Suche: 

Neue Site - empfehlenswert! Ein Ableger der Karl-Leisner-Jugend: aktueller, kürzer, frischer und moderner: www.gut-katholisch.de.

Predigtvorschläge - 07. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C)
1. Predigtvorschlag

von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 1997)

"Segne, Höchster, auch meine Feinde!"
So, liebe Schwestern und Brüder, steht es in einem Tagebuch geschrieben. Auf der letzten Seite. Der allerletzte Eintrag.

Der Schreiber hat diesen Satz verfasst, nachdem er lange unter Repressalien gelitten hatte.
Nachdem man ihn wegen einer unvorsichtigen Bemerkung eingesperrt hatte.
Nachdem man ihm hat Schwerstarbeit leisten lassen, trotz seiner Krankheit.
Nachdem er unvorstellbare Grausamkeiten mit ansehen musste, die man seinen Mitgefangenen, seinen Freunden antat.
Nachdem er selbst unendlich viele Torturen und Unmenschlichkeiten über sich hat ergehen lassen müssen. Von den Nazi-Schergen.
Damals in Dachau. Im KZ.

"Segne, Höchster, auch meine Feinde!"
Karl Leisner hat diesen Satz geschrieben. Nachdem man ihn, der in der Hölle des Konzentrationslagers zum Priester geweiht wurde, aus Dachau befreit und in ein Sanatorium gebracht hat.
Im Bett liegend, ausgemergelt, gänzlich geschwächt. Kurz vor seinem Tod. 1945.

"Segne, Höchster, auch meine Feinde!"
Ich weiß nicht, ob ich diesen Satz nach all dem Erlebten zustande bekommen hätte.
Und Sie? Hätten Sie das fertiggebracht?

Liebe Schwestern und Brüder!
"Segne, Höchster, auch meine Feinde!"
Unser Hl. Vater Papst Johannes Paul II, hat diesen Karl Leisner – zusammen mit Bernhard Lichtenberg – im Olympiastadion seliggesprochen. Das war 1996.
Selige und Heilige waren Menschen wie Du und ich. Mit Schwächen und Fehlern wie wir. Karl Leisner war zum Beispiel fast immer der Letzte, häufig unpünktlich.
Heilige und Selige fallen nicht vom Himmel herunter, sondern sie wachsen auf der Erde.

Ihr Beispiel macht deutlich, soll uns vor Augen führen, dass ein Leben nach dem Evangelium möglich ist, menschenmöglich ist.

Die Seligsprechung Karl Leisners soll uns vielleicht unter anderem dazu ermutigen, dass die Worte Jesu im heutigen Evangelium nicht nur eine ferne, schöne Utopie darstellen, sondern Wirklichkeit werden können und sollen. Durch uns, die wir versuchen Christus zu folgen:
Euch, die ihr mir zuhört, sage ich: Liebet eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen. Segnet die, die euch verfluchen; betet für die, die euch misshandeln.
Dem der dich auf die eine Wange schlägt, halte auch die andere hin, und dem der dir den Mantel wegnimmt, laß auch das Hemd.

Wir kennen diese Worte gut. Sehr gut.
"Herr Pastor, das kann ich nicht. Dem kann ich nicht vergeben." So habe ich schon viele sagen gehört. Aber wer kann das schon?

Ja, es sind unbequeme Worte. Deshalb suchen wir auch Interpretationen, Umdeutungen, Abschwächungen.
"So kann Jesus das doch nicht gemeint haben... Das muss man aus dem Kontext von damals verstehen. Heute sieht die Lage ja etwas anders aus... Das ist ja auch möglicherweise eine redaktionelle Überarbeitung vom Evangelisten."

