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Predigtvorschläge - Hochfest der Geburt unseres Herrn - Weihnachten
1. Predigtvorschlag

von Manfred Stücker (erstellt: 2022)

Weihnachten 2022

Warum Jesus in Betlehem geboren werden wollte

Kann sich ein Mensch aussuchen, wo er geboren wird? Haben wir, haben du und ich, uns das ausgesucht? - Nein, wir sind geboren worden an einem Ort und zu einer Zeit, die wir uns nicht ausgesucht haben.

Eine Ausnahme gibt es, und die feiern wir heute. Ich bin überzeugt, Jesus wollte in Betlehem und nirgendwo anders geboren werden. - Warum das?

Nun, zum einen ist Jesus nicht ein gewöhnlicher Mensch, er ist Gottes Sohn. Er ist "Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott", wie wir bekennen. Er ist eins mit dem Vater und Gott von Ewigkeit her.

Das alles verschlägt uns eigentlich den Atem, wenn wir heute sehen, wie ein kleines, wehrloses Kind in der Krippe liegt! Das also soll der Erlöser sein, der Retter der Welt?

Eben. Und darum wählt er nicht irgendeinen Ort für seine Geburt aus. Er wählt auch nicht Rom, die Stadt des Kaisers, oder Athen, die Stadt großer Philosophen, oder Jerusalem, wo der Tempel steht.

Er wählt Betlehem.

Die Bibel sagt: Betlehem ist die Stadt Davids. David war nach Saul der zweite König von Israel. David machte Gott das Versprechen: Ich werde dir einen prachtvollen Tempel bauen, in Jerusalem. Dazu kam es nicht.
Gott wollte das nicht. David hatte zu viele Kriege geführt. David hatte Blut vergossen. Gott wollte den Tempel als ein Zeichen des Friedens.
Darum durfte erst Salomo, der Sohn Davids, den Tempelbau beginnen und auch vollenden.

Aber Gott gab dem König David ein Versprechen. Er sagte: Ich werde dir ein Haus bauen, das ewig bleibt. Ich werde einen deiner Nachfolger als Retter und Erlöser für Israel schicken. - Und die Prophezeiung lautete:
Dieser König würde in Betlehem geboren werden.

Als Jesus in Betlehem geboren wurde, war er in keinem Palast, nicht mal in einem Haus. Eine Höhle war sein erstes Zuhause. Maria und Josef waren zu einer Volkszählung nach Betlehem gekommen. Ihre Heimat war Nazareth, viel weiter im Norden. Beide waren arm. Und Betlehem und ganz Israel stöhnte unter der Besatzung durch die Römer. - Und genau da wollte der Heiland geboren werden!

Und wie ist es heute mit Betlehem? Kommt man heute dahin, ist man erschrocken. Eine acht Meter hohe Betonmauer schließt die Stadt ein.
Unzählige Kontrollposten machen eine Reise in die Stadt oder aus ihr heraus zu einem Wagnis. Die Angst vor Terroranschlägen ist groß. - Und so sieht die Stadt des Erlösers nach 2000 Jahren aus?

Es gibt viel Dunkel in dieser Welt. Für uns kann das Schicksal dieser Stadt Betlehem und das Schicksal der Heiligen Familie, die vor 2000 Jahren in diese Stadt kam, nur eines bedeuten: Jesus kommt gerade dahin, wo es wirklich dunkel ist. Wo wirklich die Menschen nach Erlösung rufen.
Wo er wirklich als das Licht und das Leben kommen kann. Darum haben wir in unserer Kirche auch das Friedenslicht aus Betlehem.

Es gibt noch einen weiteren Grund, warum Jesus ausgerechnet in Betlehem geboren werden wollte. Diesen Grund finden wir im Namen "Betlehem". Denn das bedeutet übersetzt: "Haus des Brotes". Das Haus, in dem wir das wahre Brot, das Brot des Lebens, finden können.

Es gibt viele Menschen, mehr Menschen als zuvor, die Hunger leiden, die frieren, die auf der Flucht sind, die niemand haben will. Auch viele Ungeborene gehören dazu: sie sind "unerwünscht", "ungeplant", sie sind eine Last.

Weihnachten ist das Fest, das uns daran erinnert, dass es diese Menschen gibt: in der Ferne und in der Nähe. Und an Weihnachten bekennen wir, dass wir nicht beten können: Lieber Gott, mach du all diese Leute satt und schenke ihnen Heimat und Sicherheit - wenn wir nicht selber anfangen, Gutes zu tun. Dafür wird Gottes Sohn ja ein Mensch: damit wir in den Menschen, die Not leiden, Ihn erkennen und Ihm dienen.

Doch mindestens ebenso groß wie der Hunger, der den Leib satt macht, ist der Hunger nach dem Brot der Wahrheit und dem Brot, das ewiges Leben schenkt, das lebt und Leben spendet.

Wenn wir an Christus glauben, bekennen wir: Dieses Brot, das bringt uns nicht Jesus, dieses Brot ist er selbst! Er sagt ja: "Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt." (Joh 6, 51)

Deswegen feiern wir heute an Weihnachten nicht allein, dass Jesus für uns als Mensch geboren wurde. Wir feiern auch, dass er für uns als Mensch gelebt hat, dass er für uns gestorben ist und auferstand, und dass er lebt und sich immer neu an uns verschenkt.

Mit einem Wort: Krippe, Kreuz und Altar gehören zusammen, sind eine Einheit, gehören untrennbar zusammen. Wenn uns Weihnachten die Demut Gottes zeigt, der als kleines Kind in einer Futterkrippe liegt, so zeigt die heilige Eucharistie, dass die größte Demut Gottes darin besteht, dass seine ganze Liebe und Hingabe in der kleinen Hostie enthalten ist, die wir empfangen.

Welches Geschenk! Welche Liebe! Welches Licht! Der ist der Größte, der sich am kleinsten gemacht hat. Wir können nur niederknien und anbeten und Ihm voller Freude danken.

2. Predigtvorschlag

von Manfred Stücker (erstellt: 2021)

Weihnachten 2021

Das Kind

Was bekennen wir an Weihnachten? Was ist das Eigentliche, das Zentrale? Was dürfen wir nicht vergessen?

Die Antwort auf diese Fragen lautet meistens: Gottes Sohn ist ein Mensch geworden, ein Mensch wie wir! Und er hat unser Leben geteilt! Er ist in unser Dunkel hineingekommen als das Licht der Welt!

Das ist ganz bestimmt richtig, und das alles haben wir sicher schon manches Mal gehört. Aber eines fehlt dabei, wie mir scheint. Eines, was schnell übersehen wird. Wir müssen genau hinsehen, auch an Weihnachten, damit wir bei allem eins nicht übersehen:

Gottes Sohn, er ist nicht einfach ein Mensch geworden, sondern er wurde für uns ein Kind.

Ein Kind, klein und wehrlos, ein Kind in der Krippe.

Natürlich: Ein Kind ist auch ein Mensch. Ein besonders liebenswürdiger sogar. Auch ein besonders schützenswerter? Da gehen die Ansichten schon ziemlich auseinander. Jedenfalls ist der Platz im Mutterleib ein Platz, der seit einigen Jahrzehnten bereits zum gefährlichsten Platz für einen Menschen, Verzeihung: für ein Kind, geworden ist.

Gottes Sohn ist ein Kind geworden. Ein Kind mit einer Mutter. Einer Mutter, die fast jedes Kind kennt: Maria. - Aber wer ist sein Vater? Josef? Das scheint er selbst anders gesehen zu haben, denn er wollte ja seine Verlobte Maria heimlich verlassen, als er erfuhr, dass sie ein Kind erwartete. Das war keine Feigheit, sondern er wollte auf seine eigene Kappe nehmen, was er gar nicht verstehen konnte: dass seine Verlobte ohne ihn ein Kind erwartete.

Gottes Sohn ist ein Kind geworden.

Ein junges Elternpaar erzählte mir vor einiger Zeit: Für uns ist klar, dass wir eine Familie gründen wollen. Ein Kind gehört dazu. Bei unseren Freunden und Bekannten, da ist es häufig anders. Da gehört ein Kind nicht zur Lebensplanung dazu. Man will etwas vom Leben haben. Man will ganz in seinem Beruf aufgehen. Man will erst einmal das Leben genießen.

Doch interessant sei es dann, so die beiden, wenn sie mit ihrem Kind bei gerade diesen Freunden auftauchen. Da werden zuallererst nicht die beiden Erwachsenen begrüßt, sondern das Kind. Da wird nachgesehen, wie es dem Kind wohl geht, ob es schläft oder wach ist und so weiter.

Das bedeutet: Das Kind erweckt im Moment seines Daseins die ganze Aufmerksamkeit der Erwachsenen. Das Kind strahlt etwas aus, ohne etwas dafür zu tun. Das Kind verwandelt die Welt der Erwachsenen.

Ist das nicht genau das, was wir an Weihnachten feiern? Dieses Kind, das wir in der Krippe sehen, es kommt, um die Welt zu verwandeln. Es bringt Licht ins Dunkel. Es bringt Freude und Zuversicht in eine Welt, die abgestumpft, alt, verlebt ist.

Die Zeit vor 2000 Jahren, in die hinein Jesus geboren wurde, hat ja manche Ähnlichkeit mit der unsrigen. Nicht nur, dass es krasse soziale Unterschiede zwischen den Menschen gab. Nicht nur, dass politische Auseinandersetzungen immer wieder zu Ausbrüchen der Gewalt, zu Unruhen und Exzessen führten.

Nein, auch die politische und kulturelle Elite, die Schicht derer, die eigentlich Verantwortung für die Menschen übernehmen sollte, auch manche religiösen Autoritäten waren geistig träge, verfettet und unbeweglich geworden. Man war mehr mit sich selbst beschäftigt als mit der Lösung von Problemen.

Wenn man einmal genauer hineinschaut in das geistige, religiöse und politische Szenario vor 2000 Jahren, da wird man manche Parallelen entdecken, die einen aufhorchen lassen.

Und in diese Welt hinein, die nicht heil ist, nicht hell, nicht freundlich, kommt Gott selbst als Kind.

Kann man sich etwas Ohnmächtigeres, und etwas Geringeres vorstellen als ein Kind? Und doch ist gerade ein Kind etwas unendlich Kostbares, ein Geschenk mit unendlichem Wert. Denn im Kind steckt die Zukunft. Im Kind steckt die Verheißung einer besseren Welt. Im Kind stecken die Möglichkeiten, etwas neu zu machen, was uns im Moment gar nicht vorstellbar erscheint.

Wenn ich mit jungen Eltern über die Taufe ihres Kindes spreche und wir über eine biblische Lesung für dieses Fest nachdenken, kommt oft der Wunsch nach der Stelle, wo Jesus die Kinder segnet.
Jesus segnet die Kinder, und zu den Erwachsenen sagt er: "Wer das Reich Gottes nicht annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen." So berichten es die Evangelisten Markus und Lukas (Mk 10,15; parr Lk 18,17). Vielleicht ist an dieser Stelle der Evangelist Matthäus ein bisschen näher an der Sache, wenn er hier Jesus sagen lässt: "Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht in das Himmelreich hineinkommen" (Mt 18,3). Und Jesus bekräftigt seine Aussage, indem er sagt: "Wer sich so klein macht wie dieses Kind, der ist im Himmelreich der Größte" (Mt 18,4).

Aber wie soll das funktionieren: werden wie die Kinder, sich klein machen wie ein Kind? Sollen wir, die erwachsen sind und erwachsen werden wollen, uns wie kleine Kinder benehmen, uns kindisch verhalten und vielleicht sogar, wenn uns etwas nicht passt, wie ein kleines Kind sofort losbrüllen? - Von manchen Zeitgenossen im öffentlichen Leben kennen wir zwar ein solches Verhalten, aber das wird Jesus wohl nicht gemeint haben!

Eher schon das, was er dem jüdischen Ratsherrn Nikodemus auseinandergelegt hat, den die Frage umtrieb, wer dieser Jesus denn wirklich sei, ob er vielleicht wirklich der verheißene Messias sein könnte. - Ihm sagt Jesus: "Wenn jemand nicht von oben geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen" (Joh 3,3).

Das ist der Schlüssel zu unserer Frage. Um Kind zu sein, um Kind zu werden, müssen wir /neu geboren/ werden. Wir müssen uns ganz Gott überlassen. Wer geboren wird, tritt in eine neue Existenz ein. Um wirklich Kind, Kind Gottes zu werden, wird uns die Taufe geschenkt als neue Geburt. Unser christliches Dasein, all unsere Bemühungen im Glauben, aller Ernst, die Botschaft Gottes in dieser Welt zu leben, ist letztlich Verwirklichung unserer Taufe.

Schauen wir auf das Kind in der Krippe. Es ist ein Bild, das uns anrührt und unsere Gefühle der Hilfsbereitschaft und der Nähe weckt. Es ist aber auch die Botschaft Gottes an jeden von uns: Werde ein Kind! Werde wie Jesus, der alle äußere Macht ablegt, um so Frieden und Versöhnung zu schenken! Was für eine Botschaft! Wie sehr wartet die Welt auf diese Botschaft!

Erich Kästner hat einmal gesagt: "Dass wir wieder werden wie Kinder, ist eine unerfüllbare Forderung. Aber wir können zu verhüten versuchen, dass die Kinder so werden wie wir."

3. Predigtvorschlag

von Klaus Klein-Schmeinck (erstellt: 2012)

Ist Gott gescheitert?
Liebe Schwestern und Brüder, diese Frage müssen wir stellen, dieser Frage müssen wir uns stellen angesichts des Weihnachstfestes, wie es heute in unserer Gesellschaft vor uns steht.

Gott kommt in Jesus Christus zu uns Menschen als Mensch. Ein Fest für die Welt. Die Welt feiert dieses Fest - aber so richtig wissen viele nichts mehr damit anzufangen. Jesus, Maria, Josef kommen kaum mehr vor. Statt des menschgewordenen Gottes trifft man viel häufiger auf den Weihnachtsmann. Dieser pauspäckige, gemütliche Dickwanst verstellt den Blick auf die Krippe. Punktsieg an ihn.

Ist Gott gescheitert?
Diese Frage müssen wir stellen, dieser Frage müssen wir uns stellen angesichts der Weihnachtsevangelien. Auch die sprechen vom Scheitern Gottes.

Maria legte Jesus, den Sohn des allerhöchsten Gottes, in eine schäbige Futterkrippe und zwar, weil in der Herberge kein Platz für sie war. So beschreibt es Lukas.
Und Johannes wird noch deutlicher, wenn er ganz offen sagt: Er (Gott) war in der Welt, und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.

Der Großteil unserer Welt hatte mit Gottes Sohn nix am Hut. Sie ließen ihn im wahrsten Sinne des Wortes außen vor. Nur ein paar arme Hirten und etwas verstiegene Weise nahmen Notiz von ihm. Sie sahen ein Engelheer und einen Stern, große Zeichen am Himmel, die auf das Kind in der Krippe wiesen: auf Gott unter uns.
Die paar Leute? Ziemlich schwache Ausbeute.

Das also soll der allmächtige Gott sein? Da in der Krippe? Dieses Kind in Windeln?
Seien wir ehrlich: Man muss schon dran glauben, sich darauf einlassen, denn so richtig zwingend ist das ja nicht.

Aber Gott zwingt niemanden zum Glauben. Zum Glauben gehört Freiheit! Freiheit, sich für oder gegen Gott zu entscheiden.

Und darin liegt wohl die wahre Allmacht Gottes: dass er uns diese Freiheit lässt. Er will uns nicht zwingen, sondern von innen her gewinnen.

Wer anderen die Freiheit nicht lassen kann, ist letztlich schwach. Das sehen wir nicht zuletzt an den Gewaltregimes dieser Erde. Mit Gewalt und Terror versuchen sie die Menschen zu etwas zu zwingen. Doch erreichen können sie die Menschen nicht.
Denken wir zum Beispiel an die ehemalige DDR. Mit einem ganzen Arsenal an Propagandamitteln, Bespitzelungen, Belohnungen, Bestrafungen und Reiseeinschränkungen haben die Machthaber versucht ihre Macht über das Volk zu erhalten. Sie waren mächtig - nach außen hin. Doch die Menschen haben sie nicht gewinnen können, weil sie ihnen keine Freiheit gaben. Im letzten hatten sie keine Macht über die Menschen.

Je mehr ich die Freiheit des anderen fürchte, umso mehr versuche ich seine Freiheit zu beschneiden, um meine Macht nicht zu verlieren.
Je mehr ich die Freiheit des anderen fürchte, umso mehr habe ich Angst, statt Macht - bin ich schwach, statt stark. Das ist auch bei der Erziehung so.

Gott ist so groß, so allmächtig, dass er niemanden zwingen muss, sondern allen die Freiheit lässt. Er hätte alle Macht des Himmels und der Erde, um uns zu etwas zu zwingen. Aber er ist so mächtig, dass er dies nicht tut.
"Vielleicht hätten wir sogar vor der Macht, vor der Weisheit eher kapituliert. Aber er will nicht unsere Kapitulation, sondern unsere Liebe." (Joseph Ratzinger, Licht das uns leuchtet, Herder 1978)
Liebe Schwestern und Brüder!
Darum wählt er eben diesen Weg der Weihnacht, der von innen her gewinnen will.

Wie jeder andere Mensch verbrachte unser Herr neun Monate im Schoß seiner Mutter. Gott will nichts überstürzen, will auch keine Privilegien und kommt zur Welt wie jeder andere Mensch
Der Sohn Gottes wurde nicht in einer der Metropolen der damaligen Zeit geboren, nicht in Rom, Jerusalem, Alexandrien - sondern in einem entlegenen Kaff des Römischen Reiches.
Der Sohn Gottes kam nicht aus einer mächtigen Herrscherdynastie oder Priesterkaste, er wuchs nicht im Palast oder Tempel auf, sondern er war Kind einer einfachen Handwerkerfamilie.

Dort, wo Menschen sich groß dünken, sich etwas auf ihre Fähigkeiten, auf ihre Herkunft einbilden, ist wenig Raum für die Größe Gottes. Sicher er kann dort auch wirken. Dennoch hören solche Menschen keine Engel mehr singen. Sie fühlen sich von Gott eher gelangweilt oder bedroht. Sie wollen eben nicht sein Eigentum -Gotte Eigentum - sein. Sie gehören nur sich selber. Und die Welt gehört ihnen sowieso.

Deswegen können sie den nicht aufnehmen, der in sein Eigentum kommt - dann müssten sie sich ja ändern, ihn als Eigentümer anerkennen. Auch wir sind in der Gefahr durch unseren Hochmut im Kleinen und Großen, Gott die Tür vor der Nase zuzuschlagen.

Gottes Allmacht tritt zutage, wenn er machtvolle Taten vollbringt durch die Kleinen, Schwachen. Gottes Macht ist größer als die unsere. ER vollbringt dann mit seinem Arm machtvolle Taten durch uns Menschen, wenn wir ihn lassen.

Gott vollbringt mit den Kleinen und Schwachen seine Großtaten. Gerade deshalb ist er ja klein geworden, damit wir nicht vor ihm weglaufen, sondern auf ihn zugehen.
Das kleine Kind in der Krippe, Gott, ruft uns förmlich, ihm zu helfen. Im Kind zeigt der Allmächtige sich von uns abhängig, hilfsbedürftig. "In der Krippe von Bethlehem sagt Christus dir und mir, dass er uns braucht. (...) Wir werden niemals richtig froh sein, wenn wir Christus nicht wirklich nachahmen, wenn wir nicht demütig sind wie Er. (...) In einer Krippe, in Windeln, in einem Stall! Die erlösende Wirksamkeit unseres Lebens kann sich nur in Demut vollziehen, indem wir aufhören, an uns selbst zu denken, und uns für die anderen verantwortlich fühlen." (Josefmaria Escrivà, Christus begegnen 18) Wenn wir innerlich so klein werden wie dieses Kind in der Krippe, wenn wir als Kinder Gottes leben - dann hat Gott nicht nur Großes mit uns vor, sondern wird es auch vollbringen: unser Heil und das Heil der Welt!

