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Überlegungen zur Ehepastoral im Geiste von "Amoris Laetitia"
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Ähnlich wie beim oft beschworenen »Geist des II. Vatikanischen Konzils« könnte auch Amoris Laetitia zur Quelle eines »Geistes« werden. Wobei Geist ein Synonym ist für ein vermutetes eigentliches Anliegen. Beim »Geist des Konzils« nun liegt ein Problem darin, dass es sich dabei nicht um einen theologischen Inhalt handelt, sondern eher um eine Stimmung. Diese wurde später als Legitimation für unterschiedlichste Theologien bemüht - und damit letztlich jeder konkreter Inhalt aufgelöst.
Amoris Laetitia bleibt diese Verwirrungsgeschichte hoffentlich erspart: Das postsynodale Schreiben legt in seinen Texten und in den klaren, die Veröffentlichung begleitenden Worten von Kardinal Schönborn ein fassbareres Fundament. Der »Geist von Amoris Laetitia« ist keine Stimmung, sondern eine theologische, wenn auch pastoral-theologische Aussage. Diese ist meiner Meinung nach unter anderem im Abschnitt Nr. 305 und der diesem Abschnitt zugeordneten Anmerkung Nr. 352 zu finden: Die Menschen, die sich auf dem Weg zur katholischen Ehe- und Sexualmoral befinden, bedürfen unter bestimmten Umständen auch der Stärkung durch die Sakramente und sollen sie erhalten dürfen.
Im entsprechenden Satz heißt es (Abschnitt 305): »Aufgrund der Bedingtheiten oder mildernder Faktoren ist es möglich, dass man mitten in einer objektiven Situation der Sünde â die nicht subjektiv schuldhaft ist oder es zumindest nicht völlig ist â in der Gnade Gottes leben kann, dass man lieben kann und dass man auch im Leben der Gnade und der Liebe wachsen kann, wenn man dazu die Hilfe der Kirche bekommt.«
Und in der Anmerkung 351, die diesem Satz zugeordnet ist, steht: »In gewissen Fällen könnte es auch die Hilfe der Sakramente sein. Deshalb »erinnere ich [die Priester] daran, dass der Beichtstuhl keine Folterkammer sein darf, sondern ein Ort der Barmherzigkeit des Herrn.« (Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium [14. November 2013], 44: AAS 105 [2013], S. 1038). Gleichermaßen betone ich, dass die Eucharistie »nicht eine Belohnung für die Vollkommenen, sondern ein großzügiges Heilmittel und eine Nahrung für die Schwachen« ist (ebd., 47: AAS 105 [2013], S. 1039).«
In diesem Sinne hat sich auch Kardinal Schönborn in seinem Wort zur Veröffentlichung von AL geäußert:
»Meine große Freude an diesem Dokument ist, dass es konsequent die künstliche, äußerliche, fein säuberliche Trennung von »regulär« und »irregulär« überwindet und alle unter den gemeinsamen Anspruch des Evangeliums stellt«.
Es gilt allerdings, dass die Moraltheologie weiterhin die fein-säuberliche Unterscheidung zwischen regulären und irregulären Situationen kennt; aber diese Unterscheidung findet sich eben nicht genauso fein-säuberlich in der Wirklichkeit wieder. Und das ist der Unterschied, der von AL gemacht wird.
Diese Neu-Betonung durch AL ist aber gar nicht so neu. Bereits sehr wichtige Ausführungsbestimmungen zum pastoralen Umgang (mit Wiederverheiratet-Geschiedenen) finden sich im »Vademecum für Beichtväter«, einem offiziellen Schreiben des Päpstlichen Rates für die Familie von 1997 also noch unter Papst Johannes Paul II. Dort heißt es (in Kapitel 3, Abschnitt 8):
»Zweifelsohne ist auch in Bezug auf die eheliche Keuschheit jenes Prinzip immer als gültig anzusehen, demzufolge es vorzuziehen ist, den Pönitenten in gutem Glauben zu belassen, falls ein auf subjektiv unüberwindliche Unwissenheit zurückzuführender Irrtum vorliegt, und es abzusehen ist, dass der Pönitent, wenngleich unterwiesen, ein Leben des Glaubens zu führen, sein Verhalten nicht ändern würde, sondern vielmehr auch in formaler Hinsicht sündigen würde. Jedoch hat auch in solchen Fällen der Beichtvater sich darum zu bemühen, die Beichtenden immer mehr dahingehend zu fördern, dass sie in ihrem Leben den Plan Gottes annehmen, auch was die Forderungen der ehelichen Keuschheit angeht. Zu diesem Zweck kann der Beichtvater dem Pönitenten das Gebet empfehlen, ihn zur Gewissensbildung auffordern oder ihm eine gründlichere Kenntnis der kirchlichen Lehre anraten.«
Übersetzt in die pastorale Praxis heißt das: Der Beichtvater muss einem Beichtenden, der sich einer bestimmten Schuld überhaupt nicht bewusst ist (obwohl sie objektiv besteht), nicht unbedingt darauf hinweisen. Wenn zum Beispiel die Gefahr besteht, dass dieser dann (wegen gefühlter oder tatsächlicher Überforderung) weiter sündigt aber jetzt zusätzlich auch noch wissentlich , kann der Priester ihn davor bewahren. Das gilt natürlich noch mehr, wenn ein solches Gespräch außerhalb der Beichte stattfindet oder wenn der Suchende wegen der (gefühlten oder tatsächlichen) moralischen Überforderung sich ganz vom Glauben abwendet. Das ist keine Moraltheologie, sondern pure Pastoral: Der Beichtvater darf die »heilige Unwissenheit« eines Menschen für eine gewisse Zeit bestehen lassen und ihn erst einmal auf andere Sünden hinweisen, d.h. ihm helfen, die ganze Wahrheit und seine ganze Situation nach und nach zu erfassen und zu ändern.
