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KARL-LEISNER-JUGEND |
Das Sakrament der Firmung
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In unserem katholischen Glauben gibt es vieles, was nicht so einfach zu verstehen
ist. Vor allem, wenn jemand Dich danach fragt, der selbst nicht katholisch
ist - oder »nicht so richtig katholisch«. Wenn Du (oder ich) dann
versuchen zu erklären, was solche Dinge wie z. B. »Beichte«,
»Anbetung«, »Erlösung« oder eben »Firmung«
mit unserem Glauben zu tun haben, dann müssen wir natürlich zuerst
überlegen, was denn »Glauben« eigentlich bedeutet.
Die Antwort darauf ist nicht so einfach - es ist immer schwer, einen Vergleich
für etwas zu finden, der 100%-ig passt. Aber, ich behaupte einfach mal,
dass dieser Vergleich nicht zu toppen ist: »Der Glaube an Gott
ist so ähnlich wie eine Liebesbeziehung zwischen Menschen.«
Dieser Vergleich ist so gut und lässt so Manches verstehen, das vorher
ganz seltsam klang, dass ich lange Zeit gar nicht gemerkt habe, dass der Vergleich:
»Glauben - das ist so ähnlich wie Deine Beziehung zu Deinem Freund
...« gar kein Vergleich ist - beides ist tatsächlich dasselbe.
Vergleicht man Glauben & Religion mit Liebe & Beziehung, so finden sich immer wieder Anknüpfungspunkte, die plötzlich erhellen, was zuvor recht verwirrend klang. Eine Beziehung zu einem Freund, eine Liebesbeziehung oder eine Partnerschaft - da kann sich jeder etwas darunter vorstellen. Jeder weiß um die Voraussetzungen, die dazu nötig sind.
Glauben und Gottesbeziehung sind uns in großen Teilen fremd geworden - und so ist es durchaus hilfreich, das Menschliche zu nehmen um dadurch das Göttliche zu veranschaulichen.
Bevor ich die Gedanken aufnehme, die uns zur Frage "Was ist die Firmung?" führen, muss ich allerdings eingestehen, dass in Wirklichkeit nicht die Gottesbeziehung ein Abbild der menschlichen Beziehung ist - es ist vielmehr umgekehrt. Die eigentliche, ursprüngliche und intensivste Liebesbeziehung ist die göttliche. Unsere menschlichen Beziehungen sind nur ein Bild dessen, was Gott tut (das ist schließlich gemeint, wenn es im Schöpfungsbericht heißt: "Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde, als sein Abbild schuf er sie").
Ich bin fest davon überzeugt, dass derjenige, der eine lebendige und freie Beziehung zu Gott hat, dadurch für menschliche Partnerschaften viel mehr lernt und begreift als jemand, für den der Glauben nur eine theoretische Überlegung ist.
Deswegen glaube ich auch, dass die Firmung nicht nur für den Glauben, sondern auch für die Liebe äußerst wichtig ist. Für die Liebe zu Gott - und jede Liebesbeziehung zwischen den Menschen.
Nicht, dass Du denkst, ich fange jetzt an, den ganzen Glauben zu erklären. Manchmal sind wir Priester so: Man stellt uns eine kurze Frage, und wir erklären sofort die ganze Welt. Vielleicht liegt das daran, dass die Menschen heute viel zu wenig fragen. Wenn Du dann einen Priester fragst, freut er sich so darüber, dass er sofort einen Vortrag hält, der kein Ende nimmt.
Nein, ich fange nicht deshalb mit der Taufe an, weil ich Dir jetzt alles erklären will. Es ist vielmehr so, dass Taufe und Firmung ganz eng zusammengehören. In früheren Jahrhunderten wussten manche Theologen nicht einmal, was der Unterschied zwischen Taufe und Firmung ist. Es gab sogar ein Preisausschreiben, in dem der Theologe einen Preis bekam, der den Unterschied am besten erklären konnte.
Also - was passiert in der Taufe? - Um es kurz zu machen: Taufe ist der Beginn Deiner Liebesbeziehung mit Gott. (Da haben wir es wieder: Glauben ist eine Liebesbeziehung!) Da die meisten Menschen in unserer Gegend allerdings schon als kleine Kinder, ja sogar als Säuglinge getauft werden, ist das natürlich erst einmal eine sehr einseitige Beziehung: Gott liebt den Menschen und verspricht ihm Seine Liebe. Für immer und ewig.
Und Gott hält sich daran. Vor allem hält Gott sich daran, dass es eine wahre und gute Liebe ist - also keine Einengung, keine Bevormundung. Gott ist geduldig; aber gleichzeitig hoch aktiv, weil er um die Liebe des Menschen wirbt. Nicht, wie die Werbung, die uns manipulieren will. Sondern wie Romeo um Julia wirbt.
Die Zeit nach der Taufe ist die Zeit der Verliebtheit. Verliebte Menschen sind fasziniert, lassen sich schnell begeistern. "Er hat mich gesehen und angeschaut und gelächelt! Er mag mich!" - Verliebte sind aber auch ruckzuck voller Zweifel: "Vielleicht mag sie mich doch nicht? Vielleicht hat sie nur aus Mitleid gelächelt? O Gott...!"
Die Zeit der Verliebtheit ist eine Zeit der Krisen, der rosa Brillen und der Flugzeuge im Bauch. So ist es auch im Glauben. Für Kinder ist Gott einfach spannend; er ist manchmal der beste Freund (und oft auch die beste Freundin), dann ist er an allem Schuld, und kurz drauf ist er die letzte Hoffnung bei der Mathearbeit.
Aber eines ist klar: Verliebtheit und Liebe - das sind noch zwei verschiedene Dinge.
Das Kind wird in dieser Zeit Gott kennenlernen. Durch Gottes Handeln selber, aber auch durch den Glauben der Eltern - oder der Großeltern; durch die Kirche, Freunde und Vereine. Auch, wenn der Getaufte sich später selbst für oder gegen Gott entscheiden soll, ist ein Kind am Anfang natürlich noch nicht in der Lage, zu allem "Nein" zu sagen. Es vertraut ja den Eltern und den Menschen, dass es sich lohnt, diesen Gott kennenzulernen.