Liebe Schwestern und Brüder!
Gott ist sogar so allmächtig, dass unsere Sünden seinen Plan, die Welt zu retten, nicht verhindern können.
Das ist eine tröstliche Botschaft. Und was für eine.

Gott rechnet mit unserem Mittun. Er schenkt uns dazu die Freiheit. Er zwingt uns nicht. Aber wir können uns ihm verweigern - im Großen und im Kleinen.
Angesichts unserer Schwächen und Fehler, unserer Sünden könnten wir mutlos werden. Gott vertraut auf mich, damit sein Reich komme - und ich, ich bin ein Versager, bekomme es nicht hin, zerstöre mehr, als ich aufbaue.
Und wieder ist Gott mit seiner Allmacht am Werk: Gott ist größer als unser Herz, das uns anklagt. Und Gott ist größer als unser Versagen und Scheitern. Denn Gott ist die Liebe.

Und Liebe pocht nicht auf ihre Rechte, Liebe will dienen!
Der Menschensohn ist nicht auf die Erde gekommen, sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen. Und wenn Gott uns Menschen dient, dann erlöst er uns Menschen. Für uns und zu unserem Heil ist er Mensch geworden!

Das Holz der Krippe weist schon hin auf das Holz des Kreuzes. Das in Windeln gewickelte Kind weist schon hin auf den im Leinentuch bestatteten Herrn. Für uns hat er gelitten, für uns ist er gestorben und begraben worden.
Er hat alles gegeben, sich klein gemacht, sich aufgerieben für uns. Und gerade deshalb, hat er das Größte vollbracht: die Erlösung von Sünde und Tod.

Ist Gott gescheitert?
Liebe Schwestern und Brüder. Dieser Frage haben wir uns zu Anfang gestellt. Auf dem ersten Blick vielleicht.
Denn wer genauer hinsieht, der merkt, dass der Weihnachtsmann nichts zu verkaufen hat, weil er nur verkaufen will, nur verkaufen kann. Und kann nicht der Sinn des Lebens sein.

Als Christen glauben wir, dass an Weihnachten in Christus, der Sinn der Welt zu uns gekommen ist. "Denn was (der Evangelist) Johannes ‚das Wort' nennt, das bedeutet im Griechischen gleichzeitig auch soviel wie: der Sinn. Insofern können wir durchaus auch übersetzen: Der Sinn ist Fleisch geworden.

Aber dieser Sinn ist nicht bloß eine allgemeine Idee, die in der Welt drinnensteckt. Der Sinn ist uns zugewandt. Der Sinn ist ein Wort, eine Anrede an uns. Der Sinn kennt uns, er ruft uns, er führt uns. Der Sinn ist nicht ein allgemeines Gesetz, in dem wir dann irgendeine Rolle spielen. Er ist jedem ganz persönlich zugedacht. Er ist selbst Person: der Sohn des lebendigen Gottes, der im Stall von Bethlehem geboren wurde." (Joseph Ratzinger, Licht das uns leuchtet, Herder 1978)

Ist Gott gescheitert? Wenn er der Sinn Deines Lebens wird, bei Dir sicher nicht!

4. Predigtvorschlag

von Manfred Stücker (erstellt: 2011)

Das Wasser des Lebens

Das kleine Kind, das vor der Geburt im Mutterschoß alles empfängt, was sein Leben erhält, das im wärmenden und schützenden Wasser geborgen ist, ist von alters her Bild und Gleichnis für die Menschheit selbst. Und wir glauben heute, an diesem Weihnachtsfest, daß Jesus, das kleine Kind in der Krippe, mit seinen kleinen Armen die ganze Menschheit umfängt und auf seine kleinen und zarten Schultern die Schuld der Welt auf sich nimmt. Ist das denn wirklich zu glauben? Ist das nicht ein zu großer, ja ein unfaßbarer Gedanke? Das Weihnachtsfest bildete sich aus in einer Zeit, in der die Kirche das Bekenntnis zu Christus, dem Sohn Gottes, neu reflektieren und neu festigen mußte. Christus ist uns geschenkt, daß er den Tod besiegt und uns in seiner Auferstehung neues und unvergängliches Leben in Gott schenkt. Er hat die verschlossenen Tore des Paradieses geöffnet und unser sterbliches Dasein von innen her erneuert und verwandelt, durch die Hingabe seines Lebens an den Vater. So ist Ostern das erste und eigentliche Fest der Christen, das Fest aller Feste, der Grund unserer Hoffnung, die Mitte und das Ziel unseres Glaubens.

Doch wie kann das sein, daß Gott, der doch einer ist, einen Sohn haben soll, der von einer einfachen Frau, von Maria aus Nazareth, geboren wird und als Mensch unter den Menschen lebt? Ist das nicht ein Widerspruch, daß Gott zugleich als Mensch geboren wird, fühlt, empfindet, leidet? Wie kann das sein? Weihnachten lehrt uns, an einen Gott zu glauben, der die Überraschung liebt. – Oder besser gesagt: der uns mit dem Erfindungsreichtum seiner Liebe immer neu überrascht. Weihnachten, so haben uns schon die Kirchenväter und Theologen der frühen Kirche zeigen wollen, will uns helfen, Gott nicht nach unseren Vorstellungen und Maßstäben zu denken, sondern sich einfach von ihm beschenken zu lassen. Weihnachten ist das Fest, an dem wir bekennen, daß der unsichtbare, unendlich große Gott sich unfaßbar klein und gering gemacht hat. Aus der unerreichbaren Höhe seiner Herrlichkeit, aus dem wunderbaren Licht des Himmels kommt er in die Dunkelheit unserer Erde, in das Elend unseres sterblichen Lebens. Wie tut Gott das? Wie schlägt er zu uns die Brücke? Wie kommt er aus der Ewigkeit, die doch unzugänglich ist, in unsere Zeit hinein? Auf diese Frage antwortet der Glaube mit dem Bekenntnis zu Jesus, der in seiner Person Gott und Mensch ist, als Gott Licht vom Licht vor aller Zeit, als Mensch in der Zeit geboren von Maria, der Jungfrau, er ist eins mit Gott, dem Einen, den er uns offenbart und verkündet als den liebenden Vater aller Menschen.

So kommt Gott dem Menschen unendlich nahe. So ist Gott in uns Menschen, so umfaßt und umfängt er unser ganzes Dasein. Aber ist das nicht alles immer noch unbegreiflich? Wie können wir von diesem einen Menschen, Jesus, behaupten und bekennen, in ihm sei Gott am Werk, in ihm erlöse er alle Menschen von ihrem Dasein im Schatten, in ihrer unendlichen Entfernung vom wirklichen Leben? Schauen wir noch einmal auf das Geheimnis der Geburt eines Menschen: Es ist wirklich ein Geheimnis, was sich da abspielt. In der Entstehung, in der Geburt eines kleinen Menschenkindes ist der Mikrokosmos, in dem der Mensch zu seiner Geburt heranwächst, ein Abbild des Makrokosmos, der Schöpfung Gottes. Das Fruchtwasser, in dem das Baby schwimmt, ist Urflut und Wasser, aus dem das Leben kommt. Die Wissenschaft sagt uns, daß die Zusammensetzung des Fruchtwassers ganz ähnlich ist wie der chemische und biologische Aufbau der Weltmeere. Alles Leben kommt aus dem Wasser, so sagen uns die Biologen, die das Entstehen des Lebens erforschen: Im Heranwachsen und in der Geburt eines Kindes wiederholt sich im Kleinen, was Gott als seinen Lebensplan in die große Schöpfung hineingelegt hat.

Für das Baby im Mutterschoß ist die Gebärmutter die schützende Höhle, sein bergendes Zuhause, in dem es alles Nötige bekommt und das er gar nicht verlassen kann und will, zumindest nicht für neun Monate lang. Wehe, wenn dieses Zuhause bedroht wird! Wehe, wenn durch Untersuchungen auf Krankheiten und Behinderungen hin, auf Geschlecht oder mögliche Fehlbildungen, das Leben in Frage gestellt wird! Wohin könnte der Ungeborene sich flüchten? An wen kann er sich wenden? Wer hört seine Bitten, seinen Wunsch nach Leben? Der Mutterschoß ist auf dieser Erde zum gefährdetsten Ort für den Menschen geworden. Wo die Achtung vor der Heiligkeit des Lebens vor der Geburt nachläßt, da wird sie auch nachlassen, wenn es um das Leben nach der Geburt geht, vor allem auch um das Leben vor dem Sterben. Das ungeborene Kind hat aber eine vielgestaltige Verbindung zur Welt: Die Nabelschnur ist die Verbindung zum „Himmel“ des kleinen Kindes, sie ist für ihn die Quelle aller Wohltaten, von ihr empfängt das Kind alle nötigen Gaben, um zu überleben. Zugleich ahnt das Kind schon etwas von der Größe und Weite der Welt, die es umgibt, es nimmt ein schwaches Licht wahr, es hört Stimmen und Musik, es fühlt, wenn der Bauch gestreichelt wird, es spürt die Bewegungen der Mutter.

In diese wunderbare Welt geht Jesus in seiner Menschwerdung hinein und erfüllt den Mikrokosmos des Ungeborenen mit seiner göttlichen Gegenwart und Liebe. Was für ein Geheimnis! Was für ein wunderbarer Gedanke! So geschieht Erlösung! Gott, der den Kosmos geschaffen hat und in seinen Händen hält, er macht den Mikrokosmos des Menschen zu seiner Heimat und zum Ort seiner Offenbarung. Wir können nur staunen über soviel Demut, wir können nur anbeten und dankbar sein über diesen Erfindungsreichtum der Liebe Gottes. Weihnachten schenkt uns einen neuen Blick für das Geheimnis Gottes und zugleich das Geheimnis des Menschen. Seit Weihnachten läßt sich beides nicht mehr voneinander trennen: denn Gott ist einen Bund mit uns Menschen eingegangen, den kein Mensch mehr auflösen kann. Im Lebensweg eines jeden einzelnen Menschen will Jesus gegenwärtig sein und mitgehen. Wieviel Ehrfurcht müssen wir deswegen vor dem Leben haben! Vor dem ungeborenen Leben, vor dem Leben in jeder Phase seiner Existenz! Das Leben der Schwächsten, das Leben der Ungeborenen, der Kranken, der Alten, der Behinderten: es ist heilig, denn Jesus ist in jedem dieser Menschen gegenwärtig.

Anm.: Die Anregung zu dieser Predigt kommt aus einem Artikel von Roland W. Moser, Vorgeburtliche Geborgenheit, PUR-Magazin 12/2011, 20-21, aus der einige Formulierungen wörtlich übernommen sind.

5. Predigtvorschlag

von Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2011)

Liebe Schwestern und Brüder!

Es ist Weihnachten, Geburt des Herrn. Dieses Fest ist im Vergleich zu Ostern von anfänglich geringerer Bedeutung in der Kirche gewesen. Das Urfest der Kirche ist Ostern. Von der Auferstehung Jesu her hat sich der christliche Glaube und auch die Kirche gegründet. Jeden Sonntag feiern wir Ostern. Und das seit Beginn der Kirche.

Das Weihnachtsfest kam erst im 4. Jahrhundert zur Geltung. Das römisch-heidnische Fest des unbesiegbaren Sonnengottes wurde überformt von der Erscheinung Jesu in der Welt, der das wahre Licht der Menschen und der Schöpfung ist.

Dass das Weihnachtsfest bei den meisten Menschen emotional das Osterfest überflügelt hat, hat sicherlich mit dem Hl. Franziskus zu tun. Er bekannte wie alle Christen, dass Jesus wahrer Mensch und wahrer Gott zugleich war. Besonders aber verehrte er die Menschheit Jesu. Im Kind in der Krippe war ihm der Emmanuel, der Gott-mit-uns verstehbar geworden. Im Kind ist Gott uns so nahe gekommen, dass wir DU zu ihm sagen können, ohne Scheu, ganz direkt.

Im Jahr 1223 hat Franziskus Weihnachten in dem Örtchen Greccio im Rieti-Tal in Umbrien gefeiert. Er wollte die Freude der Geburt des göttlichen Kindes in Bethlehem sozusagen "hautnah" erleben, nacherleben. Er sagte: "Ich möchte in voller Wirklichkeit die Erinnerung an das Kind wachrufen, wie es in Bethlehem geboren wurde, und an alle Mühsal, die es in seiner Kindheit erdulden musste. Ich möchte es mit meinen leiblichen Augen sehen, wie es war, in einer Krippe liegen und auf dem Heu schlafen, zwischen einem Ochsen und einem Esel."

Diese Heilige Nacht vor gut 780 Jahren ist die Geburtsstunde der Krippe, so wie wir sie kennen. Auf diese Nacht geht letztlich auch unsere wunderbare Krippenlandschaft hier in Kirchhellen zurück, die so viele Menschen erahnen lässt, dass Gott ein Gott-mit-uns ist.

Von Anfang an gehören also Ochs und Esel zur Krippe dazu. Wie auch hier in der Kirche.
Wahrscheinlich klang dem Hl. Franziskus bei seiner Idee die folgenden Verse aus dem Buch Jesaja im Ohr:
Seinen Eigentümer erkennt ein Ochse, ein Esel die Krippe seines Herrn; Israel aber hat keine Erkenntnis, mein Volk hat keinen Verstand.
Die Kirchenväter haben diesen Vers häufig so gedeutet: Juden und Heiden, alle Menschen waren wie Ochs und Esel. Das Kind in der Krippe hat ihnen aber die Sinne geöffnet: sie konnten ihren Eigentümer nun mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Ohren hören: Gott ist nicht mehr weit weg. Irgendwo in himmlischen Sphären. Gott ist Mensch und schaut mich mit Kinderaugen an.

Ochs und Esel gelten nicht gerade als die feinsten und klügsten Tiere. Der Ochse ist eher träge und auch ein bisschen tumb, der Esel störrisch und dumm.
Und dennoch, sie sind bei Jesus, sie erkennen ihn als Gott. Die meisten Krippendarstellungen geben den beiden Tieren auch fast schon menschliche Gesichter, die uns wissend anschauen.

Seinen Eigentümer erkennt ein Ochse, ein Esel die Krippe seines Herrn; Israel aber hat keine Erkenntnis, mein Volk hat keinen Verstand.
Diese Verse können uns allen hier eine Mahnung und auch ein Trost, ja eine Ermutigung sein.

Denn nicht die weisen Schriftgelehrten Israels auch nicht der mächtige und reiche König von Jerusalem hatten Erkenntnis, obwohl sie es doch eigentlich hätten wissen müssen.
Deshalb fragen ja auch die Weisen aus dem Morgenland im Palast nach, was es mit dem Stern und der Geburt des Kindes auf sich haben möge.

Nein, ausgerechnet Ochs und Esel, die ja nicht gerade als Intelligenzbestien oder edle Tiere gelten, haben Erkenntnis. Sozusagen von Natur aus haben sie den Messias, den Gottessohn erkannt, ihren Herrn. Da, wo sie sind, sind auch die schlichten Hirten, das einfache Paar Maria und Josef, nicht die Mächtigen und Renommierten, die Reichen.

Ochs und Esel mahnen deutlich: da wo Menschen zu sehr auf sich selbst vertrauen, auf ihre Fähigkeiten, ihre Möglichkeiten, ihre Macht und ihren Reichtum, wo sie all das an die Spitze ihres Lebens setzen, sehen sie das Wesentliche nicht, geht ihnen das Entscheidende verloren. Geht auch vieles zugrunde.
Das haben wir in diesem Jahr wieder leider merken müssen: Die Paläste der Banken und Mächtigen sind auf den Treibsand von Überschuldung und Geldgier gebaut worden. Nun stehen einige Staaten vor dem Bankrott. Und viele müssen darunter leiden.
Die Natur im Griff zu haben, meinten auch die Ingenieure von Fukushima. Technischer Hochmut und die damit verbundene Schlampigkeit führten zur Katastrophe. Mit Taschenlampen und in Plastiktüten gehüllten Schuhen traten sie den Folgen des GAUs entgegen, sozusagen nackt.
Die, die sich groß dünken und klug, stehen nun dumm da wie die Ochsen und wollen leider ihre Fehler wie störrische Esel nicht einsehen.

Seinen Eigentümer erkennt ein Ochse, ein Esel die Krippe seines Herrn.
Auch wir stehen manchmal in unserem Leben wie der Ochs vorm Berg, wissen nicht wie es weitergehen soll: nach dem Tod eines lieben Menschen, beim Streit in der Familie, unter dem Druck der Arbeit, nach der niederschmetternden Diagnose...
Und wir begehen in unserem Leben manche Eselei, kleine Fehler und große Sünden. Wissentlich und unwissentlich.
Doch gerade Ochs und Esel gehören seit Anfang an zur Krippe dazu. Eben diejenigen, die vor Problemen stehen, leiden müssen, die manchmal orientierungslos sind und handeln, suchen die Nähe des göttlichen Kindes.
Eben diese Menschen spüren in ihrem Leben, dass sie alleine es nicht meistern können trotz aller Fähigkeiten und Begabungen.
Sie spüren, dass sie die Stimme ihres Eigentümers hören müssen - zur Orientierung und zum Trost, zur Ermutigung. Sie merken, dass sie aus der Futterkrippe ihres Herrn Nahrung benötigen, die stärkt.

Deshalb dürfen wir wie Ochs und Esel die Nähe Gottes suchen. Er sucht ja auch die unsrige, sonst wäre er nicht Mensch geworden. Er ist sich nicht zu schade, sich mit uns Ochsen und Eseln abzugeben. Er ist der Gott-mit-uns. Und wir brauchen uns nicht zu schämen, dass wir ihm nicht viel bieten können. Ihm reicht es, dass wir da sind. Wir müssen ihm nichts beweisen.

Auch im Stall waren Ochs und Esel nur da. Einfach da. Gerne hat das Kind ihre Gegenwart genossen. Vielleicht haben ihre Körper den kalten Wind im zugigen Stall abgehalten und ihr Atem das Kind gewärmt.
Ich bin davon überzeugt, wenn wir uns einfach nur einmal so in die Kirche setzen und beten, eine Kerze anzünden, einfach da sind, wo ER ist - das ist er im Tabernakel - ihm, wenn man so will, Gesellschaft leisten, dann erfreuen wir Gott. Und wir uns an seiner Gegenwart.

Wie schön wäre es, wenn dieses Weihnachtsfest uns alle motivieren würde, häufiger Christus in der Kirche zu grüßen - auch nur auf dem Sprung, ohne großen Aufwand. Das zu tun, ist auf jeden Fall mein Vorsatz auch für das kommende Jahr.

Seinen Eigentümer erkennt ein Ochse, ein Esel die Krippe seines Herrn.
Die beiden schauen auf das Kind, das in der Futterkrippe liegt. In ihrer Futterkrippe. Jesus ist nun ihre Nahrung.

Bethlehem - das heißt "Haus des Brotes".
Dieser Jesus hat sich kleingemacht als Kind in der Krippe. Er macht sich klein in der Hostie auf dem Altar.
Gottes Sohn in der Krippe bietet sich gleichsam der Welt als Nahrung. Auf dem Altar schenkt sich Gott uns als Nahrung, die zum wahren Leben führt, in der Kommunion.
Mit Leib und Blut sehen wir in der Krippe und auf dem Altar. Für uns. Der Gott-mit-uns.
Mit Leib und Blut hat er sich in diese Welt hineingegeben, mit Fleisch und Blut sich hingegeben am Kreuz. Und er ist auferstanden.
Das Holz der Futterkrippe und das Holz des Kreuzes sind das Material aus dem unsere Erlösung geschnitzt ist.