Damit es keine Verwechslung zwischen Moraltheologie (die nicht berührt wird) und Pastoral (die dem Menschen angemessen sein muss) gibt, betont das gleiche Schreiben sofort im Anschluss: »Das "Gesetz der Gradualität" darf in der pastoralen Tätigkeit nicht mit einer "Gradualität des Gesetzes" verwechselt werden, welche darauf aus ist, dessen Anforderungen zu mindern. Es besteht vielmehr in der Forderung nach einer entschiedenen Abwendung von der Sünde und einem stetigen Voranschreiten in Richtung auf die vollständige Vereinigung mit dem Willen Gottes und dessen liebenswerten Geboten.«
Das Vademecum und AL mahnen, nicht sofort die Einhaltung aller Normen zu verlangen, sondern nach und nach die Menschen zur Vollkommenheit zu führen und auf diesem Weg auch schon das Sakrament der Versöhnung und der Eucharistie (in besonderen Einzelfällen!) zu spenden. Grundsätzlich gilt ja für jeden Getauften, dass er seinen Weg hin zur Heiligkeit (und sei er auch noch so unvollkommen) nur durch die Vergebung (Beichte) und Hilfe (Eucharistie) gehen kann.
Seltsam, dass dieser Gedanke auf solche Kritik stößt. Es scheint so, als wenn konservative und progressive Christen bestreiten, dass die Heiligkeit ein zu gehender Weg ist: Die einen fordern von den Menschen ein bestimmtes Maß an Heiligkeit schon, bevor diese sich mit der Hilfe der Sakramente auf den Weg machen. Und die anderen weisen diese Forderung zurück und wollen die Menschen lieber so bleiben lassen, wie sie sind. Sie erwarten, dass die Moral der Kirche sich ändert damit die Christen sich nicht ändern müssen.
Die Aufgabe der fein-säuberlichen Unterscheidung von »regulären« und »irregulären Situationen« findet ihre Entsprechung im Wandel von der »statischen« zur »dynamischen Kirchenzugehörigkeit«.
Die statische Zugehörigkeit fragte allein nach dem sakramentalen Status (Getauft? Oder Heide?):
Die »dynamische Zugehörigkeit« jedoch fragt nach der Bewegungsrichtung:
Diese Unterscheidung setzt zwar voraus, dass schon eine Erkenntnis über die aktuelle Situation vorhanden ist (»Hier bin ich also - aber hier will ich nicht sein!«). Die Begriffe regulär und irregulär haben damit nicht ihre Berechtigung verloren. Zur moralischen Bewertung der Person (die allein Gott zukommt) gehört aber eben nicht nur die Situation, sondern auch die Bewegungsrichtung. Dabei verwirklicht sich die Bewegung nicht in reiner Absicht oder Intention (»Ich wäre gerne ein anderer...«), sondern in den konkreten Schritten, die ich unternehme, um von der aktuellen Situation in die gewünschte zu gelangen. Die richtigen Taten zu finden, dafür brauchen wir eine klare Moraltheologie und kirchliche Lehre. Diese dient der Zielfindung - und ist nicht zur Klassifikation von Menschen gedacht.
Entscheidend ist also, dass vor Gott die Person im Ganzen in den Blick genommen wird. Sobald Menschen dies versuchen, scheitert die Anwendung der Begriffe - denn nur Gott hat wirklich alles im Blick. Die Kirche befindet nicht über das Heil der Menschen, sondern nur über begrenzte Taten und ihnen zugeordnete Situationen. Diese bleiben auch weiterhin ausschlaggebend für eine Gewährung der Hilfe der Sakramente und des kirchlichen Segens.
AL ist kein Lehrschreiben, sondern eine Anregung für die Pastoral. Somit steht AL auch nicht im Widerspruch zur überlieferten katholischen Lehre (insbesondere zu Familiaris Consortio), sondern möchte unseren Blick weiten, um einer barmherzigeren Anwendung in der Pastoral den Weg zu bereiten. Es darf also nicht verwundern, wenn wir im Folgenden Themen aufgreifen, zu denen sich AL nicht äußert - wir sie aber dennoch im Licht von AL und der dynamischen Beschreibung neu zu durchdenken versuchen.
Vor allem wollen wir einen vertieften Blick auf die den jeweiligen Fragen zugrundeliegenden, oft verborgenen Probleme werfen, um von daher den zu gehenden Weg besser umschreiben zu können.
Um zu verstehen, warum die Lehre der Kirche zur Sexualität und die Auffassung der modernen Gesellschaft so weit auseinandergehen, ist es wichtig, auf den Kern der Diskussion zu schauen: Die Leiblichkeit des Menschen.
Manchmal hat man den Eindruck, als ob alle Seiten sich weigern würden, den Kern wahrzunehmen und nach anderen Argumenten suchen. Und doch ist dies der Kern: Es geht um ein leibliches Tun, das die Kirche als allein in die Ehe gehörig betrachtet. Das führt zu spöttischer Kritik: Manche sprechen von »Genitalfixiertheit« der Kirche; sie unterstellen der katholischen Sexualmoral, die menschliche Liebe allein auf die Frage zu reduzieren, ob der Geschlechtsverkehr in einem rechtlichen Rahmen geschieht oder nicht. Wiederum andere führen noch drastischere Beschreibungen an (auf deren Wiedergabe ich hier verzichten möchte).
So eine drastische Kritik zieht sich keiner gerne zu - und das wiederum verleitet die Vertreter der katholischen Ehelehre, die Leiblichkeit als Kern des Problems zu leugnen. Aber dann kommen sie in Erklärungsnöte. Mit anderen Worte: Die, die unsere Sicht auf die Wirklichkeit menschlicher Sexualität vertreten wollen, trauen sich oft nicht mehr, den eigentlichen Grund zu benennen.
Natürlich reduzieren wir Katholiken die Liebe nicht auf ein rein körperliches Tun, das wir dann nach juristischen Grundsätzen in Gut und Böse einteilen. Wir wehren uns gegen jede Reduktion der ganzheitlichen Wahrnehmung von Sexualität. Der Mensch hat nicht nur einen Körper, sondern er hat einen Leib. Und genau deshalb wehren wir uns auch dagegen, die menschliche Liebe auf eine reine Innerlichkeit zu reduzieren: Liebe ist nicht nur eine Frage der Absicht, der Gefühle und der Intention. Liebe schließt immer beides ein: Seelische Hingabe und leiblichen Ausdruck. Nur so bleibt die Sicht auf die Sexualität wirklich ganzheitlich und angemessen.
Zur vollständigen Wahrnehmung dessen, was in der Sexualität geschieht, gehört die Erkenntnis, dass der leibliche Ausdruck einer seelischen Regung nicht beliebig ist: Er ist weder in das Belieben der Einzelnen gestellt, noch lässt er sich nach Belieben neu definieren.