Manche denken allerdings: Wer ein Kind tauft, das doch noch gar nicht selbst entscheiden kann, nimmt dem Kind die Freiheit. Es wird in einen Glauben hineingeboren und kann sich dann gar nicht mehr für etwas anderes entscheiden.
Das stimmt nicht. Ich kenne viele Jugendliche - vielleicht bist Du auch einer
davon - die sich schon mit 12, 13 oder 14 Jahren ganz klar von dem distanzieren,
was ihnen einfach so vorgesetzt (und auch vorgelebt) wurde. Für einige
Eltern ein echtes Problem.
Manche Jugendliche geben ihren Glauben auf - das beste Zeichen dafür,
dass die Taufe keine Aufhebung der Freiheit ist.
Es ist tatsächlich eine Illusion zu glauben, wer nicht in einer Religion aufwächst, wäre freier in seiner Entscheidung. Das wäre so, als wenn man sagen würde, dass man bis zur Volljährigkeit auf keinen Fall eine Liebesbeziehung eingehen sollte, weil man dann bei der Wahl des Ehepartners freier wäre.
Vielmehr ist es so, dass Gott dem Kind, das heranwächst, immer mehr die Freiheit schenkt, "Ja" oder "Nein" zu einer Beziehung mit Gott zu sagen. Je älter es wird, um so freier wird es. Weil es nun Gott besser einschätzen kann. Aber auch, weil es vernünftiger geworden ist. Selbstbewusster. Und reifer.
Das geschieht nicht mit allen Menschen; Selbstbewusstsein und Reife ist ein Geschenk. Ich bin davon überzeugt, dass unser Glaube Dir hilft, selbstbewusster, vernünftiger und freier zu werden. Auch, wenn Du die Freiheit nutzt, und Dich vom Glauben abwendest.
Verliebtheit - das ist noch nicht das Gleiche wie Liebe. Es ist ein spannender Weg, bis aus den ersten verliebten Blicken Liebe wird.
Der wichtigste Schritt ist natürlich der, dass die beiden, die sich immer verstohlen verliebt angeschaut haben, irgendwann einander so vertrauen, dass sie sich gegenseitig gestehen, sich verliebt zu haben.
Das ist aufregend! Was wird der andere wohl sagen? Mich auslachen? Oder Bedenkzeit erbitten? - Selbst wenn ich weiß, dass der eine auf den anderen wartet, fällt es dennoch sehr schwer, diesen Schritt zu tun.
Wo Worte schwer fallen, helfen Gesten. Zeichen der Liebe. Zärtlichkeiten. Alles das sind kleine Anfragen an den anderen. Und auch Antworten auf dessen Zuwendungen.
So ist es auch im Glauben, so ist es auch bei Gott. Es gibt diese Zeit des Kennenlernens, des gegenseitigen Beobachtens; es gibt die ersten Zärtlichkeiten und Zeichen - Gebete, Hände falten, Kniebeugen - aber auch Gedanken, Bitten, Dank und Liebeserklärungen an Gott. Und wir warten oft ganz gespannt, ob Gott antwortet. Ebenfalls in den Gedanken, in kleinen Liebesbeweisen, erhörten Bitten oder wunderschönen Erlebnissen.
Aber irgendwann reicht es nicht mehr, sich einander anzunähern. Irgendwann - wie in jeder menschlichen Liebesbeziehung - kommt der Wunsch auf, dem anderen zu sagen: Ich habe Dich lieb. Ich mag Dich.
Dieser Moment geschieht auch im Glauben - aber dieser Augenblick ist noch nicht die Firmung.
Im Film "Ghost - Nachrichten für Sam" antwortet Sam auf die Frage seiner Frau, ob er sie liebt, immer nur mit "dito". Seine Frau leidet darunter - nicht, weil sie an seiner Liebe zweifelt. Aber es tut gut, die erste Liebeserklärung immer wieder neu zu hören - und es tut gut, sie immer wieder neu zu geben. "Ich liebe Dich...!" - "Ich liebe Dich auch."
Dieser Moment ist im Glauben die Tauferneuerung. Irgendwann in meiner wachsenden Beziehung zu Gott war ich nicht mehr das Kind, das die Eltern nachahmt. Irgendwann bin ich überwiegend aus eigenem Antrieb zu Gott gegangen. Es ist nicht wichtig, wann das war und ob ich mich daran erinnern kann. Wichtig ist: Jetzt schließe ich selbst offiziell Freundschaft mit Gott - nachdem das damals die Eltern und Paten in meinem Namen getan haben. Ich setze mich selbst mit Gott in Verbindung; ich spreche nun selbst die Worte, die damals andere für mich gesprochen haben.
Manchmal feiern wir eigene Gottesdienste zur Tauferneuerung. Aber im Grund ist jeder Gottesdienst eine Erneuerung der Liebesbeziehung. "Ich liebe Dich" sagt Gott; und mit Deinem Leben - und manchmal auch mit Deinen Worten - antwortest Du: "Ich liebe Dich auch".
Jedesmal, wenn wir beten; wenn wir zur Kommunion gehen; wenn wir beichten; wenn wir ein Kreuzzeichen machen - und vielleicht auch ganz oft, ohne dass wir es merken -, wiederholen wir den Moment, in dem Gott und Mensch sich zueinander bekannten.
Deshalb wird vor der Firmung das Taufversprechen erneuert. Die Firmung ist also auch eine Tauferneuerung. So wie jedes Sakrament.
Aber sie ist noch mehr: Sie ist der nächste Schritt in Richtung Liebe.
Auf der Tafel in der Schule steht in großen Buchstaben "Timo &
Sarah" - und darum ist ein riesiges Herz gemalt. Natürlich ist die
Tafel am Ende der Pause noch zugeklappt, damit Timo und Sarah davon nichts
wissen. Sie würden sonst alles sofort wegwischen.
Aber nun öffnet der Lehrer die Tafel im Unterricht, und Timo und Sarah
sind machtlos. Alle lachen, und die beiden laufen knallrot an.
Aber dann passiert, womit keiner gerechnet hat: Timo steht auf und sagt - immer noch mit knallrotem Kopf: "Warum lacht ihr? Ja, es stimmt. Ich bin in Sarah verliebt!" Wortlos erhebt sich auch Sarah - und strahlt. Das hat keiner erwartet - und damit haben Timo und Sarah auch sich selbst überrascht. Soviel Mut!
