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Predigtvorschläge - 03. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B)
1. Predigtvorschlag

Einheit – ein Netz von Beziehungen schaffen

Papst Benedikt wurde, als er noch Kardinal war, einmal gefragt: „Wieviele Wege gibt es zu Gott?“ – Und seine, den Fragesteller überraschende, Antwort war: „Soviele es Menschen gibt.“

Und er erklärte dazu: „Gott hat eben Phantasie.“ Er hat jeden einzelnen Menschen geschaffen, also mit jedem Menschen etwas Besonderes vor und für jeden seinen Weg bereitet. Natürlich hängen die Wege untereinander zusammen. Und wenn man sie dann aus der Tiefe betrachtet, stellen wir fest, daß sie alle ein einziger Weg sind, weil, wie wir glauben, Christus der Weg ist ...

Mein Weg, den ich gehe, ist ein anderer Weg als Dein Weg, als Ihr Weg. Wir sind verschieden, aber so verschieden wir auch sind, wir bilden eine Gemeinschaft. Ja, unsere Gemeinschaft ist so tief, daß wir auch an diesem Sonntag wieder zusammenkommen können, um diesen Gottesdienst zu feiern. – Ahnen wir eigentlich, was das bedeutet? Was uns eint, ist der Glaube an den lebendigen Gott. Dieser Glaube ist etwas unendlich Kostbares. Er ist uns geschenkt. Wir haben ihn uns nicht selber gemacht.

Es ist ähnlich wie mit unserer Sprache: Die Sprache, die Worte, mit denen ich mich verständlich mache, habe ich mir nicht selber gemacht. Ich habe die Silben und die Laute gehört: von meinen Eltern, von meinen Geschwistern, von anderen Menschen. Und dann habe ich angefangen, nachzusprechen, erst unbeholfen, dann immer freier und selbständiger. Die Worte und die Sprache habe ich nicht erfunden.

Aber die Art und Weise, wie ich spreche und wie ich mich ausdrücke, ist etwas Persönliches, bei mir, bei Dir, bei einem jeden von uns.

Wir staunen also darüber, mit welchen vielfältigen Gaben und Möglichkeiten Gott uns ausgestattet hat, und zugleich bekennen wir unsere Einheit und Gemeinschaft. Und auch diese Einheit im Glauben ist etwas Kostbares, das uns anvertraut ist. Das machen wir uns heute besonders bewußt, wenn wir mit vielen Christen auf der ganzen Welt um die Einheit im Glauben beten und für diese Einheit unsere Phantasie und unsere Kraft einsetzen.

Als Jesus um die Einheit seiner Jünger betete, tat er das im Angesicht seines Todes. Johannes, der vierte Evangelist, berichtet das. Jesus betet zu Gott, seinem Vater, im Abendmahlssaal, also in der Nacht seiner Verhaftung, um die Einheit seiner Jünger (vgl. Joh 17,11). Warum tut er das? Er weiß doch, wie verschieden sie alle sind. Hat er sie doch einzeln berufen, von den Fischernetzen, vom Zoll, aus ihrer bisherigen Lebenswelt, Ihm nachzufolgen und in Seinem Namen Gottes Liebe zu allen Menschen zu bringen.

Die Einheit seiner Jünger ist Jesus ein Anliegen, weil die Einheit ein Beweis der Glaubwürdigkeit ist. Nur ein Glaubenszeugnis, das einmütig vorgetragen und gelebt und gefeiert wird, ist ein glaubwürdiges Zeugnis vor der Welt. Die Christen können es sich nicht leisten, sich aufzuspalten in verschiedene Parteien, so wie in der Politik sich verschiedene Parteien mit verschiedenen Programmen zur Wahl aufstellen. Christen haben keine unterschiedlichen Programme, sondern das gemeinsame Programm ist ein Name und eine Person: Jesus Christus.

