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Predigtvorschläge - Hochfest der Auferstehung des Herrn - Ostern
1. Predigtvorschlag

von Manfred Stücker (erstellt: 2022)

Der Friede als Ostergeschenk des Auferstandenen

Eigentlich ist für uns nicht Ostern, sondern Weihnachten das Fest der Geschenke. Kinder freuen sich schon Wochen vorher auf den spannenden Moment, wenn sie sehen, was sie auspacken dürfen, und sind glücklich.

Doch Ostern ist das Fest der Feste. Während Weihnachten in der dunklen Jahreszeit gefeiert wird, wo die Sonne am tiefsten steht, stellt Ostern buchstäblich alles in den Schatten durch das neue Licht, das sich ausbreiten soll in die ganze Welt hinein.

Und Ostern bringt uns das Geschenk überhaupt, das uns der Auferstandene mitbringt. - Was für ein Geschenk mag das sein? Ein Korb voller Ostereier vielleicht? Der Evangelist Johannes beschreibt dieses Geschenk so: "Am Abend des ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!" (Joh 20,19). Das ist also das große Ostergeschenk: der Friede.

Seit einigen Wochen ist der Friede, oder vielmehr das Gegenteil davon, der Krieg, in aller Munde. Eine Invasion russischer Truppen in das Nachbarland Ukraine an verschiedenen Stellen machte den Beginn. Viele glaubten, dieser Krieg sei womöglich schon nach ein paar Tagen zu Ende, weil die Ukraine der erdrückenden Übermacht nichts entgegenzusetzen hätte. Die erste Überraschung war also, dass die Angegriffenen sich mit Entschlossenheit zur Wehr setzten, während viele russische Soldaten nicht einmal wussten, wohin sie überhaupt geschickt wurden.

Dann kommt es zu einem zermürbenden Stellungskrieg, während wir und die anderen westlichen Nachbarn allmählich den flehentlichen Bitten der Ukrainer nachkamen, ihnen zu helfen, damit sie sich verteidigen konnten. Währenddessen gibt es einen Flüchtlingsstrom wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr.

Und weiter kommt es nun zu den verstörenden Bildern des entsetzlichen Leids der Zivilisten, Frauen, Kinder, alte Menschen, die hingemetzelt werden, zum Teil vorher gefoltert und gefesselt.

Jetzt wurde auch dem Letzten klar: Hier ist nicht einfach eine Eroberung im Gange, die zum Ziel hat, sich ein Land einzuverleiben oder eine Vasallenregierung zu installieren. Hier spielt sich vor unseren Augen ein Vernichtungskrieg ab mit dem Ziel, eine Nation, ein Land auszulöschen.

Wie können wir, während uns die Worte dafür fehlen und wir um Fassung ringen, Ostern feiern und sagen: Es ist ein Fest des Lebens! Es ist ein Fest des Friedens! Und Frieden ist das Ostergeschenk des Auferstandenen!?

Liebe Schwestern und Brüder! Christus hat das Leiden der Menschen geteilt. Er gehörte zu einem Volk, das immer wieder verfolgt, dezimiert, ja ausgerottet werden sollte. Er gehörte nicht zur Oberschicht, wurde aber von den Herrschenden und Verantwortlichen gehört und ernst genommen. Doch gerade das bewahrte ihn nicht davor, angeklagt und verurteilt zu werden, sodass er den ehrlosesten Tod sterben musste, der denkbar war.

Für uns im Glauben ist das nicht das Schicksal eines Rebellen oder Sozialrevolutionärs. Christus ist gekommen mit dem Anspruch, Gottes Sohn zu sein. Er ist Gott gleich. Er ist der Messias. Dieses Selbstzeugnis, das er nicht verweigert hat, ist der tiefere Grund dafür, dass ihn einige Menschen hassten und seinen Tod forderten. Wie kann dieser einfache Galiläer behaupten, der Messias, der verheißene Gesalbte Gottes, zu sein?

Was hat das mit Krieg und Frieden zu tun? Sehr viel, glaube ich. Krieg ist immer das Nein zu einem Frieden, den der Mensch sich selbst nicht geben kann. Krieg ist nie Wille Gottes, während der Friede ein Werk Gottes ist. Wo Menschen von sich aus, ohne die Hilfe Gottes, Frieden und Gerechtigkeit stiften wollen, kommt oft genug Chaos und Unheil heraus.

Warum ist das so? Menschen sind immer, ob sie es wollen oder nicht, hin und her gerissen zwischen Gut und Böse, zwischen Aufopferung und Egoismus, zwischen der Bereitschaft zum Dienen und der Versuchung zur Macht über andere. - Was ist die Folge? Die Folge ist, dass unsere Worte und Taten selbst dann, wenn wir wollen, nie ganz rein sind und nie ganz ohne die Versuchung, das Böse zu tun, so dass oft genug nicht das Wahre und Echte herauskommen, sondern etwas Schlechtes.

Wer zivilisiert ist, wird zwar eingegrenzt und akzeptiert die Ordnung von Recht und Gesetz, aber die Decke der Zivilisation ist dünn. Und wenn sie reißt, dann kommt die Fratze des Bösen mit allem hervor, was kaum vorstellbar schien, wie wir jetzt wieder sehen.

Christus ist nicht einfach ein guter Mensch, der zum Frieden mahnt, er ist der Messias Gottes. In ihm kommt Gott selbst zu uns. Indem Christus in die tiefsten Tiefen der Sünde und des Bösen hinabsteigt, überwindet er das Dunkel und die Hoffnungslosigkeit von innen. Durch seine Auferstehung verwandelt er auch unser Leben, denn er ist Mensch wie wir, er ist der Mensch, den Gott uns Menschen schenkt.

Uns allen wünsche ich einen Osterfrieden, der aus der Tiefe der Liebe Gottes kommt, und der uns fähig macht, Gedanken und Werke des Friedens zu tun, damit die Welt heil wird.

2. Predigtvorschlag

von Manfred Stücker (erstellt: 2020)

Osternacht und Ostern: die rettende Medizin gegen den Tod

(Anmerkung: Die Anregung zu diesen Gedanken habe ich aus dem Bändchen von Joseph Ratzinger, Gottes Angesicht suchen. Betrachtungen im Kirchenjahr, Freising 2/1979, S. 25 – 26, bekommen.)

Was für eine Dankbarkeit, was für eine Freude würde um sich greifen, wenn bekannt würde: Die Medizin gegen ein todbringendes Virus ist gefunden! Es gibt einen Impfstoff, es gibt eine Therapie, die rettet! – Die Forscher, die das entdecken und erreichen, würden gefeiert werden.
Schon jetzt (Mitte März 2020) ist es ein großer Fortschritt, wenn ein Schnelltest zur Verfügung steht, der den Menschen die Angst und die Ungewißheit nimmt: Bin ich erkrankt? Muß ich mich um mein Leben sorgen?

Ein Virus kann Menschen ängstigen, verunsichern und sogar ernsthaft erkranken lassen – doch gegen den Tod selbst, gegen seine Macht, ist kein Kraut gewachsen – oder vielleicht doch? Was haben wir vorhin denn gesungen? „O Licht der wunderbaren Nacht, uns herrlich aufgegangen“ (Gotteslob 334) – und: „Verklärt ist alles Leid der Welt, des Todes Dunkel ist erhellt“ (Gotteslob 329). – Von welchem Licht ist da die Rede? Was wird da behauptet?

Wir feiern Ostern. Wir feiern den Sieg Christi über die Macht des Todes. Er, Christus, ist das wahre Licht: Er besiegt die Finsternis, die von der Welt und den Menschen Besitz ergreifen will: den Haß, den Wahn, die Sucht nach Vergeltung und Rache … und den Tod selbst, der die Folge von alldem ist. Das Licht, das Christus schenkt, ist aber nicht ein esoterisches Leuchten oder ein liebliches Lämpchen, sondern es ist unendlich mehr. Wie soll man dieses Licht beschreiben? Es ist wie ein machtvoller Strahl. Oder wie ein Blitz, der nicht einzufangen ist. Oder wie das gewaltige Geschehen in der Sonne selbst, wo unvorstellbare Kräfte am Werk sind.

Aber all diese Vergleiche sind noch unendlich schwach gegenüber der Wirklichkeit, die wir heute bekennen: Das Leben siegt, der Tod ist tot. Wie kann das sein? Wie können wir das glauben?

Wir können es glauben, denn Jesus ist der große Arzt, der für uns in den Tod gegangen ist. Er ist hingerichtet worden, als ein Opfer unmenschlicher Justiz, das ist wahr. Aber das ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite erkennen wir durch den Glauben. Dieser Arzt hat eine rettende Medizin gleichsam an sich selbst erprobt. Was ist diese rettende Medizin? Diese Medizin, das ist das unbegrenzte Vertrauen auf die Vaterliebe Gottes. Diese Medizin, das ist der Glaube.

Wie können wir das verstehen? Schauen wir auf Jesus selbst: Jesus ist wirklich „der Sohn“, der vom Vater kommt und zugleich ganz bei den Menschen ist. Er ist der Sohn Gottes und der „Menschensohn“. – Wie wird das deutlich? Es wird zum einen deutlich in seiner Verkündigung, in seiner Botschaft. Alles, was Jesus sagt und tut, zielt auf das Eine hin:
Gott, den ihr sucht und finden könnt, er ist der Vater aller Menschen. Er will seine väterliche Barmherzigkeit und Güte erweisen, indem er sich als Vater offenbart und den Menschen seinen Sohn schenkt. – Das ist noch etwas, was die Menschen, vor allem die frommen Juden, die Jesus hörten, wohl noch irgendwie glauben und annehmen konnten.

Aber wie ist es mit dem, was noch dazugehört? Wie Jesus Gott anspricht als „Abba“ – „Papa“ oder „Väterchen“: geht das nicht ein bißchen zu weit? Und er sagt dann auch noch „Mein Vater“ (Joh 8, 19.49.54) und als Gipfel „Ich und der Vater sind eins“ (Joh 10, 30), worauf die Zuhörer Steine aufheben, um Jesus damit zu töten (vgl. Joh 10, 31).

Jesus hat immer wieder gewacht und gebetet, um ganz nahe bei seinem Vater zu sein. – Das war ihm, neben aller Sorge und Mühe und Offenheit für die Menschen, ganz wichtig: das Zwiegespräch mit dem Vater. Die Zeit mit Ihm. Das Vertrautsein mit Ihm und Seinem Willen.

Dieser vertraute Umgang ist auch uns möglich. In diesen Wochen, in denen vieles nicht mehr so ist wie gewohnt, wo uns sogar geraten und geboten wird, Kontakte zu Mitmenschen, zu Freunden, zu den Schwestern und Brüdern im Glauben zu unterlassen und uns in eine Art Selbst-Isolation zu begeben – in einer solchen Zeit ist es gut zu wissen, daß wir nie allein sind, auch wenn Einsamkeit um sich greift. Die beste Medizin gegen die Krankheiten unserer Seele ist der Glaube. Und dieser Glaube wird bestätigt durch das größte Wunder: die Auferstehung Christi von den Toten! Der Feind des Lebens wurde durch den Arzt besiegt, der das rettende Heilmittel bringt!

Die Kirche lädt uns immer ein, dieses Heilmittel – Christus selbst – in der heiligen Kommunion zu empfangen, im Brot des Lebens, in der heilbringenden Speise. Im glaubenden und hoffenden und liebenden Herzen entfaltet dieses Medikament seine maximale Wirkung. Und Glaube, Hoffnung und Liebe werden neu gestärkt durch den Empfang dieses wunderbaren Geschenkes.

Wenn wir in diesen österlichen Tagen nicht die heilige Hostie empfangen können, weil uns Einschränkungen in bisher nie dagewesenem Umfang auferlegt worden sind, so können wir doch geistigerweise die Speise des Lebens empfangen. Wir können diese Gelegenheit nutzen, die Möglichkeit der geistigen Kommunion neu kennen- und schätzen zu lernen, denn sie ist auch dann angebracht, wenn uns die rechte Disposition fehlt, wir nicht wirklich vorbereitet sind, wenn uns Schuld belastet oder wir uns von der vollen Gemeinschaft der Kirche entfernt haben.

 

Das Gebet dazu kann so lauten:

Mein Jesus,

ich glaube, daß du im Allerheiligsten Sakrament des Altares gegenwärtig bist.
Ich liebe dich über alles,und meine Seele sehnt sich nach dir.
Weil ich dich jetzt nicht in der Heiligen Eucharistie empfangen kann, bitte ich dich, komm geistigerweise zu mir und nimm Wohnung in meinem Herzen.
Ich umfange dich, vereinige mich ganz mit dir und bete ich dich an, mein Heiland und Erlöser.
Laß nicht zu, daß ich mich je von dir trenne. Amen.

3. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2008)

Liebe Gemeinde!

Das Osterfest war ursprünglich ein jüdisches Fest, es hieß Pascha, Vorübergang des Herrn. Man gedachte des Auszugs aus Ägypten und der erschütternden letzten Plage, vor der Gott sein Volk verschont hatte. Denn ihre Türpfosten waren mit dem Blut des Lammes bestrichen worden: dieses Blut war das Zeichen ihrer Rettung.

Bis heute ist es beim jüdischen Paschamahl Sitte, dass der jüngste Sohn den Vater fragt: „Was unterscheidet diese Nacht von allen anderen?“ Und der Vater erzählt dann die lange Geschichte von Gott, dem Schöpfer und dem, der Abraham berufen hat, vom Volk Israel, das in Ägypten versklavt wurde und schließlich vom Auszug aus Ägypten durch die mächtige Hand Jahwes und vom Durchzug durch das Rote Meer.

Wenn der Herr vorübergeht und eingreift, dann ist nachher alles anders als vorher. Die Veränderung kann massiv äußerlich erfahrbar sein wie beim Vorübergang des Herrn an den ägyptischen Häusern oder beim Durchzug durch die Wasser des Roten Meeres. Sie kann aber auch wie bei Elija die Seele betreffen und sich nur durch ein sanftes, leises Säuseln bemerkbar machen; die äußeren Naturerscheinungen sind dann allenfalls Vorboten für die eigentliche und tiefe Veränderung, auf die es Gott ankommt, auf den Trost der Seele, die Bekehrung des Herzens: „Da zog der Herr vorüber: Ein starker, heftiger Sturm, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, ging dem Herrn voraus. Doch der Herr war nicht im Sturm. Nach dem Sturm kam ein Erdbeben. Doch der Herr war nicht im Erdbeben. Nach dem Beben kam ein Feuer. Doch der Herr war nicht im Feuer. Nach dem Feuer kam ein sanftes, leises Säuseln.“ (1 Kön 19,11-12)

Auch wir haben in den letzten zwei (drei) Tagen den Vorübergang des Herrn gefeiert. Die Osternacht ist der Höhepunkt. Was würden wir antworten, wenn uns einer fragte: „Was unterscheidet diese Nacht von allen anderen?“ Können wir darauf überhaupt antworten? Daran entscheidet sich, ob wir wahrhaft Christen sind.

Die Liturgie der Osternacht hilft uns, den Unterschied zu erkennen. Mitten in der Feier braust plötzlich die Orgel wieder auf, die Glocken läuten, das Licht wird entzündet. Nach der Lesung der alttestamentlichen Texte wird uns das unterscheidend Neue verkündet: das Neue Testament, die Frohe Botschaft. Das jüdische Pascha kennt nur die Erinnerung an den Vorübergang des Herrn und die Verschonung der Juden aufgrund der mit Blut bestrichenen Türpfosten. Die christliche Osternacht geht darüber hinaus: der Herr geht nicht nur vorüber, sondern er kommt auf die verzweifelten Jünger zu. Er dokumentiert seine Macht nicht mit einem Schreckensbild der Verwüstung, sondern er macht sich selbst zum Lamm, dessen Blut die Gläubigen heiligt. Die Verschonung, die er erwirkt, betrifft nicht das leibliche Leben, sondern die Gewissenslage der Seelen, sie wird nicht auf Zeit, sondern für die Ewigkeit gewährt.