Jede Liebesbeziehung hat ihre intime, ganz persönliche Phase. Da darf
es noch keiner wissen, was sich entwickelt - und wenn doch, dann ist es peinlich.
Eine Liebe, die sich noch vergewissern muss, darf nicht auf die Bühne
ins Scheinwerferlicht gezerrt werden.
Aber irgendwann wächst die Liebe - und dann soll es jeder wissen. Dann
willst Du zeigen, dass Du verliebt bist. Und zwar nicht verliebt in irgendwen
- sondern genau in diese Person. Verliebte in dieser "Phase" stehen
zu einander, stehen füreinander ein, stehen auch offen und öffentlich
zusammen für andere ein. Das, lieber Leser, das ist der eine Teil der
Firmung: "Firmung (Part 1)".
Nach der "Kuschelzeit" mit Gott - der Zeit, in der Du Gott kennenlernst
und ihr Euch an einander gewöhnt, kommt mir der Firmung der Schritt in
die Öffentlichkeit. Aber das ist keine Sache nur für einen Augenblick.
Du kannst nicht kurz - beim Firmgottesdienst zum Beispiel - öffentlich
sagen: "Ja, das ist mein Glaube! Dazu stehe ich!" und dann sofort
wieder in Deckung gehen.
Sondern jetzt beginnt die wunderbare Zeit, allen zu zeigen, an wen Du glaubst.
Sich beim Beten nicht zu verstecken; die Teilnahme am Gottesdienst nicht zu
verheimlichen oder sich durch Scham davon abhalten zu lassen; beim allgemeinen
"Papst-Bashing" Flagge zu zeigen, vielleicht sogar bei McDonalds
vorm Essen zu beten (was gerade dort besonders sinnvoll sein kann) - das ist
das abenteuerliche Leben als Gefirmter.
Bist Du dazu bereit? Ist Deine Liebe groß genug, es zu wagen? Willst Du es versuchen?
Dann wird Dir in der Firmung noch etwas geschenkt. Es gibt noch etwas gratis dazu!
"Ach, Du lässt Dich nicht firmen? Dann kriegst Du ja gar keine Geschenke! Also, ich möchte darauf nicht verzichten!"
Genau. So soll es sein!
Sich nur wegen der Geschenke firmen zu lassen, ist verpönt. Hör
nicht drauf - es gibt eigentlich gar keinen anderen Grund für die Teilnahme
an der Firmung. Alle sollten sich wegen der Geschenke firmen lassen.
Natürlich sollten Deine Ansprüche nicht zu gering sein. Wer lediglich
auf kleinere Geschenke - wie zum Beispiel ein bisschen Geld, einen Gutschein
für einen langgehegten Wunsch oder ein paar Bücher - hofft, der
verkauft sich unter Preis.
Nein, wenn schon, dann solltest Du für eine Liebe, Dein Leben und Deinen Glauben mehr erwarten. Und tatsächlich gibt es in der Firmung unbezahlbare Gratis-Gaben.
Wenn "Firmung (Part 1)" bedeutet, dass Du jetzt zu Deinem Glauben
stehst, dann ist das Deine Leistung. Dafür brauchst Du nicht zur Firmung
kommen. Das kannst Du auch auf facebook posten: "Hi! Ab heute stehe ich
dazu: Ich bin katholisch und lasse ab nun auf meinen Glauben nichts mehr kommen."
Dazu braucht man keine Kirche, keinen Bischof und keine Firmung.
Aber dafür gibt es auch keine Geschenke. Im Firmgottesdienst jedoch wirst
Du gesalbt "mit dem Heiligen Geist" - und er schenkt Dir direkt
sieben Seiner besten Support-Leistungen. Die sieben Gaben des Geistes - vollkommen
gratis. Ein nicht mehr zu überbietendes Geschenk. Das ist "Firmung
(Part 2)".
Also, wenn Firmung, dann vor allem wegen dieser Geschenke!
Zwei Hunde gehen eine Straße entlang - der eine Hund hat einen riesigen,
gut riechenden Knochen im Maul und der andere schaut sehnsüchtig auf
diesen Leckerbissen. Und weil der zweite Hund so fasziniert ist von der positiven
Aussicht, achtet er nicht auf den Verkehr und wird von einem Lastwagen erfasst
und überfahren.
Was macht der erste Hund? Lässt er seinen Knochen fallen und denkt sich
"O Gott! Wie konnte das nur passieren? Und das alles nur wegen eines
Knochens?" - Nein. Der erste Hund wird vielleicht vom Lärm der quietschenden
Reifen etwas erschreckt ein wenig traben und dann in aller Ruhe seinen Knochen
genießen. Reue? Schlechtes Gewissen? Trauer? Das gibt es nur in Tierfilmen.
Der Unterschied zwischen einem Hund und einer menschlichen Mutter ist nicht,
dass der Hund gefühllos ist - Gefühle hat er auch. Aber er ist nicht
in der Lage, sich von seinen Gefühlen zu distanzieren, sie zu bejahen
oder zurückzustellen. Wenn er Hunger hat, dann ist der Knochen eben wichtig
- und das Leben anderer Hunde spielt keine Rolle.
Der Mensch kann das, was er tut, bewerten, einordnen und hinterfragen. Die
Mutter kann eben ihr Hungergefühl zurückstellen, weil sie weiß,
dass das Leben ihres Kindes mehr wert ist als eine Mahlzeit. Der Mensch kann
sogar - wenn auch nicht in allen Fällen - Gefühle kontrollieren,
bewusst verdrängen oder auch erzeugen. Er steht eben seiner eigenen Wirklichkeit
gegenüber - er ist ihr nicht ausgeliefert.
Ein Computer (mag er auch noch so schnell und komplex sein) bleibt Materie.
Ich habe noch nie gehört, dass ein Computer ins Gefängnis gekommen
ist oder auch nur zu einem Bußgeld verurteilt wurde (von Sozialstunden
ganz zu schweigen) - denn ein Computer kann nicht böse sein. Aus dem
einfachen Grund, weil er nicht geistbegabt ist. Wer aber keinen Geist hat,
kann auch nichts anderes tun, als ihm die Naturgesetzlichkeiten vorgeben.