Weihnachten und Ostern kommen so in jeder Heiligen Messe zusammen.
Jede Heilige Messe ist wie Ostern und Weihnachten zusammen. Also besuchen wir sie.

Weihnachten und Ostern gehören zusammen. Lassen sie uns als österliche und weihnachtliche Menschen leben, als Menschen, die wissen, Gott ist mit uns und für uns. Gerade da, wo wir wie ein Ochs vorm Berg stehen oder Eseleien vollbracht haben.

6. Predigtvorschlag

von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2010)

Das Weihnachtsfest, liebe Schwestern und Brüder, ist einmal das Fest der Kinder par exelance gewesen. Das war es einmal. Natürlich strahlen die Kinderaugen auch noch heute. Mir scheint nur, dass es nun hauptsächlich ein Fest für Erwachsene geworden ist. Das sieht man an den Regalen, den Schaufenstern, den Anzeigen und Werbeblättern.
War es früher die Freude der Großen, die Kleinen zu beschenken, so meine ich feststellen zu müssen, dass es heute hauptsächlich darum geht, dass Erwachsene sich gegenseitig eine Freude machen.

Das liegt wahrscheinlich daran, dass immer mehr Erwachsene keine Kinder kennen, die sie beschenken könnten. Darauf hat der fast alles regierende Markt reagiert.

Unser Land – wie viele andere in Westeuropa auch – hat immer weniger Kinder. Das ist so und wird auch erst einmal so bleiben.

Deutschland vergreist. Kindertagesstätten werden nicht nur wegen der Kosten reihenweise geschlossen. Es gibt schlicht zu wenig Kinder.

Das ist der Politik mittlerweile auch aufgefallen, nachdem der drohende Kollaps der Sozialsysteme von niemanden mehr übersehen werden konnte. Kinder zu kriegen ist zu teuer geworden. Das ist eine der immer wieder angefügten Begründungen des Kindermangels. Aber war das früher anders? Waren Kinder nicht immer teuer, eine finanzielle Belastung? Reiche Länder müssten dann doch eigentlich eher mehr Kinder haben als ärmere? Aber dem ist ja nicht so.

Mütter können den Beruf und die Kindererziehung nicht mehr in Einklang bringen. Ein weiteres vielzitiertes Argument. Deshalb unternimmt man viele Anstrengungen Kindergarten- und Krippenplätze zu vermehren und flexibler zu gestalten. Als Träger von vier Kindertageseinrichtungen weiß unsere Pfarrei, was das heißt. Diesen Dienst wollen wir wohl zur Unterstützung der Familien gerne tun.

Dabei kommen mir aber manchmal Zweifel, ob es dem Großteil der Lösungsansätze wirklich um die Kinder geht. Wichtiger scheinen hier wohl die Belange der Wirtschaft zu sein. Frauen sollen frei sein, um im Berufsleben das Bruttosozialprodukt anzukurbeln. Nichts dagegen.

Nur wenn in einer Gesellschaft als Arbeit ausschließlich anerkannt wird, was auch Geld einbringt, jeder Ansatz zur Entlohnung von Familienarbeit aber mit Schlagworten wie "Herdprämie" oder "Heimchenbonus" abzutöten versucht wird, kann es jedenfalls nicht weit her sein mit einer Wertschätzung von Familie. Und dass Menschen, die eben darauf hinweisen – manchmal auch ungelenk oder provokativ – dass solche Menschen in den Medien mit Dreck beworfen, als unsäglich altmodisch .

Wirtschaftliche und gesellschaftliche Hemmnisse gibt es. Und sie haben ihre Auswirkung auf die Zahl der Kinder. Sicherlich. Aber Probleme dieser Art gab es immer. Elterngeld allein bringt noch keine größere Geburtenziffer, wie die Regierung vor kurzem feststellen musste.

Medizinisch werden die Kinder in unserem Land wie kaum in einem anderen sehr gut betreut. Die Sterblichkeitsrate bei Kindern ist hierzulande gering. Die Abtreibungsrate nach wie vor hoch. Laut Statistischem Bundesamt immer über 110.000 Kinder seit Jahren (also ungefähr einmal ganz Bottrop) und das bei einer hohen Dunkelziffer. 40 Prozent der abtreibenden Frauen waren verheiratet, über 95 Prozent der Schwangerschaftsabbrüche folgten nach der obligatorischen Beratung.

Das Problem scheint tiefer zu liegen.
Es ist der Mangel an Hoffung verbunden mit dem, was das mit sich bringt: der Verlust an Vertrauen in die Zukunft, Lebenskraft, Kreativität, Poesie und Lebensfreude.

So wie die Ehe ein Akt des Vertrauens, des Sich-Trauens ist, so ist das Kinderkriegen vornehmlich ein Akt der Hoffnung. Hoffnung auf Zukunft für die Welt, in die hinein die Kinder geboren werden.

In diese Welt kann man doch keine Kinder mehr setzten – So sagen viele und denken dabei an Kriege, Klimakatastrophe, globalisierter Ungerechtigkeit. usw. Viele haben keine Hoffnung für diese Welt mehr.

Und tatsächlich, wer seine Hoffnung allein in diese Welt setzt, der wird bald keine Hoffnung mehr für diese Welt haben. Der wird resignieren, stagnieren, leblos die Hände in den Schoß fallen lassen. Hoffnung für die Welt trägt nur der in sich, der seine Hoffnung nicht in die Welt setzt, sondern auf deren Schöpfer.
Gott kennenlernen – den wahren Gott, das bedeutet Hoffnung empfangen.
schreibt Benedikt XVI in seiner Enzyklika „Spe salvi“ – Auf Hoffnung hin. Und damit ist er am Puls der Zeit.

Der Glaube schenkt Hoffnung, weil er uns über diese Welt hinaushebt. Wieder der Papst:
Nicht die Elemente des Kosmos, die Gesetze der Materie, herrschen letztlich über die Welt und über den Menschen, sondern ein persönlicher Gott herrscht über die Sterne, das heißt über das All; nicht die Gesetze der Materie und der Evolution sind die letzte Instanz, sondern Verstand, Wille, Liebe – eine Person. Und wenn wir diese Person kennen, sie uns kennt, dann ist wirklich die unerbittliche Macht der materiellen Ordnungen nicht mehr das Letzte; dann sind wir nicht Sklaven des Alls und seiner Gesetze, dann sind wir frei. ...
Das Leben ist nicht bloßes Produkt der Gesetze und des Zufalls der Materie, sondern in allem und zugleich über allem steht ein persönlicher Wille, steht Geist, der sich in Jesus als Liebe gezeigt hat.

Wer Hoffnung hat, lebt anders, dem ist neues Leben geschenkt worden. Und deshalb vermag er auch neues Leben zu schenken. Aus den Kindern blicken uns nicht nur hoffnungsvolle Augen an, sondern die Hoffnung selbst.
In den Schriften Charles Peguy gibt es eine schöne Stelle – ich habe sie leider nicht mehr so schnell gefunden – darin beschreibt er Glaube, Hoffnung und Liebe wie drei Schwestern, die sich an den Händen haltend einhergehen. In der Mitte ist die Hoffnung. Ein kleines Kind, das die anderen beiden größeren Geschwister zieht. Wenn die Hoffnung stehen bleibt, bleibt alles stehen, heißt das.

Kinder sind Hoffnung. Wo wenig Kinder sind, ist wenig Hoffnung.

Liebe Schwestern und Brüder,
wir haben als Christen Hoffnung. Denn wir feiern heute die Geburt eines Kindes – Gottes Sohn Jesus Christus strahlt uns mit seinen hoffnungsfrohen Augen an. Gott hat Hoffnung für uns, für diese Welt.
Diese Hoffnung ist kein billiger Optimismus, keine Vertröstung nach dem Motto: Wird schon irgendwie.
Diese Hoffnung ist angefochten – am Kreuz schien sie sogar besiegt zu sein – aber sie ist unsterblich, ewig nicht zerstörbar, weil sie die Welt und ihre Schrecken besiegt hat.

Das göttliche Kind in der Krippe ist der Hoffnungsträger – keine politischen Parteien, Ideologien oder esoterische Ersatzreligionen.

Unsere Hoffnung könne wir stärken – gerade auch in der Anfechtung – wenn wir auf das Kind in der Krippe schauen. Die Umstände seiner Geburt waren alles andere als ein hoffnungsvoller Einstieg in die Welt. Statt eines staatlich mitfinanzierten Krippenplatzes hatte Er nur in einer ärmlichen Krippe Platz.
Es gilt, auf dieses Kind zu schauen, mit ihm zu sprechen, auf ihn zu hören, zu beten – dann wird die Hoffnung in uns wachsen.

Das Gebet ist die Schule des Hoffens.
Pflegen wir das Gebet. Persönlich.
Aber auch besonders in der Familie zu Hause. Unsere Hoffnung reicht weiter, wenn wir nicht nur an Weihnachten beten und zur Kirche gehen.

Liebe Schwestern und Brüder.
Weihnachten war das Fest für die Kinder. Kinder sind unsere Zukunft, sind Zeichen der Hoffnung, das alles gut wird und Gott uns trägt und lenkt.
Weihnachten ist das Fest des göttlichen Kindes, das uns reich beschenkt. Es sagt uns ohne Worte: Gott hat Hoffnung für euch und diese Welt.
Dieses Kind streckt uns die Hände entgegen. Ergreifen wir sie und lassen uns von diesem Kind ergreifen.

7. Predigtvorschlag

von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2009)

Zweimal, liebe Schwestern und Brüder, ist im Evangelium nach Lukas, das wir in der Hl. Nacht hören, von den Windeln Jesu die Rede.

Von Maria wird nach der Geburt Jesu berichtet: Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.
Den Hirten wird von den Engeln gesagt, dass sie zum Zeichen für die Geburt des Messias ein Kind finden werden, das in Windeln gewickelt in einer Krippe liege.

Windeln für den menschgewordenen Sohn Gottes. Ein in Windeln gewickeltes Kind als Zeichen, dass der Retter der Welt da ist. Ist das nicht ziemlich banal, ja peinlich?

Und kämen Sie auf die Idee nach Aachen zu wallfahren, um die Windel Jesu als Reliquie zu verehren. Denn darum geht es auch bei der berühmten Aachener Heiltumsfahrt, die seit dem 13. Jahrhundert und im siebenjährigen Turnus stattfindet. Ist das nicht eigenartig, peinlich für uns aufgeklärte Menschen von heute?

Ich weiß nicht, ob die ausgestellten Textilien in Aachen wirklich die historischen Windeln Jesu sind. Aber darum geht es auch nicht. Ich weiß aber, dass die Windeln ausdrücklich im Evangelium des Lukas genannt werden. Und das kann nicht ohne Belang für uns und unseren Glauben sein.

Für mich wird darin deutlich, wie konkret, wie leibhaftig Gott Mensch geworden ist. Er ist wirklich in unsere Niederungen hinabgestiegen. Jesus war ganz Gott, aber eben auch ganz Mensch, selbst die allermenschlichsten Bedürfnisse waren ihm nicht fremd.

Er wird auch gefroren haben als Kind im Stall. „Liegt als armes Kind im Stall, Herrscher über Weltenall“ singen wir gerne und voll Inbrunst in einem Weihnachtslied. Für Maria und Joseph hieß das, dass sie dem Herrscher der Welt ganz weltlich helfen, beistehen mussten. Maria hat ihm die Windeln angelegt. Und Joseph wird - ebenfalls seit 14. Jahrhundert in der Kunst – ganz realistisch als einer dargestellt, der sich um die beiden – Mutter und Kind - kümmert.

„Josef, lieber Josef mein, hilf mir wieg‘n mein Kindelein“, hören wir in einer beliebten alten Volksweise Maria zu Joseph sagen. Und natürlich tut er es.
Als guter Hausmann sieht man ihn auf Gemälden sich krümmen und das Herdfeuer mit dem Mund pustend anfachen. Manchmal sieht man ihn sogar kochend am Feuer hocken. Oder er zieht sich seine Beinlinge aus – wenn man so will – seine langen, warmen Kniestrümpfe, um sie als zusätzlich wärmende Decke über das Kind in der Krippe zu legen. Irgendwie niedlich wirken diese Ausdrucksformen der Weihnachtsfrömmigkeit. Und Joseph wirkt da etwas zu schlicht. Da wird Joseph der heilsgeschichtlichen Sternstunde irgendwie nicht gerecht. Müsste der nicht jetzt das Kind anbeten, statt Feuer zu machen und zu kochen und vielleicht sogar noch den Stall auszufegen. Jedenfalls scheint Joseph keine große religiös hoch erleuchtete Gestalt zu sein.

Aber damit steht der Patriarch Joseph aus dem Neuen Testament in einer Reihe mit den Patriarchen des Alten Bundes. Das findet jedenfalls Papst Benedikt XVI., wenn er schreibt: „Religionsgeschichtlich gesehen sind Abraham, Isaak und Jakob keine großen Persönlichkeiten.“ Im Vergleich mit den großen und erhabenen asiatischen Religionsstiftern – wie z. B. Buddha – „erscheinen die Träger der Geschichte des Glaubens beinahe pöbelhaft. Das wegzudeuten hieße genau den Anstoß wegdeuten der auf das Besondere und Einzigartige der biblischen Offenbarung hinführt. Dieses Besondere und Ganz-Andere liegt darin, dass Gott in der Bibel nicht wie bei den großen Mystikern geschaut, sondern als der Handelnde erfahren wird. ... Und dies wiederum liegt daran, dass hier nicht der Mensch in eigener Aufstiegsbemühung...das Göttliche an seinem Ort auffindet, sondern es gilt das Umgekehrte: dass Gott den Menschen mitten in den weltlichen und irdischen Zusammenhängen sucht, dass Gott, den von sich aus niemand entdecken kann, auch der Reinste nicht, seinerseits den Menschen nachgeht und in Beziehung zu ihm tritt. “ Soweit der Papst.

Wer Christ werden, sein will – so deute ich das – muss keine religiösen Kunststücke vollbringen. Wir brauchen uns nicht durch irgendwelche Meditationstechniken – die auch ihren Wert haben – in Ekstase zu versetzten, um mit Gott in Kontakt zu treten.

Nein, der Alltag, so wie er auf mich zukommt, ist der Ort, wo Gott auf mich zukommt, indem er mich vor Entscheidungen und in Situationen hineinstellt. Wie handle ich dann? Höre ich auf die Stimme meines Gewissens, die ja die Stimme Gottes in mir ist? Setze ich die Gebote und Weisungen Gottes und seiner Kirche dann in die Tat um? Erfülle ich meine Pflichten und Freuden, ertrage ich das Leiden aus Liebe zu Gott?

Gott fragt uns jeden Augenblick ganz konkret. Und wir können nicht anders, als ganz konkret zu antworten. Ein Vers aus dem Lied „Freude schöner Götterfunken“ lautet: „Seid umschlungen Millionen, dieser Kuss der ganzen Welt.“ Für einige Gutmenschen ist das sozusagen die Lebensdevise geworden. Als Christen sehen wir das etwas anders: nicht die Millionen sollen umschlungen werden, sondern der Mann, der gerade vor mir auf dem Schnee ausgerutscht ist, dem aufgeholfen werden muss. Nicht der Kuss der ganzen Welt ist der wichtige, sondern vielleicht der in der Familie, für das Kind oder den Partner, der Trost braucht.

Das kann uns das Bild des Hl. Joseph lehren: Im tätig bemühten, still dienenden, aber auch im überforderten, ermüdeten und manchmal umständlichen, ja komisch wirkenden Joseph können wir uns alle wiederfinden: Nicht die religiöse Persönlichkeit, die spirituell, ausgefeilten Techniken zählen, sondern der Gehorsam gegenüber dem göttlichen Anruf und Auftrag in der oft banalen Alltäglichkeit.
Gott braucht keine Menschen, die Außergewöhnliches, Menschenunmögliches vollbringen, sondern Christen, die das Gewöhnliche, Menschenmögliche aus Liebe zu ihm und im Gehorsam gegen ihn tun.

Das können uns auch die Windeln Jesu lehren. Ihre Erwähnung im Evangelium ist für mich so etwas wie ein Signalwort, so als ob Jesus mir sagen wollte: „Du Mensch, siehe, wie sehr ich Mensch geworden bin. Genau so einer wie Du. In allem bin ich Dir gleich geworden außer in der Sünde. Ich bin Gottes Sohn und komme auf die Erde und teile mit Dir Deinen Alltag. Und ich möchte, dass Du mit mir Deinen Alltag teilst. Weil ich Mensch geworden bin, kannst auch Du ein Mensch werden, der Gott gefällt und Glückseligkeit erlangt. Du musst nicht viel tun: höre auf die Gebote, lese in der Hl. Schrift, bete und feiere zumindest die sonntägliche Messe- und Du wirst sehen, dass ich Dir dann überall im Alltäglichen begegnen werde. So werden Dir die Augen geöffnet für das Große, dass ich in meiner Menschwerdung an Euch getan habe: Ich werde Mensch, damit ihr im Menschlichen Gott findet und erlöst werdet.“

Liebe Schwestern und Brüder,
in Jesus ist Gott ganz konkret Mensch geworden. Er hat sich festgelegt damals auf einen Jungen in Betlehem, in einem Kaff am Randes des Römischen Weltreiches. So wie Josef und Maria ihm ganz konkret in kleinen Dingen beistanden, so können auch wir ihm nahe sein im Klein-Klein dieser Welt. Wenn wir diesem Ruf des Kindes, das in Windeln gewickelt in einer Krippe liegt, entsprechen dann wird wahr, was die Engel sangen: Ehre Gott in der Höhe und Friede den Menschen.

8. Predigtvorschlag

von Pfr. Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2009)

Zweimal, liebe Schwestern und Brüder, ist im Evangelium nach Lukas, das wir in der Hl. Nacht hören, von den Windeln Jesu die Rede.

Von Maria wird nach der Geburt Jesu berichtet: Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.
Den Hirten wird von den Engeln gesagt, dass sie zum Zeichen für die Geburt des Messias ein Kind finden werden, das in Windeln gewickelt in einer Krippe liege.

Windeln für den menschgewordenen Sohn Gottes. Ein in Windeln gewickeltes Kind als Zeichen, dass der Retter der Welt da ist.
Ist das nicht ziemlich banal, ja peinlich?

Und kämen Sie auf die Idee nach Aachen zu wallfahren, um die Windel Jesu als Reliquie zu verehren. Denn darum geht es auch bei der berühmten Aachener Heiltumsfahrt, die seit dem 13. Jahrhundert und im siebenjährigen Turnus stattfindet. Ist das nicht eigenartig, peinlich für uns aufgeklärte Menschen von heute?

Ich weiß nicht, ob die ausgestellten Textilien in Aachen wirklich die historischen Windeln Jesu sind. Aber darum geht es auch nicht.
Ich weiß aber, dass die Windeln ausdrücklich im Evangelium des Lukas genannt werden. Und das kann nicht ohne Belang für uns und unseren Glauben sein.

Für mich wird darin deutlich, wie konkret, wie leibhaftig Gott Mensch geworden ist. Er ist wirklich in unsere Niederungen hinabgestiegen. Jesus war ganz Gott, aber eben auch ganz Mensch, selbst die allermenschlichsten Bedürfnisse waren ihm nicht fremd.