In jener Osternacht hat eine grundlegende Veränderung die Welt ergriffen. Die (heutige) Ostersequenz beschreibt sie unter dem Bild eines Kampfes: „Tod und Leben stritten im Kampf, wie nie einer war; der Fürst des Lebens erlag dem Tod; zum Leben erstanden triumphiert er als König.“ Vom „Ostersieg“ sprechen auch viele Osterlieder. Auch das Exsultet, das Osterlob, benutzt eine entsprechende Ausdrucksweise: „Dies ist die selige Nacht, in der Christus die Ketten des Todes zerbrach und aus der Tiefe als Sieger emporstieg.“ Hierzu passt auch, dass Matthäus von einem gewaltigen Erdbeben berichtet, vom Auftreten eines furchterregenden Engels sowie davon, dass die „Wächter begannen vor Angst zu zittern und wie tot zu Boden fielen“. (Mt 28,4) – Aber wie schon bei Elija sollte klar sein, dass die äußeren Erscheinungen nur die Vorboten des tieferen Geschehens sind. Wenn der Herr vorüber geht, dann kann das tatsächlich Angst und Schrecken mit sich bringen, aber die Herzen werden damit noch nicht erreicht. Die Wächter haben nicht zum Glauben gefunden, ebenso wenig die Pharisäer, die Jesus ans Kreuz gebracht haben. Überhaupt kann niemand zum Glauben finden, der nur an sich und den eigenen Vorteil denkt, der nicht wenigstens einen Funken Liebe in sich hat. Man muss schon lieben, um die Erfahrung machen zu können, dass die Liebe stärker ist als der Tod. Man muss sich wecken lassen, um dem Auferweckten zu begegnen. Im Bild gesagt: Wer schwimmen lernen will, der darf nicht wasserscheu sein.

Um dieses Bild ein wenig weiter auszumalen: Der moderne Mensch ist wasserscheu in religiösen Dingen. Er sagt: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.“ Das fängt schon bei der Taufe an: Viele wünschen die Taufe für ihr Kind, aber sie sehen gar nicht ihre eigene Verantwortung für die religiöse Erziehung dem Kind gegenüber. Sie scheuen den Einsatz, das entschiedene JA zu Gott, zum Glauben, zur Kirche. So bleibt es bei einer Unentschiedenheit, die die Bibel auch Lauheit nennt: weder warm noch kalt. „Kann ja nicht schaden…“ Aber mit dem pflaumenweichen „Kann ja nicht schaden…“ bringt man nichts zustande. Auf so etwas baut man keinen Lebensentwurf. Auf diese Weise haben die ersten Jünger nicht zum Glauben gefunden, und so haben sie ihn auch nicht empfohlen.

Vielleicht denken Sie: Ja, wenn ich damals dabei gewesen wäre, dann könnte ich fester und entschiedener glauben. Aber so!? Wer weiß, ob das alles wirklich stimmt. Ist ja auch schon so lange her… – Noch einmal: Wer wasserscheu ist, wird niemals schwimmen lernen. Wer wie Pilatus fragt: „Was ist Wahrheit?“ und bloß sein eigenes Lebensinteresse verfolgt, der wird nie die Wahrheit finden. Wer aber schon angefangen hat, sein eigenes Wohl hintanzusetzen um der Wahrheit und der Liebe willen, der kann dem Auferstandenen begegnen: An dem geht Jesus nicht nur vorüber, sondern dem zeigt er sich – vielleicht ähnlich wie damals dem Elija gleichsam im sanften, leisen Säuseln, das auf dem Grunde der Seele zu spüren ist, ausgelöst z.B. durch die Mitfeier der Osterliturgie, nicht weniger aber auch durch die Begegnung mit einem wahrhaft gläubigen Christen.

„Was unterscheidet diese Nacht von allen anderen?“ Das war die Frage des jüdischen Kindes. Jesus hat zwar auch mit seinen Jüngern das Paschamahl gefeiert, aber er hat das zeichenhafte Geschehen dann in seiner Person erfüllt; er hat dem Zeichen auch Taten folgen lassen und es so in Wirklichkeit umgesetzt. Seit der Osternacht hat der Tod seine endgültige Macht verloren; der Auferstandene lebt und kann jedem begegnen, der nicht „wasserscheu“ ist. Im letzten Buch der Bibel heißt es: „Ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem werde ich eintreten, und wir werden Mahl halten, ich mit ihm und er mit mir.“ (Offenbarung 3,20) Wenn er anklopft, dann sollten wir ihn auch hereinlassen!

4. Predigtvorschlag

von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2007)

Dann ging Petrus nach Hause, voll Verwunderung über das, was geschehen war.

Liebe Schwestern und Brüder!

Ein eigenartiger Schluss des Osterevangeliums. Jedenfalls empfinde ich das so.
Wäre nicht ein Petrus, der voll Freude ausruft: „Christus ist erstanden!“ angebrachter.
Statt eines überschwänglich jubelnden Petrus begegnet uns ein nachdenklicher, sich wundernder Petrus.
Das Ende dieses Evangeliums hat nichts von der Freude, von dem Halleluja, von der Feierlichkeit unserer Osterliturgie, die wir gerade feiern.

Das leere Grab war für ihn erst einmal schwer zu verkraften.
Das leere Grab wirft für ihn erst einmal alles über den Haufen.
Das leere Grab lässt in ihm Fragen aufsteigen:
Was bedeutet die Botschaft der Engel: Er ist nicht hier, er ist auferstanden?
Wer ist dieser Jesus, dem ich gefolgt bin, der mein Leben verändert hat, den ich verraten habe, der hier beerdigt lag? Wer ist er wirklich?

Später ist Petrus das alles klar geworden. Spätestens seit der Sendung des Hl. Geistes weiß er, was Auferstehung bedeutet, wer Jesus Christus wirklich ist.
Nach Pfingsten nämlich wird er zum ersten großen Prediger der Frohen Botschaft von der Auferstehung der Toten. Als erster Papst bekennt er vor der Welt, dass Jesus Christus, der Herr der Welt, der Herr über Leben und Tod ist.

Anlässlich dieses Osterfestes, anlässlich der Botschaft vom leeren Grab stellen auch wir uns mit Petrus die Fragen:
Was ist Auferstehung? Und wer ist dieser Jesus?

Was ist die Auferstehung?
Bei Umfragen unter Christen wurde vor kurzem deutlich, dass weiß Gott nicht der Großteil an eine Auferstehung Jesu und der Toten glaubt. Bei vielen ist auch ein falsches oder zu kurzes Verständnis über dieses Glaubensgeheimnis anzutreffen.

Es gibt Menschen, Christen, die die Auferstehung mit der Wiedergeburtslehre, der Reinkarnation ostasiatischer Religionen verwechseln oder vermengen.
Die Reinkarnation setzt voraus, dass wir mehrere Leben auf Erden haben. Je nach dem vorherigen Leben werde ich als Mensch oder Tier oder sonst etwas wiedergeboren.
Diese Wiedergeburt ist aber eine Bestrafung. Ziel ist es, nicht mehr an die Erde gebunden zu sein, sondern in das Nichts, in das Nirwana einzugehen.

Wir Christen glauben hingegen, dass wir nur ein Leben auf dieser Erde haben, in dem wir uns auf den Himmel vorbereiten. Und dieser Himmel ist kein Nichts, sondern wir werden darin als ganze Menschen, mit verklärten Leib und geläuterter Seele auf ewig leben. Außerdem ist uns die Erde als Gabe von Gott geschenkt worden: Auf ihr zu leben ist trotz aller Mühsal eine Gnade und keine Bestrafung. Nein, mit Reinkarnation hat das leere Grab nichts zu tun.

Was ist die Auferstehung?
Jesus lebt in seiner Botschaft weiter, sagen viele. Das, was er gelehrt hat, ist lebendig in der Kirche. Die Sache Jesu geht weiter.

Sicherlich, die Lehre Jesu wird weitergetragen von Generation zu Generation. Ähnlich wie die Erinnerung an liebe Verstorbene in uns weiterlebt. „In unseren Herzen lebst du weiter“ heißt es dann oft auf Totenzetteln. Das Gedächtnis der Toten zu pflegen, ist gut und wertvoll.

Aber das ist nicht die ganze Wahrheit, an die wir glauben.
Jesus Christus lebt nicht weiter, weil die Kirche ihn verkündet.
Vielmehr gilt: Die Kirche verkündet Jesus Christus, weil er wirklich lebt.

Der Herr lebt in der Herrlichkeit des Vaters, als der Auferstandene, auch wenn die Kirche ihn nicht mehr auf Erden verkünden sollte.
Unsere lieben Verstorbenen leben in der Ewigkeit, auch dann wenn sich keiner mehr an sie erinnert.
Es wäre schrecklich, wenn wir nur in den Herzen der anderen weiterleben würden. Was, wenn Menschen einsam gelebt haben und keiner sich ihrer erinnert? Was, wenn die Menschen, die sich eines Verstorbenen erinnern, selber sterben?

Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden!
In diesen Worten der Engel ist kurz zusammengefasst, was wir Christen glauben:
Jesus, der Gekreuzigte, lebt als der Auferstandene nicht hier in dieser Welt oder nur in unserer Erinnerung, sondern er lebt wirklich beim Vater. Deshalb ist das Grab auch leer.

Wer ist dann dieser Jesus?
Er ist nicht nur ein Prediger der Liebe Gottes. Er ist nicht nur ein guter Mensch. Er ist nicht nur einer, der sich der Armen und Kranken annahm. Er ist nicht nur ein Wunderheiler. Er ist nicht nur unser Bruder.
Dieser Jesus ist all das, aber er ist noch viel mehr:
Er ist der Sohn Gottes, er ist der menschgewordene Gott. Er ist der Herr über Leben und Tod. Er ist das Leben.

Unser Herr spricht:
Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt; und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben.

Gott hat sich mit uns Menschen in seinem Sohn Jesus Christus sosehr verbunden, dass er in ihm unseren Tod gestorben ist. Und er hat sich in ihm sosehr mit uns Menschen verbunden, dass wir an seinem ewigen Leben Anteil erhalten, an seiner Auferstehung.

Wer sich an Christus festmacht wird wirklich auferstehen. Wie er. Auf ewig.
Wer sich von ihm lossagt, wird sterben, tot sein. Auf ewig.

Wer ist dieser Jesus?
Er ist der Herr. Herr über Leben und Tod.

Wenn wir wirklich leben wollen, wenn wir wirklich auferstehen wollen, dann kommen wir an ihm nicht vorbei.

Wir müssen uns entscheiden, wenn wir auf sein leeres Grab schauen.
Für oder gegen ihn.

Dann ging Petrus nach Hause, voll Verwunderung über das, was geschehen war.
Liebe Schwestern und Brüder!
Petrus hat sich den Fragen gestellt: Was ist Auferstehung? Wer ist dieser Jesus?
Er glaubte und verkündete: Auferstehung heißt wirklich als ganzer Mensch auf ewig zu leben. Jesus ist der Herr über Leben und Tod.
Petrus hat sich entschieden. Für ihn.
Und er wird dann mit all den anderen gejubelt haben: Halleluja!
Und er wird dann mit all den anderen den Glauben an die Auferstehung und an Christus, den Sohn Gottes vor der Welt bekannt haben.

Folgen wir dem Aufruf des verstorbenen Papstes Johannes Paul II. In der Osternacht 2005 konnte er nicht mehr selber predigen. Seine Worte verlas Kardinal Ratzinger. Worte, die ein Vermächtnis sind an uns, an Sie, an Dich, an mich:
„Lasst uns aufwachen aus unserem müden, schwunglosen Christentum! Erheben wir uns und folgen wir Christus, dem wahren Licht, dem wahren Leben. Amen!“

5. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2007)

Liebe Gemeinde!

Es gibt kein Fest der Christenheit, das derartig faszinierend ist und eine ähnlich reichhaltige Liturgie aufweist wie das Osterfest, insbesondere die Feier der Osternacht. Vermutlich gibt es aber auch kaum ein anderes Fest, dessen Inhalt Anlaß zu so vielen Zweifeln, Mißverständnissen und Neudeutungen gegeben hat wie das Osterfest.

Herz und Verstand werden beide angesprochen, aber für manchen stehen beide im Gegensatz. So stemmt sich Goethes Faust mit seinem Verstand gegen die Osterbotschaft: „Was sucht ihr mächtig und gelind, ihr Himmelstöne mich im Staube? – Klingt dort umher, wo weiche Menschen sind. Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“ – Andererseits ist er zutiefst unglücklich und trostbedürftig, und gerade dem Selbstmord entronnen, ruft er aus: „O tönet fort, ihr süßen Himmelslieder, die Träne quillt, die Erde hat mich wieder“.

Dieses Gegeneinander von Glaube und Unglaube, Hoffnung und Verzweiflung hat auch schon die ersten Osterzeugen bestimmt, so die Frauen, die am Ostermorgen zum Grab kamen, um den Leichnam ihres geliebten Herrn zu salben, so auch Petrus und die anderen Apostel, Thomas und die Emmausjünger. Die Frauen, die statt des erwarteten Leichnams Jesu zwei Engel am Grab vorfanden, waren geschockt und schauten zu Boden. Doch die Frage der Engel holt sie aus ihrer Erstarrung heraus und ruft sie zur Entscheidung: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?“

Diese Frage hallt durch die Jahrhunderte, und immer wieder werden Menschen durch sie aufgerüttelt und mit dem Kern unseres Glaubens neu konfrontiert. Die Frauen suchen Jesus, aber sie suchen ihn an der falschen Stelle, im Grab nämlich, bei den Toten. Das war ganz verständlich und überhaupt nicht zu tadeln, denn schließlich waren sie ja Zeugen seiner grausamen Hinrichtung gewesen. Und doch suchten sie am falschen Ort, und sie hätten es besser wissen können, wenn sie sich an die Worte ihres Meisters erinnert hätten: „Der Menschensohn muß den Sündern ausgeliefert und gekreuzigt werden und am dritten Tag auferstehen.“ Ja, das hatte Jesus so vorausgesagt – aber konnten sie es in diesen traurigen Stunden noch in lebendiger Erinnerung haben? Die Trauer hatte ihnen die Kehle zugeschnürt und die Erinnerung blockiert; ihr Glaube an Jesus war der Verzweiflung gewichen. So suchten sie Jesus nicht unter den Lebenden.

Und es dauerte einige Zeit, bis sie ihre Depression überwunden hatten und das Wort der Engel nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich aufgenommen hatten. Daß Jesus tatsächlich lebte und nicht bei den Toten weilte – das mußten sie erst einmal gegen die bedrückende Erfahrung der vergangenen Tage anglauben. Da mußten sie ihre ganze seelische Kraft aufbringen, und die allein hätte auch nicht ausgereicht, das wissen wir von Thomas, der Ostern nicht dabei war und dem deshalb der Augenschein fehlte, um das wahrhaft Unglaubliche glauben zu können. Es widersprach ja jedem gesunden Menschenverstand, daß ein Toter wieder lebendig wurde, und da schien es viel plausibler, das Gerede von der Auferstehung Jesu als Wunschdenken abzutun und sich mit dem Tod abzufinden.

Das gilt zu jeder Zeit, auch heute. Ich weiß nicht, wie viele Menschen den Lebenden nach wie vor bei den Toten suchen, aber es sind vermutlich viele. Ich nenne nur zwei Gruppen von Menschen. Da sind zum einen die Menschen, die sich an die Wissenschaft halten und argumentieren: Der Tod gehört zu den unabänderlichen Tatsachen des Lebens. Alle müssen sterben, und wer gestorben ist, dessen Leben ist unwiderruflich zu Ende – ausnahmslos. Dies ist ein ehernes Gesetz der Natur, gegen das man sich am besten nicht auflehnt. Wer dennoch von einem ewigen Leben träumt, der beweist damit nur, daß er der Wahrheit nicht ins Auge sehen kann; er ist im Grunde zu bemitleiden oder zu verachten. – Wer so denkt, der sucht die Wahrheit bei den Toten, denn er hält sich in seiner Wissenschaftsgläubigkeit nur an die sterbliche Materie und sieht diese als maßgebend für die ganze Wirklichkeit an. Aber warum soll sich die geistige Welt an die Gesetze der vergänglichen Materie halten? Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?

Zum zweiten sind da die vom Leben Enttäuschten. Sie denken: Es lohnt sich nicht, sich für andere einzusetzen, denn Undank ist der Welten Lohn. Jede gute Tat versinkt in Vergessenheit, aber das Recht des Stärkeren setzt sich gegen alles durch. Das Böse ist ein Teufelskreis, das Gute hat da keine Chance. „Was ist Wahrheit?“ – so fragt nicht nur Pilatus, sondern so fragen alle Zyniker und die Machtmenschen. – So wenig wie Jesus dem Pilatus geantwortet hat, so wenig gibt es eine theoretische Antwort auf diese resignierte Frage. Man kann höchstens die Gegenfrage stellen: Was suchst du den Lebenden bei den Toten? Gewiß gibt es den Teufelskreis des Bösen, aber die Liebe kann ihn durchbrechen, und sie hat ihn immer wieder durchbrochen. Statt Pilatus eine Antwort auf die Frage „Was ist Wahrheit?“ zu geben, hat Jesus ein praktisches Zeugnis für die Wahrheit, die er in Person ist, gegeben, und zwar ganz konsequent bis zum Äußersten. So hat er gezeigt: Wahrheit ist Liebe, und Liebe ist Wahrheit. Das Böse ist demgegenüber die Unwahrheit, es ist nur für eine gewisse Frist stärker, langfristig aber wird es vergehen. Ja, der Tod selbst ist nichts anderes als der Untergang all dessen, das nicht in der Wahrheit und in der Liebe ist. Wer nur das Böse sieht und die Vergeblichkeit des Guten, der sucht noch bei den Toten.

