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Predigtvorschläge - Gründonnerstag
1. Predigtvorschlag

von Manfred Stücker (erstellt: 2022)

Der Friede als Balance

Der Friede in dieser Welt ist bedroht und verletzt. Ein Vernichtungskrieg, hier in Europa, ganz in unserer Nähe, ist ausgebrochen und bedroht ganze Völker. Argumente und Appelle zu Vernunft und zu einer einvernehmlichen Lösung sind nicht in Sicht und scheinen nicht möglich. Das Böse hat seine Fratze vor uns enthüllt, und wir sind entsetzt, ratlos, hilflos.

Wie kann der Friede gerettet werden? Wie kann vor allem den Menschen geholfen werden, die gequält sind und von denen schon viele alles verloren haben? Politiker, Diplomaten, Soldaten, unzählige Helfer sind dabei, der Not zu begegnen und Wege aus Hoffnungslosigkeit und Leid zu finden. Was können wir tun? Was machen wir jetzt?

Heute ist Gründonnerstag. Wir feiern diesen Tag als Tag der Einsetzung der heiligsten Eucharistie. Christus gibt sein Leben für uns Menschen. Er teilt seine Liebe aus. Er versammelt seine Apostel zu einer Feier, die denkwürdiger, aber auch merk-würdiger nicht sein kann: Nach dem Mahl nimmt er das Brot und den Wein aufs Neue in seine Hände. Und er spricht die Worte, die offenbar machen, wie er uns sich in diesen Gaben selbst und total schenkt: "Das ist mein Leib – Das ist der Kelch meines Blutes, des neuen und ewigen Bundes."

Johannes, dessen Bericht wir an diesem Abend hören, fasst das Geschehen in diesen Worten zusammen: "Da er die Seinen liebte, die in der Welt waren, liebte er sie bis zur Vollendung." (Joh 13,1)

Der Ort, wo dieses Geschehen sich abspielt, der Ort, wo Jesus sein Leben für das Leben der Menschen hingibt, ist nicht zufällig gewählt. Es ist die Stadt Jerusalem. Dort, so hatte er immer wieder vorausgesagt, würde der Messias den Menschen ausgeliefert, dort würde er leiden, sterben und auferstehen (vgl. Mt 16, 21 u.a.).

Warum Jerusalem? Jerusalem ist die Stadt Davids, es ist die Stadt der Verheißung des Friedens. "Jerusalem", in diesem Namen steckt das hebräische Wort "shalom". Es bedeutet "Frieden".

In diesem Wort steckt ganz viel. Wir ahnen ja, dass Frieden nicht nur meint, dass Krieg aufhört und keine Waffen mehr sprechen. Frieden bedeutet nicht nur die Abwesenheit von Krieg und Hass, es bedeutet nicht "Friedhofsruhe".

Im hebräischen Wort "shalom" finden wir eine Antwort auf die Frage, was Frieden im tiefsten meint.

Das hebräische Wort "shalom" meint den Zustand des Friedens als Zustand des Ganzseins. Denn das Wort besteht aus zwei Teilen: aus dem hebräischen Buchstaben shin (= Feuer) und men (= Wasser), und dazwischen lamed, die Waage.

Das bedeutet in diesem Bild: Wo Feuer und Wasser sich die Waage halten, da ist Frieden. Das Feuer meint die Anwesenheit Gottes. Gott ist Feuer, er ist Licht, und ihm kann sich kein Mensch nähern, wenn Gott es nicht will (vgl. Ex 3, 1-6 ; 24, 9-18).

Das Wasser dagegen steht für das Leben des Menschen in seiner Vergänglichkeit. Unsere Vergänglichkeit führt zum Untergang und zum Tod, wenn nicht als Gegengewicht die Gegenwart Gottes da ist.

Friede meint also eine Balance, ein Gleichgewicht, das nicht gestört werden darf. Die Sünde, die Abkehr von Gott, der Egoismus, der Hass: alles das zerstört dieses Gleichgewicht, zerstört darum auch den Frieden.

Was bedeutet das für uns an diesem Abend, an dem wir den neuen Frieden feiern dürfen, der von Christus selbst gestiftet wird? Wenn Friede Balance bedeutet, wo Gott und Mensch sich gegenübertreten, nicht als Rivalen, sondern als Freunde, nicht als Gegner, sondern als Bundesgenossen, dann kann uns noch ein weiteres Bild zeigen, was uns geschenkt wird und von dem wir leben.

Ich meine ein Bild, das mich immer sehr beeindruckt, wenn ich nach Lourdes komme; dieses Bild steht nicht im Wallfahrtsheiligtum, sondern oben auf einem Berg, wo die Pilgergruppen aus unseren Ländern für gewöhnlich nicht hinkommen, der aber ein Ort ist, ohne den man die Botschaft von Lourdes gar nicht verstehen kann, die ja eine Botschaft der grenzenlosen Liebe und des Friedens ist.

Das Bild steht im Caritasdorf, dem "Cité St. Pierre", das erbaut worden ist, um die Pilger aufzunehmen, die kein Geld für ein Hotel oder ein Wohnmobil haben, Pilger aus Osteuropa, Afrika oder Asien, für die schon die Reise selbst teuer genug ist. Im Sommer, wenn viele Pilger dort sind, kann man immer wieder Gruppen dort erleben, die ausgelassen singen und tanzen. Ich gehe da gerne hin, vor allem wegen der Kapelle, die den Schafstall der heiligen Bernadette naturgetreu nachbildet, mit groben Steinen und einem Strohdach, und auch wegen des Kaffeeautomaten, der den günstigsten Kaffee in ganz Europa bietet.

Am Eingang dieses Dorfes steht die Waage des Friedens und der Gerechtigkeit mit ihren beiden Waagschalen. Was ist darauf zu sehen? Auf der einen Seite ist die Weltkugel: diese zerbrechliche Welt, groß und klein zugleich, der Ort, der uns zum Leben anvertraut ist, der aber so oft misshandelt, missbraucht und ausgebeutet wird.

Und auf der anderen Seite? Da ist die Monstranz mit der Hostie in der Mitte. Die Gegenwart der Liebe Gottes. Christus ist das Brot, das sich austeilt und das uns im Hunger unserer Seele nährt, den Hunger nach Freiheit, nach Heil und Leben, nach Frieden. – Die Monstranz mit der Hostie zeigt: Gott lässt uns Menschen nicht allein. Die Hostie ist das Brot, das die Menschen in ihrer Sehnsucht wahrhaft sättigt. Es ist aber auch der liebevolle Blick Gottes, der uns in Christus anschaut und verwandelt.

Diese Waage steht zugleich auch in der Kapelle, die aus einfachen Steinen erbaut ist und im Inneren den Stall wiedergibt, in dem Bernadette die Schafe gehütet hat. Die Besucher nehmen auf einfachen Holzbänken oder -stühlen Platz. Für mich ist diese Kapelle gerade in ihrer Einfachheit der passendste Ort, um die Botschaft des Glaubens in Lourdes zu feiern.

In dieser Kapelle ist der Tabernakel auf der Waagschale, die der Welt gegenübersteht. Die heilige Eucharistie, zu der wir uns versammeln und deren Einsetzung wir heute feiern dürfen: Sie ist die Feier und der Garant des Friedens in der Welt.

2. Predigtvorschlag

von Manfred Stücker (erstellt: 2020)

"Wer gibt uns die rettende Medizin?" - Gründonnerstag: Keine Angst vor Ansteckung

Jesus wäscht seinen Jüngern die Füße ohne Angst, sich bei ihnen anzustecken. Er nimmt Wasser und wäscht mit eigenen Händen die Füße; er nimmt ein Tuch und trocknet die Füße ab.

Seit Wochen geht bei uns die Angst um: die Angst vor Ansteckung mit einem Virus, von dessen Wesen nicht alles bekannt ist. Ein Virus, von dem man nicht genau weiß, wie er sich eigentlich verbreitet. Deshalb will man da, wo er auftaucht, ihn isolieren. Die Übertragungswege sollen gestoppt werden, so gut es geht.

Jesus, um im Bild zu bleiben, macht es eigentlich umgekehrt. Er isoliert die Apostel, damit er sie – bitte verzeihen Sie den Ausdruck – mit seiner Liebe infizieren kann. Er versammelt die zwölf Apostel an einen Tisch, um ganz bei ihnen zu sein, an diesem Abend, in der Nacht vor seinem Tod. Er wollte ganz bei ihnen sein, damit sie ganz bei ihm seien.

Johannes, der vierte Evangelist, berichtet von der Fußwaschung als Tat der Liebe des Meisters und Freund seiner Jünger. Was Jesus damit zeigen will, sagt er selbst: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben.“ Jeder, der sich als sein Jünger verstehen will, muß genauso handeln: Dienen aus Liebe, Liebe, die sich ganz tief beugt. Mit einer Liebe, die das Leben und das ganze Dasein verwandelt, sollen die Apostel und alle, die an Jesus glauben, angesteckt werden.

Wenn ein Virus, der Krankheiten oder sogar den Tod bringt, umhergeht, gehen Angst und Unsicherheit um: Wird es vielleicht auch mich treffen?
Wie kann ich mich schützen? Was muß ich tun, um im Fall des Falles vorbereitet zu sein? – Nicht nur Einzelne, sondern auch Kommunen, Firmen, Institute und Politiker sorgten sich um diese Fragen.

Vor der Liebe Jesu muß niemand Angst haben. Jesu Liebe ist nie schädlich, sie ist immer heilsam. Sie ist immer versöhnend. Sie ist immer gut für den Menschen. Insofern können wir Christi Liebe auch mit einer Medizin vergleichen. Wo der Kampf um die besten Plätze, um Posten und Titel auch in der Kirche an Bedeutung gewinnt, ist die Fußwaschung, die der Herr vollzieht, ein notwendiges Heilmittel gegen Spaltung, Unfrieden, Geltungssucht und Rechthaberei.

Die heilige Kommunion ist das Medikament, das diese Liebe Christi in höchster denkbarer Konzentration schenkt. Die heilige Hostie ist, um in diesem Vergleich zu bleiben, mit allen Wirkstoffen versehen, die unserer Seele gut tun.

Ich finde, dieser Vergleich mit einem Medikament kann uns sogar helfen, tiefer zu verstehen, was wir heute, am Gründonnerstag, feiern, und wohin uns diese Feier führen will. Denn wie ein Medikament nicht einfach so, ohne vorherige Vorbereitung, eingenommen werden soll, so ist es ähnlich auch mit der heiligen Kommunion. Wenn sie ihre Wirkung entfalten soll, müssen alle Oberflächlichkeit, Gedankenlosigkeit und alle inneren Widerstände gegen die Liebe Christi aufgegeben werden. Ganz frei sollen wir sein, Christi Liebe auch wirklich in uns aufzunehmen. Ganz frei – das bedeutet dann auch, die Konsequenz der Freiheit anzunehmen, den Glauben. Der Glaube ist das Einfallstor für die wirkliche Gemeinschaft mit Christus im heiligen Sakrament, die dann auch wirksam wird in der Gemeinschaft der Kirche und in der Liebe untereinander.

Uns allen wünsche ich diesen Glauben und dieses Vertrauen und die Sehnsucht, Jesus Christus immer näher zu kommen in der Gemeinschaft mit seinem Leiden und in der Hingabe seines Lebens, damit wir mit ihm auch die Freude und die Herrlichkeit empfangen.

3. Predigtvorschlag

Barmherzigkeit (Erste von drei Predigten zu Gründonnerstag, Karfreitag und Ostern):

Die Basis der Barmherzigkeit: Barmherzigkeit, die verwandelt

Wer es mit Christus zu tun bekommt, der wird verwandelt. Das ist die Erfahrung und der Glaube aller Menschen, die mitvollziehen, was Jesus für uns getan hat, und die seinen Spuren folgen.

