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Jesus, der Bräutigam

Es ist gar nicht so schlecht, dass die moderne Gesellschaft wissen will, warum die katholische Kirche nach wie vor daran festhält, nur Männer zu Priestern zu weihen. Das ist eine gute Gelegenheit, von einer wunderbaren Grundwahrheit unseres Glaubens zu reden: Dass der Bund Gottes mit den Menschen ein Ehebund ist.
Seien wir ehrlich: Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass wir noch nach unserem Glauben, unserem Gottesbild und dem Wesen der Religion gefragt werden. Was für eine Chance!

Deshalb tut es mir im Herzen weh, wenn diese Chance immer wieder vertan wird. Anstatt von der Schönheit unserer Glaubens zu reden, werden Bibelstellen zitiert und uminterpretiert und Vorwürfe wie zum Beispiel «Diskriminierung» definiert. Gut: Vielleicht liegt es daran, dass die Kritiker des katholischen Glaubens uns nicht wirklich verstehen wollen. Aber es scheint mir, dass auch wir Katholiken uns nicht wirklich bewusst sind, wie groß und genial unsere Antwort sein könnte.


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Dieser Diskussionsbeitrag ist auch als gedrucktes Heft (Nr. 147) erhältlich: Kostenlose Bestellung

Der Priester stellt nicht her, er stellt dar

Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass meine erste Predigt als Pfarrer den Unterschied zwischen herstellendem und darstellendem Tun zum Thema hatte. Sinngemäß hieß es darin, dass wir in dieser Welt immer wieder der Versuchung erliegen, auf sichtbare und anfassbare Ergebnisse unseres Wirkens zurückschauen zu wollen. Jeder Handwerker kann auf Produkte verweisen. Der Priester nicht.
Der Priester stellt nicht her, er stellt dar. Damit steht er dem Schauspieler deutlich näher als dem Handwerker. Am Ende einer Theatervorstellung findet sich kein fertiges Produkt auf der Bühne, hergestellt und sichtbar - im Gegenteil. Materiell sieht die Welt nach der Aufführung genauso aus wie vor Beginn. Was sich verändert hat, das sind die Zuschauer und die Ausführenden.
Dennoch bleibt die Darstellung des Schauspieler weit hinter dem priesterlichem Tun zurück. Während der Schauspieler nötig ist, um einer Idee (des Autors oder des Regisseurs) Realität zu verleihen, ist Jesus und seine Erlösung auch unabhängig vom Priester real. Christus hat uns erlöst - dazu fügt kein Priester etwas hinzu. Nur um die Realität Jesu gegenwärtig werden zu lassen, bedarf es des Priesters.

Ja, darum geht es: Jesus ist gegenwärtig! Es geht um Jesus! Alle anderen Aspekte einer Messfeier sind auch wichtig - und gleichzeitig zweitrangig. Gestaltung, Predigt, spiritueller Tiefgang, Gemeinschaftserfahrung, kultureller Genuss: Klar, das wäre schön, wenn das auch dazukommt. Aber das zu realisieren ist nicht die Kernaufgabe des Priesters, dafür ist er nicht geweiht - und daran hängt auch nicht die Frage, ob der Priester ein Mann oder eine Frau ist.

Warum aber kann nur ein Mann Jesu Gegenwart im Hier und Jetzt verwirklichen?

Beziehung, nicht Funktion

Es kann nur ein Mann Priester sein, weil der Priester Gott nicht in seinem absoluten Wesen, sondern in seiner Zuwendung zum Menschen darstellt.
Jeder Mensch ist ein Bild der Herrlichkeit Gottes, jeder Mensch ist eine Gotteserfahrung. Ob Mann, ob Frau, ob Kind oder Greis, egal in welchen Eigenschaften er durchsichtig wird für seinen Schöpfer. Darin liegt seine Würde, die ihm niemand nehmen kann.

