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Predigtvorschläge - 03. Sonntag der Fastenzeit (Lesejahr C)
1. Predigtvorschlag

von Manfred Josef Stücker (erstellt: 2022)

Was heißt eigentlich Umkehr?

Haben Sie schon einmal einen Turm einstürzen sehen? Wir denken da sicher sofort an den 11. September, an New York, wir denken an die vielen Toten damals und an den Hass, der da sichtbar wurde und leider weiterging.

Türme in New York, Kriege in anderen Ländern das alles scheint erst einmal weit weg zu sein, dennoch glaube ich, dass wir auch jetzt dabei sind und zusehen, wie Türme einstürzen: nicht Türme aus Steinen, aus Glas und Stahl, sondern andere Türme, die Menschen in Fleiß oder auch Stolz aufgebaut haben und die in Gefahr sind, einzustürzen:

Da sind die Türme der Finanzwelt, der Euro, die komplizierten Strukturen und Konzepte von Wirtschaftslenkung und -hilfen, von Subventionen, Krisenmanagement und Plänen ...

... da sind die stolzen Türme der Krankenhäuser und der medizinischen Labors, die sich von Orten der christlichen Barmherzigkeit und der Nächstenliebe zu großen Wirtschaftsmärkten entwickelt haben, wo jetzt nicht nur Krankheiten geheilt, Menschen gesund gepflegt und schlimme Verletzungen behandelt werden, sondern wo auch Menschen, die das entsprechende Geld mitbringen, Operationen angeboten werden, die mehr "Schönheit" versprechen oder die ein Wunschkind aus der Retorte hervorholen, das alle gewünschten Eigenschaften hat - und wenn es die nicht hat, gibt es die maßgeschneiderte Rechtsprechung, die dafür sorgt, dass das ungeborene Leben ohne schlechtes Gewissen verschwinden kann oder denken wir an die stolzen Türme unserer Industrieanlagen - Fördertürme, Hochöfen, Autofabriken -, die schon vielfach verschwunden sind oder dabei sind, abgebrochen zu werden, weil anderswo günstiger produziert werden kann oder weil man sich einfach in der Planung oder Kalkulation verhoben hat.

Sage keiner, beim Zusammensturz all dieser Türme - lautstarke oder lautlose Zusammenstürze - seien keine Menschen umgekommen. Täglich kommen Menschen um, aber das steht nicht unbedingt in den Zeitungen und Schlagzeilen.

Warum ich das erwähne? Warum ich dieses Bild vom Turm nehme? Weil es etwas von dem deutlich macht, was "Umkehr" und "Bekehrung" meint.

In der Fastenzeit hören wir immer diese Worte, und das ist wichtig. Bekehrung und Buße gehören zum geistlich-geistigen Programm des Christenmenschen dazu. "Buße" heißt ja nicht in erster Linie: Dinge tun, die einem die Laune verderben oder das Gesicht miesepetrig aussehen lassen. Wer Buße so versteht und seine Mitmenschen damit belastet, hat etwas davon nicht verstanden.

Nein, Buße heißt zuerst: Gott recht geben. Er ist der Chef meines Lebens. Er gibt die Richtung vor. Er gibt uns die Gebote, die uns wahrhaft frei machen und die bewirken, dass unser Leben und das der anderen gut wird.

Und so denken wir bei "Buße" und "Umkehr" auch an Gebet, an Gottesdienst, hoffentlich auch einmal an Beichte und Versöhnung, und das ist sicher ganz wesentlich.

Aber die Türme, die einzustürzen drohen, weil Menschen ihr Leben in die falsche Richtung bringen, diese Türme stehen draußen, in der Welt, im alltäglichen Leben, im Großen wie im Kleinen.

Und darum sind die Worte Umkehr und Bekehrung und Buße nicht nur Worte, die uns irgendwie frommer machen sollen, sondern Worte, die uns an unsere eigene Verantwortung erinnern - für uns selber und für unser gemeinsames Dasein in dieser Zeit und in dieser Welt.