Heute, am Gründonnerstag, feiern und bekennen wir die unendliche, unfaßbare Liebe, die Jesus dazu bringt, seinen Jüngern die Füße zu waschen, die ihn dazu bringt, das Gedächtnis seines Leidens und seiner Auferstehung zu stiften im Geheimnis der Eucharistie, und die ihn dazu bringt, sich vollkommen dem Willen des Vaters auszuliefern und sein Leben für das Heil der Menschen hinzugeben.

Dieses Geschehen können wir wirklich treffend mit dem Wort „Barmherzigkeit“ beschreiben und zusammenfassen, und mit dem heutigen Gründonnerstag haben wir nicht weniger als die Basis für die Barmherzigkeit, mit der uns Gott beschenkt.

Morgen, am Karfreitag, tragen wir mit Jesus das Kreuz und erleben den Gipfel der Barmherzigkeit: seinen Tod, der die Macht des Todes aufsprengt, seinen Tod, der allen Haß, alle Unfreiheit, alles Leid der Menschen sozusagen in sich aufsammelt und so heilt, was Menschen in Bosheit und Verblendung zerstört haben.

Und an Ostern dürfen wir den Triumph der Barmherzigkeit feiern: Das Leben, das Gott selbst schenkt, siegt über die Mächte der Finsternis und des Todes. Seine Liebe triumphiert über Kälte, Angst und Haß.

Diese drei Tage – Gründonnerstag, Karfreitag und Osternacht – bilden ein Einziges. Sie bilden eine innere Einheit, und diese Einheit wird mit dem Wort „Barmherzigkeit“ in einer Dichte dargestellt, die zeigt, was uns da geschenkt wird, und auch, welche Gnade und welche Liebe, aber auch welche Anstrengung von seiten Gottes dahintersteht, uns die Erlösung zu schenken.

Liebe Schwestern und Brüder, Gottes Barmherzigkeit verwandelt: Haß und Unfriede werden verwandelt in Freundschaft und Versöhnung. Kränkung und Leid werden verwandelt in Heil und neues Leben. Dieses Geheimnis der Verwandlung wird wirksam dargestellt und vergegenwärtigt im Geheimnis der Wandlung der Gaben von Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi.

Dieses Wort „Wandlung“ bezeichnet das, was für uns katholische Christen das Wesen der Meßfeier ausmacht. Meßfeier ist eine Feier mit Wandlung. Das ist eine kurze, eine präzise Benennung, doch man muß achtgeben. Man muß auch sagen, worin das innerste Wesen, das innerste Geheimnis der Wandlung besteht. Denn mit den Gestalten von Brot und Wein wird auch unser Leben verwandelt. Wir werden zu neuen Menschen, wenn wir im Glauben und in der Gemeinschaft der Kirche Christus empfangen, das Brot des Lebens. Wir werden verwandelt und zu neuen Menschen. Und das nicht erst später, irgendwann, sondern jetzt. – Verstehen wir, was das bedeutet? Es bedeutet, daß die Barmherzigkeit Gottes nicht vernichtet, nicht zerstört, sondern das, was da ist – weil Gott in seiner Liebe will, daß es ist – das, was da ist, annimmt, reinigt und neu macht. Deswegen ist auch das Wort vom „Neuen Bund“ so wichtig. Darin steckt ein wichtiges Bekenntnis: Im Alten, im Leidvollen, im Schmerz, ja selbst im Tod steckt der Keim des Lebens, durch die Liebe Gottes, durch seine Barmherzigkeit.

Was bedeutet das nun für uns, für unseren Glauben in unserer Kirche in einer Zeit, in der so vieles so unsicher geworden ist, wo selbst die Verantwortlichen nicht zu wissen scheinen, wie die Entwicklung weitergeht und was wir tun können, um ein Zeugnis des Glaubens zu geben, das überzeugt und wirkt?

Wir können da drei Punkte ausmachen, drei innere Geheimnisse, die wir in diese Nacht und in die Feier der Österlichen Tage mitnehmen können:

Das erste ist das Leben in der Gegenwart. Daß Jesus sein Leben für uns Menschen hingibt, ist Gegenwart. Es geschieht jetzt. – Wir Menschen leben aber häufig in einer Weise, die die Gegenwart und ihre Chance nicht wahrnimmt. Wir wollen für die Zukunft planen und machen uns viele Sorgen, auch in der Kirche, wie es weitergeht. Doch darüber vergessen wir den Anspruch, den der heutige Tag an uns richtet. Wir beten ja auch nicht im Vaterunser: „Unser Brot für morgen und übermorgen gib uns bitte“, sondern wir sagen: „Unser tägliches“, das will sagen: „unser Brot für diesen Tag“ gib uns heute. Das gilt für das Brot, das unseren Leib nährt, aber auch für das Brot, das Jesus unserer Seele schenkt und das er selber ist.

Das zweite ist die Wachsamkeit. „Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung fallt“. Die Wachsamkeit, die Aufmerksamkeit, die Bereitschaft, die Zeichen der Zeit zu erkennen und danach zu handeln – diese Wachsamkeit wird wirksam durch das Gebet. Wer betet, bleibt wachsam im Guten. Manchmal denke ich, statt immer neuer Überlegungen und Planungen, statt Sitzungen und Besprechungen, so wichtig sie immer wieder sein mögen, täte uns ein Gebet ganz gut. Wo hingegen das Gebet fehlt, fehlt die Mitte. Ohne das Gebet, ohne den Gottesdienst, ohne die Feier der heiligen Messe am Sonntag bricht auseinander, was wir mühevoll gebaut und erdacht haben.

Und das dritte ist mit dem Wort „Pascha“ - „Übergang“ angezeigt. Wir feiern nicht nur das Pascha des Herrn, wir leben auch im Übergang. Unser Dasein ist nicht von Dauer. Nicht unser irdisches Leben, auch nicht die Existenz einer Gemeinde, einer Pfarrei. Daran werden wir heute abend von neuem erinnert. Wenn wir uns als Menschen im Pascha begreifen, dann bleiben wir nicht stehen, sondern gehen mit dem Herrn den Weg mit. Und dieser Weg ist der Weg durch das Leiden und durch das Kreuz zur Herrlichkeit. Dieser Weg ist der Weg der Verwandlung.

4. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Mit Haut und Haaren verschreiben sich viele Menschen ihren Aufgaben, beruflich oder ehrenamtlich. Mit Herz und Hand sind sie dann dabei, geben sich ganz der Sache oder einer Person hin, stecken viel Herzblut hinein, in das, was sie bewegt.

Bei Jesus ist es an diesem Abend nicht anders, aber doch tiefer, noch eindringlicher. Heute deutet er es beim Abendmahl seinen Jüngern geheimnisvoll an. Morgen sehen sie, sehen wir es in unaussprechlicher Weise. Am Kreuz.

Ganz gibt er sich für uns und zu unserem Heil hin. Mit seinem Leib und mit seinem Blut.

Für uns alle:
Mein Leib für euch! Mein Blut für euch!

Für jeden einzelnen und jede einzelne von uns persönlich:
Mein Leib für Dich! Mein Blut für Dich!

Liebe Schwestern und Brüder!
Wir können kaum ermessen, was das im Tiefsten bedeutet. Wir wissen aber, wie schwer es uns immer wieder fallen kann, auch nur einen Finger für jemanden zu rühren oder einen Schritt auf ihn zuzugehen.

Mein Leib für euch! Mein Leib für Dich!
Das ist das Maß, mit dem wir unsere Liebe zu den anderen messen lassen müssen.
Unsere Liebe, unsere Nächstenliebe kann nicht eine abstrakte Idee sein. Sie muss sich in Werken zeigen. Sie muss sozusagen unseren Leib in Bewegung setzten.

 

Jede Hinwendung zum Anderen drückt sich mit unserem Leib aus:
Ich muss mich auf den Weg machen, meine Beine also in Gang bringen, um einen Kranken zu besuchen.
Mit meinen Händen kann ich den anderen tröstend streicheln, in meinen Armen ihn bergen.
Meine Lippen und meine Zunge muss ich bewegen, um dem anderen Mut zuzusprechen, um ihn zu verteidigen, um ihn zu loben oder brüderlich zurechtzuweisen.
Vieles ließe sich aufführen. Ohne unseren Leib können wir unsere Zuneigung, unsere Liebe zum Nächsten nicht ausdrücken.
Das gilt gerade auch im hohen Maße für die Ehepaare, wenn sie sich einander schenken.

Aber diese leibliche Ausdrucksweise muss mit der rechten Haltung erfüllt sein, sonst kann die gleiche Geste statt Gutem etwas Böses bezeigen.
Denken wir an den Kuss des Judas, der Jesus verraten hat.
Und wie oft wird das Zeichen menschlicher Liebe, der menschliche Leib vergewaltigt in pornographischen und sexistischen Produkten der Medienwelt.

Mein Leib für euch! Mein Leib für Dich!
Jesus hat sich, seinen Leib uns aus reiner Liebe hingegeben, damit wir das Leben haben. Er hat nicht andere geopfert, um uns zu retten, sondern sich selbst.

Auch daran müssen wir Christen unsere Moral ausrichten. Wir können nicht von anderen Opfer verlangen, ohne sie selbst zu tun. Erst recht dürfen wir nicht unschuldige Menschen opfern, um dem Gemeinwohl oder dem Einzelnen scheinbar dienstbar zu sein.
Weder alte, noch behinderte, noch kranke, noch ungeborene Menschen dürfen wir opfern. Gerade hier sind wir als Christen gefragt, Gewissen in unserer Gesellschaft zu sein.

 

Mein Blut für euch! Mein Blut für Dich!
Liebe Schwestern und Brüder, weil Jesus sein Blut für uns vergossen hat – für Sie, für Dich und mich – sind wir sozusagen „Blutsverwandte“.
Blut ist dicker als Wasser, sagt man. Das will heißen, dass die Blutsbande die Glieder einer Familie stark aneinander bindet.
Jeder und jede von uns ist das ganze Blut Christi wert. Sowohl Sie, wie auch ihr Nachbar in der Bank oder der weit entfernt lebende Australier. Sowohl Sie, wie auch der, den sie mögen, als auch die, die Sie einfach nicht ausstehen können.

Mein Blut für euch! Mein Blut für Dich!
Jeder und jede ist das ganze Blut Christi wert. Sich das immer wieder vor Augen zu führen und daran in der Wertschätzung des eigenen Ichs als auch in der Wertschätzung des Nächsten zu wachsen, ist keine leichte Übung. Aber sie tut Not und tut gut!

Sie bewahrt mich so vor Minderwertigkeitskomplexen – ich bin Gott ein Herzensanliegen!
Sie bewahrt mich vor Missachtung der anderen – auch für diesen, für jene ist er gestorben, hat er sich hingegeben.

Einander so zu begegnen, kann bei allen Auseinandersetzungen, die es gibt und geben muss, helfen den rechten Weg zu finden, ohne über Leichen zu gehen oder das Gegenüber ungebührlich zu verletzen.

Mein Leib für euch! Mein Blut für euch!
Das sagt Jesus an diesem Abend und zeigt uns damit unsere Würde auf. Wir sind ihm alles wert, er mag uns im wahrsten Sinne des Wortes leiden - bis es weh tut und darüber hinaus.

5. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Das, was Jesus im Abendmahlsaal tut und sagt, beschreibt ihn und seine Sendung sehr genau.

Er beugt sich herunter und wäscht seinen Jüngern die Füße. Er zeigt sich ihnen als ihr Diener. Er ist also FÜR sie da. Wie einer, der dient.

Über Brot und Wein sagt er: Das ist mein Leib FÜR euch. Das ist mein Blut FÜR euch. Sein ganzes Leben gibt er FÜR seine Jünger hin. Morgen am Karfreitag werden wir uns diese Wirklichkeit in Erinnerung rufen. Er opfert sich FÜR uns am Kreuz.

