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Predigtvorschläge - 07. Sonntag der Osterzeit (Lesejahr B)
1. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2006)

Liebe Gemeinde!

„Wenn Gott uns so geliebt hat, müssen auch wir einander lieben.“ (1 Joh 4,11) Der Evangelist Johannes stellt diese Folgerung auf angesichts der überraschenden Aussage, daß „Gott (die) Liebe ist.“ (1 Joh 4,8.16) Papst Benedikt kommentiert diese Aussage dahingehend, daß uns hier ein ganz neues Gottesbild vor Augen gestellt wird. (DCe n. 9) Für uns erscheint diese Aussage vielleicht gar nicht so neu, weil unsere Tradition sie seit Jahrhunderten überliefert, so daß sie eher alt und nichtssagend zu sein scheint.

Aber der Schein trügt, denn auch in unserer Zeit herrscht ein Denken vor, in das die Liebe nicht so recht hineinpaßt. Das Denken, das ich meine, ist vom Willen zur Macht bestimmt. Der moderne Mensch hat, wie der Physiker und Philosoph Carl Friedrich von Weizsäcker gesagt hat, mit Wissenschaft und Technik das Wagnis einer „ Erkenntnis ohne Liebe“ unternommen. Am Anfang der Neuzeit hoffte René Descartes, daß die Technik uns Menschen „zu Herren und Eigentümern der Natur machen“ könnte und daß insbesondere die Medizin uns vor allerlei Krankheiten, „ja vielleicht sogar auch vor Altersschwäche bewahren“ können müßte. Er sah den Leib des Menschen als eine Maschine an, die man mit den nötigen Kenntnissen beliebig lange in Betrieb erhalten kann. Seit diesen Worten sind gut 300 Jahre vergangen, die Atombombe ist gebaut worden und hat ihren Schrecken über die Menschheit gelegt. Aber die Menschen träumen weiter vom Sieg der Technik über die Natur und verdrängen ihre eigene Sterblichkeit. Sie setzen auf die machtförmige Wissenschaft und überlassen der Liebe höchstens den zweiten Platz in ihrem Leben.

Fragen Sie einmal in Ihrem Bekanntenkreis: Was ist die alles bestimmende Wirklichkeit? Sie werden verschiedene Antworten bekommen, aber wohl kaum hören, daß es die Liebe sei. Viele werden sagen: das Geld; andere werden auf Wissenschaft und Technik verweisen, wieder andere auf die militärische Macht. Da sind sich selbst Präsident Bush und der iranische Diktator Mahmud Ahmadineschad vermutlich einig. Denn auch wenn sie beide ein verschiedenes Gottesbild haben, so wird dieses doch in genau diesem einen Punkt übereinstimmen: ihr Gott ist der Allmächtige, und jeder will seinen Gott durch den Erfolg erweisen, den er in der Geschichte errungen hat – letztlich durch Inanspruchnahme menschlicher Macht. Aber wir brauchen gar nicht so weit zu gehen und die Inhaber höchster Ämter zu befragen, auch der kleine Mann auf der Straße wird so urteilen: Wenn es überhaupt einen Gott gibt, dann muß er die alles bestimmende Wirklichkeit sein, d.h. er wird zur Durchsetzung seiner Interessen alle seine Macht einsetzen. Und wenn er dies nicht tut, dann gibt es ihn gar nicht. Das meine ich, wenn ich eingangs sagte, auch unser Denken sei vom Willen zur Macht bestimmt oder jedenfalls infiziert.

Die Bibel fordert uns heraus, dieses unser Denken in Frage stellen zu lassen und zu ändern. Wir sollen uns auf die überraschende Botschaft einlassen, daß Gott zwar allmächtig ist, aber daß er vor allem die Liebe ist und daß er deshalb nicht einfach die Wirklichkeit nach seiner beliebigen Willkür beherrscht, sondern der menschlichen Freiheit Raum zur Entfaltung läßt. Gott hat in seiner Liebe zu seinen Geschöpfen so großen Respekt vor unserer Freiheit, daß er seine eigene Freiheit und Macht zurückzieht, selbst dann, wenn die Freiheit zum Bösen mißbraucht wird.