Vielleicht würde Jesus es heute so sagen: Meint ihr, dass nur die Amerikaner ihre Schwarzen und die Australier ihre Ureinwohner benachteiligen und ausgrenzen und dadurch die sozialen Spannungen zunehmen, und bei euch ist alles gut?

Meint ihr, nur die Finanzgurus und die großen Manager haben ihre Zahlen frisiert und streichen sich satte Gewinne in die eigene Tasche, und ihr wäret in der gleichen Lage besser?

Oder meint ihr, dass nur Schurkenstaaten ihre Haushaltskasse durch Druck und Manipulation ausbessern, zum Beispiel bei den Energiepreisen, und die anderen schauen nicht auf die Bilanz?

Umkehr und Buße haben handfeste, konkrete Bedeutung, und wir tun gut daran, in der Fastenzeit nicht mit den Fingern auf andere zu zeigen, sondern bei uns selbst anzufangen. Jeder bei sich, in seinem eigenen Leben.

Mir kommt bei alldem, was uns angesichts erschreckender Nachrichten und Meldungen Angst und Sorge bereitet, ein Wort Jesu in den Sinn, das, wie ich meine, gut hierhin passt. Da sagt Jesus: "Sucht zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, dann wird euch alles andere dazugegeben werden" (Mt 6,33).

2. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2007)

Liebe Gemeinde!

Stellen Sie sich vor, ein Vater hat einen Sohn, der auf die schiefe Bahn geraten ist. Er hat Geld gestohlen und verjubelt, wurde erwischt und muß jetzt den Schaden wiedergutmachen. Der Vater bürgt für ihn, nimmt einen Kredit auf und bezahlt die Schuld seines Sohnes. Der Sohn verspricht ihm hoch und heilig, von nun ein rechtschaffenes Leben zu führen. Aber es dauert nicht lange, da beginnt er, sich wieder mit seinen schlechten Freunden zu treffen und die Nähe seines Vaters zu meiden. Es kommt zur Aussprache. Der Sohn sieht seine Schuld ein, ändert aber sein Leben nicht. So geht es lange Zeit.

Können Vater und Sohn auf Dauer so weiterleben? Oder muß der Vater dem Sohn nicht irgendwann eine Frist setzen: „Dies ist deine letzte Chance! Wenn du sie nicht nutzt, mußt du gehen?“

Das ist eine ernst gemeinte Frage, nicht nur ein Gleichnis. Können Menschen auf Dauer eine Gemeinschaft bilden, wenn auch nur einer von ihnen ständig die Liebe verletzt und nur egoistisch seinen eigenen Vorteil sucht? Nehmen wir an, es ist wirklich nur einer der Störenfried. Wird er nicht den Frieden der ganzen Gemeinschaft zerstören? – Wir werden wohl sagen müssen: Das gibt es gar nicht, daß nur einer sich falsch verhält und alle anderen richtig; jeder hat seinen eigenen Anteil am Unfrieden, an der Lieblosigkeit. Aber wenn es wirklich so sein sollte, daß alle gut sind bis auf einen, dann muß der Schlechte sich bessern; ansonsten kann er nicht bei den anderen bleiben.

Um es kurz und bündig zu sagen: Eine Ewigkeit mit Bösen zusammen zu sein, wäre die Hölle. Himmel dagegen ist, wo nur die Liebe regiert.
Nun ist Gott die Liebe selbst. Wir sind es gewohnt, uns Gott so vorzustellen, daß er keine Probleme hat mit den Sündern. Egal was Menschen auch anstellen, sie finden immer einen gnädigen Gott. Das ist zwar richtig, aber nur die eine Seite der Wahrheit! Richtig daran ist, daß Gott jedem, auch dem größten Sünder eine Chance gibt – und solange er lebt, immer wieder eine Chance. Falsch aber ist, zu denken, das bedeute, eine Umkehr sei also gar nicht nötig. Jesus sagt es im Evangelium gleich zweimal in äußerster Klarheit: „Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt.“ Nicht die einzelne Sünde ist für Gott ein Problem, sondern die fehlende Bereitschaft, sich davon wirklich abzuwenden.