Das FÜR ANDERE, das FÜR UNS ist das große Kennzeichen, das tiefste Wesen der Existenz Jesu.
Vor allem der Theologe Heinz Schürmann hat dies immer wieder betont: Jesus war die PROEXISTENZ zueigen, er ist die Verkörperung der PROEXISTENZ, also des SEINS FÜR DIE ANDEREN.

Nach dem er den Jüngern die Füße gewaschen hat spricht der Herr: Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.

Nach den Worten über das Brot und den Wein, nach „Mein Leib, mein Blut für euch“ nimmt er die Jünger in die Pflicht: Tut dies zu meinem Gedächtnis.

Jesu Wesen war es, für andere da zu sein, sich für die anderen hinzugeben, ihnen zu dienen.

Jesu Hingabe für uns ist die große GABE, die wir von ihm empfangen haben: Die Erlösung aus Sünde und Tod.
Sünde und Tod sind aber Folgen des auf Sich-Fixiert-Sein, von Egoismus. Da wo der Mensch meint, er genüge sich selbst, er habe Gott nicht nötig und mit den anderen Menschen nichts am Hut – da kann das Böse Siege feiern und Leben zerstören. Die gottlosen Diktaturen aller Zeiten und jeder politischer Couleur sind uns warnende Zeichen dafür.

Jesu Hingabe für uns ist gleichzeitig die große AUFGABE, die wir von ihm empfangen haben: auch wir sind von Christus gerufen, FÜR andere da zu sein. Das gilt für uns als Kirche und für jeden einzelnen, jede einzelne von uns.

Als Kirche sind wir gerufen FÜR andere da zu sein. Die Gabe, die wir empfangen haben – die Botschaft nämlich, dass Gott für uns da ist – dürfen wir nicht für uns allein behalten. Die Menschen warten auf diese Botschaft, die lebendig macht, weil sie erlöst aus Sünde und Tod, weil sie öffnet für ein neues Leben.

Die Kirche ist nie Selbstzweck. Die Kirche ist nicht für sich da, sondern für die Welt.
Vielleicht bekommt die Welt das aber manchmal gar nicht mehr mit, vielleicht haben wir das auch aus den Augen verloren. Kann es sein, dass wir als Kirche – ich spreche von der in Europa, besonders von der im deutschsprachigen Raum - zu sehr mit uns beschäftigt sind: mit Strukturfragen, mit Zulassungsbedingungen für die Priesterweihe, mit Zuständigkeiten für Gremien, mit Haushaltskonsolidierung? Diese Frage stellt sich auch der von den Bischöfen angeregte Dialogprozess.

Die Kirche in anderen Regionen der Welt kennt die Fragen, die bei uns so virulent sind, weniger oder gar nicht. Und obwohl sie dort keinen staatlich geförderten Religionsunterricht, keine wohlorganisierte Bistumsverwaltung, geschweige denn prächtig erhaltene Kirchen hat, wächst die Kirche dort – sogar unter Verfolgung.
Wenn man so will, hat die Kirche dort vielfach nichts anderes zu bieten als die Botschaft Jesu, das Evangelium, die Sakramente und gelebte Caritas.
Kann es sein, dass man der Kirche hierzulande nicht mehr anmerkt, dass sie an den glaubt, der sich für uns hingegeben hat? Kann es sein, dass die Kirche hierzulande Besitzstände wahren möchte, statt loszulassen oder neu aufzubrechen; mit weltlich-politischen Maßnahmen nach Lösungen aus der Krise sucht, statt auf Gott zu vertrauen und ihn zu fragen; von Macht spricht, statt zu dienen?

In der letzten Zeit stelle ich mir diese Fragen häufiger. Leicht zu beantworten sind sie nicht. Aber eine Antwort finden wir als Kirche sicher nicht ohne Gebet, Anbetung und auch Geduld füreinander. Je nach der aktuellen Stimmungslage zu handeln und Dinge zu ändern – so wie es uns die Politik z. Zt. vormacht - ist und war nicht der Weg der Kirche.

Liebe Schwestern und Brüder!
Jesu Hingabe für uns ist gleichzeitig die große AUFGABE, die wir von ihm empfangen haben: auch wir sind von Christus gerufen, FÜR andere da zu sein.

Das Beispiel Jesu stellt jeden einzelnen, jede einzelne von uns vor die Frage: FÜR wen bin ich da? FÜR wen könnte ich da sein, wer hätte meine Hilfe, meinen Zuspruch, ein kleines Zeichen der Nähe nötig oder würde sich darüber freuen?
Diese Fragen sich immer wieder zu stellen, könnte heilsam für uns selber und für die Menschen um uns sein. Wer für andere da ist, der löst sich von der Fixiertheit auf die eigene Person und die eigenen Befindlichkeiten und wird so innerlich freier und offener.
Sich diese Fragen zu stellen, hilft auch gegen eine Krankheit unserer Gesellschaft, die ich meine feststellen zu können, die schlechte Angewohnheit nämlich, zu überlegen: Wo ist der Konkurrent am Arbeitsplatz angreifbar, wo kann ich dem politischen Gegner eins auswischen, wo kann ich als der Macher und Könner auftrumpfen?

Für andere da sein, können wir auch im Gebet.
Es ist gut, wenn wir für andere beten. Es ist auch wirksam, wenn wir für andere beten. Das Gebet hilft.
Manchmal ist das fürbittende Gebet auch die einzige Form, über die wir verfügen, um anderen nahe zu sein, weil uns die Hände gebunden sind, weil der andere so weit weg ist, weil ich keinen persönlichen Zugang zum anderen habe.

Erschütternd für mich ist immer auch neu die Erkenntnis, dass Jesus auch Judas die Füße gewaschen, auch für ihn Leib und Blut gegeben hat. Auch wir haben immer wieder mit Menschen zu tun, die uns abstoßen, die uns Böses getan haben, mit denen wir einfach nicht auskommen. Sei es in der weitläufigen Familie, am Arbeitsplatz, im Verein, in der Gemeinde. Christi Auftrag seinem Beispiel zu folgen schließt auch das ein: FÜR diese Menschen da zu sein. Es fällt schwer – das weiß ich aus eigener Erfahrung. Und dennoch steht das Wort des Herrn an Sie, an Dich und mich. Vielleicht könnten wir uns gemeinsam vornehmen, an keinem Tag zu Bett zu gehen, ohne gerade für die Menschen, die uns feind sind oder schwer fallen, zu beten.

Das FÜR ANDERE, das FÜR UNS ist das große Kennzeichen, das tiefste Wesen der Existenz Jesu.
Das, Schwestern und Brüder, ist auch die große Freude und der Grund zum Vertrauen in diesen Jesus.
FÜR ANDERE aber auch FÜREINANDER da zu sein, ist sein Auftrag an uns.

Wenn wir uns nur bemühen, diesem Auftrag zu entsprechen, werden wir seine befreiende, beglückende und heilsame Wirkung erfahren – an den anderen und an uns.

6. Predigtvorschlag

Vielleicht kennst Du das Gefühl, vollkommen neben Dir zu stehen...? Menschen, die Schreckliches erlebt haben, berichten davon, dass es einen Augenblick gibt, in dem sie "aussteigen" und sich selbst wie einen anderen Menschen sehen. Sie spüren die Schmerzen und das Leid, aber es ist nicht mehr ihr Leid. Sie sind ausgestiegen, weil es unerträglich wurde, sie wären sonst innerlich zerbrochen. Menschen, die schreckliche Folter erlebt, misshandelt und missbraucht wurden, haben oft nur diese eine Möglichkeit, weiterzuleben - sie identifizieren sich nicht mehr mit dem, der da gelitten hat.

Jesus beginnt sein Leiden schon am Gründonnerstag - indem er einsteigt. Indem er, bevor das Leid von außen auf ihn einstürzt, es innerlich annimmt. Er wusste genau, was es bedeutet, zum Brot "Das ist mein Leib" zu sagen und es dann zu zerbrechen und zu verteilen. Und bevor er am Karfreitag an die Grenzen seiner Menschheit kam, wo alle anderen ausgestiegen wären, hat er das Leid vorweggenommen und sich hineinbegeben.

Aber wie konnte Jesus das? Wie konnten die Märtyrer das Leid ertragen? Wie konnten sie dort bleiben, wo andere aussteigen; dort einsteigen, wo andere fassungslos neben sich stehen? Ist der Glaube oder die Gnade so etwas wie eine Schutzschicht? Wie Schaumstoff, der die Schläge dämpft und das Leid abfedert?

Von einem Märtyrer, dessen Name ich vergessen habe und der öffentlich verbrannt wurde, sagte die Kirche: "In ihm brannte das Feuer der Liebe so stark, dass das Feuer, das seinen Leib zerstörte, sein Herz nicht erreichen konnte." Das ist das Geheimnis des Leidens und auch der Gnade: Der Schmerz bleibt; das Leid wird nicht reduziert; aber im Inneren brennt eine Liebe, die das Leid ertragen will.

Vielleicht kennst Du das: Eine Unanehmlichkeit, der man gerne ausgewichen wäre, trägt man ganz vergnügt, wenn man es für jemanden tut, den man liebt. (Zum Beispiel im Regen auf den Geliebten warten...) Sogar Lebenssituationen, die man niemals freiwillig ertragen hätte, werden wie leichte Hürden genommen, wenn man weiß, dass man dem das Leben rettet, den man liebt. "In ihm brannte das Feuer der Liebe so stark, dass das Feuer, das seinen Leib zerstörte, sein Herz nicht erreichen konnte." Nein, die Gnade ist kein Schaumstoff, keine Schutzschicht; sondern ein Feuer, das erfüllt; die Gnade ist die Liebe, die weiß, warum es sich lohnt zu bleiben und nicht auszusteigen.

Deshalb rettet uns auch nicht die Fußwaschung - sie ist nur ein Zeichen - sondern nur die Kommunion, die Herzens-Gemeinschaft mit der Liebe schlechthin: Mit Jesus. Deshalb ist die Eucharistie nicht nur der bewusste Einstieg Jesu in das Leid des Karfreitags, sondern auch unser bewusster Einstieg in die Gnade. Oder, besser: Jesu bewusster Einstieg in unser Leben, in unser Herz.

Und so kann für die, die ausgestiegen sind aus ihrem leidvollen Leben und immer noch in der Verdrängung leben, weil der Wieder-Einstieg zu schmerzlich und überfordernd wäre, Heilung aussehen: Indem sie sich erfüllen lassen von einer Liebe, die so stark ist, dass sie das Leid annehmen kann, ohne daran zu zerbrechen. Indem sie sich erfüllen lassen von der Gnade, die weiß, warum es sich lohnt, nicht auszusteigen: Aus Liebe zu dem, mit dem uns jedes Leid verbindet. Aus Liebe zu Jesus, der den Menschen liebt - auch den Sünder.

7. Predigtvorschlag

von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink

Liebe Schwestern und Brüder!

Nachfolge Christi – so lautet ein Klassiker der Geistlichen Literatur.
Nachfolge Christi – so bezeichnen wir unseren Weg als Christen. Jesus auf seinen Spuren folgen.

Ihm nachzufolgen ist auch der konkrete Auftrag Jesu an seine Jünger:
Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.
Jesus nachfolgen heißt, einander zu dienen. Das wird ganz deutlich in der Geste der Fußwaschung.

Aber auch in den Worten über Brot und Wein wird der Anspruch an uns Christen – erschütternd, ja erschreckend deutlich:

Jesus sagt beim Letzten Abendmahl: „Nehmt, eßt: das ist mein Leib. Nehmt, trinkt: das ist mein Blut.“
Wenn wir ihm nachfolgen, ihn nachahmen sollen und wollen, dann können auch wir nicht umhin zu den anderen zu sagen: „Nehmt, das ist mein Leib. Nehmt, das ist mein Blut.“

Was aber bedeutet es, wenn Jesus „Leib und Blut“ sagt. Was bedeuten diese beiden Begriffe in der Sprache der Bibel.