Er wird auch gefroren haben als Kind im Stall. "Liegt als armes Kind im Stall, Herrscher über Weltenall" singen wir gerne und voll Inbrunst in einem Weihnachtslied. Für Maria und Joseph hieß das, dass sie dem Herrscher der Welt ganz weltlich helfen, beistehen mussten. Maria hat ihm die Windeln angelegt. Und Joseph wird -ebenfalls seit 14. Jahrhundert in der Kunst - ganz realistisch als einer dargestellt, der sich um die beiden - Mutter und Kind - kümmert.

"Josef, lieber Josef mein, hilf mir wieg'n mein Kindelein", hören wir in einer beliebten alten Volksweise Maria zu Joseph sagen. Und natürlich tut er es.
Als guter Hausmann sieht man ihn auf Gemälden sich krümmen und das Herdfeuer mit dem Mund pustend anfachen. Manchmal sieht man ihn sogar kochend am Feuer hocken. Oder er zieht sich seine Beinlinge aus - wenn man so will - seine langen, warmen Kniestrümpfe, um sie als zusätzlich wärmende Decke über das Kind in der Krippe zu legen.
Irgendwie niedlich wirken diese Ausdrucksformen der Weihnachtsfrömmigkeit. Und Joseph wirkt da etwas zu schlicht. Da wird Joseph der heilsgeschichtlichen Sternstunde irgendwie nicht gerecht. Müsste der nicht jetzt das Kind anbeten, statt Feuer zu machen und zu kochen und vielleicht sogar noch den Stall auszufegen. Jedenfalls scheint Joseph keine große religiös hoch erleuchtete Gestalt zu sein.

Aber damit steht der Patriarch Joseph aus dem Neuen Testament in einer Reihe mit den Patriarchen des Alten Bundes. Das findet jedenfalls Papst Benedikt XVI., wenn er schreibt: "Religionsgeschichtlich gesehen sind Abraham, Isaak und Jakob keine großen Persönlichkeiten." Im Vergleich mit den großen und erhabenen asiatischen Religionsstiftern - wie z. B. Buddha - "erscheinen die Träger der Geschichte des Glaubens beinahe pöbelhaft. Das wegzudeuten hieße genau den Anstoß wegdeuten der auf das Besondere und Einzigartige der biblischen Offenbarung hinführt.
Dieses Besondere und Ganz-Andere liegt darin, dass Gott in der Bibel nicht wie bei den großen Mystikern geschaut, sondern als der Handelnde erfahren wird. ... Und dies wiederum liegt daran, dass hier nicht der Mensch in eigener Aufstiegsbemühung...das Göttliche an seinem Ort auffindet, sondern es gilt das Umgekehrte: dass Gott den Menschen mitten in den weltlichen und irdischen Zusammenhängen sucht, dass Gott, den von sich aus niemand entdecken kann, auch der Reinste nicht, seinerseits den Menschen nachgeht und in Beziehung zu ihm tritt. " Soweit der Papst.

Wer Christ werden, sein will - so deute ich das - muss keine religiösen Kunststücke vollbringen. Wir brauchen uns nicht durch irgendwelche Meditationstechniken - die auch ihren Wert haben - in Ekstase zu versetzten, um mit Gott in Kontakt zu treten.

Nein, der Alltag, so wie er auf mich zukommt, ist der Ort, wo Gott auf mich zukommt, indem er mich vor Entscheidungen und in Situationen hineinstellt. Wie handle ich dann? Höre ich auf die Stimme meines Gewissens, die ja die Stimme Gottes in mir ist? Setze ich die Gebote und Weisungen Gottes und seiner Kirche dann in die Tat um? Erfülle ich meine Pflichten und Freuden, ertrage ich das Leiden aus Liebe zu Gott?

Gott fragt uns jeden Augenblick ganz konkret. Und wir können nicht anders, als ganz konkret zu antworten. Ein Vers aus dem Lied "Freude schöner Götterfunken" lautet: "Seid umschlungen Millionen, dieser Kuss der ganzen Welt." Für einige Gutmenschen ist das sozusagen die Lebensdevise geworden. Als Christen sehen wir das etwas anders: nicht die Millionen sollen umschlungen werden, sondern der Mann, der gerade vor mir auf dem Schnee ausgerutscht ist, dem aufgeholfen werden muss. Nicht der Kuss der ganzen Welt ist der wichtige, sondern vielleicht der in der Familie, für das Kind oder den Partner, der Trost braucht.

Das kann uns das Bild des Hl. Joseph lehren: Im tätig bemühten, still dienenden, aber auch im überforderten, ermüdeten und manchmal umständlichen, ja komisch wirkenden Joseph können wir uns alle wiederfinden: Nicht die religiöse Persönlichkeit, die spirituell, ausgefeilten Techniken zählen, sondern der Gehorsam gegenüber dem göttlichen Anruf und Auftrag in der oft banalen Alltäglichkeit.
Gott braucht keine Menschen, die Außergewöhnliches, Menschenunmögliches vollbringen, sondern Christen, die das Gewöhnliche, Menschenmögliche aus Liebe zu ihm und im Gehorsam gegen ihn tun.

Das können uns auch die Windeln Jesu lehren. Ihre Erwähnung im Evangelium ist für mich so etwas wie ein Signalwort, so als ob Jesus mir sagen wollte: "Du Mensch, siehe, wie sehr ich Mensch geworden bin. Genau so einer wie Du. In allem bin ich Dir gleich geworden außer in der Sünde. Ich bin Gottes Sohn und komme auf die Erde und teile mit Dir Deinen Alltag. Und ich möchte, dass Du mit mir Deinen Alltag teilst. Weil ich Mensch geworden bin, kannst auch Du ein Mensch werden, der Gott gefällt und Glückseligkeit erlangt. Du musst nicht viel tun: höre auf die Gebote, lese in der Hl. Schrift, bete und feiere zumindest die sonntägliche Messe- und Du wirst sehen, dass ich Dir dann überall im Alltäglichen begegnen werde. So werden Dir die Augen geöffnet für das Große, dass ich in meiner Menschwerdung an Euch getan habe: Ich werde Mensch, damit ihr im Menschlichen Gott findet und erlöst werdet."

Liebe Schwestern und Brüder,
in Jesus ist Gott ganz konkret Mensch geworden. Er hat sich festgelegt damals auf einen Jungen in Betlehem, in einem Kaff am Randes des Römischen Weltreiches. So wie Josef und Maria ihm ganz konkret in kleinen Dingen beistanden, so können auch wir ihm nahe sein im Klein-Klein dieser Welt. Wenn wir diesem Ruf des Kindes, das in Windeln gewickelt in einer Krippe liegt, entsprechen dann wird wahr, was die Engel sangen: Ehre Gott in der Höhe und Friede den Menschen.

9. Predigtvorschlag

von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2008)

Eis der Antarktis dünn wie nie
Bauer sucht Frau – 4 verliebt, 5 alleine
Europa – Größte Rezession in der Nachkriegszeit erwartet
Manager von Tokio Hotel – Natürlich singt Bill live

In Betlehem wir Jesus Christus geboren.

Boris Becker – Neue Frisur! Alte Freundin?
Selbstmord eines Kranken im britischen Fernsehen ausgestrahlt
Gundis Zambo macht das Dschungelcamp schön
Zwangsurlaub bei deutschen Autobauern – Retten die Milliardenhilfen


Liebe Schwestern und Brüder,

haben Sie es gemerkt:
In den Schlagzeilen dieser Tage geht die Nachricht von der Geburt Christi fast unter.
Zwischen den Nachrichten über Boris, Bill und BMW fällt die Botschaft von Betlehem kaum auf.

Die Zeitungen, Radio- und Fernsehsendungen sind voll mit Schlagzeilen.
Solche Schlagzeilen spiegeln etwas vom Seelenzustand einer Gesellschaft wider.

Zum einen werden wir mit Belanglosigkeiten bombardiert, z. B. über den Tagesablauf von kameraüberwachten Spießbürgern in einem Wohncontainer oder viertklassigen Stars im australischen Dschungel.
Nachrichten, die die Welt wahrhaftig nicht braucht, und die an Inhaltslosigkeit fast nicht zu unterbieten sind.
Zum anderen werden wir durch viele Nachrichten auch im Innersten beunruhigt.
Wie sicher ist unser Wirtschaftssystem? Haben wir blind auf den Konsum gebaut und geht jetzt alles den Bach runter?
Kommt der Klimaschutz unter die Räder oder gar zu spät? Schlägt die Natur zurück?
Was ist mit mir, wenn ich alt werde? Tragen dann noch die Sozialsysteme? Tötet man demnächst die Leidenden, weil die Gesellschaft kein Leid mitansehen will?

Belanglosigkeit und tiefe Beunruhigung.
Beides prägt die Schlagzeilen unsere Tage.
Beides prägt die Gemütsverfassung unserer Gesellschaft.

Dazwischen nun die Botschaft des heutigen Tages, die Botschaft von Weihnachten: Gott wird Mensch in Jesus Christus.

Gott wird Mensch auf der Erde. In Jesus Christus teilt Gott unser Schicksal.
Wenn Gott unser Leben auf Erden lebt in seinem Sohn, dann kann dieses Leben der Menschen nicht belanglos sein.
Die Botschaft von Weihnachten mahnt uns, unser Leben ernst zu nehmen.

Weil Gott unser menschliches Leben gelebt hat, können wir unser Leben nicht mit Belanglosigkeiten vertun, wenn wir wirklich menschlich leben wollen.

Angesichts des Kultes der um die Bewohner von Wohncontainern und Dschungelcamps oder heiratswilligen Bauern getrieben wird, habe ich die Befürchtung, dass aus dem einstigen Land der Dichter und Denker ein Land der Spinner und Spanner zu werden droht.

Denn die Stars und Sternchen der künstlichen Medienwelt, sind alles andere als Vorbilder; erst recht keine Helden, an denen man sein Leben ausrichten könnte.
Vorbildlich leben diejenigen, die in ihrem konkreten Lebensumfeld ihren Mann oder ihre Frau stehen. Und nicht in einem konstruierten Wolkenkuckucksheim.

Helden dieser Tage sind diejenigen, die sich bemühen, ihren Glauben zu leben und zu bekennen. Und das tagtäglich auch über Weihnachten hinaus, allen inneren und äußeren Anfechtungen zum Trotz.
Helden dieser Tage sind diejenigen, die gewissenhaft ihrer Arbeit nachgehen und sich zudem ehrenamtlich für die Gesellschaft engagieren, die nicht nur sich sehen, sondern auch das Ganze und die anderen.
Helden dieser Tage sind die Väter und Mütter, die in der Ehe zueinanderstehen und sich gemeinsam um die Kinder kümmern.

Jesus Christus ist schließlich auch nicht in einer Scheinwelt aufgewachsen, sondern in der konkreten Welt Palästinas, unter ärmlichen Umständen, in einem von den Römern besetzten Landstrich, unter Pharisäern, politischen Mitläufern und religiösen Schwärmern.
Den größten Teil seines Lebens hat er arbeitend, als Zimmermann verbracht.
Gerade deshalb ist seine Botschaft für uns von Belang. Die Flucht in die Welt der Belanglosigkeiten aus Spass-TV und Regenbogenpresse ist alles andere als christlich. Das nämlich ist „Opium fürs Volk“. Nicht der Glaube.

Die Botschaft von Weihnachten lautet: Gott wird Mensch in Jesus Christus.

Wenn Gott unser Leben teilt, dann sind wir ihm wichtig. Wenn er, der Ewige, in unsere Zeit hinabsteigt, dann ist ihm nicht gleichgültig, was aus uns wird.
Auch daran erinnert uns das Weihnachtsfest. Und das kann uns Halt geben angesichts der Nachrichten, die uns zu Recht beunruhigen.

Auch wenn die politischen und wirtschaftlichen Systeme, unser Staat ins Wanken geraten sollte. Gott ist da für uns.
Sein Reich ist ein ewiges Reich und steht allen offen. Und seine Kirche hat – wenn auch unter Verfolgung – viele Staats- und Gesellschaftsformen überlebt. Selbst die Nazis und die Kommunisten konnten seine Kirche nicht vernichten.

Auch wenn Katastrophen uns gefährden sollten.
Gott ist da für uns.
In all den bedrohlichen Szenarien, die sich uns darstellen, dürfen wir darauf vertrauen, dass Gott es ist, der unsere Welt trägt und lenkt. Er lässt seine Schöpfung nicht ins Leere fallen. Die vergängliche Welt hat nicht das letzte Wort, denn Christus hat diese Welt besiegt. Für uns.

Auch wenn die Würde des Menschen und das Recht auf Leben mit Füssen getreten wird. Gott ist da für uns.
Mord, Krieg, Terroranschläge, Abtreibung, Euthanasie – all das scheinen Anzeichen dafür zu sein, dass uns Menschen das Maß verloren geht. Wir selber spielen uns immer mehr zu Herren über Leben und Tod auf. Die Würde des einzelnen Menschen wird immer mehr in Frage gestellt.
Bei Gott aber ist niemand vergessen. Unsere Namen sind in seine Hand geschrieben. Er wird uns nicht aus seiner Hand fallen lassen. Für jede, für jeden einzelnen von uns ist er Mensch geworden, um jeden einzelnen, jede einzelne von uns zu erlösen.

Die Botschaft von Weihnachten lautet: Gott wird Mensch in Jesus Christus.
Er ist nicht umsonst für uns Mensch geworden. Er hat sich nicht ohne Sinn erniedrigt. Durch seine Menschwerdung hat er uns erlöst, damit wir nicht unser Heil in einer halt- und heillosen Welt suchen.

Die Botschaft von Weihnachten bewahrt uns davor, dass unser Leben in Belanglosigkeiten dahindümpelt.
Die Botschaft von Weihnachten schenkt uns Hoffnung, wo andere verzweifeln, weil sie sich allein an vergängliche Güter festmachen.
In Betlehem wird Christus geboren. Gott ist da für uns.

Was für eine Nachricht...

10. Predigtvorschlag

von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2007)

Das Weihnachtsfest, liebe Schwestern und Brüder, war einmal das Fest der Kinder par exelance. Das war es einmal. Mir scheint, dass es nun hauptsächlich ein Fest für Erwachsene geworden ist. Das sieht man an den Regalen, den Schaufenstern, den Anzeigen und Werbeblättern.
War es früher die Freude der Großen, die Kleinen zu beschenken, so meine ich feststellen zu müssen, dass es heute hauptsächlich darum geht, dass Erwachsene sich gegenseitig eine Freude machen.

Das liegt wahrscheinlich daran, dass immer mehr Erwachsene keine Kinder kennen, die sie beschenken könnten. Darauf hat der fast alles regierende Markt reagiert.

Unser Land – wie viele andere in Westeuropa auch – hat immer weniger Kinder. Das ist so und wird auch erst einmal so bleiben, auch wenn im vergangenen Jahr mehr Kinder geboren wurden als die Jahre zuvor.

Deutschland vergreist. Kindertagesstätten werden nicht nur wegen der Kosten reihenweise geschlossen. Es gibt schlicht zu wenig Kinder.

Das ist der Politik mittlerweile auch aufgefallen, nachdem der drohende Kollaps der Sozialsysteme von niemanden mehr übersehen werden konnte.

Kinder zu kriegen ist zu teuer geworden. Das ist eine der immer wieder angefügten Begründungen des Kindermangels. Aber war das früher anders? Waren Kinder nicht immer teuer, eine finanzielle Belastung? Reiche Länder müssten dann doch eigentlich eher mehr Kinder haben als ärmere? Aber dem ist ja nicht so.

Mütter können den Beruf und die Kindererziehung nicht mehr in Einklang bringen. Ein weiteres vielzitiertes Argument.
Deshalb unternimmt man viele Anstrengungen Kindergarten- und Krippenplätze zu vermehren und flexibler zu gestalten.
Als Träger von vier Kindertageseinrichtungen weiß unsere Pfarrei, was das heißt. Diesen Dienst wollen wir wohl zur Unterstützung der Familien gerne tun.

Dabei kommen mir aber manchmal Zweifel, ob es dem Großteil der Lösungsansätze wirklich um die Kinder geht. Wichtiger scheinen hier wohl die Belange der Wirtschaft zu sein. Frauen sollen frei sein, um im Berufsleben das Bruttosozialprodukt anzukurbeln. Nichts dagegen.

Nur wenn in einer Gesellschaft als Arbeit ausschließlich anerkannt wird, was auch Geld einbringt, jeder Ansatz zur Entlohnung von Familienarbeit aber mit Schlagworten wie "Herdprämie" oder "Heimchenbonus" abzutöten versucht wird, kann es jedenfalls nicht weit her sein mit einer Wertschätzung von Familie. Und dass Menschen, die eben darauf hinweisen – manchmal auch ungelenk oder provokativ – dass solche Menschen in den Medien mit Dreck beworfen oder gar bei laufender Kamera des Studios verwiesen werden, stimmt mich mehr als nachdenklich.

Wirtschaftliche und gesellschaftliche Hemmnisse gibt es. Und sie haben ihre Auswirkung auf die Zahl der Kinder. Sicherlich. Aber Probleme dieser Art gab es immer.

Das Problem scheint tiefer zu liegen.
Es ist der Mangel an Hoffung verbunden mit dem, was das mit sich bringt: der Verlust an Vertrauen in die Zukunft, Lebenskraft, Kreativität, Poesie und Lebensfreude.

So wie die Ehe ein Akt des Vertrauens, des Sich-Trauens ist, so ist das Kinderkriegen vornehmlich ein Akt der Hoffnung. Hoffnung auf Zukunft für die Welt, in die hinein die Kinder geboren werden.

In diese Welt kann man doch keine Kinder mehr setzten – So sagen viele und denken dabei an Kriege, Klimakatastrophe, globalisierter Ungerechtigkeit. usw. Viele haben keine Hoffnung für diese Welt mehr.

Und tatsächlich, wer seine Hoffnung allein in diese Welt setzt, der wird bald keine Hoffnung mehr für diese Welt haben. Der wird resignieren, stagnieren, leblos die Hände in den Schoß fallen lassen.

Hoffnung für die Welt trägt nur der in sich, der seine Hoffnung nicht in die Welt setzt, sondern auf deren Schöpfer.
Gott kennenlernen – den wahren Gott, das bedeutet Hoffnung empfangen. schreibt Benedikt XVI in seiner Enzyklika „Spe salvi“ – Auf Hoffnung hin. Und damit ist er am Puls der Zeit.

Der Glaube schenkt Hoffnung, weil er uns über diese Welt hinaushebt. Wieder der Papst:
Nicht die Elemente des Kosmos, die Gesetze der Materie, herrschen letztlich über die Welt und über den Menschen, sondern ein persönlicher Gott herrscht über die Sterne, das heißt über das All; nicht die Gesetze der Materie und der Evolution sind die letzte Instanz, sondern Verstand, Wille, Liebe – eine Person. Und wenn wir diese Person kennen, sie uns kennt, dann ist wirklich die unerbittliche Macht der materiellen Ordnungen nicht mehr das Letzte; dann sind wir nicht Sklaven des Alls und seiner Gesetze, dann sind wir frei. ...
Das Leben ist nicht bloßes Produkt der Gesetze und des Zufalls der Materie, sondern in allem und zugleich über allem steht ein persönlicher Wille, steht Geist, der sich in Jesus als Liebe gezeigt hat.

Wer Hoffnung hat, lebt anders, dem ist neues Leben geschenkt worden. Und deshalb vermag er auch neues Leben zu schenken.
Aus den Kindern blicken uns nicht nur hoffnungsvolle Augen an, sondern die Hoffnung selbst.
In den Schriften Charles Peguy gibt es eine schöne Stelle – ich habe sie leider nicht mehr so schnell gefunden –darin beschreibt er Glaube, Hoffnung und Liebe wie drei Schwestern, die sich an den Händen haltend einhergehen. In der Mitte ist die Hoffnung. Ein kleines Kind, das die anderen beiden größeren Geschwister zieht.
Wenn die Hoffnung stehen bleibt, bleibt alles stehen, heißt das.