Die Botschaft des heutigen Evangeliums ist eindeutig: Da werden Galiläer von Pilatus grausam ermordet; 18 Menschen finden den Tod beim Einsturz eines Turms. Wie soll man das verstehen? Verlockend und eingängig ist die Volksmeinung: Das Unglück ist die Strafe für begangene Sünden. Also: Sie waren selbst schuld. Die anderen, die nicht getroffen wurden, können sich sicher wähnen. – Doch Jesus sagt kategorisch: Nein! Solche Katastrophen sind niemals Zeichen der Schuld der Betroffenen. Denn wenn schon von Schuld gesprochen werden soll, dann muß man sagen: alle sind schuldig, ohne Ausnahme. Keiner kann sich sicher wähnen, solange er sich nicht aufrichtig von seiner eigenen Schuld abkehrt. Und zwar jetzt gleich, nicht irgendwann in der Zukunft.

Jesus sagt es im Gleichnis: Für den Feigenbaum ist es höchste Zeit, die Frucht zu bringen, die man ungeduldig von ihm erwartet. Dabei ist es eine besondere Gnade, daß der Weingärtner noch um Aufschub für ihn bittet, daß er sogar den Boden umgräbt und düngt, wo der Baum doch eigentlich schon seine Chance erhalten und verspielt hatte.

Offenbar sieht Jesus sich selbst in der Rolle des Weingärtners. Er hat Mitleid mit dem Feigenbaum, der ein Bild ist für die Stadt Jerusalem, die ihn und seine Botschaft ablehnt. So ruft er einmal aus: „Jerusalem, Jerusalem, du tötest die Propheten und steinigst die Boten, die zu dir gesandt sind. Wie oft wollte ich deine Kinder um mich sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt; aber ihr habt nicht gewollt. Darum wird euer Haus (von Gott) verlassen.“ (Lk 13,34) Er sieht voller Trauer den Untergang der Stadt voraus: „Als Jesus näher kam und die Stadt sah, weinte er über sie und sagte: Wenn doch auch du an diesem Tag erkannt hättest, was dir Frieden bringt. Jetzt aber bleibt es vor deinen Augen verborgen. Es wird eine Zeit für dich kommen, in der deine Feinde rings um dich einen Wall aufwerfen, dich einschließen und von allen Seiten bedrängen. Sie werden dich und deine Kinder zerschmettern und keinen Stein auf dem andern lassen; denn du hast die Zeit der Gnade nicht erkannt.“ (Lk 19,41ff)

Diese Worte Jesu gehen auch uns an. Jedem einzelnen ist die Chance zur Umkehr gegeben, aber keiner kann wissen, wie lange die Frist noch währt. Wir sind nicht besser als die Bewohner von Jerusalem. Aber wir sollen und wir können es sein – wenn wir die Gnade Gottes annehmen, die uns angeboten wird, nämlich jetzt. „Jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt ist er da, der Tag der Rettung.“ (2 Kor 6,2)

3. Predigtvorschlag

von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2004)

Liebe Schwestern und Brüder,
wir alle haben noch die schrecklichen Bilder vom Donnerstag, dem 11. 03. im Kopf.
Entsetzlich diese Anschläge in Madrid. Ihre Brutalität, ihre Menschenverachtung, ihre Kaltblütigkeit.
Schrecklich dieses Leiden. Seine Sinnlosigkeit, die Ahnungslosigkeit, die Unschuld der Opfer.

Uns allen sind diese Bilder noch sehr präsent.
Ähnlich wie die Bilder des 11. September aus New York. Ähnlich wie die Bilder des Anschlages von Lockerbie,
die Bilder von Eschede, als der Zugunfall zig Menschen in den Tod riss,
die Bilder vom holländischen Enschede, als die Explosion einer Feuerwerkskörperfabrik einen ganzen Stadtteil der Erde gleich machte,
ja, ähnlich wie die Bilder, die uns die Überlebenden der Konzentrationslager zeigen und die Leichenberge der dort elendig Krepierten.