Mit dem Leib meint Jesus nicht einen Teil des Menschen, den organischen Körper, der erst mit Seele und Geist den ganzen Menschen bildet. Das entspringt eher dem griechischen Denken.
Wenn Jesus vom Leib spricht, meint er den ganzen Menschen, insofern er sein Leben in einem Leib lebt, in all der körperlichen und sterblichen Bedingtheit. Der Evangelist Johannes spricht noch drastischer vom Fleisch, statt vom Leib. Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt heißt dann: Gott ist Mensch geworden und hat unser Leben als Mensch gelebt.

Leib meint daher in der Sprache der Bibel das ganze Leben.
„Nehmt, das ist mein Leib“ heißt dann: „Ich schenke euch mein ganzes Leben.“ Sein Leben vom ersten bis zum letzten Augenblick“, mit allem, was dieses Leben ganz konkret erfüllt: Schweigen, Plagen, Mühen, Freude, Feier, Gebet. Er schenkt uns sein Leben.

Und dann sagt Jesus noch „mein Blut“. Kann er überhaupt noch mehr geben als das ganze Leben? Auch hier müssen wir schauen, was das Wort Blut in der biblischen Sprache ausdrückt. Blut ist für uns eigentlich nur ein Teil des Leibes, ein Teil eines Teiles des Menschen also. Für das damalige Verständnis war das Blut der Sitz des Lebens. Das „Vergießen“ von Blut war dann in den Augen der Menschen ein Bild für den Tod. „Nehmt, das ist mein Blut“ klang dann in den Ohren der Jünger im Abendmahlsaal so wie: Ich gebe euch meinen Tod. Da er die Seinen, die in der Welt waren liebte, erwies er ihnen seine Liebe bis zu Ende. heißt es beim Evangelisten Johannes.

Jesus gibt seinen Leib und sein Blut, seine Leben und seinen Tod zum Geschenk. Uns. Er schenkt alles, was ihn ausmacht.
Er lebt nicht nur für uns. Er stirbt auch für uns.

Die Eucharistiefeier ist deshalb immer Feier des Geheimnisses von Leib und Blut Christi, von des Herren Leben und Tod.

In der Lesung aus dem ersten Brief an die Korinther haben wir gehört, dass die Christen von Anfang an dieses Geheimnis der Eucharistie gefeiert haben, gemäß dem Wort Jesu: Tut dies zu meinem Gedächtnis.

Paulus hält fest: Sooft ihr von diesem Brot esst und aus diesem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt. Den Herrn, der für uns Menschgeworden ist, der uns sein Leben und seinen Tod geschenkt hat, damit wir ewiges Leben haben.

Die Feier der Eucharistie ist Verkündigung unserer Hoffnung auf Leben, das Christus uns über den Tod hinaus erworben hat.
Die Feier der Eucharistie ist aber auch Maß und Stärkung für das Leben in der Nachfolge Christi.

Nachfolge Christi – Imitatio Christi – ist auch Nachahmung Christi. Wenn wir ihm nachfolgen, ihn nachahmen sollen und wollen, dann können auch wir nicht umhin zu den anderen zu sagen: „Nehmt, das ist mein Leib. Nehmt, das ist mein Blut.“ Das ist schon angeklungen.

Wie mag das aussehen? Wie soll das gehen?
Rainiero Cantalmessa, der päpstliche Hausprediger schreibt dazu:
„Auch wir opfern, was Jesus opferte: das Leben und den Tod.

Mit dem Wort Leib geben wir ganz konkret all das, woraus unser Leben besteht, das wir in diesem Leibe führen: Zeit, Gesundheit, Tatkraft, Fähigkeiten, Zuneigung, vielleicht auch nur ein Lächeln, das einzig der in einem Körper lebende Geist hervorzubringen vermag und das etwas so Kostbares sein kann.

Mit dem Wort Blut bringen wir das Opfer unseres Todes zum Ausdruck; doch nicht zwangsläufig den endgültigen Tod, das Martyrium für Christus oder für die Brüder. Tod ist all das, was in uns schon jetzt den Tod vorbereitet oder vorwegnimmt: Demütigungen, Mißerfolge, Krankheiten, die uns lähmen, Einschränkungen aufgrund des Alters oder des Gesundheitszustandes, alles, was etwas in uns abtötet.“

Liebe Schwestern und Brüder!
Jesus hat gesagt: „Das ist mein Leib und mein Blut für euch.“
Und er hat sein Versprechen kurz darauf eingelöst: Am Kreuz gibt er seinen Leib hin, wird sein Blut vergossen.

So wie jetzt der Karfreitag schon in diese Feier hineinleuchtet, wie der Tod Jesu am Kreuz die Atmosphäre im Abendmahlsaal einfärbt, so ist die Hl. Messe vor allem und zuerst Vergegenwärtigung dieses Opfers, wenn auch in der Gestalt eines rituellen Mahles.
Jesus hat sein Versprechen eingelöst. Wie steht es mit uns?
Wenn wir die Messe verlassen, merkt man unserem Leben das an, dass wir an Jesu Leben und Tod maßnehmen, an seiner Hingabe?

Diese Frage stelle ich mir immer wieder. Seit zig Jahren gehe ich täglich zur Messe, seit nun fast 11 Jahren zelebriere ich eigentlich täglich die Messe... Aber merkt man mir das an? Bin ich wirklich bereit, mit Leib und Blut Christus nachzufolgen, das, was mein Leben und die Begrenzung meines Lebens ausmacht, den anderen zu schenken?
Sicherlich nicht immer so, wie ich will und soll. Dennoch möchte ich nicht resignieren, sondern ich finde Trost in einem Aphorismus des Hl. Josefmaria. In seinem Buch „Der Weg“ steht:

So viele Jahre täglich kommuniziert! - Ein anderer wäre heilig, hast du mir gesagt, und ich bin noch immer derselbe!
Sohn, habe ich dir geantwortet, fahre fort mit der täglichen Kommunion und denke: was wäre aus mir geworden, wenn ich nicht täglich kommuniziert hätte?

Liebe Schwestern und Brüder!
Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.
Wir sind gerufen, Jesus Christus nachzufolgen. Das ist unser Dienst an der Welt, für die Welt.
Er hat sich für uns hingegeben, seinen Leib und sein Blut. Deshalb sollen wir auch einander dienen, uns verschenken.

Damit wir dies nicht vergessen und immer wieder neu Maß nehmen an Jesus, lassen wir uns im Hl. Messopfer von ihm stärken, von seinem Leib und Blut nähren.
Suchen wir auch immer seine leibhaftige Gegenwart auf, im Tabernakel oder in der Anbetung wie gleich nach dieser Liturgie. Dort dürfen wir ihm alles sagen, ihm alles geben, alles Gelungene, alles Bruchstückhafte. Er wird es mit Freude ansehen und annehmen als unser Geschenk an ihn.

8. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

„Begreift ihr, was ich an euch getan habe?“, so fragt der Herr seine Jünger nach der Fußwaschung, so fragt er während des letzten Abendmahles. Wir haben es gerade im Evangelium gehört.

„Begreift ihr, was ich an euch getan habe?“
Die Geschehnisse des Letzten Abendmahles - die Fußwaschung und die Worte über Brot und Wein „Das ist mein Leib und mein Blut für euch“ - sie sind uns vertraut. Wir haben beides oft schon gehört. Eigentlich nichts neues. Irgendwie geht einem das fast schon glatt runter. Jedenfalls mir geht das so.

„Begreift ihr, was ich an euch getan habe?“
Manchmal bedarf es äußerer Anstöße, irgendwelcher Erlebnisse, die das Gewohnte neu begreifen lassen, die tiefer in das einführen, was man schon immer meinte zu kennen.

So ein Erlebnis möchte ich Ihnen schildern. Es hat mir geholfen, einen Aspekt dessen, was Jesus im Abendmahlssaal für uns getan hat, neu zu entdecken.

Vor ein paar Jahren verbrachte ich zusammen mit einigen Priestern und Seminaristen meinen Urlaub in Österreich. Dabei machten wir auch einen kurzen Abstecher in das berühmte Barockstift Melk.

Unserer Gewohnheit folgend wollten wir ein kurzes Gebet vor dem Tabernakel verrichten. Da wir nicht an einer Führung durch das gesamte Kloster teilnehmen wollten, bezahlten wir auch keinen Eintritt, sondern wir gingen direkt zur Kirche. Ein Schild wies uns den Weg dorthin. Wir betraten das Gotteshaus durch einen Seiteneingang. Kaum waren wir hineingelangt, kamen wir auch nicht weiter:
Wir standen in einem vielleicht 3 mal 3 Meter großen Glaskäfig im Seitenschiff. Die Sicht, geschweige denn der Zutritt zum Tabernakel war uns versperrt.
Im Hauptschiff der Kirche selbst wimmelte es nur so von Touristen, die für die Führung ihr Eintrittsgeld entrichtet hatten. Einige von diesen - z.T. arg luftig bekleidet und ein Eis schleckend - schlenderten mehr oder weniger gelangweilt durch den Raum, an Altar und Tabernakel vorbei., als gäbe es beides nicht.

Eine verrückte Situation: Auf der einen Seite Beter, die den Herrn im Tabernakel grüßen wollen, aber nicht können. Auf der anderen Seite Touristen, die sich zwar alles anschauen, letztlich am Wesentlichen achtlos vorbeilaufen, keine Notiz vom eigentlich Wertvollsten nehmen.

Was hat diese Urlaubsepisode aber nun mit dem heutigen Hochfest zu tun? Wie konnte mir dieses traurige Erlebnis eine Hilfe werden, das Geheimnis von Gründonnerstag unter einem neuen Blickwinkel zu sehen?

Anhand dieser Urlaubsgeschichte habe ich für mich wieder neu entdeckt: Die Erniedrigung und Hingabe des Herrn reicht über sein irdisches Leben hinaus und reicht hinein bis in das Heute.

Im Abendmahlssaal wusch er, der Meister seinen Jüngern die Füße. Normalerweise ein Sklavendienst an den Herren.
Christus beugte sich buchstäblich nach unten und erhöhte damit seine Jünger. Noch tiefer hat sich der Herr zu uns Menschen herabgebeugt, noch tiefer ist der Sohn Gottes in den Augen der Menschen gefallen am Kreuz.
Tiefer konnte damals niemand fallen, als wenn er als Verbrecher am Kreuz gehenkt wurde.

Aber wie Jesus durch sein Sich-Hinabbeugen bei der Fußwaschung seine Jünger aufwertete, so erhöhte er uns zum ewigen Leben, als er gering und verachtet sein Leben für uns hingab, weggab am Kreuz.
Und als dieser Geringe, als dieser, der sich zu den Menschen hinabbeugt, als dieser, der sein Leben für uns opfert, wollte er unter uns bleiben.
Wenn zwei Menschen, die sich lieben, sich aus irgendeinem Grund trennen müssen., dann stößt die menschliche Liebe auf ihre Grenzen. Auch wenn die Liebe noch so groß ist, sie muß sich mit Zeichen behelfen. Z. B. mit einem Foto, das vielleicht sogar mit einer glühenden Widmung versehen ist. Das Foto des Geliebten kann in der Geliebten die Erinnerung an ihn lebendig halten, die Sehnsucht nach ihm aufrecht erhalten. Das Foto bleibt aber Foto. Es ist nicht der Geliebte selbst, leibhaftig.

Im Abendmahlssaal hat der Herr diese Grenze menschlicher Liebe übersprungen, weil er vollkommen Mensch war, aber eben auch vollkommen Gott. Die Zeichen, die er seinen Jüngern, uns hinterläßt, sie sind mehr als Erinnerungszeichen.
Indem er sagte „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ stiftet er die Hl. Messe.
Indem er damals sagte: “Das ist mein Fleisch. Das ist mein Blut“ wurde aus Brot und Wein wirklich Fleisch und Blut Jesu.