Wende also deinen Blick, starre nicht wie das Kaninchen auf die Schlange, sondern laß dir sagen, daß alles Böse endlich ist, Gottes Liebe aber unendlich! „Wach auf, du Schläfer, und steh auf von den Toten, und Christus wird dein Licht sein.“ (Eph 5,14) Suche den Lebenden nicht mehr bei den Toten, sondern suche ihn dort, wo der Teufelskreis des Bösen schon durchbrochen wurde! Denn so spricht der Herr: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben.“ (Joh 11,25) – Laßt uns diese freudige Botschaft mit nach Hause nehmen: „O Jesu, all mein Leben bist du, ohne dich nur Tod.“

6. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2005)

Liebe Gemeinde!

Ein weiteres Mal sind wir den Weg durch die Heilige Woche gegangen und haben den Höhepunkt erreicht: Es ist Ostern! Vorbei sind die Tage der Buße, der ernsten Besinnung und des Fastens – jetzt braust die Orgel wieder, Blumen schmücken den Altar und die vielen Lichter künden vom Ostersieg Jesu über den Tod. Dasselbe tun auch die Texte des größten Festes, das die Christenheit kennt, vor allem das Evangelium. Sie sagen alle: „Freut euch! Laßt alle Traurigkeit hinter euch! Denn der Herr liegt nicht mehr tot im Grab, er lebt und stirbt nie wieder!“

So hören wir es jedes Jahr neu. Ja, jeden Sonntag wird es uns verkündet, denn in jeder Sonntagsmesse feiern wir ja den Tod und die Auferstehung Jesu. Diese ist das Fundament unseres Glaubens, ohne sie ist unser Glaube wertlos und die Verkündigung umsonst. So sagt der Apostel Paulus einmal: „Wenn Christus nicht auferweckt worden wäre, dann wäre euer Glaube nutzlos, und ihr wäret immer noch in euren Sünden.“ (1 Kor 15,17)

Es ist offensichtlich, daß das heutige Festgeheimnis wirklich den innersten Kern unseres Glaubens ausmacht. Und dennoch wird es bei weitem nicht von allen Christen so eingeschätzt – von den zahlreichen Neuheiden einmal ganz abgesehen, die nicht einmal mehr wissen, was Ostern eigentlich gefeiert wird. Es ist anscheinend nicht so selbstverständlich, daß die Osterbotschaft in die Herzen der Menschen dringt, sie dringt nicht so leicht durch. Ich frage mich schon seit längerer Zeit, warum das so ist, denn für mich ist das ganz anders. Für mich gibt es nichts Plausibleres als diese geniale Botschaft, nichts Wunderbareres und nichts Erhebenderes. Ich kann mir keine Botschaft vorstellen, die Anlaß zu größerer Freude geben könnte, denn was ist schlimmer und trostloser als der Tod? Doch darum geht es doch gerade: daß der Tod entmachtet ist, seinen Stachel verloren hat; daß Jesus als der Erste von den Toten auferstanden ist, um nun alle, die mit ihm sterben, zum neuen und ewigen Leben heimzuführen!

Was kann es also sein, das uns den Glauben an die Osterbotschaft so schwer macht? Ich will ja nicht behaupten, daß Sie, die Sie hier sitzen, gar nicht an die Auferstehung Jesu glauben. Aber ich weiß, daß viele Christen nicht selten von Zweifeln geplagt werden und denken: „Nach dem Tod ist vielleicht doch alles aus.“ Andere wiederum können keinen Trost und keine Freude aus der Osterbotschaft schöpfen, ihr Herz bleibt trocken oder sogar kalt.

Verstopfte Ohren, verengte Herzen, blockierte Freude! Es ist, als läge der Stein immer noch - oder inzwischen wieder - auf dem Grab Jesu, oder besser auf unserer Seele. Wer nimmt uns diesen Stein vom Herzen? Wie kommt er da überhaupt hin?

Auch dieser Stein braucht Engelskräfte, um versetzt zu werden! Durch reine Willensanstrengung können wir unsere seelischen Blockaden nicht überwinden. Doch wir singen im Osterlied: „Ihm kann kein Siegel, Grab noch Stein, kein Felsen widerstehn; schließt ihn der Unglaub’ selber ein, er wird ihn siegreich sehn!“ Was heißt das? Selbst der Unglaube, der Jesus in die tote Vergangenheit wegschließen will, selbst die Trostlosigkeit einer Seele, die sich am Osterglauben nicht mehr freuen kann, wird durch die Auferstehung Jesu besiegt.

Wie vollzieht sich dieser Sieg? Es ist ein Geheimnis, aber es geschieht immer wieder. Denn weil Jesus lebt und in jeder Zeit gegenwärtig ist, weil er eben auch hier und jetzt gegenwärtig und wirksam ist, darum kann er jeden Felsen, jeden Stein hinwegfegen und jedes Seelengrab öffnen und mit seinem Osterlicht erhellen. Die Feier der Osterliturgie ist mehr als ein bloßes Erinnern an das, was damals – vor langer Zeit – geschehen ist. Das zu denken heißt schon, sich selbst ins Grab zu legen, sich vom lebendigen Gott abzuschließen und abzuschirmen – so als ob Gott nicht die Macht hätte, die Trennung von Raum und Zeit zu überwinden! Aber selbstverständlich hat er diese Macht! Wie gering denken wir eigentlich von Gott, wie ärmlich und erbärmlich?! Wir tun so, als ob die 2000 Jahre, die uns von Jesus von Nazareth trennen, eine mordsgewaltige Bedeutung hätten, und wir denken so, weil wir unsere eigenen 70 oder 80 Lebensjahre auf dieser Erde viel zu wichtig nehmen. Aber diese Jahre sind ein Nichts – verglichen mit der Ewigkeit! Wir selbst sind nur dann nicht nichts, wenn wir dem Ewigen Gott Raum in unserem Leben geben – und sobald wir das tun, bekommt unser Leben Ewigkeitsbedeutung, dann wird es unendlich wichtig und dann wird auch alles, was wir tun oder unterlassen, unendlich wichtig.

Dann verstehen wir auch, daß der Ostersieg, den Jesus errungen hat, sich auch an uns und in uns ereignen muß. Und wann? – Wieder und wieder, vor allem aber JETZT! In dieser Stunde ist Jesus gegenwärtig und klopft – wie es in der Geheimen Offenbarung heißt – an die Türe unseres Herzens, fragt uns, ob er den Stein wegrollen darf. Wer seine Stimme hört und zustimmt, bei dem wird er das Wunder von Ostern erneut vollbringen, er wird eintreten und mit ihm Mahl halten. (Offb 3,20)

Ja, wir können den Ostersieg auch in uns selbst erleben und Gottes lebenspendende Macht erfahren. Dies geschieht vor allem in seinen Sakramenten, in denen er seine Gegenwart schenkt. Gewiß auch durch die Begegnung mit Menschen, deren herzerfrischender Glaube unsere Blockaden löst, und durch unzählige kleine Zeichen, die das Leben transparent machen für den lebendigen Gott. Freilich gibt es auch Hindernisse für die Erfahrung der Liebe Gottes, an erster Stelle die falsche Selbstgenügsamkeit, d.h. der Irrglaube, wir könnten unser Glück finden abseits von der lebendigen Beziehung zu Gott. Dann schaufelt sich die Seele selbst das Grab und läßt zu, daß sich Steine über sie legen, Felsen der Trübsal, Grabplatten der Verzweiflung.

Bitten wir Gott darum, daß er zum diesjährigen Osterfest all diese Blockaden wieder hinwegfegt! Und versprechen wir ihm, zum Dank ihn mit erneuertem Glauben und erfrischter Liebe in unseren Alltag einzubeziehen!

7. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmid (erstellt: 2004)

Liebe Gemeinde!

Was ist das Leben, was für ein Rätsel ist doch der Mensch? Was habe ich auf dieser Erde zu schaffen? Selten, aber dann um so heftiger kann diese Frage aus unserem Inneren herausbrechen, ausgelöst z.B. durch eine schwere Krankheit oder auch durch den Tod eines lieben Menschen. So erging es den Zeugen der Kreuzigung Jesu, vor allem Maria, der Mutter Jesu, Maria von Magdala und dem Apostel Johannes. Maria von Magdala kennen wir aus anderen Berichten des Evangeliums; sie hat Jesu heilende Liebe in besonderer Weise erfahren, und darum hat sie ihn so außerordentlich geliebt. Und darum wollte sie auch so früh zum Grab Jesu, um ihm nahe zu sein, wenigstens seinem Leichnam. Der Sinn ihres Lebens war zusammengebrochen – was bedeutete ihr Leben noch, wo Jesus, den sie über alles geliebt hat, tot war?

Maria Magdalena ist sich selbst zum Rätsel geworden. Wie Schreie brachen die existentiellen Fragen aus ihrer Seele hervor. „Woher komme ich? Warum überhaupt dieses Ich? Warum kein anderer? Wie ist es möglich, daß es mich gibt? Mich, der ich unverwechselbar bin? Wer hat mich gemacht? Warum bin ich in diese Welt hineingeworfen? Warum ist alles vergänglich? Wieso sterben die Menschen, die wir doch so lieben, ohne die ein Stück unseres eigenen Lebens fehlt?“

Es ist heute so schwer, solche Fragen ernsthaft zu stellen, weil wir es gewohnt sind, alles locker und leicht zu nehmen, gerade auch die Beziehung zum anderen Menschen, gerade auch die Liebe. Wenn ich alles nur locker nehme, dann ist alles gleichgültig, es geht mich nichts an. So wird oft gesagt: Was nach dem Tod kommt, das weiß keiner. Der eine sagt: Nach dem Tod kommt gar nichts mehr, und der nächste: Die Seele lebt irgendwie weiter; und andere meinen, sie inkarniert sich in Pflanzen, Tieren oder sonstwie. Wieder andere sagen, die Seele kommt in den Himmel, aber was das heißt, weiß ich auch nicht.

Doch diese Frage ist eben keineswegs gleichgültig. Sie muß gestellt werden, und zwar immer, jetzt, nicht erst, wenn ich alt bin und vielleicht dem Tod schon näher ins Auge sehe. Ich muß sie schon als junger Mensch stellen. Als ich 17 Jahre alt war, da war das die wichtigste Frage meines Lebens, und ich habe gesucht und gesucht, diese Frage zu beantworten. Das Wichtigste überhaupt war, die Antwort zu finden. Die Frage muß brennen, sie muß weh tun, sie muß mich unruhig machen, so wie sie die Menschheit seit Bestehen unruhig gemacht hat. „Wozu dieses Ich, wenn es doch so jämmerlich stirbt?“ Alles wird absurd, wenn es auf diese Frage keine Antwort gibt. Was bleibt, wenn ich dieser Absurdität ins Auge sehe, das ist der blanke Egoismus – wie Paulus schreibt: „Wenn Christus nicht auferstanden ist, dann laßt uns essen und trinken, denn morgen sind wir tot.“ Der Egoismus schlägt oft in Grausamkeit um – das zeigt uns die Geschichte über die Jahrhunderte, das erfahren wir beinahe tagtäglich in den Nachrichten. Wenn man überhaupt nichts mehr für sinnvoll hält, erst recht seine eigene Existenz nicht, dann kann man auch auf alles einschlagen.

Wenn der Tod das Leben endgültig beendet, dann bestimmt der Erfolg, was Wahrheit ist, dann gilt das Recht des Stärkeren, dann gibt es nur die mitleidlose Ellenbogengesellschaft, deren Härte wir zunehmend beklagen. Dann leben wir in einer Welt, in der jeder vor dem anderen Angst haben muß, davor, daß er vielleicht stärker ist als ich und mich übermächtigt. Dann leben wir in einer Welt des Unfriedens, des Kriegs und des Terrors, kurz, dann leben wir in einer Kultur des Todes, wie der Papst schon seit Jahren sagt.

Allein, wer will das denn? Wir wollen doch in einer Zivilisation der Liebe leben, und darum ist es so wichtig, daß wir auf die Frage „Was kommt nach dem Tod?“ eine Antwort haben und daß diese Antwort auch unsere Vernunft beruhigt. Es wird oft gesagt: „Es ist ja noch keiner wiedergekommen – wie sollen wir es dann wissen?“ Aber gerade das stimmt nicht, denn es ist einer wiedergekommen, und das feiern wir heute an Ostern. Ein Einziger freilich nur, sonst ist noch keiner wiedergekommen, aber dieser Jesus von Nazareth, der auf so schmähliche Weise umgebracht wurde, der drei Tage im Grab lag – er ist auferstanden. Das ist die große Überraschung. Keiner hätte sich das ausdenken können, dieses Ereignis war unberechenbar. Obwohl Jesus es ja selbst angekündigt hat, konnte es ihm keiner glauben, denn es übersteigt schlechterdings die Erfahrung des Menschen. Und doch ist das Unglaubliche passiert. Der schwere Stein war kein Hindernis, er war plötzlich weggerollt, wer weiß wie, und der Tote lag nicht mehr im Grab. Das leere Grab für sich allein ist natürlich kein voller Beweis. Immerhin - Johannes, der Jünger, den Jesus besonders liebte, sah das leere Grab und das zusammengebundene Schweißtuch und glaubte. Und in den folgenden Tagen ereignete sich dann der endgültige Beweis: Der Auferstandene erschien seinen Jüngern, die um ihn getrauert haben, und nicht einmal, sondern mehrfach, nicht nur einer Person, sondern mehreren. Er ließ sich von seinen Freunden wiedererkennen, er zeigte seine Wundmale. Er ist derselbe, und doch ist er anders, er ist irgendwie überirdisch, er läßt sich nicht festhalten, er ist plötzlich weg, und dann taucht er wieder auf. Eben das, was wir Verklärung nennen, ist an ihm geschehen. Er ist schon nicht mehr in dieser Welt, er erscheint nur noch, um uns zu zeigen, daß das, wovon er gesprochen hat, wahr ist, daß er beim Vater in der ewigen Wohnung ist, die er auch für uns bereitet hat.

Es kann keine Halluzination gewesen sein, weil es so viele waren und weil es an so vielen Orten geschehen ist, und weil es nicht vorausgewußt werden konnte, ja nicht einmal für möglich gehalten wurde. Etwa die traurigen Emmausjünger, die glauben, daß alles aus ist, sie sehen ihn plötzlich wieder. Unerwartet, unglaublich, wunderbar. Es ist auch keine erdachte Geschichte oder Lüge, denn sonst wären die Zeugen sicher nicht bei ihrem Wort geblieben, wurden sie doch bedrängt zu widerrufen, unter Druck gesetzt, mit Haft, ja mit dem Tod bedroht. Sie hielten Stand, und sie sind alle für dieses Zeugnis in den Tod gegangen, ausnahmslos. Am erstaunlichsten war die Bekehrung des Paulus, der die Christen gehaßt und verfolgt hat, doch plötzlich seine Leben änderte, weil ihm Jesus erschienen war.

Und so, wie Paulus sein Leben geändert hat, weil das Osterereignis ihm als wahr aufgeschienen ist, müssen auch wir unser Leben in diesem neuen Licht sehen und es ändern. Alles ist neu und anders geworden durch die Auferstehung Jesu!

Unser Leben bekommt eine neue Tiefe und neuen Ernst. Das Gebot der Liebe, von dem Christus immer wieder spricht, gewinnt Kontur. Lieben heißt: sein Leben hingeben für die anderen, den Egoismus überwinden, in das Opfer Christi eintreten und von ihm ewiges Leben empfangen. „Aufbruch und Befreiung“ ist das Motto, das wir über die österliche Zeit gestellt haben. Es mahnt uns, unser eigenes Leben mit neuem Ernst anzusehen und zu bewerten, es nicht zu locker und zu leicht zu nehmen.

Denn das, was wir nach dem Tod erwarten, ist nur die Besiegelung dessen, was wir hier in diesem Leben tun. Die Liebe macht unseren Blick rein, während der Egoismus ihn trübt und alles in verzerrtem Licht darstellt. Die Liebe fördert die Gemeinschaft, und der Egoismus führt uns in die Einsamkeit, und die letzte Einsamkeit ist eben dann erreicht, wenn ich keine Gemeinschaft mit anderen mehr habe. Dann ist die Hölle erreicht: dort sehe ich nur noch mich selbst und „freue“ mich, daß ich nun meinen Willen ganz alleine durchsetzen kann. Aber es gibt dann keinen anderen mehr, mit dem ich diese zweifelhafte Freude teilen kann. Ganz das Gegenteil die Liebe: Klarheit und Strahlen, sie verbündet sich mit allen Menschen, wenn sie an ihr Ziel gekommen ist, und kennt keine Konkurrenz und keine Angst vor dem Anderen.