Ein Mensch kann aber auch anders - und gerade das macht seine Geistigkeit
aus. Mit anderen Worten: Geist ist die Fähigkeit, zuzustimmen oder abzulehnen.
Etwas romantischer ausgedrückt: Weil der Mensch Geist hat, kann er lieben
oder hassen - anerkennen oder leugnen.
Leider ist dem Menschen damit auch eine Fähigkeit gegeben, die er gegen
Gott, gegen andere und sogar gegen sich selbst richten kann: Wenn er die Freiheit
hat, zu lieben und zu hassen, anzuerkennen oder zu leugnen - was hindert ihn
daran, Gott zu leugnen? Den Nächsten zu hassen?
Aber diese göttliche Gabe kann noch stärker "pervertiert"
werden ("pervers" heißt immer soviel wie "ins Gegenteil
verkehren"): Der Mensch hat sogar die Fähigkeit, zu seiner eigenen
Geistigkeit "Nein" zu sagen. Er kann leugnen, was er ist: Ein moralisches
Wesen.
Eigentlich ist es ein offener Widerspruch: Wir können z.B. nur behaupten,
keine geistige Seele zu haben, wenn wir eine Geistseele voraussetzen. Ohne
Geist können wir gar nichts behaupten.
Aber dennoch tun Menschen genau das: Menschen behaupten, es gäbe keinen
Geist, keine Seele, keine geistige Wirklichkeit und keinen Gott. Mag sein,
dass es keinen Gott gibt - aber das zu behaupten, setzt eine geistige, von
der Materie unabhängige Wirklichkeit voraus.
Diese Menschen sind nicht böse - sie sind ja von ihrer Meinung fest überzeugt. Aber die Menschen, die sogar ihren eigenen Geist leugnen, leben nicht mehr in Einklang mit ihrer eigenen Wirklichkeit - immer und immer wieder ihrer eigenen Geistigkeit zu widersprechen, macht krank.
Wer kann uns von dieser Krankheit heilen?
Homöopathie heißt: Gleiches wird mit Gleichem behandelt. Ob das mit der Homöopathie im medizinischen Sinne funktioniert, weiß ich nicht. Aber der Grundsatz ist korrekt: Körperliche Leiden können mit einer körperlichen Behandlung kuriert werden - seelische Leiden durch seelische Zuwendung. Man kann zwar auch körperlich z.B. an Einsamkeit leiden, es bleibt aber ein Leiden mit einer seelischen Ursache. Heilen kann man Einsamkeit, Trauer oder Schuldgefühle nicht durch Medikamente, sondern nur durch andere Seelen, die sich dem Kranken zuwenden. Homöopathie eben.
Einsamkeit wird am besten durch menschliche Nähe geheilt; Trauer durch
Trost, der von Zuneigung getragen wird; Liebeskummer durch Bestätigung,
dass man immer noch liebenswert ist; Zweifel durch Anerkennung; Langeweile
durch geistige Anregung - und so weiter.
Wie kann aber ein seelisches Leiden geheilt werden, dass darin besteht, die
Seele zu leugnen?
Dazu muss man schon Gott sein. Gottseidank gibt es Gott - und der Heilige Geist ist sozusagen seine medizinische Abteilung. Der Geist ist derjenige, der uns heilt; während in uns alles "Nein" sagt, bejaht er uns; er versucht alles - von Wärmetherapie bis hin zur Infusion - um unsere Geistigkeit wiederzubeleben; unser "Nein-Sagen", Leugnen und Hassen in "Ja-Sagen", Anerkennen und Lieben zu wandeln.
Nicht umsonst heißt der Heilige Geist: "Heiliger Geist" - er ist der Heiler schlechthin. Der göttliche Homöopath.
In manchen, etwas hilflosen Firmkursen wird die Wirkung des Heiligen Geistes mit "Begeisterung" umschrieben - was ja auch ziemlich nahe liegt, wenn wir auf das Pfingstereignis schauen: Die zuvor ängstlichen Apostel und Jünger trauen sich nach der heilenden Wirkung des Geistes auf die Straße und predigen Jesus Christus. Aber ist diese Wirkung an Pfingsten nicht eher mit "Mut" zu Umschreiben? Und ist die Begeisterung bei einem Fußballspiel wirklich eine Heilung der Seele?
Begeisterung muss nicht laut sein - gerade zwischen zwei Liebenden kann die gegenseitige Begeisterung für einander auch tief und still sein. Mir gefällt zum Beispiel die Schlussszene im Film "Notting Hill" ungemein gut: Während die Reporter sich vor Begeisterung die Seele aus dem Leib fotografieren, stehen die beiden Verliebten absolut still - und schauen sich nur an. Was für eine Begeisterung kann in ruhigen Blicken liegen!
Die Wirkung des Heiligen Geistes mit (lauter) Begeisterung gleichzusetzen, würde der Genialität des Geistes Gottes nicht gerecht werden. Deshalb hat die Kirche immer schon sieben Gaben unterschieden - "mindestens sieben" sollte man hinzufügen.
Der Geist als göttlicher Homöopath will uns heilen, damit wir in das göttliche Liebesgeschehen hineingenommen werden können. Diese Heilung wird oft als Gabe des Geistes bezeichnet - die klassische Theologie unterscheidet sogar sieben Gaben. Die Gabe des Heiligen Geistes ist zunächst nur eine: Er befähigt den Menschen, seine eigene Geistigkeit als Gottes höchste Gabe anzuerkennen und als geistiger Mensch zu leben; wieder frei zu werden und "Ja" zu sagen. Das kann aber verschiedene Konsequenzen haben:
Weisheit - Ich hatte vorhin schon die Frage gestellt, ob Denker, die den Geist der Menschen wegdiskutieren wollen, überhaupt noch als Philosophen bezeichnet werden können, denn ein "Philosoph" ist ein "Freund der Weisheit". Weisheit bedeutet aber, das Gute vom Bösen zu unterscheiden; sich die Freiheit zu bewahren, Gott zu lieben. Denn schließlich ist Gut nur das, was zu Gott führt (denn Gott allein ist gut), und Böse ist das, was von Gott trennt. - Wahre Weisheit drückt sich im Gebet der Kirche aus: "Lehre uns das zu lieben, was Du uns befiehlst; lass uns erkennen, das wir unsere wahre Freiheit finden, wenn wir Dir dienen." Was nach einem Gegensatz klingt (lieben - gehorchen; Freiheit - Dienen), ist in aller Weisheit der Schlüssel zum Glück.