Wenn heute die geweihten Priester über Brot und Wein die Wandlungsworte sprechen, dann sind wirklich Leib und Blut Jesu auf dem Altar, dann ist der Herr selbst anwesend, leibhaftig unter uns.

Die gewandelten Gaben von Brot und Wein sind mehr als Symbole, sind mehr als Zeichen der Erinnerung, sie sind er selbst. Das unterscheidet das Foto des Geliebten von den eucharistischen Gestalten Brot und Wein.

Das ist der Glaube der Kirche. Unbegreiflich, aber doch wahr.

Gottes Sohn ist wirklich, leibhaftig unter uns. Aber er ist eben nicht in großen gewaltigen Erscheinungen unter uns geblieben, nicht in Wolkensäule oder Feuer. Nein, er ist unter uns geblieben gering und unscheinbar, ja, sozusagen verletzlich in Brot und Wein.

Er wollte in diesen niedrigen Gestalten unter uns weilen, in Gestalten, die man mißbrauchen kann, die man stehlen kann, die man schänden kann.
Aber nicht nur der Mißbrauch, die Schändung von Leib und Blut Christi zeigen, wie sehr sich der Herr erniedrigt, heute, für uns.

Auch das Ignorieren, das Nicht-Beachten seiner leibhaftigen Anwesenheit in der Welt, seiner Gegenwart mit Fleisch und Blut, zeigen wie er, der Herrscher aller Herren, der Schöpfer alles Lebendigen, sich erniedrigt hat, heute für uns.

Und das ist mir erst richtig aufgegangen nach dieser Begebenheit im Stift Melk. Wie viele Menschen sind nicht achtlos, interesselos, pietätlos an ihm vorbeigegangen. Ohne Notiz von ihm zu nehmen, ohne eine Art Gruß, ohne ein Zeichen der Verehrung für den, der uns erlöst hat, Jesus Christus. Aber das passiert nicht nur im Kloster Melk, das geschieht an hunderten von Tabernakeln in Europa, an tausenden von Tabernakeln in der Welt.

Die Urlaubsgeschichte geht noch weiter: Eingesperrt in diesen kleinen Glaskäfig, weit vom Tabernakel entfernt, fingen meine Mitbrüder und ich an, dennoch zu beten. Sogar - oder erst recht? - laut.
Eine Touristenführerin kam sofort auf uns zu. Sie schien peinlich berührt zu sein. Jedenfalls machte sie viele Worte: „Entschuldigen Sie. Natürlich dürfen sie hier beten. Aber damit kann man ja nicht rechnen... Kommen Sie, ich lasse Sie hinein.“ Und tatsächlich wenig später knieten wir vor dem Tabernakel. Als ein recht junger Besucher der Kirche das sah, kniete auch er sich hin und betete leise für sich. Immerhin: einer.
Seit dieser Begebenheit bemühe ich mich, die Kniebeuge vor dem Tabernakel so bewußt wie möglich zu machen.
Es soll ein kleines Zeugnis sein für andere. Ein Hinweis darauf, daß Jesus Christus im Tabernakel auf uns wartet, unter uns ist.

„Begreift ihr, was ich an euch getan habe?“

Christus hat sich zu uns hinabgebeugt. In den geringen Gestalten von Brot und Wein ist er unter uns gegenwärtig mit Fleisch und Blut, um unseren Hunger nach Leben, unseren Durst nach Sinn zu stillen.

Wenn die Messdiener nun die Gaben zum Altar bringen, kann jeder von uns ganz persönlich, - im Stillen -, seine Bitten, seinen Dank vortragen. Und das Sehnen, das tief in jedem von uns wohnt.

9. Predigtvorschlag

Auch der Mann kniet

Am heutigen Tag erwarten wir einen Bericht über das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern. Von der Einsetzung der heiligsten Eucharistie redet jedoch nur die Lesung aus dem ersten Korintherbrief des heiligen Paulus. Der vierte Evangelist, Johannes, erwähnt nur kurz: „Es fand ein Mahl statt ...“ (Joh 13,2). Damit ist der Rahmen angegeben, den er seinem Bericht gibt. Die ersten drei Evangelisten bieten die Einsetzung der Eucharistie, bei Johannes gibt es die große eucharistische Rede Jesu im Anschluß an die wunderbare Speisung der 5000. Wir kennen seine Verheißung: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot ißt, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch. Ich gebe es hin für das Leben der Welt“ (Joh 6,51). -
Im Abendmahlssaal selbst geht es Johannes noch um etwas anderes. Er beschreibt die Fußwaschung als ein wesentliches Geschehen. Es zeigt an, wer Jesus ist und was er für uns Menschen tut. In dieser Fußwaschung ist das Wesen seiner Sendung wie in einem Brennpunkt zusammengefaßt. Die Fußwaschung ist nicht ein einzelnes, isoliertes Ereignis - nein, Jesu ganzes Leben steht von Anfang an unter diesem Zeichen: Wie er geboren wurde in einem Stall. Wie er das Los der Flüchtlinge teilte. Wie er die Nähe der Verworfenen und Ausgestoßenen suchte. Wie er schließlich stirbt, als Verfluchter vor den Mauern der Stadt. Immer ist es der letzte Platz, den Jesus wählt. Immer kommt er uns entgegen in der Weise der selbstlos dienenden, sich überreich verströmenden Liebe.

Jesus legt im Abendmahlssaal das Obergewand seiner Herrlichkeit ab. Nicht als Gott thront er vor seinen Jüngern, nicht als Herrscher richtet er die Welt - soweit ist es jetzt noch nicht. Der Sohn Gottes kniet im groben Untergewand seiner Menschlichkeit vor seinen Geschöpfen. Mit seinen eigenen Händen wäscht er ihnen die Füße. Er wäscht von ihnen den Schmutz der Selbstsucht. Er befreit sie vom Gestank ihres Hochmuts. So macht er sie, so macht er uns tischfähig. So werden wir gemeinschaftsfähig für das neue Festmahl, das Gott uns bereithält. So gibt er uns ein Beispiel. So hinterläßt er uns den Maßstab für uns als Kirche, als seine Jünger.
Jesus ist nicht nur ein bloßes Vorbild im sozialen, im moralischen, im mitmenschlichen Sinne. Dann wäre er nichts weiter als ein Modell zu unserer Nachahmung, und wir würden versuchen, mit allerlei Kniffen und Kompromissen dieses sein Beispiel umzumünzen auf unser Leben hin. -- Nein, was Jesus tut, will Verwandlung bewirken. Was er uns schenkt, ist ein Tor, durch das wir hindurchtreten müssen, damit auch wir als neue Menschen tischfähig, gemeinschaftsfähig werden, bereit für das Große, das für uns bereitliegt.
Man kann dieses Geheimnis, das sich in dieser schlichten Handlung der Fußwaschung verbirgt, verständlich machen mit dem einen Wort „Demut“. Jesus ist demütig. Er läßt sich herab. Er entäußert sich. Er gibt alles her - bis hin am Kreuz, wo ihm auch das Letzte und Allerletzte genommen sein wird. –

„Demut“ hat für uns nicht den besten Klang. Wir denken dabei vielleicht an ein bißchen Verklemmtheit, an ein bißchen Kleinlichkeit und ängstliche Vorsicht. - Aber das alles hat mit dieser Demut, die wir am Herrn ablesen können, nichts zu tun.
Drei Dinge können wir finden, um zu beschreiben, was diese christliche Demut, die uns im Abendmahlssaal begegnet, ausmacht:
- Das erste gibt der heilige Benedikt in seiner zeitlos gültigen Mönchsregel so wieder: Er sagt: Demut heißt, die Vergeßlichkeit überwinden. Wir denken dabei sofort an den Auftrag Jesu: „Tut dies zu meinem Gedächtnis“. Eucharistie feiern heißt, sich gegen die Schwerkraft des Vergessens aufzurichten. Der Sinn des Sonntagsgebotes geht weit tiefer als viele meinen, die dabei nur an einen Appell denken, den Gemeinschaftsgeist der Kirche zu pflegen. Nein, die Mitfeier der Eucharistie vor allem am Sonntag ist deswegen zentral, weil wir nur dadurch davor bewahrt werden, das Danken zu verlernen. Wir sind Menschen, von Gott beschenkt, und nicht selber ein Gott. In jeder Messe bitten wir darum, daß wir davor bewahrt werden, das gläubige Sich-Anvertrauen zu verlernen, das uns zu Gott „Vater“ sprechen läßt und das uns auch untereinander wieder in der Weise der Versöhnung zusammenführt.

Wenn wir die Sonntagsmesse mitfeiern, dann eignen wir uns die Demut Jesu für unser eigenes Leben an. Daß es ein Sonntagsgebot überhaupt gibt, ist für die Kirche eigentlich mehr als beschämend, wenn wir bedenken, was wir da feiern dürfen, und daß die Kirche es für nötig halten mußte, ihre Christen auch an diese Pflicht nachhaltig zu erinnern.
- Das zweite, was die Demut Jesu schenkt, ist die Fähigkeit, die Wirklichkeit zu erkennen und den falschen Schein zu durchschauen. Was wird uns alles in Bildern und Geräuschen vorgespielt als Realität, aber was zählt, ist nicht der Wirklichkeitsgehalt, sondern der Erfolg in den Medien. Jesus war demütig: Er hat nicht nach Erfolgen und Beifallserlebnissen gesucht. Was er suchte, was der Mensch. Zu ihm wollte er sich hinabneigen. Ihm wollte er dienen. Die Wirklichkeit, das zeigt uns das Beispiel der Demut Jesu, ist nicht zu finden, indem wir die eigene Ehre suchen, die eigene Zufriedenheit und die Selbstbestätigung, sondern indem wir aus uns selber herausgehen und das Obergewand unserer liebgewordenen Bequemlichkeiten und Ausreden ablegen.
Auf ein drittes weist uns die Demut Jesu hin, und das ist: knien, staunen und anbeten. Der große Bibelwissenschaftler Heinrich Schlier, der über die Beschäftigung mit der Heiligen Schrift den Weg in die katholische Kirche gefunden hat, schreibt dazu: Eines der Wegzeichen zu seiner Konversion sei dies gewesen, daß die Katholiken irgendwie demütig seien. „Auch der Mann kniet“, schreibt er. Diese Demut macht in Wahrheit frei. Sie schottet sich nicht ab von der Not der Welt, sondern sie ist die Bedingung, sich der Not anzunehmen.

Die von Mutter Teresa von Kalkutta gegründeten Missionarinnen der Nächstenliebe feiern jeden Tag die heilige Messe, haben jeden Tag ihre Betrachtung, halten jeden Tag eine Stunde der Anbetung des Allerheiligsten. Trotz aller Beanspruchung durch ihre Arbeit.
Vertrauen wir uns der Kraft des Sakramentes an. Halten wir in uns die Demut, die Dankbarkeit, die Treue wach, und wachen wir mit dem Herrn - zum Segen und zum Heil für die Welt.

10. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder,

"Nehmt Abschied, Brüder, schließt den Kreis, das Leben ist ein Spiel! Nur wer es Recht zu Spielen weiß, gelangt an große Ziel." - Zu meiner Jugendzeit war dieses Lied im Ferienlager immer der Abschluss des Tages.

"Nehmt Abschied" - das ist auch die Überschrift des heutigen Abends. Jesus nimmt Abschied von seinen liebsten Freunden. Noch einmal isst und trinkt er mit ihnen; und er gibt ihnen sein Vermächtnis: "Ich habe Euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an Euch gehandelt habe." Und damit meint er nicht nur sein letztes Zeichen - die Fußwaschung, sondern sein ganzes Leben: "Ahmt mich nach! Dann darin liegt Euer Heil: Durch Euer Tun so zu werden wie ich: Gott, der dient."

