von Auferstehung und ewigen Leben.
Ostasiatische, fernöstliche Glaubensvorstellungen greifen um sich: Nirwana, Wiedergeburt, Seelenwanderung sind die Stichworte. Selbst bei den Verkündern der christlichen Botschaft schwindet der dezidiert christliche Auferstehungsglaube, wie eine Studie unter evangelischen Theologen kürzlich feststellte.

Was aber ist eigentlich der christliche Auferstehungsglaube? Was bedeutet das eigentlich, wenn die Kirche von ewigem Leben spricht? Was ist das unterscheidend Christliche im Vergleich mit den Religionen aus dem Land der aufgehenden Sonne, die momentan ja so in sind?

Eine Antwort gibt uns das heutige Evangelium:
All das, was über den Auferstandenen gesagt wird, ist ein Vorbild für das, was an uns geschehen wird, wenn wir zum ewigen Leben auferweckt werden.

Jesus erscheint seinen Jüngern. Er zeigt ihnen seine Wundmale. Er isst vor ihren Augen einen Fisch.

Der Auferstandene zeigt seine Wundmale.
Seht meine Hände und Füße an: Ich bin es selbst.

Die Wundmale an Händen und Füßen identifizieren den Auferstandenen mit dem Gekreuzigten. Dieser Jesus, der den Tod am Kreuz erlitten hat, lebt. Er trägt die Wunden, die Male seiner Leidensgeschichte. Der da vor den Jüngern steht, ist es selbst, ist Jesus, mit all dem, was sein Leben ausmachte.

Für uns bedeutet das: Wir werden auferstehen mit unserer ganzen Lebensgeschichte. All das, was wir auf Erden erleben und erleiden, hat sozusagen Ewigkeitswert. All das Gute, das ich getan, all das Schwere, das ich getragen habe, all das also, was mein Leben ausgemacht hat, geht im Tod nicht verloren.

Ich selbst bin es, der zum ewigen Leben auferweckt wird.
Mein Leben hier auf Erden hat seine Bedeutung für mein Leben im Himmel. Aber nicht so, dass ich je nach Lebensstil als Stiefmütterchen, Gnu oder erleuchteter Prophet weiterlebe, wiedergeboren werde.
Nein, ich bin es selbst, der weiterlebt. Verändert, erlöst, verklärt. Das ja. Aber mit meiner ganz persönlichen Geschichte. Und die ist nicht beliebig wiederholbar. Ich lebe nur einmal.
Wie Christus, werde auch ich als Auferstandener sagen können: Ich bin es selbst.

Ein Zweites: da berichtet das Evangelium folgende uns eigentümlich anmutende Episode:
Da sagte er zu ihnen: Habt ihr etwas zu essen hier?
Sie gaben ihm ein Stück gebratenen Fisch;
Er nahm es und aß es vor ihren Augen.

Der Auferstandene isst Fisch. Das Essen, die Nahrungsaufnahme ist notwendig, um den Leib zu erhalten.
Jesus hat also einen Leib, als er seinen Jüngern erscheint. Da schwebt nicht ein numinoser Geist, ein irgendwie geartetes Gespenst herum, nein, da ist Jesus leibhaftig zu sehen und er ist einen Fisch.

Für uns heißt das wiederum: Wir werden als ganze Menschen auferstehen. Mit Leib und Seele. Wir sind nicht nur eine freiumherstreunende Seele, die sich an unwichtigen Hüllen festmacht, an Leibern und in Körpern, um diese dann schnellstmöglich wieder los zu werden.

Während es in vielen ostasiatischen Religionsformen das Ziel ist, die Seele vom Leib zu trennen, schließlich in ein köperloses Nichts, ein Nirwana aufzugehen, bleibt es für das Christentum dabei: Der Mensch ist Leib und Seele. Wer beides voneinander trennen will, zerstückelt den Menschen. Wir aber sind dazu berufen, als ganze Menschen mit Leib und Seele aufzuerstehen.

Das Christentum glaubt eben auch an die Auferstehung des Fleisches. In diesem Osterglauben liegt eine große Bejahung des Leibes. Er ist nicht lästiges Vehikel für meine Seele. Er ist der Erlösung wert.