Dass Gott aber einen Bund mit den Menschen eingeht, ist keine weitere göttliche Eigenschaft, sondern eine Wesensbeschreibung Gottes, die sich nur in Beziehungen darstellen lässt. Der Bund Gottes mit den Menschen könnte ein Pakt unter gleichen sein, oder der Vertrag zwischen Herr und Sklave - zwischen Mieter und Vermieter - und sonst ein Verhältnis. Es gehört aber zum Wesen unseres Gottes, dass nur eine dieser menschlichen Beziehungen Gott wirklich gerecht wird: Nämlich die eheliche Beziehung. Zwischen Mann und Frau. Also zwischen zwei vom Wesen her unterschiedenen, aber in der Würde gleichgestellte Personen.

Gottes Bund mit den Menschen ist ein Ehebund

Nun könntest Du mich fragen, ob ich diese Behauptung belegen kann: Geht Gott wirklich mit den Menschen einen eheähnlichen Bund ein, der der höchsten aller Beziehungen gleich kommt?

Nun, es gibt zahlreiche Bibelstellen, die das zum Ausdruck bringen. Schon in den ältesten Schichten der Bibel, den Psalmen, Propheten bis hin zum Neuen Testament: In den Aussagen Jesu selbst. Aber eigentlich bedarf es dieser Belege nicht. Denn was sollte Gottes Beziehung zu uns angemessener sein, als die höchste Form einer Liebesbeziehung? Dieser Grundgedanke hat sich ja nicht deshalb in des tiefste religiöse Gedächtnis des jüdischen Volkes eingegraben, weil es in der Bibel steht. Sondern es steht in der Bibel, weil weder Gott noch dem jüdischen Volk größere Ehre erwiesen werden konnte als nur durch diesen Gedanken. Gott liebt sein Volk! Er bindet sich an die Auserwählten! Er traut sich uns an auf ewig!

Biblische Begründung

Ein eigentlich nicht nötiger, aber dennoch schöner Exkurs:

Um zu belegen, dass bereits seit den Anfängen der jüdisch-christlichen Offenbarung Gott als der Ehemann seines Volkes auftritt, könnte ich jetzt eine Liste von Bibelstellen anführen. Diese wäre vermutlich sehr lang, zugleich immer noch unvollständig, und immer noch erklärungsbedürftig.

Stattdessen möchte ich nur drei Gedanken ausführlicher darstellen.

(1) Zunächst findet sich im Buch des Propheten Hosea unter vielen ähnlichen Gedanken eine wunderbare Gottesrede (Hosea 2, 18-25)

An jenem Tag - Spruch des HERRN - / wirst du zu mir sagen: Mein Mann! / Und du wirst nicht mehr zu mir sagen: Mein Baal. Ich werde die Namen der Baale in ihrem Mund beseitigen, / sodass niemand mehr ihre Namen anruft. Ich schließe zu ihren Gunsten an jenem Tag einen Bund / mit den Tieren des Feldes und den Vögeln des Himmels / und den Kriechtieren des Erdbodens. Bogen, Schwert und Krieg werde ich zerbrechen / und aus dem Land verbannen / und sie in Sicherheit schlafen lassen.
Ich verlobe dich mir auf ewig; / ich verlobe dich mir um den Brautpreis von Gerechtigkeit und Recht, / von Liebe und Erbarmen, ich verlobe dich mir / um den Brautpreis der Treue: / Dann wirst du den HERRN erkennen. An jenem Tag - Spruch des HERRN - / will ich antworten: (...) Du bist mein Volk! / und er wird sagen: Du bist mein Gott!

Nicht nur bei Hosea, sondern auch bei allen anderen Propheten, die das Fehlverhalten des Volkes anmahnen, werden die Sünden Israels mit einem Ehebruch verglichen, Gottes Liebe mit der verschmähten Liebe des Bräutigams und die Verheißung der Zukunft mit der Heilung des ehelichen Bundes zwischen Gott und Menschen.