Verstand - Der Geist des Menschen ist nicht nur seine Freiheit. Immerhin muss der Mensch ja auch verstehen, was Gut und Böse ist. Dazu hilft ihm sein Gefühl (seine Intuition), aber auch sein Verstand. Gottes Wort zu ergreifen und zu durchdringen, ist die tiefste Aufgabe des Verstandes. Der Geist Gottes hilft uns den Irrtum zu überwinden, die höchste Freiheit des Verstandes sei es, sich von der Bevormundung Gottes zu befreien. Der Geist Gottes lässt uns begreifen, dass das höchste Glück des Verstandes darin liegt, das Gute in Gott, den Menschen und sich selbst zu entdecken.
Rat - Der Entschluss, das Gute zu lieben und das Böse zu meiden, ist schnell gefasst - theoretisch. In der Praxis ist es aber nicht immer leicht, den rechten Weg vom Weg des Unheils zu unterscheiden. Wie sieht es mit der Sterbehilfe aus? In Kriegssituationen? Ist Klonen zu "therapeutischen" Zwecken erlaubt? Darf ich in bestimmten Situationen lügen? Soll ich meinen Freunden gegenüber solidarisch sein - oder ihren Drogenkonsum anzeigen? - Viele Fragen stellen sich, deren Antwort gelegentlich schwer fällt. Wenn Professor Dumbledore im vierten Teil von Harry Potter sagt: "Jetzt ist es an der Zeit, den richtigen Weg zu wählen - nicht den bequemen", dann braucht man einen guten Berater, um die Wege von einander zu unterscheiden. Der beste Berater ist Gott selbst - und seine diplomatische Vertretung in meinem eigenen Gewissen ist der Heilige Geist.
Stärke (oder: Starkmut, Mut) - Das ist nicht nur die Gabe, die richtige Vorgehensweise zu erkennen, sondern auch den Mut zu haben, das Richtige zu tun (oder auch das Falsche zu lassen - was oft noch viel schwerer ist). Stark zu sein heißt, konsequent in Freundschaft mit Gott, dem Nächsten und seiner eigenen Natur zu leben. Der Geist des Menschen hat zunächst die Möglichkeit, das Gute als Erstrebenswert zu erkennen. Der vom Heiligen Geist geheilte menschliche Geist hat außerdem auch die Fähigkeit, das Gute gegen alle Widerstände auch zu ergreifen.
Erkenntnis (oder: Heilige Wissenschaft) ist die schlichte Gabe, die Dinge so zu sehen, wie sie sind. Natürlich hat jeder seine eigene Brille auf, die ihm vor allem das zeigt, was er gerne hätte. Der Materialist z.B. sieht überall Hinweise auf rein natürliche Erklärungsmechanismen, der Wirtschaftswissenschaftler findet immer wieder volkswirtschaftliche Kräfte am Werk, der Wundergläubige erkennt in allem Unerklärliches. Was aber ist wirklich? - Die Fähigkeit, auch dann die Wirklichkeit zu akzeptieren, zu ihr Ja zu sagen, auch wenn es nicht meinen Wünschen entspricht - in Freundschaft mit der Realität zu leben - ist eine Gabe des Geistes.
Frömmigkeit ist die Zustimmung zu Gott. Geist ist die Gabe, anzuerkennen
und zu lieben. Und welche größere Zustimmung kann es geben, als
den Geist schlechthin - Gott - zu mögen?
Oft ist Frömmigkeit mit dem Geruch der Frömmelei behaftet; einige
schämen sich sogar ihrer Frömmigkeit. Aber ein kleiner Hinweis,
dass Frömmigkeit nicht bedeutet, besonders viele Kniebeugen zu machen
oder lateinische Gebete aufsagen zu können, sondern Gott zu lieben, klärt
das Missverständnis schnell.
Okay - es gibt auch Menschen, die schämen sich, Gott zu lieben. Das ist
für junge Menschen in der Pubertät normal: Wer lief nicht im Alter
von dreizehn Jahren sofort rot an, wenn ihm ein Verhältnis zu einer Person
des anderen Geschlechts nachgesagt wurde? Aber irgendwann muss auch die Zeit
der Pubertät einmal vorbei sein. Der Geist hilft dazu, erwachsen zu werden.
Gottesfurcht - Die letzte Gabe in der klassischen Aufzählung der Geistesgaben - die Gottesfurcht - ist eigentlich die grundlegende. Zunächst einmal: Mit Gottesfurcht ist nicht etwa Angst gemeint - Furcht ist das alte deutsche Wort für Respekt - oder eben Anerkennung. Wieder ist die Gabe des Geistes die des "Ja-Sagens" - diesmal zur eigenen Geschöpflichkeit. Anzuerkennen, dass wir Geschöpfe sind und eben keine Götter, ist der Anfang der Freundschaft mit sich selbst. Die eigenen Grenzen anzunehmen und Gott als Gott anerkennen - das ist wahre Liebe und Bejahung der eigenen Existenz. Letztlich kommt alles seelische Leid - alle Sünde - aus der Unzufriedenheit des Menschen, nicht Gott zu sein.
Wer aber begreift, dass gerade die Zustimmung: "Ja ich bin ein Geschöpf Gottes!" eine Gabe das Geistes ist, der beginnt sein Glück.
Das Sakrament der Firmung gibt Dir einen entscheidenden Kick, nun fähig
zu einer »veröffentlichten Liebe« zu sein. Zu Deiner Liebe
zu stehen und sie nicht mehr zu verstecken, ist aber noch längst nicht
alles, was zu einer geglückten Liebesbeziehung gehört.
Deshalb gehört die Firmung - wie die Taufe - zu den sogenannten »Initiationssakramenten«;
also zu den Sakramenten, die Dich in ein neues Leben einführen. Aber
selbstverständlich ist das Leben selbst noch viel mehr.
Vielleicht hast Du Dich schon einmal gefragt, was der Sinn dieses Lebens ist. Nun, manche behaupten, es gebe keine schwierigere Frage als diese. Dabei ist die Antwort eigentlich ganz einfach: Wir sind deshalb auf der Welt, um in den Himmel zu kommen. (Stop! - Nicht sofort dieses Heft weglegen, weil Du meinst, das sei eine weltfremde und antiquierte Antwort! Lies noch zu Ende!)
