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Predigtvorschläge - Pfingsten
1. Predigtvorschlag

von Manfred Stücker (erstellt: 2020)

Wussten Sie, daß in früheren Jahrhunderten die Spitäler und Krankenhäuser oft „Zum Heiligen Geist“ genannt wurden? Es waren vielfach Stiftungen wohlhabender Menschen, die ein gutes Werk tun wollten. Oder es packte einen Fürsten, der Kriege geführt hatte, am Ende seines Lebens die Reue, und er wollte, daß die Menschen gut von ihm dächten und für ihn beteten, so daß er seine Seele rettete.

Ein berühmtes Beispiel für ein solches Hospital ist das „Hôtel-Dieu“ in Beaune im französischen Burgund. Ein Besuch dieser einzigartigen Anlage ist unvergeßlich. Schon die äußere Fassade und der Innenhof der Anlage machen einen feierlichen Eindruck. Hier wurde nicht einfach zweckmäßig gebaut. Sondern es gab sicher noch eine andere Überlegung, den Bau so aufwendig zu errichten. Zum einen war es wohl das Zurschaustellen der Großzügigkeit derer, die diesen Bau möglich gemacht hatten. Jeder sollte sehen: hier wurde nicht gegeizt! – Dann aber, so können wir vermuten, gab es noch einen anderen Grund: Die Kranken, die hier aufgenommen und gepflegt wurden, waren nicht einfach Menschen am Rande, sondern in ihnen wollte man Christus selbst erkennen. Hatte Christus nicht gesagt: „Ich war krank und ihr habt mich besucht“ (Mt 25,36)? Krankheit und Not gelten von daher in der Perspektive des christlichen Glaubens als Tor zur Nächstenliebe, in der sich die Gottesliebe vollendet und sichtbar bezeugt.

Hat das etwas mit dem heutigen Hochfest zu tun, mit Pfingsten? Ich finde, eine ganze Menge! Das haben schon die Menschen erkannt, die ihre Hospitäler „Zum Heiligen Geist“ benannten oder nach Heiligen, die sich der Kranken in besonderer Weise angenommen haben: die heilige Elisabeth von Thüringen und der heilige Franziskus von Assisi gehören dazu, der heilige Damian de Veuster, der sich auf Molokai der Aussätzigen angenommen hat, und die selige Schwester Maria Euthymia aus Halverde, die in unserem Bistum Münster große Verehrung genießt. Es waren immer wieder Menschen, die sich vom Geist Gottes haben entflammen lassen, und die so erkannt hatten: Die Menschen brauchen nicht schöne Worte, sie brauchen helfende Hände.

Gesundheit und Krankheit sind spätestens seit der Corona-Krise Themen, um die sich (fast) alles dreht. Darin verdichten sich viele Sorgen und Ängste der Menschen: Wird es auch mich treffen? Verhalte ich mich richtig? Habe ich genug getan, um mich zu schützen? Wie geht es weiter? – Manche fühlen sich schon irgendwie krank, obwohl sie es in Wirklichkeit gar nicht sind. Und die ständige Beschäftigung mit dieser Problematik, das ständige Kreisen um ein und dasselbe Thema können selber krank machen.

Der Heilige Geist ist der große Tröster. Er ver-tröstet nicht, er heilt. Das ist im eigentlichen, nicht im übertragenen Sinne zu verstehen. Der Glaube an Christus ist ein heilender, manche sagen sogar, ein „therapeutischer“ Glaube. Der katholische Theologe und Religionsphilosoph Eugen Biser (1918 – 2014) hat sehr engagiert diesen Ansatz vertreten. Ihm war wichtig: Gott ist aus seiner Verborgenheit und Transzendenz herausgetreten und hat sich dem Menschen zugewandt. Er hat dem Menschen die Gotteskindschaft geschenkt. So ist er Glaube an den lebendigen Gott nicht zuerst eine Moral, sondern ein Weg der Heilung.

Ich persönlich würde Moral und Heilung nicht gegeneinanderstellen, sondern meinen, daß sie sich ergänzen. Denn Moral ist ja kein Regelwerk von Verboten und Geboten, sondern geht auf die innerste Frage des Menschen ein, was wahr und gut ist im Leben. Und was wahr und gut ist, macht den Menschen auch heil. Die beste Therapie, die Gott uns in den Leiden und Nöten unseres Lebens anbieten kann, ist seine Liebe. Diese Liebe macht uns zu seinen Kindern. Kinder und Eltern, so haben wir jetzt gelernt, brauchen keine Distanz, kein Abstandsgebot zu erfüllen. Daß sie zusammengehören, zeigt sich in ihrer Nähe zueinander.

So will auch Gott uns seine Nähe schenken, indem er den Heiligen Geist sendet, die personhafte Liebe, die aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht, wie wir im Großen Glaubensbekenntnis sagen.

Wie können wir uns diese Liebe, die heilt und tröstet, vorstellen? – Nun, jeder von uns hat so etwas bestimmt schon einmal erlebt! Ich selber kann mich noch gut an einen wunderschönen Sonntagnachmittag in meiner Kindheit erleben. An diesem Tag hatte ich zusammen mit meinem älteren Bruder eine wunderbare Idee: Wir wollten als Gespann die Straße hinunterfahren – mein Bruder voran auf einem Fahrrad, und dann ich auf einem Dreirad, durch ein Seil mit ihm verbunden. Auf gerader Strecke funktionierte das perfekt, doch in der ersten Kurve passierte das Unvermeidliche: bedingt durch die Physik eines Dreirades verlor ich in der Kurve das Gleichgewicht und landete auf dem Asphalt, der zu allem Überfluß auch noch durch Schotter aufgewertet war. Ein arg lädiertes Knie war die Folge.

Wer kann in einem solchen Falle besser trösten als die Mutter? Nicht nur durch kundiges Versorgen der Wunde, sondern auch durch gute Worte und – durch sanftes Pusten auf die Wunde.

Da haben wir die Antwort auf unsere Frage, wie wir uns die Liebe und den Trost, der uns geschenkt wird, vorstellen können: Auf die Wunden unseres Lebens und unserer Seele, auf die Wunden auch, die wir uns gegenseitig zufügen durch Oberflächlichkeit und Neid, durch Mißverständnisse und fehlende Achtung voreinander, pustet der Heilige Geist mit dem Atem des neuen Lebens, um Heilung und Heiligung zu erwirken. Darum dürfen wir den Heiligen Geist, wie ich finde, ruhig mit dem tröstenden und heilenden Wirken einer Mutter vergleichen, die sich um ihr Kind kümmert. Und mit dem Wirken einer guten Krankenschwester und eines guten Arztes, die sich nicht nur um den Leib sorgen, sondern auch die Seele im Blick haben. Darum der Name „Zum Heiligen Geist“ für viele Hospitäler!

Der Heilige Geist ist der „Paraklet“, im wörtlichen Sinne der „Herbeigerufene“. Er will erbetet werden. Das tut die Kirche in der Pfingstnovene, in den Tagen vor dem Hohen Pfingstfest, und in den Bitt-Tagen. Mit Maria und den Aposteln haben wir uns auch jetzt versammelt, um für die Ankunft und die Tröstungen des Heiligen Geistes zu bitten und zu danken. Und ich kann mir kaum vorstellen, daß ein solcher Dank und eine solche Bitte der Kinder Gottes einfach ungehört verhallt. Und noch weniger kann ich mir vorstellen, daß dem Heiligen Geist gerade in unserer Zeit die Puste ausgeht.

2. Predigtvorschlag

von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2009)

Jedem ist es schon einmal passiert, jene Szene zu beobachten, wo der Fahrer im Auto sitzt und zwei oder drei andere mühsam anschieben und ergebnislos versuchen, dem Auto Geschwindigkeit zu verleihen, damit es wieder losfahren kann. Sie halten ein, wischen sich den Schweiß ab und schieben weiter an…
Dann plötzlich ein Lärm: Der Motor springt an, das Auto fährt, und die, die anschoben, bleiben mit einem Seufzer der Erleichterung stehen.

Das ist ein Bild dafür, was im christlichen Leben passiert. Durch ständiges, mühevolles Anschieben kommt man weiter, ohne große Fortschritte zu machen. Und dabei steht uns ein enorm machtvoller „Motor“ zur Verfügung: „die Kraft aus der Höhe“, die nur darauf wartet, in „Gang gesetzt“ zu werden. Das Pfingstfest sollte uns helfen, diesen „Motor“ und die Methode zu entdecken, ihn in Gang zu bringen.

Der Bericht der Apostelgeschichte beginnt mit den Worten: „Als der Pfingsttag gekommen war, befanden sich alle am gleichen Ort.“

Diesen Worten entnehmen wir, dass es vor Pfingsten schon ein Pfingsten gegeben haben muss. Es gab mit anderen Worten bereits im Judentum ein Pfingstfest, und während dieses Festes ereignete sich die Herabkunft des Heiligen Geistes.

Das christliche Pfingsten ist nicht zu verstehen, ohne das jüdische Pfingsten in Betracht zu ziehen, das ersteres vorbereitet hat.

Im Alten Testament gab es zwei Interpretationen des Pfingstfestes. Am Anfang war es das Fest der sieben Wochen, das Erntefest, als Gott das erste Getreide dargebracht wurde; später aber – und ganz gewiss zur Zeit Jesu – kam dem Fest eine neue Bedeutung zu:
Es war dann das Fest der Übergabe des Gesetzes auf dem Berg Sinai, das Fest des Bundes.