Die moderne Gesellschaft sieht das anders: Wenn zwei Menschen sich lieben, dann sollen sie selbst entscheiden, welchen leiblichen Ausdruck sie für gut befinden. Jeden Einspruch erachtet sie als unzulässige Einmischung in Privates und der Beschneidung der persönlichen Freiheit. Leibliche Sexualität wird damit scheinbar aufgewertet und befreit. Aber eine Kirche, die der sexuellen Ausdrucksweise einen allgemeingültigen Inhalt zuschreibt, wertet die Sexualität nicht ab. Die katholische Kirche ist nicht leibfeindlich, wenn sie davon überzeugt ist, dass eine konkrete sexuelle Handlung immer zu einer bestimmten Beziehung gehört. Die Trennung einer sexuellen Handlung von der ihr innewohnenden Bedeutung ist nur scheinbar möglich. Handlungen, die gegen ihre innere Bedeutung vollzogen werden, führen aber letztlich zur Verletzung von Beziehungen, von Beziehungsfähigkeit und Person.
Weiter gilt: Zur Ehebeziehung gehört wesentlich ein verbindliches und ausgesprochenes Versprechen; eine Eheschließung ist von ihrem Wesen her die verbindliche Erklärung einer inneren Liebe. Zur Ehe gehört also ein objektiver Rahmen, der eine solche Beziehung erst konstituiert und damit Raum für den dazugehörigen sexuellen Ausdruck schafft. Konkret: Die Kirche hält an der (naturrechtlichen) Erkenntnis fest, dass der eheliche Akt nicht einer beliebigen Tradition nach »erst in die Ehe gehört«; sondern dass es sich dabei um einen ehebegründenden ganzheitlichen Vollzug einer Beziehung von leib-seelischen Personen handelt. Die ehegründende Wirkung des Geschlechtsverkehrs kann nach katholischer Auffassung nicht umdefiniert werden; dabei bezieht sie sich auf die Wortwahl Jesu: »Und die zwei werden ein Fleisch sein. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins.« (Mk 10,8)
Es geht also in der Frage z. B. nach den Wiederverheiratet-Geschiedenen nicht um eine Verurteilung der neuen Partner, die in Liebe einander zugetan sind, füreinander einstehen und zueinander stehen. Ganz im Gegenteil: Das ist löblich und durchaus zu fördern. Aber da mindestens einer von ihnen mit einem anderen verheiratet ist und die beiden somit nicht miteinander (rechtlicher Rahmen), gehört in diese Beziehung auch nicht der Geschlechtsverkehr (leiblicher Ausdruck).
Klar: Dieser Begründung wird aufs heftigste widersprochen; auch von katholischen Kirchenmitgliedern und Amtsträgern. Hier liegt der Kern der Auseinandersetzung mit den Kritikern der kirchlichen Sexualmoral.
Aber: Hier liegt auch der Kern, von dem aus sich eine Erneuerung der Ehepastoral entwickeln kann. Denn wenn wir wissen, worum es eigentlich geht, können wir auch Stolpersteine aus dem Weg räumen, die nicht zum Fundament gehören.
Bürgerliche Konvention als erweiterter leiblicher Ausdruck?
Zu den Stolpersteinen, die zwar hinderlich sind, aber dennoch kaum wahrgenommen
werden, gehören zum Beispiel auch die bürgerlichen Konventionen,
die bestimmte äußere Lebensumstände als unlösbar verbunden
mit dem ehelichen Zusammenleben erklären.
Dass es solche Konventionen gibt (und geben muss), liegt ja auch nahe: Denn ob der eheliche Akt vollzogen wird oder nicht, ist ja (dem Wesen nach) der gesellschaftlichen Wahrnehmung entzogen (und das ist gut so!). Deshalb gibt es andere Zeichen, die nach außen gesetzt werden, um deutlich zu machen, dass man nun in einer ehelichen Beziehung lebt. Früher war das eine bestimmte Kleidung, andere Frisuren oder eine veränderte Anrede; bis heute zählt dazu der Ehering.
Zum Ausdruck einer bestehenden Ehe gehörte beispielsweise der gemeinsame Bezug einer eigenen Wohnung; gleiches galt für die Buchung eines gemeinsamen Hotelzimmers oder eines Urlaubs zu zweit. Als frivol galt, wer sich über diese Konventionen hinwegsetzte, auch wenn tatsächlich keine eheliche Beziehung mit dazugehörigem leiblichen Ausdruck beabsichtigt war.
Dieser ehemals allgemein anerkannte bürgerliche Ausdruck der christlichen Ehe hat sich in weiten Teilen unserer Gesellschaft gewandelt oder gar aufgelöst (die zahlreichen Beispiele dafür erspare ich mir an dieser Stelle). Während die Kirche davon überzeugt ist, das der unmittelbare leibliche Ausdruck (die sexuellen Handlungen) nicht umdefiniert werden kann, gilt das nicht gleichermaßen für den gesellschaftlichen Ausdruck. Zu fragen wäre, ob nicht auch die Kirche aufgerufen ist, ihre »Anzeichen« für die Ehe und ihre Vorstufen neu zu bewerten. Denn das könnte sich heute als entlastend herausstellen: So muss nicht jeder Mann, der zu einer geschiedenen, alleinerziehenden Frau ins Haus zieht, mit ihr ein ehe-ähnliches Verhältnis beginnen. Vielleicht steht er ihr und den Kindern nur zur Seite?
Kann das vielleicht auch sogar für Paare gelten, die standesamtlich heiraten? Damit könnte lediglich eine rechtliche Absicherung von Frau und Kindern beabsichtigt sein, ohne dass damit eine Ehe begründet werden soll. Allerdings stellt sich die Frage, ob die Kirche eine profane Einrichtung wie die Zivileheschließung so sehr entwerten darf.
Belassen wir es dabei. Ich möchte an dieser Stelle meine Überlegungen abbrechen und die aufgeworfenen Fragen nicht abschließend beantworten. Letztlich geht es nicht um die Frage, ob gesellschaftliche Konventionen auch für die Ehemoral relevant sind. Es geht ja gar nicht ohne Konventionen. Aber diese Konventionen sind gerade in der heutigen Zeit einem gewaltigem Wandel und so großen, regionalen Ungleichzeitigkeiten unterworfen, dass sie zumindest überprüft werden sollten. Beantworten lässt sich diese Frage zwar nicht endgültig, ignoriert werden darf sie jedoch auch nicht.