Und darum, so betont der Apostel Paulus, weil Christus nur einer ist, sind wir alle eins in Ihm. Und deswegen sind Aufspaltungen in verschiedene Konfessionen, Glaubensgemeinschaften und Bekenntnisse ein Ärgernis und ein Hindernis für die Ausbreitung der Heilsbotschaft in dieser Welt. Wenn Christen in aller Welt gemeinsam um die Einheit beten, ist das schon ein ganz wichtiger Schritt hin zur wahren Einheit. Denn die wirkliche Einheit im Glauben wird nicht von uns gemacht oder in Konferenzen beschlossen, sondern sie ist, wie der Glaube selbst, ein Geschenk. Gott schenkt die Einheit, wenn wir inständig darum bitten. Gott schenkt die Einheit, wenn wir uns mit unserer ganz persönlichen Geschichte einbringen in das größere Ganze, in die Gemeinschaft, mit einem anderen Wort gesagt: in die Kirche.

Denn die Kirche – und das ist die schöne Verbindung vom Gebet um die Einheit zum Evangelium von der Berufung der Jünger – die Kirche ist das Fischernetz, das aus ganz vielen Fäden zusammengewoben ist. Die einzelnen Fäden, das sind wir, jeder von uns, in seiner Einzigartigkeit, in seinem persönlichen Glauben und Leben. Aber jetzt geschieht das Einende: indem wir uns verknüpfen lassen und zu einem Netz werden, werden die Fäden zu einem Ganzen. Und dieses Ganze gibt Halt und schenkt Sicherheit: so wie ein Netz, das einen, der in schwindelnder Höhe Kunststücke vorführt, auffängt, wenn er einmal stolpert und in die Tiefe stürzt: Es passiert ihm nichts, denn unten wartet das Netz auf ihn, das ihn hält und rettet.

So ist auch die Kirche das rettende Netz, das hält und auffängt, weil wir uns in diesem Netz miteinander verknüpfen lassen im Glauben. Und so ist auch die Feier des Glaubens, besonders die sonntägliche Eucharistie, der tiefste und wichtigste Ausdruck dieses Glaubens. Die Ökumene mit den Protestanten und den Orthodoxen ist wichtig. Aber noch wichtiger scheint mir die Ökumene mit denen in unserer katholischen Kirche zu sein, die sich losgelöst haben von der sichtbaren Gemeinschaft, indem sie die Gemeinschaft mit dem Gottesdienst aufgekündigt haben. Wenn von zehn katholischen Christen in einer Gemeinde acht oder sogar neun keinen besonderen Wert mehr auf die Feier der Sonntagsmesse legen, dann ist das auch eine Spaltung im Glauben, und zwar eine besonders schlimme, die besonders weh tut. [In Duisburg, wo Kirchen zur Schließung anstehen, gingen vor 50 Jahren ungefähr 20.000 katholische Christen zur Sonntagsmesse. Inzwischen ist diese Zahl auf etwa 2000 geschrumpft, also noch ein Zehntel.]

Dann sind auch die Einheit und die Gemeinsamkeit nicht mehr gegeben. - Nur nützt das Jammern darüber nichts, wenn ich nicht bei mir ganz persönlich anfange und das Gebet, das Interesse für die Aufgaben der Kirche und die Liebe zum Gottesdienst immer wieder im eigenen Leben erneuere.

Genau das tun wir in diesem Moment. Das tun Sie, in ihrer Weise und in Ihrer ganz persönlichen Berufung, und das tue ich in meinem Dienst in dieser Gemeinde. Dafür laßt uns Gott ganz einfach Danke sagen. Daß wir heute wieder dieses Zeichen der Einheit geben. Und ich sage Ihnen heute Danke, daß Sie dieses Zeichen der Einheit geben. Und wir gemeinsam sagen einander Danke und Gott Danke, daß er uns Menschen auf unseren je eigenen Wegen zu sich ruft und uns zusammenknüpft als Seine Kirche.