Nun, wir kommen nicht deshalb in den Himmel, weil wir auf irgendeine Art und Weise Punkte gesammelt haben (zum Beispiel durch gute Werke oder Fasten), sondern jeder kann ins himmlische Paradies. Wenn er nur bereit ist, Gott und alle anderen Wesen (Engel, Menschen, Freunde und Fremde) von ganzem Herzen zu lieben. Der Himmel ist nichts anderes als eine lebendige, erfüllte Beziehung zu denen, die mich auch lieben. Allen voran zu Gott.
»Heiligkeit« bedeutet also nichts anderes, als unsere Befähigung dazu. Heiligkeit ist Beziehungsfähigkeit, nichts anderes. Und wir sind tatsächlich hier auf Erden, um unsere (leider eingeschränkte) Fähigkeit, offene und erfüllte Beziehungen zu führen, neu zu erlernen. »Wachsen in der Heiligkeit« ist für den, der begreift, was damit wirklich gemeint ist, schon ein bisschen Himmel auf Erden. Wir Menschen sind so geschaffen, dass wir nur glücklich werden, wenn wir in liebevollen Beziehungen geborgen sind.
Nur deshalb »machen« wir das alles: Religion, Sakramente, Gottesdienst, Gebote und Gebet. Um Dich glücklich zu machen. Um Dir die Chance und die Kraft zu geben, in Deinen Beziehungen zu wachsen und zu reifen. Dabei ist es im Grunde egal, zu wem Du diese Beziehungen hast: Zu Deinen Eltern, zu Deinen Freunden, zu Gott oder zu Dir selbst. Wer in einer Beziehung wächst, gewinnt auch in allen anderen Beziehungen dazu. Wir Christen sind allerdings felsenfest davon überzeugt, dass es ohne eine Beziehung zu Gott auf Dauer nichts wird mit allen Deinen anderen Beziehungen - und es keinen besseren Weg gibt, als mit Ihm zu beginnen.
Deshalb empfehle ich Dir für Dein Leben nach der Firmung die Beichte. Dort lernst Du immer wieder, dass Du nicht perfekt sein musst, um geliebt zu werden. Und dass es für jede Beziehung sehr heilsam ist, Fehler einzugestehen und um Verzeihung zu bitten. Und noch etwas: In der Beichte erlebst Du, wie schön es ist, dem, den Du liebst, einen Blick in Dein Herz zu gewähren - auch wenn Du weißt, dass es nicht perfekt ist.
Außerdem empfehle ich Dir das regelmäßige Gebet. Wie oft
reden wir nur das, was andere hören wollen, fragen uns ständig,
was der andere von uns denkt und reden so, dass er möglichst nur Gutes
denkt - und verlernen, uns selbst zu kennen. Im Gebet darfst Du ganz und gar
Du selbst sein - weil Dir jemand zuhört, der Dich schon ganz und gar
kennt - und trotzdem liebt.
Im Gebet lernen wir aber auch Zuhören. Gott redet leise, spricht in Zeichen
zu uns und deutet manches nur an. Das tun Menschen auch so. Erst wenn wir
diese feine, leise und zärtliche Sprache lernen, beherrschen wir die
Sprache der Liebe.
Und als letztes empfehle ich Dir den regelmäßigen Besuch der Messfeier.
Ich kenne den Einwand: Die Messe ist langweilig und es gibt so vieles, was
am Samstag und Sonntag dringender ist. Aber: Ein Besuch bei Deiner kranken
Großmutter ist oft auch nicht gerade spannend, dennoch ist er aber gut.
In der Eucharistiefeier lernen wir langsam, nicht alles für unseren Vorteil
zu organisieren. Dinge für andere zu tun - und sie deshalb gerne tun.
Dieses sich langsam von sich selbst lösen und ganz beim Anderen sein
beginnt damit, dass in der Messe Jesus sich selbst hingibt, um bei uns zu
sein. In jeder Messfeier können wir neue Wege für unser Leben entdecken,
auf dieses Opfer mit unserer eigenen Hingabe zu antworten.
Die Firmung ist der Startschuss - es bleibt spannend!
Ich wünsche Dir ein schönes Leben!
Zum Abschluss dieser Gedanken, die ich so geschrieben habe, dass sie sich direkt an die Firmanden richten, möchte ich noch ein paar (bereits angedeutete) grundsätzliche Fragen ansprechen, die sich an alle wenden, die sich mit diesem Thema beschäftigen.
Wir haben es schon gehört: "Die Firmung ist keine Tauferneuerung". Dieser Satz ist natürlich nur halb richtig - denn jedes Sakrament ist immer auch eine Erneuerung und Konkretisierung der Taufgnade. Dieser Aspekt wird besonders in der Firmliturgie hervorgehoben - der Firmspendung geht eine eigene Erneuerung des Taufversprechens voraus. Gerade das aber macht deutlich, dass die anschließende Firmung etwas anderes sein muss.
Ein weiterer deutlicher Hinweis, dass die Spendung des Firmsakramentes einen anderen Inhalt haben muss als die Erneuerung der Taufe, ist jede Erwachsenentaufe: Wäre das Sakrament der Firmung nur eine Erneuerung der Kindstaufe, bräuchten Erwachsene, die getauft werden, nicht auch noch die Firmung erhalten. Was sollten sie, wenige Minuten nach ihrer Taufe, diese schon wieder erneuern?
So braucht auch eine Liebesbeziehung manchmal viel Zeit, bis sich die Liebenden mit ihrer Liebe in die Öffentlichkeit trauen - und manchmal, bei erwachsenen Menschen, geht das Knüpfen einer Beziehung einher mit der Bekanntgabe derselben.
So ist die Trennung von Taufe und Firmung bei der Kindertaufe sinnvoll - aber nicht unbedingt bei der Taufe von Erwachsenen. Aber auch dort gibt es Ausnahmen.
Halten wir - differenziert! - fest: Jede Firmung setzt eine Tauferneuerung voraus, die ja auch Bestandteil des Firmgottesdienstes ist. Aber das Sakrament der Firmung erschöpft sich nicht darin. Vielmehr wird dem Firmbewerber im Sakrament die Zusage gegeben, dass der Geist Gottes bei der neuen Phase der Gottesbeziehung (s.o.: Der "veröffentlichten Liebesbeziehung") mit all seinen Gaben stärkend mitwirkt.