(2) Ein weiterer Hinweis ist überraschend offensichtlich: Es gibt mit dem «Hohenlied der Liebe» im Alten Testament direkt ein ganzes Buch voller Liebeslyrik (zum Teil sogar erotischer Natur). Was das in der Bibel zu suchen hat, erschließt sich nur dem, der die Nähe zwischen göttlicher und bräutlicher Liebe versteht. Schaut mal hinein: Schöner kann man kaum von Gott reden!

Das gemeinte Buch heißt manchmal nur «Hoheslied», «Hohes Lied» oder «Hohelied Salomons». (Der englische Titel «Song of Songs» gefällt mir übrigens nochmal besser.) - Darüberhinaus finden sich Anleihen an die Liebeslyrik in den Psalmen wieder, auch die Propheten bedienen sich der damals bekannten Liebeslieder und flechten sie in ihre Prophetenrede ein.

(3) Das Begehren-Gebot. - Die Zehn Gebote sind uns so vertraut, dass wir manchmal nicht mehr bemerken, wie seltsam die ersten drei und die letzten beiden Gebote sind. Wirklich staatstragend, allgemeingültig und einleuchtend sind eher die Gebote Nr. 4-8 (je nach Zählung, die in den Konfessionen unterschiedlich ist, können es auch die Gebote 5-9 sein). Während die ersten Gebote das Verhältnis des Volkes zu Gott regeln, fällt das Begehren-Gebot («Du sollst nicht begehren...!») am Ende des Dekalogs ziemlich aus der Reihe. Tatsächlich dürfte es für eine Gesellschaft (und noch mehr für eine staatliche Behörde) uninteressant sein, ob ein Staatsbürger tief in seinem Herzen eine Neigung verspürt, sich nicht an die Gesetze zu halten. Ein Autofahrer, der vor einer roten Ampel hält und am liebsten Gas geben würde, ist der Verkehrspolizei solange gleichgültig, wie er es nicht tut.
In einer Ehe geht es aber nicht nur um das Tun - sondern um das Herz des Geliebten. Ich möchte nicht nur mit einem Menschen verheiratet sein, der sich korrekt verhält und alle ehelichen Pflichten beachtet - sondern dessen Herz sich mir zuwendet. Jemand, der im Innersten weit weg ist und sich danach sehnt, mit einem anderen Partner zusammen zu sein, hat den Bund schon gebrochen. (Das betont Jesus wenig überraschend in der Bergpredigt - Mt 6.) Das gilt auch für den Bund mit Gott - vorausgesetzt, es handelt sich um einen Ehebund und nicht um einen Staatsvertrag.

Bräutigam, nicht Braut

Dass eine Erkenntnis, die überraschend schön ist, auch wahr sein muss, hat schon Einstein fasziniert festgestellt (weshalb er auch Theorien, die er ablehnte, selten als falsch, sondern lieber als hässlich bezeichnete. Womit Einstein aber letztlich das gleiche meinte).

Vermutlich liegt genau darin der Grund, warum es die jüdische und christliche Religion geschafft hat, allen inneren und äußeren Widernissen zum Trotz bis heute zu existieren - und die christliche Religion durchgehend bis heute die größte Weltreligion ist. Eine Religion, die von der Zuwendung Gottes nicht als herablassende Herrschergeste erzählte, sondern als eine Entscheidung eines Bräutigams, ist zu gewagt und zu schön, als dass Menschen sich dieses ausdenken konnten. Vor allem, weil der jüdisch-christlichen Offenbarung eine überraschende Dramatik innewohnt: Nicht nur, dass Gott dem Volk den Ehebund anbietet, zusätzlich ist das Volk dieser Ehre weder würdig und wird ihr auch nicht gerecht. Und dennoch hält Gott an Seinem Bund und Seiner Liebe fest.

Das Christentum hat die jüdische Überzeugung, Gott habe nicht irgendeinen, sondern ausgerechnet einen Ehebund mit seinem Volk geschlossen, nicht verworfen oder abgelöst, sondern zur Vollendung gebracht: Gott wird Mensch, um die Menschen zu erlösen, wie ein Bräutigam, der seine Braut heimholt. Er heiligt sie, löst sie aus, reinigt sie. Er umwirbt sie, um in ihr die Liebe zu erwecken, ohne die er keine Hochzeit feiern will.
Deshalb ist es eine konsequente Fortführung der jüdischen Theologie, dass Jesus sich selbst als den Bräutigam und die himmlische Vollendung immer wieder als himmlisches Hochzeitsmahl bezeichnet.