2. Predigtvorschlag

Jona - ein besonderer Prophet (Predigt zur Lesung)

Daß ich ständig eine Brille trage, hat womöglich damit zu tun, daß ich als Kind, sobald ich lesen konnte, eine Unsitte hatte: Ich las spät abends noch im Bett. Wir hatten im Haus zum Beispiel ein sehr dickes Buch mit Grimms Märchen, und das las ich von vorne nach hinten und manche Geschich-ten immer wieder. Das Licht, das ich dabei anhatte, war nicht das beste, und so wurden meine Augen dabei in Mitleidenschaft gezogen. Die Geschichte von Jona, dem Propheten, ist mehr als ein Märchen. Sie gehört zur Erinnerung des Volkes Israel. Wie die Gleichnisse Jesu ist sie ein Stück Weltliteratur. Für uns ist Jona eine bekannte Gestalt. Jona, der Prophet, der für den Walfisch nicht ganz leicht verdaulich ist. - Aber wie ist es mit der Geschichte von Jona, dem Propheten? Ist sie für uns leicht verdaulich? Aber zuerst müssen wir uns fragen: Was ist das eigentlich - ein Prophet Gottes im Alten Testament? Die Propheten hatten eines gemeinsam: Sie wußten sich von Gott berufen, eine besondere Botschaft zu überbringen. Diese Botschaft sollte aufrütteln, hochreißen, zum Umdenken bringen. Die Menschen sollen durch die Botschaft der Propheten erkennen, wer Gott ist: ein Gott des Bundes, der machtvoll handelt und wirkt. Er ist wie die Sonne zur Erde: in seinem Orbit wird der Mensch nicht weniger Mensch, sondern er empfängt Leben und Liebe, er blüht auf und bringt Frucht.

Die Propheten Israels waren keine Profis. Sie unterschieden sich von den Hof- und Lügenpropheten ihrer Zeit, die es immer wieder auch gab. Diese Hofpropheten schmeichelten den Ohren. Sie verkündeten das, was den Leuten gefiel. Die Botschaft von Strafe und Gericht gehört in der Regel nicht dazu. Die wahren Propheten mußten darum versuchen, den Finger auf die Wunde zu legen und zur Umkehr und zur Buße aufzurufen. Daß sie dabei geschmäht, verfolgt oder sogar gefangengesetzt oder umgebracht wurde, war sozusagen ihr Berufsrisiko. Gott hatte ihnen kein einfaches und bequemes Leben versprochen, sondern Schwierigkeiten, Widerstand, Verfolgung. Aber das alles konnte sie nicht von ihrer Aufgabe abbringen. Sie konnten gar nicht anders als das zu sagen und zu tun, was Gott selbst ihnen aufgetragen hatte. Nicht eine weltliche und auch nicht eine religiöse Macht hatte ihnen ein Mandat gegeben, sondern der lebendige Gott selbst, der sie inspirierte und antrieb. Sein Sprachrohr sollten sie sein. Die Botschaft, die der Jona zu verkünden hatte, war denkbar kurz: "Geh nach Ninive, in die große Stadt, und droh ihr das Strafgericht an!", sagt Gott zu ihm (Jon 1,2). - Da haben wir's! Es gibt also kein Pardon. Gott straft, vernichtet und verdirbt. So versteht es Jona, der Prophet, und so verstehen es viele Menschen immer wieder, zu allen Zeiten. Aber es gibt auch die anderen, die sich Gott nach einem anderen Bild zurechtmachen: Gott ist doch ganz weit weg. Er kümmert sich um nichts mehr. Er sieht nichts, hört nichts, tut nichts. Laßt uns auf den Putz oder auf die Sahne oder auf was auch immer hauen: es hat ja keine Folgen. Jedenfalls nicht für uns.