Tatsächlich ist der Zusammenhang zwischen Taufe und Firmung geschichtlich viel enger: Die Firmung wurde ursprünglich immer im Zusammenhang mit der Taufe gespendet. Erst, als die Anzahl der vorzunehmenden Taufen vom Bischof nicht mehr bewältigt werden konnte, nahmen die Priester die Taufe ohne Firmung vor, der Bischof firmte dann bei nächster Gelegenheit alle bisher getauften Kinder und Erwachsene. Als Ersatzritus wurde daher in die Taufliturgie die Salbung mit Chrisam eingeführt, an deren Stelle zuvor die Firmsalbung stand. Dennoch - und das darf nicht übersehen werden - sah man von Anfang an in Taufe und Firmung zwei von einander deutlich zu unterscheidende Sakramente.
Von Anfang an? Das ist hier wörtlich gemeint. Bereits in der Bibel sind Taufe und Firmung zwei unterschiedliche Dinge:
Apg 8, 14-17: Als die Apostel in Jerusalem hörten, dass Samarien das Wort Gottes angenommen hatte, schickten sie Petrus und Johannes dorthin. Diese zogen hinab und beteten für sie, sie möchten den Heiligen Geist empfangen. Denn er war noch auf keinen von ihnen herabgekommen; sie waren nur auf den Namen Jesu, des Herrn, getauft. Dann legten sie ihnen die Hände auf, und sie empfingen den Heiligen Geist.
Apg 19, 4-6: Paulus sagte: Johannes hat mit der Taufe der Umkehr getauft und das Volk gelehrt, sie sollten an den glauben, der nach ihm komme: an Jesus. Als sie das hörten, ließen sie sich auf den Namen Jesu, des Herrn, taufen. Paulus legte ihnen die Hände auf, und der Heilige Geist kam auf sie herab; sie redeten in Zungen und weissagten.
Firmung gehört zu den drei Initiationsriten: Taufe, Firmung, Eucharistie, wobei mit dieser Reihenfolge auch eine zeitliche Abfolge gemeint ist: Jedes dieser drei Sakramente führt den Christen in die tiefere Gemeinschaft mit Gott ein. Höhepunkt (und Quelle) bleibt die Eucharistie. Inzwischen hat sich die Reihenfolge verschoben (allerdings nicht bei der Erwachsenentaufe - dort ist sie noch erhalten geblieben!), was weniger theologische, als vielmehr geschichtliche Gründe hat (z.B. die längere Schulzeit und die Einführung der "Frühkommunion").
Während in der Taufe der Christ befähigt wird, mit der Gnade Gottes mitzuwirken und zu einem Kind Gottes wird, wird in der Firmung dieses Geschehen, diese neue Seinsform besiegelt und mit Geist erfüllt und damit nach außen geöffnet. Im Bild: Während in der Taufe die Gnade Gottes die menschlichen Kräfte wieder ordnet und auf das Gute hin ausrichtet, so wird diese Ordnung in der Firmung gefestigt und befähigt, auch nach außen hin zu wirken. Daher ist es durchaus sinnvoll, die Firmung auch theologisch von der Kindertaufe zu trennen: Die Kirche schreibt als Mindestalter (für die erlaubte Firmspendung) 7 Jahre vor, dem Unterscheidungsalter, also dem Beginn des sittlichen Lebens. Fassen wir Firmung als Sakrament der Festigung und Stärkung auf, so ist dieses Alter auch das sinnvollerer Alter. Gerade zu Beginn der Jugendzeit - am Ende der Kindheit - sollte diese Stärkung erfolgen, nicht erst, wenn der Glaube sich schon «von allein» (oder durch Selektion) gefestigt hat.
Es ist ein Missverständnis, dass nur im Glauben gefestigte Jugendliche die Firmung empfangen sollten - als Bestätigung ihrer eigenen Meinungsbildung. Kein einziges Sakrament ist als Belohnung oder Bekräftigung Gottes für eine zuvor erfolgte menschliche Leistung zu begreifen.
Der Mensch kann eben nicht aus eigener Kraftanstrengung den Glauben bewahren und anschließend selbst vor Gott treten und sagen: "So, jetzt verleihe mir einmal die goldene Glaubens-Medaille."
Allerdings sollte das Sakrament der Firmung auch nicht voraussetzungslos "ausverkauft"
werden. (Wie immer steht die Kirche in der Spannung von "Ausverkauf und
Rigorismus"). Ein guter Grund für den Empfang eines Sakramentes -
und auch eine gute Voraussetzung für dessen fruchtbringenden Empfang -
ist, wenn der Empfänger um die Wirkung des Sakramentes weiß und genau
diese Wirkung wünscht.
Für die Firmung hieße das: Es empfängt derjenige das Sakrament
sinnvoll und angemessen, der eine Stärkung seines Glaubens wünscht
- und die Gnade, den Glauben anderen gegenüber zu vertreten.
Es heißt also nicht: "Wer sich entschieden hat, möge zur Firmung kommen!" - Sondern: "Wer bei seiner Entscheidung den Beistand Gottes wünscht, der trete hinzu!"
Jedes Sakrament ist das Eingeständnis des Menschen, dass er der Hilfe Gottes bedarf. So ist auch die Firmung die Bitte an Gott um Stärkung und Festigung des Glaubens - und nicht deren Frucht.
Die Firmkatechese krankt - so ist mein Eindruck - an dreierlei Problemen. (1) So manches Firmkonzept hat als Ziel, aus unmündigen und uninteressierten Jugendlichen entschiedene Christen zu machen. Dagegen gilt: Nicht die Firmvorbereitung ist die Stärkung des Glaubens, sondern in der Firmung stärkt uns Gott. Seien wir also mit der Unfertigkeit unseres Glaubens (und de Glauben der Firmbewerber) nicht zu streng - und überfordern wir uns nicht, indem wir unser Firmkonzept als heilsrelevant verstehen.