Auch im damaligen Israel gab es ähnliche Katastrophen. Darüber reden Jesus und seine Jünger im heutigen Evangelium. Damals gab es noch nicht die Massenmedien, die all das Schreckliche so allgegenwärtig, so omnipräsent machen, so wie wir es heute erleben.
Aber die Mund zu Mund-Propaganda gab es auch damals schon. Und wie bei uns heute bewegten solche Ereignisse die Menschen, waren Tagesgespräch.

Katastrophen, Unglücke, Unfälle, Gewalttaten, Anschläge. All das wirft Fragen auf. Damals wie heute.
Wer ist schuldig? Wie konnte das passieren? Wäre das nicht zu verhindern gewesen?

Neben diesen eher analytischen Fragen, gibt es aber auch Fragen, die uns in unserer Existenz anrühren.
Kann das nicht auch mit mir passieren? Was, wenn ich in so etwas hineingezogen werde?

Und für viele stellt sich die Frage nach Gott. Wie kann der so etwas zulassen? Ist das seine Gerechtigkeit? Wo ist da Gott?

All diese Fragen werden wachgerufen. Und es ist schwer, darauf zu antworten. Jedenfalls gibt es darauf keine glatten Antworten.

Ein Weg zu einer Antwort könnte folgendes Gespräch sein, in dem ein jüdischer Rabbi gefragt wird:
"Rabbi, wie kannst du nach Auschwitz noch an Gott glauben?" Der Rabbi antwortet mit einer Gegenfrage: "Wie kannst du nach Auschwitz nicht an Gott glauben?"

Für den einen Fragenden schließt es sich aus, dass Leid und Gott gleichzeitig existieren können.
Für den Rabbi lässt sich das Leid, all das Unglück dieser Welt nur ertragen, wenn es Gott wirklich gibt.
Er lebt aus dem Glauben, der seine Wurzeln in der Begegnung des Mose mit dem brennenden Dornbusch hat. Wir haben die Stelle in der Lesung gehört. In ihr offenbart sich Gott als der "Ich-bin-da". Gott ist da, ist präsent, hört, sieht unser Leid, unsere Not.

Er ist nicht die Ursache all dessen – der größte Teil ist Folge der freien Entscheidung von Menschen: Ground Zero, Auschwitz und jetzt Madrid haben ihre Ursache im Handeln der Menschen. Ebenso ein Großteil der sogenannten Naturkatastrophen.
Und da wo alles Leiden unerklärlich bleibt, bleibt Gott an unserer Seite.

Ihr Töchter von Jerusalem, weint nicht über mich, sondern weint über euch und eure Kinder ... Denn, wenn es so dem grünen Holz ergeht, was wird dann mit dem Dürren geschehen?
So spricht Jesus zu den Frauen, denen er auf seinem Kreuzweg begegnet.
Er verheimlicht nicht, dass es Leid gibt. Er, der das Kreuz trägt - ohne schuldig zu sein – weiß darum, dass viele ein schweres Kreuz tragen werden müssen – ohne schuldig zu sein.

Das Kreuz ist eine Wirklichkeit in unserem Leben. Es war harte Wirklichkeit in Seinem Leben.

Das Christentum nimmt diese Welt ernst, weiß auch um die Lasten, die dieses Leben mit sich bringt. Es widersteht der Versuchung, diese harte Wirklichkeit auszublenden, tot zu schweigen, so wie es die Räucherstäbchen-Romantik der esoterischen Weltsichten tun. Der christliche Glaube flüchtet sich nicht in eine Scheinwelt, unterdrückt die bohrenden Fragen nicht durch Drogen-Konsum und anderen Rausch.

Die Frauen am Kreuzweg werden den Anblick von damals nicht vergessen haben. Jesus, mit offenen Wunden, geschlagenem Gesicht, blutigen Händen, die einen wuchtig-schweren Holzbalken umfassen. Leise nur waren die keuchenden Worte des geschwächten Herrn zu vernehmen:
Ihr Töchter von Jerusalem, weint nicht über mich, sondern weint über euch und eure Kinder ... Denn, wenn es so dem grünen Holz ergeht, was wird dann mit dem Dürren geschehen?