Jesus ist der Bräutigam, der seine Braut - die Kirche - heimführen will.

Gott und Mensch sind nicht auf gleicher Augenhöhe...

Damit kommt ein fundamentaler Unterschied zum Ausdruck, der wesentlich - der Philosoph sagt: ontologisch - ist: Mensch und Gott finden sich nicht als austauschbare Partner zusammen. Nicht der Mensch erwählt Gott. Nicht Gott wird erlöst. Es finden sich nicht zwei Erlöser auf Augenhöhe zusammen, noch weniger zwei Erlösungsbedürftige, die einander Erlösung versprechen, aber nicht erwirken können.
Der Unterschied zwischen Gott und Mensch ist nicht erst durch die Sünde entstanden. Auch wenn der Mensch nie gesündigt hätte, wäre es Gott, der Seine Herrlichkeit dem Menschen mitteilt. Und nicht umgekehrt. Schon in der Erschaffung des Menschen hat Gott dem Adam Seinen Atem eingehaucht - nicht umgekehrt. Der Mensch lebt, weil Gott ihm Sein Leben und Sein Geist mitgeteilt hat.
Nein, der Graben zwischen Gott und Mensch ist ebenfalls ontologisch und nicht erst durch die Sünde entstanden. Und doch überwindet Gott diesen Graben, indem er dem Geschöpf göttlichen Atem verleiht. Gott hat den Menschen nach Seinem Ebenbild geschaffen, um mit ihm dann doch «eine Liebesbeziehung auf gleicher Augenhöhe» zu schließen.

...zumindest nicht von Anfang an

Gott hat den Menschen bereits im Augenblick der Erschaffung zum Ehepartner aufgewertet. Deutlich wird diese Aufwertung erst, weil sie nach dem Sündenfall von Gott erneut geschenkt werden muss. Nachdem der Mensch sich durch die Sünde von seinem Schöpfer getrennt hat (und damit die «gleiche Augenhöhe» verloren hat), bedarf es eines neuen Schöpfungsaktes. Während bei der ersten Erschaffung Adam nicht gefragt wurde, ob er an der Herrlichkeit Gottes teilhaben will, wartet Gott nun auf seine Zustimmung. «Gott, der den Menschen ohne seine Zustimmung erschaffen hat, will ihn nicht erlösen, ohne ihn zu fragen.»

Unterschiedliche Haltung, gleiche Würde

Ich vermute, dass es keine ernstzunehmenden Theologen gibt, die etwas anderes behaupten: Gott erlöst den Menschen, nicht umgekehrt. Gott erwählt ihn, er heiligt ihn, er führt ihn in Seine Herrlichkeit. - Ebenso ist es unbestreitbar, dass dieses Drama mit der biblischen Symbolik von Ehe, Mann und Frau erzählt wird.
Moderne Theologen haben allerdings Schwierigkeiten, diese große Ähnlichkeit zwischen der Gott-Mensch-Beziehung als grundlegend für jede menschliche Ehe zu nehmen. «Es mag sein, dass Gott uns als seine Braut gewinnt. Und es mag sein, dass dieses Bild bestimmend war für die menschliche Ehe. Über Jahrhunderte hinweg. Und in vielen romantischen Bildern ist es bis heute gegenwärtig. Auch in modernen Hochzeitsritualen, vom Heiratsantrag (der nach wie vor meistens vom Bräutigam ausgeht) bishin zum Tragen der Braut durch den Bräutigam über die Türschwelle (das vor allem aus praktischen Gründen selten umgekehrt praktiziert wird). Was aber für das Verhältnis von Gott-Mensch ausgesagt werden kann, lässt sich doch nicht auf jede eheliche Mann-Frau-Beziehung übertragen! Jede Ehe besteht in der fundamentalen Gleichheit der Würde der Ehepartner!»