Das ist die frohe Botschaft von Ostern:
Ich selbst, ich mit meiner Geschichte werde auferstehen.
Ich selbst, ich als ganzer Mensch, mit Leib und Seele soll ewig Leben.
Diese christliche Botschaft von der Auferstehung nimmt uns Menschen ernst. Schon jetzt. Und erst recht nach dem Tod.
Dieser Botschaft braucht sich das christliche Abendland nicht zu schämen.

5. Predigtvorschlag

Ist Auferstehung möglich? (I)

Noch vor wenigen Jahrzehnten gab es viele ernstzunehmende Wissenschaftler, die sagten: Ein Flug zum Mond ist unmöglich. Die zu überwindenden Schwierigkeiten, was Treibstoff und Beschleunigung, Hitze und Kälte und vieles mehr angeht, seien so komplex, daß es nicht möglich sein würde, auf dem Mond zu landen und sicher wieder zurückzukehren. Die Probleme, die seit dem Versuch, den Mond wirklich zu erreichen, aufgetaucht waren, schienen diesen Wissenschaftlern recht zu geben. -
Nun, wir wissen, daß vor fast 40 Jahren zum ersten Mal und danach mehrmals in Folge Menschen es wirklich geschafft haben, auf dem Mond zu landen und wieder zur Erde zurückzukehren. Wer also vorher gemeint hat: „Das geht nicht“, sollte nun seine Meinung ändern und zugeben: Ich habe mich geirrt, und: Ich habe nicht mit einem solchen Fortschritt gerechnet. - Das wäre, so denke ich, wohl die „normale“ Reaktion; das, was wir am ehesten erwarten würden.
Eine andere Reaktion wäre freilich in diesem Falle auch noch möglich: Der Wissenschaftler könnte hingehen und behaupten: Ich habe mich nicht geirrt. Sondern die Mondlandung, die ja gar nicht möglich ist, ist ein Betrug. Sie hat in Wirklichkeit überhaupt nicht stattgefunden. Es handelt sich bloß um eine gewaltige Inszenierung, um einen riesigen Bluff mit dem Ziel, die Menschen zu täuschen. –

So gibt es tatsächlich eine Reihe von Menschen, die sagen: Die Mondlandung hat man in Wirklichkeit in einem Atelier in Hollywood gedreht. Es ist alles gar nicht wahr.
Was kann uns dieses Beispiel zeigen? Es kann zeigen, daß sehr viel davon abhängt, ob einer bei seiner einmal gefaßten Meinung auf jeden Fall bleibt, auch wenn ihm etwas vorgeführt wird, was seinen Horizont erweitern müßte, wo er sagen müßte: Ich habe mich in der Tat getäuscht, ich habe mich zu vorschnell festgelegt, ich muß meine Auffassung ändern. - Ist er aber dazu nicht bereit, dann sucht er seinerseits Gründe, wie er seine Meinung retten kann, trotz der Argumente, die dagegen sprechen.
Ostern ist ein Fest, das etwas behauptet, das wir von unserem rein menschlichen Verstand her für unmöglich halten müßten: daß einer von den Toten wieder aufersteht. Es kann keinen vernünftigen Zweifel daran geben, daß Jesus am Kreuz wirklich gestorben ist. Wer die Praxis einer Kreuzigung auch nur ein wenig studiert, der weiß, daß Jesus, der zudem noch geschwächt war durch die nächtlichen Verhöre und durch die Geißelung, diese Tortur in keinem Falle überleben konnte. Jesus war wirklich tot, als er schließlich in ein Grab gelegt wurde. Das wird übrigens auch nicht von seinen Gegnern bestritten, die dafür dann behaupteten, seine Jünger hätten seinen Leichnam aus dem Grab gestohlen (vgl. Mt 28,15).