Durch die Auferstehung Jesu sind wir befreit aus der Sklaverei der Sünde, aus dem Gefängnis unserer Angst. Jesus hat uns herausgeholt aus unserer Selbstsucht. Wir sind frei, für die Liebe zu leben und in ihr zu wachsen, und wir sind frei, wieder zurückzugehen in das egoistische Leben, wenn wir wollen. Durch Jesus Christus haben wir die Kraft, aus der Macht des Bösen zu entkommen und als freie Menschen zu leben. Es lohnt sich, gegen die Neigung des Bösen zu kämpfen, sie ist kein Schicksal. Wir können am heutigen Osterfest den Sieg Christi über das Böse feiern und den ewigen Lohn für unsere dankbare Liebe erwarten.

8. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder, wenn ich in der Schule oder bei anderen Gelegenheiten davon spreche, dass Ostern das höchste Fest der Kirche ist, dann ernte ich oft nur Erstaunen oder Kopfschütteln. Für die allermeisten ist nicht Ostern, sondern Weihnachten das Fest aller Feste.

Das mag vielleicht mit Nebensächlichkeiten und Zufälligkeiten zu tun haben: Weihnachten ist ein Familienfest - schon allein deshalb, weil es früher keine Zentralheizung gab und die Menschen sich in der kalten Weihnachtsnacht eng um den heimischen Kamin versammelten.
Weihnachten ist überhaupt viel romantischer - mit dem ganzen Kerzenschein und Lebkuchengeruch zuhause. Und anstatt mühevoll Ostereier zu suchen, wissen wir genau, wo die Geschenke liegen. Wir brauchen sie nur auspacken.
Vielleicht ist es auch das, was den Kindern Weihnachten so toll erscheinen lässt: Dass es Geschenke gibt. Auf Ostern gibt es allerhöchstens einen Osterhasen aus Schokolade und ein paar Überraschungseier.

Aber es gibt noch tiefer Gründe, warum uns das Weihnachtsfest sehr viel näher erscheint als Ostern. An Weihnachten wird Gott Mensch; ein Kind ist uns geschenkt - das können wir uns gut vorstellen. Allein schon unsere Krippendarstellungen zeigen, das wir das Weihnachtsgeheimnis gut ausschmücken können.
An Ostern wird ein Mensch zum Gott - das können wir uns nur schwer vorstellen. Es gibt wohl deshalb auch keine Osterkrippen. Allerhöchstens das leere Grab können wir darstellen - beim Auferstandenen fällt es uns schon schwer.

"Machs wie Gott: Werde Mensch!" - das können wir uns vorstellen. Da können wir auch begreifen, was das mit unserem Alltag zu tun hat: So werden, wir Jesus als Mensch es uns vorgelebt hat.
Aber was sollen wir mit dem Ostergedanken anfangen? Gut - die Hoffnung auf die Auferstehung irgendwann einmal, das ist nicht unwichtig. Aber jetzt - in meinem Alltag? Ich kann nicht wie Jesus durch Türe und Wände gehen. Was soll ich mir also den Auferstandenen als Vorbild nehmen?

Insgesamt ist uns das Weihnachtsfest lieber; die Geburt ist ein schönes Fest für die ganze Familie. Zu Ostern gehört ja auch der Karfreitag - und das erinnert uns keineswegs an schöne Momente in unserem Leben.

Liebe Schwestern und Brüder, es ist eindeutig: Was die Nähe des Festes zu unserem Leben und unseren Lebenserfahrungen angeht, siegt Weihnachten um Längen vor Ostern. Ostern ist einfach zu weit weg: In der fernen Zukunft, im Jenseits, in einem anderen Leben.

Liebe Schwestern und Brüder: Wenn die Kirche trotzdem Wert darauf legt, das Ostern mit Abstand der Vorrang vor allen anderen Festen des Jahres erhält, dann vermutlich deshalb, weil unser Glaube nicht nur unserem Alltag einen neuen Anstrich geben möchte - sondern uns in einen anderen Alltag hineinruft.

Gott ist ein Gott, der uns herausruft. Er will nicht nur ein Zusatz zu unserem Leben sein - so ähnlich wie eine Zusatz-Diät, die man zusätzlich zwischen den üblichen Mahlzeiten ißt. Er ist kein Geschmacksverstärker, sondern jemand, der uns auffordert, unsere bisherigen Erfahrungen hinter sich zu lassen und herauszukommen aus unseren engen Lebensgrenzen.

"Komm heraus, Lazarus!" - Das ruft er uns zu.

"Folge mir nach!" fordert er uns auf.

"Sei nicht ungläubig, sondern gläubig!" sagt er und erwartet, dass wir bereit sind, ganz neue Erfahrungen zu machen.

Neue Erfahrungen, österliche Erfahrungen. Die Erfahrung, das Jesus lebt und mir zur Seite steht, kann ich nur machen, wenn ich mich auf neues Territorium wage: Anderen verzeihe, wo keiner mehr damit gerechnet hat. Zugebe, dass ich verbohrt gewesen bin. Öffentlich im engsten Freundeskreis von meiner Liebe zu Gott spreche. Auf Menschen zugehe, die in ihren eigenen Sorgen zu ertrinken drohen. Und dabei darauf vertraue: Jesus lebt! Er steht mir zur Seite!

Liebe Schwestern und Brüder: Weihnachten knüpft an den Erfahrungen an, die ich und jedermann schon gemacht hat. Gott wird ein Teil der Welt, die mir vertraut ist.

Ostern knüpft nicht an alten Erfahrungen an. Ostern ermöglicht mir neue: Die Erfahrungen einer neuen Welt; die Erfahrung, das Gott Wunder wirken wird - in meinem Leben. Die Erfahrung, dass ich zu mehr berufen bin, als nur "Mensch zu werden".

Seit Ostern heißt es eben nicht mehr: "Mach's wie Gott, werde Mensch!"

Seit Ostern heißt es: "Komm heraus, Lazarus!"

«Komm heraus, alter Mensch, und lass Dich verwandeln. Gott hat Göttliches mit Dir vor - nicht nur Menschliches. Dafür bist Du ihm viel zu lieb.»

Amen.

9. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder, in unserer Kirche gibt es viel zu sehen. Überall stehen Figuren herum, hängen Bilder oder werden Gegenstände aufbewahrt, die wir für unsere Gottesdienste gebrauchen. Und zu jeder Figur und zu jedem Gegenstand könnte man Geschichten erzählen.

Da vorne, zum Beispiel, die heilige Apollonia. Die hat deswegen eine Zange in der Hand, weil sie die Patronin der Zahnärzte ist. Wissen sie warum? Nein? Das erzähle ich Ihnen ein andermal.

Alles will uns an etwas erinnern, hat eine Bedeutung und einen Sinn. So ist es auch mit den Gottesdiensten: gerade in der Osternacht quillt der Gottesdienst nur so über von Zeichen und Symbolen und Symbolhandlung. Am Gründonnerstag, am Karfreitag und an vielen anderen Festen finden sich Gottesdienstelemente, die einen uralten Sinn enthalten. Oder wissen Sie, warum wir an Fronleichnam gerade vier Segensaltäre haben? Nein? Das erzähle ich Ihnen dann ein andermal.

Das ist typisch katholisch: Wir schwimmen in Zeichen und wissen manchmal gar nicht mehr, wofür sie gut sind und was sie bedeuten. Aber wir spüren etwas von einem tieferen Sinn; wir ahnen, dass sich hinter allem etwas von einem großen Geheimnis verbirgt. Sehen tun wir allerdings immer nur das äußere Zeichen.

Das kann manchmal hinderlich sein. Dann sind wir so sehr mit den Zeichen beschäftigt, dass wir gar nicht mehr dazu kommen, darüber nachzudenken, was sie bedeuten. Ines wird sich zum Beispiel bei Ausgießen des Weihwassers auf den Schulhof eher gefragt haben, wann es soweit ist; und weniger, wofür das gut ist. Wofür das gut ist, erzähle ich Ihnen ein andermal.

Aber auch wenn Zeichen manchmal den Blick versperren können, gilt doch: Ohne diese Bilder und Figuren, den Zeichen und Symbolen könnten wir gar nicht vermitteln, was wir glauben. Dass Jesus auferstanden ist, ist eine Wahrheit. Aber erfahrbar, lebendig wird sie erst, wenn wir es mit Leib und Seele erfahren.
Jesus ist schon seit mindesten 1968 Jahren auferstanden, und dass er auferstanden ist, gilt am kommenden Freitag genauso wie am Samstag vor Weihnachten. Aber erfahrbar wird das erst, wenn wir uns einen Zeitpunkt setzen. Wir können nicht das ganze Jahr an den Tod, die Auferstehung, die Geburt und die Himmelfahrt gleichzeitig denken. Wir brauchen Tage, heilige Zeiten und Riten, damit wir alles das begreifen.

Wir Menschen sind beschränkt! Wir sind so beschränkt, dass wir auf Dinge in Zeit und Raum angewiesen sind, um Erfahrungen zu machen und um uns auszudrücken. Ja, wenn wir nicht mehr in der Lage sind, einem anderen Menschen unsere Liebe auszudrücken und sie ihm mitzuteilen (und sei es nur mit Blicken oder Seufzen), dann stellt sich die Frage, ob wir uns dann überhaupt noch lieben können. Aber darüber erzähle ich Ihnen ein anderes Mal mehr.

Was hat das nun alles mit Ostern zu tun? An Ostern, liebe Schwestern und Brüder, geschieht etwas ganz Seltsames. Jesus ist Mensch geworden, damit wir ihn erfahren und unsere Liebe zu ihm ausdrücken können. Er hat sich klein gemacht und sich mit unserer Beschränktheit begnügt. Er ist, uns zuliebe, Mensch geworden, weil wir ihm - ohne seine Anwesenheit in Raum und Zeit - nicht mit Liebe hätten antworten können. Aber dann, nach seinem tiefsten Punkt, in der er die ganze Beschränktheit unseres Lebens durchgemacht hat bis zum Tod am Kreuz, fährt er nicht strahlend und jauchzend in seiner Göttlichkeit aus seiner irdischen Hülle und freut sich daran wieder Gott sein zu dürfen. Nein, er behält seinen Körper. Er behält seine Beschränktheit. Er behält die Angewiesenheit auf Zeichen, Zeit und Raum. Können sie das verstehen?

Jesus, Gottes Sohn und dem Vater gleich in Allmacht und Göttlichkeit, behält unseren irdischen Leib, mit all den vielen Gelenken und Knochen und Organen. Er behält das menschliche Gesicht, ja, er behält sogar die Wunden, die ihm zugefügt sind. Er freut sich darüber, auch weiterhin in Zeichen und Symbolen anwesend zu sein. Er kann sich zeigen und sich verbergen. Er kann erscheinen und reden, lächeln und sagen: "Ich liebe dich".

Jeder Platoniker (das sind die Anhänger der Philosophie Platons) würde die Hände über den Kopf zusammenschlagen: Für sie ist der Leib das Grab der Seele. Es gibt nichts schöneres, als den Tod, wenn die Seele endlich den Leib verlassen kann und zur vollkommenen Freiheit aufsteigt. Gott und ein Leib? Lächerlich. Deshalb hat auch Sokrates einen Hahn opfern lassen, als er starb. Das war das Opfer, das der Sklave darbrachte, wenn man ihm die Freiheit schenkte. Davon erzähle ich ein andermal noch mehr.

Aber bei Jesus ist das anders. Er freut sich an unserer Ausdrucksfähigkeit; er freut sich an seinem Leib - über seinen Tod hinaus. Nur ein wenig hat sich der Leib verändert: Er ist jetzt vollkommener Ausdruck der Seele. Er begrenzt die Seele nicht mehr, sondern dient ihr.

Liebe Schwestern und Brüder: Das ist Ostern, das ist Auferstehung: Ganz und gar zum Ausdruck der Liebe zu werden. Unseren Körper nicht um des Körpers willen pflegen, keine Schönheitskult um der Schönheit willen pflegen, keinen Jugendkult um der Jugend willen. Auferstehung heißt: Ab jetzt dient alles der Liebe. Alles ist Ausdruck und Mitteilung, alles, sogar die Wunden und das Leid, sind Zeichen der Liebe.

Wenn wir das versuchen zu leben, beginnt Ostern heute schon, bei Ihnen zu Hause oder hier in der Kirche; um 5.00 Uhr morgens oder um 3.00 Uhr nachmittags. Auferstehung ist möglich. Amen.

10. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Haben sie eigentlich schon ihren Urlaub geplant? Und - wo geht es dieses Jahr hin?
Ein Wunsch der meisten Menschen ist es, wenigstens für eine gewisse Zeit alles hinter sich zu lassen. Einfach weg, an nichts mehr denken, was mit Alltag zu tun hat. Raus aus dem alten Leben, vielleicht nur auf dem eigenen Balkon oder im Wintergarten, vielleicht nach Mallorca, am besten aber in die Südsee, weißer Strand und nicht mehr an Halverde denken. Das Paradies.

Sie werden sich vielleicht fragen, was dieser Wunsch mit unserer Osterfeier zu tun hat. Nun, die meisten Menschen stellen sich so - oder so ähnlich - das Leben nach dem Tode vor. Alles hinter sich lassen - an nichts mehr denken, was früher war, alles vergessen - vor allem auch die eigenen Unzulänglichkeiten. Aber auch die Unzulänglichkeiten anderer, die Unzulänglichkeiten unseres alltäglichen Lebens. Alles ist weg. Das Paradies.

In der alten Mythologie - vor allem der Ägypter - mussten dementsprechend die Verstorbenen über den Fluss des Vergessens schreiten. Was sie auf der anderen Seite erwartete, hatte nichts mehr mit ihrem eigenen Leben zu tun. Den Fluss des Vergessens überschreiten - auf unseren Flug in die Südsee vielleicht mit der Zollschranke zu vergleichen - und ein neues Leben beginnen. Das Paradies.

Da macht aber das Ostereignis, die Auferstehung Jesu also, einen dicken Strich durch die Rechnung. Christus verlässt nämlich nicht diese Welt, froh, endlich alles hinter sich zu haben und in der Hoffnung, alles zu vergessen, was ihm hier passiert ist. Sondern in Christi Auferstehung wird eine ganz besondere, christliche Sicht des Lebens und des Lebens nach dem Tode deutlich: Er kennt seine Jünger wieder, er begrüßt Maria Magdalena, er zeigt Thomas seine Wunden, er ißt mit den Aposteln und sogar mit Petrus, der ihn verleugnet hatte.

Die Vorstellung, klar trennen zu können zwischen dem hier und jetzt und dem dereinst, hat sich zerschlagen mit dem Ereignis der Weltgeschichte: Mit der Auferstehung Jesu. Denn mit dem neuen Leben, das er in der Osternacht begonnen hat, knüpft er an sein früheres Leben an. Er hat keinen vollkommen neuen Leib, sondern einen gewandelten. Die Wunden sind noch vorhanden, man kann ihn noch erkennen.

Und somit hat auch für uns das neue Leben, das ewige Leben seine scharfe Grenze verloren. Für uns hat schon die Zukunft begonnen. Wir sitzen auf dieser Erde eben nicht mehr wie in einer riesigen Wartehalle und drehen Däumchen, bis endlich unser Flug aufgerufen wird. Für die, die an Christus glauben und die Auferstehung ernst nehmen, hat - sozusagen - der Urlaub - die Südseeinsel - schon begonnen, aber das, ohne Vergessen und radikaler Neubeginn, sondern mitten in unserem jetzigen Leben. Das ewige Leben gewinnen wir nicht erst im Tode, sondern in dem Augenblick, in dem wir uns zum Leben mit Christus entschließen.

Christi Auferstehung, in der die Brücke geschlagen wird von unserem Leben zum ewigen Leben, sodass die Zukunft schon heute beginnt, ist ein erlösendes, freudiges Geschehen - trotz des Ernstes, der damit unserem Tun verliehen wird. Die Tatsache der Auferstehung wertet nämlich unser ganzes irdischen Leben enorm auf. Alles, was wir hier sind, was wir hier tun und was wir haben, hat seinen Platz bei uns und bei Gott. Nicht nur hier, sondern auch nach unserem Tode. Nichts ist umsonst, nichts vergeblich: Unser jetziges Leben ist nicht nur das Vorspiel, sondern der Beginn der Ewigkeit.