Beide Meinungen von Gott gibt es. Aber welche ist richtig? Ist es richtig, daß Gott einer ist, der gnadenlos straft, oder ist es richtig, daß Gott sich nicht interessiert für das, was hier bei uns vorgeht? Jona scheint seine Sache mit Gott klar zu haben. Er zieht durch die Riesenstadt Ninive und verkündet: "Noch vierzig Tage, und Ninive ist zerstört!" - Stellen wir uns einmal vor, so etwas würde einer bei uns sagen: Noch vierzig Tage Zeit, und dann ist alles vorbei! Die meisten würden wohl sagen: Der spinnt! Der war zu lange in der Sonne! - Und genau diese Reaktion scheint Jona zu erwarten. Er macht sich überhaupt keine Mühe, seine Botschaft zu unterstreichen. Er dis-kutiert nicht, er bleibt nicht stehen, er fleht die Leute nicht an. Er geht einen Tag weit in die Stadt, ruft seinen Spruch und dann - wartet er ab, was passiert. Und er ist sich sicher, daß etwas passiert - Gott hatte es ihm ja gesagt. Und was passiert? Das Unglaubliche: die heidnische Stadt glaubt dem Propheten Gottes. Nicht nur der eine oder der andere, sondern alle. Sogar das letzte Rindvieh versteht, worum es geht. Alle hüllen sich in Sack und Asche. Keine Ausflüchte, keine Ausnahmen, keine Entschuldigungen. Wo hat es das schon einmal gegeben?

Und Gott führt seine Drohung nicht aus.
Darüber ärgert sich Jona. Er hadert mit Gott: Habe ich es nicht geahnt? Ich soll eine Drohung hinausschreien, aber du kümmerst dich dann doch nicht darum. Du bist ein barmherziger Gott, du bist langmütig, und es tut dir leid, was du angedroht hast (vgl. Jon 4,2). - Und so wird der Prophet selbst zum Lernenden: Gott droht, aber er gibt auch die Gnade der Umkehr. Er verheißt Unheil, aber auch dabei hat er immer das Heil der Menschen im Blick.

Aber niemals handelt Gott nach der Weise der Menschen. Er bleibt immer Gott. Egal, wann und wo wir diese oder andere wunderbaren Überlieferungen lesen: wir sollten sie immer lesen mit der Brille des Gebetes und des gläubigen Vertrauens.

3. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder, noch bevor wir nur ein Wort des Gebets gesprochen haben, hat Gott uns schon längst angeredet - das war die Botschaft der Predigt vom letzten Sonntag. Allerdings ist dieses "Anreden" viel weniger von Worten geprägt, als wir beim Begriff "Gebet" oft glauben.

Schauen wir einmal auf die denkwürdigen Gespräche, die sich zwischen zwei Beinahe-Liebenden entwickeln, zweien, die noch unerfahren sind und nicht wissen, wie so etwas geht. Haben Sie schon einmal einen solchen ersten Annäherungsversuch miterlebt?

"Was machst Du denn hier?" - "Och, nichts besonderes, und Du?" - "Ich habe auch keine Ahnung. Möchtest Du etwas trinken?" - "Weiß nicht. Willst Du denn etwas?"

Merken Sie? Das, was wir sagen, ist zunächst ziemlich belanglos - und doch ist es der Beginn eines unerhörten Geschehens. Wichtiger ist nämlich nicht, was wir sagen, sondern was wir erwarten.

Jesus sagt bei seiner Berufung der Jünger auch nicht viel. Er handelt keinen Vertrag aus, spricht nicht von der Zukunft, die zu erwarten ist. Und die Jünger? Die sagen überhaupt nichts. Die lassen einfach ihre Netze liegen und folgen Jesus.

Manche Exegeten glauben, das muss an der beeindruckenden Ausstrahlung Jesu gelegen haben: Ein Wort - und noch mehr sein Blick und seine Haltung - und schon liegen ihm die Herzen zu Füßen.

Vielleicht ist da etwas dran. Viel wahrscheinlicher scheint mir aber zu sein, dass die Jünger eine bestimmte Ausstrahlung hatten, so dass gerade diese Jünger für Jesus interessant waren. Er hat eben nicht alle Fischer angesprochen. Warum gerade Simon, Andreas, Johannes und Jakobus?