An diesen Jesus wird die eine sich erinnert haben, als ihr Sohn kurz nach der Geburt sterben musste.
An diesen Jesus wird eine andere gedacht haben, als sie, an Lepra erkrankt, von den Menschen verstoßen wurde.
Dieser Jesus kam einer in den Sinn, als sie vor den Trümmern ihres Hauses stand, das ein Erdbeben zerstört hatte.
Dieser Jesus trat vor das innere Auge der anderen, deren Sohn im Widerstandskampf gegen die römischen Besatzer fiel.

Und alle spürten, dass sie mit ihrem Leid nicht allein waren. Denn sie ahnten schon damals, dass dieser Jesus nicht nur sein eigenes Kreuz getragen hat, sondern dass er auch ihr je eigenes Kreuz trug und mitträgt.

Mose hat den Namen Gottes gehört: "Ich-bin-da".
Die Frauen haben den "Ich-bin-da" mit eigenen Augen gesehen. Er trug das Kreuz. Gott ist der "Ich-bin-da", gerade dann, wenn wir an einem Kreuz tragen. Er hat es schon vor uns und für uns getragen.

Liebe Schwestern und Brüder,
damit wir uns richtig verstehen:
Das Christentum ist keine sadistische oder masochistischen Religion. Wir suchen nicht das Kreuz! Nein, wir versuchen es zu verhindern, zu lindern in seiner Wucht. Gerade auch hier im Krankenhaus.
Aber das Kreuz ist eine unumgängliche Realität dieses Lebens, dieser Erde. Das Christentum ist eben keine "Schönwetter-Religion". Immerhin ist das Kreuz sein Erkennungszeichen und das leere Grab.

Aber das leere Grab existiert ebenso, wie das Kreuz. Und vielleicht haben die gleichen Frauen, die Jesus und sein Kreuz gesehen haben, auch sein leeres Grab besucht.

Und vielleicht hat sie jemand damals gefragt: "Ihr Töchter Jerusalems, wie könnt ihr nachdem ihr Jesus mit dem Kreuz gesehen habt, noch an diesen Jesus glauben?" Und vielleicht hat eine von ihnen geantwortet: "Wie kann ich, nachdem ich Jesus mit dem Kreuz gesehen habe, nicht an ihn glauben?"

4. Predigtvorschlag

Was heißt eigentlich Umkehr?

Haben Sie schon einmal einen Turm einstürzen sehen? Wir denken da sicher sofort an den 11. September, an New York, wir denken an die vielen Toten damals und an den Haß, der da sichtbar wurde und leider weiterging.

Türme in New York, Kriege in anderen Ländern …das alles scheint erst einmal weit weg zu sein …

… dennoch glaube ich, daß wir auch jetzt dabei sind und zusehen, wie Türme einstürzen: nicht Türme aus Steinen, aus Glas und Stahl, sondern andere Türme, die Menschen in Fleiß oder auch Stolz aufgebaut haben und die in Gefahr sind, einzustürzen:

Da sind die Türme der Finanzwelt, der Euro, die komplizierten Strukturen und Konzepte von Wirtschaftslenkung und –hilfen, von Subventionen, Krisenmanagement und Plänen ...

… da sind die stolzen Türme der Krankenhäuser und der medizinischen Labors, die sich von Orten der christlichen Barmherzigkeit und der Nächstenliebe zu großen Wirtschaftsmärkten entwickelt haben, wo jetzt nicht nur Krankheiten geheilt, Menschen gesund gepflegt und schlimme Verletzungen behandelt werden, sondern wo auch Menschen, die das entsprechende Geld mitbringen, Operationen angeboten werden, die mehr „Schönheit“ versprechen oder die ein Wunschkind aus der Retorte hervorholen, das alle gewünschten Eigenschaften hat – und wenn es die nicht hat, gibt es die maßgeschneiderte Rechtsprechung, die dafür sorgt, daß das ungeborene Leben ohne schlechtes Gewissen verschwinden kann …

… oder denken wir an die stolzen Türme unserer Industrieanlagen – Fördertürme, Hochöfen, Autofabriken -, die schon vielfach verschwunden sind oder dabei sind, abgebrochen zu werden, weil anderswo günstiger produziert werden kann oder weil man sich einfach in der Planung oder Kalkulation verhoben hat.