Wenn der Heilige Geist ausgerechnet an dem Tag auf die Kirche herabkommen will, an dem in Israel das Fest des Gesetzes begangen wird, will das besagen, dass der Heilige Geist das neue Gesetz ist, das geistliche Gesetz, das den neuen und ewigen Bund besiegelt; ein Gesetz, das nicht mehr auf Steintafeln geschrieben steht, sondern auf Tafeln aus Fleisch: den Herzen der Menschen.

Diese Überlegungen lassen sofort eine Frage aufkommen: Leben wir unter dem alten Gesetz, oder unter dem neuen? Erfüllen wir unsere religiösen Pflichten aus Zwang, aus Angst oder Gewohnheit, oder vielmehr aus einer inneren Überzeugung heraus – weil wir davon „angezogen“, begeistert sind? Nehmen wir Gott als Vater oder als Gebieter wahr?

Ich möchte mit einer Geschichte schließen. Zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts wanderte eine Familie aus Süditalien in die Vereinigten Staaten aus. Da sie nicht genügend Geld hatten, um das Essen in einem Restaurant zu bezahlen, nahmen sie sich Reiseproviant mit: Brot und Käse. Als die Tage und Wochen verstrichen, vertrocknete das Brot und verschimmelte der Käse. Der Sohn hielt es schließlich nicht mehr aus und weinte nur noch. Die Eltern nahmen das wenige Geld, das sie noch hatten, und gaben es ihm, damit er ins Restaurant gehen könnte, um etwas zu sich zu nehmen. Der Sohn ging, aß und kehrte unter Tränen zu seinen Eltern zurück: „Was denn? Wir haben alles ausgegeben, um dir ein gutes Essen zu zahlen, und du weinst immer noch?“ – „Ich weine, weil ich entdeckt habe, dass eine Mahlzeit pro Tag im Restaurant im Preis inbegriffen war und wir die ganze Zeit über Brot und Käse gegessen haben.“


Viele Christen gehen durchs Leben, indem sie „Brot und Käse“ essen – ohne Freude und ohne Begeisterung –, während sie in einem geistlichen Sinn gesprochen jeden Tag alles mögliche Gute genießen könnten, all das, was „im Preis, Christ zu sein, inbegriffen“ ist.

Das Geheimnis, die Erfahrung dessen zu machen, was Johannes XXIII. „ein neues Pfingsten“ nennt, heißt: Gebet.
Es können die auswendig gelernten Gebete sein, oder die vielen guten Gebete und Lieder im Gotteslob , die wirklich einen Schatz darstellen, aber auch – und vielleicht mangelt es uns da manchmal an Mut oder Zeit – die freien, aus dem Herzen mit den eigenen Worten formulierten.
Auf jeden Fall: Dort „funkt es“, so dass der Motor anspringt! Jesus hat verheißen, dass der himmlische Vater den Heiligen Geist denen geben wird, die darum bitten (Lk 11,13). Bitten wir also!

3. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2006)

Liebe Gemeinde!

Ich erinnere mich, daß meine Mutter oft gesagt hat, für sie sei Pfingsten das schönste Fest. Vermutlich hat diese persönliche Wertung auch etwas damit zu tun, daß Pfingsten in den Frühling fällt, wenn es in der Regel warm ist und alles in Blüte steht. Aber gewiß empfand meine Mutter auch den Inhalt des Festes als besonders tröstlich und aufbauend, spricht die Heilige Schrift doch vom Heiligen Geist als dem Tröster.

Wenn wir näher hinschauen, entdecken wir eine ganz unerwartete Fülle von biblischen Bildern und Namen für den Heiligen Geist, einen solchen Reichtum, daß ich heute nur einen ganz kleinen Ausschnitt davon darlegen kann. Unsere Zeit leidet sehr unter der Geistlosigkeit, wogegen sich schon der Apostel Paulus mit der Mahnung wenden mußte: „Löscht den Geist nicht aus!“ (1 Thess 5,20) Geistlosigkeit gibt es in verschiedenen Ausprägungen: als platten Materialismus, d.h. als theoretische Lehre, wonach alles eine Funktion der Materie ist, auch das menschliche Denken, Fühlen und Wollen, womit zugleich eine Praxis verbunden ist, insbesondere die Verherrlichung des Konsums, die Anbetung des Geldes und die Vergötzung der Gesundheit als des höchsten Gutes. Geistlosigkeit äußert sich ferner in einer gewissen rationalistischen Denkungsart, die nur das gelten läßt, was sich wissenschaftlich nachweisen läßt. Der Mensch wird auf seinen Kopf, seinen Verstand reduziert, das Herz, der Sitz der Gefühle, wird nicht ernst genommen. Als Folge wird im Menschen jede Freude erstickt.

Geistlosigkeit gibt es selbst in der Kirche, wenn nämlich die Institutionen und die äußeren Strukturen derart einseitig betont werden, daß das innere Leben aus dem Bewußtsein aus dem Bewußtsein verschwindet. Wir spüren, wir sind heute mehr denn je auf den Geist Gottes angewiesen.

Paulus schreibt im Römerbrief: „Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.“ (Röm 5,5) Die Wahrheit dieses Satzes können wir nicht wissenschaftlich beweisen, und sie schlägt sich auch nicht unmittelbar im äußerlich sichtbaren Leben der Kirche nieder. Es ist zum Beispiel keineswegs sicher, daß die deutsche Kirche mehr vom Geist Gottes mitbekommen hat als etwa die französische, obwohl unsere Kirchen­gebäude super intakt sind und wir unvergleichlich viel mehr Institutionen unterhalten als die französischen Christen. Es ist zwar bedauerlich, daß zur Zeit die Kirchensteuermittel drastisch zurückgehen, aber dieser Umstand bedeutet keineswegs, daß uns der Heilige Geist mehr und mehr fehlt. Es könnte sogar sein, daß der ungewohnte Zwang zum Sparen uns die Augen neu öffnet für die viel bedeutendere Wirklichkeit des Heiligen Geistes.

„Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.“ Was damals in Jerusalem geschehen ist, das ist nichts Einmaliges, sondern ist im Gegenteil etwas, das sich immer wieder ereignet. Das einzig Besondere am Pfingstereignis waren die spektakulären Begleitumstände der Geistsendung: das Sturmesbrausen, das Sprachenwunder und die große Zahl derjenigen, die durch die Predigt des Petrus bekehrt wurden. Ansonsten aber geschieht jeden Tag auf der ganzen Welt Eingießung des Heiligen Geistes. Natürlich nicht überall und bei jedem! Die Apostel haben sich zuvor zum einmütigen Gebet versammelt (Apg 1,14), sie mußten geduldig warten und konnten das Kommen des Geistes nicht herbeizwingen. Und sie wußten, was ihnen fehlte! Sie hatten die Abschiedsworte Jesu noch gut im Gedächtnis, wonach er sie nicht allein lassen, sondern ihnen den Beistand senden wollte, den Geist, der sie in der Wahrheit halten und in der Anfechtung stärken sollte. Sie fühlten die Leere in ihren Herzen und sehnten sich danach, daß Gott selbst diese Leere füllen möge!

Das, liebe Schwestern und Brüder, ist die Voraussetzung für das Kommen des Geistes und wohl das, was uns zu allererst fehlt. Selbst in den Stunden, in denen wir uns leer fühlen, erwarten wir nicht von Gott, daß er uns umwandeln und neuschaffen möge – sondern wir suchen unruhig nach Ersatzmitteln, die uns die Leere nicht spüren lassen, oder wir schimpfen über Gott und die Welt und versinken in Mißmut. Und warum ist das so? Weil uns von allen Seiten eingeredet wird, jeder Mangel ließe sich durch Konsum beheben: Hunger durch Essen, Kopfschmerzen durch Pillen, Liebeskummer durch Alkohol usw. Womit wir wieder beim Thema Geistlosigkeit wären. Der geistlose Mensch weiß am allerwenigsten, was ihm fehlt. Wir haben zu wenige Vorbilder, Menschen, deren sprühender Geist uns auf die richtige Spur bringt, deren Begeisterung uns ansteckt und deren Liebenswürdigkeit uns aus unserer Selbstsucht herausreißt.

„Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.“ Paulus beschreibt hier eine Erfahrung, die er an sich selbst und an den Mitgliedern seiner Gemeinden gemacht hat. Gottes Geist ist uns ins Herz gegeben, in das Zentrum unserer Persönlichkeit. Auf dem Grunde unserer Seele flößt er uns gute Gedanken ein und richtet uns auf das Heilige aus, lockt uns immer neu, daß wir das Hohe und Heilige lieben. Ein Theologe aus dem 12. Jahrhundert drückt dies so aus:

„Der Heilige Geist ist in Wahrheit göttliches Feuer. Alle Liebe ist Feuer, aber geistiges Feuer. Was das stoffliche Feuer mit dem Eisen tut, das bewirkt dieses göttliche Feuer im unreinen, kalten, harten Herzen. Wo es ihm eingesenkt wird, legt der Menschengeist allmählich alle Schwärze, Kälte, Starre ab und wird ganz nach dem Wesen dessen, der ihn in Brand setzt, verwandelt. Durch das Flammen des göttlichen Feuers wird er in Glut versetzt, beginnt zu brennen, wird verflüssigt in die Liebe Gottes hinein, nach dem Wort des Apostels: Die Liebe Gottes ist ausgegossen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist (Röm 5,5).“

Richard von St. Viktor: De Trinitate VI c. 14. - Dt. Übersetzung: Die Dreieinigkeit. Übertragung und Anmerkungen von Hans Urs von Balthasar. Einsiedeln: Johannes 22002, 202f.

4. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2005)

Liebe Gemeinde!