Der Bischof von Passau, Stefan Oster, war es, der als erster (soviel ich weiß) den Vorschlag machte, den Weg von Liebespaaren hin zur kirchlichen Ehe mit verschiedenen Segensfeiern zu begleiten, so dass die kirchliche Eheschließung als Abschlussfeier zwar unbestrittener sakramentaler Höhepunkt bleibt, aber Brautpaare, die sich auf dem Weg dorthin befinden, nicht auf den Zuspruch der Kirche verzichten müssen.
Als kirchliche Verlobungsfeier gibt es diese Tradition schon seit vielen Jahrhunderten. In neuerer Zeit sind zudem die Segnungsfeiern am Valentinstag hinzugekommen, die zwar in unseren Breiten nicht zum überlieferten Brauchtum gehören, aber offensichtlich gerne angenommen werden. Paare auf ihrem Weg zur Ehe zu segnen, birgt als Vorschlag in sich noch keine Schwierigkeiten.
Auch bei anderen Sakramenten ist es üblich, den Weg dorthin mit unterschiedlichen liturgischen Feiern und dem kirchlichen Segen zu begleiten. In der Taufvorbereitung vor allem von Erwachsenen ist dies langer und alter Brauch, zum Beispiel in der feierlichen Aufnahme in das Katechumenat. In der Erstkommunionfeier gibt es unter anderem Tauferneuerungsfeiern mit Segnungen, und auch die Firmkatechese kennt mancherorts vorbereitende Stufen mit jeweiligem liturgischem Ausdruck.
Problem. â Widerspruch erhielt Bischof Oster vor allem aus der Erfahrung, dass kirchliche Segensfeiern mit der Eheschließung verwechselt werden könnten. Zudem stellt sich die Frage, ob eine Segensfeier auch dann möglich ist, wenn der Weg zur Eheschließung grundsätzlich verwehrt ist (z. B. bei wiederverheiratet Geschiedenen).
Kernfrage. â Das Problem der Verwechslung von vor-ehelichen Segnungsfeiern und der Feier der Trauung liegt im geschwundenen sakramentalen Verständnis. Denn die Feier der Trauung ist nicht (wie z. B. in der protestantischen Tradition) eine reine Segensfeier für ein bereits verheiratetes Paar, sondern die Spendung des Sakramentes und somit die Schließung der Ehe. In der Feier der Trauung wird zwar den Eheleuten im Anschluss an die Trauung auch der feierliche Segen gespendet, dieser aber ist nicht der Kern der Trauungsliturgie.
Wird jedoch der Unterschied zwischen Segensfeiern und der kirchlichen Trauung als Spendung eines Sakramentes nicht mehr richtig verstanden, entsteht auch schnell der Eindruck, jede Segensfeier sei mehr oder weniger auch eine kirchliche Hochzeit.
Pastorale Überlegungen. â Der Unterschied zwischen Spendung des Ehesakramentes und einer Segensfeier von Liebespaaren muss in der Ankündigung und der Liturgie, in Katechese und Predigt und im kirchlichen Sprachgebrauch deutlich gemacht werden. Daraus ergibt sich...:
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Bei kirchlichen Eheschließungen ist die Bezeichnung »Segensfeier« zu vermeiden. Anstatt davon zu sprechen, dass sich Eheleute »den kirchlichen Segen holen« (oder ähnlich), sollte von der »Eheschließung«, der »Trauung« und der »gegenseitigen Spendung des Sakramentes« die Rede sein.
Öffentliche und allgemeine Segensfeiern
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Um eine Verwechslung mit einer persönlichen und sakramentalen Eheschließung zu vermeiden, sollten Segnungen von Liebespaaren nur als offenes Angebot an alle Liebespaare gefeiert werden, die eine solche Zusage Gottes wünschen.
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Diese Angebote können sich jedoch auch an Paare »auf dem Weg zur Ehe« wenden, z. B. »für alle Frischverliebten«, »für alle, die einen Jahrestag feiern«, »für alle, die sich verloben wollen« - etc.
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Ebenso ist es sinnvoll, Segensfeiern zum Beispiel für »Paare oder Familien, die ein Kind erwarten« anzubieten, ohne ausdrücklich nach der erfolgten kirchlichen Eheschließung zu fragen.
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Darüberhinaus dürfte es sinnvoll sein, klare Anlässe für allgemeine kirchliche Segensfeiern zu definieren, z. B. Anlässe aus dem Kirchenjahr (etwa zwischen Weihnachten und Neujahr, am Valentinstag oder im Frühling).
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Auf die Entgegennahme von Liebes- und Willensbekundungen der Liebespaare ist zu verzichten. So besteht z. B. die Segensfeier anlässlich der Silbernen und Goldenen Hochzeit auch nicht in der Entgegennahme einer Willensbekundung der Eheleute. Gesegnet wird niemals eine Absichtserklärung, sondern immer das Gute im jetzt Vorhandenen.
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Auch wenn auf ein Zeichen des gegenseitigen Versprechens der zu Segnenden verzichtet wird, ist nichts dagegen einzuwenden, dass Paare vor den Segnenden hintreten und ihnen als gemeinsamer Segnungsgestus gleichzeitig die Hände aufgelegt werden.
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Die Frage, ob die Teilnahme an einer allgemeinen Segensfeier auch den Paaren möglich ist, deren Weg zur Eheschließung verschlossen ist (z. B. bei wiederverheiratet Geschiedenen oder homosexuellen Paaren), hängt von der Ankündigung und der angesprochenen Zielgruppe ab. So muss zuvor bedacht werden, ob in einer Segnungsfeier nur Liebespaare auf dem Weg zur Ehe angesprochen werden oder ob auch die Segnung von Beziehung und Freundschaft (ohne Ehe als Zielvorstellung) im größeren und grundsätzlicherem Sinne dazugehören soll. Dies müsste nicht nur in der Ankündigung, sondern auch in der Liturgie deutlich unterschieden sein.
Private Segensfeiern
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Entsprechend dieser allgemeinen Segensfeiern können die so eingeführten Segnungen auch zuhause durchgeführt werden, z. B. die Segnung von "Frisch Verliebten", "Segensfeier zum Einjährigen" etc.