Bei Gott werden wir uns erinnern, wir werden uns erkennen. Wir werden verstehen, was wir hier füreinander getan haben, wir werden entdecken, was wir für andere gewesen sind und was andere für uns waren. Die Schleier, die jetzt noch vor unseren Augen liegen und die es uns oft schwer machen, zu entdecken, wie viel Güte und Liebe in einer Handlung oder in einer anderen Person uns tatsächlich entgegengebracht wird, werden dann verschwunden sein.

Es mag für einige Menschen eine Enttäuschung sein - dass es diesen Fluss des Vergessens nicht gibt. Und auch keine Zollschranke, hinter der alles zurückbleibt. Das, was wir hier in unserem Leben tun, ist von Bedeutung, hat Bestand und Dauer.

Für einige mag das erschreckend sein, denn unser Leben, unser Tun und Lassen hier gewinnt dadurch einen größeren Ernst, einen sehr viel größeren Ernst. Es ist nun nicht mehr egal, was wir tun, weil eben nicht alles am Ende unseres irdischen Lebens einfach zurückgelassen wird.

Die christliche Botschaft von der Auferstehung verleiht unserem Leben einen Ernst, der einigen unbequem erscheinen mag. Denn wir tragen eine Verantwortung für das, was wir sein werden. Und so schreibt Paulus auch die heute wenig angenehmen Worte: «Müht Euch mit Furcht und Zittern um Euer Heil!»

Ganz schön heavy, dieser Paulus. Das Ganze klingt dann aber schon weniger hart, wenn wir Paulus auch im Ganzen zu Wort kommen lassen. Denn dort heißt es im Zusammenhang: «Müht Euch mit Furcht und Zittern um Euer Heil! Denn Gott ist es, der in Euch das Wollen und das Vollbringen bewirkt, noch über euren guten Willen hinaus!»

Das ist die eigentliche Botschaft der Osternacht: Nicht wir sind die Bezwinger und Überwinder des Bösen und Schlechten in unserem Leben, nicht wir sind die, die gegen den Tod und alles Tödliche in unseren Handlungen ankämpfen müssen, sondern Christus ist es, der für uns überwunden hat, was uns bedroht. Wir sind seine Mitarbeiter, wir sind eben nicht auf uns allein gestellt.

Im späteren Leben wird alles das aufleuchten, was wir an guten Werken, Gedanken und an Gefühlen für andere investiert haben - aber Gott ist es, der uns dabei führt, stärkt und leitet.

Wenn sie Urlaub machen, denken sie daran: Das Schöne ist nicht, dass wir alles vergessen und hinter uns lassen. Das Schöne ist, dass wir das Gute und Wertvolle mitnehmen.

Amen.

11. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder,

eine radikal biblische Gruppe, schon fast eine Sekte, in Amerika, hat vor einigen Jahren eine Million Dollar als Preisgeld ausgesetzt für den, der beweisen kann, dass wir den Sonntag als heiligen Tag feiern sollen - und nicht den Sabbat, wie es noch in den 10 Geboten heißt.

Das Preisgeld steht immer noch aus, denn der Beweis sollte aufgrund der biblischen Texte geschehen - und das ist nicht möglich. Denn der Sonntag als Tag des Herrn hat sich erst in den späteren Jahrhunderten entfaltet.

Die ersten Christen haben noch den Sabbat gehalten, den letzten Tag der Woche, zu Ehren der Schöpfung und zu Ehren des Schöpfers, der an diesem Tag ruhte. Immer mehr wurde auch der darauf folgende Tag, der erste Tag der Woche, zu einem Gedenktag. Weil an diesem Tag die Auferstehung durch die Frauen am Grab entdeckt wurde, feierten die Christen der nächsten Jahrhunderte den ersten Tag der Woche als Tag des Herrn.

Bei uns heißt dieser Tag zwar "Sonntag" - zu Ehren des heidnischen Sonnengottes - aber in den romanischen Sprachen ist der Sinn des Tages auch noch im Namen enthalten: «Domenica» (im italienischen) oder «Dimanche» (im französischen): «Tag des Herrn».

Bis zum Anfang der siebziger Jahre begann auch im weltlichen Kalender die Woche mit dem Sonntag. Erst 1972 wurde - per Gesetz - der Sonntag zum letzten Tag der Woche und damit zum Bestandteil des Wochenendes. Aber das ist nicht wirklich christlich.

Denn mit dem siebten und letzten Tag der Woche findet die Schöpfung ihren Abschluss. Gott ruht. Dann, am 8. Tag geschieht etwas, das einen neuen Anfang setzt: Eine neue Schöpfung wird aus der Taufe gehoben. Mit der Auferstehung Jesu entsteht eine neue Welt! Auferstehung ist nicht das «Happy End», Abspann und dann Schluss. Auferstehung ist der Paukenschlag, wie eine Overtüre zu einem neuen Akt.

Mit der Auferstehung Jesu wurde eine neue Welt, die himmlische Welt, in unserer eher düsteren, vielleicht sogar höllischen Erde aufgetan. So, wie der Vorhang im Tempel mitten entzwei riss, so war jetzt ein Tür geöffnet. Wir waren nicht mehr in einer in sich abgeschlossenen Welt, getrennt von Gott und seiner Gnade, sondern uns wurde ein neues Leben geschenkt. In der Taufe, in der wir alle auf den Tod und die Auferstehung Jesu getauft wurden, wurden wir Bürger einer ganz anderen Welt.
Dort gibt es Wunder, Heilungen, Auferstehung. Verzeihung und Vergebung; übermenschliche Kraft und Selbstlosigkeit; Liebe, die nicht endete, auch nicht, wenn sie enttäuscht wurde. In dieser neuen Welt gibt es Gnade, die wir nicht kaufen oder erarbeiten können, sondern die uns geschenkt wird; einfach so. Eine andere Welt hat sich aufgetan, und deren Eröffnung war die Auferstehung am ersten Tag der Woche.

Liebe Schwestern und Brüder, das mag zunächst nur eine Nebensächlichkeit sein. Aber wenn 1972 schon der bürokratische Aufwand getrieben wurde, sämtliche Abrechnungen und Kalender umzustellen, dann war das schon ein enormer Aufwand. Warum?
Weil diese Welt sich zunehmend in sich abgeschlossen erfahren hat. Uns ist der Himmel abhanden gekommen, wir rechnen nicht mehr mit Wundern, Heilungen, übermenschlichen Kräften und Selbstlosigkeiten. Bei uns hört die Welt hier (oberhalb des Kopfes) auf. Wir vertrauen nicht mehr auf die Fürsprache der Heiligen, kennen unsere Namenspatrone nicht mehr, beten nicht mehr zu unseren Schutzengeln. Wir vertrauen nicht mehr darauf, dass uns lebenswichtige Gnade in den Sakramenten zuteil wird; wir vertrauen überhaupt nicht mehr auf Gottes Wirken - es sei denn, wir können sowieso nichts mehr anderes als beten.

Liebe Schwestern und Brüder, seit wir den Sonntag zum letzten Tag der Woche gemacht haben, haben wir die Tür zur neuen Welt, die uns eröffnet wurde, sofort wieder geschlossen. Der Sonntag schließt die Woche ab. Schluss ist, Feierabend. Dahinter kommt nichts mehr; und wenn wir Gottesdienst feiern, dann nur, um zu all unserem Tun auch noch Gott um seinen nachträglich Segen zu bitten. Damit die Woche auch wirklich einen Deckel bekommt.
Eine solche Welt ist klein, eng und spießig. Alles ist überschaubar und beruhigend, Gott ist nur ein Störfaktor, der allerhöchsten am Schluss vorkommen darf.

Dagegen sieht die eigentlich christliche Sicht anders aus: Der Sonntag, der Tag des Herrn, eröffnet die Woche; denn uns ist neues Leben gegeben. Wir beginnen mit Gott, denn er ist es, der uns Leben schenkt. Und mit seinem Segen können wir erst unser Tun beginnen.
Gott hat uns neues Leben geschenkt, wir leben nicht mehr für diese Welt - wir leben nur noch in dieser Welt; über uns aber weitet sich der Raum und ragt in den Himmel. Wir sind umgeben von Engeln, die uns auf unseren Weg begleiten. Die Heiligen stehen uns zur Seite; Gott gibt Kraft zu unserem Tun.

Der Stein ist weggerollt, der Engel sitzt darauf: Die Materie ist nicht mehr maßgebend; es gilt nicht mehr, was wir haben, was wir besitzen oder wieviel wir wert sind - es gilt nur noch, wer wir sind. Die letzten sind plötzlich die ersten; die kleinsten sind jetzt die größten. Wer verachtet war, weil er nichts hermachte, ist Gottes geliebtes Kind und selig und heilig.

Liebe Schwestern und Brüder, mehr als ein Abschluss des Vergangenen ist der Sonntag eine Öffnung für die Zukunft. Es wird Morgen, ein neuer Tag, eine neue Woche und ein neues Leben beginnt. Lassen Sie sich anstecken und ergreifen von österlichen Geschehen: Eine neue Welt tut sich auf, der Himmel ist mitten unter uns!

Amen.

12. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder,

Auferstehung - das ist ein Wort, das bei uns eine vielfältige Bedeutung hat. Jemand, der vollkommen am Boden gewesen ist - und nun wieder neuen Mut erfährt; jemand, der schwer krank, vielleicht sogar todkrank war - und dann doch wieder neue Kraft gewinnt und gesund wird; jemand, der durch einen Unfall nur haarscharf am Tode vorbei gekommen ist - der sein Leben als noch einmal geschenkt begreift - all diese Menschen können von einer «Auferstehungserfahrung» reden.
Noch vielmehr Beispiele lassen sich finden, Erfahrungen, die Menschen in Not, im Krieg oder in psychischen Extremsituationen gemacht haben; und die in eine «Auferstehung» münden.

Es tut gut, von solchen Erlebnissen zu erzählen. Es ist wichtig, da auch in Ruhe hinzuhören. Aber solcher Vorgeschmack, ein solches Bild für die Auferstehung - ist noch nicht die Auferstehung selbst.

Alle unsere Erfahrungen von neugewonnenen Mut oder neu geschenktem Leben sind eher vergleichbar mit der Erweckung des Lazarus. Ihm wird noch einmal sein irdisches Leben zurückgegeben. Aber die Auferstehung Jesu - und damit auch unser eigenes Schicksal - ist anders: Wir erstehen nicht mehr zu diesem Leben. Wir bekommen keine zweite Chance, denn das würde bedeuten, dass wir die dann auch wieder vermasseln können.

Nein, unser Ostern wird anders sein. Größer, herrlicher - aber vor allem anders.

Liebe Schwestern und Brüder, damit sag ich Ihnen nichts Neues. In meiner Jugendzeit habe ich viele Predigten gehört, die genau diese zum Thema hatten: Wie anders doch unsere Auferstehung sein wird. Wie unbegreiflich das Leben ist, das uns nach unserem Tod geschenkt wird. Sooft habe ich das gehört, dass dieses zukünftige Leben nichts mehr mit meinem jetzigen Alltag zu tun hatte. Und irgendwie habe ich mich auf dieses ganz Andere nicht so richtig freuen können.

Wir erliegen oft der Gefahr, uns alles viel zu plastisch und zu einfach vorzustellen. Der Himmel als ein großer Thronsaal, der liebe Gott als alter Mann mit weißem Bart, der Heilige Geist als weiße Taube und so weiter. Und wenn wir glauben, innerlich erwachsen zu werden, dann machen wir uns frei von diesen Bildern. Wir wissen, dass das alles gar nicht so ist - und rücken dann alles so weit weg, dass nichts mehr bleibt, was wir kennen. Gott - der ganz andere. Der Himmel - unvorstellbar. Der Heilige Geist - ein unbekanntes Wesen außerhalb jeder Dimension. Nichts mehr für meinen Alltag. Nichts mehr für mein Beten und Glauben. Und trotzdem sind wir überzeugt, so Gott eher gerecht zu werden.

Da ist es ganz erstaunlich, dass die Kirche in ihrem Glauben an ganz konkreten Überzeugungen festhält, einen schon fast kindlichen Glauben bewahrt: Wir werden auferstehen - mit unserem Leib. Nichts anderes beten wir regelmäßig im Glaubensbekenntnis, Sonntag für Sonntag: Ich glaube an «die Auferstehung des Fleisches» - so heißt es zumindest im Original. Wir werden uns im Himmel wieder erkennen!. Wir werden unser Leben hier auf Erden nicht vergessen, und die Spuren unseres jetzigen Lebens werden nicht ausgelöscht sein!

Wir werden auferstehen in unserem Leib. Das hat was mit meinem Leben zu tun! Nicht irgendwelche Astralkörper, Energieblitze oder Geister werden wir sein, sondern erlöste Menschen mit Leib und mit Seele.
Die Evangelien legen viel Wert darauf, dass Jesus nach seiner Auferstehung mit den Jüngern gegessen hat. Dass Thomas seine Wunden sehen und berühren konnte. Jesus war sogar so menschlich, dass die Jünger oder auch Maria von Magdala ihn zunächst für einen ganz normalen Menschen, zum Beispiel für einen Gärtner gehalten hatten.

Der Himmel wird nicht nur einfach anders sein. Er wird sehr viel mit unserem Leben hier zu tun haben. Dafür gibt es in unserem Leben einfach zu viel Himmlisches. Gott hat diese Welt als sehr gute Welt geschaffen, nicht als Einweg-Erde und Wegwerf-Welt, als Transitland zum Himmel. Alles Gute unseres Lebens hat Bestand. Und wenn wir als Menschen mit unserer Leiblichkeit nicht gut sind, wenn unsere Körper nicht erhaltenswert sind, dann weiß ich nicht, was gut noch bedeuten soll.

Wieviel Liebe, Zärtlichkeit, Aufmerksamkeit und Zuwendung können wir vor allem durch unseren Körper ausdrücken! Wie begrenzt ist doch unsere rein geistige Beschreibung von Zuneigung - verglichen mit einem einzigen, liebevollen Blick! Und so etwas Geniales wie unser Körper soll einfach vergehen? Das ist nicht unser Glaube!

Das bedeutet natürlich auch, dass wir mit unserem Leib sorgsam umgehen sollten. Das wir uns selbst nicht missbrauchen dürfen; dass es gilt, unserem Körper viel Ehrfurcht gegenüber zu haben. Aber auch mit dem, was unser Körper auszudrücken vermag, ehrlich umgehen. Unser Leib ist der Tempel des Heiligen Geistes, für den Himmel geschaffen - und keine Spielbude oder Lustobjekt.

Aber vor allem hat ein solcher Osterglaube positive Auswirkungen auf mein Leben: Gott und die Menschen zu genießen - sich an ihnen zu erfreuen - das wird der Himmel sein. Und das können wir auch jetzt schon, das ist jetzt schon der Himmel auf Erden.
Das wird sich nach unserem Tode wahrscheinlich noch steigern. Aber es wird nicht alles anders sein. Warum auch?

Ich kann mich nicht nur jetzt schon auf den Himmel freuen, ich kann ich auch jetzt schon erfahren! Mein Leben hat eine himmlische Dimension, was ich tue und fühle sind echte Vorboten.

Es wird vieles anders sein im Himmel. Aber mehr, als wir denken, wird es dem ähnlich sein, was wir jetzt schon Glück nennen.

Amen.

13. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder,

vielleicht haben Sie es in der Zeitung gelesen, dass ich jetzt sogar schon im Internet Seelsorge mache. Das hat nichts damit zu tun, dass ich mich hier nicht ausgelastet fühle. Nein, es ist wirklich interessant, sich auf diese Art und Weise mal offen und ehrlich von den Jugendlichen sagen zu lassen, was sie so bewegt. Viele Jugendliche haben kleine und mittlere Probleme, und trauen sich nicht, darüber zu sprechen. Das fängt beim heimlichen Rauchen an und hört bei Beziehungskrisen und Selbstmordgedanken auf.

Vor einiger Zeit habe ich mit einem jungen Mann ein Gespräch geführt. Er hat eine Freundin gefunden, die er wirklich liebt, die etwas dicker ist als andere (so schreibt er), und die ihn auch liebt. Und trotzdem, so meint er, ist er immer wieder eifersüchtig. Was kann man dagegen tun?