Die Mondlandung war ein Werk von Menschen, eine technische Meisterleistung. Die Auferstehung ist kein Werk von Menschen. Unser Glaube sagt: Die Auferstehung ist eine Tat Gottes. Gott, der Leben in Fülle in sich hat, hat seinen Sohn nicht im Tode gelassen, sondern ihn machtvoll aus dem Grab auferweckt. Er hat ihn auferstehen lassen zu einem neuen, verwandelten Leben.
Die Auferstehung Jesu von den Toten ist keine Rückkehr in das rein irdische Leben, wie es bei Lazarus der Fall war, den Jesus auferweckt hatte, der aber danach ebenso sterblich blieb wie jeder andere Mensch. - Jesus, der Auferstandene, kommt nun in einer anderen, verklärten Daseinsweise zu seinen Jüngern. Er erscheint und er entzieht sich wieder, wie bei den Emmausjüngern (vgl. Lk 24,31), er kommt durch verschlossene Türen (vgl. Joh 20,19) und ißt vor den Augen der Jünger ein Stück gebratenen Fisch (vgl. Lk 24,42): Was uns widersprüchlich und nicht miteinander vereinbar erscheint, das ist für Jesus nicht unmöglich. „Für Gott ist nichts unmöglich“, sagt der Engel zu Maria bei der Verkündigung (Lk 1,37), und für den Glauben an den lebendigen Gott ist der Glaube an die Auferstehung der entscheidende, der wichtigste Prüfstein!
Hier lautet die Frage nicht mehr: Ist für uns Menschen dieses oder jenes prinzipiell unmöglich, sondern: Ist es für Gott unmöglich, daß in dieser Welt Wunder geschehen, für die wir keine Erklärung haben, außer daß wir sagen müßten: Ein solches Werk trauen wir nur Gott allein zu, dem Allmächtigen - wenn wir es denn ihm zutrauen.

So ist auch für Paulus der Glaube an die Auferstehung die Mitte des Glaubens überhaupt. Sehr deutlich schreibt er in seinem ersten Brief an die Christen in Korinth:
„Wenn aber verkündigt wird, daß Christus von den Toten auferweckt worden ist, wie können dann einige von euch sagen: Eine Auferstehung der Toten gibt es nicht?
Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, ist auch Christus nicht auferweckt worden.
Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und unser Glaube sinnlos.
Wir werden dann auch als falsche Zeugen Gottes entlarvt, weil wir im Widerspruch zu Gott das Zeugnis abgelegt haben: Er hat Christus auferweckt. Er hat ihn eben nicht auferweckt, wenn Tote nicht auferweckt werden.
Denn wenn Tote nicht auferweckt werden, ist auch Christus nicht auferweckt worden.
Wenn aber Christus nicht auferweckt worden ist, dann ist euer Glaube nutzlos, und ihr seid immer noch in euren Sünden;
und auch die in Christus Entschlafenen sind dann verloren.
Wenn wir unsere Hoffnung nur in diesem Leben auf Christus gesetzt haben, sind wir erbärmlicher daran als alle anderen Menschen.
Nun aber i s t Christus von den Toten auferweckt worden als der Erste der Entschlafenen.“ (1 Kor 15,12-20).

Damit sagt Paulus: Es ist etwas geschehen. Vorher, vor der Auferstehung Christi, kann man viel hin und her spekulieren, ob eine solche Tat für Gott möglich ist. Nun aber ist etwas geschehen. Das Unvorstellbare hat Gott wahr gemacht. Im Gleichnis vom reichen Prasser bittet der Reiche: Schicke doch jemand aus der Totenwelt herüber, dann werden wir glauben (vgl. Lk 16,27f.). Nun ist diese Bitte erfüllt: Jesus ist aus dem Reich des Todes gekommen und hat selbst Kunde gebracht, daß er lebt! - Und was ist nun? Werden die Menschen glauben? Kann man vernünftigerweise daran glauben? Oder muß man, um hier glauben zu können, jede Vernunft außer acht lassen und sozusagen unvernünftig glauben? Weil doch unsere Vernunft sagt: Ein Toter kann doch gar nicht wieder ins Leben zurück?
Ich finde, daß hier, was unseren Osterglauben angeht, der Glaube und die Vernunft sich nicht gegenüberstehen, sondern sich durchdringen und ergänzen. Glaube und Vernunft sind keine Widersacher und Feinde, sondern Partner und Freunde. Darüber ein wenig nachzudenken, dazu möchte ich Sie am nächsten Sonntag einladen.

6. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

In vielen Gesprächen, vor allem mit Jugendlichen zum Beispiel auf den Orientierungstagen, aber auch mit Erwachsenen wird immer wieder gefragt, ob ich denn Gott beweisen kann. Woher kann ich wissen, dass es wirklich einen Gott gibt und dass Jesus Christus sein Sohn ist?