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Eine Zwischenform, also die öffentliche Segnung von einzelnen, namentlich angekündigten Paaren muss jedoch vermieden werden, damit es zu keiner Verwechslung mit einer Eheschließung kommt.
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Segensfeiern auf dem Weg zur Ehe könnten auch dann gefeiert werden, wenn zur Zeit der Weg selbst in Stocken gekommen ist und eine Spendung des Ehesakramentes von den Liebenden noch nicht in ihre Planung einbezogen wird. Dies wäre die konkrete Anwendung von AL, Menschen auf dem Weg zur vollen Kirchlichkeit die Unterstützung der Kirche nicht zu verwehren.
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Eine zusätzliche Gelegenheit für private Segensfeiern bietet die Einsegnung eines Hauses oder einer frisch bezogenen Wohnung. Es spricht nichts dagegen, der Haussegnung auch eine Segnung der dort Wohnenden anzuschließen.
Keine Segensfeiern sollten erfolgen...
...wenn die Liebenden ausdrücklich und öffentlich eine kirchliche Eheschließung auch für die Zukunft ablehnen. (Allerdings gilt, dass sog. »Ehen ohne Trauschein«, die die Ehe als zukünftige Möglichkeit offen ausschließen, zumeist auch nicht um einen kirchlichen Segen bitten.)
...wenn die Liebenden dadurch ausdrücklich eine Beziehung eingehen wollen, die von der katholischen Kirche als Ehesimulation gewertet wird.
Auch muss überlegt werden, ob die Ehevorbereitung nicht (wie in anderen, z. B. südamerikanischen Ländern) auf einen längeren Zeitraum ausgedehnt werden sollte, sodass mehrere Gespräche, Stufen und somit auch liturgische Feiern in einen unmittelbaren Zusammenhang stehen. Eine solche Ehevorbereitung erscheint allerdings nur machbar, wenn sie nicht von einem einzelnen Pfarrer und auch nicht in einem Bistum allein angeboten oder gar verbindlich gemacht wird.
Bei Geschiedenen, die zu einer neuen Partnerschaft gefunden haben, steht zwar meist der Wunsch nach einer vollgültigen Eheschließung im Vordergrund. Das kann aber in der Regel nicht gewährt werden (es sei denn, die Möglichkeiten einer Nichtigkeitsfeststellung sind noch nicht ausgeschöpft). Hinter dem Wunsch einer neuen sakramentalen Ehe verbirgt sich zumeist ein gutes Anliegen, aufrichtige Zuneigung und Hingabe. Die neuen Paare sind zumeist bemüht, den Kindern aus früheren Verbindungen einen ehe- und familienähnlichen Rahmen und somit Halt und Zuneigung zu geben. Dieses Anliegen kann und muss durchaus gewürdigt werden, auch wenn die Bitte um Aufhebung des Unterschiedes zu einer tatsächlichen sakramentalen Eheschließung nicht erfüllt werden kann.
Beispiel: Eine alleinerziehende Mutter mit drei Kindern findet einen guten Mann, der bereit ist, den Kindern ein Vater zu sein und der Mutter emotional, finanziell und lebenspraktisch zur Seite zu stehen und sie zu stützen.
In früheren Zeiten war dies gerade nach Kriegszeiten oder Pestepidemien durchaus üblich und oft sogar gesellschaftlich und sozial gewollt, solange unverheiratete Männer und Frauen nicht eine Ehe simulierten, indem sie z. B. eine gemeinsame Wohnung teilten.
Problem. â Eine Wiederheirat nach Scheidung oder mit einem Geschiedenen nach zuvor gültig geschlossener und vollzogener sakramentaler Ehe ist nicht möglich. Durch Segensfeiern für Menschen, die in solchen irregulären Situationen leben, wird das Fortbestehen der ersten (und einzig existierenden) sakramentalen Ehe verdunkelt.
Kernfrage. â Familiaris Consortio betont, dass es letztlich entscheidend ist, auf den Vollzug des ehelichen Aktes zu verzichten. Darin unterscheidet sich schließlich eine simulierte Ehe von einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft (zum Wohl eines Partners oder Partnerin und evtl. vorhandener Kinder). Ob früher der Bezug einer gemeinsamen Wohnung, ein gemeinsamer Urlaub oder die Teilnahme an Eltern- abenden in der Schule als Überschreitung des Anstandes angesehen wurde, ist dagegen lediglich eine Frage der Konvention, die für gewöhnlich mit der sakramentalen Ehe verbunden war.
Bekunden die in einer solchen irregulären Situation Lebenden also die Bitte um den priesterlichen Segen unter gleichzeitigem Vorsatz, sich des ehelichen Aktes zu enthalten, kann (zumindest im privaten Bereich) ein solcher Segen gespendet werden.
Pastorale Überlegungen. â Den meisten pastoralen Einwänden liegt die mangelnde Unterscheidungskraft der Gläubigen zwischen sakramentaler Eheschließung und kirchlichem Segen zugrunde. Hinzu kommt die Schwierigkeit, einen Vorsatz aus dem privaten Bereich öffentlich zu machen: dass die gegenseitige Hilfe, die sich das Paar gewähren möchte, in einer ehe-ähnlichen, nicht einer ehe-simulierenden Weise geschehen soll.
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Früher galt, dass die »Veröffentlichung der intimsten Absicht« (der Verzicht auf den Geschlechtsverkehr) durch den Bezug von getrennten oder gemeinsamen Wohnungen geschah. Es kann gefragt werden, ob dies auch heute noch ein sprechendes Zeichen ist, das allgemein verstanden wird.
Private Segensfeiern
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Beziehungen, die unter dem Vorsatz stehen, auf den ehelichen Akt zu verzichten, könnten im privaten Bereich gesegnet werden, wenn die bereits im vorangegangenem Abschnitt genannten Hinweise zu »Segnungsfeiern auf dem Weg zur Ehe« berücksichtigt werden. Wenn der Anschein einer Eheschließung vermieden wird, kann eine Segnung der guten Beziehung zueinander vorgenommen werden.