Sage keiner, beim Zusammensturz all dieser Türme - lautstarke oder lautlose Zusammenstürze – seien keine Menschen umgekommen. Täglich kommen Menschen um, aber das steht nicht unbedingt in den Zeitungen und Schlagzeilen.

Warum ich das erwähne? Warum ich dieses Bild vom Turm nehme? Weil es etwas von dem deutlich macht, was „Umkehr“ und „Bekehrung“ meint.

In der Fastenzeit hören wir immer diese Worte, und das ist wichtig. Bekehrung und Buße gehören zum geistlich-geistigen Programm des Christenmenschen dazu. „Buße“ heißt ja nicht in erster Linie: Dinge tun, die einem die Laune verderben oder das Gesicht miesepetrig aussehen lassen. Wer Buße so versteht und seine Mitmenschen damit belastet, hat etwas davon nicht verstanden.

Nein, Buße heißt zuerst: Gott recht geben. Er ist der Chef meines Lebens. Er gibt die Richtung vor. Er gibt uns die Gebote, die uns wahrhaft frei machen und die bewirken, daß unser Leben und das der anderen gut werden kann.

Und so denken wir bei „Buße“ und „Umkehr“ auch an Gebet, an Gottesdienst, hoffentlich auch einmal an Beichte und Versöhnung, und das ist sicher ganz wesentlich.

Aber die Türme, die einzustürzen drohen, weil Menschen ihr Leben in die falsche Richtung bringen, diese Türme stehen draußen, in der Welt, im alltäglichen Leben, im Großen wie im Kleinen.

Und darum sind die Worte Umkehr und Bekehrung und Buße nicht nur Worte, die uns irgendwie frommer machen sollen, sondern Worte, die uns an unsere eigene Verantwortung erinnern – für uns selber und für unser gemeinsames Dasein in dieser Zeit und in dieser Welt.

Vielleicht würde Jesus es heute so sagen: Meint ihr, daß nur die Griechen und die Spanier über ihre Verhältnisse gelebt haben, so daß sie jetzt die große Wirtschaftskrise haben, und ihr nicht?

Meint ihr, daß nur die Amerikaner ihre Schwarzen und die Australier ihre Ureinwohner benachteiligen und ausgrenzen und dadurch die sozialen Spannungen zunehmen, und bei euch ist alles gut?

Meint ihr, nur die Finanzgurus und die großen Manager haben ihre Zahlen frisiert und streichen sich satte Gewinne in die eigene Tasche, und ihr wäret in der gleichen Lage besser?

Umkehr und Buße haben handfeste, konkrete Bedeutung, und wir tun gut daran, in der Fastenzeit im Jahr des Glaubens nicht mit den Fingern auf andere zu zeigen, sondern bei uns selbst anzufangen. Jeder bei sich, in seinem eigenen Leben.

Mir kommt bei alldem, was uns angesichts erschreckender Nachrichten und Meldungen Angst und Sorge bereitet, ein Wort Jesu in den Sinn, das, wie ich meine, gut hierhin paßt. Da sagt Jesus: „Sucht zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, dann wird euch alles andere dazugegeben werden“ (Mt 6,33).

