Der liebe Gott und das kleine grüne Männchen |
Der liebe Gott und das kleine grüne Männchen
1. Bild: Auf der Milchstraße...
(...wartet der liebe Gott in Anhalterposition. Er ist ein
alter Mann mit langem weißen Bart und sieht müde
aus.)
Der liebe Gott (zum Publikum): Falls Sie mich
nicht kennen sollten, ich bin der liebe Gott. Ich warte darauf,
dass jemand mich mitnimmt. (Er winkt wieder mit dem Daumen.)
(Es naht sich eine fliegende Untertasse, stoppt vor dem
lieben Gott und öffnet ihre Klappe. Heraus schaut ein
kleines grünes Männchen. Es ist klein und grün.)
Das kleine grüne Männchen (zum lieben
Gott): Hallo Alterchen, wer sind Sie denn und wo soll
die Reise hingehen?
Der liebe Gott: Ich bin der liebe Gott und möchte
zur Erde. Und mit wem habe ich das Vergnügen?
Das kleine grüne Männchen: Ich bin das kleine
grüne Männchen!
Der liebe Gott: Haben Sie denn keinen Namen?
Das kleine grüne Männchen: (a+b)²
Der liebe Gott: Ach, ich erinnere mich, ich habe Sie
neulich erschaffen.
Das Männchen: Aber was machen Sie denn hier allein
auf weiter Flur? Und was wollen sie auf dieser aufmüpfigen
Erde?
Der liebe Gott: Ach, komm, das ist eine lange Geschichte!
Es ist im Himmel so schläfrig geworden, seit von den
Erdenmenschen niemand mehr hineinkommt. Und da hab ich mich
auf die Reise gemacht, um sie zu suchen.
Das Männchen: Es kommt niemand mehr hinein? Geht
denn keiner mehr zur Kirche?
Der liebe Gott: Das ist aus der Mode geraten, und
auch die, die noch hingehen... (macht eine abwertende Handbewegung.)...
das ist nicht mehr doll! Ich muss unbedingt einmal nachschauen.
Heute trifft es sich nämlich gut.
Das Männchen: Wieso heute?
Der liebe Gott: Heue ist doch Weihnachten!
Das Männchen: Weihnachten?
Der liebe Gott: Ja doch! Da habe ich vor vielen Jahren
meine Sohn in die Welt gesandt, damit er die Menschen zur
Umkehr bewege von ihrer schlampigen Art und Weise, dahin zu
leben.
Das Männchen: Viel genutzt hat es wohl nicht?
Wo ist er denn jetzt, der liebe Herr Sohn? Wohl gleich dageblieben,
was?
Der liebe Gott: Wo denken sie hin? Ich bin es selbst.
Das Männchen: Sie sind es selbst?
Der liebe Gott: Niemand kommt zum Vater außer
durch mich, hat mein Sohn gepredigt, denn der Vater und ich
sind eins. Gott ist dreifaltig, d.h. er besteht aus drei Personen...
Das Männchen: Noch einer?
Der liebe Gott: ... aus drei Personen. Hinzu kommt
der heilige Geist, den mein Sohn an Pfingsten gesandt hat...
Das Männchen: Pfingsten? Ich denke es ist Weihnachten?
Der liebe Gott: Ja natürlich, aber seit Pfingsten
weht der Heilige Geist auf Erden. Es hört nur niemand
auf ihn.
Das Männchen: Das ist für ein kleines grünes
Männchen sehr kompliziert.
Der liebe Gott: Der langen Rede kurzer Sinn: Ich will
auf die Erde. Aber Sie glauben nicht, wie beschwerlich das
ist. Ich kann mit diesen Untertassen nicht umgehen, also gehe
ich zu Fuß. Es fliegen ja weiß Gott genug herum,
aber meinen Sie, ein Aas hält an und nimmt einen mit?
Kein Gedanke! Für jede blöde Gesteinsprobe steigen
sie aus, aber einen armen alten Mann mitnehmen ....(er seufzt)
Das Männchen: Nun jammern sie mal nicht soviel
und steigen sie ein. Ich will nämlich auch zu Erde. Allerdings
ist es drinnen ein bisschen eng.
Der liebe Gott: Es wird schon gehen, das ist sehr
nett von ihnen. (Er zwängt sich durch die Klappe der
Untertasse.) Ach Gott, ach Gott, man macht was mit.
Das Männchen: Klappe zu! Abfahrt! (Mit scharfer
Kurve startet das Fahrzeug und entschwindet. Der Mond geht
auf.)