Wohl deshalb, weil sie ansprechbar waren. Weil es suchende Menschen gewesen sind. Sie werden auch schon als Jünger des Johannes erwähnt und haben dort Jesus kennengelernt. Warum waren sie zuvor bei Johannes dem Täufer - wenn nicht als Menschen voller Erwartung?
Diese vier (und vermutlich auch die restlichen acht, die Jesus später noch in seine Nachfolge ruft), waren Sucher - Glauben-wollende. Und Jesus antwortet darauf.

Liebe Schwestern und Brüder: Die Sehnsucht nach mehr ist Gebet. Die Unzufriedenheit mit dem rein Irdischen und die Sehnsucht danach, darüber hinaus glauben zu wollen, ist Gebet. Nicht die Worte, nicht der Akt des Glaubens selber - sondern der Entschluss, zu suchen.

Frere Roger, der Gründe von Taize, war als junger Mann (noch fern vom Glauben und Gebet) ernsthaft erkrankt - an Tuberkulose. In seiner Not versuchte er zu beten - aber es gelang ihm nicht; er konnte keine Worte finden und keine Gedanken festhalten. Nur ein Wort blieb hängen: "Dein Angesicht, Herr, will ich suchen" (Psalm 27). In dieser Zeit erkannte er, dass die Sehnsucht schon Glauben bedeutet. Später hat er das immer wieder den Jugendlichen in Taize gesagt: "Wenn dich verlangt, Gott zu schauen, dann hast Du schon Glauben."
Im Film Sister Act II heißt es so ähnlich: "Wenn Du morgens aufstehst - und Du denkst ans Singen, wenn Du abends einschläfst, und Du denkst ans Singen - dann stellt sich nicht mehr die Frage, ob Du später mal Sängerin werden sollst - dann bist Du schon eine Sängerin."

Wir Christen glauben, dass jeder Mensch im Innersten diese Sehnsucht spürt - oft überdeckt durch alle möglichen Ersatzbefriedigungen. Ja, gerade das ständige Suchen des Menschen nach Spass, Anerkennung, Harmonie und Ablenkung zeigt, dass unser Herz zutiefst unruhig ist. Gerade deshalb hat unser Glaube den Menschen immer etwas zu sagen. Ach, was rede ich: Gerade deshalb glaube ich, hat Gott immer eine Chance bei allen Menschen.

Alle Menschen warten auf einen Jona, der Ihnen verheißt, wo Erfüllung zu finden ist. Dass Ninive so sündigt - und sich so schnell bekehrt - hat den gleichen Grund: Dort lebten Menschen voller Sehnsucht.

Gebet fängt nämlich früher an, als die Worte sich finden. Wer Gott suchen will, wer sich danach sehnt, ein anderes Leben zu führen, der betet - und Gott wird antworten. Amen.

4. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!

Heute geht es im Evangelium um Berufungen. Vier Jünger ruft Jesus aus ihren weltlichen Tätigkeiten heraus in seine Nachfolge. Die Grundvoraussetzung für den neuen Beruf ist ihnen von Gott schon mitgegeben, sie können fischen, und sie sollen Menschenfischer werden. Dieses Wortspiel benutzt der Evangelist absichtlich. Damit soll deutlich werden, daß die Jünger die Fähigkeiten und Talente, die Gott ihnen gegeben hat nutzen für ihren neuen Berufen nutzen sollen. Angler unter Ihnen werden das kennen, als Fischer braucht man Geduld, Ausdauer, Zielstrebigkeit und Gelassenheit. Die Jünger sollen diese Talente für Gott einsetzen. Und das gilt auch uns, auch wir sollen unsere Talente nicht für irgend etwas, sondern für ihn nutzen, zu seiner Ehre, für unsere Berufung. D.h. nicht, daß sie aus ihrem Beruf aussteigen und predigend durchs Land ziehen sollen. Nein, sie sollen gerade in ihrem Beruf, an ihrem Platz im Leben ihre Talente einsetzen. Und so sind diese Berufungen der vier Jünger nicht eigentliche Ausnahmen, sondern es sind exemplarische Berufungen, die auch Ihnen gelten, die sie in ihren weltlichen Berufen bleiben. Wie sie dort diesem Ruf folgen können, was ja eigentlich ein Lebensthema ist, dazu gibt uns Paulus in der heutigen Lesung einen wichtigen Hinweis.

