Katechese zum Heiligen Geist  | In den vielen Familien stehen nicht alle Familienmitglieder gleichermaßen
im Rampenlicht, einige sind eher zurückhaltend und andere ziehen
alle Blicke auf sich. Einer echten Familie macht das nichts aus: Jeder
weiß, wie wichtig auch die kleinen und unscheinbaren Kinder sind,
wie wichtig der Opa ist, der nur selten ein Wort spricht oder wie wohltuend
der schweigsame Onkel ist.
Auch in der göttlichen Familie der Dreifaltigkeit gibt es ein solches wenig beachtetes Mitglied: Den Heiligen Geist. Jeder
redet von Gott dem Vater, von Seinem Sohn Jesus Christus wird in jedem Gottesdienst ein Teil seiner Geschichte erzählt - nur
der Heilige Geist bleibt oft genug unerwähnt.
Er wird meistens nur im Zusammenhang erwähnt: Wenn wir das Kreuzzeichen machen und uns an die Dreifaltigkeit erinnern, darf
er nicht fehlen - warum, weiß keiner so genau, wahrscheinlich nur der Vollständigkeit wegen.
Auch das ureigenste Fest des Heiligen Geistes - das Pfingstfest - wird
zwar gerne und ausgiebig gefeiert (meist in Form von Ausflügen
und Grillpartys), obwohl kaum einer weiß, WAS wir da feiern (geschweige
denn WEN) - vermutlich den Frühling, meinen einige unbeteiligte,
glaubensfreie Christen.
Eine letzte "Bastion" gibt es noch: Die Firmung. Dort soll es den Heiligen Geist noch geben. Und im Rahmen einer solchen
Firmvorbereitung ist die folgende Katechese entstanden. Aber genauso wie das Sakrament der Firmung nicht nur eine
vorübergehende Episode im Leben des Heranwachsenden sein soll, hat auch die Frage nach dem Heiligen Geist eine Bedeutung
über die Firmvorbereitung hinaus.
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Diese Katechese ist auch als gedrucktes Heft (Nr. 017) erhältlich:
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1. Was ist das: Geist?
Es ist etwas Eigentümliches mit dem Menschen: Er findet
sich nicht einfach ab mit dem, was ist und geschieht. Es gehört
zum Wesen das Menschen, nach GUT und BÖSE zu fragen -
und das nicht etwa nur aufgrund seiner Erziehung und seiner
Kultur - sondern weil er so ist, wie er ist.
Zwei Hunde gehen eine Straße entlang - der eine Hund
hat einen riesigen, gut riechenden Knochen im Maul und der
andere schaut sehnsüchtig auf diesen Leckerbissen. Und
weil der zweite Hund so fasziniert ist von der positiven Aussicht,
achtet er nicht auf den Verkehr und wird von einem Lastwagen
erfasst und überfahren.
Was macht der erste Hund? Lässt er seinen Knochen fallen
und denkt sich "O Gott! Wie konnte das nur passieren?
Und das alles nur wegen eines Knochens?" - Nein. Der
erste Hund wird vielleicht vom Lärm der quietschenden
Reifen etwas erschreckt ein wenig traben und dann in aller
Ruhe seinen Knochen genießen. Reue? Schlechtes Gewissen?
Trauer? Das gibt es nur in Tierfilmen.
Eine Mutter dagegen wird wohl kaum zu ihrem Mann sagen: "Liebling,
heute Mittag darfst Du gerne zwei Portionen essen - unser
Sohn ist heute morgen überfahren worden, da habe ich
noch etwas übrig." - Vermutlich wird sie gar nicht
mehr ans Essen denken - ganz im Gegensatz zu dem oben genannten
Hund.
Der Unterschied zwischen dem Hund und der menschlichen Mutter
ist nicht, dass der Hund gefühllos ist - Gefühle
hat er auch. Aber er ist nicht in der Lage, sich von seinen
Gefühlen zu distanzieren, sie zu bejahen oder zurückzustellen.
Wenn er Hunger hat, dann ist der Knochen eben wichtig - und
das Leben anderer Hunde spielt keine Rolle.
Der Mensch kann das, was er tut, bewerten, einordnen und
hinterfragen. Die Mutter kann eben ihr Hungergefühl zurückstellen,
weil sie weiß, dass das Leben ihres Kindes mehr wert
ist als eine Mahlzeit. Der Mensch kann sogar - wenn auch nicht
in allen Fällen - Gefühle kontrollieren, bewusst
verdrängen oder auch erzeugen. Er steht eben seiner eigenen
Wirklichkeit gegenüber - er ist ihr nicht ausgeliefert.