Wie wenig wir das wirklich verstanden haben, zeigt sich daran, daß wir immer sogleich entrüstet fragen, warum Gott denn dies und das zugelassen hat. Warum läßt Gott es zu, daß so viele Verbrechen geschehen? Warum geht es den Guten so schlecht und den Bösen so gut? – Ich behaupte nicht, daß ich eine Antwort auf diese oft wirklich bedrängende Frage wüßte. Die kann nur Gott selbst geben. Aber dies eine sollte doch klar sein: Wenn Gott auch die Bösen zum Guten führen will – was ich fest glaube –, dann kann er das nur erreichen, indem er durch seine werbende Liebe ihr Herz erreicht; dann muß er wohl viel Geduld haben – wie uns die Heilige Schrift ausdrücklich versichert (Röm 2,4; 2 Petr 3,9) –, denn er kann nicht einfach mit Gewalt durchsetzen, was doch aus Einsicht und freier Entscheidung kommen soll. Die Liebe zieht sich darum immer wieder zurück und gebraucht keine Gewalt, sondern wartet in selbstgewählter Ohnmacht ab, bis der andere verstanden hat. Und gerade so erweist sich die Liebe als die größte Macht dieser Welt, als diejenige Wirklichkeit, die uns letztlich aus der Macht der Nichtliebe und des Todes erlösen wird. Aber das ist ein Glaubenssatz, der durch die Erfahrung nur unvollkommen gedeckt ist.

Der Papst weist in diesem Zusammenhang auf eine Stelle beim Propheten Hosea hin. Hier geht es um den Abfall des Gottesvolkes vom Bund; Israel hat sozusagen die „Ehe“ gebrochen – „den Bund; Gott müßte es eigentlich richten, verwerfen. Aber gerade nun zeigt sich, daß Gott Gott ist und nicht ein Mensch: »Wie könnte ich dich preisgeben, Efraim, wie dich aufgeben, Israel? ... Mein Herz wendet sich gegen mich, mein Mitleid lodert auf. Ich will meinen glühenden Zorn nicht vollstrecken und Efraim nicht noch einmal vernichten. Denn ich bin Gott, nicht ein Mensch, der Heilige in deiner Mitte« ( Hos 11,8-9).“ Und Benedikt XVI. kommentiert: „Die leidenschaftliche Liebe Gottes zu seinem Volk – zum Menschen – ist zugleich vergebende Liebe. Sie ist so groß, daß sie Gott gegen sich selbst wendet, seine Liebe gegen seine Gerechtigkeit. Der Christ sieht darin schon verborgen sich anzeigend das Geheimnis des Kreuzes: Gott liebt den Menschen so, daß er selbst Mensch wird, ihm nachgeht bis in den Tod hinein und auf diese Weise Gerechtigkeit und Liebe versöhnt.“ (n. 10)

Der Papst fährt nun fort, indem er das biblische Gottesbild als eine großartige Synthese deutet, eine Synthese von Vernunft und Liebe, von Erkenntnis und Hingabe, von Nüchternheit und Leidenschaft. Was wir Menschen so gerne trennen, das ist in Gott Eines; jede Einseitigkeit verbietet sich von hier aus. Auch die Differenzen im Begriff der Liebe sind geeint, wie der Papst schreibt: „Damit ist der Eros aufs Höchste geadelt, aber zugleich so gereinigt, dass er mit der Agape verschmilzt.“ Darum kann es auch eine liebende Vereinigung des Menschen mit Gott geben, „aber diese Vereinigung ist nicht Verschmelzen, Untergehen im namenlosen Ozean des Göttlichen, sondern ist Einheit, die Liebe schafft, in der beide – Gott und der Mensch – sie selbst bleiben und doch ganz eins werden.“ (n. 10)

Das neue Gottesbild hat ein neues Menschenbild zur Folge. Darüber werde ich beim nächsten Mal sprechen.

Carl Friedrich von Weizsäcker: Die Geschichte der Natur. Zürich: Hirzel, 1948, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 61964, 126.

René Descartes: Discours de la méthode. Hamburg: Meiner, 1990, VI, 2.

2. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder, die Einheit der Jünger ist das große Anliegen in dem Gebet, das wir soeben als Evangelium gehört haben.