VERWANDLUNG
2. Bild: In der Wohnung einer deutschen Normalfamilie...
(...ist alles weihnachtlich geschmückt. Ein Tannenbaum
ist kurz vor seiner Vollendung. Eine Frau steht vor ihm, ein
Mann sitzt im Sessel bei Zeitung und Bier.)
Maria: Jupp, wo hast du denn wieder die Christbaumkugeln hingetan?
Jedes Jahr das selbe Theater!
Josef: Was weiß ich? Hast du schon oben in den
Schrank geguckt?
Maria: Natürlich! Für wie doof hältst
du mich? Da sind bloß die Ostereier vom vorigen Jahr.
Josef (knurrig): Nimm die doch so lange.
Maria: Das hätte ich mir denken können,
dass dir nichts anderes einfiel. (Ihr fällt etwas ein)
Weißt du, was die Frau Koslowski heute beim Kaufmann
bezahlt hat? 280,- Euro, sage und schreibe! Nur das Beste
vom Besten! Aber alles nur pure Angabe! Sie und ihr Alter
- als ob die zwei Männekes über die Feiertage für
280 essen können. Die Kinder kommen doch sowieso nicht,
die kümmern sich um die Eltern einen feuchten Kehricht,
und die Tochter ist ja mit dem Tanzlehrer durchgebrannt, die
kann sich hier eh nicht mehr blicken lassen. Aber es ist ja
auch kein Wunder, bei den Eltern! Der Alte ist ja voll dem
Suff verfallen, und ein betrunkener Vater unterm Tannenbaum...
Die Frau Schindelack hat auch gesagt, wenn das so weitergeht...
(draußen entsteht Lärm und Getöse. Einige
Frauen kreischen. Wilde Rufe) Was ist denn da los? (Sie
stürzt zum Fenster) Man sieht nix vor lauter Menschen!
Josef: Was wird schon los sein? Ist einer auf `ner
Bananenschale ausgerutscht.
Maria: Ne-ne, da ist mehr los! Frau Schindelack ist
auch da! Nun komm doch endlich, Jupp! Endlich mal was los!
(Sie nimmt Josef bei der Hand und rennt mit ihm zur Tür
hinaus)
VERWANDLUNG
3. Bild: Auf der Straße vor
dem Haus von Maria und Josef...
(...ist eine Menschenmenge versammelt. Sie umdrängen
die soeben gelandete Untertasse, aus der das kleine grüne
Männchen und der liebe Gott im Begriff sind, auszusteigen.
Maria und Josef stoßen hinzu)
Die Menge (durcheinander): Es ist unglaublich
- Wo ist die Polizei? - Hat man das gesehen! - und von Däneken
hat doch recht! - Is´ hier Kino? - Ein Skandal!- Mama
komm mal ich hab Angst! - Krieg ich den zu Weihnachten? -
Was ist hier los? ...
Das Männchen: Ruhe! Ruhe! Wir kommen aus dem
Weltall, um eine kleine Visite auf eurer lieben Erde zu machen.
Die Menge (ruft durcheinander)
Das Männchen: Ruhe! Seid doch still!
Maria: Wer ist denn der Alte da?
Der liebe Gott: Ich bin der Herr, dein Gott.
Die Menge (durcheinander): Hat man es gehört? - Schleppt
ihn weg! - Ein armer Irrer! - Dass so etwas frei herum laufen kann. - Ich
lach mich tot! - Haut ihn! - Wo kommen wir dahin? - Er hat den heiligen Namen
Gottes gelästert! - Wie kommt der hier hin ? - Wir wollen das kleine
Männchen sehen! ...
Das Männchen: Lass doch den Mann in Ruhe. Er
ist wirklich der liebe Gott!
Die Menge: Woher wissen sie das ?
Das Männchen: Er hat es mir selbst gesagt!
(Allgemeines Lachen)
Einer aus der Menge (zu dem Männchen):
Entschuldigen sie, ich bin von dem Supermarkt nebenan, würden
sie vielleicht vor unserem Verkaufsstand für Lametta
und Engelshaar unseren Kunden Autogramme geben? Die Geschäftsleitung
wird sich sicherlich erkenntlich zeigen. Wir könnten
zum Beispiel ihr Raumschiff volltanken, das ist ja heutzutage
so teuer.
Das Männchen: Warum wollen ihre Kunden denn das
Autogramm von mir?
Der aus der Menge: Nun, sie sind schließlich von einem anderen
Stern, und außerdem heute zu Weihnachten...