Das ist keine Kulturerscheinung, wie zum Beispiel Peter Singer
meint. Wir können einen Hund oder ein Pferd niemals dazu
erziehen, frei sich selbst gegenüber zu stehen. Dem Menschen
ist diese Fähigkeit allerdings angeboren.
Nehmen wir einmal Tarzan. Sein richtiger Name ist übrigens
Greystoke, aber das weiß kaum einer - und auch Tarzan
selber nicht. Als Säugling verschlägt es ihn in
den Urwald und er wird von einer fürsorglichen Affenfamilie
groß gezogen. Nehmen wir einmal an, sein Affenbruder
heißt "Cheetah".
Der jugendlich Tarzan und sein Affenbruder Cheetah sitzen nun gemütlich
auf einem Baum und beobachten aus sicherer Entfernung, wie ein Tiger eine
Antilope schlägt und zu seiner Mahlzeit macht. Der Tiger fragt nicht,
ob das, was er da tut, gut ist. Auch die Antilope fragt nicht danach - ebenso
wenig Cheetah. Tarzan allerdings, obwohl er die gleiche Erziehung wie sein
Bruder Cheetah genossen hat, wird sich fragen, ob das, was der Tiger da tut,
gut oder böse ist. Er kann aus seiner Haut heraus und sich in die Lage
des Tigers versetzen - ebenso in die Lage der Antilope. Nicht etwa deswegen,
weil er so erzogen worden ist, sondern allein deshalb, weil er ein Mensch
ist und kein Tier. Mit anderen Worten: Weil er geistbegabt ist.
Der Geist des Menschen ist die Fähigkeit, sich zu
verhalten. Die Erziehung eines Menschen ist eben keine
Dressur. Der Mensch kann den Werten, die ihm zum Beispiel
durch die Eltern vermittelt werden, zustimmen oder sie ablehnen.
Er kann "Ja" sagen, oder auch "Nein".
Gerade das ist nicht möglich, wenn der Mensch nicht "Geist"
hätte, der ihn von der Materie unterscheidet.
Deshalb kann die Geistbegabung des Menschen auch keine
genetische Eigenschaft sein - damit wäre sie ja wieder
nur eine materielle Voraussetzung. Geistbegabung ist dagegen
immateriell - seelisch. Der Mensch hat eine Seele, die geistig
ist.
Ein Computer (mag er auch noch so schnell und komplex sein)
bleibt Materie. Ich habe noch nie gehört, dass ein Computer
ins Gefängnis gekommen ist oder auch nur zu einem Bußgeld
verurteilt wurde (von Sozialstunden ganz zu schweigen) - denn
ein Computer kann nicht böse sein. Das gleiche
gilt auch für Waffen oder Sprengstoff: Verhaftet wird
immer nur der terroristische Besitzer, der Böses damit
vorhat - der Sprengstoff selber wird nicht angeklagt.
Aus dem einfachen Grund, weil weder der Revolver, noch die
Bombe oder das Unfallauto geistbegabt sind. Wer aber
keinen Geist hat, kann auch nichts anderes tun, als ihm die
Naturgesetzlichkeiten vorgeben.
Ein Mensch kann aber auch anders - und gerade das macht seine
Geistigkeit aus. Mit anderen Worten: Geist ist die
Fähigkeit, zuzustimmen oder abzulehnen. Etwas romantischer
ausgedrückt: Weil der Mensch Geist hat, kann er lieben
oder hassen - anerkennen oder leugnen.
2. Gott ist Geist
Damit ist dem Menschen eine göttliche Gabe gegeben:
In der Tradition der Kirche wird gerade in dieser Fähigkeit
die Gottähnlichkeit gesehen, von der schon in
der Schöpfungsgeschichte die Rede ist.
Wenn der Mensch in seiner Fähigkeit, sich positiv und
negativ zu verhalten, gottähnlich ist - dann ist
Gott natürlich auch geistig. Er ist derjenige,
der absolut frei ist, "Ja" oder "Nein"
zu sagen. Während der Mensch in seiner Freiheit Gott
nur ähnlich ist (denn seine Freiheit wird durch
zahlreiche Einschränkungen beeinträchtigt), ist
Gott die Freiheit in Person - eben purer Geist.
Die Gottes-kritische Frage, ob es Gott denn überhaupt gibt, wenn man
ihn nicht sehen kann, ist natürlich Unsinn: Sehen kann man eben nur die
Materie (und noch nicht einmal alle materiellen Dinge, wie z.B. Magnetismus
oder Elektronen), der Geist ist logischerweise nicht sichtbar. Aus Sicht eines
Menschen, der seine eigene Geistigkeit leugnet und nur das Materielle für
real hält, ist diese Frage zwar brennend. Die Antwort ist dagegen ganz
einfach: Wer sich selbst als geistiges Wesen erkennt, seine eigene
Geistigkeit akzeptiert - beantwortet damit auch die Frage nach Gott.