5. Predigtvorschlag

"Vielleicht trägt er doch noch Früchte" Das Evangelium besteht aus lauter Warnungen. Man erzählt Jesus, dass Pilatus ein paar Männer umbringen ließ, dass beim Einsturz eines Turmes 18 Männer erschlagen wurden. Für Jesus sind alle anderen, solange sie sündigen, genauso gefährdet. Und dann erzählt er selber das Gleichnis vom Feigenbau, der keine Frucht bringt. Man sollte ihn umhauen, er ist ein Schmarotzer. Auf Bitte des Gärtners erhält er eine letzte Chance: "Vielleicht trägt doch noch Früchte; wenn nicht, dann lass ihn umhauen." Schon die ersten Ereignisse wären in diesem Sinn zu deuten: jedem droht das Schwert des Pilatus - in der vergangenen Woche sind wieder viele Menschen Opfer von Gewalttaten geworden, über jedem kann jederzeit der Turm einstürzen, dazu muss man nicht auf Haiti oder in Chile wohnen. Der unfruchtbare Feigenbaum wird hier nicht verflucht, aber er hat die Geduld des Besitzers bis zum äußersten strapaziert; dass man ihn düngt und die Erde um ihn aufgräbt, ist Gnade - eine letzte, die er nicht verdient hat. Eine ihm angebotene Gnade, die nicht automatisch Frucht hervorbringt, sonder die er, der im Baum gemeinte Mensch, mit der Gnade leisten muss.

Die zweite Lesung gibt einen Überblick über die dem Volk in der Wüste gewährten Gnaden: Durchzug durchs Meer, Speise vom Himmel, Trank aus dem Felsen, der nach der Sage mit dem Volk mitwandert. Und wieder soll die ganze Schilderung uns zur Warnung dienen: das Volk war undankbar, gierte nach den Leckerbissen Ägyptens zurück, ließ sich zur Unzucht verleiten, murrte gegen Gott. Und so erreichten, weil Gott sie strafte, die meisten das von Gott verheißene Ziel nicht. Die Kirche, die damit von Paulus gewarnt werden soll, kann sich den Juden gegenüber nicht in größerer Sicherheit wiegen: für sie werde doch alles gut ausgehen. Vielleicht ist sie gerade deshalb, weil sie begnadeter ist, auch gefährdeter. Niemand gerät auf schlimmere Abwege, als solche, die von Gott für andere zum Weg vorbestimmt waren, die als Lehrer, Trainer, Priester, Patres ihrer Erwählung untreu wurden. Zu großer Heiligkeit Vorbestimmte können die gefährlichsten Führer werden und beim Abfall vom wahren Weg ganze Teile der Kirche mit sich reißen. Wieviele werden in Deutschland der Kirche den Rücken zukehren, weil Verantwortung Tragende in der Kirche den falschen Weg eingeschlagen haben! Das wird unsere Kirche verändern!

Und dennoch wird in der 1. Lesung das Wunder des brennenden Dornbuschs geschildert und Mose erwählt, um diesen Namen Gottes "Ich-bin-da" als den Namen des Retters dem Volk zu verkünden. Was besagt dies im heutigen Zusammenhang anderes, als dass Warnungen, die an den Menschene rgehen und sich an ihm verwirklichen können, die Treue des mitwandernden Gottes niemals in Frage stellen? Es wäre deshalb verkehrt zu folgern, Gottes Geduld mit dem unfruchtbaren Menschen sei einmal zu Ende, nach der göttlichen Liebe folge die göttliche Gerechtigkeit. Gottes Eigenschaften sind nicht endlich. Endlich ist nur der Mensch. Der Feigenbaum wird irgendwann sterben und dann kann er keine Frucht mehr bringen. Gewarnt wird nicht davor, dass Gottes Geduld erschöpft sei, sondern dass die begrenzte Zeit der Chance für den Menschen demnächst ein Ende hat.

Nutzen wir diese Fastenzeit, unsere Wurzeln zu kräftigen, damit wir nicht mitgerissen werden, wenn andere fallen, sondern dass wir Früchte vorweisen können, wenn wir vorm Herrn stehen.

6. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder

Im heutigen Evangelium wird Jesus eine der größten Fragen der Menschheit gestellt, die auch bei uns heute immer wieder gestellt wird: Warum das Leid in der Welt? Warum ließ Gott es zu, dass die Galiläer von Pilatus umgebracht wurden, warum ließ Gott die Katastrophe zu, dass achtzehn Menschen von dem einstürzenden Turm erschlagen wurden? Warum?