Kinder sind Hoffnung. Wo wenig Kinder sind, ist wenig Hoffnung.

Liebe Schwestern und Brüder,
wir haben als Christen Hoffnung. Denn wir feiern heute die Geburt eines Kindes – Gottes Sohn Jesus Christus strahlt uns mit seinen hoffnungsfrohen Augen an. Gott hat Hoffnung für uns, für diese Welt.
Diese Hoffnung ist kein billiger Optimismus, keine Vertröstung nach dem Motto: Wird schon irgendwie.
Diese Hoffnung ist angefochten – am Kreuz schien sie sogar besiegt zu sein – aber sie ist unsterblich, ewig nicht zerstörbar, weil sie die Welt und ihre Schrecken besiegt hat.

Das göttliche Kind in der Krippe ist der Hoffnungsträger – keine politischen Parteien, Ideologien oder esoterische Ersatzreligionen.
Unsere Hoffnung könne wir stärken – gerade auch in der Anfechtung – wenn wir auf das Kind in der Krippe schauen. Die Umstände seiner Geburt waren alles andere als ein hoffnungsvoller Einstieg in die Welt. Statt eines staatlich mitfinanzierten Krippenplatzes hatte Er nur in einer ärmlichen Krippe Platz.
Es gilt, auf dieses Kind zu schauen, mit ihm zu sprechen, auf ihn zu hören, zu beten – dann wird die Hoffnung in uns wachsen.

In seiner Enzyklika nennt der Papst das Gebet eine Schule des Hoffens.
Pflegen wir das Gebet. Persönlich.
Aber auch besonders in der Familie zu Hause. Unsere Hoffnung reicht weiter, wenn wir nicht nur an Weihnachten beten und zur Kirche gehen.

Liebe Schwestern und Brüder.
Weihnachten war das Fest für die Kinder. Kinder sind unsere Zukunft, sind Zeichen der Hoffnung, das alles gut wird und Gott uns trägt und lenkt.
Weihnachten ist das Fest des göttlichen Kindes, das uns reich beschenkt. Es sagt uns ohne Worte: Gott hat Hoffnung für euch und diese Welt.
Dieses Kind beten wir an. Diesem Kind vertrauen wir uns an. Voller Hoffnung.

11. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2007)

Liebe Gemeinde!

Jahr für Jahr hören wir die wunderbare Geschichte von der Geburt des Jesuskindes, und wir hören sie immer wieder gern. So geht es vermutlich den meisten heute nacht (heute morgen): sie sind freudig gestimmt und voller guter Erwartungen. Das neu geborene Kind weckt in uns Menschen den Beschützerinstinkt, es vertreibt die Härte aus unserem Alltag und rührt uns zu zärtlichen Gefühlen. Doch wir sollten bei diesen Gefühlen nicht stehen bleiben. Schauen wir auf das diesjährige Altarbild, das Frauen nach einer Vorlage des Priesters und Künstlers Sieger Köder gestaltet haben! Am vierten Adventssonntag habe ich dazu gesagt, dass dieses Bild uns das Rätsel des Menschen vor Augen führt und zugleich schon die biblische Lösung des Rätsels andeutet. Das Rätsel besteht im Widerspruch, der in unserem Leben waltet: Wir stehen in Konkurrenz mit den anderen und müssen ums Überleben kämpfen – und zugleich sehnen wir uns nach Frieden, nach Aufhebung der Konkurrenz. Wir müssen sterben und wollen doch ewig leben. Wir unterliegen einerseits dem Gesetz des Stärkeren und andererseits dem der Barmherzigkeit. Dieser Widerspruch schlägt uns in dem Bild entgegen: der tote Baumstumpf und darauf die Rose; die Dunkelheit und mitten drin das helle Licht, das von oben herabscheint. Nicht nur das Rätsel wird uns hier dargestellt, sondern auch bereits die Auflösung. „Es ist ein Ros entsprungen aus einer Wurzel zart. Wie uns die Alten sungen, von Jesse kam die Art und hat ein Blümlein bracht mitten im kalten Winter wohl zu der halben Nacht.“ Mit Jesse ist Isai gemeint, der Vater des Königs David: Aus der niedergegangenen davidischen Dynastie soll ein neuer Spross hervorgehen – mit dichterischer Freiheit hier unter dem Bild der Rose vorgestellt. Und dieser Spross, diese Rose ist Maria bzw. ihr Sohn Jesus: „Das Röslein, das ich meine, davon Jesaja sagt, ist Maria, die reine, die uns das Blümlein bracht. Aus Gottes ewgem Rat hat sie ein Kind geboren und blieb doch reine Magd.“ – Das heißt: Als Maria ihren Sohn Jesus zur Welt gebracht hat – was wir eben heute mit den Christen auf der ganzen Welt feiern –, da hat sich die alte Verheißung erfüllt, da ist der Retter geboren, auf den die Welt bis dahin voller Sehnsucht gewartet hat. „Das Blümelein so kleine, das duftet uns so süß; mit seinem hellen Scheine vertreibt’s die Finsternis, wahr’ Mensch und wahrer Gott, hilft uns aus allem Leide, rette von Sünd’ und Tod.“ Ich sagte, dass damit auch schon die Auflösung des Rätsels gegeben ist. Was ist durch das neu geborene Kind in der Krippe anders geworden? Wenn ich diese Frage vor 2000 Jahren dem König Herodes gestellt hätte, so hätte dieser vermutlich gedacht: »Ich weiß nicht. Aber vielleicht macht mir dieses Kind bald Konkurrenz und erhebt Anspruch auf meinen Thron.« Und er hätte damit nur gezeigt, dass er nichts verstanden hat. Wie übrigens so viele damals und heute. Aus dem Fluch von Konkurrenz, Kampf und Krieg befreit nicht einer, der ebenfalls in diesen Kategorien denkt. Das hieße den Teufel mit Beelzebub austreiben. Dieses Denken hat den Herodes dazu gebracht, eine Unzahl von kleinen Kindern in Bethlehem zu töten, und es bringt die heutigen Herodesse an den Schaltstellen der politischen und wirtschaftlichen Macht immer wieder neu dazu, zu drohen, zu erpressen, zu diffamieren, mundtot zu machen oder gar zu töten und zu morden. Was ist durch das neu geborene Kind in der Krippe anders geworden? Dass Gott in die Welt eingreift, indem er gerade nicht den Weg der Macht und Gewalt wählt, sondern den Weg der Erniedrigung und Armut, den Weg der wehrlosen Liebe, die nicht droht und übermächtigt, sondern bittet und einlädt. Das ist die eigentliche Überraschung, die uns Jahr für Jahr neu in Staunen versetzen sollte. Aber nicht nur überraschend ist diese Botschaft, sondern auch tröstend für jeden, der an der Ungerechtigkeit dieser Welt zu verzweifeln droht. Denn wir wissen ja, dass es nicht bei dem Zeichen geblieben ist, welches das kleine Kind aussendet, das zwar nicht alle, aber doch sehr viele Herzen erweichen kann, sondern dass Jesus später konsequent diesen Weg der Liebe weitergegangen ist. Jesus war kein Softie, der uns etwa zuruft: „Lach doch, Gott liebt dich!“ Das hätte niemanden überzeugt – weder damals noch heute. Nein, Jesus hatte eine überragende Ausstrahlung und Autorität, eine Ehrfurcht gebietende Persönlichkeit und eine überlegene Argumentationskraft, die seine Gegner in den Schatten stellte. Aber Jesus hat diese seine menschlichen Fähigkeiten einzig und allein für den Dienst an den Menschen eingesetzt, zum Schutz für die Verachteten und Entrechteten, die Niedrigen und Geringen, auch für die Sünder. Jesus hatte vor niemandem Angst, denn er wusste sich in der Hand seines Vaters sicher geborgen, er kannte keine Konkurrenz, sondern kündete einen umfassenden Frieden im Reiche Gottes, das mit ihm angebrochen war. Wieso ist dieser Friede in der Person Jesu schon gekommen? Was hat sich geändert, seit Jesus auf der Erde war? Es hat doch seitdem immer wieder Kriege und Streitigkeiten gegeben! – Jesus war der erste, der die Gewalt der Bosheit freiwillig an seinem eigenen Leib ausgehalten und getragen hat. Wie ein Lamm hat er die Sünden getragen und dadurch gerade weggenommen. Als er sich dem Kreuzesurteil unterwarf, hat er den Teufelskreis der Gewalt gebrochen und einen neuen Anfang ermöglicht, einen neuen Weg, eine neue Lebensweise, welche nach und nach die Welt verändert hat. Alle, die sich Jesus im Glauben angeschlossen haben, sind durch die Jahrhunderte hindurch den neuen Weg der Liebe gegangen, haben sozusagen überall, wo tote Stümpfe waren, neue Sprosse der Hoffnung gepflanzt – wie sähe die Welt ohne diese vielen überzeugten Christen, ohne die Heiligen aus? Wir sollten nicht so oft klagen: »Warum ist noch so viel Elend in dieser Welt?« Sondern eher ausrufen: »Wie schlimm könnte es sein ohne den christlichen Glauben und die christliche Liebe!« In diesem Zusammenhang erinnere ich an die Geschichte vom jungen Mann, der im Traum einen Laden betritt. Hinter der Theke steht ein Engel. Er fragt den Engel: »Was verkaufen Sie, mein Herr?« Der Engel antwortet freundlich: »Alles, was Sie wollen.« Der junge Mann beginnt aufzuzählen: »Dann hätte ich gern das Ende aller Kriege in der Welt, bessere Bedingungen für die Randgruppen der Gesellschaft, Beseitigung der Elendsviertel in Lateinamerika, Arbeit für die Arbeitslosen, mehr Gemeinschaft und Liebe in der Kirche und. .. und ...« Da fällt ihm der Engel ins Wort: »Entschuldigen Sie, junger Mann, Sie haben mich falsch verstanden. Wir verkaufen keine Früchte, wir verkaufen nur den Samen.« Das Altarbild zeigt uns nicht, wie eine Rose die Stelle des Baumstumpfs einnimmt, sondern wie sie auf ihm wächst. Eine Änderung und Verbesserung der Welt ist nicht anders möglich als durch das geduldige Wachsen und Reifen des Guten, durch den Samen des guten Vorbildes, das nach und nach das Denken und Handeln der Menschen umformt. Gott hat in seinem Mensch gewordenen Sohn Jesus Christus dazu den Anfang gemacht. Weihnachten gibt das frohe Hoffnungssignal, dass die Welt nicht im Dunkel versinken wird, sondern vom Licht verwandelt wird. Weihnachten ermutigt uns, selber den Weg der Liebe zu gehen, nicht einzustimmen in der Klagelied der Unzufriedenen und nicht mitzumachen beim allgemeinen Hauen und Stechen, der verbreiteten Selbstbedienungsmentalität zu widerstehen und die eigene Kraft einzusetzen für den Dienst am anderen Menschen, wie Jesus und die Heiligen es uns vorgelebt haben.

12. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2006)

Liebe Gemeinde!

Es gibt kein Fest im Laufe des Kirchenjahres, das auf die Menschen, jung und alt, eine solche Anziehungskraft ausübt wie das Weihnachtsfest. Vor allem die Liturgie der Heiligen Nacht verbreitet eine herzbewegende Stimmung, der sich niemand so leicht entziehen kann. Auch Sie haben, bevor Sie zur Feier der Christmette in die Kirche gekommen sind, in ihren Familien mit Ihren Lieben zusammen vor dem Christbaum und vor der Krippe gestanden und eine traute Atmosphäre geschaffen. Sie haben sich leiten lassen von dem beseligenden Gefühl der Freude dieser einmaligen mit Kerzenschein und Tannenduft erfüllten Nacht. Obwohl in diesen Stunden der Heiligen Nacht Stimmungen und Gefühle aufbrechen, die wir sonst in der Hetze des Alltags nicht kennen, wissen wir, daß dies alles nicht genügt. Wir müssen die Weihnachtsbotschaft auch in unser Herz und in unseren Verstand aufnehmen. Wir müssen sie als eine Botschaft aufnehmen, die an uns ganz persönlich gerichtet ist, die nicht nur für unsere Vorfahren da ist, sondern auch für uns heute. Die Botschaft ist an sich sehr einfach: „Gott hat die Welt so sehr geliebt, daß er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat.“ (Joh 3,16) Gott hat die Welt nicht sich selbst überlassen, sondern eine Rettungsinitiative gestartet, die ihren Höhepunkt darin hatte, daß er selbst in die Welt eingetreten ist. Derjenige, der seit Ewigkeit bei Gott war, der ewige Sohn Gottes, ist auf die Erde gekommen und wurde geboren von einer Frau – als kleines Kind wie jeder andere Mensch auch. Und dieses neugeborene Kind, welches an Weihnachten zum Gegenstand der Bewunderung und nostalgischer Gefühle wird, ist der Retter der Welt, der Retter also auch von dir und mir. Doch sobald ich es so auf den Punkt bringe, kann es geschehen, daß der eine oder andere die Zustimmung des Herzens und Verstandes zurückzieht. Was soll hier „Retter“ heißen? Sind wir überhaupt zu retten? Müssen wir gerettet werden? Empfinden wir uns als rettungsbedürftig? Wovon denn? – Nun können wir leicht einsehen: Wenn es kein Feuer gäbe, dann bräuchte man auch keine Feuerwehr und jede Ausbildung zum Feuerwehrmann wäre überflüssig. Wenn wir Menschen nicht in einer tiefen Not steckten, dann bräuchten wir keinen Retter, und dann wäre Weihnachten ein überflüssiges Fest. Es wäre höchstens ein Beitrag zur vorübergehenden Verbesserung der Stimmung. Die tiefe Not, aus der wir Menschen zu retten sind, ist am ehesten zu greifen an unserer Sterblichkeit, an der Vergeblichkeit unserer Anstrengungen und an dem Leid, das die Menschen einander bereiten. Je nachdem, in welcher Lebensphase jeder einzelne von Ihnen gerade ist, wird er oder sie die existentielle Bedürftigkeit stark, wenig oder gar nicht erfahren. Wir müssen ihr entgegenwirken mit all unseren Kräften, sonst macht sie uns kaputt. Und Gott sei Dank haben wir ja auch viele Möglichkeiten, unsere Not zu lindern, ja, insgesamt sogar ein weitgehend sorgen- und beschwerdefreies Leben zu führen – und sind damit vor den Menschen früherer Generationen und vieler anderer Länder äußerst privilegiert. Leider machen wir uns diese Bevorzugung nur selten bewußt: daß es uns in vieler Hinsicht besser geht als selbst den Königen vergangener Zeiten; man denke z.B. nur an die Reisebedingungen, an Informationsmöglichkeiten, an Hygiene und ärztliche Versorgung. Im Gegenteil: Wir machen uns dieses Privileg nicht nur nicht bewußt, sondern sind trotz aller Begünstigung sogar sehr häufig unzufrieden und manchmal sogar unglücklich. Dies ist ein Hinweis darauf, daß aller Fortschritt unsere Not nicht wirklich behoben und uns nicht wirklich gerettet hat. Wir haben die Bedürftigkeit nur in andere Bereiche verschoben, wo sie nicht mehr so auffällig ist und uns manchmal sogar die Illusion erlaubt, wir hätten gar keine Rettung nötig. Menschen früherer Zeiten waren so sehr in den harten Daseinskampf verstrickt und den grausamen Seiten der Natur ausgeliefert, daß sie sich tagtäglich nach Erlösung sehnten. Für sie war die Weihnachtsbotschaft unmittelbar ansprechend. Wir Menschen der Spätmoderne haben es da in dieser Hinsicht schwerer, und zwar genau deshalb, weil uns das Leben leichter erscheint. Freilich ist das nur ein Schein, hinter dem die Wahrheit nicht weniger bedrückend hervorlugt: Alle Unzufriedenheit der Menschen, alle Einsamkeit, alle Kälte, alle seelische Not sprechen eine andere Sprache. Sie schreien nicht weniger laut nach dem Erlöser und Retter, nach dem, der überirdische Kräfte hat, die Macht, einen Frieden zu geben, den die Welt offenbar immer noch nicht geben kann und nie wird geben können. Liebe Brüder und Schwestern! Einmal wieder hören wir die tröstende Botschaft von einem Gott, der diesen immerwährenden Ruf der Menschheit nicht ungehört verhallen läßt, sondern mit der größtmöglichen Liebe darauf antwortet: indem er sich selbst in das Elend des Menschenlebens herabläßt, um uns die verlorene Würde wiederzugeben. Unsere Würde ist nämlich ein Gut, das man nicht wie einen Mantel kaufen und umlegen kann. Gott kann uns die Würde nicht einfach wie ein Etikett anheften, denn die Würde ist ein Gut der Person, ein solches, das im Herz seinen Sitz hat und ohne die freie Annahme nicht gegeben werden kann. Die Würde ist ein Gut, das der Mensch sich nicht selbst zurückgeben kann, wenn er es verloren hat, das er andererseits aber doch nicht von außen, sondern nur von innen erlangen kann. Darum ist Gott Mensch geworden, weil so beides zusammenkommt: Gott, der die Würde wiederherstellt, und ein Mensch, der diese Würde innerlich annimmt. In Jesus Christus begegnet uns der erste Mensch, der trotz aller äußeren Armut und Not innerlich ganz und ungeschmälert die Würde besitzt, Kind Gottes zu sein. Darum strahlt uns dieses Kind so an, darum leuchtet auf seinem Antlitz der göttliche Glanz eines unverfälschten Ebenbildes Gottes. Darum heißt der zentrale Satz des Prologs im Johannesevangelium: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.“ (Joh 1,14) „Allen, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden“, heißt es dort gleichfalls (Joh 1,12). Ein Kind Gottes ist derjenige Mensch, der dem Gottmenschen Jesus Christus begegnen und sich von ihm die verlorene Würde zurückschenken läßt. Dies geschieht durch Aufnahme des Erlösers, d.h. durch Annahme der Weihnachtsbotschaft. Dann wird auch etwas von dem Glanz des Antlitzes Christi auf den Christen übergehen. Der gläubige Mensch ist die einzige Bibel, die die Öffentlichkeit noch liest. Nehmen wir den Frieden, der uns heute wieder angeboten wird, an und verbreiten wir ihn über die Menschen in unserer Nähe! Zögern Sie nicht, noch heute Frieden zu schließen mit einem Menschen, mit dem Sie in Streit liegen!

13. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2005)

Liebe Gemeinde!

„Nun freut euch, ihr Christen!“, heißt es in einem beliebten Weihnachtslied. Und jedem ist klar, daß man diese Freude nicht allein haben kann, man muß sie mit anderen zusammen erwecken und zum Ausdruck bringen. Darum sind wir hier in der Kirche zusammengekommen. Wieder ist Weihnachten, heiß ersehnt von den Kindern, herbeigewünscht aber auch von vielen anderen, die in den letzten Tagen und Wochen schwer gearbeitet haben und sich nun auf die Feiertage freuen.