Nun, die Apostel und die Jünger Jesu hatten es da etwas einfacher: Sie haben Jesus gesehen und gehört, und haben seinen Tod genauso erlebt wie die Begegnung mit den Auferstandenen. Sie waren wahrscheinlich genauso ungläubig und skeptisch, wie Viele es heute sind. Das heutige Evangelium verheimlicht da nichts. Aber Jesus lädt sie ein, ihre Bedenken abzulegen: «Ich bin es doch! Fasst mich doch an! Seht meine Wunden!» Als das auch nichts half, weil die Apostel wohl immer noch eher an einen Geist als an die Auferstehung glauben wollten, nahm er ein Stück gebratenen Fisch und aß diesen vor ihren Augen.

Der Anfang des christlichen Glaubens beruht also auf eigene Erfahrung, auf Anschauung und Berührung. Die ersten Jünger haben Jesus gesehen, mit eigenen Augen, und wurden zu Zeugen: 1. es gibt einen Gott, der mächtiger ist als der Tod; 2. Jesus ist dieser Gott, der Mensch geworden ist.

Für diese Überzeugung sind (mit einer Ausnahme) alle Apostel in den Tod gegangen. Sie waren Zeugen unseres Glaubens, bis zum Tode.

Liebe Schwestern und Brüder, wenn wir uns heute fragen, ob wir denn gute Gründe haben, den christlichen Glauben anzunehmen oder zu bewahren, dann betrachten wir oft den christlichen Glauben wie ein Parteiprogramm. Da gibt es Sachen, die uns gefallen, andere, die wir ablehnen und wieder andere, die wir nicht verstehen. Für die letzten beiden werden wir nach Gründen gefragt: Warum ist das denn so? Warum kann das nicht auch anders sein? Und wenn die guten Gründe fehlen oder zu schwierig sind, dann sagen wir uns: Na, dann müssen wir es eben glauben.

Liebe Schwestern und Brüder, Glauben im Sinn von vermuten, vorerst einmal annehmen oder, weil etwas einleuchtend ist, es für wahr halten, hat nichts mit dem christlichen Glauben zu tun.

Wir glauben vor allem den Zeugen, die uns berichtet haben, dass Jesus lebt. Wir glauben z.B. Lukas, der uns das heutige Evangelium berichtet hat. Glauben heißt, all diesen Zeugen zu vertrauen, dass sie uns nicht belügen; dass sie nicht flunkern, auch nicht um einer guten Sache willen. Dass sie wissen, was sie schreiben.
Das heutige Evangelium macht deutlich, was der Grund unseres Glaubens ist: Nämlich keine philosophische Überlegung oder ein Lebensprogramm, sondern die Begegnung mit Gottes Sohn, Jesus Christus. Die Erfahrung seiner Auferstehung. Den Eindruck, den seine Predigt hinterlassen hat.

Aber vor allem die Begegnung mit dem Auferstandenen. Das muss sehr beeindruckend gewesen sein. Das hat die Apostel und die Kirche für Jahrhundert geprägt. Mit der Auferstehung haben wir einen Anhaltspunkt für unsere Vorstellung vom ewigen Leben, zumindest schon einmal eine Person, der wir dort begegnen werden. Die Himmel ist uns nicht mehr so fremd, und auch nicht das Leben hier.

Liebe Schwestern und Brüder, Ostern als das Fest der Auferstehung ist nicht von ungefähr das Fest der Tauf- und Glaubenserneuerung: An Ostern hören wir die Berichte, die zur Geburt der größten Religionsgemeinschaft aller Zeiten geführt hat. So viele Menschen haben diesen Berichten geglaubt, weil Sie Christen erlebt haben, die glaubwürdig waren.

Wenn Sie Menschen erleben, die unsicher im Glauben geworden sind; wenn sie selbst im Glauben skeptisch geworden sind: Lesen Sie nicht ein Buch nach dem anderen, sondern suchen Sie Menschen auf, die glaubwürdige Zeugen sind. Und, seien so christlich, versuchen sie selbst, solche Zeugen zu sein. Gott braucht Sie. Amen.

Fürbitten