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Predigtvorschläge - Evangelische und katholische Heilslehre
1. Predigtvorschlag

Ursprung: Allerheiligen 1999

Liebe Schwestern und Brüder,

«Wie kommen wir in den Himmel?» Das ist eine Frage, die schon seit Jahrhunderten katholisch und evangelisch trennt. Wodurch wird der Mensch so gerechtfertigt vor Gott, dass er in den Himmel darf?

Gestern, am Reformationstag, wurde nun ein Dokument unterschrieben, dass diesen alten Streit beilegen soll. Ein Vertreter der ökumenischen Kongregation des Vatikans und ein Vertreter des lutherischen Weltbundes haben ihre Unterschrift unter diese gemeinsame Feststellung gesetzt.

Martin Luther, den diese Frage nach der Eintrittskarte in den Himmel über Jahre hinweg schwer belastet hat, kam eines Tages auf die genial einfache Antwort: «Allein dadurch, dass der Mensch glaubt, wird er gerecht vor Gott.» Dieser Glaube ist nach Luther nicht etwas, das der Mensch tut. Er ist ein unverdientes Geschenk Gottes. Nach Luther ist der Mensch nicht in der Lage ist, irgendetwas wirklich Gutes zu tun.
Luther grenzte sich damit gegen die katholische Lehre ab, die davon ausgeht, dass der Mensch durch die Gnade Gottes befähigt wird, mit Gott zusammenzuwirken, also aktiv zu werden. Diese Zusammenarbeit mit Gottes Gnade ist in der katholischen Kirche von höchster Bedeutung:

Wir alle gehören allein schon durch unseren Glauben zu den Heiligen Gottes. Ganz ohne Vorleistungen. Paulus bezeichnet alle Christen als «die Heiligen, die zu Gott gehören.» Allerdings ist diese Gabe mit einer Aufgabe verbunden: Wir können diese Heiligkeit bewahren und darin wachsen, indem wir mit Gott aktiv werden.
Die Armen, die im heutigen Evangelium genannt werden, sind nicht deshalb schon selig, weil sie arm sind; die Verfolgten nicht schon deshalb, weil sie verfolgt sind. Selig ist, wer zu Armut und Verfolgung ja sagen kann - und sich darüber sogar freuen kann, weil er so Christus ähnlicher wird. Selig sind wir, wenn wir uns in der Demut üben, in der Einfachheit, in der Freude am Guten.
Das aber setzt höchste Aktivität voraus! Das ist nicht einfach; das kostet innere Überwindung und geistliche Arbeit. Aber wir können das, weil Gott uns dazu seinen Hilfe zugesichert hat. Genau das ist Mitwirkung mit der Gnade.

Luther aber lehnt jede Form dieser Mitwirkung ab. Der Mensch kann zu seinem Heil nichts dazutun; dafür ist er zu schlecht und unfähig. Vermutlich ist Luther zu dieser seltsamen Ansicht gekommen, weil er nur die äußeren Formen der Mitwirkung kennengelernt hat: Wallfahrten, Ablässe, Prozessionen, Andachten, Gottesdienste und so weiter.
Alles das sind aber nur Dinge an der Oberfläche. Diese Dinge zu tun, heißt noch nicht, ein aktiver Christ zu sein! Ich werde erst dann zum aktiven Heiligen im eigentlichen Sinne, wenn ich das alles Füllen kann: Mit Gebet, mit Freude und mit Hingabe. Vielleicht sind die oberflächlichen Christen zur Zeit Luthers mit schuld daran, dass Luther alle diese hohl gewordenen Formen verwirft - und darüber hinaus sogar jeglicher Form christlichen Tuns die Heilsbedeutung nimmt.

Liebe Schwestern und Brüder, wir werden erst dann zu einer echten Einheit der Kirchen kommen, wenn wir den Anlass für dieses Missverständnis beseitigen: Den leeren, oberflächlich gelebten Glauben. Erst, wenn wir deutlich machen, dass auch für uns aktiver Glaube vor allem inneres Tun meint, können die Vorurteile abgebaut werden.

243 evangelische Theologie-Professoren haben der gemeinsamen Feststellung, die gestern unterzeichnet worden ist, ihre Zustimmung verweigert und einen Verzicht der Unterschrift gefordert. 243 evangelische Theologie-Professoren in Deutschland - das sind so gut wie alle. Bis zur Einheit der christlichen Kirche ist es noch ein langer Weg.

Der Beginn ist aber gemacht. Und das Hochfest Allerheiligen sollte eigentlich verdeutlichen, was immer schon unser gemeinsamer Glaube gewesen ist: Wir werden nicht heilig, indem wir uns unseren Gott verdienen. Wir sind schon heilig, weil Gott uns angenommen hat als seine Kinder.

Amen.

Fürbitten