Neulich habe ich in einer Predigt gesagt: „Weihnachten ist kein Fest zum Kuscheln.“ Vielleicht hätte ich etwas genauer sagen müssen: Weihnachten darf sich nicht in Kuschellaune erschöpfen. Das gilt auch für diejenigen, die frisch verliebt sind, oder für junge Eltern, die sich an den strahlenden Augen ihrer kleinen Kinder erfreuen. Bei allen großen Gefühlen, die seit alters her mit diesem Fest verbunden sind, dürfen wir es doch nicht auf bloße Sentimentalität herabstufen. Weihnachten ist zweifellos ein schönes Fest, aber es geht nicht um einen niedlichen Knaben, dessen lockiges Haar uns entzückt. Schon das Geschehen der Heiligen Nacht war alles andere als sentimental – eine Geburt wie diese würden wir keiner Familie, keinem Ehepaar und keinem Kind wünschen. Schon das Geschehen der Heiligen Nacht kennt die ganze Dramatik, die das Leben mit sich bringt und uns abverlangt. Das Evangelium des Weihnachtstages bestätigt diesen Eindruck: „Das Licht kam in die Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfaßt.“ (Joh 1,3) Und an anderer Stelle heißt es: „Die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht; denn ihre Taten waren böse. Jeder, der Böses tut, haßt das Licht und kommt nicht zum Licht, damit seine Taten nicht aufgedeckt werden.“ (Joh 3,19f)

Damit ist schon angedeutet, warum so viele Menschen Jesus nicht aufnahmen, ihm weder Herberge gaben noch später seine Botschaft hören geschweige denn umsetzen wollten: weil sie Angst vor dem Licht, Angst vor der Wahrheit hatten. Und dieses Drama der Verweigerung geht bis heute weiter. Wie viele schenken auch heute lieber denen Glauben, die ihnen schmeichlerisch das Blaue vom Himmel versprechen, als der Kirche, die seit 2000 Jahren unbeirrt die göttliche Offenbarung in Erinnerung ruft und dabei immer wieder auf den Ernst dieser Botschaft hinweisen muß!? Die Kirche muß der Versuchung widerstehen, die Frohe Botschaft als Spaßprogramm auszulegen, sie zu verniedlichen und zu banalisieren, sonst kann sie die Menschen nicht vor weltfremden Träumereien bewahren.

Das gilt auch für das Verständnis von Frieden, wenn wir – zu Recht – sagen, Weihnachten sei das Fest des Friedens. Der Friede, den die Engel in der Heiligen Nacht verkündet haben, ist offensichtlich keine aus dem Hut gezauberte allseitige Harmonie, die automatisch auf jeden übergeht, der ihren Gesang hört. Das hätten wir vielleicht gerne, aber so ist es nicht. Der Friede, den der menschgewordene Gottessohn tatsächlich gebracht hat und weiterhin bringt, ist vielmehr ein Geschenk, das denjenigen ergreift und verwandelt, der sich bewußt für das Licht und die Wahrheit entscheidet und der sich aufrufen läßt, nun seinerseits für den Frieden in seiner Umwelt einzutreten. Der Friede der Weihnacht muß unsererseits angenommen werden, sonst bleibt die Rede vom Frieden hohl und leer. Wer nur die Frucht des Friedens will, nämlich behagliche Ruhe, Wohlstand und Prosperität, aber selber nichts für den Frieden tun will, der wird leer ausgehen. Frieden kann heute nur der erfahren, der gewillt ist, selbst im tiefsten Herzen ein friedlicher Mensch zu sein.

Frieden zwischen Menschen ist keineswegs selbstverständlich – das hat uns das Jahr 2005 wiederholt schonungslos vor Augen geführt: Terror und Gewalt im Irak und in Afghanistan, bestialische Grausamkeiten im Sudan, Anschläge sogar in Europa, in London. Wir dürfen uns nicht ausruhen auf den Lorbeeren anderer und die 60 Jahre Zeit ohne Krieg im eigenen Land für unser eigenes Verdienst halten. Schneller als wir glauben, kann diese Illusion wie eine Seifenblase zerplatzen – das sehen wir an den bürgerkriegsähnlichen Krawallen in Paris im jüngsten Herbst. – Der Friede ist ein sehr zerbrechliches Gut, und da ist er der Gesundheit sehr ähnlich. Meist merkt man erst, wenn sie verloren ist, wie kostbar die Gesundheit ist, doch dann ist es zu spät. Dann jammert man: „Ach hätte ich doch nicht soviel Raubbau an meiner Gesundheit getrieben!“ Und genauso kann es geschehen, wenn der Friede plötzlich nicht mehr da ist. Doch immerhin spricht heute jedermann von der Notwendigkeit, etwas für die Gesundheit zu tun, doch wer mahnt die Menschen zur regelmäßigen Friedensarbeit?

Darum habe ich mir vorgenommen, dies ab heute immer wieder zu tun, Ihnen und auch mir selbst eindringlich vor Augen zu führen, wie unermeßlich wichtig es ist, daß wir als Gemeinde Friedensdienst leisten. Da ist jeder gefragt, und keiner sage, das gehe ihn nichts an, das sei höchstens eine Sache für die Politik oder die Polizei! Freilich müssen wir dazu wissen, wo die Unfriedenskeime liegen, die ähnlich wie die Krankheitserreger eine ganze Kettenreaktion entfalten und sich seuchenartig ausbreiten können. Von Paris können wir lernen, daß man die soziale Gerechtigkeit nicht mit Füßen treten darf: Wer die Wehrlosen im Lande ausgrenzt und ihrer Zukunft beraubt, der begeht soziale Brandstiftung.

Ein Sprichwort lautet: „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“ Und wir müssen hinzufügen: Es gibt nicht nur böse Nachbarn, sondern wir selbst tragen alle möglichen sündigen Neigungen in uns, die immer wieder zu Streit und Unfrieden, ja zu katastrophalen Schicksalen führen können. Nach Auskunft der Bibel hat aller Unfrieden seine Wurzel im inneren „Kampf der Leidenschaften“ (Jak 4,1), d.h. in sündigen Gedanken und Begehren, die man nicht zu beherrschen gelernt hat. Ich nenne nur ein paar Beispiele: Habsucht und Neid, weitverbreitete Untugenden, die das Klima in Familien, Betrieben, Gemeinden, Ländern und auf der ganzen Welt vergiften; Stolz, Ehrsucht und Rechthaberei, die nur allzu häufig einen versöhnlichen Umgang miteinander verhindern; Feigheit und Bequemlichkeit, wodurch oft dem Bösen erst die Türen geöffnet werden. Wenn wir uns diesen Leidenschaften nicht widersetzen, können wir dem Frieden nicht dienen.

Liebe Mitchristen! Weihnachten ist das große Fest des Friedens, denn wir feiern einen Gott, der selbst eine unvorstellbare Friedensinitiative gestiftet hat, indem er uns vorgemacht hat, wie man aus der Spirale von Ichsucht und Streit herauskommt, nämlich durch Selbstzurücknahme, durch Demut und Verzicht. Denn „derjenige, der Gott gleich war, hielt nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz.“ (Phil 2,6-8) Auf diese Weise hat uns der Mensch gewordene Gottessohn das Geschenk der Versöhnung und des Friedens gemacht – um einen geringeren Preis war es nicht zu haben. Erweisen wir uns dieses großen Geschenks würdig, indem wir uns fest vornehmen, der Friedensinitiative Gottes beizutreten und die bösen und unwürdigen Regungen in unserem Innern zu beherrschen. Dann können und sollen wir auch beten:

Herr, mache mich zu einem Werkzeug des Friedens.
Laß mich Liebe bringen, wo Haß ist.
Laß mich verzeihen, wo Schuld ist.
Laß mich vereinen, wo Zwietracht herrscht.
Laß mich Wahrheit bringen, wo Irrtum ist.
Laß mich Glauben bringen, wo Finsternis ist.
Laß mich Freude bringen, wo Leid ist.

14. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2004)

Liebe Gemeinde!

In dieser Heiligten Nacht (an diesem Weihnachtsmorgen) haben wir uns auf den Weg zur Kirche gemacht. Wir feiern die Geburt Christi. Was die Propheten des Alten Bundes verheißen haben, ist in der hochheiligen Weihnacht Wirklichkeit geworden.

700 Jahre vorher hat der Prophet Jesaja ein Licht aufstrahlen sehen, das die ganze Welt verändert, er hat die Freude gesehen, die alle Welt erfaßt. Das Licht, die Freude, der Friede gehen von einem Kind aus: „Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt.“ Gibt es etwas Machtloseres, etwas Hilfloseres als ein Kind? Und doch wird jedes Jahr an Weihnachten deutlich, welche Macht von diesem Kind ausgeht. Menschen fangen wieder an, an das Gute zu glauben, Menschen finden den Weg zur Kirche. Menschen denken aneinander, versöhnen sich.

Vom Weihnachtsfest geht ein Zauber aus, der Menschen aus allen Kulturen anspricht. Wo kommt dieser Zauber her? Warum verblaßt er nicht mit den Jahren? Der Zauber der Weihnacht besteht darin, daß alles zusammenstimmt: das Zeichen, die emotionale Empfänglichkeit für das Zeichen und seine religiöse Bedeutung. Das Zeichen ist schlicht: ein neugeborenes Kind, das arm und hilflos in einer Krippe liegt, umgeben von seinen Eltern und einigen staunenden und hilfsbereiten Menschen. Auf so ein Kind reagiert der normale Mensch immer mit Zuneigung und Herzenswärme, zumal wenn seine Bedürftigkeit so deutlich ist. Selbst schwer beschäftigte Menschen oder solche, die selbst voller Sorge um ihren Lebensunterhalt sind, vergessen für einen Augenblick, was sie bedrückt und öffnen ihr Herz für das Kind. Bliebe es freilich dabei, dann wäre die Wirkung des Zeichens bald erschöpft. Die Hirten würden wieder nach Hause gehen, und von Engeln wäre schon gar nicht die Rede gewesen, höchstens im bildlichen Sinne. Bestimmt würde kein Mensch auf dieser Erde im Jahr 2004 Weihnachten feiern, niemand wüßte, was für eine geweihte, heilige Nacht gemeint sein könnte.

Zur Weihnacht wird das Ereignis erst durch die religiöse Bedeutung des Zeichens: Im neu geborenen Kinde stehen wir nicht einfach nur einem Menschen gegenüber, sondern unserem Schöpfergott höchstpersönlich. Der unbegreifliche Gott läßt sich in diesem Kind berühren und liefert sich dem Menschen aus. Wie kann das sein? Verstehen werden wir es nie, aber das Herz erfaßt doch etwas von der unerhörten Liebe, die sich da kundtut. Gewiß – Gott ist unser Schöpfer und darum unser Herr. Ihm gebührt Anbetung und Gehorsam. Das wissen alle, die verstanden haben, was der Name „Gott“ bedeutet, das wissen die Juden und alle heidnischen Völker. Aber ein herzliches Verhältnis zu Gott ist damit noch lange nicht gegeben, wohl Respekt und Angst, aber keine Liebe. Doch nun erfahren wir, daß dieser Gott nicht nur unseren Respekt will, sondern unsere Liebe, und dafür ist ihm nichts zu schade. Dazu entäußert er sich all seiner Macht, wird niedrig und gering und wählt als Zeichen für seine entäußernde Liebe das Kind. Gott schenkt sich selbst in diesem Kind, er schenkt sich ganz und gar und gibt sich völlig preis. Der Apostel Paulus hat dies später so ausgedrückt: „Er, der reich war, wurde euretwegen arm, um euch durch seine Armut reich zu machen.“ (2 Kor 8,9) Die Güte und Menschenfreundlichkeit unseres Gottes erscheint in jenem armen Kind, welches die Hirten in der Krippe fanden. Die Antwort Gottes auf die Friedlosigkeit der Welt liegt in der geheimnisvollen Geburt eines Kindes, das trotz seiner scheinbaren Bedeutungslosigkeit die Welt verändert. Die Geburt des Christkindes hat über der Welt einen Stern aufgehen lassen, der nicht mehr versinkt.

Das haben zuerst die ganz einfachen Menschen gemerkt, die Hirten, freilich aufmerksam gemacht durch die himmlischen Boten. Sie gingen hin zu dem Kind und teilten mit ihm ihre wenigen Habseligkeiten. Etwas später kamen die Vertretet der Gelehrtenschaft, die Weisen aus dem Morgenland, geführt vom Stern. Sie brachten dem Kind ihre Schätze mit, Gold, Weihrauch und Myrrhe.

Nun sind wir gefragt, die wir aus unserem Alltag herausgetreten sind und in der Kirche die alte und stets neue Botschaft hören. Wir stehen vor der Krippe und hören ganz leise in uns die Frage: Was schenke ich dem Christkind? Was erwartet Jesus am Weihnachtsfest dieses Jahres von mir persönlich, von mir ganz allein? – Da können vielleicht einige denken: Ich habe dieses Jahr wieder viel Geld für die Adveniatkollekte mitgebracht, das soll mein Geschenk sein fürs Christkind. Ich möchte sie darin bestärken, es genau so zu sehen: als Geschenk fürs Christkind, denn schließlich sagt Jesus ja: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ – Arme und geringe Brüder und Schwestern hat Jesus genug, nicht nur im fernen Lateinamerika. Vielleicht gibt es einen Menschen, dem ich noch nicht verziehen habe?! Vielleicht ist es für den einen oder anderen hier in der Kirche an der Zeit, einen Schritt zur Versöhnung zu wagen – das Christkind würde sich freuen.

Vermutlich sind auch eine Reihe Menschen hier, die dem Christkind etwas versprechen könnten, was unmittelbar mit ihm zu tun hat: ihm wieder mehr Raum in ihrem Leben zu geben, ihm sonntags die ihm zustehende Zeit und Aufmerksamkeit einzuräumen. – Wieder andere haben einen lieben Menschen verloren und hadern noch mit Gott über den Verlust. Den verstorbenen Menschen loszulassen, auch das kann ein Geschenk sein, das dem Kind in der Krippe dienlich ist. Die ewige Ruhe ist schließlich nichts Schlimmes, sondern die Vollendung aller Liebe und allen Glücks.

Das Kind in der Krippe lächelt uns zu und macht uns Mut, unser Leben anzunehmen, auch mit seinen harten Seiten. Keiner soll sich heute aus der Liebe Gottes ausgeschlossen fühlen und denken: „Für mich hat das alles keine Bedeutung, an mir geht das alles vorbei.“ Jeder kann heute neues Vertrauen fassen, angenommen und geliebt zu sein. Auch wenn ich dies mit allgemeinen Worten sage, so ist es doch für jeden höchst persönlich gemeint. Auch ich als Priester kann mich nicht hinter allgemeinen Aussagen verstecken, sondern muß auch für dieses Jahr Weihnachten meinen Sinn finden und mir überlegen: Und was schenke ich dem Christkind? – Meine Antwort, jedenfalls ein Teil von ihr lautet: So gut ich kann, die Weihnachtsfreude in mich einlassen, um sie wieder auszustrahlen an möglichst viele Menschen. Mein Herz nicht eng machen, sondern weit, nicht schimpfen und nicht klagen, sondern freundlich sein, dankbar und froh.

15. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Wer hat Jesus zuerst gesehen? Nach Maria und Joseph natürlich waren es die Hirten. Das ist nicht ohne Bedeutung für uns.

Die Hirten waren damals keine angesehenen Menschen, sie waren eher gering geachtet. Ihr Platz war außerhalb der schützenden Stadtmauern Bethlehems. Dort lagerten sie in der Nähe ihrer Tiere bei den Stallungen, die sich in Grotten befanden.

Gerade dort kommt Gott zur Welt, außerhalb, bei den nicht angesehenen, fast schon ausgestoßenen Menschen jener Tage.
Hätte er es nicht besser verdient gehabt?

Der Evangelist Lukas weiß zu berichten, dass in der Herberge kein Platz für ihn war. Der Evangelist Johannes greift dieses in seinem Prolog auf, wenn er schreibt: Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. (Joh 1, 11)

Gott kommt nicht dort an, wo wir es vermuten würden oder wo wir es gerne hätten. Der Herrscher der Welt, kommt nicht in einem Palast zur Welt, sondern in einem ärmlichen Krippenstall. Im Königspalast von Jerusalem haben ihn die Weisen aus dem Morgenland gesucht, aber eben nicht gefunden, ja nicht finden können. Denn Gott setzt in der Geburt Jesu andere Maßstäbe, als die unsrigen.

Papst em. Benedikt XVI. bringt das einmal so zum Ausdruck:

„Von Geburt an gehört er (Jesus) nicht dem Bereich dessen zu, was weltlich wichtig und mächtig ist. Aber gerade dieser Unwichtige und Ohnmächtige erweist sich als der wahrhaft Mächtige, als der, auf den letztlich alles ankommt.

So gehört zur Christwerdung das Hinausgehen aus dem, was alle denken und wollen, aus den herrschenden Maßstäben, um ins Licht der Wahrheit unseres Seins zu finden und mit ihm auf den rechten Weg zu kommen.“ (Benedikt XVI., Jesus von Nazareth – Prolog, Freiburg 2012, S. 76)

Gott kommt zur Welt, wo er den Armen und Ausgegrenzten rein körperlich nahe ist. Er will unter ihnen, bei ihnen sein. So sind die Hirten nahe dran am wirklichen Geschehen der Erlösung.

„Natürlich kann man den Gedanken sofort weiterführen:“ – so Papst Benedikt – „Sie haben vielleicht nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich näher an dem Ereignis gelebt als die zufrieden schlafenden Bürger. Sie hatten es auch innerlich nicht weit zum Kind gewordenen Gott. Damit fügt sich zusammen, dass sie zu den Armen gehörten, zu den einfachen Seelen, die Jesus gepriesen hat, weil vor allem ihnen der Zugang zu Gottes Geheimnis gegeben ist.“ (Benedikt XVI., Jesus von Nazareth – Prolog, Freiburg 2012, S. 81.)

Wer Gott in aller Frische begegnen will, der muss innerlich arm sein vor Gott, der darf sich nicht groß dünken oder mächtig, stolz auf seine Erfolge und seinen Besitz. In einer Gesellschaft, der es vor allem um Reichtum, persönlichen Wohlstand und politische Machtausübung zu tun ist, findet Gott kaum Raum.

Wenn der Mensch viel besitzt, kann es geschehen, dass er von seinem Eigentum besessen wird: ständig denkt er daran, was er wie und wo erhalten muss, was er wie und wo verbessern und vermehren kann, was er wie und wo vor dem Zugriff der anderen verteidigen muss. Da ist das Hirn und das Herz voll von den Dingen dieser Welt...aber Jesus findet dort keinen Platz in der Herberge.

Liebe Schwestern und Brüder,
das heißt nicht, dass wir ärmlich leben sollen. Gewiss nicht. Diese Armut leben heißt nicht Armseligkeit.

Diese Armut leben heißt nicht, die Dinge, die wir haben, verkommen zu lassen, mit Löchern in den Hosen und ungewaschenen Haaren herumzulaufen.

Diese Armut leben heißt eher, nichts verkommen zu lassen, Weniges zu haben, das aber gut zu pflegen und damit letztlich zufrieden zu sein, nicht dem neuesten Schrei hinterher zu rennen. Zur Armut gehört es auch manchmal, den Ratschlag zu befolgen, dass superbillig einzukaufen oft sehr teuer kommt – abgesehen davon, dass wir ungewollt Ausbeutung in der Ferne oder hierzulande stützen.
Diese Form der Armut zu leben, ist in unserer konsumorientierten Gesellschaft umzusetzen ist oft schwer. Das weiß ich aus eigener Erfahrung.

Jesus selbst hat aber diese Armut vorgelebt. Er lässt die übrig geblieben Brotstücke nach der Speisung der Fünftausend nicht verkommen, sondern einsammeln. Er trug ein für damalige Verhältnisse gutes, an einem Stück durchgewebtes Gewand, um das die Soldaten ja bei seiner Kreuzigung würfelten. Er wird dieses eine besessen und gut gepflegt haben.

In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde.

Die Hirten wachten. Wer meint es, sich mit seinem Besitz, seinem Ansehen, mit seinen Fähigkeiten bequem machen zu können, wer nichts mehr von anderen, sondern nur von sich und dieser Welt etwas erwartet, der wird schläfrig, träge. Er genügt sich selbst.