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Um keine Missverständnisse zuzulassen, dürfen diese Segnungen nicht im Zusammenhang mit der Wiederverheiratung der Geschiedenen geschehen. Damit ist sowohl ein zeitlicher als auch ein inhaltlicher Zusammenhang gemeint; unter letzterem ist z. B. die öffentliche Segensfeier ausschließlich eines einzelnen Paares ausgeschlossen. (FC 84)
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Neben Segensfeiern ist es selbstverständlich möglich, mit wiederverheiratet Geschiedenen zu beten, sie zu Gottesdiensten (auch speziell für ihre Situation) einzuladen oder in privaten Feiern (z. B. anlässlich einer Haussegnung, s.o.) mit ihnen zu beten und sie zu segnen.
Öffentliche und allgemeine Segensfeiern
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Wiederum ist es möglich, in einer allgemeinen Segensfeier auch die Paare zuzulassen, denen der Weg zu einer neuen Ehe aufgrund eines bereits bestehenden Ehebandes nicht möglich ist, wenn klar ist, dass es sich hierbei um einen Segen für diejenigen handelt, die sich gemäß der kirchlichen Lehre umeinander sorgen. Dass dabei der Verzicht auf den ehelichen Akt mitgemeint ist, muss nicht immer ausdrücklich erwähnt werden.
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Wenn wiederverheiratet Geschiedene zumindest die Absicht haben, sich des ehelichen Aktes zu enthalten und bereit sind, dies in persönlichen Gesprächen auch zu vertreten, kann nach Ermessen des Bischofs und des Seelsorgers auch eine Einbeziehung in kirchliche Dienste erfolgen. Unter Umständen kann dies ein großartiges Zeugnis für andere Suchende sein!
Segnen (benedicere) heißt nicht nur »gutheißen«, also das Anerkennen einer bestehenden Irregularität, sondern auch »stärken« und »mit Gnade auf den Weg schicken«.
Problem. â Homosexuelle Handlungen werden im Katechismus der katholischen Kirche »schwer in sich gestörte Handlungen« genannt. Gleichgeschlechtliche Paare, die entweder standesamtlich »heiraten« und/oder den Segen der Ehe erbitten, erklären sich offen als mit dieser Sicht nicht einverstanden. Sie erheben den Anspruch, wie in einer Ehe mit allen Rechten, Pflichten und leiblichem Ausdruck zu leben. Das ist nicht nur eine »irreguläre Situation«, sondern ein offen und bewusst gelebter Widerspruch zur Eheauffassung der katholischen Kirche. Sie leben diesen Widerspruch und stellen sich somit außerhalb der katholischen Glaubensgemeinschaft. Ein solcher Widerspruch zur Kirche kann nicht gutgeheißen - also »gesegnet« werden.
Kernfrage. â Selbstverständlich sind Freundschaften auch zwischen Menschen gleichen Geschlechts immer ein hohes Gut, das von der Kirche gelobt und gepflegt wird. Auch die Werte, die in Freundschaften gelebt werden (gegenseitige Fürsorge und Hingabe, Solidarität, Verantwortung, Treue und Nächstenliebe), werden von der Kirche honoriert, gefördert und gutgeheißen. Allerdings ist eine Freundschaft keine Ehe, und auch hier liegt der entscheidende Unterschied in der leiblichen Hingabe und dem Einswerden des Fleisches.
Wiederum geht es also um einen leiblichen Ausdruck der Sexualität, der für eine Beziehung in Anspruch genommen wird, die keine Ehe ist. Homosexuelle Paare, die ihre Zuneigung im Zusammenleben verwirklichen, aber auf den für die Ehe reservierten Akt verzichten, leben dagegen nicht im Widerspruch zur Schöpfungsordnung.
Pastorale Überlegungen. âZiel eines Weges, den homosexuell empfindende Menschen gehen können, um im Frieden mit ihrer Neigung und der Ordnung der Natur zu leben, ist also nicht die Aufgabe ihrer Beziehung, sondern der Verzicht auf den Geschlechtsverkehr. Inwieweit dies auch in den Lebensumständen sichtbar werden muss (im Sinne der o.g. »bürgerlichen Moral«), muss an dieser Stelle offen bleiben. Die Kirche ist verpflichtet, Partnerschaften auf diesem Weg zu begleiten und zu unterstützen. Dazu gehört entsprechend des »Weggedankens« aus AL auch die Spendung der Sakramente, auch wenn die Frage der Homosexualität in AL nicht besprochen wurde.
Private Segensfeiern
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Im privaten Bereich kann sehr gut geklärt werden, ob homosexuell empfindende Paare bereit sind, ihren Weg in Übereinstimmung mit der Schöpfungsordnung (und zur Wiederherstellung des Friedens mit der Kirche) zu gehen. Dabei dürfte auch die Zusage, sich um die Annahme der Sichtweise der Kirche zu bemühen (und nicht erst das Versprechen, diese Sichtweise umsetzen zu wollen), für eine Segensfeier zur Begleitung dieses Weges ausreichen.
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Um keine Missverständnisse zuzulassen, dürfen auch private Segnungen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Eintragung der Lebenspartnerschaft oder der »Ehe für alle« geschehen.
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Neben Segensfeiern ist es selbstverständlich möglich, mit Homosexuellen zu beten - nicht nur um »Bekehrung«, sondern auch für deren Wohlergehen. Sie können auch zu Gottesdiensten eingeladen werden (auch speziell für ihre Situation), in denen auf eine moralische Abwertung ihrer Situation verzichtet wird.
Öffentliche und allgemeine Segensfeiern
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Wie bereits angesprochen, dürfen auch homosexuelle Paare zu allgemeinen Segensfeiern zugelassen werden, wenn der Segen sich nicht speziell oder ausdrücklich auf gleichgeschlechtliche Beziehungen richtet. Solange alle Freundschaften, Beziehungen und Solidargemeinschaften mitgenannt werden, sollen auch gleichgeschlechtlich orientierte Menschen hinzutreten dürfen. Es muss aber immer klar sein, dass es sich hierbei um einen Segen für diejenigen handelt, die sich gemäß der kirchlichen Lehre umeinander sorgen. Dass dabei der Verzicht auf den ehelichen Akt mitgemeint ist, muss nicht immer ausdrücklich erwähnt werden.
Öffentliche Gottesdienste für homosexuell empfindende Menschen können mit einem persönlichen Segen schließen, bei dem allerdings nicht die Paare, sondern die Einzelnen vor den Liturgen treten. Diese Gottesdienste dürfen nicht (wie eine Eheschließung) für namentlich genannte Paare angekündigt und gefeiert werden; es muss immer der Charakter einer allgemeinen Segnung gewahrt bleiben.