Dem stimme ich uneingeschränkt zu. Beide Ehepartner haben trotz ihrer Unterschiedlichkeit eine immer gleiche Würde. Das ist nicht etwas, dass im Konflikt zum biblischen Bild von Braut und Bräutigam steht. Im Gegenteil: Gerade weil Gott dem Menschen etwas von Seinem Geist mitgeteilt hat (und immer neu mitteilt!), erkennt Gott in ihm eine Ebenbildlichkeit, die letztlich der Grund seiner Würde ist. In dieser Ehe-Metaphorik liegt also keine Beeinträchtigung, sondern das Fundament für die gleiche Würde von Mann und Frau.

Dass dieser Gedanke der fundamentalen gleichen Würde von Mann und Frau oft und zu allen Zeiten (bis in die heutige Zeit hinein) verletzt wurde, ist letztlich auf eine mangelnde christliche Verkündigung und Durchwirken der oft unchristlichen Gesellschaften und Kulturen zurückzuführen. Das christlich-jüdische Gottes- und Menschenbild ist aber mit einer Herabsetzung der Würde der Frau unvereinbar.

Und dennoch haben wir heute Bauchschmerzen, wenn wir von jeder Ehe als dem Abbild des göttlichen Bundes reden. Ist denn der Mann in der Ehe der Erlösende - und die Frau die Erlöste? Zumindest bei Paulus klingt das so (1 Kor 11, 2-16):

«Ihr sollt aber wissen, dass Christus das Haupt eines jeden Mannes ist, der Mann aber das Haupt der Frau und Gott das Haupt Christi.»
Bild und Realität

Vermutlich liegt in dieser scheinbaren Peinlichkeit der Grund, weshalb wir immer weniger von Mann und Frau und immer mehr von Ehepartnern sprechen: Wir wollen die ehelichen Rollen nicht festlegen; wir fürchten, Ungleichheit zu predigen; wir haben Angst, die Freiheit in der Ehe zu beschneiden. Der Schritt, nicht nur die Rollen von Mann und Frau in der Ehe aufzulösen, sondern auch die physische Realität nicht mehr als wichtig zu nehmen und deshalb auch gleichgeschlechtliche Beziehungen als eheliche Partnerschaften anzuerkennen, ist dann nicht mehr so groß. Spiegelt sich schließlich nicht in jeder menschlichen Beziehung die Gott-Mensch- Beziehung wider?
Deshalb ist es wichtig, noch ein weiteres Detail in Erinnerung zu rufen, das auch für das vorhin erwähnte Thema («Das Priestertum des Mannes») wichtig ist: Die Ehe ist ein Abbild des Bundes Gottes mit den Menschen. Ein Bild aber bleibt immer hinter der Wirklichkeit zurück - im christlichen Sinne aber nur vorübergehend, während sich die Wirklichkeit dem Bild annähert.

Nehmen wir als Vergleich die Rolle des Priesters bei der Predigt: Da ist der Priester auch nicht immer besser informiert, und der Getaufte zumeist nicht der Dumme. Aber im Dienst des Priesters, der lehrt, ruft er die Menschen dazu auf, sich in die Rolle des Hörenden zu begeben. So lernt der dem Priester Zuhörende seine Haltung Gott gegenüber. Der Priester übernimmt den Dienst, in der Gefahr, die Rolle des Hörenden zu verlernen. Deshalb bedarf es der umso größeren Heiligkeit des Priesters, nicht verloren zu gehen. Der Priester soll also nicht heilig sein, damit er die Rolle des Lehrenden einnehmen darf - sondern weil er seltener die Rolle des Hörenden einnimmt und er in der Rolle des Lehrenden größeren Versuchungen ausgesetzt ist. Den Priester in dieser Heiligkeit (damit er nicht verloren geht) zu stärken, ist die Aufgabe der Gemeinde.
Dienst am Brautsein - Dienst am Dienst zum Brautsein