Die Hirten hörten und sahen den Chor der Engel, die Bürger in ihren Häusern und Schlafkammern nicht. Und so verpassten sie das Große, das Gott mit den Menschen vorhat: selbst Mensch zu werden und uns zu erlösen.

Die Hirten hören die Botschaft, sie freuen sich über sie und – ganz wichtig : So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag.

Die Hirten eilten – sicher auch aus menschlicher Neugier. Aber sicherlich auch in Bewegung gesetzt durch die Freude über das Gehörte und darüber, dass sie davon Zeugen sein dürfen. Sie sehen – wie es ihnen gesagt wurde – ein Kind, das in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt. Mit ihren wachen inneren Augen, sehen sie darin den Neuanfang den Gott für die Menschheit setzt. Sie sehen: Er ist der Messias, der Herr.

„Welche Christen eilen heute, wenn es um die Dinge Gottes geht? Wenn etwas Eile verdient – so will uns der Evangelist wohl im Stillen auch sagen – dann sind es die Dinge Gottes.“ (Benedikt XVI., Jesus von Nazareth – Prolog, Freiburg 2012, S. 87.)

Wie beschwingt sind Sie, bist Du heute zur Kirche gekommen? Weil das dazu gehört an Weihnachten? Aus Freude über die Geburt Christi? Damit der Haussegen nicht schief hängt?

Haben die Dinge Gottes – das persönliche Gebet, der Besuch der Messe, das Almosengeben – einen wirklichen Stellenwert in meinem, Deinem, Ihrem Leben? - So fragen uns die Hirten.

In mir selber und auch in unserer Kirche in Deutschland spüre ich eine gewisse Trägheit, Müdigkeit, den Dingen Gottes die nötige Eile zu schenken. Wir finden auch Entschuldigungen dafür: die viele Arbeit im Büro, der Stress in der Schule, die Sache mit dem Bischof von Limburg und sowieso – wer geht schon noch zur Kirche, was soll das Ganze überhaupt, geht doch auch ohne ganz gut, oder?

Die Hirten hätten auch Entschuldigungen gehabt: Wir können nicht los, die Tiere müssen bewacht bleiben! Es ist dunkel! Wir sind müde! Am Feuer ist es jetzt so schön warm!

Das mit den Engeln haben wir uns nur eingebildet! Wir können ja erst einmal einen anderen hinschicken und dann gucken wir weiter!

Die Hirten sind aber geeilt – und sie sind nicht enttäuscht worden.

Sie wurden mit Freude erfüllt. Übernatürlicher Freude! Sie haben das Heil der Welt gesehen!

Liebe Schwestern und Brüder!

Die Hirten können uns einen Weg weisen:

Losgelöst vom Besitz, arm vor Gott aber nicht armselig zu leben. Uns nicht nur in dieser Welt einzurichten, sondern wachend das Größere zu erwarten. Den Dingen Gottes die nötige Eile zu geben.

Dieser Weg führt uns zur Krippe, führt uns dahin, wo Jesus ist:

Zu Jesus, der uns mit offenen Armen empfangen will, egal wie es um uns steht.
Zu Jesus, der uns in den Armen begegnet, die unsere Hilfe brauchen – hier in Kirchhellen oder in der Welt.
Zu Jesus, der uns in den Sakramenten der Kirche das Heil zuspricht, das wir uns nicht selber zusprechen können.

Liebe Schwestern und Brüder!

Auch wenn es nicht ausdrücklich im Evangelium beschrieben steht – ich kann mir kaum vorstellen, dass die Hirten dem Kind in der Krippe nicht ein kleines Geschenk gemacht haben. Und wenn es nur eine Kleinigkeit war, ein Ständchen auf der Flöte vielleicht nur.

Was schenken Sie, was schenkst Du ihm? Vielleicht das, was wir so gerne singen: „Mein Herz will ich ihm schenken und alles, was ich hab.“?

16. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder, hat jemand von Ihnen dieses Jahr eine Barbie-Puppe geschenkt bekommen? Ich musste letztes Jahr - gegen meine Überzeugung - und auch gegen die Überzeugung meiner Schwester - meinem Patenkind Sarah eine solche Puppe schenken.

Barbie-Puppen sind seelenlose Wesen. Dass sie kein Eigenleben haben, dass sie gefühllos und leblos sind, dass macht sie gerade zum Spielzeug. Um mit ihnen zu spielen, muss man ihnen Leben einflössen - eine Aufgabe, die Kinder gerne übernehmen, wenn auch nur für kurze Zeit.

Vielleicht liegt im Erfolg dieser Barbie-Puppe ein verborgener Wunsch der Menschen: So zu sein wie diese Puppe. Seelenlos und gefühllos. Für viele östlichen Religionen und auch für viele aus unserer aufgeklärten, westlichen Welt ist das die Erlösung. Das «Nirwana», der Ort, an dem sich Freude und Leid, Schmerzen und das eigene Ich einfach in Nichts auflösen. Nirwana ist inzwischen auch für viele Christen der Begriff der Erlösung. «Erlöst von Schmerzen, vom Leiden, einfach nicht mehr sein. Dann kann ich auch nicht mehr verletzt werden.» So eine Barbie-Puppe ist zwar ziemlich hohl, aber unverletzlich schön.

Gott allerdings hält nicht viel von Barbie-Puppen, und mit dem Nirwana kann Gott auch nicht so viel anfangen. Er geht den anderen Weg: Er zieht sich nicht zurück und freut sich darüber, dass er mit unserer unheilvollen Welt nichts zu tun hat, sondern er kommt in unsere Welt, in all das Leid und Unheil, Krieg und Elend, Krankheit und Böswilligkeit. Er beginnt wie wir Menschen zu fühlen und zu leiden. Seine Liebe zu uns wird menschlich erfahrbar, aber auch verletzbar. Er ist mächtig als Gott, aber er wird wehrlos in seinem Wunsch, uns zu erlösen.

Aber warum tut Gott das? Ginge es Gott um ein «gelungenes Leben», so wäre er sicherlich im Himmel geblieben. Auf der Erde droht ihm allerlei Gefahren. Sicher ist er hier unten bei uns nicht.
In einem interessanten Buch mit dem originellen Titel «Wie man mit Fundamentalisten diskutiert, ohne den Verstand zu verlieren» erklärt der Autor, er verstehe die Christen nicht. Warum dieser ganze Aufwand mit der Menschwerdung, dem Predigen und dem Kreuzigen und Auferstehen? Um sich mit den Menschen wieder zu versöhnen? Hätte sich dieser Gott nicht einfach selber etwas versöhnlicher geben sollen, und alles wäre wieder in Butter?

Das wäre in der Tat der einfachste Weg, wenn Gott Gesetzesgeber und Polizist wäre. «Okay, wegen Apfelklau und etwas Übermut wollen wir mal nicht so sein. Ich bin Gott und drücke einfach beide Augen zu...»

Das verkennt aber, dass es hier um Liebe geht. Wenn wir sündigen, dann verletzen wir nicht ein Gebot oder eine Regel. Wir verletzen uns und den Geliebten; manchmal so stark, dass die Liebe stirbt. Wir brechen keine Regeln, wir brechen Beziehungen ab.
Wir Menschen haben schon seit langem die Beziehung zu Gott abgebrochen. Wir empfinden doch nichts mehr, wenn wir an Gott denken. Er ist für uns eher wie ein Einrichtungsgegenstand, wie ein Stück Möbel, wie ein Bild an der Wand. Wenn Gott nicht mehr wäre, würde uns etwas fehlen. So wie wir auch ein Bild oder ein Sofa vermissen würden, weil da jetzt eine Lücke ist. Aber Liebe?

Deshalb reicht es nicht, dass Gott sich einfach nur versöhnlicher gibt, weniger nachtragend ist. Dadurch ändern wir uns nicht. Nein, er muss uns wieder neu gewinnen, um uns werben, sich zu uns herablassen, uns an sich ziehen; dabei ohne Zwang oder Druck, denn das würde jede liebevolle Beziehung wieder zerstören.

Deshalb kommt Gott als Kind von Bethlehem, deshalb ist Weihnachten ein Fest der Liebe. In der Krippe von Bethlehem liegt Jesus als Retter und Erlöser, verletzlich und wehrlos, weil er die Liebeserklärung Gottes an uns ist.

Das Geheimnis eines erfüllten Lebens liegt also nicht darin, alles Unheil zu verbannen, damit unser Leben gelingt. So erreichen wir nicht das Glück, so werden wir allerhöchsten hohl und gefühllos, wie Barbie im Nirwana.

Erst wenn wir es so machen, wie Gott es tut: Wenn wir mitfühlen, dem Leid nicht ausweichen, wenn wir lieben, auch wenn wir uns dadurch der Enttäuschung aussetzen, wenn wir uns vergeben und uns verletzbar machen, gewinnt unser Leben Fülle, Tiefe und Glück. Gerade weil wir dann auch empfänglich sind für das Leid, sind wir empfänglich für das Glück.

Gott erfüllt uns Wünsche. Aber er erfüllt sie nicht so, wie wir es uns wünschen. Wenn wir uns Glück wünschen, wirkliches, erfüllendes Glück, dann muss Gott uns erst einmal die Schale abschuppen, die wir uns angelegt haben. Die Schale, mit der wir uns vor den unangenehmen Seiten des Lebens und des Glaubens schützen. Denn diese Schale, dieses dicke Fell schützt uns vor Angriffen genauso wie vor dem Glück. Wer sich nach Geborgenheit sehnt, muss erst einmal das Frieren lernen.

Liebe Schwestern und Brüder, Gott hat mit der Geburt seines Sohnes begonnen, die Welt zu missionieren. Mission heißt ja nicht, eine Botschaft überbringen. Mission heißt, sich selbst überbringen. Und jetzt ist es an uns, diese Mission fortzusetzen: Sind wir bereit, mit dem Fest der Liebe ernst zu machen?

Sind wir bereit, uns auslachen zu lassen, weil wir von Gottes Liebe reden? Sind wir bereit, Verletzungen zu ertragen, weil wir den Menschen vertrauen, auf deren Güte bauen? Sind wir bereit, arm zu werden; aus Liebe zu Gott? Sind wir bereit, aus der Hohlheit unseres gelungenen Lebens auszubrechen und uns Gott auszuliefern? Wenn Sie mit Ja antworten - und dieses Ja auch Leben - dann steht Ihnen Freude ins Haus, die sie noch nie erlebt haben. Dann werden sie Wärme spüren, die Ihnen noch kein Mensch geschenkt hat. Dann werden Sie bei Gott Geborgenheit finden, wie bei keinem Menschen auf dieser Erde. Wenn Sie Gott an die Haut lassen, werden sie den Himmel spüren.

Liebe Schwestern und Brüder, gehen sie in den nächsten Tagen in Stille einmal zur Krippe, hier in der Kirche. Bewundern Sie nicht den, der diese Krippe gebaut hat, bewundern sie nicht die Größe und Schönheit des Aufbaus. Bewundern Sie Gott, der sich in unsere Hände gegeben hat. Machen Sie Seine Liebe zu Ihrer Liebe. Amen.

17. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Nachdem bei mir gestern Abend einige fachkundige Helfer meinen Weihnachtsbaum aufgestellt haben, habe ich mich heute morgen daran gemacht, meine Krippe aufzubauen. Ich habe noch nicht ganz so viele Figuren, wie die monumentale Krippe hier in der Kirche - und sie ist auch nicht sonderlich sehenswert - aber sie hat alles, was dazu gehört: Maria und Josef, Ochse und Esel, Hirten und Schafe. Nur das Jesuskind, das habe ich noch nicht in die Krippe gelegt - das war bei uns zuhause so üblich. Bis nach der Christmette wurde es erst einmal versteckt, - aus rein praktischen Gründen unter dem weiten Gewand der Maria.

Die anderen sechs Figuren der Krippe - ohne das Jesuskind - können uns etwas sagen: Etwas, das mit den Kerzen zu tun hat, die wir gerade eine nach der anderen gelöscht haben.

Maria zum Beispiel, eine Figur, die wir mit der Liebe verbinden können. Sie hält sich sehr im Hintergrund, fast das ganze Leben ihres Sohnes lang. Aber immer, wenn es darauf ankommt, ist sie zur Stelle: Vor allem unter dem Kreuz, als ihr Sohn von allen anderen verlassen ist, ist sie da.
So scheint es mir auch mit der Liebe zu sein: Sie drängt sich nicht in den Vordergrund, und manchmal kann man den Eindruck haben, es gäbe sie nicht mehr. Aber, seien wir einmal ehrlich: Wie oft haben wir erfahren, dass es sie doch gibt - oft genau denn, wenn es darauf ankam. Es gibt sie noch, die Liebe, genauso, wie meine Krippe eine Maria hat.

Oder Josef, der Schweigsame. Das einzige, was wir von ihm wissen, ist seine Treue Sorge um Maria und das Kind. Immer, wenn Gott ihm im Traum einen Hinweis gab, hat er dem ohne zu Zögern Glauben geschenkt.
Ja, es gibt noch Glauben, auch in der heutigen Welt, mehr, als wir oft vermuten. Statistiken und Messwerte geben unserem Leben keinen Sinn. Aber der Glaube gibt uns Halt: Und dass wir den brauchen, wissen wir im Grunde unseres Herzens ganz genau. Genauso, wie auch eine richtige Krippe eine Josef hat.

Oder der Ochse, im Gegensatz zum Stier ein gemütliches, friedliches Tier. Es hat - so erzählt die Legende - mit seinem Atem des Jesuskind gewärmt. So ist es auch mit dem Frieden in dieser Welt: Er ist nicht laut, nicht schreiend, der Friede. Und deshalb nur selten eine Meldung wert. Der Friede geht nicht aggressiv gegen den Krieg an, und deshalb wird er keine Siege verbuchen. Aber es gibt ihn, weil die Menschen die Wärme brauchen. Wenn die Kälte des Krieges lange genug gedauert hat, wird die Sehnsucht nach dem Frieden irgendwann größer sein als das Denken in Gewinn, Verlust oder Macht. Es gibt den Frieden in dieser Welt. Vielleicht nur etwas im Verborgenen - genauso wie der Ochse im Stall von Bethlehem im Hintergrund blieb.

Naja, meine Krippe hat auch einen Esel. Und der ist nicht durch seine Dummheit oder Dickköpfigkeit bekannt, sondern vor allem durch seine einmalige Begabung, sich zu freuen. Und dabei gibt er sich mit so wenig zufrieden. Seien wir ehrlich: Wahre Freude ist immer auch bescheiden. Es wird wohl kaum ein Mensch geben, der lieber sein Leben im Vergnügungspark verbringt als in der Nähe eines Menschen, der Freude versprüht. Wahrscheinlich hat sich der Esel im Stall wohlgefühlt: Weil er dort jemand hatte, der ihm Freude schenkte.

Und dann gibt es noch die Hirten: Das Sinnbild für die Ruhe und Ausgeglichenheit. Hirten haben Verantwortung, eine schwere Aufgabe und es nicht immer leicht. Aber sie sind ganz für ihre Aufgabe da - und machen nicht noch tausend Sachen nebenher. Und es gibt sie noch heute - die Menschen, die die Ruhe in Person sind. Bewundernswerte Menschen, weil sie sich nicht von Kleinigkeiten aus der Fassung bringen lassen.

Es gibt aber auch die Schafe, die sich vor allem durch ihr Vertrauen zu den Hirten auszeichnen. Sie wissen, dass der Hirt es gut mit ihnen meint, und deshalb vertrauen sie ihnen.
Auch wenn unsere Welt vielleicht einen anderen Anschein hat: Ohne ein solches Vertrauen könnten wir gar nicht leben. Es gibt viel mehr davon, als wir spüren: Uns fällt es erst auf, wenn jemand unser Vertrauen missbraucht.

Aber alle diese Figuren könnten nicht bestehen ohne den eigentlichen Mittelpunkt: Das Jesuskind.

Denn das ist das Zeichen der Hoffnung, das Gott der Welt gibt. Jedes Kind zeigt, dass Gott unsere Welt noch nicht aufgegeben hat. Und gerade das Kind in der Krippe zeigt, warum es noch Grund zur Hoffnung gibt: Denn dort versammeln sich Maria und Josef, der Ochse, der Esel, die Hirten und die Schafe. Dort finden wir Ruhe, Frieden, Vertrauen, Freude, Liebe und Glauben. Ohne die Hoffnung wären alle diese Werte längst aufgegeben worden. Ohne die Zusage Gottes, dass er diese Welt und damit jeden einzelnen von uns für liebenswert hält, hätte sie jede Hoffnung und damit jeden Wert verloren.

Aber dem ist eben nicht so: Und das, liebe Schwestern und Brüder, das ist Weihnachten. Das ist die Botschaft der heiligen Nacht: Wir haben allen Grund zur Hoffnung, denn Gott steht noch immer auf unserer Seite. Amen.

18. Predigtvorschlag

(nimmt Bezug auf das Predigtspiel zur Weihnachten Nr. 4) - Auch ohne Predigtspiel möglich

Liebe Schwestern und Brüder,

(in dem Traum, den wir gerade gesehen haben, spricht der Engel die erlösenden Worte: «Es ist Euch der Retter geboren, der Heiland, der Herr!» Natürlich, es war nur ein Traum. Aber)

versetzen Sie sich nur für einen Moment in die Vorstellung, es gibt keinen Gott. Es gibt keinen Gott, keine Bibel, keine Gottesdienste, keine Kirche. Sie glauben an nichts als an das, was sie sehen.

(kurze Stille)

Auf den ersten Blick wären wir von einer ziemlichen Last befreit: Keine Sünde mehr, keine Hölle, keine Gebote und kein schlechtes Gewissen. Niemand, der uns belohnt oder straft, wir können tun und lassen, was wir wollen.

Dieser erste Blick ist attraktiv, besonders für diejenigen, die schon einmal ein wenig geglaubt haben, so ein bisschen. Die ab und zu in der Kirche sind, ein paar Gebet kennen und ein paar Sakramente empfangen haben. Der Verlust des Glaubens kann eine echte Befreiung sein.

Aber auf den zweiten Blick beginnt dann die Welt und das Leben dunkel zu werden: Keine Hoffnung für den, der unschuldig leiden muss; keine Belohnung für den, der den guten Kampf kämpft und darin umkommt. Keinen Sinn in dem Leben einer Schwester Maria Euthymia, die nichts erreicht hat: Für den, der nicht an Gott glaubt, ist an ihrem Leben nichts reizvolles.
Es macht keinen Sinn, sich für andere einzusetzen, wenn es mich selbst Opfer kostet. Es macht keinen Sinn, überhaupt anderen Gutes zu tun - es sei denn, um mir selbst ein Gutes Gefühl zu geben.

Alle Menschen verspüren eine tiefe Sehnsucht, ein unstillbares Verlangen nach Leben und Liebe. Menschen, die ihren Glauben verloren haben, versprühen diese Sehnsucht vielleicht noch mehr - und leiden darunter. Sie sehnen sich nach Sinn - und suchen ihn in Zerstreuung, Vergnügen, Gewinn und Erfolg - um jeden Preis. Solche Menschen können leicht unsympathisch werden.

Und dennoch sendet Gott seinen Engel diesen Menschen, ihnen eine große Freude zu verkünden: Es gibt Gott, mehr noch: Er ist hier, mitten unter uns. Es gibt einen Sinn, es gibt ein Leben ohne Ende und es gibt jemand, der uns liebt und der es mehr als alle und alles verdient hat, von uns geliebt zu werden.

Das ist die Botschaft des Engels.

Die Weihnacht vor zweitausend Jahren ist vergangen. Das Lied der Engel ist verklungen und der Glanz der Krippe verblasste schon im nächsten Morgengrauen.

Jetzt ist es an uns, zum Engel zu werden.