Und dennoch: das Wort, der Anspruch Jesu bleibt.
Wir ahnen, dass er sich nicht so leicht wegretuschieren lässt.
Wir spüren, dass es hier um ganz Wesentliches geht.
Wesentlich für unser Leben mit Gott und den anderen.
Euch, die ihr mir zuhört, sage ich: Liebet eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen. Segnet die, die euch verfluchen; betet für die, die euch misshandeln.
Überlegen wir einmal für uns, jeder für sich:
Gibt es Menschen, die mir Böses wollen, denen ich nicht gut bin, die man als Feinde betrachten könnte? Wo sehe ich Sie? Wann begegne ich Ihnen? Wie begegne ich Ihnen? Freundlich, schroff, angriffslustig?
Wie denke ich über sie? Richte ich sie? Habe ich überhaupt einmal versucht sie und ihr Handeln zu verstehen?
Wann habe ich das letzte Mal für einen solchen Mensch gebetet?

Wenn ihr nur die liebt, die euch lieben, welchen Dank erwartet ihr dafür? Auch die Sünder lieben die, von denen sie geliebt werden.
(...) Ihr aber sollt eure Feinde lieben und sollt Gutes tun und leihen, auch wo ihr nichts dafür erhoffen könnt. (...) Richtet nicht, dann werdet auch ihr nicht gerichtet werden. Verurteilt nicht, dann werdet auch ihr nicht verurteilt werden. Erlaßt einander die Schuld, dann wird auch euch die Schuld erlassen werden.

Je mehr wir diese Worte Jesu an uns heranlassen, je mehr spüren wir, wie großartig, wie kraftvoll sie sind. Jedenfalls mir geht das so. Wenn alle so zu leben suchten ... die Welt sähe anders aus. Besser, friedvoller.

Das sind nicht Worte für Schwächlinge, die sich unterkriegen lassen. Nein das sind Worte, die nur diejenigen verwirklichen können, die innerlich stark sind.

"Segne, Höchster, auch meine Feinde!"
Ich kenne ein Foto, das Karl Leisner zeigt im Krankenbett, kurz vor seinem Tod, kurz bevor er diese Worte in sein Tagebuch geschrieben hat.
Er sieht sehr mitgenommen aus, eingefallene Wangen, nur noch Haut und Knochen. Aber seine Augen strahlen Kraft und Zuversicht aus.
Bei meiner Arbeit in den Krankenhäusern bin ich einem Mann begegnet, dessen Aufenthalt im Hospital sich aufgrund einer Unachtsamkeit eines Arztes verlängert werden musste. "Wissen Sie, Herr Kaplan, ich bin ihm nicht böse. Das kann passieren. Wenn ich ihn auf dem Flur oder im Zimmer sehe, grüße ich ihn besonders freundlich."
Wer in das Krankenzimmer dieses Mannes kam, spürte etwas von der inneren Stärke, die den Raum erfüllte. Ich kann mir vorstellen, dass diese Haltung dem betroffenen Arzt sehr geholfen hat und seiner Arbeit.

Dieser Patient und das Zeugnis des Seligen Karl Leisner machen mir Mut, den Weg des Evangeliums, den Weg Jesu zu gehen. Ich weiß, dass ich darauf häufig fallen werde.
Aber es ist möglich. Und es lohnt sich ihn zu gehen:
Gebt, dann wird auch euch gegeben werden. In reichem, vollem, gehäuften, überfließendem Maß wird man euch beschenken.

Ohne Versöhnung und Vergebung geht es auch in der Ehe nicht. Davon könnten Sie uns, liebes Jubelpaar Rüdel sicher einiges erzählen.
Dass Sie beide heute in der Hl. Messe mit uns gemeinsam diesen Tag begehen, ist ein schönes Zeugnis.
Zeugnis dafür, dass es auch heute möglich ist, einander treu zu sein, heute: das ist eine Welt in der zahlreiche Bindungen zerbrechen.

Für dieses Zeugnis sagen wir Ihnen dank.
Und für Ihre Ehe wünschen wir Ihnen weiterhin den Segen Gottes. Den möchte ich Ihnen nun auf besondere Weise erteilen.

2. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Die Menschen lieben, die uns hassen, sich schlagen lassen, unser Eigentum dem schenken, der uns bestiehlt - eine seltsame frohe Botschaft. Sie passt so gar nicht in unser Rechtsempfinden, und sie passt vor allem nicht in das Rechtsempfinden des Alten Testamentes, in dem es Hunderte von Vorschriften gibt, um die Gerechtigkeit zu wahren.