"Nehmt Abschied, Brüder, schließt den Kreis." - So schließt sich der Kreis des Lebens Jesu: In Kleinheit und Armut ist er zur Welt gekommen - ausgeschlossen von den Herbergen dieser Welt. Und in Armut und Kleinheit, ausgestoßen, zumindest verlassen von seinen eigenen Freunden geht er wieder. Aber bei Seinem Gehen wird deutlich: Ich tue es freiwillig. Ja, ich tue es sogar gern. Weil ich es für Euch tue. Das ist mein Leib - den ich für Euch hingeben."

"Nehmt Abschied, Brüder: Das Leben ist ein Spiel." - Da würde ich widersprechen. Was Sonntag für Sonntag auf dem Fussballplatz stattfindet - das ist ein Spiel. Was hier geschieht, ist Wirklichkeit. Ernste, aber gleichzeitig frohmachende Wirklichkeit. So haben wir in unserer Jugend das Lied ein wenig verändert: "Nehmt Abschied, Brüder, schließt den Kreis, das Leben ist kein Spiel. Nur wer es recht zu leben weiß, gelangt ans große Ziel."

Das Leben ist kein Spiel: Denn im Spiel geht es darum, zu gewinnen; den Gegner zu besiegen; Stärke zu zeigen und Schwächen des Gegners auszunutzen. Im Leben gewinnt jedoch nur der, der verliert; der auf das Ausspielen Seiner Stärken auf Kosten des Gegner verzichtet; im Leben in Christus zeigt der währe Größe, der sich hinknien kann. Das Leben ist kein Spiel, das Leben ist dem genau entgegengesetzt: Es hat einen größeren Ernst, schenkt aber auch größere Freude - und es gelten genau die entgegengesetzten Regeln. "Wer sein Leben verliert, der wird es gewinnen." Sagen sie das einmal dem FC St. Pauli - oder Klinsmann.

Es ist schwer für uns Menschen, so zu leben. Jeder glaubt, er würde geliebt, wenn er Wundertaten vollbringt, Reichtum anhäuft und Stärke zeigt. Jesus dagegen dreht unser ganzes Denken um: Geliebt - von Gott geliebt - ist der, der Liebe schenkt.

Und weil es uns so schwer fällt, das alte Leben zu lassen und ein neues, komplett verändertes Leben zu beginnen, haben Gott und Menschen sich etwas einfallen lassen: Gott die Eucharistie und der Mensch den Fußball.

In der "Prisma" wurde letzte Woche von den Anfängen des Fußballs berichtet: Schon im 16. Jahrhundert wurde in Italien "Calcio" gespielt, jeden Sonntag nach dem Hochamt. Nachdem der Ball vom Pfarrer gesegnet wurde, begann das Spiel. Erst Gottesdienst, dann Spiel.

Eine sinnvolle Sache: Das alte Leben, der Kampf um den Sieg auf Kosten anderer, wird zum Spiel. Zum Fußballspiel meinetwegen. Das neue, wirklich Leben im Gottesdienst zuvor dagegen ist kein Spiel, sondern Realität: Gott macht sich klein, um uns Mut zur Kleinheit zu geben. Nicht nur heute, jeden Sonntag, in jeder Eucharistie. Das wirkliche Leben - im Gottesdienst - ist kein Spiel. Aber es macht glücklich.

Nehmt Abschied Brüder, schließt den Kreis. Das Leben ist kein Spiel. Nur wer es recht zu leben weiß, gelangt ans große Ziel. Überlassen wir unsere alten Eitelkeiten dem Spiel. Beginnen das Dienen. Jetzt.

Amen.

11. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder, das letzte Abendmahl, an das wir uns heute erinnern lassen, ist der Beginn der christlichen Messfeier. An diesem letzten Abend vor seinem Leiden und seiner Kreuzigung hat Jesus Brot und Wein genommen und sie zu seinem Leib und Blut werden lassen: «Dies gebe ich hin für Euch.» Natürlich konnten die Apostel in diesem Augenblick noch nicht begreifen, was das heißen würde: Ich gebe meinen Leib hin für Euch - ich gebe mein Blut für Euch. Aber im Nachhinein - nach dem morgigen Karfreitag und den schrecklichen Ereignissen an diesem Tag - haben sie verstanden: Er hat von seinem Tod gesprochen.

Im Johannes-Evangelium wird von diesen Worten der Wandlung nichts gesagt. Dort gibt Jesus nicht seinen Leib und sein Blut hin - dort wäscht er seinen Jüngern die Füße, den Dienst der niedrigsten Sklaven. Aber ein Wort am Ende dieses Rituals ist beide Male das gleiche: Während er - wir hören es in jeder Eucharistiefeier am Ende der Wandlungsworte - sagte: «Tut dies zu meinem Gedächtnis», sagt er nach der Fußwaschung: «Ich habe Euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe».

Ein Auftrag wird uns an diesem Abend gegeben: Die Eucharistie zu feiern - und einander den niedrigsten Dienst zu leisten. Beide Aufträge sind im Grunde ein einziger.

Wir sehen darin allerdings einen Gegensatz: Gottesdienst zu feiern oder aneinander den Liebesdienst zu erweisen. Was hat die Welt davon, wenn ich mich in die Kirche verziehe und dort bete? Ist das nicht eine Vernachlässigung der Seelsorge?

Seelsorge - darunter verstehen wir die Sorge um die geistige Gesundheit der Menschen: Trauernde trösten, Verzweifelten Hoffnung machen, Ratlosen einen Weg aufzeigen und schuldig Gewordenen Vergebung zusprechen. Das geschieht, so glauben wir, in der persönlichen Zuwendung - und eben nicht im Gottesdienst, in einer ziemlich unpersönlichen Liturgie. So nahe und so persönlich wird der Priester im Gottesdienst gar nicht werden, auch nicht in einer noch so guten Predigt.
Gut - manche Gottesdienste scheinen wirklich unpersönlich und gefühlskalt. Aber trotzdem gilt: Alle Sorge um die Seele der Menschen hat ihren Grund hier - in dem Dienst, den Jesus im Abendmahlssaal für uns geleistet hat. In jeder Messfeier überwindet Jesus den Grund für jede Trauer, Verzweiflung, Ratlosigkeit und Schuld: Die Gottesferne.

Denn Jesus ist Gott; und Jesus kommt uns nahe. Er beugt sich vor mir und nimmt jede Distanz. Er dient mir, indem er sich selbst hingibt und opfert. Er nimmt meine Schuld, meine Trauer und Gottesferne. Die Fusswaschung ist mir vielleicht peinlich, weil dabei eine Distanz überwunden wird, die wir Intimsphäre nennen. In der Eucharistiefeier, wie wir sie kennen, wird Gott noch intimer: Er kommt und lässt sich essen. Er wird mir innerlicher als ich es mir selber bin.

Das ist Seelsorge. Wir könnten nicht trösten, wenn wir nicht wüssten: Gott kennt Dein Leid und trägt es bereits mit. Wir könnten nicht Hoffnung machen, wenn wir nicht feiern, dass Jesus in meiner Verzweiflung bereits alles neu macht. Wir könnten nicht jemanden Rat geben, wenn wir nicht in Jesus den Wegbegleiter schlechthin erkannt haben. Wir könnten nicht von Vergebung sprechen, wenn wir nicht davon reden, dass Jesus auch Judas die Füsse gewaschen hat.

Dort liegt die Wurzel allen seelischen Übels: Das Leiden an der eigenen Person. Immer wieder begegnen mir Menschen (meistens im Internet, denn es gehört Mut dazu, so offen zu sein), die es aussprechen, woran wir eigentlich leiden: «Ich kann nicht glauben, das Gott so etwas wie mich wirklich liebt. Ich kann nicht glauben, dass er für mich gestorben ist. Dafür bin ich viel zu unbedeutend, zu schlecht und zu weit weg.»

Deshalb ist Eucharistiefeier Seelsorge; deshalb ist der Auftrag: «Tut dies zu meinem Gedächtnis» ein Auftrag zu Gottesdienst - und Nächstendienst.
Wenn wir wirkliche Seelsorger sein wollen, dann nehmen wir die Menschen, die an ihrer Seele krank sind, mit in die Messfeier: Entweder leiblich und wirklich, in dem wir sie einladen; oder geistig und seelisch, indem wir ihre Sorgen mitnehmen, wenn wir das nächste Mal den Dienst Jesu geschenkt bekommen. Amen.

12. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder, Jesus hat seinen Jüngern die Füße gewaschen, weil er ihnen damit einen letzten Liebesdienst erweisen wollte. Es ist schon dramatisch genug, dass Er, der Herr und Meister seiner Jünger, sich zu diesem niedrigsten Sklavendienst herablässt.
Noch dramatischer ist es allerdings, dass zum Zeitpunkt der Fußwaschung Judas, der Verräter, noch unter den Jüngern war. Erst kurz darauf verlässt er den Abendmahlssaal, um Jesus zu verraten.

Warum tut Jesus das? Hätte er nicht noch ein wenig warten können, um dann seine Liebe nur den zu erweisen, die auch würdig dafür sind? Das war doch bei Judas vollkommen vergebliche Liebesmüh! Uns wäre das nicht passiert.

Liebe Schwestern und Brüder, schreiben Sie sich das in Ihr Stammbuch: Ein Mensch ist nur dann verloren, wenn wirklich alles versucht worden ist. Wenn ich wirklich bis zum Äußersten alles versucht habe. Und genau das tut Jesus: Er geht wirklich bis zum äußersten. Jesus zeigt seine Liebe, um Judas und uns zu bekehren. Er lässt seine Liebe so handgreiflich und spürbar werden, dass eigentlich jeder sich dadurch anrühren lassen müsste. Er gibt nicht auf, auch die letzte, die allerletzte Seele noch zu rühren. Dass ist die eigentliche Größe der Erlösung: Er tut alles, wirklich alles, um uns den Weg zum Vater zu ebnen, und lockt und zieht uns, trägt für uns das Kreuz, und fragt dann, wer ihm nachfolgt.

Da sieht es bei uns ganz anders aus. Wir fragen zuerst, wer denn wohl noch zu retten ist. Risikoabschätzung nennt man das. Ob sich denn Freundlichkeit lohnt. Ob denn unser Tun nicht von vornherein vergebene Liebesmüh ist. Und wenn wir den Eindruck haben, dass es einfach nichts bringt, dann sehen wir auch keinen Sinn darin, uns zum Idioten zu machen. «Das bringt doch nichts!» - «Der Typ ist fertig, den kriegste wirklich nicht mehr hin.» - «Aus den Kindern kann ja nichts werden.» - «Da kann ich doch nicht helfen. Der braucht ganz andere Hilfe.» - «Ich habe jetzt schon dreimal meine Dienste angeboten, wenn der nicht will, ist er doch selber schuld. Ich mach mich doch nicht zum Bettler!»

Merken Sie, wie ganz anders Jesus gehandelt hat? Sogar der, von dem er wusste, dass er sich nicht ändern würde, hat er noch seine Liebe gezeigt und ihm die Füße gewaschen. Wenn wir so handeln, wie wir es nunmal gewohnt sind, dann ist keine anderes Wort dafür passend als «unchristlich».

Liebe Schwestern und Brüder, natürlich ist es auch menschlich, jemanden, von dem man enttäuscht wurde, links liegen zu lassen. Oder auf eine Entschuldigung zu warten. Zeichen der Besserung und der Reue zu verlangen. Jemanden mit vorübergehender Nichtachtung zu strafen. Es gibt Verletzungen, die gehen einfach zu tief, um sie zu vergessen. Das ist menschlich, ja richtig. Ich denke ja auch immer wieder so.
Aber wir sollen eben nicht bloß menschlich sein! Das genügt einfach nicht, um Jesus nachzufolgen. Mit bloßer Menschlichkeit, und das lassen sie sich ausdrücklich gesagt sein, sind sie meilenweit vom Reich Gottes entfernt. Gestehen wir es uns doch ein: Mit dem Wort «ich bin ja auch nur ein Mensch» soll nichts anderes entschuldigt werden, als unsere Verweigerung, es Jesus gleichzutun.

