Suche: 

Neue Site - empfehlenswert! Ein Ableger der Karl-Leisner-Jugend: aktueller, kürzer, frischer und moderner: www.gut-katholisch.de.

Die Hütte - Ein Wochenende mit Gott

Wer möchte nicht einmal ein Wochenende mit Gott verbringen und IHM alle Fragen und Sorgen von Angesicht zu Angesicht stellen? Und - sich zudem von Gott bekochen lassen und mit dem Heiligen Geist spazieren gehen? "Mack" darf dies alles - und erlebt die aufregendsten und bewegendsten Tage seines Lebens.

Die Hütte
Ein Wochenende mit Gott

Der Wunsch, einmal Gott selbst zu begegnen; mit ihm ins Gespräch zu kommen und IHN als reale Person vor sich stehen zu haben, ist sehr verlockend und somit Gegenstand zahlreicher Romane oder Erzählungen; ein nicht unbedeutender Teil davon stammt aus dem evangelikalen Bereich. So ist in „Der Besuch" von Adrian Plass Jesus für einige Wochen in einigen Gemeinden Londons zu Gast und bringt das Gemeindeleben sowie die gängigen Vorstellung von dem, was Gott tut und was nicht, ordentlich durcheinander. Weniger neutral, sondern sehr kirchenpolitisch tritt dagegen ein gewisser „John" in dem Roman „Der Schrei der Wildgänse" auf, der zwar nicht Gott ist, aber dennoch in seinem Namen auftritt.

Hier nun begegnet Mack in dem Roman „Die Hütte" nach einem schweren Schicksalsschlag Gott - in seiner dreifaltigen Gestalt als Papa (als liebenswerte dicke schwarze Mama), Jesus und dem Heiligen Geist, der ebenfalls eine flirrende (asiatische) Frauengestalt annimmt. Gott redet mit Mack zwar auch über sich, über ihre Beziehung zu einander und untereinander - aber der Spannungsbogen wird durch die in Mack aufgestaute Wut erzeugt. Wie konnte Gott das zulassen, was passiert ist? Warum? WARUM?

Das hebt „Die Hütte" sehr wohltuend von den anderen Romanen ab: Das Buch ist keine theologische Spielerei, sondern eine dramatische und überaus ernsthafte Darstellung des Ringens Gottes um den verletzten Menschen (und umgekehrt). Dabei findet „Die Hütte" einen Weg in den Herzen jener Menschen, die - wie Mack - großes Leid erlebt und dabei den Zugang zu Gott verloren haben. Vorbei an ihren inneren Barrikaden gegen Gott, gegen Leiderklärung und auch gegen jede Sinnstiftung öffnet William Paul Young eine Hintertür im Menschen, durch die Frieden Einzug halten kann. Das macht „Die Hütte" zu einem idealen Geschenk für verbitterte, verhärmte oder - vor allem - traurige und trauernde Menschen.

Natürlich ist es nicht ungefährlich, Gott über sich und die Welt reden zu lassen. Zu schnell schleichen sich kleinere Ungenauigkeiten ein, die - durch fiktionale göttliche Autorität - manchmal unangenehm aufstoßen. Allerdings sollte dies dem Autor nachgesehen werden, immerhin schreibt er - obwohl nicht studiert oder promoviert - geniale Sätze über Trinität, Beziehung, Freiheit und Schöpfung. Dass ihm bei dem gelungenen Versuch, ein Buch über "Gott und das Leid" zu schreiben, auch gröbere Ungenauigkeiten in anderen theologischen Bereichen unterlaufen, sollte ihm verziehen werden...

Auf Seite 114 findet sich zum Beispiel die Aussage, dass die Wunder Jesu nicht von Jesus, sondern von „Papa" gewirkt wurden... Christologisch eine fast schon häretische Aussage; ebenso ist (auf Seite 139f) die Theorie von der Hierarchie als Quelle der Unfreiheit zumindest fragwürdig; zudem klingt (auf Seite 169) seine Einschätzung des Mannes als Ursache der Kriege und Gewalt schon fast nach einer Männer-Diskriminierung; auch die Personifizierung der Weisheit (Kapitel 11) zwar als Teil "Papas", aber dennoch zur quasi vierten göttlichen Person, ist zumindest gewagt... ... aber - nobody is perfect, auch William Paul Young nicht; sehen wir also darüber hinweg.
Etwas dramatischer wird es jedoch, wenn Youngs evangelikale Sicht auf die Mitwirkung des Menschen an seinem Heil Gott in den Mund gelegt wird. Dass die Zehn Gebote gar nicht zu befolgen sind, sondern nur dem Menschen zur Erkenntnis seines eigenen Unvermögens gegeben sind, ist typisch evangelikal - aber deshalb noch lange nicht richtig, auch wenn scheinbar Gott selbst es so sieht (Seite 234). Ob der Mensch nur vertrauen muss, oder auch mitwirken darf, ist eine Frage, die im Buche durchgehend einseitig (evangelikal) ausgelegt wird.

In drei Passagen (Seite 204-210; 228-230 und nochmal 237) jedoch erliegt Young auf äußerst unangenehm Weise seinen evangelikalen Vorurteile (die zum Beispiel in „Schrei der Wildgänse" ein ganzes Buch füllt): Nämlich der Kritik an den religiösen Institutionen - an allen Religionen und all ihrem Tun. Natürlich: In jeder Religion oder Kirche finden sich auch Menschen, die ohne wahre Beziehung zu Gott leben. William Paul Young jedoch legt Gott die Aussage in den Mund, dass dort - in den Kirche und Religionen - niemals Wahrheit zu finden ist, weil dort keiner eine wirkliche Gottesbeziehung hat; und deshalb sind alle Antworten falsch, selbst wenn sie doch einmal richtig sein sollten... (Seite 229) Während Young Gott fast im ganzen Buch Mack beibringen lässt, dass man niemanden beurteilen darf - und schon gar nicht verurteilen - schafft es "Gott" nicht, sich den Religionen etwas differenzierter zu verhalten.
Schade? Natürlich drängt sich hier ein hässliches Vorurteil in den Vordergrund, das - im Gegensatz zum ganzen Buch - äußerst lieblos und pauschalisierend ist. Aber auf der anderen Seite erinnert uns diese absolut ungöttliche Aussage daran, dass der Gott, der in „Der Hütte" mit Mack spricht, nur eine Erfindung eines Autors ist - eine sehr gute, aber eben nicht Gott selbst.

Empfehlenswert? - Ja, ich denke schon. Die tröstende und aufbrechende Wirkung des Buches wird zwar durch den Ausrutscher auf den o.g. Seiteen (204-210; 228-230; 237) getrübt, aber wenn wir das Buch jemanden empfehlen, der in Unfrieden mit Gott lebt, dann wird der wiedergefundene Gott ihn nicht nur mit sich selbst, sondern auch mit der Kirche versöhnen.
Beim Verschenken oder Empfehlen schadet es aber nicht, auf die offensichtliche Inkonsqeuenz in dieser Hinsicht hinzuweisen - und ansonsten auf die erhebende Wirkung der restlichen schönen Gedanken zu vertrauen.