So sollen auch Mann und Frau allen anderen ein Bild des Ehebundes Gottes sein. Nach außen sollen sie an die Wirklichkeit des göttlichen Bräutigams erinnern, der seine Braut heiligt. Nicht wie Schauspieler, die Mimik und Gestik dank ihrer Kunst einsetzen, aber nicht wirklich sind, was sie spielen, sondern wie Erlöste, die zeigen, worin sie ihr Glück begründet sehen.
Während Mann und Frau dieses Bild von Erlöser und Erlösten für andere leben, werden sie zugleich nach innen immer mehr verstehen, wie schön und grundlegend die göttliche Vorbereitung auf die himmlische Hochzeitsfeier auch für sie ist. Sie predigen mit ihrem Leben der Welt und zugleich sich - und sie heiligen sich gegenseitig. Dabei ist der Mann derjenige, der der Frau zuliebe den Dienst übernimmt, sie in der bräutlichen Liebe zu Jesus zu fördern. Das ist sein Dienst - und auch die Versuchung. Denn wie auch beim Priester besteht die Gefahr, dabei selber die eigene Brautrolle (Gott gegenüber) zu verlernen. Deshalb ist auch die Frau zum Dienst an den Mann aufgerufen - ihn in seinem Dienst zu stärken und sich ebenfalls zu heiligen. Nicht der (die) eine ordnet sich dem anderen unter (wie Paulus schreibt), sondern beide ordnen sich jeweils dem Dienst des anderen unter - und beide Gott in ihrem Dienst an der Welt.

Das hat eine auffallende Ähnlichkeit mit der Berufung zum Priester. Tatsächlich ist der Unterschied zwischen Priesteramt und Ehesakrament viel kleiner, als wir oft annehmen. Wenn Augustinus schreibt: «Für Euch bin ich Bischof, mit Euch bin ich Christ. Das eine bedeutet die Gefahr, das andere die Gnade», so lässt sich das fast eins zu eins auf das übertragen, was in jeder Ehe geschieht.

Sowohl Mann und Frau sind Erlöste - die bekannte Grundlage, von der wir leben.
Die Grundlage ermöglicht Liebe - die gleiche Würde auf gemeinsamer Augenhöhe.
Das Miteinander hat zudem ein verheißungsvolles Ziel: Bild des Bundes zu sein.

Der Bräutigam mitten unter uns

Vorhin habe ich das Beispiel des predigenden Priester genommen, um zu verdeutlichen, worin der Dienst des Priesters und der Dienst der Gemeinde besteht. Keiner dieser Dienste hat eine größere Würde als der andere. Ja, man kann beide Dienste mit zwei Spiegeln vergleichen, die das gleiche Bild unendlich oft hin- und herspiegeln und somit endlose Tiefe eröffnen: Die Gemeinde verhilft dem Priester, seinen Dienst auszuüben (und dabei Diener zu bleiben), der darin besteht, die dienende Anwesenheit des Bräutigams Jesu in der Gemeinde zu vergegenwärtigen und die Gemeinde so in der Heiligkeit wachsen zu lassen. So, dass auch dem Priester sein Dienst zunehmend leicht fällt - und auch ihn in der Heiligkeit wachsen lässt. Damit er die Gemeinde heiligen kann. Und diese ihn. Und so weiter. Ad infinitum.
Somit ist die Ehe als Gemeinschaft von Mann und Frau ebenso unverzichtbar wie die Aufgabe des Priesters, die Gegenwart des Bräutigams Jesu wachzuhalten. Und seinen Dienst zu vergegenwärtigen, der darin besteht, die Braut (also die Gemeinschaft der Glaubenden) für die Hochzeit zu gewinnen, zu schmücken und dem Bräutigam zuzuführen. Deshalb hält die katholische Kirche daran fest, dies nur Männern zu übertragen. Weil das Bild von Mann und Frau, Braut und Bräutigam, Ehebund und Hochzeitsmahl die einzig angemessene Weise ist, Gottes Beziehung zu uns und allen Menschen zu beschreiben.