In diesem Abschnitt, wo Paulus auf Fragen der Gemeinde in Korinth antwortet, macht er deutlich, welche Lebenseinstellung ein Christ haben sollte. „Wer weint, (der solle sich so verhalten) als weine er nicht, wer sich freut, als freue er sich nicht, wer kauft, als würde er nicht besitzen, wer sich die Welt zunutze macht, als würde er nicht darin aufgehen." Auf den ersten Blick mag das unserer christlichen Überzeugung widersprechen: sollen wir den Tag nicht nutzen, im Heute leben. Sollen wir nicht gerade als Christen auch Einfluß in Politik und Gesellschaft nehmen? Dem widerspricht Paulus gar nicht. Das Wirtschaften, das Kaufen und Verkaufen verteufelt Paulus in den beiden Briefen an die Gemeinde in Korinth in keinster Weise. Korinth stellte damals einen Welthandelsplatz dar und Paulus hat die Menschen in keinster Weise genötigt, diese Stadt zu verlassen, weil ein Christ darin nicht leben könne; im Gegenteil, Paulus unterstützt ein Leben in dieser Welt. Aber schon damals sah der Apostel die Gefahr, daß Markt und Werbung den Menschen gefangen nehmen; daß er so am Besitz hängt, daß alles andere dahinter zurücksteht.

Als ich damals das alte Auto meiner Eltern so unglücklich kaputt gefahren hatte, daß es ein Totalschaden war, waren meine Eltern zwar nicht gerade erfreut, aber ich habe an ihrem Verhalten schon gespürt, daß der Mensch im Vordergrund stand, und das Auto eben nur ein Mittel zum Zweck ist, auch wenn es heute von vielen vergöttert wird.

Und genau das will auch Paulus sagen: wir sollen die Welt nutzen, sie aber nicht besitzen. Alle Güter, die wir in der Welt haben und gebrauchen müssen, und genießen dürfen, sollen so besessen werden, daß man jederzeit darauf verzichten kann. Denn wir haben ein anderes Ziel vor Augen als Besitz und hohes Ansehen. Durch Christus wissen wir um das Vergehen der Welt und um ihre Vorläufigkeit, wie es ja heute sowohl in der Lesung als auch im Evangelium betont wurde, wir wissen um ein Leben nach dem Tod. Dieses Wissen führt zu einer Distanz, zu einer Freiheit von diesen Dingen. Wenn wir dieses Wissen verinnerlicht haben, brauchen wir uns nicht mehr vom Zeitlichen beherrschen oder einschnüren lassen. Paulus plädiert eine Unabhängigkeit von der Welt. Wir sollen uns hier auf Erden nicht fest einrichten, als wären wir ewig hier, als gäbe es kein anderes Ziel. Wir sind hier im Zwischenstadium, wir sind nur Gast auf Erden, wir haben hier nur ein Zelt aufgeschlagen.

Wie gesagt, das heißt nicht: die Welt ablehnen, sondern gerade in ihr diese Freiheit realisieren. Paulus will uns mit seinen Beispielen, die wir vorhin in der Lesung hörten nicht in die Askese führen, sondern den definitiven Charakter der irdischen Zwänge in Frage stellen. Wenn ich mich von diesem aufgelegten Zwang der Werbung frei mache, nicht mehr an die irdischen Güter gebunden bin, frei werde vom Besitzen, dann spüre ich die mir von Christus geschenkte Freiheit.