Liebe Schwestern und Brüder, wir sind aufgerufen, christlich zu handeln: «Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.» Die Fußwaschung vor allem an Judas sollte uns aufrütteln, uns Beschämen. Wie vielen haben wir die Tür gewiesen, weil wir keine Aussicht auf Erfolg gesehen haben. Nicht die Tür verschließen hätten wir tun sollen, sondern ihnen die Füße waschen! Das wäre unsere Christenpflicht gewesen!

Und obwohl wir so schwach sind und so ganz und gar unwürdig, uns Christen zu nennen, kommt Jesus doch immer wieder zu uns, um an uns den Dienst der Liebe zu vollziehen. Ich brauche es nicht zu sagen, wie sehr Fußwaschung und Eucharistie zusammenhängt. Alle sind Sie eingeladen zum Mahl mit Jesus. Keiner von uns wird vor die Tür gesetzt, wie wir es selbst mit anderen tun. Uns allen wäscht Gott in jeder Eucharistiefeier unsere Füße und unsere Herzen, unseren Geist und unsere Seele. Immer wieder, auch wenn manchmal keine Hoffnung besteht. Gott gibt nicht auf. Gott gibt niemals Einen von uns auf. Er liebt Sie und erlöst Sie gegen alle Berechnung. Bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz.

Das, liebe Schwestern und Brüder, feiern wir heute. Amen.

13. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Ist Ihnen die Fußwaschung nicht auch peinlich?

In vielen Gemeinden ist es üblich, dass die Fußwaschung am Gründonnerstag nicht nur erzählt, sondern auch nachgespielt wird. Was glauben sie, wie schwierig es ist, dafür Freiwillige zu bekommen. Es ist peinlich, sich die Füße waschen zu lassen. Würden sie sich von mir die Füße waschen lassen?

Woher kommt das? Woher kommt dieses Unbehagen, einen solchen Dienst über sich ergehen lassen zu müssen?

Wir empfinden grundsätzlich kaum eine größeres Unbehagen, als dann, wenn wir zugeben müssen, dass wir einen solchen Dienstes brauchen. Wie schwer fällt es z.B. nicht nur älteren Menschen zu akzeptieren, dass sie auf die Hilfe anderer angewiesen sind! Wie viel innere Not verspürt jemand, der selbst zum Pflegefall geworden ist und sich somit nicht mehr revanchieren kann. Der sich jetzt wirklich die Füße waschen lassen muss.
Jemand, der in der Hospizbewegung tätig ist, hat vielen Sterbenden genau diese Unfähigkeit bescheinigt: Dass sie ganz von vorne lernen müssen, sich einzugestehen, dass sie Hilfe brauchen; dass sie oft die einfachsten Dinge nicht mehr selbst schaffen.

Und das ist uns peinlich. Hilfe annehmen müssen ist nicht mehr in. Wer die Hilfe anderer braucht, ist abhängig. Der gibt öffentlich zu verstehen, dass er nicht alles alleine kann. Er hat seine Unabhängigkeit verloren. Das ist peinlich.
Wo sich doch in unserer Werbung die Unabhängigkeitserklärungen überschlagen! Wo sich doch inzwischen jeder und jede ein eigenes Handy leisten kann, das Symbol der Unabhängigkeit schlechthin. Wie groß wird in Amerika die Unabhängigkeit gefeiert! Fast jedes Land feiert die Unabhängigkeit als eigenen Staatsfeiertag. Und wie wichtig ist es für jeden Jugendlichen, mit seinem 18. Geburtstag seinen ganz persönlichen Independence Day zu feiern! Wie peinlich dagegen ist der Gang zum Sozialamt, offenkundig abhängig zu sein von der Zuwendung durch den Staat. Und so weiter...

Es ist absolut out, begrenzt zu sein. Seine eigenen Grenzen offen zuzugeben, ist peinlich.

Während oft betont wird, wie peinlich es eigentlich für Jesus sein müsste, diesen Sklavendienst der Fußwaschung zu verrichten, spricht Petrus dagegen das aus, was wir auch heute empfinden: Nämlich nicht die Peinlichkeit, andern die Füße zu waschen, sondern sich selbst die Füße waschen zu lassen. Sich einzugestehen, bedürftig zu sein.

Wie schön wäre es für unser Unabhängigkeitsdenken, wenn wir sagen könnten: «Du, lieber Gott, das ist zwar alles ganz großartig, was du da getan hast. Dass du unsere Schuld an unserer Stelle trägst. Aber das wäre doch nicht nötig gewesen. Ich bin doch schon auf dem Weg der Besserung. Ich bin doch schon unterwegs zu dir. Warum hast du nicht einfach nur gewartet?» Wie schön wäre es, wenn wir uns selbst auf den Weg zu Gott machen könnten; unseren Glauben selbst bestimmen; die Wahrheit selbst, ganz unabhängig, entdecken könnten. Wie schön wäre es, auch im Glauben unabhängig zu sein!

Aber dem ist nicht so. Wir sind nicht in der Lage, uns selbst zu Gott aufzuschwingen. Wir sind zu schwach und zu begrenzt, um das ungezwungene, natürliche Verhältnis zu Gott von uns aus aufzubauen. Wir sind darauf angewiesen, das Gott uns holt. Das ganz Passionsgeschehen ist nichts anderes, als dass Gott sich auf den Weg macht, uns in aller Kleinheit zu begegnen. Er wird Mensch, lässt sich zum niedrigsten der Sklavendienste herab, lässt sich beschimpfen, verurteilen, schlagen und verspotten. Er wird zum hässlichsten aller Menschen, er stirbt den unrühmlichsten aller Tode. Und wir haben keine andere Möglichkeit, als diesen Dienst Gottes an unserer Versöhnung mit ihm anzunehmen.

Das trifft uns moderne Menschen hart. Während Gott seinen Dienst an uns verrichtet, sehen wir unserer Unabhängigkeit schwinden. Den Dienst Gottes annehmen, hieße, sich einzugestehen, dass wir von seinem Tun abhängig sind. Dass wir nicht sagen können: «Gott, ich komme schon zu Dir!» Wenn wir Gott begegnen wollen, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als unsere Abhängigkeit zu feiern.

Liebe Schwestern und Brüder! Im Johannesevangelium wird nichts von der Einsetzung der Eucharistie beim letzten Abendmahl erzählt. Stattdessen wird dort das Zeichen der Fußwaschung berichtet. Das zeigt, dass beides in die gleiche Richtung weist: Gott verrichtet einen Dienst an uns, weil wir auf Gott angewiesen sind. Die Feier der Eucharistie ist dieser Dienst Gottes an uns. Er macht sich klein, er verbirgt sich hinter dem Zeichen des Brotes, damit wir ihm begegnen können. Und nur diese Begegnung in der heiligen Kommunion gibt uns Anteil an ihm. «Wenn ich diesen Dienst nicht an dir verrichte, hast Du keinen Anteil an mir.»

Nur wenn wir jeden Gang zur Kirche, jeden Gang zur Kommunion als unsere ganz ehrlich gemeinte Abhängigkeitserklärung verstehen, öffnet sich unser Weg zu Gott. Erst wenn wir uns selber eingestehen, dass wir auf den Dienst der Kirche angewiesen sind, erschließt sich uns die Quelle der Sakramente. Wenn ich zugebe, dass mein Glaube nicht denkbar wäre ohne den Glauben der Kirche, erst dann glaube ich!

Das sind zwar allesamt peinliche Sätze. Abhängigkeitserklärungen. Aber nur darin liegt unser Glück.

Erst wenn ich mich angewiesen sehe auf den Dienst, den Gott an mir verrichtet, durch den Karfreitag hindurch, kann ich überhaupt erst zur Auferstehung gelangen. Erst dann kann ich hoffen und glauben. Und erst dann kann ich lieben. Amen.

14. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder, in diesem Jahr werden sich sieben Paare aus unserer Gemeinde das Ja-Wort geben. Während in den letzten Jahren die Zahl der kirchlichen Hochzeiten deutlich zurückgegangen ist, ist das eine beachtliche Zahl. Viele andere Gemeinden, die drei- oder viermal soviel Gemeindemitglieder zählen, wären froh, wenn sie auch nur annähernd so oft das Fest einer grünen Hochzeit feiern dürften.

Für die notwendigen Vorbereitungsgespräche heißt es in den Anweisungen für uns Priester: "Die Brautleute sind auf den Zusammenhang zwischen dem Sakrament der Ehe, der Eucharistie und der Buße hinzuweisen."

Naja, das bedeutet aber auch umgekehrt: Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem, was wir heute Abend feiern - der Einsetzung der Eucharistie - und der Ehe. Sehen Sie selbst:

Einheit, das meint die ganz persönliche Zuwendung genau einer einzigen Person gegenüber. Nicht viele Frauen und viele Männer schließen ein Bund (das würde man dann "Verein" nennen), sondern ganz genau ein Mann und eine Frau. Ich liebe nicht das, was Euch als "Halverder" ausmacht, oder als "Deutsche" oder als "Christen"; ich liebe immer den einen, konkreten Menschen, dem ich in die Augen schauen. Mit all seinen Eigenschaften, mit allen Fehlern und Schwächen.

Auch die Eucharistie ist ein ganz persönliches Geschehen. So wichtig wie es ist, Gottesdienst in einer Gemeinschaft zu feiern - das Wesentliche spielt sich auf einer einmaligen persönlichen Ebene zwischen jedem, der anwesend ist, und Gott ab. Gott wendet sich Dir zu. Er freut sich nicht über eine große oder kleine Anzahl von Leuten, er freut sich über Dich. Und in der Kommunion stehst Du ganz allein Jesus in der Hostie gegenüber und sagst das Ja-Wort: Amen. Und er kommt zu Dir, weil er Dich liebt, mit all Deinen Schwächen und Fehlern.

Unauflöslichkeit - Und diese Begegnung ist ein Bund, der geschlossen wird, ohne Verfallsdatum, ohne Mindesthaltbarkeitsdatum. Jede Liebe will Ewigkeit, will tiefe, tiefe Ewigkeit. Das Ja-Wort der Eheleute ist das größte, dass die beiden sich geben können: Ohne jede Bedingung, ohne jede Einschränkung für den anderen dazu sein. Das setzt ein Vertrauen in die Güte des anderen und in die Kraft der eigenen Liebe voraus, das wir nur haben können, weil wir Gott im Rücken haben.
Gott bestätigt den Ehebund und sagt: Ich habe Euch für einander erschaffen. Ihr habt Euch vielleicht zufällig kennengelernt, habt lange...

Genau das gleiche geschieht in der Eucharistie: "Ich habe Dich erschaffen, damit Du mein Sohn bist, meine Tochter. Dafür bist Du gemacht. Nirgendwo wirst Du die Erfüllung Deiner Sehnsüchte finden - außer in meinen Armen."

Und diese Zusage gilt, auch wenn wir zwischendurch andere Wege gehen, Gott beiseitelegen...

Beiderseitiges Wohl - Und das größte Geschenk ist der gegenseitige Dienst. Keiner, der wirklich liebt, heiratet zu seinem eigenen Wohl. Das Glück des Anderen ist nun das Wichtigste in meinem Leben. Ja, auch mein Ehepartner verspricht mir das Gleiche, aber dass wird niemals Voraussetzung meiner Liebe sein. Liebe ist immer unbedingt. Liebe rechnet nicht, verhandelt nicht, schließt keinen Vertrag: 50-50...

Ich feiere nicht Gottesdienst, weil es mir etwas bringt. Ich will Gott dienen, weil ich darin mein Glück finde.

Das Unfassbare ist dann allerdings, dass auch Gott mich so liebt, dass er mir Diener sein möchte. Er trägt mich auf Händen, er wäscht mir die Füße, er gibt sich mir...