Als ich versucht habe, die Antwort zu formulieren, bin ich selbst ein wenig ins Grübeln gekommen. Liebe heißt Vertrauen, so habe ich geschrieben. Das Begeisternde einer Beziehung ist, dass da einer ist, der mir vertraut, der mich für voll nimmt, der an mich glaubt. Da ist einer, der mag mich nicht nur, sondern er traut mir auch; mehr als anderen. Vielleicht, so habe ich mir gedacht, ist Liebe und Vertrauen genau das Gleiche, nur dass es zwei verschiedene Worte sind. Man vertraut sich Geheimnisse an, man erzählt sich Dinge, die man keinem anderen erzählen würde, und vertraut so Stück für Stück sich selbst dem anderen an. Ich glaube schon, dass das Liebe ist.

Eifersucht ist demnach keine übertriebene Liebe, sondern ein Mangel. Ein Mangel an Vertrauen und damit ein Mangel an Liebe. Je mehr Vertrauen man in den anderen setzt, umso größer ist die Liebe. Und ein solches Vertrauen kann im Laufe der Zeit wachsen. Ein über Jahre eingespieltes Ehe-Team hat vielleicht etwas von der Glut der Liebe verloren, dafür aber wahrscheinlich das Vertrauen zueinander vertieft. Letztlich ist die Liebe gewachsen. Wirklich zu lieben heißt, an die Liebe des anderen zu glauben. Ein schöner Gedanke für eine Silberhochzeit, habe ich mir gedacht.
Aber meine Gedanken, die schon längst nicht mehr alle zu Papier gebracht hatte, gingen noch weiter. Wenn wir erst lieben, wenn wir unsere Liebe einander bewiesen haben, dann hätten wir eine Geschäftsbeziehung - keine Liebesbeziehung. Die Liebe zwischen zwei Partnern ist spätestens dann nicht mehr vorhanden, wenn der eine vom anderen Liebesbeweise einfordert. Wirklich zu lieben heißt, an die Liebesfähigkeit des anderen zu glauben.

Und in dem Augenblick ging mir auf, dass es sich genauso auch mit unserem Glauben verhält.
Gott liebt uns. Er vertraut uns. Sein Vertrauen zu mir ist so absolut, dass er mich niemals aufgeben würde. Und vor allem: Er glaubt an meine Fähigkeit, ihn zu lieben. Er traut mir unbedingt zu, an ihn zu glauben.

Selbstverständlich könnte er sich zeigen und beweisen, dass er existiert. Das tut er ja auch. Aber eben nicht auf Bestellung, denn sonst ist die Gefahr zu groß, dass wir über eine Geschäftsbeziehung nicht hinauskommen. Vielleicht haben Sie schon einmal gedacht: So langsam müsste der da oben mir aber auch einmal zeigen, dass es ihn gibt. Kann der nicht mal ein kleines Wunder vollbringen? Nur ein kleines, damit ich meinen Glauben nicht verliere? Und wenn Gott sein Zeichen nicht glaubhaft rüberbringt, dann ist er selber schuld, wenn mein Glaube flöten geht.
Keine Frage, da versuchen wir ein Geschäft abzuschließen. Wieviel unser Beziehung zu Gott ist so primitiv geschäftlich-kaufmännisch!

Dass Gott uns das Zeichen nicht gibt, dass unseren Glauben retten könnte, liegt daran, dass er den Glauben an unsere Liebesfähigkeit noch nicht verloren hat. Dass er trotz allem Geschäftsgebaren noch den Funken Liebe in unseren Herzen sieht und anfacht. Seine Antwort ist, ganz schlicht: Du kannst es! Auch ohne Extra-Wunder, ohne Beweise. Ich glaube an Dich!

Es ist, liebe Schwestern und Brüder, ganz einfach: Wer verliebt ist, der findet genügend Hinweise auf die Liebe des anderen. Wer wirklich vertraut, sieht darin sogar handfest Beweise. Aber ein solcher Beweis kann die Liebe nicht erzeugen; wenn die Liebe nicht mehr da ist, wirkt jeder Liebesbeweis lächerlich.

Wer Gott vertraut, der findet allerdings genügend Hinweise, auch in seinem alltäglichen Leben, die Gottes Liebe bezeugen, vielleicht sogar beweisen. Wer Gott vertraut, dem passiert hin und wieder auch schon einmal ein Wunder. Ein kleines vielleicht, aber vielleicht auch mal ein großes. Aber mit all diesen Beweisen kann ich keinen Glauben erzeugen bei dem, der nicht glauben will. Keine Chance.

Liebe Schwestern und Brüder, sehr viele glauben nicht an die Auferstehung Jesu. Und vielleicht haben Sie ja auch so ein paar Bedenken. Da nutzt es nicht viel, wenn ich von der Auferstehung Jesu als Beweis unseres christlichen Glaubens spreche. Was wirklich Ostern heißt - die tiefe Freude eines erlösten Christen - die Freiheit der Kinder Gottes - werden sie erst begreifen, wenn Sie sich verlieben. In Gott. Amen.

14. Predigtvorschlag

Ostern - der Triumph der Barmherzigkeit

Beim Kreuzweg mit Kommunionkindern, da wurde die Frage gestellt. Von einem kleinen Jungen, der selber noch nicht in der Schule war. Er hatte genau verfolgt, was gesagt und gezeigt wurde. Und dann fragte er: „Und ich, wenn ich an Jesus glaube, werde ich dann auch gekreuzigt?“

Liebe Schwestern und Brüder, ist diese Frage naiv? Ist sie die Frage eines kleinen Kindes? Sie ist naiv und kindlich in dem Sinne, wie ein Kind denkt und fühlt, ganz konkret und ganz von Person zu Person. – Doch will Gott nicht genau das von uns? Das Wort Jesu: „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder …“ (Mt 18,3), können wir es hier nicht wiederfinden? Was will Jesus denn anderes, als daß wir ihm nachfolgen auf seinem Weg? Und was steht am Ende dieses Weges? Nur das Sterben am Kreuz? Oder noch mehr? – Heute, in dieser Osternacht (an diesem Ostersonntag), können wir selbst, jeder von uns ganz persönlich, diese Frage an uns heranlassen und nach einer Antwort suchen.

Und wir könnten die Antwort finden in diesem besonderen Jahr, das unser Papst ausgerufen hat, und wir könnten sagen: Ja, das Kreuz sehen wir, aber wir sehen es mit anderen, mit neuen Augen! Wir sehen im Kreuz die Liebe. Wir sehen das Leben. Und das ist der Triumph der Barmherzigkeit.

Und so könnten wir weiter sagen: Wir feiern ja Ostern, und Ostern ist der Triumph der Barmherzigkeit Gottes, der Sieg über Haß, Unfreiheit und Tod! Wir feiern und bekennen: Die Barmherzigkeit Gottes ist seine Antwort auf den Kreislauf der Gewalt, auf die Spirale von Vergeltung und Rache. Gott selbst ist in seinem Sohn in diesen Kreislauf hineingegangen, um von innen her die Übermacht des Bösen zu besiegen. – Doch würde das der kleine Junge verstehen? Und würden Sie und du und ich, würden wir es verstehen?

Der kleine Junge hat das eine verstanden: Jesus ist wirklich gekreuzigt worden, und wir, wenn wir ihm glauben, folgen ihm nach, bis hin zum Kreuz. – Da hat der Junge, der so gefragt hat, schon eine ganze Menge verstanden!

Lassen wir uns, wenn wir nach einer Antwort suchen, heute, in dieser Osternacht (an diesem Osterfest), einfach leiten und führen von dem Evangelisten, der wohl am deutlichsten die Barmherzigkeit Gottes in Jesus, seinem Sohn, bezeugt. Es ist der Evangelist Lukas, der uns in diesem Kirchenjahr seit dem Advent immer schon begleitet – haben wir es wirklich gemerkt, haben wir seine Botschaft wirklich gehört? Es ist natürlich nicht seine Botschaft, er hat sie nicht erfunden, sondern er ist der getreue Überbringer und Interpret der Ereignisse des Heils.

Wer war dieser Lukas? Von Paulus wird dreimal ein Lukas erwähnt, und einmal wird sein Beruf genannt: Er ist Arzt (Kol 4,14). Diese Erwähnung bei Paulus hat die kirchliche Tradition dann auf den dritten Evangelisten übertragen: Lukas, der Arzt.

Kann uns das nicht heute ein Hinweis sein? Was erwarten, was erhoffen wir von einem guten Arzt? Eben, daß er uns versteht, daß er uns zuhört, daß er uns als Mensch, nicht als Krankheitsprotokoll, wahrnimmt und ernstnimmt.

Genau diese Hoffnung ist für Lukas, den Arzt, in Jesus erfüllt. Jesus ist der große Arzt, der die Krankheiten unserer Seele kennt. Und er weiß auch den Weg und die Mittel, wie wir wieder heil und gesund werden. Das beschreibt Lukas, der Arzt, in seinem Evangelium, dem Evangelium von der Barmherzigkeit Gottes.

Von Lukas, und nur von ihm, erfahren wir in den Gleichnissen vom verlorenen Sohn, vom barmherzigen Samariter und vom reichen Kornbauern von der unendlichen Güte Gottes, aber zugleich auch von dem Auftrag, der an uns ergeht, Gottes Barmherzigkeit in unserer Welt ein Gesicht zu geben.

Von Lukas, und nur von ihm, erfahren wir in der Passion von den Begegnungen Jesu mit den trauernden Müttern, mit den beiden Schächern, die mit Jesus gekreuzigt werden, und mit den beiden Jüngern, die nach Emmaus unterwegs sind, traurig und mutlos. – Wenn wir diese Botschaften zusammensehen, erkennen wir: Es sind nicht nur einzelne Episoden, die da zusammengetragen werden, es ist eine einzige heilende Botschaft, die uns da geschenkt wird, eine Botschaft, die den Menschen wieder heil und gut macht, die ihn wieder mit Gott versöhnt.

Kann man das glauben? Kann man das wirklich annehmen? Und was ist nun mit unserer Frage, mit der Frage des kleinen Jungen, der gefragt hat: „Und ich, wenn ich an Jesus glaube, werde ich dann auch gekreuzigt?“ – Dürfen wir, sollen wir auf diese einfache Frage nun auch eine einfache Antwort geben?

Ich finde ja! Die Antwort kann sehr einfach gegeben werden: Ja, wir werden sterben! Du und ich. Und Sterben bedeutet tatsächlich: Das Kreuz annehmen. Aber Kreuz bedeutet hier genau: Gemeinschaft mit Christus zu haben, dem Gekreuzigten und Auferstandenen. Christus läßt mich nicht allein! Er ist immer bei mir, im Leben und im Sterben.

Für dich wird es Ostern, wenn du am Wegesrand liegst, ausgeplündert und blutend, und Jesus kommt als der barmherzige Samariter, der dich aufrichtet und verbindet.

Für dich wird Ostern, wenn du allein und am Ende bist, wie der Schächer am Kreuz, und du sprichst Jesus einfach an, und er verspricht dir mehr, als du dir vorstellen kannst.

Für dich wird Ostern, wenn du ratlos und mutlos nach Emmaus läufst, weg vom Ort des Grauens, und da ist einer, der dir einen Sinn des Ganzen aufschließt.

Mit Christus zu gehen, mit ihm zu sterben, bedeutet auferstehen und leben! Weil Gott es so will. Weil Er barmherzig und gut ist.

15. Predigtvorschlag

Gottes Wort muß in uns zum Klingen gebracht werden

Stellen Sie sich vor, Sie betreten zum ersten Mal ein altes Haus, das Sie vor kurzem geerbt haben. Sie schauen durch die Fenster und in die Räume. Sie öffnen Türen und treten ein. Sie öffnen Luken und erkennen verborgene Ecken. Und plötzlich, in einem ganz entlegenen, dunklen Raum, fänden Sie es: ein altes, vergilbtes Papier. Ein Schriftstück aus alter Zeit. Darauf sehen wir Linien, Noten, Zusätze, Zeichen. Und darunter steht auch ein Name: W.A. Mozart. -

Dieser Name - Ihnen und mir wohlbekannt - läßt Sie innehalten. Sie gehen mit dem Blatt zu einem Musikkenner, zu einem Fachmann, der es untersucht. Er schaut sich das an und nach einer Zeit der Prüfung erklärt er: Diese Noten - sie sind ein bisher unbekanntes Musikstück des Komponisten, ein wiederentdecktes Werk. Das Papier ist eine Kostbarkeit. Das Werk eines großen Meisters. Was würde nun wohl mit einem solchen Blatt geschehen? Man würde sicher in aller Welt über diesen bedeutenden Fund berichten. Fachzeitschriften würden Fotos und Kommentare bringen. Das Interesse wäre groß.

Aber eines fehlte jetzt noch. Die Noten auf dem Papier sind nicht bloß dazu da, daß sie angeschaut, mit den Augen gelesen und vielleicht dazu noch untersucht werden. Nach dem Willen des Komponisten erfüllen sie ihren Zweck erst dann und genau dann, wenn Menschen die passenden Instrumente nehmen und die Noten auf dem Papier in Musik umgesetzt werden; wenn das Geschriebene in Gehörtes verwandelt und die Komposition so zur Freude und zum Trost der Menschen zum Klingen gebracht wird.

Genauso verhält es sich auch mit der Abschiedsrede Jesu, von der wir gerade einen Teil als Evangelium gehört haben. Das Evangelium ist zunächst nur Buchstaben auf Papier, aber das soll es nicht bleiben. Zunächst soll es von uns angenommen und als wertvoll angesehen werden. Viel wertvoller als jede noch so große Werk eines noch so berühmten Musikers.

Und dann soll das Wort Christi wie eine wunderbare Komposition zum Klingen gebracht werden: es soll nach dem Willen des Stifters seinen Sinn erfüllen, indem es im Lied und im Spiel des Lebens zum Klingen gebracht wird: einmal dadurch, daß wir es im Gottesdienst hören; daß der Buchstabe und die Wörter in den Raum kommen, an unser Ohr und an unser Herz. So kann es zu einem Lied werden, dessen Urheber Gott selber ist. Aber die Instrumente, auf denen dieses Lied erklingt, sind wir selbst. Wir selbst sind das Werkzeug und das Medium, durch das Gottes Trost und Treue, seine Güte und Liebe zu den Menschen kommen.

Jesus möchte, daß seine Melodie, die er in die Welt gebracht hat, nie vergessen wird. Er möchte, daß sie immer wieder entdeckt und gespielt wird - in unseren persönlichen Gebeten, im Gottesdienst, im Alltag. Der Heilige Geist, um den wir in diesen Tagen vor dem Pfingstfest beten, er wird dafür Sorge tragen, daß diese Melodie harmonisch und voll erklingt und daß keine Mißtöne entstehen. Er wird dafür sorgen, daß diese Melodie das bewirkt, wozu Jesus in diese Welt gekommen ist: daß wir erkennen, wie sehr Gott an uns gelegen ist und daß er wirklich Vater ist, der nicht aufhört, uns zu rufen.

16. Predigtvorschlag

„Das ist wie Feuer und Wasser“: das sagen wir schon einmal, wenn wir meinen, daß etwas ganz und gar nicht zusammenpaßt. Feuer und Wasser: zwei Symbole, die gegensätzlicher nicht sein können. Und doch kommen sie heute, in der Osterfeier, zusammen. Ostern ist das Fest von Feuer und Wasser.
Jesus sagt einmal: „Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen!“ (Lk 12,49). Dafür ist das Osterfeuer ein Sinnbild: es zeigt, daß jetzt ein Licht in die Welt kommt, das die Finsternis überwältigt. Es zeigt, daß da ein Feuer brennt, das ein Signal ist: der Tod ist tot, das Leben lebt.
Auch ein anderes Symbol ist da, das Wasser. Ohne die Weihe des Taufwassers gibt es keine Feier der Osternacht. Ohne das neue Osterwasser, mit dem wir uns besprengen lassen, wäre das Fest nicht vollständig. - Alles Leben kommt aus dem Wasser, sagen uns die Biologen. Bevor ein Mensch das Licht der Welt erblickt, schwimmt er neun Monate lang im Fruchtwasser seiner Mutter. Dieses Fruchtwasser hat eine Zusammensetzung, die ganz ähnlich ist dem Wasser der Weltmeere. So konzentriert sich in jedem einzelnen Menschen, der vor seiner Geburt im Wasser schwimmt, das ganze Wunder der Entstehung des Lebens aus dem Wasser.

Doch damit der kleine Mensch wirklich eintreten kann in die große, für ihn noch unbekannte Welt, muß er seinen ersten Lebensabschnitt in der Geborgenheit des Fruchtwassers beenden. Er muß die dunkle, warme Welt, die ihm seine Mutter geschenkt hat, verlassen und sich hineinwerfen lassen in eine grelle, kalte Umgebung, die ihm Angst macht. Dieser Übergang geschieht nicht ohne Schmerz. Aber das kleine Menschenkind hat keine Wahl: wenn es leben und weiterleben will, muß es das an sich geschehen lassen

Diese Geburt zum neuen Leben wiederholt sich in anderer Weise in der Taufe. In dem österlichen Wasser wird der Täufling neu geboren: er wird herausgenommen aus dem Bereich des Todes und darf in das Leben eintreten, in die Gegenwart und Gnade Gottes. Er ist nun eins mit Christus, dem für uns Gekreuzigten und Auferstandenen.