Für die Juden war diese Rede damals ein Skandal. Und eigentlich müsste sie auch für uns «unerhört» sein, radikal und extremistisch. Aber wir haben uns an den Anspruch «Liebet eure Feinde» gewöhnt. Und durch diese Gewöhnung hat diese Aufforderung Jesu an Schärfe verloren:

Wir richten uns ja sowieso nicht danach.

Selbstverständlich muss ein Einbrecher verhaftet werden, jemand, der uns unsere Wohnungseinrichtung zerstört, werden wir wohl kaum noch die Autoschlüssel anbieten. Das hat's ja noch nie gegeben.
Und wenn wir etwas ausleihen, dann erwarten wir es selbstverständlich zurück. Jemand, der das nicht tut, bezeichnen wir eher als gutgläubig, vertrauensselig und ein bisschen bescheuert. Wo kämen wir denn dahin, wenn wir das ernst nehmen würden, was im heutigen Evangelium geschildert wird?
Richtet nicht, verurteilt nicht, erlasst die Schuld: Was wäre wohl, wenn das alle täten? Mit diesem Anspruch des Evangeliums halten wir uns nicht lange auf: Er ist weltfremd. Und zwar vollkommen weltfremd.

Das hat's noch nie gegeben, wo kämen wir denn dahin, wenn das alle täten - und überhaupt. Die vier triftigsten Gründe, sich nicht mehr damit auseinanderzusetzen.

Wir lesen die Bergpredigt, finden sie beeindruckend und - stellen Strafantrag gegen Unbekannt, weil in unserem Vorgarten Blumen fehlen.

Aber an unserer Hochachtung vor dem Lehrer Jesus ändert das nichts: Auch trotz dieser Bergpredigt, an die wir uns nicht halten, glauben wir noch an Jesus Christus als dem Sohn Gottes.

Seltsam.

Ein Politiker, der Unmögliches von den Bürgern verlangt, wird wegen Unfähigkeit abgewählt.

Ein Arbeitgeber, der von seinen Mitarbeitern ständig das Äußerste fordert, und noch darüber hinaus, wird wegen Ausbeutung oder unsozialem Verhalten vor Gericht gebracht.

Eine Kirche, die nicht den Durchschnitt zum Maß erhebt, sondern das Überdurchschnittliche, die verlässt man.

Jesus wird aber - gerade aufgrund seiner Bergpredigt - gepriesen und verehrt, obwohl doch eigentlich klar, dass keiner dazu in der Lage ist, sie zu erfüllen. Er erwartet von uns Unmögliches, das Äußerste, das Überdurchschnittliche - und trotzdem stört sich keiner daran.

Aber gerade das ist es tatsächlich, was Gott von uns erwartet: Dass wir Unmögliches versuchen, dass wir ans Äußerste gehen, dass wir uns über den Durchschnitt erheben. Nicht deswegen, weil wir Christen so hervorragend sind - das wage ich zu bezweifeln.
Gott kann dies alles von uns erwarten, weil er selbst in uns das Unmöglich vollbringt, er selbst in uns bis zum Äußersten geht und er selbst in uns Überdurchschnittliches bewirkt.
Man kann das Gnade nennen, was Gott mit denen macht, die sich auf diesen unmöglichen Anspruch einlassen. Man kann es Gnade nennen, was Gott uns schenkt, wenn wir uns nur auf ihn einlassen würden.

«In reichem, vollem, gehäuften, überfließendem Maß wird er euch beschenken!» Man kann diese Großzügigkeit Gottes Gnade nennen.

Aber egal, wie wir es nennen: Weil Gott so einen seltsam hohen Anspruch an uns stellt, so gibt er dem Menschen auch die Fähigkeiten, das Unmögliche zu vollbringen, ans Äußerste zu gehen und den Durchschnitt hinter sich zu lassen.

Wenn wir es nur versuchen würden, könnte jeder von uns feststellen, dass wir alle - wenn auch nicht zum Supermann - so doch zum Heiligen berufen sind.