Die Jugendlichen, die wir vor einigen Tagen zur Firmvorbereitung eingeladen haben, fragen sehr häufig: „Wozu brauchen wir die Firmung überhaupt?“ – Und es ist gar nicht so leicht, darauf eine kurze Antwort zu geben, die sofort einleuchtet. Wenn wir allerdings ehrlich sind, müssen wir zugeben, daß es kaum leichter ist, die entsprechende Frage zu beantworten, wozu wir die Kommunion eigentlich brauchen. Der Unterschied ist nur, daß niemand eine solche Frage stellt, und es ist auch leicht zu erraten, warum das so ist. Wer würde schon die Erstkommunionfeier in Frage stellen!? Und 9jährige Kinder fragen auch noch nicht so hartnäckig wie 15jährige Jugendliche.

Wozu brauchen wir also die genannten Sakramente? Was antworte ich den Jugendlichen, die mich so fragen? Ich beschränke mich heute auf die Frage nach der Firmung, zur Eucharistie soll am Fronleichnamsfest etwas gesagt werden.

Wir brauchen die Firmung, um firm zu werden in unserer Beziehung zu Gott. Diese ist dreigestaltig, wie ich in den letzten Sonntagspredigten ausgeführt habe: in Glaube, Hoffnung und Liebe lebt unsere Beziehung zu Gott, aber wir müssen zugeben: es könnte mehr sein. Glaube, Hoffnung und Liebe gibt es in sehr verschiedenem Grad, und wer wollte leugnen, daß uns eine Intensivierung in dieser dreifältigen Beziehung zu unserem Herrgott durchaus nützlich ist, ja nachgerade nottut?

Nun merken wir aber, daß uns diese Einsicht allein fast überhaupt nicht weiterhilft. Es gibt ja so Vieles, was man sich wünschte, aber man kann eben nicht alles. Ich denke, daß der sog. Durchschnittschrist ungefähr so über die Notwendigkeit denkt, im eigenen Glaubensleben fortzuschreiten. Sie müssen jetzt aber nicht fürchten, ich würde am liebsten die Seele der Münsterländer umkrempeln und aus ihnen flippige Charismatiker machen wollen, die ihre Arme gen Himmel strecken und den Heiligen Geist um seine Gaben anflehen. Mit Gewalt geht gar nichts, und bekanntlich liegt ja in der Ruhe die Kraft, und gegen solche kraftspendende Ruhe werde ich bestimmt nichts sagen.

Leider wird die besagte Ruhe oft mit Gemütlichkeit oder gar Bequemlichkeit verwechselt. Die seichte Sattheit desjenigen, der aus seiner behaglichen Ruhe nicht gestört werden will, ist allerdings eines der Haupthindernisse für den Heiligen Geist, der nicht von ungefähr mit Sturmesbrausen in Verbindung gebracht wird. Er will in Bewegung setzen, antreiben, Mut machen, voranbringen – und wenn wir nur unsere Segel setzen wollten, dann könnte er sein Werk an uns vollbringen. Langsam, aber sicher würde es vorangehen mit unserem Glauben, unserer Hoffnung und unserer Liebe. Mit einer geheimnisvollen Stille und Ruhe wirkt der Heilige Geist sein Werk in den Herzen seiner Gläubigen, er „selber tritt für uns ein mit Seufzen, das wir nicht in Worte fassen können“, wie es der Apostel aus eigener Erfahrung sagt. (Röm 8,26) Aber es ist eben eine Ruhe, die aus der Tiefe eine überirdische Kraft bezieht – eine Kraft, die damals die Apostel auf die Straßen von Jerusalem trieb und sie derart erfüllte, daß aufgrund ihrer geisterfüllten Predigt allein an jenem Tag 3000 Menschen getauft werden wollten.

Doch auch schon damals gab es die anderen, die das Motto ausgeben: „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht!“ Die fühlten sich damals in der Tat gestört vom Heiligen Geist und von denen, die plötzlich wieder von Jesus Christus redeten, obwohl man doch gemeint hatte, ihn endgültig getötet und seine Freunde mundtot gemacht zu haben. Es gibt sie auch heute, und zwar in großer Menge, außerhalb der Kirche, aber auch innerhalb, Wölfe im Schafspelz, sogar bis in die Spitzenetagen hinauf, geistlose Typen, die nur an die eigene Karriere denken, Hirten, die nur sich selber weiden und die Schafe allein der Wolle wegen lieben. (Vgl. Ez 34,2-4) – Ein Volk, das sich in falscher Ruhe einlullen und von geistlosen Fernsehsendungen verdummen läßt, ist für die Interessen einer egoistischen Führerschaft leichter einzuspannen als ein Volk, das sich vom Heiligen Geist antreiben läßt.

Das ist die politische Seite unserer Frage, wozu wir die Firmung und den Heiligen Geist brauchen. Diese Seite soll uns jetzt nicht weiter interessieren, obwohl es auf der Hand liegt, daß unser Volk allein aufgrund dieses Zusammenhangs ein neues Pfingsten wahrhaft nötig hat. In der Beziehung zu Gott firm zu sein und es immer mehr zu werden, ist keine Nebensache, für die sich nur einige weltfremde Theologen interessieren. Es ist die Hauptsache, von der alles abhängt: die soziale wie auch die individuelle Wohlfahrt. Es nützt nichts, über die Politiker zu schimpfen. Einer alten chinesischen Weisheit gemäß ist es besser, ein Streichholz anzuzünden als über die Finsternis zu schimpfen. Welches sind die Streichhölzer, die wir heute gegen die Dunkelheit anzünden können? Wir selbst sind es, wir Menschen mit unseren verschiedenen Gaben und Fähigkeiten, die Licht und Wärme spenden können, wenn wir unsere Glut nur vom Sturmwind des Heiligen Geistes anfachen lassen.

Es liegt allein an uns, ob wir uns in diesen göttlichen Wind stellen oder ob wir unsere Gaben verkümmern lassen wollen. Es fängt schon bei der Mitfeier der Messe an: Haben wir eine distanzierte, selbstgefällige Haltung, warten wir ab, was kommt – die Arme verschränkt? Lassen wir die Liederbücher geschlossen und warten wir nur darauf, bis der Organist oder der Chor einen falschen Ton erklingen lassen, damit wir anschließend Grund zum Lästern haben? Oder lassen wir uns mitreißen, begeistern? Participatio actuosa, aktive Teilnahme hat das Zweite Vatikanische Konzil die geforderte Mitfeier der Eucharistie genannt. Wir sind noch immer weit von diesem Ziel entfernt.

Stellen wir uns das Wirken des Heiligen Geistes nicht allzu mystisch vor – so als müßten wir darauf warten, daß wir irgendwann seine Anwesenheit in unserem Inneren spüren. Der Geist wirkt zwar im Innern, aber er wirkt anläßlich von Geschehnissen um uns herum, vor allem wirkt er auch durch Menschen. Gerade jetzt wirkt er anläßlich meiner Predigt in Ihrem Innern. Er wirkt durch die schönen Stimmen des Frauenchores, durch das Lächeln Ihres Banknachbarn, durch Orgelklang und sogar durch Gitarren und Schlagzeug. Er kann durch fremde Menschen genauso wirken wie durch bekannte, manchmal sogar wirksamer durch fremde, weil diese oft eine Tür öffnen, durch welche wir aus unseren festgefahrenen Überzeugungen herauskommen und für Überraschungen offen werden. Und es ist bestimmt nicht der Heilige Geist, der die Tür sogleich wieder zumacht, es ist nur der eigene Vogel, der mich in meinen Vorurteilen bestätigt.

Heute ist Pfingsten! Heute gießt der Heilige Geist seine Gaben in größerer Fülle aus und schleicht sich neu in unser Herz hinein. Bitten wir ihn um die Stärkung wenigstens einer Tugend, sei es die Freundlichkeit, sei es die Geduld oder sei es die Treue!

5. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder, ich muss Ihnen allen etwas Trauriges mitteilen:
Unserer Gemeinde ist der Beistand von oben, der Hl. Geist, und die Aussicht auf den Himmel gestohlen worden. Im ganz handgreiflichen Sinne. Es muss Freitag passiert sein. Zwischen 13 und 17 Uhr etwa.

Diebe sind in unsere Pfarrkirche gekommen und haben vom Taufbecken die silberne Heilig-Geist-Taube abgeschraubt und aus der Krypta einen antiken, musizierenden Engel aus Holz weggenommen. Beides ist nicht mehr zu finden, weder Taube noch Engel.Es ist Anzeige gegen unbekannt erhoben worden. Wir müssen abwarten. Große Hoffnung, die sakralen Gegenstände wiederzubekommen, hege ich nicht.
Das ist eine wirklich traurige Nachricht. Nicht nur der materielle und besonders der ideelle Verlust schmerzen. Nach längerer Pause müssen wir mit den Verantwortlichen in der Gemeinde wieder darüber sprechen, wie man die Kirche offen halten kann, ohne dass sie selber oder die Einrichtung Schaden nimmt.
Genau vor Pfingsten werden uns die Taube und der Engel gestohlen. Bei aller Traurigkeit und auch Wut über diese Tat, liegt darin auch eine Botschaft an uns alle, an unsere Gemeinde.
Wir sind bestürzt, dass die Taube aus Silber und der Engel aus Holz fort sind. Das ist schlimm.
Schlimmer wäre es, wenn das, wofür sie stehen, uns als Gemeinde genommen wäre. Wir wären wesentlich ärmer dran, wenn uns die Kraft des Hl. Geistes und die Aussicht auf den Himmel genommen wären.

Denn ohne beides, wären wir als Gemeinde wie tot. Uns fehlte der Antrieb und das Ziel für unser Leben.