Denken sie nicht in erster Linie daran, zu teilen und zu spenden und Lebensmittel zu verteilen und Kirchensteuern zu zahlen. Die Menschen, die ihren Glauben verloren haben, können ihren Hunger damit nicht stillen. Sie versuchen es ständig - da sollten wir nicht ins gleiche Horn stoßen.
Nein, zum Engel werden wir, wenn wir das Lied der Weihnacht aufnehmen: Es gibt Gott, mehr noch: Er ist hier, mitten unter uns. Es gibt einen Sinn, es gibt ein Leben ohne Ende und es gibt jemand, der uns liebt und der es mehr als alle und alles verdient hat, von uns geliebt zu werden.

Liebe Schwestern und Brüder, werden sie ein Engel, der Erlösung bringt. Reden sie davon, nicht nur an Weihnachten. Erzählen Sie ihren Kindern von ihrem Glauben und geben Sie ihnen damit ein größeres Geschenk als alles andere, was Sie für Geld kaufen können.
Bringen Sie Licht in diese Welt, in dem sie Gott verschenken. Reden sie davon, und wenn ihnen die Worte fehlen, dann singen Sie. Beten Sie. Seien Sie ein Engel - diese Welt braucht Sie mehr als alles andere. Amen.

19. Predigtvorschlag

(nimmt Bezug auf das Predigtspiel zu Weihnachten Nr. 1) - Auch ohne diesen Bezug möglich

Liebe Schwestern und Brüder!

In den letzten Schultagen ist mir deutlich geworden, warum der Engel den Hirten auf dem Feld und nicht den Lehrern oder Priestern erschienen ist: Die Hirten hatten nicht soviel zu tun. Die haben noch hingehört. In deren Terminkalender war nämlich noch Platz...

(In dem kleinen Spiel, das wir gerade erlebt haben, ist uns der Engel erschienen. Wir haben uns während der Vorbereitung überlegt, wer denn wohl der Einladung des Engels gefolgt wäre, wenn er heute erscheinen würde. Vermutlich nicht so viele... aus den einfachen Gründen, die wir gerade gehört haben: Wir haben uns auf etwas anderes eingestellt, unsere Festtage sind schon verplant.)

Dahinter steckt eine Grundhaltung. Es muss alles bestens und sorgsam organisiert werden. Nicht nur unsere Feierlichkeiten, sondern unser ganzes Leben. Wenn wir uns allerdings nach allen Seiten absichern wollen, kostet das viel Zeit und Organisation - und Nerven. Klappt alles, dürfen wir uns auf die Schulter klopfen. «Haben wir das nicht wieder gut hingekriegt?»
Wenn aber mal etwas schief geht - oder schief zu gehen droht - dann liegen unsere Nerven blank. Am liebsten würden wir die Schuld für das Misslingen anderen in die Schuhe schieben, und oft genug tun wir es auch. Aber letztlich müssen wir in kauf nehmen, dass wir für das, was wir selbst in die Hand nehmen, auch selbst verantwortlich sind.

Wir haben die Verantwortung für unser Leben übernommen und tragen sie jetzt selbst.

Und wir tragen so sehr daran, dass wir keinen Platz mehr für Gott haben. Keinen Platz in der Herberge, kein Luft mehr für Gottesdienste, keine Zeit mehr fürs Gebet. (Keine Chance mehr für den Engel Annika.) Wir haben auch keinen Grund mehr zu beten: Wir haben doch alles schon selbst organisiert. Wir brauchen Gottes Hilfe nicht mehr. Wenn wir beten, dann allerhöchsten noch darum, dass Gott unsere eigenen Pläne nicht durchkreuzt: «Lieber Gott, bitte, halte dich da heraus. Ich habe mir alles schon so schön zurechtgelegt, bring jetzt nicht alles durcheinander.» Wenn wir beten, dann doch meist darum, dass Gott uns nicht von unseren Plänen erlöst, sondern sie durch Abwesenheit unterstützt!

Bei den frühen Christen gab es das schon einmal. Eine starke philosophische Bewegung in den ersten Jahrhunderten, Pelagianismus genannt, behauptete nämlich, dass wir uns selbst erlösen müssten. Nicht Gott, sondern wir sind es, die für unser Heil zuständig sind. Nicht Gottvertrauen, sondern Selbstvertrauen ist wichtig. - Gottseidank hat Gott sich nicht daran gehalten, und gottseidank hat sich der Pelagianismus nicht halten können: Die Christen der ersten Jahrhunderte haben diese Auffassung als absolut unchristlich abgelehnt. Und wenig später verschwand diese Philosophie.

Aufmerksame Theologen sind allerdings inzwischen der Meinung, dass der Pelagianismus inzwischen zurückgekehrt ist. Es gibt deutliche Anzeichen dafür:
Gottesdienste werden immer weniger gefeiert, dafür immer mehr organisiert. Schließlich sind wir verantwortlich für einen guten Gottesdienst. Nicht Gott.
Wir haben kaum noch den Mut, Sonntags die Arbeit ruhen zu lassen - ob im Handel oder in der Landwirtschaft. Schließlich sind wir verantwortlich für unser Einkommen. Nicht Gott.
Wir haben selten Lust und Ruhe, zum Gebet in die Kirche zu gehen, ob während der Gottesdienste oder still für uns. Letztlich ist ja nicht Gott für meine Freizeit zuständig, sondern ich.
Wir wollen unsere Freunde und Bekannte nicht verlieren oder überfordern, indem wir unsere Kirchlichkeit betonen. Denn meine Freunde suche ich mir ja aus, nicht Gott.
Wir ertrinken in Aktivismus, in einer ständigen Beschäftigung und Berieselung, wir schnappen nach Luft, um den Terminen noch nachzukommen; erfinden Handys und Computer mit Zugang zum Internet, damit wir noch mehr zu tun haben.

Aber an Weihnachten kommt alles anders: Gott ergreift die Initiative. Er kommt zu uns Menschen. Da sind nicht Philosophen, die sich ein Erlösungsprogramm ausgedacht haben, oder Psychotherapeuten, die eine heilsame Botschaft zusammengestellt haben. Es sind Engel, die uns Gottes Initiative bekannt geben; es ist Gott, der zu uns kommt. Eine weihnachtliche Botschaft ist: «Euer Heil und Unheil hängt nicht von Euch ab! Werft die Lasten ab, die Ihr tragt! Lasst Euer ewiges Organisieren und vertraut auf Gott!» Es hängt nicht alles von uns ab; viel, viel weniger, als wir glauben. Klar, wir müssen uns dann mit etwas weniger äußerem Komfort zufrieden geben - aber dafür steigt dann unsere innere Lebensqualität. Angefangen bei den heilenden Magengeschwüren bis hin zum zurückgewonnen Familienfrieden.

An Weihnachten kann der Mensch an der Krippe nichts anderes tun als Staunen. Joseph und Maria haben nichts planen können. Keiner der Hirten hat etwas organisiert. Alles hat in Gottes Händen gelegen. Es brauchte auch nichts geplant zu werden, Gott sorgt schon für seine Kinder. Eine Luxus-Karawane oder eine 4-Sterne-Herberge waren nicht nötig. Der Ein-Stern-Stall in Bethlehem hat vollkommen gereicht.
An Weihnachten sind wir nicht die Schenkenden, sondern die Beschenkten. Was für das nächste Jahr unter unserem Weihnachtsbaum liegt, bestimmt Gott. Was der Engel uns verkündet - ob Jesus nun auf dem Langenacker oder hinterm Osterbauer ankommen wird - braucht keinen menschlichen Souffleur. Er weiß schon, was er uns zu sagen hat.

Was Not tut, ist zu delegieren. Anderen Vertrauen. Gott etwas zutrauen. (Beispiele aus der Gemeinde...). Natürlich wird es dann nicht immer ganz genauso, wie ich es mir gedacht habe. Aber oft wird es sogar besser.

Ein bisschen mehr Passivität, gottgefüllte Passivität, tut uns manchmal ganz gut, auch wenn es uns schwer fällt. Ein bisschen weniger reden, dafür hinhören. Auf den Gesang der Engel, auf die Botschaft Gottes. Ein bisschen weniger Tun, dafür etwas mehr Gebet. Etwas weniger Action, dafür mehr Humor. Weniger Medikamente gegen Magengeschwüre, dafür mehr Gelassenheit.

Liebe Schwestern und Brüder, es hängt nicht alles von uns ab. Es gibt einen Gott. Frohe Weihnachten! Amen.

20. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder, wenn wir auf das vergangene Jahr zurückschauen, dann dürfte eigentlich keine so rechte Weihnachtsstimmung aufkommen: Kriege, Terror und Ängste haben dieses Jahr geprägt, und eine Ende ist noch nicht abzusehen.
"Hat denn die Friedensbotschaft der Engel nur für 2000 Jahre gereicht?" kommt und vielleicht als Frage in den Sinn. "Hat sich denn in dieser Welt überhaupt etwas geändert - seit Jesus Christus uns angeblich erlöst hat?"

Den Juden wurde eine großartige Verheißung geschenkt, die wir in der Jesaja-Lesung gehört haben: "Der Welt wird ein Licht aufstrahlen." Das, glauben wir Christen, ist mit der Geburt Jesu in Bethlehem geschehen. Aber bei Jesaja ist nicht die Rede davon, dass wir Menschen dieses Licht auch wirklich ergreifen und selber hell werden. Ganz im Gegenteil: Bei Johannes heißt es: "Und das Licht kam in die Welt, aber die Welt nahm es nicht an." Ja, es heißt dort sogar: "Die Seinen nahmen ihn nicht auf."

Wir leben also in einer Welt, in der das Licht Gottes zwar erschienen ist; aber damit die Welt hell wird, ist es notwendig, dass wir das Licht auch in uns aufnehmen. Mit der Geburt Jesu hat sich in dieser Welt noch nichts geändert - leider. Aber mit der Geburt Jesu haben die Menschen die Möglichkeit, sich zu ändern.

Durch das Licht, das in die Welt gekommen ist, erkennen wir vielleicht deutlicher als vorher, woran die Welt krankt, wo Schattenseiten sind und wie schön es doch sein könnte. Das Licht der Krippe zeigt uns Wege auf, die wir gehen können. Doch an dieser Welt ändert sich erst dann etwas, wenn wir diese Wege auch gehen.
Unser Christsein besteht nämlich nicht darin, dass ich an Gott glaube; dass ich also von seiner Existenz zutiefst überzeugt bin. Wer Augen hat und einen Kopf zum Denken, wird um diese Erkenntnis ohnehin kaum herumkommen.
Wäre Gott nur darauf aus, uns von seiner Existenz zu überzeugen, würde er ein Wunder nach dem anderen vollbringen, das seine Wirklichkeit unwiderlegbar beweist. Dafür ist diese Aktion im Stall von Bethlehem nun wirklich nicht geeignet. Zuwenig Zeugen, zu unscheinbar, zu abgelegen. Warum, Gott, bist Du nicht heute Mensch geworden? Israel hatte damals keine Massenmedien, kein Satellitenfernsehen und keine Bildzeitung.

In unserem Glauben geht es eben nicht um den Kopf, sondern um Herz und Hand. Friede wurde den Menschen verheißen, die Guten Willens sind, so verkündeten es schon die Engel in der Weihnachtsnacht. Und nun stellt sich die Frage: Wer ist willens, zu ihm zu gehen? Zu ihm an die Krippe? Nach Bethlehem, draußen, vor den Ort? In den Stall, wo es stinkt und kalt ist? Offensichtlich haben dass damals nicht allzu viele gemacht. Und auch heute und in Zukunft wird es Menschen geben, die das Dunkle mehr lieben. Kriege, so lehrt uns der Glaube, wird es immer wieder geben.

Aber, liebe Schwestern und Brüder, das ist eine klare Aufforderung an uns, hinauszuziehen! Wer Gott begegnen will, der muss sich aufmachen! Glauben, dass Gott existiert, kann ich auch im Fernsehsessel. Aber Licht werden kann ich nur, wenn ich mich vor die Tür begebe.

Dass bei der Herbergssuche Maria und Josef kein Zimmer bekommen hatten und weiter frieren mussten, weiß jeder. Dabei ist das das kleinste Problem. Viel schlimmer ist, das die Wirtsleute mit der geschlossenen Tür sich selbst verschlossen haben, sich eingeschlossen haben. Sie haben dadurch ein Wunder verpasst, das sie bis in die Zehenspitzen verändert hätte.

Es kann nicht Weihnachten werden, wenn wir uns in unsere eigenen vier Wände einschließen. Das spüren so viele - deshalb sind auch die Weihnachtsgottesdienste hier und allen anderen Kirchen die bestbesuchten. Aber Was für für Weihnachten gilt, gilt auch für unseren Glauben: Glauben kann ich nicht in meinen eigenen vier Wänden. Glauben heißt immer: Ich mache mich auf.

In unserem Predigtspiel gerade kam die Bekehrung der Familie auch erst, als sie sich auf den Weg zur Krippe gemacht haben. Wären sie zuhause geblieben, so hätte sich nichts geändert.

Liebe Schwestern und Brüder, Gott ist in dieser Welt erschienen. Ein Licht erstrahlt, bis auf den heutigen Tag. Es strahlt in so vielen Menschen, von großen Gestalten wie Mutter Theresa, Schwester Maria Euthymia oder Johannes Paul II. - bis hin zu dem, der mich pflegt, als ich krank war; getröstet hat, als ich weinen musste; Mut gemacht hat, als ich nicht mehr weiter wollte. Es gibt ein Licht, dass sich in so vielen Menschen widerspiegelt, bis auf den heutigen Tag, bis hier nach Halverde.

Unsere Welt ist tatsächlich heller geworden, trotz Krieg und Terror.

Aber mein Leben wird erst dann hell, wenn ich ausbreche aus den Kreisen der Gewohnheit. Glauben, das heißt leben vor der Tür. Amen.

21. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder,

vielleicht sind sie schon einmal selber in die Situation geraten, dass ein lieber Mensch, der gerade noch gesund und voller Lebenskraft war, aus heiterem Himmel krank wurde, plötzlich vom Leid gezeichnet ist, vielleicht sogar sterbenskrank.

Wenn wir diesem Menschen nicht nur aufrichtig verbunden sind, sondern wir ihn wirklich lieben, aus ehrlichem Herzen, dann wollen wir ihn in seinem Leid nicht allein lassen. Nur Trost spenden, nur die Liebe in Worte fassen, ist uns dann zu wenig. Wir sind bereit, die Schmerzen mitzutragen, nicht nur Mitleid zu empfinden. Wenn wir wirklich lieben, dann wünschen wir uns, die Krankheit und das Leid auf uns zu nehmen, dann fragen wir uns: Warum nur er, warum nicht ich auch?
Vielleicht ist einigen von ihnen dieser Gedanke fremd, aber wer wirklich liebt und in eine solche Situation gekommen ist, der weiß, wovon ich rede.

Aber wir stehen ohnmächtig da. Wir können nicht tatsächlich jemanden von seiner Krankheit erlösen, und wir fragen uns: Warum denkt Gott nicht auch so? Warum nimmt er das nicht auf sich? Er hat doch die Möglichkeit! Er ist doch Gott! Wo bleibt Er?!

Liebe Schwestern und Brüder, Gott ist gekommen. Er hat genau das getan, was wir nicht können. Weil er uns liebt, so grenzenlos liebt, und unser Leid mittragen will, deshalb ist er Mensch geworden. Das ist Weihnachten!

Gott ist nicht in aller Süße und Wohligkeit Mensch geworden, nein, sein Kommen ist genauso geschehen wie auch sein Sterben: In aller Armut, in Leid und in Kälte. Bereits in seiner Geburt wird deutlich, warum er zu uns gekommen ist: Nicht, um einfach nur zusammen mit uns Menschen glücklich zu werden. Sondern, weil er uns liebt und deshalb uns erlösen will.
Die erste Weihnacht, damals in Bethlehem, hat einen rauen und unwirtlichen Charakter. Vielleicht haben die älteren unter uns das noch etwas nachempfinden können, als sie früher zu mitternächtlicher Stunde zum Gottesdienst aufstanden und in Eiseskälte zur Kirche gingen.
Vielleicht haben wir auch etwas vom ersten Kommen Jesu nachvollziehen können, als ich mit einigen Jugendlichen am Samstag um Mitternacht draußen im Wald in einer Hütte einen Gottesdienst gefeiert habe. Nass, kalt und klamm war es. Rau, unwirtlich und überhaupt nicht gemütlich. Fast wie in Bethlehem.

In unseren Geschäften, heimatlichen Krippen und Weihnachtsliedern sieht Weihnachten allerdings oft anders aus: Gemütlich, häuslich und wohlig warm. Was wir heute feiern, sind nur noch Gefühle. Wenn dieses weihnachtliche Gefühl kommt (und dazu ziehen wir alle Register, dass es kommt), dann sagen wir: Das war ein schönes Fest.

Unser Weihnachten ist nicht mehr das Fest der Liebe, auch wenn wir es uns noch so oft einreden. Auch dann nicht, wenn es tausendmal auf den Werbeprospekten von Karstadt steht. Liebe ist - entgegen weit verbreiteten Gerüchten - nämlich kein Gefühl. Liebe ist eine Art zu leben.

Vielleicht, liebe Schwestern und Brüder, zerstöre ich gerade Ihr weihnachtliches Gefühl. Aber vielleicht öffnet sich dadurch auch der Sinn für das, was wir wirklich heute feiern.

Ein Wunder nämlich, das größer ist als alle Weihnachtsgeschenke: Gott liebt uns. Er will unser Leid nicht nur uns Menschen überlassen. Er gesellt sich zu uns. Genau genommen: Unfassbar. So, wie wir - wenn überhaupt - nur ganz wenige Menschen lieben, nämlich mit der Bereitschaft zum Leid, so liebt er einen jeden von uns.

Wenn Weihnachten das Fest der Liebe ist, dann zunächst der Liebe Gottes zu uns. Keine realitätsfremde Liebe, die sich nur in Worten und Gefühlen erschöpft:
Gott scheut nicht die Kälte, die sich zwischen unseren Herzen breit macht: Er friert in seiner Krippe - mit uns.

Er vermeidet nicht die Armut, die sich in unserem Handeln offenbart: Er leidet an der Armut seiner Eltern und der ersten Freunde, die er gewinnt: Den Hirten. Er leidet für uns, die wir auch an Herz und Seele so arm sind.

Er umgeht auch nicht das Los der Ausgestoßenen: Er findet mit dem Beweis seiner Liebe in keiner Herberge Unterkunft. Er wird vor die Tür gesetzt - von uns.

Gott ist nicht Mensch geworden, um uns nur glücklich zu machen. Tatsächlich interessiert es Gott weniger, ob wir glücklich sind oder nicht. Gott wird Mensch, um uns zu lieben und uns selbst liebesfähig zu machen. Damit beginnt er in Bethlehem. All sein Trachten, sein Handeln, sein Denken und sein Fühlen richtet sich auf diese eine Botschaft an uns: Lasst euch lieben! Von mir, aus ganzem Herzen! Und: Liebt einander! Nicht mit Gefühlen oder mit Worten, sondern mit ganzem Herzen, mit eurem Leben!

Ein weihnachtlicher Mensch feiert Weihnachten nicht nur einmal im Jahr. Ein weihnachtlicher Mensch ist ein Mensch, der sein ganzes Leben um die Liebe Gottes ringt, sich von ihr leiten lässt, sie verschenkt und dabei mit der Liebe ernst macht, auch im Leid. Und dabei über allem seine Freude in Gott findet. Deshalb sagt man: Frohe Weihnachten!

Und deshalb wünsche ich auch ihnen ein frohes Weihnachtsfest. Nicht nur für die paar Tage. Sondern frohe Weihnachten für ihr ganzes Leben. Amen.

Fürbitten