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Wenn homosexuelle Paare zumindest die Absicht haben, sich sexueller Akte zu enthalten, und bereit sind, dies in persönlichen Gesprächen auch zu vertreten, kann nach Ermessen des Bischofs und des Seelsorgers auch eine Einbeziehung in kirchliches Tun erfolgen. Unter Umständen kann dies ein großartiges Zeugnis für andere Suchende sein!
Getaufte eines nicht-katholischen Bekenntnisses fühlen sich in katholischen Eucharistiefeiern oft sehr wohl und empfinden daher den Ausschluss vom Kommunionempfang als eine Zurückweisung ihres eigene Christseins, zudem als eine Stigmatisierung als »unvollständig glaubend« und als einen Bruch der im Gottesdienst entstandenen Feiergemeinschaft. Dieser Bruch wird besonders von konfessionsverschiedenen Paaren auch als eine Störung des ehelichen Bandes empfunden. Deshalb wünschen sie sich auch als Ausdruck der ehelichen Einheit, zum Empfang der Kommunion zugelassen bzw. eingeladen zu werden.
Problem. â Aus katholischer Sicht ist eine Kommuniongemeinschaft mit den Kirchen der Orthodoxie zwar möglich, aber wiederum von diesen meist nicht gewünscht. Für eine Interkommunion mit den Konfessionen des Protestantismus sind die Lehrunterschiede gerade in Hinblick auf das Weiheamt, die Eucharistie und die Sakramente zu groß. Eine allgemeine Einladung an die Mitglieder der protestantischen Kirchen ist daher nicht möglich.
Kernfrage. â Im Kirchenrecht wird zwar von einem nicht-katholischen Christen, der in Todesgefahr um die Heilige Kommunion bittet, ein Bekenntnis zum katholischen Eucharistieverständnis gefordert. Darunter ist aber nicht in erster Linie die Zustimmung zur Transsubstantiationslehre zu verstehen.
Heute haben auch viele Katholiken theologisch defizitäre Ansichten über Realpräsenz und Wandlung, die zum Teil auch auf unklare Katechesen, nachlässige eucharistische Predigten und gutgemeinte »Brotfeiern« zurückzuführen sind. Wenn der subjektive Nachvollzug der ganzen eucharistischen Lehre Kriterium der Kommunionspendung sein sollte, so dürfte eine erlaubte Kommunionspendung auch unter Katholiken vielfach kaum noch möglich sein.
Das hier entscheidende »Bekenntnis zum katholischen Eucharistieverständnis« meint jedoch nicht nur, was wir unter Wandlung verstehen, sondern vor allem die Wirkung des Sakramentes: »Empfangt, was ihr seid: Leib Christi. Damit ihr werdet, was ihr empfangt: Leib Christi« (Augustinus). Es ist die Kirchlichkeit des Sakramentes gemeint. Für Katholiken ist die Feier der Eucharistie und der Empfang der Kommunion die Art und Weise, wie sie katholisch bleiben und immer mehr werden. Vor allem dieses Verständnis begründet den Selbstausschluss der Nicht-Katholiken vom Kommunionempfang, denn diese wünschen sich zumeist nicht die Eingliederung in den Leib Christi, von dem die Katholiken glauben, dass er in der katholischen Kirche verwirklicht ist (LG 8).
Pastorale Überlegungen. â Um eine Entschärfung des empfundenen Schmerzes durch den Ausschluss von der Kommuniongemeinschaft zu erreichen, muss in diesem Fall nicht die Zulassungs-Praxis geändert werden. Vielmehr kann durch eine entsprechende Begründung die Perspektive auf das Sakrament verändert werden (im Übrigen auch für die Katholiken ein heilsamer Wechsel der Blickrichtung). Wie wäre es mit folgender Ankündigung der Kommunion: »Der Empfang des Sakramentes der Eucharistie ist die Art und Weise, wie Katholiken Teil der katholischen Kirche bleiben und immer tiefer werden. Eingeladen zur Teilnahme am eucharistischen Mahl sind daher alle, die katholisch sind und ihre Zugehörigkeit zur katholischen Kirche, zum Leib Christi, vertiefen oder erneuern möchten.« Angehörige anderer Konfessionen, die ihrer Konfession auch treu bleiben wollen, zeigen ihr konfessionelles Selbstbewusstsein durch ein selbstbestimmtes Fernbleiben vom Sakrament der Kirchwerdung - oder bitten stattdessen um einen Segen:.
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Wer einer anderen Konfession angehört und dieses auch zeigen möchte, darf sich gerne in die Reihe der Kommunikanten einfügen und (z. B. mit über der Brust gekreuzten Armen) einen Segen empfangen.
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Als Segensgestus sollte auf ein Kreuzzeichen auf die Stirn verzichtet werden, es reicht die Handauflegung und ein kurzes Segenswort (z. B. »Gottes Gnade sei mit Dir!«). â Das Kreuzzeichen auf der Stirn könnte den Kindern vorbehalten bleiben, die noch nicht zur Erstkommunion geführt wurden; zudem ist dieser Gestus wegen der Ähnlichkeit mit der Firmsalbung hier nicht sinnvoll.
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Angehörige anderer Konfessionen zur Kommunion ausdrücklich einzuladen, verbietet sich auch aus Respekt vor deren Konfession und der Glaubensüberzeugung der Konfessionsangehörigen.
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Sollten jedoch z. B. die evangelischen Partner in einer konfessionsverschiedenen Ehe mit geöffneten Händen um den Empfang der Kommunion bitten, so kann dies als Zeichen des Weges hin zur katholischen Kirche gewertet werden. Dies entspricht dem Weggedanken aus AL. Ein Kommunionempfang muss dann nicht verwehrt werden, sollte aber auch nicht gefördert werden; vielmehr sollte eine pastorale Begleitung auf dem Weg in die Kirche angeboten werden.
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Denkbar sind auch Situationen, in denen Christen nicht zum katholischen Glauben übertreten können, obwohl sie es innerlich wünschen. (Dem Vernehmen nach galt dies z. B. für Tony Blair und Frère Roger Schutz.) In solchen Fällen ist eine Kommunion in kleinen, privaten und geschützten Kreisen möglich (vor allem, wenn die Hindernisse zum Übertritt von außen auferlegt wurden, diese schwerwiegend sind und nicht selbst verschuldet).