Der Hl. Geist ist der innere Antrieb unseres Lebens als Kirche insgesamt und als einzelner Christ, als einzelne Christin.
Der Geist ist die Gabe an die Jünger, nach der Himmelfahrt:
Ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll ... Er wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.
So hat es Jesus den Seinen verheißen.
Der Hl. Geist ist der Garant dafür, dass wir Jesus bei uns haben, seine Gegenwart spüren, ja verkosten können. Der Geist wirkt in den Sakramenten, er schlägt sich nieder in den Dokumenten der Kirche, wenn sie als ganze spricht. Der Hl. Geist ist nicht der große Revolutionär, der alles umwirft, oder gar zu Ungehorsam in der Kirche aufruft – er ist der, der Einheit schafft und nicht spaltet, der vertieft und durchdringt, der Ewigkeit atmet und eben nicht Zeitgeist.

Wie kommt der Heilige Geist? Sicherlich in den Sakramenten, die wir empfangen. Besonders in der Taufe und in der Firmung wird er uns je ganz persönlich zugesprochen. Dabei ist er kein Zaubergeist, der automatisch wirkt. Er ist aber die nie versiegende Quelle, aus der wir trinken können. Unsere Aufgabe ist es, diese Quelle anzuzapfen. Wie ein Schlauch an den Wasserhahn, müssen auch wir uns an der sprudelnden Quelle festmachen, damit die Wasser fließen können.
Wir machen uns fest am Hl. Geist, wenn wir beten. Das gilt für den einzelnen Gläubigen, wie für die Kirche als Ganze.

Davon spricht ja die Apostelgeschichte. Die Jünger mit Maria waren zusammen, blieben zusammen und beteten, als der Geist kam.
Papst Benedikt bemerkt hierzu:

„Zusammenbleiben war die Bedingung, die Jesus für den Empfang der Gabe des Heiligen Geistes stellte; Voraussetzung für die Eintracht war ihr ständiges Gebet.“ (Pfingstansprache 4. Juni 2006) 
Der Papst erkennt darin „den Entwurf einer ausgezeichneten Lehre für jede christliche Gemeinschaft. Man denkt bisweilen, dass der missionarische Erfolg hauptsächlich von einer genauen Planung abhänge, auf die dann konkretes Bemühen um ihre intelligente Umsetzung folgen müsse. Sicher, der Herr verlangt unsere Mitarbeit, aber vor jeder Antwort unsererseits bedarf es seiner Initiative:
Sein Geist ist der wahre Hauptakteur der Kirche. Die Wurzeln unseres Seins und unseres Handelns liegen im klugen, im weisen Schweigen Gottes.
Liebe Schwestern und Brüder!
Angesichts des Diebstahls in unserer Kirche wird uns auch bewusst, dass auch in unserem Dorf der Glaube sowie die Ehrfurcht vor dem Glauben und dem Eigentum anderer nicht mehr selbstverständlich sind. Wir sollten nun deshalb nicht verzagen oder wütend werden. Sondern wir wollen zusammenbleiben und beten:
aus Dankbarkeit für den Glauben, um Reue der Diebe, um Gottes Geist und Beistand für unsere Gemeinde, für unsere Lieben, für unser Gemeinwesen.

Liebe Schwestern und Brüder!
In der Taube versinnbildlicht sich der Hl. Geist, die Kraft von oben, die uns auf dieser Erde im Glauben hält und voranschreiten lässt.

Im Engel, der musiziert, sehen wir den Lohn, das Ziel unseres Glaubens auf Erden. Im Himmel nämlich geben die Engel Gott die Ehre. Dorthin sehnen wir uns, weil der Geist uns daran erinnert, dass diese Erde eben nicht alles ist, sondern dass das ewige Leben in der Anschauung Gottes auf uns wartet.
Wenn wir zusammenbleiben und miteinander im Geist und um den Geist beten, dann sind wir auch immer verbunden mit der himmlischen Liturgie, mit den Engeln und Heiligen, mit allen, die vor uns geglaubt haben.
Wenn wir beten, halten wir den Himmel offen für uns und andere. Dann ist diese Welt nicht mehr so eng und bedrückend. Auch nicht mehr der Tod.

Liebe Schwestern und Brüder! Jede Kirche lädt zum Gebet ein, hält den Menschen den Himmel offen und damit die Hoffnung auf ewiges Leben aufrecht. Deshalb wird unsere Kirche auch weiterhin geöffnet sein.      Tauben aus Silber und Engel aus Holz kann man uns stehlen. Die Kraft von oben, den Hl. Geist, und die Aussicht auf den Himmel lassen wir uns nicht nehmen und nicht rauben. Amen.

6. Predigtvorschlag

Gottes Heiliger Geist macht die Kirche jung

Papst Johannes Paul II. hinterläßt nach den Worten seines Nachfolgers Benedikt XVI. eine „eine mutigere, freiere und jüngere Kirche“. Ein anderes Wort für Mut, Freiheit und Jugend ist: Pfingsten. Heute ist Pfingsten, das Fest der Kirche, die sich immer erneuert und die immer jung ist.

Es gibt einen Jugendlichkeitswahn, der nicht gesund ist. In der Werbung begegnen uns fast nur Menschen, die kerngesund, braungebrannt und vor Vitalität strotzend durchs Leben springen. Selbst wenn Senioren abgebildet sind, kommen sie offenbar gerade von einem Schönheitschirugen. Eine solche Jugendlichkeit ist hier nicht gemeint. Der Heilige Geist ist auf jeden Fall der große Fürsprecher auch der Kranken, weswegen auch die Spitäler im Mittelalter ihm geweiht waren, aber er verspricht uns nicht, daß wir nicht älter werden, daß wir nicht Schmerzen und Behinderungen ertragen müssen, daß wir nicht einmal angewiesen sein werden auf fremde Hilfe und Betreuung. – Das alles gehört zum Leben auch dazu, wie auch das Sterben und der Tod Teil unserer menschlichen Existenz ist, ein Teil, der nicht ausgeblendet werden kann, es sei denn um den Preis der Wahrheit.

Dennoch ist der Heilige Geist einer, der jugendlich macht. Er ist der Stifter einer jugendlichen Kirche. – Wie ist das zu verstehen? Ganz einfach! Weil der Heilige Geist derjenige ist, der die Kirche in die Zukunft führt. Er ist sozusagen die Triebfeder der christlichen Hoffnung und Zukunftserwartung. Er führt die Gläubigen, also uns, in die Zukunft, das heißt in die Heimat, die uns Gott bereitet.
Wer zuversichtlich in die Zukunft schauen kann, ist jung geblieben. Denn jung sein bedeutet, die Zukunft noch vor sich zu haben. Jung oder alt zu sein, ist darum keine Frage der Lebensjahre, die man schon hat oder noch nicht hat. Sondern die Jugendlichkeit hängt davon ab, wie sehr einer bereit ist, Zukunft und Hoffnung sich selbst – und übrigens auch anderen! – zuzuschreiben.

Vor einiger Zeit kam ich mit einem jungen Mann über genau dieses Thema – die Zukunft und was sie uns bereithält - ins Gespräch, und schon nach wenigen Momenten merkte ich: dieser Mann ist zwar jung an Jahren, aber in seiner Gesinnung alt und verknöchert. Was mich erschütterte, war vor allem seine Meinung: Heute noch ein Kind zu bekommen, sei kaum noch zu verantworten, denn dieses Kind würde ja in eine schlechte, in eine kaputte Welt hineingeboren. -

Wer so spricht, ist alt, ganz alt. Er hat die Hoffnung aufgegeben. Was soll man dazu noch sagen? Gibt es nicht tatsächlich viele Probleme und Schwierigkeiten in dieser Welt? Aber bin ich nicht auch ein Teil von dieser Welt? Bin ich nicht berufen, diese Welt zu gestalten und, wenn möglich, ein bißchen besser zu machen? – Und wenn das die Einstellung der Menschen vor 60 Jahren gewesen wäre, hier bei uns in Deutschland, als alles in Trümmern lag, wenn alle damals das gleiche gesagt hätten wie dieser junge Mann – was wäre dann aus uns geworden?Wäen wir dann jetzt hier, in Sicherheit, in noch nie dagewesenem Wohlstand?

Nein: Die Welt ist so heil oder so kaputt, wie es in unserem eigenen Inneren heil und kaputt ist. Das bedeutet ja Pfingsten: Pfingsten läßt uns den Heiligen Geist feiern und bekennen, der heilt, was kaputt ist. Alle Außenprobleme unserer sind in Wirklichkeit Innenprobleme von uns Menschen, die tief in unserem Inneren ihre Wurzeln haben. Die Atombombe ist nicht gezündet worden, weil Gott es befohlen hätte, sondern weil Menschen mit ihren Innenproblemen geglaubt haben, das sei die Lösung der Probleme. Und die Umweltverschmutzung, so schlimm sie ist, steht der Innenweltverschmutzung gegenüber und hat darin ihre wahren Ursachen. Ein Mensch, der nicht mehr weiß, wem er sich und sein Leben und diese wunderbare Welt zu verdanken hat, ein Mensch, der also ein Innenweltproblem hat, der weiß auch irgendwann nicht mehr, wie er sich gegenüber der Schöpfung zu verhalten hat: statt sie zu bewahren und zu hegen, mißbraucht und vergewaltigt er sie.

Eine Gesellschaft, die nicht einmal mehr Kinder mehr haben will und darum ihre eigene Zukunft verhindert, braucht nichts nötiger als den Heiligen Geist, der die innere Vergreisung aufbricht und neuen Mut und neue Hoffnung zur Zukunft schenkt. Denn die wirkliche Zukunft machen nicht Menschen, sondern sie ist ein Geschenk Gottes. Darum ist die Antwort auf diese Zukunft nicht Sorge und Depression, sondern Dankbarkeit und Zuversicht.