Liebe Schwestern und Brüder, vielleicht können wir Gott noch nicht so lieben, wie er uns - vielleicht lieben wir ihn nur so wie einen netten alten Herrn, wie eine Idee oder wie ein vertrautes Möbelstück. Das ist nicht so schlimm - hauptsache ist, Du erkennst, dass Gott in seiner Liebe zu Dir ohne Einschränkung ist. Deshalb gibt er sich immer wieder, nicht nur jeden Sonntag, sondern Tag für Tag in der Eucharistiefeier hin - für Dich. Jede Messe ist eine Hochzeitsfeier; und jede Hochzeit, die wir feiern, eine Antwort auf das, was Jesus für uns tut. Amen.

15. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Was wir gerade im Evangelium gehört haben, was wir mit dem Gründonnerstag verbinden, ist das letzte Abendmahl.

Das letzte Abendmahl - eigentlich eine unzutreffende Bezeichnung. Denn was Jesus dort mit seinen Aposteln gefeiert hat, war nicht das Ende, sondern der Beginn, der Beginn der Kirche. Im Abendmahlssaal war sozusagen die erste Gottesdienstgemeinde zusammengekommen. Dort, vor ungefähr 2000 Jahren, begann das, was wir christliche Liturgie nennen. Es war nicht das letzte Abendmahl, sondern das erste, der Beginn der christlichen Eucharistiefeiern.

Haben sie sich einmal überlegt, was da für Menschen zum ersten christlichen Gottesdienst versammelt waren? Natürlich: Es waren die zwölf Apostel. Aber - warum haben gerade diese Zwölf an diesem ersten Gottesdienst teilgenommen? Was waren das eigentlich für Christen? Wodurch haben sie sich eigentlich ausgezeichnet, dass Jesus gerade sie zu seinem letzten Abendmahl geladen hatte?

Eingeladen war zum Beispiel Judas Iskariot, der noch am gleichen Abend seinen Gastgeber verrät. Trotz der Fußwaschung, in der Jesus seine dienende Haltung, seine Liebe zu den Aposteln beweisen wollte, verrät er Jesus.
Eingeladen war auch Petrus, der sich noch während der Feier vollmundig zu Jesus bekennt und wenig später nichts mehr von ihm wissen will.
Eingeladen waren auch Johannes und Jakobus, die wenige Stunden später schlechtweg einschliefen, als Jesus gerade ihr Gebet am dringendsten benötigte.
Und auch die restlichen Aposteln lassen sich durch diese Geste der Fußwaschung, der Zuneigung ihres Meisters, nicht davon abbringen, ihn allein am Kreuz sterben zu lassen. Keiner von ihnen - mit einer einzigen Ausnahme - ist dabei, als Jesus gekreuzigt wird. Keiner hat den Mut oder die Liebe, Jesus bis zu seinem Tod zu begleiten.

Alles in allem keine sonderlich berauschende Zusammensetzung der ersten Gottesdienstgemeinde. Am damaligen Gründonnerstag schien alles mögliche im Abendmahlssaal versammelt zu sein, aber wohl nicht das, was wir unter treue Christen verstehen.

In meiner letzten Gemeinde sagte ein Arzt zu mir, dass jetzt - in der Zeit um Ostern, aber auch zu Weihnachten - die Zeit der U-Boote gekommen ist. In dieser Zeit würden nämlich all die Christen in der Kirche wieder auftauchen, die sonst, während der größten Zeit des Jahres, abgetaucht sind. Und manchmal ertappe auch mich dabei, wie ich schlecht über die denke, die nur zwei oder dreimal im Jahr in der Kirche auftauchen.

Aber mit welchem Recht eigentlich? Etwa, indem ich mich auf die ersten Jünger berufe? Auf die erste Gottesdienstgemeinde, die schon wenige Stunden später nichts mehr von diesem Jesus wissen wollte, die ihn verraten, verleugnet und verlassen hat? Von denen sich fast keiner mehr beim Kreuz einfand, obwohl gerade dort ihr Platz gewesen wäre?

U-Boote sind nicht die Christen, die nur ab und zu in der Kirche auftauchen. U-Boote sind die Christen, die im Leben, im Alltag abtauchen, wenn ihr Christsein gefragt wird. Sind Sie ein U-Boot? Bin ich vielleicht ein U-Boot?

Noch eine andere Frage möchte ich Ihnen in diesem Zusammenhang stellen. Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Petrus und Judas? Ist der Unterschied zwischen Verrat und Verleugnung wirklich so groß? Beide gehören sie zum Kreis der Auserwählten, und beide enttäuschen sie die Erwartungen ihres Meisters. Beide stellen sie sich gegen ihn. Sowohl Petrus als auch Judas bereuen schließlich ihre Tat.

Vielleicht ist der Unterschied, dass Petrus trotz seiner Tat auf Vergebung hofft. Obwohl er der Ungeheuerlichkeit seiner Verleugnung bewusst ist, vertraut er darauf, dass Jesus ihm verzeiht. Judas jedoch hat jede Hoffnung verloren. Gerade, weil er bereut, und gerade, weil er nicht mehr glaubt, dass ihm diese Tat verziehen wird, sucht er sein Heil im Selbstmord.

Der Unterschied liegt nicht in der Schwere der Tat, er liegt auch nicht in der Reue. Sondern Petrus vertraut auf die grenzenlose Barmherzigkeit Gottes, Judas aber hat das Vertrauen auf die Barmherzigkeit verloren. Er glaubt, dass ihm nicht mehr verziehen werden kann.

Sind wir eigentlich ein Gemeinde, die die Barmherzigkeit lebt? Vermitteln wir eigentlich - jeder einzelne von uns - die grenzenlose Bereitschaft zur Verzeihung? Oder zeigen wir mit den Fingern auf die, die sich von uns oder von Gott abgewandt haben, die sich gegen Jesus stellen?

«Es ist ein großes und furchterregendes Geheimnis, dass von uns das Heil und das Unheil andere abhängen kann», so sagt die Kirche. Wem nehmen wir vielleicht die Hoffnung auf Vergebung und machen so aus einem Petrus einen Judas?

Das letzte Abendmahl - oder besser: Das erste Abendmahl - war nicht besser besetzt als es der Gottesdienst hier heute Abend ist. Aber es liegt an uns, ob wir das Zeichen der Fußwaschung verstehen und umsetzen, indem wir deutlich machen, dass wir alle nur von der Hoffnung auf Barmherzigkeit leben. Dass wir einen dienenden Gott haben, einen liebenden Gott und einen verzeihenden Gott, der niemanden die Verzeihung verweigert. So lange wir ihm nicht die Hoffnung nehmen.

In der heutigen Messe heißt es genauso wie beim ersten Abendmahl: «Zur Vergebung der Sünden, für Euch, und für alle.»

Und: «Tut dies zu meinem Gedächtnis.» Tun Sie sein Gedächtnis: Leben Sie Verzeihung und Versöhnung.

Amen.

16. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder, in unserem Glauben gibt es viele «Geheimnisse». Damit sind keine Wahrheiten gemeint, die wir für uns behalten und nicht weitergeben dürfen. «Geheimnis» meint nicht ein Wissen, das irgendjemand zurückbehält, sondern eine Wahrheit, die zu groß ist für unseren kleinen Verstand. «Mysterium» ist das lateinische Wort dafür.

Das bekannteste «Geheimnis» in unserem Glauben ist die Eucharistiefeier. Wir sagen es ja jedes Mal: «Geheimnis des Glaubens». Dieses Geschehen ist so tief und groß, dass wir es niemals ganz begreifen können, eben ein «Mysterium». Immer wieder entdecken wir neue Aspekte - und einen solchen weiteren Aspekt möchte ich ihnen heute nahe legen.

In der Bibel finden wir das Geschehen im Abendmahlssaal in allen vier Evangelien beschrieben. Nur Johannes berichtet nicht vom Brot und vom Wein und den Worten Jesu; Johannes berichtet von der Fußwaschung. Aber er beschreibt damit das gleiche Geschehen: Jesus erniedrigt sich, bis zum Tode. Er gibt sich hin, im Sklavendienst, genauso wie im gebrochenen Brot.

Die Eucharistiefeier ist also zunächst der Dienst Jesu an uns. Nicht wir sind es, die zum Gottesdienst zusammenkommen, um Jesus und Gott zu dienen; nein, er lädt uns ein, um an uns den heiligen Dienst zu vollziehen.
Im Abendmahlssaal sitzen die Apostel ziemlich untätig herum. Ihre Aktion beschränkt sich darauf, zu fragen und verblüfft zu sein. Verblüfft über das, was Jesus tut, als er ihnen die Füße wäscht. Wofür soll das gut sein? Und ebenso verblüfft sind sie darüber, das Jesus über seinen Tod spricht. Ist er nicht Gottes Sohn, der Messias? Und dann sagt er auch noch voraus, dass sie alle ihn verlassen, einer ihn verleugnet und einer ihn verrät. Hat Jesus sie denn nicht auserwählt? Alles, was ihm Abendmahlssaal geschieht, geht von Jesus aus. Kaum einer von den Aposteln wird aktiv, außer Judas, der schließlich geht.

Jesus macht sich nun daran, einen jeden von den Aposteln auf das vorzubereiten, was da kommt. Er beginnt damit, dass er sie reinigt. Es hat sich ziemlich viel Humbug in ihren Köpfen angesammelt über das, was der Messias ist, was Glauben heißt und Gottesherrschaft. Herrschen wollen sie, miterleben, wie Jesus seine Herrlichkeit zeigt und die Römer verjagt. Jesus zerstört dieses falsche Denken, indem er sie wäscht. Er reinigt sie durch diese Geste.
Er reinigt sie, indem er zeigt, worauf es demnächst ankommen wird; nach seinem Tod und nach seiner Himmelfahrt. Das Leben eines Christen besteht darin, zu geben, zu schenken und zu lieben. Ganz unten fängt das Leben an, ganz unten der Dienst. Ohne Dienst kein Leben.
Jesus musste erst ganz unten sein, damit die Apostel das begreifen. Und auch die Apostel mussten tief fallen, bis sie erkennen, dass nur derjenige, der alles gibt, alles empfangen kann.

Die Apostel glaubten, mit Jesus an ihrer Seite zu ihrer wahren Größe emporzuwachsen. Doch kaum war Jesus gefangen, fielen sie zu ihrer wahren Größe zusammen: Ein kleines und verschrecktes Häufchen waren sie, mehr nicht. Aber erst jetzt waren sie reif für das große Werk: Jesus ist alles, von ihm kommt alle Kraft, alles Denken und alles Tun. Leben heißt Glauben, und Glauben ist Vertrauen; nicht auf die eigene Kraft, sondern auf Gott.

Liebe Schwestern und Brüder, feiern sie Eucharistie! Lassen sie sich reinigen von der Vorstellung, als Christen gut dazustehen. Christsein fängt ganz unten an.
Lassen sie sich reinigen von der Idee, der Glaube muss zu ihrem Leben passen. Wenn ihr Leben nicht zu unserem Glauben passt, dann haben sie nicht verstanden, was Leben ist.
Lassen sie sich reinigen von dem Gerücht, dass der Glaube ihr Leben bereichert. Dabei denken wir doch nur an Reichtum dieser Welt, an Unterhaltung, Abwechslung und Gemeinschaft. Nein, der gelebte Glaube macht sie ärmer, vielleicht sogar einsamer, weil er ihnen die falsche Gesellschaft raubt oder sie zumindest auf eine harte Probe stellt.

Wenn wir alles das, was wir so dringend erledigen müssen, getan haben und feststellen, dass nichts davon bleibt, dann kommen wir vielleicht ganz klein zurück zur Eucharistie, zur Messe und erkennen: Jesus ist alles, von ihm kommt alle Kraft, alles Denken und alles Tun. Leben heißt Glauben, und Glauben heißt Vertrauen; nicht auf die eigene Kraft, sondern auf Gott. Amen.

Fürbitten