Das Männchen: Ihr immer mit eurem Weihnachten.
Was ist denn damit so besonders?
Maria: Ja, eigentlich nix. Meistens ist es kalt und Winter, alle Leute
rennen im Kaufhaus rum und kaufen wie wild für die Lieben daheim. Da
ist dann ein Tannenbäumken aufgestellt, unter dem singen wir schöne
alte Lieder und alle sind sehr gerührt...
(Aus dem Supermarkt dringt Schallplattenmusik "Schneeflöckchen,
Weißröckchen, wann kommst du geschneit?")
Das Männchen: Das verstehe ich nicht, alle laufen
los und kaufen wie wild, nur weil Winter ist und kalt! Ein
komischer Planet ist das!
Der liebe Gott: Das stimmt ja auch gar nicht! Weihnachten
ist anders!
Die Menge (durcheinander): Ist der immer noch da?
- Er sieht ja selbst aus wie der neue Weihnachtsmann ? - Is'
hier Kino ? - Er hat unsere schöne Weihnacht madig gemacht!
- Haut ihn! - Wo ist die weiße Minna ? (Es erscheinen
drei Engel mit weißen Flügel, singen)
Die drei Engel (singen): Heute ist Weihnacht...
Die Menge (durcheinander): Noch so welche! - Hier ist doch
Kino! - Was geht hier eigentlich vor? - Warum steht davon nichts in der Zeitung?
- Hört sie erst mal an! - Karneval ist noch nicht!
Der liebe Gott (zu den Engeln): Wo kommt ihr
denn her?
Erster Engel: Wir haben die letzte Mondfähre
genommen.
Zweiter Engel: Wir wollten euch unterstützen.
Dritter Engel: Es ist anscheinend bitter nötig.
Alle drei zusammen (zu der Menge): Wir waren
nämlich schon in Bethlehem dabei.
(Allgemeines Grinsen)
Das Männchen: Bethlehem? Was war denn da los
?
Erster Engel (zieht eine Bibel aus der Tasche): Es waren Hirten
auf dem Felde und hielten Nachtwache bei ihren Schafen. Da trat ein Engel
des Herren zu ihnen, und die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie, und sie
fürchteten sich sehr. Der Engel aber sprach zu ihnen:
Zweiter Engel: Fürchtet euch nicht! Denn seht,
ich verkünde euch eine große Freude, die allem
Volke widerfahren soll: Euch wurde heut in der Stadt Davids
der Retter geboren, der Messias und Herr. Und dies soll euch
zum Zeichen sein: Ihr werdet ein Kindlein finden, in Windeln
eingehüllt und in einer Krippe liegend!
Dritter Engel: Und auf einmal erschien mit dem Engel
eine große Schar des himmlischen Heeres, die priesen
und lobten Gott und sangen:
Alle drei Engel: Ehre sei Gott in der Höhe, und
Friede den Menschen auf Erden, die guten Willens sind!
Das Männchen: Schön!
Der liebe Gott (zu der Menge): Darum geht es
an Weihnachten, und nicht um euren Lametta-Plunder hier!
Die Menge (durcheinander) : Das ist doch die
Höhe! - Hat man das gehört! - Nieder mit ihm! -
Er hält den ganzen Verein auf, gleich machen die Geschäfte
zu, und ich hab noch nichts für Tante Frieda! - Haut
ihn! - Wir wollen das kleine Männchen sehen! Hoch solle
es leben, lang lebe es! - Weg mit diesem Alten! ...
Der liebe Gott: Kann ich nicht wenigstens bei einem
von euch übernachten, ich komme von weit her und bin
müde...
Die Menge (durcheinander): Das fehlt auch noch!
Für solche Leute haben wir keinen Platz! - Und wo schläft
unser Opa ? - Ein Skandal ist das! - Schluss jetzt damit,
haut ihn!
(Einige aus der Menge werden handgreiflich. Der liebe
Gott und die Engel fliehen und sind nicht mehr zu sehen):
Na endlich! - Leute gibt es!
Ein anderer aus der Menge (zu dem Männchen):
Entschuldigen Sie, ich bin vom Fernsehen, ich soll Sie gleich
ins Studio zu einem exklusiv Interview bringen. Wo kommen
Sie her? Was haben Sie gedacht? Was halten Sie von unserer
demokratischen Gesellschaft? Trinken sie Milch?