Wenn wir an die Einheit der Kirche denken, sind wir schnell bei den anderen christlichen Konfessionen. Die Einheit der Kirche steht aber genauso auf dem Spiel, wenn wir uns die Richtungskämpfe innerhalb der Kirche ansehen. Links gegen rechts, konservativ gegen progressiv, alt gegen neu, Feministinnen gegen Pfarrherren - usw. Ich bezweifle, dass wir zu einer echten ökumenischen Initiative fähig sind, solange wir in unseren eigenen Reihen die Einheit nicht leben.

Das Vorbild für die Einheit ist Gott selbst, der Dreifaltige. So, wie sie eins sind, sollen wir eins sein. In Gott aber gibt es Freiheit und Verschiedenheit (Vater-Sohn-Geist), verbunden in der Liebe und der Ausrichtung.

Uns gemeinsam ist die Ausrichtung auf Gott, der Glaube. Hilfe: Der Satz, den vor allem Johannes XXIII. geprägt hat: Einheit im Notwendigen, Freiheit im Zweifel, in allem aber die Liebe.

Einheit im Notwendigen: Das, was wesentlich zum Glauben und der Kirche gehört, das, was nicht zur Diskussion stehen darf, das verbindet uns und soll auch von allen Teilen der Kirche anerkannt werden.

Das jedoch, was veränderbar ist, was dem Wandel oder dem persönlichen Geschmack unterliegt, was in seiner Verbindlichkeit zweifelhaft ist, das soll jedem freigestellt bleiben: Freiheit im Zweifel.

In allem aber die Liebe: Wenn wir - gegen unsere Neigung - anerkennen müssen, dass etwas nicht verfügbar ist, sondern zum gemeinsamen Glauben zählt, dann sollen wir es in Liebe tun! Nicht mürrisch und zähneknirschend - oder gar in der Haltung des Unterdrückten. Und umgekehrt: Wenn wir anderen die Freiheit in den übrigen Dingen lassen, dann nicht mit einem herablassenden Blick, sondern eben auch in der Liebe.
Nun, ich gebe zu, das klingt einleuchtend. Aber es hilft dann nicht viel, wenn wir uns nicht darüber einigen können, was nun zum notwendigen Bestand des Glaubens gehört, und was zum «zweifelhaften».

Deshalb ein paar Vorschläge, wie wir der Einheit innerhalb der Kirche - in aller Freiheit und Liebe - näher kommen können.
Wir kommen der Einheit und der Freiheit nicht näher ohne die Bischöfe und den Papst. Wenn wir fragen, ob etwas zur Diskussion steht - oder ob es eine Glaubensverpflichtung für die ganze Kirche ist -, dann ist ein Gebot unseres Glaubens, die Entscheidungen Roms und der Bischöfe als erstes Kriterium anzunehmen.
Mit wieviel Liebe begegnen wir der anderen Position? Hören wir noch zu? Sind wir bereit, anzuerkennen, dass der andere (der erzkonservative oder der rücksichtslos progressive) eventuell recht haben könnte? Suchen wir das Gespräch? Nur, um recht zu behalten? Oder auch, um den anderen zu verstehen? (Stephanus: ...hielten sich die Ohren zu)
Oder gehen wir jeder Diskussion mit billigen Ausflüchten und bequemen Vorurteilen aus dem Wege: Mit dem kann man nicht reden - Der ändert seine Meinung sowieso nicht - Die sind verbohrt. Kein Mensch ist so schlecht, dass er nicht das Recht auf ein aufrichtiges Gespräch hätte. Das billigste wäre, sich auf Fernsehen und Zeitung zu verlassen.
Lassen wir uns nicht von Äußerlichkeiten und Kleinigkeiten ablenken. Weder die Kleidung, noch die Auswahl der Gebete oder Tonfall in der Kirche lassen definitive Schlüsse über den Charakter eines Menschen oder einer Meinung zu. Hüten wir uns vor billigen Feindbildern.
In der Kirche ist Platz genug für jeden von uns. Keiner muss seine Identität an der Kirchentür abgeben. Nur eines bleibt ein Gebot: Liebet einander. Wichtiger als unsere Meinungsverschiedenheiten ist die Bereitschaft uns dort zu ändern, wo wir lieblos und unaufrichtig sind.

Denn wenn die Liebe fehlt, ist die Einheit nur noch Zwang. Amen.

Fürbitten