«Liebet Eure Feinde, gebt jedem, der euch bittet, richtet nicht, verurteilt nicht, erlasst einander die Schuld. Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist!»

Am Anfang des Evangeliums heißt es: «Jesus sprach zu seinen Jüngern: Euch, die ihr mir zuhört, sage ich...» Anscheinend habe damals schon so einige bei dieser berühmten Predigt nicht richtig zugehört, nicht zuhören wollen.

Wie steht's mit ihnen?

3. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder,

die Anweisungen der Bergpredigt (hier bei Lukas ist es genaugenommen die Feldrede) haben wir oft genug gehört. Wir können sie fast auswendig, und halten uns trotzdem nicht daran. Es ist einfach zuviel verlangt: Die segnen, die mich verfluchen; denen Gutes tun, die mich hassen; sich schlagen lassen und den Dieben noch das letzte Hemd lassen - usw. Damit sind wir überfordert und kommen einfach nicht mit.

Jesus weiß das, er kennt den Menschen sehr wohl. Er weiß, was uns möglich ist - und dass uns die Bergpredigt überfordert. Aber er schraubt seinen Anspruch nicht herunter; er bleibt dabei: Das Ziel des christlichen Lebens ist die absolute Selbstlosigkeit.

Wir sind uns einig, dass sich darauf kein Staat und kein Verein aufbauen lässt; es ist nicht praktikabel. Auch die Kirche kann nicht dem Anspruch der Bergpredigt gerecht werden, ohne gleichzeitig die Gerechtigkeit zu vernachlässigen. Es muss Vereinsregeln geben, staatliche Gesetzt und eine kirchliche Ordnung, die von jedem befolgt werden kann.

Aber damit ist nicht gesagt, dass derjenige, der alle staatlichen Gesetze befolgt - oder im Verein alle Regeln beachtet - schon ein gutes Mitglied ist. Alle Regeln und Gesetze - auch in der Kirche - sind Mindeststandards. Die zu erfüllen ist unsere Pflicht. Gott verlangt aber die Kür von uns.

Und die Aufforderung, nach der Pflicht an die Kür zu gehen, ist der Inhalt der Bergpredigt. Wir unterscheiden uns von einem Nicht-Christen dadurch, dass wir religiöse Pflichten haben und diesen nachkommen. Aber dadurch sind wir noch lange keine Christen: Zu echten Christen werden wir erst, wenn wir über unsere Pflicht hinaus denken und handeln.

Leider sind wir Menschen, die gerne wissen möchten, was denn von uns erwartet wird - und wann wir die Erwartungen Gottes erfüllt haben.

Das gilt z.B. auch für die Fastenzeit, die vor uns liegt: Es gibt Mindest-Standards, die erfüllt werden sollten: Die Kirche versteht schon seit jeher unter "Fasten", dass wir an Aschermittwoch und Karfreitag sowie an allen Freitagen der Fastenzeit kein Fleisch essen - Abstinenz. Darüber hinaus fastet der, der sich nur einmal am Tag satt ißt. Auch der Empfang des Beichtsakramentes vor Ostern gehört zu den Grundbedingungen - sie kennen sicherlich noch die Kirchengebote.

Aber was vor Gott zählt, das darüber hinaus ist die Kür: Dem Nächsten bereitwilliger dienen, den Gottesdiensten auch an den Werktagen Beachtung schenken; das Gebet suchen, die Stille und die Gottesbegegnung.

Sie wissen es - ich weiß es: Bereits die Pflichtübungen unseres Glaubens sind keine Selbstverständlichkeiten mehr. Und zur Kür kommt es dann oft nicht mehr.

Gott ist aber anspruchsvoll. Er erwartet die volle Erfüllung der Pflicht und ruft dann zur Kür. Gott ist anspruchsvoll und lässt nicht locker. Nicht, weil er unbarmherzig ist. Ganz im Gegenteil: Weil er uns liebt, und weil er ein barmherziger Gott ist, will er unser Herz verändern; er will uns liebesfähig machen. Er liebt uns, trotz unserer Bequemlichkeit.

Fürbitten