Auch in der Kirche haben wir diese Haltung der Zuversicht und der dankbaren Zukunftserwartung immer wieder nötig, vor allem in unseren Breiten, auch in unserer Gemeinde. Was haben wir alles für wunderbare Gelegenheiten, uns innerlich zu verjüngen und Anteil zu nehmen an einer Kirche, die im Glauben jugendlich ist: (Beispiele nennen!) – Das alles sind pfingstliche Ereignisse, in denen der Heilige Geist uns Mut macht, den Weg weiterzugehen.

Mit diesem Mut, den der Heilige Geist in unserer Mitte erneuern will, verträgt sich ganz und gar nicht, wenn dauernd in der Gemeinde genörgelt wird, wenn plötzlich hier und da versteckte Anklagen laut werden, wenn Gerüchte ausgestreut werden und bereitwillig negative Nachrichten gehört und weiterverbreitet werden. Manchmal habe ich den Eindruck, selbst Leute, die sonst in der Gemeinde mittun, haben unbändige Lust daran, etwas, das sie vielleicht selbst überfordert, sofort schlechtzumachen und durch ihre Kritik mit ätzender Kritik zu überziehen. Damit muß jetzt Schluß sein.
Wenn wir wirklich Pfingsten feiern wollen, muß das auch bedeuten, dem Geist Raum zu geben, einem Geist, der weiterreicht als der manchmal allzukleine Horizont eigener Erwartungen oder eigener Wünsche.

Darum feiern wir Pfingsten: weil dieses Fest uns nicht wehmütig zurückblicken läßt, wie schön und wie einfach es doch früher gewesen ist, sondern weil der Heilige Geist auch heute wirken will. Wirken in einer Zeit, die oft nicht weiß, ob sie der Zukunft trauen soll. Wer den Geist hat, traut dem lebendigen Gott das Größere zu. Und daß er immer Größeres im Sinn hat, als wir uns auszudenken vermögen, das hat er bereits 2000 Jahre lang bewiesen.

7. Predigtvorschlag

Das Zeichen des Feuers

Das Feuer hat auf die Menschen aller Zeiten große Anziehungskraft ausgeübt. Als Kind zog ich mit meinen Freunden immer wieder aus, und vor allem in der kälteren Jahreszeit zündeten wir irgendwo draußen, auf dem Feld, ein wärmendes Feuer an, um das wir uns versammelten. Zu Hause wurde anfangs noch ausschließlich mit Feuer in einem Herd geheizt und auch gekocht. So lernte ich früh, worauf es ankommt, damit ein Feuer nicht nur angeht, sondern auch ordentlich Hitze entwickelt. Wenn es ein gutes Feuer war, konnten wir draußen sogar Blei darauf schmelzen und in Formen gießen, die wir in den Sand gedrückt hatten.

Pfingsten ist das Fest, an dem der Wunsch Jesu Wirklichkeit wird, der gesagt hat: „Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen!“ (Lk 12,49). In Gestalt feuriger Zungen kommt der Heilige Geist auf die Jünger herab, die sich im Gebet versammelt haben (Apg 2,3). Dieses Feuer, das da auf die junge Kirche herabkommt und sich ausbreitet überall auf der ganzen Welt, dieses Feuer ist kein Strohfeuer. Es ist ein Feuer, das bleibt. Strohfeuer schneller Begeisterung, die dann aber rasch wieder abebbt, die gibt es auch in unseren Tagen zu Genüge. Strohfeuer, die schnell aufflammen, dann aber schon bald wieder ausgehen – das kann es nicht sein, das kann kein Bild für das Feuer des Heiligen Geistes sein.

Der Heilige Geist ist Feuer von einer anderen Art, er ist Feuer, der wie ein richtiges, intensives Feuer durchglüht und verwandelt. Mit einem solchen richtigen Feuer ist nicht zu spaßen. So ist der Heilige Geist auch kein Spaßmacher in dieser Welt, wohl aber einer, der wirklich Freude bringt. Spaß ist oberflächlich, Freude geht in die Tiefe. Der Heilige Geist will uns in die Tiefen Gottes führen. Pfingsten ist kein „neues“ Fest neben Weihnachten und Ostern, sondern es steht ganz in der Linie von Ostern. „Pfingsten“, das heißt ja zunächst: fünfzig. Der fünfzigste Tag. Nachdem siebenmal sieben Tage lang die Auferstehung Christi von den Toten gefeiert worden ist, ist der fünfzigste Tag der Beginn der Ausbreitung der Freudenbotschaft in die ganze Welt: Christus ist auferstanden von den Toten! Diese Botschaft soll, ja muß bis in den letzten Winkel dieser Welt gelangen. Damit alle Menschen in dieser neuen Wirklichkeit leben und die neue Würde empfangen, die Gott dem Menschen geschenkt hat.

Am Beginn des Osterfestes stand das neue Feuer: Das Licht der Auferstehung Christi erhellt die Nacht der Gräber. Am Ende der fünfzigtägigen Osterzeit steht wieder ein Feuer: diesmal das Feuer, das in den Aposteln, in den Zeugen, brennt und sie zu Boten des Evangeliums werden läßt. - In einem außerbiblischen Wort, das aber gut bezeugt ist und das durchaus echt sein kann, sagt Jesus: „Wer mir nahe ist, ist dem Feuer nahe“ (kopt. Thomasevangelium, Logion 82). - Das ist kein leichtes Wort! Keins, das man schnell dahersagt auf Sonntagsreden oder ins Poesiealbum mit Goldbuchstaben schreibt. – „Wer mir nahe ist, ist dem Feuer nahe“!

Da ist die Hitze mit drin, da spricht Jesus von der Erprobung, vom Schmelztiegel des Leids. Im Leid bewährt sich die Nachfolge Jesu. Das ist auch der Kirche von heute gesagt: Den Jüngern wurde von Jesus nicht Erfolg und Ansehen, nicht Glanz und Gloria versprochen bei der Verkündigung der Frohen Botschaft, sondern vielmehr ein Ackern und sich abrackern, ein Tragen und Ertragen.
So muß die Kirche heute, so müssen wir - denn wir alle sind kraft unserer Taufe und Firmung Kirche - sicher ganz neu und ganz aufmerksam acht geben auf das, „was der Geist den Gemeinden sagt“ - wie es in der Offenbarung des Johannes immer wieder heißt, wenn es darum geht, das zu übermitteln, was der auferstandene und fortlebende Christus in den Gemeinden bewirken will (Offb 2,7.11.17.29; 3,6.13.22). Und das alles wird besonders aktuell – jetzt, da wir zu einer neuen Gemeinde zusammenwachsen, wo bislang drei Gemeinden waren.

Da geht es nicht darum, die Asche weiterzutragen, sondern das Feuer. Bislang waren wir in unserem Land nach dem letzten Weltkrieg einen sicheren Status der Kirche in unserer Gesellschaft gewohnt. Es gibt eine ganze Menge kirchlicher Einrichtungen, und so kann es den Anschein haben, als habe die Kirche sich in dieser Welt eingerichtet. Wenn aber der Geist fehlt, aus dem die Kirche lebt, wenn die Gläubigen, statt nach dem Heiligen Geist zu fragen, dem Zeitgeist folgen, dann kommt sicher der Moment, wo das Feuer des Geistes in den Herzen der Menschen erlischt, wo statt des Glaubenslebens nur noch Asche da ist, die nichts mehr wert ist. –

Der Essener Bischof Felix Genn sagte auf dem Katholikentag 2006 in Saarbrücken: „Kirche ist kein Heimatverein, sondern soll die Welt prägen und verwandeln!“ Dafür haben ihm die Leute sogar Beifall gespendet – auch ein Hoffnungszeichen.
Wer sich in der Nachfolge Jesu dem Feuer des Heiligen Geistes aussetzt, der macht, menschlich gesehen, eine Verlustrechnung. Denn Feuer schmilzt hinweg, was nicht wirklich von Bestand ist. - Aber zugleich auch ist Feuer ein Bild voller Schönheit und Hoffnung: Da ist Licht drin, das die Dunkelheit erhellt. Das Feuer erzählt uns von der Herrlichkeit, die Gott offenbart, wenn er in der Feuersäule dem Volk durch die Wüste vorangeht oder dem Moses erscheint in einem Dornbusch, der brennt und doch nicht verbrennt. Gottes Feuer will nicht vernichten, sondern reinigen. Es will nicht zerstören, sondern verwandeln und neu machen. Das macht uns Mut und nimmt uns die Angst. Denn das ist die Wirkung des Heiligen Geistes in der Welt: er kommt, um alles neu zu machen. Das Feuer des Heiligen Geistes - es bringt Bewegung in diese Welt, es kommt zu uns, damit wir von ihm neu durchglüht werden.
So beten wir:
„Wärme du, was kalt und hart,
löse, was in sich erstarrt,
lenke, was den Weg verfehlt.“

8. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder,

ich habe nicht direkt Lieblingsfilme, genauso wenig wie ich "Fan" einer bestimmten Musik bin. Aber manchmal sitzt man im Kino und schaut einen Film, der völlig zusammenhanglos Handlungen und Personen aneinanderreiht - und am Ende, vielleicht sogar erst in der letzten Schlusseinstellung, ergibt alles einen Sinn, fügen sich die Puzzleteile zu einem neuen Sinn zusammen - Filme mit echtem "Aha!"-Erlebnis liebe ich. Geniale Filme, geniale Drehbücher vor allem (warum reden eigentlich alle über die Schauspieler, aber kaum einer über die Drehbuchautoren?).