(2) Die Firmvorbereitung ist eine Hinführung zum Sakrament - keine Einführung in den Glauben. In der Firmkatechese muss nicht der ganze Glaube zur Sprache kommen (und auch nicht alle Glaubensschwierigkeiten und Zweifel) - sondern es reicht eine Einführung in die Begriffe der Gnadenbedürftigkeit, der Gnade und der Gotteskindschaft. Die Firmkatechese soll nicht den Glauben vermitteln, sondern das, was in der Firmung geschieht: Dass wir Menschen der Hilfe Gottes bedürfen und dass Gott die heilsnotwendige Hilfe uns in den Sakramenten gewährt.
Leider aber gestaltet sich die Firmkatechese immer mehr zu einer Evangelisation. Während Sakramentenkatechese den Glauben voraussetzt und deshalb lediglich das nächste Sakrament begreiflich machen soll, soll Evangelisation überhaupt erst zum Glauben hinführen.
Natürlich gilt, dass in vielen Fällen der Glaube selbst so fragmentarisch ist, dass es eher not tut, zu evangelisieren, als zu katechisieren. Es hilft aber nicht, beides mit einander zu vermengen. Das bläht unnötig die Firmkatechese auf - noch schlimmer aber ist, dass (zum Leidwesen derjenigen, die bereits einen gesunden Glauben haben) es oft über lauter Evangelisation nicht mehr zur Firmkatechese kommt. Was bei einer so breit angelegten Evangelisations-Katechese als erstes auf der Strecke bleibt, ist die Sakramentenkatechese.
Die Taufpaten haben seit frühester Zeit eine wichtige Aufgabe (siehe
dazu die Katechese zur
Taufe) - für die Firmpaten scheint das nicht
der Fall zu sein. Dieser Gegensatz erklärt sich schnell, wenn man bedenkt,
dass der Firmpaten in der Regel mit dem Taufpaten identisch sein sollte.
Dass sich die Firmbewerber in einem jugendlichen Alter (vielleicht auch in
Absetzung zur Elternentscheidung) einen eigenen Firmpaten suchen, ist daher
nur die zweitbeste Möglichkeit - allerdings hat dieser Brauch auch Vorteile:
Da in frühesten Zeiten die Aufgabe des Paten meist in der Hinführung
zur Taufe oder zur Firmung bestand, endete diese Aufgabe zugleich mit der
Tauf- oder Firmfeier. Das ist heute - angesichts der Kindertaufe - anders.
Wenn also den Paten bewusst ist, dass die Aufgabe des Paten (nämlich
im Gespräch mit den Firmanden den Glauben zu stärken und zu entfalten),
erst mit der Firmfeier beginnt, kann ein vom Firmling benannter Pate dieses
vielleicht leichter erfüllen.
Ein Firmpate, der diese Aufgabe übernehmen will, muss selbst gefirmt
sein, darf nicht aus der Kirche ausgetreten sein - und sollte nicht gleichzeitig
ein Elternteil sein.
In vielen Gemeinden ist es üblich, vor der Firmfeier zum Empfang der
Beichte einzuladen (z.B. an "Abenden der Versöhnung"). Manchmal
regen sich dazu Widerstände (meist bei den Eltern mehr als bei den Jugendlichen
- so meine Erfahrung), vor allem dort, wo bereits bei der Erstkommunion dieser
Brauch fehlte.
Deshalb sei zunächst bemerkt, dass es eine Vorschrift der Kirche ist,
vor der dem Empfang der Firmung und dem Empfang der Kommunion zur Beichte
hinzuführen, sie zu empfehlen und ergo auch anzubieten.
Außerdem möchte ich aus meiner Erfahrung behaupten, dass die Beichte
zwar nie ein Publikumsmagnet war, aber die Schwierigkeiten eher in den Köpfen
der Eltern als bei den Kindern bestehen - und noch weniger Schwierigkeiten
haben die Firmanden.
Nicht zuletzt sei an dieser Stelle auf den inneren Zusammenhang verwiesen:
Ohne die Erkenntnis der Bedürftigkeit (deshalb Beichte) ergibt
ein Sakrament der Stärkung (Firmung) keinen rechten Sinn.
Im Gegensatz zu Taufgottesdiensten, Trauungen oder zur Beichte ist der Ritus der Firmung relativ unspektakulär - um nicht "kurz" zu sagen. Natürlich findet zur Firmung meistens ein feierlicher Gottesdienst statt - dem meistens der Bischof (oder Weihbischof) vorsteht, manchmal aber auch ein von ihm beauftragter Priester. Nach der Predigt singt die Gemeinde zunächst ein Lied zu Heiligen Geist; anschließend wird (in leicht unterschiedlichen Formen) das Taufversprechen erneuert - wir haben darüber gesprochen.
(B=Bischof; F=Firmbewerber)
B: Widersagt ihr dem Satan und allen Verlockungen des Bösen?
F: Ich widersage.
B: Glaubt ihr an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde?
F: Ich glaube.
B: Glaubt ihr an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn, der geboren ist von der Jungfrau Maria, der gelitten hat und begraben wurde, von den Toten auferstand und zur Rechten des Vaters sitzt?
F: Ich glaube.
B: Glaubt ihr an den Heiligen Geist, die heilige katholische Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen, die Vergebung der Sünden, die Auferstehung der Toten und das ewige Leben?
F: Ich glaube.
Anschließend beten alle - also die ganze Gemeinde - das Glaubensbekenntnis. Nun beginnt die eigentliche Spendung des Sakramentes, zunächst mit dem Gebet des Bischofs über die Firmanden (das ich hier nicht wiedergeben möchte). Danach treten die Firmbewerber einzeln vor den Bischof (der Firmpate steht hinter ihnen und legt seine rechte Hand auf die rechte Schulter des Firmanden). Der Bischof fragt (praktischerweise) zunächst den Firmanden nach seinem Namen, und spricht dann:
Bischof: N., sei besiegelt durch die Gabe Gottes, den Heiligen Geist.
Firmand: Amen
Zelebrant: Der Friede sei mit dir!
Firmand: Und mit Deinem Geiste!
Während dieses kurzen Dialogs hat der Bischof den Firmanden die Hand aufgelegt und ihnen mit Chrisam (ein besonderes Salböl) ein Kreuz auf die Stirn gezeichnet.
Das war's: Herzlichen Glückwunsch zur Firmung!
("Das war's?" Besser: "Auf geht's!")