Und mit dieser Freiheit kann ich Christus folgen. Wir Christen bedürfen, um dem Ruf zu folgen, der im Evangelium an uns ergangen ist, genau dieser Haltung, die Paulus in der Lesung beschreibt. Und hier gehen nun Lesung und Evangelium zusammen. Wie die Söhne des Zebedäus ihren Vater und die Tagelöhner zurücklassen, um Jesus zu folgen, so hat auch der in der Welt verbleibende Christ vieles von dem, was ihm unverzichtbar erscheint, zu lassen, will er Jesus ernstlich nachfolgen. Anders gesagt: die Talente, die Gott uns gegeben hat, nicht an irdische Pflichten, an irdische Güter verplempern, sondern den Menschen, Gott zu nutze machen. So wie die vier Jünger mit ihren Talenten mehr anfangen können als Fische fangen, so sind auch wir gerufen, gerade in unserem weltlichen Leben unsere Talente zum möglichst großen Vorteil Gottes und seiner Menschen zu verwenden.

So ganz nebenbei: Paulus begründet den Zölibat hier zum einen damit, daß er ein Zeichen für die Unvollkommenheit der irdischen Welt ist. Die vollkommene Form ist die Partnerschaft???? Der Priester soll den Zölibat leben, damit deutlich wird, wir sind hier noch unterwegs zum vollkommenen Leben. Jesus sagt im heutigen Evangelium: Das Reich Gottes ist nahe, aber wir haben es noch nicht ergriffen, wir haben es noch nicht umgesetzt. Solange leben wir hier in Unvollkommenheit. Der zweite Aspekt, den Paulus hier betont, ist der, daß der zölibatäre Seelsorger mehr Zeit hat, die Gemeinde zur Vollkommenheit zu führen.

5. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!

Ganz konsequent haben wir das soeben im Evangelium gehört - die Jünger lassen sofort alles stehen und liegen und folgen Jesus - es wäre ja schön, wenn wir das auch so könnten. Ich glaube, wir finden uns jedoch eher in der Person der 1. Lesung wieder. Viele von uns haben schon als Kinder diese Geschichte der Bibel kennen gelernt: Jona

Da wird dieser Mann von Gott nach Ninive geschickt, der großen Stadt, Sitz der assyrischen Großkönige, die über Jahrhunderte hin eine Eroberungspolitik verfolgten und jeden Widerstand erbarmungslos niederwarfen. Kein Wunder, dass Jona vor diesem Auftrag die Flucht ergreift, um ans andere Ende der damaligen Welt, nach Spanien zu gelangen. Doch Gott holt ihn ein. Im Bauch eines großen Fisches gelangt er wieder an die Küste Palästinas, wo er sozusagen an Land "gekotzt" wird. Und hier trifft ihn der Befehl Gottes ein zweites Mal: wir haben es gerade in der Lesung gehört. Jona gehorcht, aber nur mit innerem Widerwillen. Er geht nur einen Tagesmarsch in die Stadt hinein, von der es vorher hieß, dass man drei Tage brauche, um sie zu durchqueren. Seine Predigt reduziert er auf ein Minimum; nur einen Satz bringt er über seine Lippen: "Noch vierzig Tage, und Ninive ist zerstört." Er nennt weder seinen Auftraggeber noch den Grund für die Gerichtsansage. Dennoch trifft seine Drohbotschaft die Bewohner der Stadt. Sie ahnen, dass in ihr eine Warnung "verpackt" ist, ihren bisherigen Lebensstil weiter zu verfolgen, dass ihnen eine Frist zur Umkehr gesetzt ist und damit eine Chance, dem angekündigten Untergang zu entgehen. Sie "glauben an Gott", den sie hinter der Verkündigung des Propheten vermuten müssen, und unterziehen sich harten Bußriten.

Dieser Umkehr der Bewohner Ninives antwortet Gott mit seinem Erbarmen: ihn reute das angedrohte Unheil und "er tat es nicht" - knapper Ausdruck der freien Souveränität Gottes auch gegenüber der Schuld des Menschen. Statt des angekündigten Gerichts lässt Gott sein Erbarmen walten.