Jedes Osterfest bedeutet für uns die Erneuerung der Taufe. Wir erneuern unsere Taufe, indem wir uns von neuem für Christus entscheiden. Wir erneuern unsere Taufe, indem wir uns von neuem entscheiden, als neue Menschen zu leben.

Als neue Menschen leben, wie geht das? Ich nenne nur zwei Punkte. Der erste Punkt: Das geht nicht allein. Jeder braucht Weggenossen. Die elementaren Glaubenserfahrungen, ven denen die Bibel berichtet, sind Wegerfahrungen. Angefangen von Abraham über das Volk Israel in der Wüste und die Emmaus-Jünger bis zu den Reisen des Apostels Paulus.
Diese Weg-Erfahrungen sind auch für uns heute wichtig und werden immer wichtiger: weil sie uns helfen, einander zu begegnen und Christus zu begegnen. Wir verschicken heutzutage massenweise e-mails und sms-Nachrichten, aber was das wirklich heißt: sich gemeinsam auf einen Weg machen – das geht in einer virtuellen Welt immer mehr verloren.
Deswegen ist es für eine Gemeinde, wie wir es sind, immer wichtiger, den Taufglauben zu erneuern, indem wir buchstäblich gemeinsam aufbrechen und nicht stehenbleiben: das heißt, die Herausforderungen, die sich uns in einer veränderten Zeit stellen, annehmen. Bereit sein, nicht nur Veränderungen im Leben der Gemeinde anzugehen und anzunehmen, sondern alles unter der Frage zu sehen: Was vertieft unseren Glauben? Was führt uns näher zu Christus? Was hilft den Menschen auf ihrem Glaubensweg?
Dann ein Zweites, um als neuer Mensch zu leben aus der Gnade der Taufe: Die Ostergeschenke des Auferstandenen annehmen. Annehmen heißt nicht nur: artig Dankeschön sagen, sondern die Geschenke auch auspacken. Niemand würde ein Geschenk, das er bekommt, in der Verpackung einfach stehenlassen. Sondern jeder wäre neugierig, was da wohl drin ist. – Manchmal sind wir Christen seltsame Menschen. Wir bekommen von Christus das Geschenk der Vergebung und das Geschenk seiner Gegenwart in der Eucharistie. Aber wir lassen die Geschenke in der Verpackung. Würden wir sie auspacken und mit ihnen leben, hätten wir Kraft, als neue Menschen zu leben.

Heute, in dieser Feier, können wir damit beginnen. Christus schenkt sich uns in seiner gekreuzigten und auferstandenen Existenz. Er ist durch das Feuer des Leidens und Sterbens gegangen. Darum hat seine Gegenwart in unserer Mitte die Gestalt des in der Gluthitze gebackenen Brotes. Damit wir nicht vergessen, um welchen Preis uns Christus dieses Geschenk gemacht hat. Keine Osterfest kann gefeiert werden, das nicht gleichzeitig auch innigster Dank ist für dieses große Geheimnis, das uns da anvertraut wird.

Heute feiern wir Ostern. Christus ist wirklich auferstanden von den Toten. Wir sind mit ihm neu geboren aus dem Wasser der Taufe und wir empfangen im Glauben seinen Leib, der durch das Feuer des Leidens gegangen ist. Feuer und Wasser: das sind seit Ostern keine Gegensätze mehr. Sondern Zeichen für das neue und unvergängliche Leben, das allein Christus uns geben kann.

17. Predigtvorschlag

Liebe Gemeinde, Schwestern und Brüder!

Merken Sie es auch: Die Angst geht um in unseren Tagen.

Die Angst um das persönliche Schicksal.
Angst angesichts von Krankheit,
angesichts drohender oder tatsächlicher Arbeitslosigkeit, angesichts des Todes.

Die Angst geht um!
Die Angst um unsere Gesellschaft.
Angst angesichts der Vielzahl von sozialen und wirtschaftlichen Problemen,
angesichts der Bedrohung der Familie,
angesichts eines stetigen Werteverfalls,
angesichts der demographischen Falle, in die sich die Deutschen selbst hineinmanövriert haben.

Die Angst geht um!
Die Angst um die Zukunft der Menschheit.
Die Angst angesichts einer Natur, die zurückschlägt, die sich unsere rücksichtslose Ausbeutung nicht mehr gefallen läßt, wie bei den nun fast alljährlichen Flutkatastrophen an der Oder.

Die Angst angesichts des Terrors vor allem mit islamistischem Hintergrund.
Die Angst vor Anschlägen hier bei uns,
die Angst vor fehlender Integration und latenter Gewaltbereitschaft ausländischer Mitbürger.

Wir merken es: Die Angst geht um in unseren Tagen!

Alles, was uns wichtig ist, scheint gefährdet zu sein.
Alles, worauf wir vertrauen, scheint unterzugehen.
Alles, worauf wir Hoffnung setzen, droht zu scheitern.

Alles sinnlos, umsonst? Auf wen, auf was kann man sich denn noch verlassen? Gibt es denn gar keinen Halt mehr?
Müssen wir all das zu Grabe tragen?

Mit diesen Gedanken im Kopf gehen viele unserer Zeitgenossen, gehen manche von uns durch diese Welt.

Liebe Schwestern und Brüder,
mit ähnlichen Gedanken im Kopf gingen die Frauen damals zum Grab Jesu.
Auch für sie war alles unsicher geworden.
Auch sie hatten Angst, daß ihr Leben sinnlos geworden sei, nachdem Jesus vor ihren Augen brutal getötet wurde.
Dieser Jesus, der sie angerührt und geheilt hatte,
dieser Jesus, der ihre Hoffnung war, ihr Halt, auf dessen Liebe sie sich verlassen konnten.

Nun war er tot. Und mit ihm war alles, was Leben versprach, begraben worden.

Und dennoch die Frauen machen sich auf zum Grab Jesu.
Es ist, als wollten sie ihrer Angst, ihrer Hoffnungslosigkeit noch einmal ins Gesicht sehen. Irgendetwas zieht sie ans Grab.

Und da geschieht es: Vor dem Grab begegnen sie einem Engel, einem Boten Gottes.
Und Gott läßt ihnen sagen:
Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er gesagt hat.

„Wir brauchen uns nicht mehr zu fürchten. Es ist nicht alles sinnlos. Er lebt.
Auf ihn können wir uns also doch verlassen. Er hat sein Wort gehalten. Sein Wort von der Auferstehung und dem neuen Leben. Es gibt also doch Halt und Hoffnung für uns.“
So oder ähnlich lauten nun die Gedanken und Empfindungen der Frauen.

Und tatsächlich: Er lebt. Er begegnet ihnen. Und auch Jesus ruft den Frauen zu: Fürchtet euch nicht!

Liebe Schwestern und Brüder,
was den Frauen am Grab damals passiert ist, das geschieht nun auch auf andere Weise mit uns, hier und jetzt.

Auch wir scheinen vieles begraben zu haben.
Auch für uns scheint vieles hoffnungslos geworden zu sein. Auch wir stehen vor dem Grab unserer Hoffnungslosigkeiten.
Wie gesagt: Die Angst geht um.

Mit unserer Angst sind wir hierher gekommen. Vielleicht hat eine ganz konkrete Angst den einen oder die andere hierher geführt.

Und hier in der Feier der Osterliturgie hören wir die Botschaft Gottes, wie wenn ein Engel sie uns verkündet:
Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er gesagt hat.
In dieser Feier der Osterliturgie ruft uns Jesus selbst wie damals den Frauen zu:
Fürchtet euch nicht!

„Fürchtet euch nicht!
Ich weiß, es gibt genügend Dinge in dieser Welt, die euch ängstigen. Ich kenne eure Angst. Ich war Mensch wie ihr. Und ich hatte Angst, wie ihr. Im Garten Gethsemani. Am Kreuz.
Aber ich habe die Welt besiegt. Und damit habe ich die Angst besiegt.

Fürchtet euch nicht!
Die Dinge dieser Welt, die euch ängstigen, kann ich euch Menschen nicht immer nehmen. Auch mein Vater konnte mir das Kreuz nicht nehmen.
Er hat mich diese Angst durchleben lassen, damit ich diese Angst bezwinge.

Und nun lebe ich, vom Toten auferstanden.
Ich habe die Angst, diese Welt, die so ängstigen kann, den Tod besiegt.
Aber nicht nur für mich, auch für euch habe ich diesen Sieg errungen.
An mir erkennt ihr:
Die Angst, diese Welt, der Tod haben nicht das letzte Wort. Mein und euer himmlischer Vater hat das letzte Wort.
Und dieses Wort heißt: Leben!
Deshalb sage ich euch noch einmal: Fürchtet euch nicht!“

Liebe Schwestern und Brüder!
Die Angst geht um in unseren Tagen.
Vielen Menschen ist ihre Angst um sich selbst, um die Gesellschaft, um die Welt zu einen Grab geworden.
Gelähmt von Angst wagen sie nicht mehr zu leben.

Auch als Christen haben wir Ängste und Sorgen.
Aber wir lassen uns davon nicht begraben, weil wir berufen sind, aufzuerstehen aus den Gräbern unserer Angst.
Christus hat uns aus unseren Gräbern geholt, weil er gezeigt hat, daß das Grab nicht der Endpunkt unseres Lebens ist.
Nicht der Tod steht am Ende, sondern das Leben.

Es stimmt: Die Angst geht um in unseren Tagen.
Es stimmt auch: Unsere Tage sehnen sich danach, die Botschaft von Ostern, von heute zu hören:
Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er gesagt hat.
Rufen wir es hinein in unsere Tage: „Alleluja, Jesus lebt!“

18. Predigtvorschlag

Dann ging Petrus nach Hause, voll Verwunderung über das, was geschehen war.

Liebe Schwestern und Brüder!

Ein eigenartiger Schluss des Osterevangeliums. Jedenfalls empfinde ich das so.
Wäre nicht ein Petrus, der voll Freude ausruft: „Christus ist erstanden!“ angebrachter.
Statt eines überschwänglich jubelnden Petrus begegnet uns ein nachdenklicher, sich wundernder Petrus.
Das Ende dieses Evangeliums hat nichts von der Freude, von dem Halleluja, von der Feierlichkeit unserer Osterliturgie, die wir gerade feiern.

Das leere Grab war für ihn erst einmal schwer zu verkraften.
Das leere Grab wirft für ihn erst einmal alles über den Haufen.
Das leere Grab lässt in ihm Fragen aufsteigen:
Was bedeutet die Botschaft der Engel: Er ist nicht hier, er ist auferstanden?
Wer ist dieser Jesus, dem ich gefolgt bin, der mein Leben verändert hat, den ich verraten habe, der hier beerdigt lag? Wer ist er wirklich?

Später ist Petrus das alles klar geworden. Spätestens seit der Sendung des Hl. Geistes weiß er, was Auferstehung bedeutet, wer Jesus Christus wirklich ist.
Nach Pfingsten nämlich wird er zum ersten großen Prediger der Frohen Botschaft von der Auferstehung der Toten. Als erster Papst bekennt er vor der Welt, dass Jesus Christus, der Herr der Welt, der Herr über Leben und Tod ist.

Anlässlich dieses Osterfestes, anlässlich der Botschaft vom leeren Grab stellen auch wir uns mit Petrus die Fragen:
Was ist Auferstehung? Und wer ist dieser Jesus?

Was ist die Auferstehung?
Bei Umfragen unter Christen wurde vor kurzem deutlich, dass weiß Gott nicht der Großteil an eine Auferstehung Jesu und der Toten glaubt. Bei vielen ist auch ein falsches oder zu kurzes Verständnis über dieses Glaubensgeheimnis anzutreffen.

Es gibt Menschen, Christen, die die Auferstehung mit der Wiedergeburtslehre, der Reinkarnation ostasiatischer Religionen verwechseln oder vermengen.
Die Reinkarnation setzt voraus, dass wir mehrere Leben auf Erden haben. Je nach dem vorherigen Leben werde ich als Mensch oder Tier oder sonst etwas wiedergeboren.
Diese Wiedergeburt ist aber eine Bestrafung. Ziel ist es, nicht mehr an die Erde gebunden zu sein, sondern in das Nichts, in das Nirwana einzugehen.

Wir Christen glauben hingegen, dass wir nur ein Leben auf dieser Erde haben, in dem wir uns auf den Himmel vorbereiten. Und dieser Himmel ist kein Nichts, sondern wir werden darin als ganze Menschen, mit verklärten Leib und geläuterter Seele auf ewig leben. Außerdem ist uns die Erde als Gabe von Gott geschenkt worden: Auf ihr zu leben ist trotz aller Mühsal eine Gnade und keine Bestrafung. Nein, mit Reinkarnation hat das leere Grab nichts zu tun.

Was ist die Auferstehung?
Jesus lebt in seiner Botschaft weiter, sagen viele. Das, was er gelehrt hat, ist lebendig in der Kirche. Die Sache Jesu geht weiter.

Sicherlich, die Lehre Jesu wird weitergetragen von Generation zu Generation. Ähnlich wie die Erinnerung an liebe Verstorbene in uns weiterlebt. „In unseren Herzen lebst du weiter“ heißt es dann oft auf Totenzetteln. Das Gedächtnis der Toten zu pflegen, ist gut und wertvoll.

Aber das ist nicht die ganze Wahrheit, an die wir glauben.
Jesus Christus lebt nicht weiter, weil die Kirche ihn verkündet.
Vielmehr gilt: Die Kirche verkündet Jesus Christus, weil er wirklich lebt.

Der Herr lebt in der Herrlichkeit des Vaters, als der Auferstandene, auch wenn die Kirche ihn nicht mehr auf Erden verkünden sollte.
Unsere lieben Verstorbenen leben in der Ewigkeit, auch dann wenn sich keiner mehr an sie erinnert.
Es wäre schrecklich, wenn wir nur in den Herzen der anderen weiterleben würden. Was, wenn Menschen einsam gelebt haben und keiner sich ihrer erinnert? Was, wenn die Menschen, die sich eines Verstorbenen erinnern, selber sterben?

Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden!
In diesen Worten der Engel ist kurz zusammengefasst, was wir Christen glauben:
Jesus, der Gekreuzigte, lebt als der Auferstandene nicht hier in dieser Welt oder nur in unserer Erinnerung, sondern er lebt wirklich beim Vater. Deshalb ist das Grab auch leer.

Wer ist dann dieser Jesus?
Er ist nicht nur ein Prediger der Liebe Gottes. Er ist nicht nur ein guter Mensch. Er ist nicht nur einer, der sich der Armen und Kranken annahm. Er ist nicht nur ein Wunderheiler. Er ist nicht nur unser Bruder.
Dieser Jesus ist all das, aber er ist noch viel mehr:
Er ist der Sohn Gottes, er ist der menschgewordene Gott. Er ist der Herr über Leben und Tod. Er ist das Leben.

Unser Herr spricht:
Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt; und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben.

Gott hat sich mit uns Menschen in seinem Sohn Jesus Christus sosehr verbunden, dass er in ihm unseren Tod gestorben ist. Und er hat sich in ihm sosehr mit uns Menschen verbunden, dass wir an seinem ewigen Leben Anteil erhalten, an seiner Auferstehung.

Wer sich an Christus festmacht wird wirklich auferstehen. Wie er. Auf ewig.
Wer sich von ihm lossagt, wird sterben, tot sein. Auf ewig.

Wer ist dieser Jesus?
Er ist der Herr. Herr über Leben und Tod.

Wenn wir wirklich leben wollen, wenn wir wirklich auferstehen wollen, dann kommen wir an ihm nicht vorbei.

Wir müssen uns entscheiden, wenn wir auf sein leeres Grab schauen.
Für oder gegen ihn.

Dann ging Petrus nach Hause, voll Verwunderung über das, was geschehen war.
Liebe Schwestern und Brüder!
Petrus hat sich den Fragen gestellt: Was ist Auferstehung? Wer ist dieser Jesus?
Er glaubte und verkündete: Auferstehung heißt wirklich als ganzer Mensch auf ewig zu leben. Jesus ist der Herr über Leben und Tod.
Petrus hat sich entschieden. Für ihn.
Und er wird dann mit all den anderen gejubelt haben: Halleluja!
Und er wird dann mit all den anderen den Glauben an die Auferstehung und an Christus, den Sohn Gottes vor der Welt bekannt haben.