3. Der Geist, der stets verneint
Wer allerdings, die Freiheit des Geistes dazu zu benutzen, "Nein"
zum Guten zu sagen, missbraucht seine Freiheit. Nein zu Gott, Nein
zu den Mitgeschöpfen (ob geistbegabt oder nicht) und schließlich
Nein zu sich selbst zu sagen, ist das Wesen des Bösen.
Gut ist, die gottgeschenkte Begabung zum Zustimmen zu verwenden, Ja
zu sagen - zu lieben.
Natürlich müssen wir, die wir schon in einer Umwelt
leben, die sich aus Gut und Böse gemischt zusammensetzt,
auch zum Schlechten Nein sagen - in jeder Taufe wird
sowohl dem Bösen widersagt als auch Gott zugestimmt.
Aber das Nein hat nur dienende Funktion: Wir sagen
dem Bösen ab, um Gott anzuerkennen. Nur ein Nein zum
Widersacher allein ist noch kein Glaube an Gott.
Der Widersacher Gottes, der Satan, wird oft als "Geist,
der stets verneint" bezeichnet. Davon wendet sich der
Christ zwar ab - aber nur, um sich dann uneingeschränkt
Gott zuzuwenden. In der Taufe heißt es: "Widersagt
Ihr dem Satan, dem Urheber des Bösen, um in der Freiheit
der Kinder Gottes leben zu können?"
Es geht also darum, Freiheit wiederzugewinnen. Eine Freiheit,
die dem zustimmt, was Gott ist - und die dem zustimmt,
was in der geschaffenen Welt gottgewollt ist. Freiheit ist
im Grunde nichts anderes als die Möglichkeit, das Gute
anzuerkennen und zu wählen.
Eine Wahlfreiheit allein ist noch keine wirkliche
Freiheit: Einmal angenommen, ich wäre ungerechterweise
zum Tode verurteilt worden und ich könnte zwischen verschiedenen
Formen der Hinrichtung wählen - ich wäre nicht wirklich
frei. Ich hätte zwar eine Wahlfreiheit - aber unter den
wählbaren Dingen wäre keine, die ich als gut
ansehen würde.
Umgekehrt wird meine Freiheit, die Frau zu heiraten, die
ich liebe, nicht größer, wenn der Pastor mir im
Trau-Gottesdienst noch drei Frauen zusätzlich zur Wahl
anbieten würde. Bin ich frei, die eine Person
zu lieben, dann brauche ich keine möglichen Alternativen.
Wahre Geistigkeit besteht also nicht nur in der Freiheit,
zwischen Gut und Böse zu wählen; wahre
Freiheit besteht in der Gnade, das Gute zu wählen.
4. Der Geist, der sich selbst leugnet
Leider ist dem Menschen damit auch eine Fähigkeit gegeben,
der er gegen Gott, gegen andere und sogar gegen sich selbst
richten kann: Wenn er die Freiheit hat, zu lieben und zu hassen,
anzuerkennen oder zu leugnen - was hindert ihn daran, Gott
zu leugnen? Den Nächsten zu hassen?
Aber diese göttliche Gabe kann noch stärker "pervertiert"
werden ("pervers" heißt immer soviel wie "ins
Gegenteil verkehren"): Der Mensch hat sogar die Fähigkeit,
zu seiner eigenen Geistigkeit "Nein" zu sagen. Er
kann leugnen, was er ist: Ein moralisches Wesen. Es gibt nicht
nur Philosophen, die den Menschen nur als eine geistlose,
hirngesteuerte Bioform ansehen (wobei sich die Frage stellt,
ob diese Denker noch die Bezeichnung "Philosophen"
verdienen). Es gibt auch die Menschen, die durch ihr Tun faktisch
leugnen, fähig zur Gottähnlichkeit zu sein: Ihre
einzigen Interessen sind Essen, Trinken, Sex und Ablenkung.
Geistlos eben.
Eigentlich ist es ein offener Widerspruch: Wir können
z.B. nur behaupten, keine geistige Seele zu haben,
wenn wir eine Geistseele voraussetzen. Ohne Geist können
wir gar nichts behaupten.
Aber dennoch tun Menschen genau das: Menschen behaupten,
es gäbe keinen Geist, keine Seele, keine geistige Wirklichkeit
und keinen Gott. Mag sein, dass es keinen Gott gibt - aber
das zu behaupten, setzt eine geistige, von der Materie
unabhängige Wirklichkeit voraus. Vielleicht müssen
diese Leute einfach nur etwas mehr Zeit zum Denken haben,
um diesen Widerspruch selbst zu entdecken.