Dies nun passt dem Propheten ganz und gar nicht. Er besteht darauf, dass das Gericht über Ninive in Kraft gesetzt wird. Er richtet ein Gebet an seinen Gott: "Ach Herr, habe ich das nicht schon gesagt, als ich noch daheim war? Eben darum wollte ich ja nach Tarschisch fliehen; denn ich wusste, dass du ein gnädiger und barmherziger Gott bist, langmütig und reich an Huld und dass deine Drohungen dich reuen. Darum nimm mir jetzt lieber das Leben, Herr! Denn es ist für mich besser zu sterben als zu leben." Jona weigert sich, den Glauben an den gnädigen und gütigen Gott so zu akzeptieren, dass die Gnade und Güte Gottes auch für die eigentlich dem Gericht verfallenen Sünder gilt. Empfinden wir nicht manchmal ganz ähnlich?

Und wie reagiert Gott auf diesen Protest seines Propheten? Er erweist sich auch dem zornigen Jona gegenüber als gnädig und geduldig. Seine Frage: "Ist es recht von Dir, zornig zu sein?" ist voll gütiger Ironie. Gott schlägt nicht drein, sondern will durch seine Frage den Jona weiterführen. Ob der sich aber weiterführen lässt? Ob wir uns von Gott weiterführen lassen?

Jona hat sich östlich von Ninive eine Laubhütte gebaut und sich in ihren Schatten hingesetzt, um der Dinge zu harren, die über Ninive kommen werden; offensichtlich hat er die Hoffnung auf Gottes Gericht über die Einwohner der Stadt noch nicht aufgegeben. Aber er sieht sich enttäuscht. Seine Drohungen erfüllen sich nicht.

Wie Gott nun an dem zornigen Propheten arbeitet ist ein Meisterstück erzählerischer Kunst - es lohnt sich, Zuhause mal in Ruhe nachzulesen, es sind nur 3 Seiten - wir haben ja schließlich das Jahr der Bibel - es ist ein Kabinettstück überlegenen Humors. Gott lässt einen Rizinusstrauch über Jona emporwachsen der seinem Kopf Schatten geben und seinen Ärger vertreiben sollte. Jona, über den eben noch eine große Bosheit wegen des Mitleids Gottes mit den Einwohnern der Stadt gekommen war, empfindet eine große Freude über die kleine Erleichterung, die ihm Gott mit der Rizinusstaude in der Hitze des Tages gewährt hat. Den anderen soll Gott nicht gnädig sein, aber wenn es um ihn geht, freut er sich über Gottes Erbarmen. Vielleicht finden wir uns an dieser Stelle in der Person des Jona wieder.

Aber des Jona Freude währt nicht lange. Am nächsten Tag schickt Gott einen Wurm, der den Rizinusstrauch annagte, so dass er verdorrte. Und als die Sonne aufging, schickt Gott einen heißen Ostwind. Die Sonne stach Jona auf den Kopf, so dass er fast ohnmächtig wurde und sich den Tod wünschte.

Dieser Reaktion des Propheten begegnet Gott mit der Frage: "Ist es recht von dir, wegen des Rizinusstrauches zornig zu sein?" Gott packt den Jona dort, wo er sich gerade befindet. Ninive ist für den Propheten schon vergessen; er ärgert sich nur über den Verlust der schattenspendenden Pflanze - ging es ihm doch nie um mehr als um sein kleines Ich. Von diesem kleinen ich will Gott ihn wegholen, von diesem kleinen Ich will Gott uns wegholen, aber wieder versagt sich der Prophet. Er versteift sich wie ein trotziges Kind, wenn er antwortet: "Ja, es ist recht, dass ich zornig bin und mir den Tod wünsche."

Dies ist das letzte Wort, das Jona spricht. Nur noch eine Rede richtet Gott an ihn und die bleibt ohne Antwort: "Dir ist es leid um den Rizinusstrauch, für den du nicht gearbeitet und den du nicht großgezogen hast. Über Nacht war er da, über Nacht ist er eingegangen. Mir aber sollte es nicht leid sein um Ninive, die große Stadt, in der mehr als 120.000 Menschen leben, die nicht einmal rechts und links unterscheiden können - und außerdem so viel Vieh?" Der Sinn der Rede ist klar. Gott stellt dem großen Zorn des Jona sein großes Mitleid mit Menschen und Tieren gegenüber.

Fürbitten