Bei der Kommunion von Angehörigen anderer Konfessionen liegt das Hindernis im Eucharistieverständnis (-> Wirkung) und in der Kirchenzugehörigkeit; bei der Frage nach der Zulassung zur Kommunion von wiederverheiratet Geschiedenen dagegen geht es um das bewusste Verharren in einer irregulären Situation, das in der Kirche mit schwerer Sünde gleichgesetzt wird. Das Problem dabei ist nicht die sündhafte Handlung selbst, denn von jeder Sünde kann in der Beichte losgesprochen werden. Vielmehr liegt in der Weigerung, die Sünde als solche anzuerkennen und sich dementsprechend auch nicht aus ihr befreien zu wollen, ein Hindernis für den Kommunionempfang.
Problem. â Jemand, der offenkundig in schwerer Sünde verharrt, steht somit in einem Widerspruch zwischen der eigenen Lebensweise und dem Leben der Kirche. Entscheidend ist also nicht nur die Sündhaftigkeit der Situation, sondern deren objektives Bestehen und das öffentliche Verharren in ihr. Somit kann so jemand nicht zur Kommunion zugelassen werden, solange diese Situation aufrechterhalten wird.
Über die Zulassung zur Kommunion das Gewissen der Geschiedenen entscheiden zu lassen, ist auch kein Ausweg. Das persönliche Gewissen entscheidet immer nur über eigene Handlungen, nicht aber darüber, ob man eingeladen ist oder nicht. Das ist und bleibt eine kirchliche Entscheidung.
Davon unbenommen bleibt jedoch die Frage, ob die erste Ehe überhaupt eine gültige Ehe war. So ist der Fall denkbar, dass eine Ungültigkeit der ersten Ehe zwar nicht nachweisbar ist, aber vor dem Gewissen des Einzelnen objektiv sicher ist. Aber auch hier ist es nicht ausreichend, eine rein subjektive Gewissheit des Nichtbestehens der ersten Ehe zu besitzen; die Gewissheit muss sich schon auf objektive Gegebenheiten beziehen â auch wenn diese anderen gegenüber nicht (mehr) beweisbar sind.
Kernfrage. â Neben der Möglichkeit, die Annullierung der ersten Ehe anzustreben, nennt FC als zweiten Ausweg die Möglichkeit, auf den ehelichen Akt zu verzichten und somit aus einer simulierten Ehe eine lediglich eheähnliche Partnerschaft werden zu lassen. Auch hier muss auf die Außenwirkung geachtet werden (es scheint ja immer noch eine irreguläre Situation zu bestehen), so dass auch FC den Kommunionempfang nicht in der Heimatgemeinde empfiehlt.
Pastorale Überlegungen. â Sünde, gerade wenn sie zu einer offenkundig irregulären Lebenssituation führt, ist nicht von einem auf den anderen Tag behebbar. Dazu braucht es einen langen Weg, indem nicht nur die Seelsorger, sondern die ganze Gemeinde zu Gesprächen, Gebeten und Hilfestellungen aufgerufen ist.
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Gemäß AL können zu den Hilfestellungen in bestimmten Situationen auch schon die Sakramente gehören, z. B. die Beichte. Der in Ansätzen verwirklichte Vorsatz, aus einer Lebenssituation, die im offenen Widerspruch zum Leben der Kirche steht, eine geheilte Situation machen zu wollen, mag schon Voraussetzung für den Empfang des Bußsakramentes sein. Gerade wenn ein gangbarer Weg sich noch nicht abzeichnet, ist das Licht der Gnade besonders kostbar.
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Unter der Voraussetzung, dass die Annullierung der ersten Ehe weder in der Öffentlichkeit (im Forum externum) noch in einer objektive Gewissenssicherheit (im Forum internum) möglich ist und der Weg der Trennung einen noch größeren Schaden anrichten würde (z. B. im Hinblick auf gemeinsame Kinder), bleibt nur der Ausweg einer sexuell enthaltsamen Partnerschaft. Auf dem Weg dorthin hat jeder Getaufte Christ ein moralisches Recht auf Begleitung und Unterstützung durch die Kirche.
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Sollte sich ein geschieden-wiederverheiratetes Paar (oder auch nur einer der Partner) entschlossen haben, den Weg zu einer Josefsehe zu gehen, sollte ihm der Weg mit Gebet, Segen und dem Empfang des Bußsakramentes erleichtert werden. Auch dann, wenn die Situation noch nicht als bereinigt bezeichnet werden kann.
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Auch hier kann, wenn die innere Kraft und Überzeugung es zulässt, ein öffentliches Bekenntnis zum Partner bei gleichzeitiger Enthaltung des ehelichen Aktes ein wertvolles Zeugnis sein - und zum Bewusstsein der hohen Bedeutung der Leiblichkeit beitragen.
Problem. â Entscheidend für den würdigen und angemessenen Empfang der Kommunion ist die innere, klare Abkehr von der Sünde, die eventuell durch eine vorangegangene Beichte besiegelt werden sollte. Menschen, die offen in einer homosexuellen Beziehung eine Ehe simulieren, stehen im offen Widerspruch zur Glaubensüberzeugung der Kirche und können daher an der Kommunion (der sakramentalen »Kirchwerdung«) nicht teilhaben.
Kernfrage. â Die innere Bereitschaft, in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung auf sexuelle Akte zu verzichten, ist für Außenstehende nicht unmittelbar, sondern nur an bürgerlich-konventionellen Zeichen erkennbar.
Pastorale Überlegungen. â Im Grunde sind für die Zulassung zu den Sakramenten ähnliche Überlegungen wirksam wie bei der Einladung zu Segensfeiern. Lediglich in der Voraussetzung für eine Zulassung sollte (wieder in Anlehnung an AL) nicht nur die Absicht vorhanden sein, die Lehre der Kirche zu übernehmen (wie in den Vorbedingungen zur Segnung), sondern vielmehr der feste Vorsatz, nach der Lehre der Kirche zu leben.
Außerdem könnte (sollte?) mit dem in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebenden Paar überlegt werden, wie ein öffentlicher Ausdruck gefunden werden kann, der ihre Partnerschaft von ehesimulierenden Beziehungen unterscheidet.