Leider gehen heute nicht mehr viele ins Kino, sondern schauen sich die Filme auf DVD an (hoffentlich nicht illegal aus dem Internet heruntergeladen..!). Das Problem liegt nicht in der schlechteren Qualität - sondern darin, dass man nun versucht ist, einen Film, den man nicht versteht, nach einer halben Stunde auszuschalten. Es gibt keine Aha-Erlebnisse mehr, weil solche Film-Konsumenten Filme nicht mehr von Anfang bis zum Schluss schauen - sondern nur bis zur ersten Gähn-Attacke. Dann wird weggezappt.

So ähnlich ist es mit dem heutigen Pfingstfest. Der eigentliche Sinn des Sprachenwunders ergibt sich nur, wer sich die Mühe macht, den großen Bogen zu entdecken. Haben Sie schon einmal versucht, die Bibel von vorne bis hinten zu lesen? Es soll ja Menschen geben, die es versuchen. Sogar einige, die es geschafft haben.

Probieren sie es mal. Schon auf den ersten Seiten wird Ihnen der Zusammenhang mit dem Pfingstfest deutlich werden: Pfingsten ist das Ende von Babylon.

Babylon ist die Stadt ohne Gott - die personifizierte (oder besser: verstaatlichte) Gottlosigkeit. Und weil sie sich (wider Gott) einen Namen machen wollten, sich selbst mit dem Turm von Babylon ein Denkmal setzten, stieg Gott herab und verwirrte ihre Sprache. Seitdem verstehen sich die Menschen nicht mehr.

An Pfingsten steigt Gott wieder herab - aber diesmal, um die Menschen aus allen Sprachen wieder zu vereinen. Während die Sprachverwirrung das Ende des einheitlichen gottlosen Staates war, ist das Pfingstfest der Beginn der Kirche: Kein Staat, sondern eine Gemeinschaft in Gott; kein Unrechtsregime - sondern der Versuch, einander in Liebe zugetan zu sein; kein Ort auf einer Landkarte dieser Welt - sondern eine Gemeinschaft aus allen Völkern der Erde; nicht mit einem Turm, der in den Himmel ragt - sondern mit einem Himmel, der bis auf die Erde reicht.

Der Grund für das Pfingstereignis ist aber nicht eine veränderte Laune Gottes; nicht Gott hat seine Meinung oder seine Haltung verändert. Sondern der Mensch ist jetzt ein anderer. Die Ermöglichung des Pfingst-ereignisses liegt in Karfreitag und Ostern begründet: Weil Gott alle Sünde der Menschen gesühnt und vergeben hat, kann Gott wieder neu Wohnung nehmen in der Welt.

Während zu Noahs Zeiten die Sünde der Menschen zum Himmel schrie, ruft nun der Himmel in die irdische Welt: "Empfangt den Heiligen Geist!"

Liebe Schwestern und Brüder, das nenne ich ein großartiges Drehbuch. Mit so langem Atem wurde bisher noch kein Film gedreht. Die Schauspieler kennt jeder - angefangen von Adam und Eva, Noah bis hin zu Petrus und den Aposteln. Vergessen wir darüber nicht den Drehbuchautor: Gott. Und den Sinn des Ganzen: Er will uns mit sich versöhnen. Um nichts anderes ging es in den letzten 3.500 Jahren.

Zappen wir nicht von einem kirchlichen Fest und von einem kleinen Ausschnitt der Kirchengeschichte zum nächsten. Bedenken wir das Ganze: Gott und Mensch werden durch Jesus versöhnt; der Heilige Geist holt uns ein und führt uns - zurück zum Vater. Amen.

9. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder,

heute (Samstag morgen) habe ich eine katholische Illustrierte mit der Morgenpost bekommen; "Komma" heißt diese Zeitung. Grundsätzlich ist sie sehr empfehlenswert, denn sie bietet aus katholischer Sicht viele Anregungen für alle möglichen Bereiche des Lebens.

Aber diesmal hinterlässt die Lektüre dieser Zeitung ein ungutes Gefühl. Wer sich die Artikel in aller Ruhe zu Gemüte führt, der kommt zu dem Schluss, dass es doch sehr schlecht aussieht in der Welt.

Da ist zunächst die Rede davon, dass die Deutschen aussterben - gut, da ist etwas dran. Wollten sich die Deutschen in der Bevölkerungszahl auch nur auf Dauer stabil halten, dann müssten alle Familien jetzt schon doppelt so viele Kinder bekommen, wie sie schon haben.

Dann ist die Rede von neuen Tendenzen in der Politik: von der Abtreibung, die heute schon bis zum neunten Monat erlaubt ist, wenn das Kind behindert ist, von Euthanasie und Gentechnik.
Von der Ungerechtigkeit in der Wirtschaft, in der Manager mehr Abfindung bekommen, als 10.000 Arbeitnehmer in einem Jahr verdienen.
Dann die Rede von der Verdrossenheit der Deutschen, die im Luxus leben und trotzdem über mangelnden Wohlstand klagen. Dann über die mangelnde Gleichstellung von Männern und Frauen im Beruf.
Dann über die ungerechte Bewertung des Films "Die Passion Christi".
Dann über ein Urteil der Münchner Strafkammer, des sexuelle Handlungen mit Kindern erlauben will.
Dann ein langer Artikel über die Schwierigkeiten, die die Türkei mit den Menschenrechten hat - angereichert mit vielen dramatischen Fakten über den Islam und der Blauäugigkeit der Christen... und noch mehr.

Liebe Schwestern und Brüder, hätten Petrus und die Apostel in ihren Pfingstpredigten zunächst die Missstände ihrer Zeit aufgezählt, das Christentum wäre schnell im Sand verlaufen.
Natürlich, es liegt viel im Argen, hier in Deutschland, aber auch im Leben eines jeden Menschen auf der ganzen Welt. Natürlich dürfen wir davor nicht die Augen verschließen. Aber gerade das Pfingstfest zeigt uns, dass wir uns von der Welt nicht bestimmen lassen sollen - auch nicht von den gesellschaftlichen Irrwegen dieser Welt.

Dabei geht es nicht darum, als Christ optimistischer zu sein. Was das Schicksal dieser Welt angeht, ist der Christ selbstverständlich Pessimist: Diese Welt wird ein Ende haben; aller Prunk wird vergehen, aller Glamour verblasst. Der Ruhm dieser Welt hat kein langes Haltbarkeitsdatum.
Was aber das Schicksal des Menschen angeht, ist der Christ immer Optimist: Ein jeder, mag er ein noch so verkorkstes Leben geführt haben oder immer noch drin stecken, hat in sich die Möglichkeit, ewiges Leben zu erlangen. Keiner muss so bleiben, wie er ist; jedem kann seine schuld vergeben werden. Niemals sagt ein Christ zu einem Menschen: Bei dem ist alle Hoffnung verloren; der ist nicht mehr zu retten. In dieser Hinsicht ist der Christ grenzenlos optimistisch.

Es geht also nicht um ein plumpes "optimistisch" und "pessimistisch". Denn uns Christen geht es nicht darum, die Welt zu retten oder Mitmenschen zu bekehren. Die Welt ist nicht zu retten und unser Mitmensch bekehrt sich immer nur aus freien Stücken. Uns Christen geht es allein darum, Gott die Ehre zu geben; Ihm zu gefallen; Gutes zu tun, weil das Gute als solches attraktiv ist. Gott zu lieben, weil Er liebenswert ist. Von Ihm zu reden, weil es von Ihm so viel zu erzählen gibt.

Petrus hat in seiner Pfingstpredigt nicht über die Welt gepredigt, sondern über die Erlösung durch Jesus Christus. Trotz aller sündhaften Rückstände sind auch wir erlöst: Freuen wir uns also einfach an dieser Gnade. Genießen wir doch das Wirken des Geistes. Seien wir einfach nur das, was Gott immer schon von uns wollte: Seine geliebten Kinder. Amen.

10. Predigtvorschlag

"Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne."
So, liebe Schwestern und Brüder, heißt es. Und ich meine zurecht.

Wir gedenken heute eines Anfangs. Wir feiern heute Pfingsten, die Herabkunft des Hl. Geistes, den Geburtstag der Kirche.

"Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne."
Welcher Zauber wohnte dem Anfang der Kirche inne?
Dieser Frage möchte ich heute nachgehen, in einer Zeit in der die Kirche auf viele entgeistert wirkt, in der sie ihren Zauber auf die Menschen verloren zu haben scheint.

Schauen wir uns also den Anfang genauer an. Vielleicht entdecken wir dann auch das Zauberhafte, das von der Kirche damals ausging. Hören wir den Anfang der Kirche nach der Apostelgeschichte:

Als der Pfingsttag gekommen war, befanden sich alle am gleichen Ort. Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus in dem sie waren. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Alle wurden mit dem Hl. Geist erfüllt und begannen in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.

Plötzlich und vom Himmel her kam der Hl. Geist auf die Jünger herab.

Plötzlich - Die Jünger haben sich den Hl. Geist nicht irgendwie selber gemacht, nicht selber geholt. Auch erfolgte die Ausgießung des Geistes nicht nach einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Gott und den Jüngern. Den Geist Gottes können wir also nicht einklagen. Er ist unverfügbar.

Auch können wir uns den Geist nicht verdienen. Wir können uns für den Geist durch Gebet offen halten, aber erzwingen können wir den Geist nicht, nach dem Motto: drei Vaterunser gleich drei Geistesgaben.
Der Hl. Geist ist Geschenk, reine Gabe, reine Gnade.

Und worin besteht diese Gabe, dieses Geschenk?
Im Johannesevangelium spricht der Schenkende, Jesus, selber über sein Geschenk an uns:
Der Beistand aber, der Hl. Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.