Folgen wir dem Aufruf des verstorbenen Papstes Johannes Paul II. In der Osternacht 2005 konnte er nicht mehr selber predigen. Seine Worte verlas Kardinal Ratzinger. Worte, die ein Vermächtnis sind an uns, an Sie, an Dich, an mich:
„Lasst uns aufwachen aus unserem müden, schwunglosen Christentum! Erheben wir uns und folgen wir Christus, dem wahren Licht, dem wahren Leben. Amen!“

19. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder,
Auferstehung - das ist ein Wort, das bei uns eine vielfältige Bedeutung hat. Jemand, der vollkommen am Boden gewesen ist - und nun wieder neuen Mut erfährt; jemand, der schwer krank, vielleicht sogar todkrank war - und dann doch wieder neue Kraft gewinnt und gesund wird; jemand, der durch einen Unfall nur haarscharf am Tode vorbei gekommen ist - der sein Leben als noch einmal geschenkt begreift - all diese Menschen können von einer «Auferstehungserfahrung» reden.
Noch vielmehr Beispiele lassen sich finden, Erfahrungen, die Menschen in Not, im Krieg oder in psychischen Extremsituationen gemacht haben; und die in eine «Auferstehung» münden.
Es tut gut, von solchen Erlebnissen zu erzählen. Es ist wichtig, da auch in Ruhe hinzuhören. Aber solcher Vorgeschmack, ein solches Bild für die Auferstehung - ist noch nicht die Auferstehung selbst.
Alle unsere Erfahrungen von neugewonnenen Mut oder neu geschenktem Leben sind eher vergleichbar mit der Erweckung des Lazarus. Ihm wird noch einmal sein irdisches Leben zurückgegeben. Aber die Auferstehung Jesu - und damit auch unser eigenes Schicksal - ist anders: Wir erstehen nicht mehr zu diesem Leben. Wir bekommen keine zweite Chance, denn das würde bedeuten, dass wir die dann auch wieder vermasseln können.
Nein, unser Ostern wird anders sein. Größer, herrlicher - aber vor allem anders.
Liebe Schwestern und Brüder, damit sag ich Ihnen nichts Neues. In meiner Jugendzeit habe ich viele Predigten gehört, die genau diese zum Thema hatten: Wie anders doch unsere Auferstehung sein wird. Wie unbegreiflich das Leben ist, das uns nach unserem Tod geschenkt wird. Sooft habe ich das gehört, dass dieses zukünftige Leben nichts mehr mit meinem jetzigen Alltag zu tun hatte. Und irgendwie habe ich mich auf dieses ganz Andere nicht so richtig freuen können.
Als Kinder haben wir uns manches vielleicht zu einfach, zu plastisch vorgestellt.. Der Himmel als ein großer Thronsaal, der liebe Gott als alter Mann mit weißem Bart, der Heilige Geist als weiße Taube und so weiter. Und wenn wir glauben, innerlich erwachsen zu werden, dann machen wir uns frei von diesen Bildern. Wir wissen, dass das alles gar nicht so ist - und rücken dann alles so weit weg, dass nichts mehr bleibt, was wir kennen. Gott - der ganz andere. Der Himmel - unvorstellbar. Der Heilige Geist - ein unbekanntes Wesen außerhalb jeder Dimension. Nichts mehr für meinen Alltag. Nichts mehr für mein Beten und Glauben. Und trotzdem sind wir überzeugt, so Gott eher gerecht zu werden.
Da ist es ganz erstaunlich, dass die Kirche in ihrem Glauben an ganz konkreten Überzeugungen festhält, einen schon fast kindlichen Glauben bewahrt: Wir werden auferstehen - mit unserem Leib. Nichts anderes beten wir regelmäßig im Glaubensbekenntnis, Sonntag für Sonntag: Ich glaube an «die Auferstehung des Fleisches» - so heißt es zumindest im Original. Wir werden uns im Himmel wieder erkennen! Wir werden unser Leben hier auf Erden nicht vergessen, und die Spuren unseres jetzigen Lebens werden nicht ausgelöscht sein!
Der auferstandene Jesus wurde an seinen Wundmalen wiedererkannt. Die Wunden, die ihm das Leben schlug, sie sind nicht vergessen. Aber sie sind verklärt, geheilt. Auch wir Menschen werden mit unseren Wunden – seien es die des Leibes oder die des Herzens - vor Gott nicht vergessen sein. Er liebt uns und nimmt uns und unsere persönliche Geschichte deshalb ernst. Dein Leben und mein Leben vergehen nicht im Nichts, sondern alles, was ich auf Erden hier tue und erleide – all das hat Ewigkeitswert. Das Gute strahlt dann um so mehr, das Wunde wird geheilt, das Böse vergeben.
Wir müssen uns nur von ihm verwandeln lassen wollen. Und das heißt, auf Erden schon für ihn offen zu werden. Wenn ich meinte, ich genüge mir selbst, ich bräuchte keinen Gott und keine anderen Menschen, dann setzte ich mich selbst in die Hölle. Den die Hölle ist von innen verschlossen, sie ist gewollte Einsamkeit.
Wir werden auferstehen in unserem Leib. Das hat was mit meinem Leben zu tun! Nicht irgendwelche Astralkörper, Energieblitze oder Geister werden wir sein, sondern erlöste Menschen mit Leib und mit Seele. Das unterscheidet uns von den ostasiatischen Religionen, die die Erlösung darin sehen, den Leib zu verlassen und in einem unpersönlichem Nichts aufzugehen. Der christliche Glaube ist alles andere als leibfeindlich.

Die Evangelien legen viel Wert darauf, dass Jesus nach seiner Auferstehung mit den Jüngern gegessen hat. Dass Thomas seine Wunden sehen und berühren konnte. Jesus war sogar so menschlich, dass die Jünger oder auch Maria von Magdala ihn zunächst für einen ganz normalen Menschen, zum Beispiel für einen Gärtner gehalten hatten.
Der Himmel wird nicht nur einfach anders sein. Er wird sehr viel mit unserem Leben hier zu tun haben. Dafür gibt es in unserem Leben einfach zu viel Himmlisches. Gerade in der Begegnung zwischen den Menschen.
Gott hat diese Welt als sehr gute Welt geschaffen, nicht als Einweg-Erde und Wegwerf-Welt, als Transitland zum Himmel. Alles Gute unseres Lebens hat Bestand. Und wenn wir als Menschen mit unserer Leiblichkeit nicht gut sind, wenn unsere Körper nicht erhaltenswert sind, dann weiß ich nicht, was gut noch bedeuten soll.
Wieviel Liebe, Zärtlichkeit, Aufmerksamkeit und Zuwendung können wir vor allem durch unseren Körper ausdrücken! Wie begrenzt ist doch unsere rein geistige Beschreibung von Zuneigung - verglichen mit einem einzigen, liebevollen Blick! Und so etwas Geniales wie unser Körper soll einfach vergehen? Das ist nicht unser Glaube!
Das bedeutet natürlich auch, dass wir mit unserem Leib sorgsam umgehen sollten. Das wir uns selbst nicht missbrauchen dürfen; dass es gilt, unserem Körper viel Ehrfurcht gegenüber zu haben. Aber auch mit dem, was unser Körper auszudrücken vermag, ehrlich umgehen. Unser Leib ist der Tempel des Heiligen Geistes, für den Himmel geschaffen - und keine Spielbude oder Lustobjekt.
Aber vor allem hat ein solcher Osterglaube positive Auswirkungen auf mein Leben: Gott und die Menschen zu genießen - sich an ihnen zu erfreuen - das wird der Himmel sein. Und das können wir auch jetzt schon, das ist jetzt schon der Himmel auf Erden.
Das wird sich nach unserem Tode wahrscheinlich noch steigern. Aber es wird nicht alles anders sein. Warum auch?
Ich kann mich nicht nur jetzt schon auf den Himmel freuen, ich kann ich auch jetzt schon erfahren! Mein Leben hat eine himmlische Dimension, was ich tue und fühle sind oft echte Vorboten.
Es wird vieles anders sein im Himmel. Aber mehr, als wir denken, wird es dem ähnlich sein, was wir jetzt schon Glück nennen. Dann meinen wir nämlich, dass sich Himmel und Erde berühren. in uns. Und das müsste ewig so bleiben. Und es wird so bleiben.
Amen.

20. Predigtvorschlag

Wenn Ostern wirklich DAS Hochfest unseres Glaubens ist - warum finden sich dann kaum Darstellung der Auferstehung in unseren Kirchen? Wir sehen dort den Gekreuzigten, viele Heilige, die mitten im Martyrium sind (in unserer Kirche ist es vor allem die Heilige Apollonia mit einem Backenzahn in der Zange, weil ihr sämtliche Zähne gezogen wurden - kein sehr frohmachender Gedanke), zusätzlich noch mindestens 14 Bilder des Kreuzweges - aber ein Bild des Auferstandenen? Selten.

Hermann von Veen hat diesen Eindruck in einer kleinen Erzählung wiedergegeben, in der Gott nach vielen Jahren mal wieder bei den Menschen vorbeischaut und ein riesiges Gebäude mitten im Dorf entdeckt. Er geht hinein - drinnen mufft es und es ist dunkel - und sieht in dieser unguten Atmosphäre des Bild eines qualvoll gemarteten Menschen im Mittelpunkt. Auf die Frage, was denn dieses Gebäude für ein Haus sei, antwortet ihm ein Mönch: "Das Haus Gottes", woraufhin Gott sich angewidert schüttelt, die Kirche verläßt und sich auf die Parkbank in die Sonne setzt und die Beine baumeln lässt.

Nun - zumindest auf den ersten Blick hat Hermann van Veen recht: Sonderlich frohmachend sind unsere Darstellungen (auf den ersten Blick) wirklich nicht. Und auch wenn wir auf die Überbleibsel des Lebens Jesu schauen, blicken wir auch nur auf die Geißelsäule, die Dornenkronen, das Grabtuch von Turin, die Nägel Jesu und Partikel vom Kreuz. Warum kein Stein, der vom "Auferstehungsblitz" geschwärzt?

Die Antwort ist relativ einfach und deshalb vielleicht enttäuschend: Weil die Auferstehung ein geistiges Geschehen ist. Alle die martialischen Bilder sind die leidvolle Seite der gleichen Medaille, deren andere Seite "Auferstehung" heißt. Diese aber spielt - leider - in einer für uns unsichtbaren Liga.

Hm... (so könnte der Kritiker einwenden) - warum habt ihr Christen soviel Konkretes, Anfassbares, Materielles aus der leidvollen Wirklichkeit, behauptet aber ausgerechnet, dass das entscheidend Christliche eine unsichtbare-geistige Wirklichkeit ist?

Nun, (so könnte der Christ antworten) das ist doch nicht ungewöhnlich. Auch in unserer Welt ist alles, was wirklich entscheidend ist im Leben, geistig und unsichtbar. Freunschaft, Hoffnung, Liebe und Freude - alles ist unsichtbar. Nicht umsonst ähneln sich Liebe zwischen und Menschen und Glauben zu Gott: Sie sind beide geistig, aber vollkommen real.

Naja, (so würden viele Kritiker einwerfen) während ich einen Menschen, den ich liebe, sehen, anfassen und sogar riechen kann, ist die Liebe zu Gott doch sehr theoretisch. Das kann man doch nicht vergleichen!

Doch, (könnte der Christ antworten) denn Du liebst einen Menschen ja nicht aufgrund seiner einmaligen und genialen DNA-Struktur, oder wegen seiner wunderbar ausgewogenen biochemischen Zusammensetzung. Du würdest ja auch nicht auf die Idee kommen, einen Menschen auszustopfen und in Deiner Wohnung aufzustellen, damit Du nicht mehr alleine bist. Nein - das, was Du liebt, ist nicht der Körper, den Du siehst, sondern die Seele des Geliebten - und die ist nsichtbar, geistig, aber real. Und das, was Dich erregt und erhebt, ist wiederum nicht zunächst dessen körperliche Zärtlichkeit, sondern die Seele, die sich Deiner Seele zuneigt.

Dabei ist das Materielle zwar nur Ausdruck des Geistigen - denn die Materie selbst ist weder liebesfähig noch sinnerfüllt. Allerdings hat die Materie die unangenehme Eigenschaft, sich in den Vordergrund zu drängen, und - obwohl sie Ausdruck des Geistigen ist - leicht für das einzig Wirkliche genommen werden kann. Wenn wir so in einer Liebe das Feuer verlieren (oder in unserem Leben das Staunen über die gotteingeschaffene Schönheit der Welt - oder als Christ das tiefe Gespür für die Liebe Gottes) - wie können wir uns wieder erheben und aufschwingen zu geistigen Höhen?

Nun, wir könnten es mit Yoga probieren und unseren Körper mit Ecstasy abfüllen, oder bei Scientology eintreten, uns an kleine elektrische Maschinen anschließen, ganz oft in die Sauna gehen und dann glauben, wir hätten unseren Geist befreit und könnten uns nun zur Herrschaft über die Welt erheben. Christlich ist das alles nicht.

Christlich ist es, uns nicht vom Materiellen zu befreien, sondern uns mit Leib und Seele erheben zu lassen. Denn tatsächlich können wir uns die verlorene geistigen Wirklichkeit nicht durch Technik oder Praxis zurückerobern. Ein Vogel, der seine Flügel verloren hat, kann nicht mehr fliegen - da helfen auch keine Pseudo-Flügel aus Pappmaché. Wir brauchen jemanden, der uns erhebt. Christus.

Er ist der Auferstandene. Wir glauben nicht an "die Auferstehung" - sondern an Christus, den Auferstandenen. Wir glauben nicht an das "ewige Leben", sondern an Christus, der uns ewiges Leben schenkt. Davon müssen wir viel mehr reden, denken, beten und verkündigen: Christus.

Um so schlimmer ist es, wenn Christen - vor allem Priester -, die Zeugen einer vergeistigten Wirklichkeit sein sollen, die Seele im anderen leugnen und ihn zum Objekt degradieren. Missbrauch, Vergewaltigung und Folter sind deshalb verabscheuungswürdig, weil sie einen Menschen, der Subjekt ist und eine Seele hat, auf das rein Materielle reduzieren, die Seele leugnen (und somit schwer verwunden) und das Subjekt zum Gegenstand machen. Etwas Un-österlicheres kann es kaum noch geben; etwas stärker dem Christlichen entgegen Gesetztes ist kaum denkbar.

Die Kirche, so heißt es, macht zur Zeit eine nahezu beispiellose Krise durch. Krisen können heilsam sein, wenn wir Weichen neu stellen und aus Fehlern lernen. Eine Lehre muss mit Sicherheit lauten: Wir sollten nicht mehr so viel von uns reden, sondern mehr von Christus! - In meiner Priesterausbildung hieß es noch, wir Priester hätten kein anderes Werkezug der Seelsorge als nur uns selbst. Und unsere Aufgabe sei es, uns als Identifikationsfigur anzubieten, um "integrativ" tätig werden zu können.
Damit haben wir uns selbst überfordert und der Kirche großen Schaden zugefügt. Denn an diesem Anspruch können wir nur scheitern. Unsere Aufgabe ist es vielmehr, Christus verkünden - Ihn, den Gekreuzigten und Auferstandenen. Nicht uns selbst.

In einem Kommentar hieß es zu den Missbrauchsfällen: "Die Kirche hat keine andere Legitimation als die moralische. Diese aber hat sie nun verloren." - Falscher kann man nicht liegen: Unsere Legitimation ist nicht die Moral - sondern Christus. Wir sind nicht Priester, Eheleute oder Christen, weil wir so perfekt sind - sondern weil wir Gesandte sind, Beauftragte. Nur auf SEIN Wort hin sind wir, was wir sind. Und diese Legitimation kann niemals verloren gehen.

In unserem Kirchenräumen gibt es nicht nur Bilder des Leides - sondern ein ganz zentrales Zeichen der Auferstehung: Die Osterkerze. Mag diese Kirche muffig sein, zu dunkel oder mit zuviel Leidvollem vollgepackt: In ihr brennt doch das Feuer des Auferstandenen. Mag ich selbst als Teil der Kirche sündig sein, muffig, verdunkelnd und Leid verursachend: In mir hat Christus dennoch sein Feuer eingesenkt. Mag die Kirche als Gemeinschaft von Bischöfen, Priester, Diakonen und Gläubigen ebenfalls voller Makel sein - muffig, verstaubt und mit Leid und Schuld behaftet. In ihr lebt das Feuer, das am allerersten Ostern entzündet wurde, bis auf den heutigen Tag.

Stellen wir dieses Licht wieder auf den Leuchter, wo es hingehört (und nicht unter den Scheffel unserer eigenen Bedürftigkeit), dann leuchtet es allen, die die Wahrheit suchen.

Fürbitten