Jesus antwortet. «Glaubt bloß nicht, dass Gott sie wegen ihrer Schuld bestraft hat, dann müsste jeder einzelne von Euch genauso sterben.» Wenn es nach Gerechtigkeit ginge, dann hätte ein jeder von uns den Tod verdient. Denn wir alle haben viel von Jesus gehört und erfahren, wir sind durch ihn und durch die Kirche reich beschenkt worden; ein jeder von uns, mich eingeschlossen, müsste deshalb eigentlich ganz anders leben.

Aber wir sind eben Menschen, und ein jeder hat seine Schwächen, in die er immer wieder zurückfällt. Für die meisten von uns gilt, was Jesus damals den Menschen gesagt hat: «Aufgrund Eurer Gedanken, Worte und Werke hätte ein jeder den Tod verdient».

Doch der Gott, den Jesus verkündigt, handelt anders. Um das deutlich zu machen, erzählt Jesus den Menschen das Gleichnis vom unfruchtbaren Feigenbaum. Wir Menschen werden von Ihm mit solch unfruchtbaren Feigenbäumen verglichen. Gott, der Weingärtner kommt immer wieder zu uns und schaut nach, ob wir die erwarteten Früchte tragen, aber nichts geschieht. Drei Jahre schon schaut er vergeblich nach uns, und wir bringen immer noch keine Frucht. Wir haben die Geduld Gottes schon über jedes normale Maß strapaziert, so dass es nun Zeit wird, uns umzuhauen, damit wir nicht weiter sinnlose Nutznießer und Schmarotzer des Weinberges sind.

Doch trotz unseres sinnlosen Treibens wird der Feigenbaum nicht verflucht, nicht umgehauen, sondern Gott schenkt uns erneut seine Gnade. Obwohl wir den Tod verdient hätten, bemüht er sich noch einmal um uns, gräbt die Erde um den Feigenbaum auf, düngt ihn. Gott gibt sich um jeden einzelnen von uns solch eine Mühe, wie der Weingärtner um diesen Feigenbaum. Er lockert den Boden auf; da wo bei uns alles fest und hart ist. Wo unsere Positionen im Streit mit der Verwandtschaft oder Bekanntschaft fest und unumstößlich sind, will er die Erde auflockern, so dass wieder neues Leben entstehen kann. Er düngt den Boden, gibt Nahrung von außen hinzu, so wie Aspekte, neue Sichtweisen, neue Ideen eine Beziehung zwischen Oppositionen neu beleben können. Gott will, dass wir endlich zu leben anfangen, Frucht bringen. Daher müht er sich um jeden Einzelnen.

Wir haben diese Gnade Gottes nicht verdient. Wenn es nach der Gerechtigkeit ginge, hätte ein jeder von uns den Tod verdient. Das wir überhaupt noch leben, dass Gott mit uns noch nicht die Geduld verloren hat, ist Grund genug, ihm täglich zu danken.

Die Zeit, die wir hier auf Erden haben, ist nichts anderes als Gottes Geduld mit uns. Die Zeit, die jeder Mensch noch zu leben hat, ist das Warten Gottes auf Früchten. Eine andere Daseinsberechtigung haben wir nicht.

Und das Leid in der Welt? Der Tod der Unschuldigen? Jesus gibt da keine direkte Antwort. Er stellt lediglich fest - in aller Deutlichkeit, dass es keine Strafe Gottes. Er erinnert uns aber anhand der Gegenwart dieses plötzlichen Todes an unseren eigenen Tod, der uns schneller ereilen kann, als wir meinen.

Der Tod ist greifbar, das Leid in der Welt wird uns tagtäglich vor Augen geführt, und Gott selbst fiel dem Tod am Karfreitag zum Opfer. Doch danach gibt es immer wieder ein Ostern. Jeder Sonntag lädt uns ein, nach einem Freitag des Verzichts, des kleinen Sterbens, neu das Leben zu feiern.

Jesus will uns ermuntern, gerade angesichts der Gegenwart des Todes, endlich anfangen zu leben.

Fürbitten