Der Hl. Geist also lehrt die Gläubigen.
Er lehrt der Kirche die Botschaft Jesu. Wenn man so will, ist der Geist von Pfingsten so etwas wie der Garant dafür, dass die Kirche das Evangelium in seiner ganzen Fülle erkennen und auch noch heute verstehen kann.
Der Hl. Geist ist der Lehrmeister der Kirche. Er lehrt die Kirche, damit sie weitergeben kann, was sie selbst empfangen hat: Die Botschaft vom Heil.

Vom Himmel her kam der Hl. Geist.
Die Initiative geht von oben, von Gott aus. Die Kirche hat ihren Ursprung, ihren Anfang nicht in einer verfassungsgebenden Versammlung der Jünger, sie ist nicht Produkt einer irgendwie gearteten Wahl der Anhänger Jesu, sie ist in ihrem tiefsten Wesen eben keine Demokratie.

Sie ist -auch wenn viele das heute nicht gerne hören- Hierarchie. Dieses Wort aus dem Griechischen heißt übersetzt: Heiliger Anfang, heiliger Ursprung und heilige Ordnung. Kirche war und Kirche ist immer Kirche von oben, von Gott her. Sie wächst von oben nach unten.

Das heißt nicht, dass es in ihr nicht auch demokratische Anteile gibt. Daher gibt es Kirchenvorstände, Pfarrgemeinderäte, Pastoralkonferenzen. Und sie erfüllen auch eine wichtige Aufgabe in der Begleitung und Durchführung des seelsorgerischen Auftrags der Kirche. Auch hier wirken die Gaben des Hl. Geistes.

Kirche ist in ihrem Wesen Kirche von oben, sie wächst durch die Kraft des Hl. Geistes, der am Pfingsttag auf die Jünger herabkam.

Der Hl. Geist ist der Zauber, der der Kirche von Anfang an innewohnte.

Der Hl. Geist ist es auch, der die Menschen aller Zeiten und Länder verzaubert mit der Frohen Botschaft vom Heil und alle menschenfeindlichen Ideologien und Regime entzaubert.

Ohne das Wirken des Hl. Geistes wäre die Kirche geistlos, tot.
Der Hl. Geist ist es, der die Kirche lebendig macht und lebendig hält. Und das allen Unkenrufen zum Trotz schon fast zwei Jahrtausende.

Die Kirche weiß von Anfang an, dass sie vom Pfingstgeist her lebt. Deshalb bittet sie seit Anfang an um die Kraft des Geistes.
Auch wir wollen um die Kraft des Hl. Geistes bitten in einer Zeit, die für die Kirche große Herausforderungen bereithält, gerade auch in unserem Bistum angesichts der bevorstehenden Neuordnung der Seelsorge.
Diese Bitte um den Hl. Geist soll unser heutiges Fürbittgebet sein:
Für die Welt...
Für die Kirche...
Für uns und alle die uns am Herzen liegen...
Für die Männer die an diesem Pfingstfest im Dom zu Münster zu Priestern geweiht werden...

11. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

In Deutschland wissen 61 % der Bevölkerung nicht, was wir am Pfingstfest eigentlich feiern. Die meisten verwechseln das Pfingstfest mit dem Fest der Auferstehung, also Ostern, oder - noch etwas unpassender - mit dem Gedenken an den Tod Jesu, also Karfreitag. In Berlin sieht es am schlimmsten aus: Ganze 4 % wissen noch die Bedeutung des Pfingstfestes anzugeben - in Bayern sind es immerhin noch 49 %.

Vielleicht liegt das daran, dass das Fest von der Herabkunft des Geistes als Geburtsstunde der Kirche nicht zu den Erfahrungen der Menschen passt: Sie erfahren weder sich noch die Kirche als geisterfüllt; und oft schon gar nicht als begeisternd.

Das sollte uns schon ein wenig nachdenklich stimmen. Vielleicht liegt das daran, dass wir Priester in unseren Predigten und Gottesdiensten - aber auch wir alle im alltäglichen Leben - Religion als eine Art von "besonderer Moral" präsentieren. Tatsächlich können wir Christen zu vielem, was sich in unserer Gesellschaft abspielt, nicht einfach schweigen. Wenn jetzt z.B. in Belgien ein regelrechtes Euthanasiegesetz erlassen wurde, dass gerade psychisch kranke dem leichten Tod ausliefert, müssen wir unsere Stimme erheben.

Aber es ist schon fatal, wenn wir uns nur in solchen Situationen zu Wort melden. Denn das erste unseres Glaubens ist nicht die Moral, sondern der Geist.

Die Jünger, die verängstigt und alleingelassen im Abendmahlssaal den Heiligen Geist empfangen, predigen ja auch nicht als erstes eine neue Moral: "Liebe Juden, Griechen und Sonstige, voller Freude verkünden wir Euch die neuen christlichen 613 Gebote!" Was gut und was schlecht ist, haben die Menschen - zumindest in Ansätzen - immer gewusst. Das Problem ist, dass uns immer wieder die Kraft und Ausdauer dazu fehlt. Es ist billiger, kranke Menschen zu töten, als sie Jahrzehnte zu pflegen. Es ist bequemer, Kinder zu schlagen, als sie mühevoll auf den rechten Weg zu weisen. Es ist schneller, eine Bank zu überfallen, als jahrzehntelang zu arbeiten und zu sparen - und so weiter.

Es ist leichter eine Predigt zu halten - oder ein Gottesdienst vorzubereiten - der sich gegen etwas ausspricht; als ein Gottesdienst oder eine Predigt, die von der Freude spricht; von dem, was uns gut tut. Deshalb glauben viele, Kirche bestehe nur aus Moral.

Was fehlt, ist nicht die Moral, sondern der Geist. Deshalb ist Pfingsten ein Hochfest - nicht nur eine kleine Gedenkveranstaltung für eine biblisches Ereignis.
Davon sollten wir reden: Dass wir auch keine besseren Menschen sind, aber dass wir eine Kraftquelle haben, die niemals versiegt.
Davon sollten wir reden: Dass es auch uns nicht immer leicht fällt, mit Behinderten und psychisch Kranken umzugehen - aber dass wir durch Gottes Geist in jedem von ihnen einen geliebten Bruder und eine geliebter Schwester erkennen, die uns von Gott geschenkt wurde.
Davon sollten wir reden: Dass wir als erlöste Christen auch nicht jeden Tag zu jeder Stunde vergnügt lächeln; aber dass wir eine Freude haben, die uns selbst in den dunkelsten Stunden nicht verzweifeln lässt.
Davon sollten wir reden: Dass wir dankbar sind, unseren Glauben zu haben. Das wir dankbar sind, glauben zu dürfen. Dass wir gerne zur Kirche gehören. Dass wir uns auf den Himmel freuen und das Leben hier als einen Vorgeschmack darauf genießen. Dass uns Gott allein genügt.

Liebe Schwestern und Brüder, selbstverständlich müssen wir von unserer Moralvorstellung sprechen. Aber noch mehr von dem Geist, der uns hilft, all das zu leben - und dazu noch mit Begeisterung, mit Freude und einer Leichtigkeit, die uns nur Gott schenken kann.

Amen.

12. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Die Tatsache, dass die heutige Lesung mit ihren vielen schwierigen Völkernamen zum Schreck aller Lektoren gehört, macht deutlich, dass das Pfingst- fest mit der Überwindung aller Sprachbarrieren keine bleibende Wirkung gehabt hat.

Die Tatsache, dass wir Menschen viele verschiedene Sprachen sprechen, macht nicht nur den Auslandsurlaub oder die Europäische Einigung so schwierig, sondern die wird uns auch oft genug im Alltag bewusst:
Wie oft stellen wir fest, dass wir uns mit anderen Menschen einfach nicht verständigen können, dass lange Gespräche und oft auch viel guter Wille Missverständnisse, Verletzungen und Streitigkeiten nicht aus der Welt schaffen können. Auch zwischen den Generationen, zwischen jung und alt, ist oft die Rede davon, dass wir verschieden Sprachen sprechen. Und sogar zwischen Männer und Frauen, so heißt es z.B. in dem Buch «Du kannst mich einfach nicht verstehen», ist eine Verständigung nicht nur schwierig, sondern manchmal auch unmöglich.

Warum tun wir uns so schwer damit, für einander Verständnis zu haben? Ist das Pfingstgeschehen, von dem wir in der Lesung gehört haben, denn heute nicht mehr wirksam?

Die Antwort darauf gibt uns Paulus in seinem Brief an die Korinther: «Ich zeige euch jetzt noch einen anderen Weg, einen, der alles übersteigt: Wenn ich in den Sprachen der Menschen und Engel redete, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke.»

Die Gabe des Geistes ist nämlich nicht eine geniale Sprachbegabung. Mit dem Sakrament der Firmung wird offensichtlich weder der Englisch-Unterricht noch der Französisch-Unterricht überflüssig. Die Gabe des Geistes ist die Muttersprache der Kirche: Die Liebe.

Die Liebe, das drängende Bedürfnis, sich dem anderen voll und ganz, ohne Vorbehalte zuzuwenden, den anderen verstehen zu wollen (!), ist der Schlüssel zur Überwindung der Sprachgrenzen. Liebevolle Blicke, gemeinsames Tun und gegenseitige Achtung sind die Vokabeln, die uns der Geist lehrt.

Deshalb ist es eigentlich nicht richtig, wenn wir davon sprechen, dass wir uns oft nicht mehr verstehen können. Vielmehr wollen wir oft nicht begreifen, was in anderen vor sich geht. Die Angst, seine eigene Überzeugung zu verraten, die Befürchtung, sich selbst untreu zu werden und den Halt zu verlieren, hält uns davon ab, allzu sehr auf uns fremde Vorstellungen (der Jugend, des Alters, anderer Kulturen oder des anderen Geschlechts) einzugehen.