Das Männchen: Nun man immer langsam! (sieht
in der Menge nach dem lieben Gott, kann ihn aber nicht finden)
Tut mir leid für sie, Alter, aber jetzt scheine ich der
King zu sein. Ihre Geschichte war sehr hübsch, aber die
interessiert hier wohl keinen. Wenn sie wollen, nehme ich
Sie übermorgen mit zurück, da können Sie sie
mir weitererzählen! (zu den anderen aus der Menge):
Und jetzt komme ich zu ihrem komischen Interview.
Der andere aus der Menge: Trinken sie Milch? Sind
sie verheiratet? Sprechen sie deutsch? Welche Schuhgröße
haben sie?
Die Menge (durcheinander): Sie hauen ab! -
Schnell hinterher! - Vielleicht kommen wir noch mit ins Fernsehen!
- Ich war zuerst da! - Ein Autogramm! (Die Menge läuft
hinter dem Männchen und dem Fernsehmann her. Maria und
Josef bleiben allein, etwas verstört vor ihrem Haus zurück.
Nach einer Weile):
Maria: Da laufen sie hin... Und du stehst hier herum und tust so,
als ob keine Arbeit auf uns wartet. Wo sind nun meine Christbaumkugeln? Das
Essen ist auch noch nicht fertig, gleich kommt deine Mutter und will sich
den Wanst voll schlagen. Was glaubst du, was die mir erzählt! Los jetzt!
Ich will dieses Jahr einmal so richtig Weihnachten feiern! (Sie singt)
Stille Nacht, heilige Nacht, Gottes Sohn oh wie lacht... (zum Publikum):
Wollen sie nicht mitsingen? (Sie gehen ins Haus).
VORHANG - Ende!
Zwischen-Szene (Einzuschieben bei:
"...weg mit diesem Alten!") - Wenn das Stück
zu kurz erscheint...
Irrenwärter (mit einer Zwangsjacke, drängt
sich durch die Menge; misstrauisch zum lieben Gott): So
so, Sie sind also der liebe Gott?
Der liebe Gott: Natürlich! Sie haben es doch
gehört! (Die Menge murmelt unwillig)
Irrenwärter (zum Publikum): AHA! (zum
lieben Gott): Haben sie zufällig Napoleon mitgebracht?
Der liebe Gott: Napoleon? Wieso denn den? Aber meine Engel sind hier!
Irrenwärter: Soso Ihre Engel sind hier! (zum
Publikum): AHA!
Der Reporter: Könnten sie für unser Publikum
diese Art von Geisteskrankheit kurz erläutern?
Irrenwärter (wirft sich vor dem Mikrofon in
Positur): Die ist die sogenannte Theophrenie, eine Abart
der Schizophrenie; sie liegt dann vor, wenn sich der Patient
für ein göttliches Wesen hält.
Reporter: Und was kann man dagegen tun?
Irrenwärter (zeigt grinsend auf die Zwangsjacke)
Reporter: Und ist diese Theophrenie schwerwiegender
als andere Formen der - sagen wir mal - normalen Schizophrenie,
wenn sich jemand zum Beispiel für Napoleon hält?
Irrenwärter: Wenn sie so wollen, schon. (schallend
lachend): Napoleon hat es immerhin wirklich gegeben, aber
den lieben Gott ...
Die Menge (lacht höhnisch mit)
Josef: Immerhin, es könnte doch sein...
Maria: Du hältst den Mund und blamierst uns nicht!
Josef: Aber...
Maria: Wer Ostereier an den Christbaum hängen
will, sollte mal ganz still sein!
Irrenwärter: Sie wollten Ostereier an den Christbaum hängen?
(zum Publikum): AHA!
Kaufhausmanager (zum Irrenwärter): Wir
führen in unserem Hause einige gute Beruhigungsmittel.
Würde es ihnen was ausmachen, wenn sie an unserem festlich
geschmückten Verkaufsstand für Beruhigungsmittel
für eine halbe Stunde Reklame stehen würden...?
Irrenwärter (sieht auf die Uhr): Ich weiß
nicht...
Kaufhausmanager: Wir würden uns erkenntlich zeigen,
wir könnten ihnen zum Beispiel einen neuen Gummihammer
spendieren, die sind doch auch so teuer heutzutage...
Irrenwärter: Nun gut, eine halbe Stunde. (Beide
ab, ohne sich weiter um den lieben Gott zu kümmern.)
Maria: Hier ist aber auch das totale Chaos! Was geschieht
den nun mit dem Rauschebart?
(Weiter bei: Der liebe Gott: Kann
ich nicht wenigstens....)