Hier genau hält uns der Geist Gottes. Wir verlieren nicht unsere Identität, unsere Eigenständigkeit, wenn wir lieben, weil wir ja auch so, wie wir selbst sind, von Gott geliebt sind.

Geistbeseelte Menschen sind Menschen, die ihren eigenen Stand haben und gerade deshalb so frei auf andere zugehen können. Wer sich selbst verstanden weiß, kann vielmehr Verständnis aufbringen. Und das ist unsere Gnade: Das wir von Gott ergriffen und gehalten sind.

Nehmen wir das Pfingstfest als eine Art «Sprachurlaub», in dem wir von und mit der Kirche unsere Muttersprache neu lernen. Denn die Muttersprache der Kirche ist weder Latein noch griechisch - die Muttersprache alle Christen ist die Liebe.

Amen.

13. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Vor mehr als fünfzehn Jahren erschien in Deutschland ein Buch mit dem Titel: «Von Gott zu reden ist gefährlich». In diesem Buch schildert Tatjana Goritschewa, eine russische Feministin und Intellektuelle, wie sie zum christlichen Glauben gefunden hat - trotz des damaligen Sowjet-Regimes. Nach Inhaftierung, Behandlung als psychisch Kranke und Verfolgung wegen Regimefeindlichkeit wurde sie schließlich in den Westen ausgewiesen und lebt seitdem zum großen Teil in Deutschland.

«Von Gott zu reden ist gefährlich» - ein Satz der uns eher befremdet. Für Tatjana Goritschewa war es bittere Wirklichkeit, und in vielen Ländern der Erde ist es immer noch gefährlich, von Gott zu reden. Nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch im privaten führt das oft zu Verfolgung und Tod.

Pfingsten als das Fest des Heiligen Geistes, führt uns diese Gefährlichkeit wieder vor Augen. Der Geist hat die Apostel dazu gebracht, den Schutz der geschlossenen Räume zu verlassen und auf die Straßen zu gehen, um dort den Glauben zu predigen. Und auch das war nicht gerade ungefährlich.

Für uns sieht das scheinbar ganz anders aus. Wir leben hier in Sicherheit, jeder darf sagen, was er denkt und was er glaubt. Verfolgung gibt es offensichtlich nicht.

Tatjana Goritschewa beschreibt in ihrem Buch ihren Lebensweg. Und nachdem sie in den Westen ausgewiesen wurde steht dort - ich zitiere: «Im Fernsehen habe ich die erste religiöse Sendung meines Lebens gesehen. Ich danke Gott, dass es bei uns den Atheismus und keine «religiöse Bildung» gibt. Es war ein langweiliger, schlechter Akteur mit mechanischen und einstudierten Gesten. Er hatte kein Gesicht. Zum ersten Mal verstand ich, wie gefährlich es ist, von Gott zu reden!»

Liebe Schwestern und Brüder, auch bei uns ist gefährlich, von Gott zu reden. Denn was heute immer mehr in unserer Gesellschaft umgreift, ist weniger der direkte Affront oder die Empörung gegenüber dem christlichen Glauben, sondern eher das gelangweilte Wegschauen. Und daran sind wir Christen nicht ganz unschuldig.
Das Evangelium hat sich gerade bei denen, die davon erfüllt sein sollten, offensichtlich abgeschliffen. Die, die jedes Jahr die Botschaft von der Auferstehung hören, hören sie irgendwann nicht mehr, können sie irgendwann nicht mehr hören. Und können davon nichts mehr erzählen.

Liebe Schwestern und Brüder, nachdem am Pfingstfest der Geist auf die Jünger herabgekommen ist, sind die Apostel sofort auf die Straßen gegangen und haben gepredigt. Stundenlang. Liebe Schwestern und Brüder - was würden sie sagen? Was würden Sie predigen, jetzt im Anschluss an den Gottesdienst, auf den Straßen?
Von Gott zu reden ist deshalb gefährlich, weil uns der Geist abhanden gekommen ist. Weil wir eigentlich nichts mehr zu sagen hat. Bei uns erschöpft sich der Glaube in Floskeln, die wir nicht mehr verstehen. In Traditionen, die wir mitschleppen, aber nicht mehr leben.

Die wahre Begeisterung aus dem Glauben - das wirkliche Wirken des Geistes - geschieht nicht in Begeisterungsausbrüchen wie in einem Fußballstadion. Außer das die Leute dort ab und zu "Buh!" rufen oder "Tor" schreien, gibt es dort keine Botschaft. Das Wirken des Geistes aber ist das unbändige Bedürfnis, etwas mitteilen zu wollen. Die Faszination des gelebten Glaubens zu verschenken!

Der Beginn eines Lebens, das Predigt ist, das den Menschen etwas zu sagen hat, das andere nicht langweilt und den Glauben nicht erstickt, ist das Gebet um den Geist.

Der Geist unsere Herrn und Gottes Jesus Christus sei mit euch!

Amen.

14. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder,

es ist gerade jetzt am Freitag gewesen, als ich in einer Imbissbude einen Kaffee getrunken habe. Da hat sich Bedienung mit zwei Gästen unterhalten und gefragt: "Was feiern wir eigentlich an Pfingsten?" Die beiden Gäste haben sich da wunderbar aus der Affäre gezogen und gesagt: "Da können wir doch gar nicht wissen, wir sind doch Heiden."
Ich habe mich dann erbarmt und gesagt: "An Pfingsten feiern die Christen die Herabkunft des Heiligen Geistes."; worauf die Bedienung meinte: "Das sagt mir genauso wenig."

Pfingsten, das unbekannte Fest. Das kommt nicht nur daher, dass viele die Bedeutung dieses Festes vergessen haben; dass zeugt vor allem davon, dass die Herabkunft des Heiligen Geistes für viele Menschen bedeutungslos geworden ist. Ja, das Wirken des Geistes ist sogar für die meisten gläubigen Katholiken eher ein Märchen, oder zumindest eine Metapher. Aber mit Sicherheit kein Glaubenssatz.

Wissen Sie, gleich im Glaubensbekenntnis bekennen wir das Wirken des Geistes, vielleicht ohne es wirklich zu glauben. Dort heißt es: Ich glaube an den Heiligen Geist, die Heilige katholische Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben.

Der Heilige Geist leitet die Kirche; sie wird dadurch zu einer Heiligen Kirche, unfehlbar in ihrem Glauben. Der Geist wirkt durch die Päpste, Bischöfe und Priester. Er stellt die Verbindung unter allen Getauften her, auch zu denen, die uns ins ewige Leben vorangegangen sind. Der Heilige Geist wirkt durch die Sakramente, er verändert uns tatsächlich. Wir sind andere Menschen, wenn wir uns haben taufen und firmen lassen; wenn wir beichten oder zur Kommunion gehen. Das Entscheidende ist immer wieder, dass er uns die Sünden vergibt und uns jedes mal neu mit Gott versöhnt. Erst dadurch, durch unsere Verbundenheit mit Gott, können wir von den Toten auferstehen und das ewige Leben haben.
Alles das, liebe Schwestern und Brüder, bekennen wir gleich im Glaubensbekenntnis. Aber was glauben wir davon? Wir können es uns nicht mehr vorstellen, dass der Heilige Geist wirklich wirkt. Sitzt der Heilige Geist etwa dem Papst auf der Schulter und flüstert ihm die Wahrheit ins Ohr? Verbindet er uns mit den Heiligen wie eine Brieftaube?

Ein Bild für den Heiligen Geist ist "Der Finger Gottes". Es ist das vielleicht unbekannteste Bild - aber auch ein sehr einleuchtendes: Gott rührt unsere Seele immer wieder an, bringt in ihr Gefühle, Regungen und Lebendigkeit hervor. Wie wir einem unaufmerksamen Menschen mit einem Finger an die Schulter tippen oder vorsichtig wecken, so ist der Heilige Geist der Finger Gottes, der unsere Seele bewegt. Der Mut und Demut hervorruft, Reue und Schuldgefühl; der Aufmerksamkeit auf die Dinge lenkt, die wir übersehen. Der heilige Geist wirkt durch die Seele der Menschen, die empfindsam sind für Gott.

In jedem Sakrament, in jedem Gebet und in jeder Begegnung berührt uns Gott - im Heiligen Geist. Durch diese Berührungen, die immer zart sind und meisten unbeschreibbar, lenkt er die Menschen, ohne ihre Freiheit zu verletzen. Und die Menschen, die sich auf seine Führung einlassen, bewegen damit andere Menschen. Ganze Pfarrgemeinden, geistliche Gemeinschaften, ja, die ganz Kirche und das Weltgeschehen, bekommen somit neue Ausrichtungen - allerdings nur durch die Menschen, die bereit sind, ihren eigenen Vogel einzutauschen gegen die Taube des Geistes.

Der Geist ist ein Beistand, das hat Jesus selbst gesagt. Ein guter Beistand hält sich vorsichtig zurück und lässt uns selber machen; gibt aber immer wieder Fingerzeige und Anregungen. Ein guter Beistand steht niemals im Vordergrund. Deshalb ist es vielleicht auch ein Kompliment für den Geist, das Pfingsten kaum verstanden wird.

Wir katholische Christen allerdings sollten ein ganz anderes Verhältnis zu unserem Beistand haben. Letztlich entscheidet der Glaube an den Heiligen Geist darüber, ob wir uns in dieser Welt - trotz allem - geborgen fühlen dürfen; oder ob wir zur Einsamkeit verdammt sind. Amen.

Fürbitten