Das Problem ist darüber hinaus, dass die Menschen, die
sogar ihren eigenen Geist leugnen, nicht mehr in Einklang
mit ihrer eigenen Wirklichkeit leben - immer und immer wieder
ihrer eigenen Geistigkeit zu widersprechen, macht krank.
Wer kann uns von dieser Krankheit heilen?
5. Der Heilige Geist: Göttliche
Homöopathie
Homöopathie heißt: Gleiches wird durch Gleiches
behandelt. Ob das mit der Homöopathie im medizinischen
Sinne funktioniert, weiß ich nicht. Aber der Grundsatz
ist korrekt: Körperliche Leiden können mit einer
körperlichen Behandlung kuriert werden - seelische Leiden
durch seelische Zuwendung. Man kann zwar auch körperlich
z.B. an Einsamkeit leiden, es bleibt aber ein Leiden mit einer
seelischen Ursache. Heilen kann man Einsamkeit, Trauer oder
Schuldgefühle nicht durch Medikamente, sondern nur durch
andere Seelen, die sich dem Kranken zuwenden. Homöopathie
eben.
Dieser wichtige, "homöopathische" Grundsatz
allein ist schon ein Hinweis auf die Existenz der Seele: Viele
Jahrzehnte lang wurden alle Leiden mit Medikamenten, Elektroschocks
und Operationen behandelt - aus dem einfachen Irrglauben heraus,
der Mensch sei mit seinem Leib identisch. Wenn es keine Seele
gibt, kann ein Leiden auch nur körperlich sein.
Inzwischen ist man weiter: In sogenannten psycho-somatischen
Kliniken gibt es sowohl den medizinischen, als auch den seelischen
Aspekt. Viele seelische Krankheiten lassen sich einfach dadurch
heilen, dass es die Zuwendung einer anderen Seele gibt - homöopathisch
eben.
Einsamkeit wird am besten durch menschliche Nähe geheilt;
Trauer durch Trost, der von Zuneigung getragen wird; Liebeskummer
durch Bestätigung, dass man immer noch liebenswert ist;
Zweifel durch Anerkennung; Langeweile durch geistige Anregung
- und so weiter.
Wie kann aber ein seelisches Leiden geheilt werden, dass
darin besteht, die Seele zu leugnen?
Dazu muss man schon Gott sein. Gott-sei-dank gibt es Gott
- und der Heilige Geist ist sozusagen seine medizinische Abteilung.
Der Geist ist derjenige, der uns heilt; während in uns
alles "Nein" sagt, bejaht er uns; er versucht alles
- von Wärmetherapie bishin zur Infusion - um unsere Geistigkeit
wiederzubeleben; unser "Nein-Sagen", Leugnen und
Hassen in "Ja-Sagen", Anerkennen und Lieben zu wandeln.
Nicht umsonst heißt der Heilige Geist: "Heiliger
Geist" - er ist der Heiler schlechthin. Der göttliche
Homöopath.
6. Die Sünde gegen den Heiligen
Geist
Vor Jahren, noch vor meiner Priesterweihe, habe ich ein 4-wöchiges
Praktikum im Krankenhaus gemacht; auf der HNO-Station. Dort
kamen viele Patienten nur zur Operation (Mandeln, Polypen
usw.), darunter viele Kinder.
Ein Kind hatte gehört, dass man vor der Operation eine
Spritze bekommt - und sich prompt versteckt. Es wollte nicht
operiert werden - und vor allem keine Spritze bekommen. Alles
Zureden, Erklären und Ermutigen half nichts - es wollte
nicht. Es war so verrannt in der Vorstellung, dass die Spritze
der größte Feind eines Kindes sei, dass nichts
mehr half - nur noch rohe Gewalt.
Diese Weigerung, geheilt zu werden, ist - im geistigen Bereich
- nichts anderes als die Sünde gegen den Heiligen Geist.
Der Geist will heilen, helfen - aber manche Menschen sind
in ihrer Ablehnung so verbissen, dass sie auch das Heilungsangebot
des göttlichen Geistes weit von sich weisen. "Alles
kann vergeben werden", sagt Jesus, "nicht jedoch
die Sünde gegen den Heiligen Geist" - nicht die
Weigerung, um Vergebung zu bitten oder Verzeihung anzunehmen.
Hier ist Gott in seiner Allmacht wehrlos - weil er liebt und
"Ja" sagt zu der schrecklichen Möglichkeit
des Menschen, "Nein" zu sagen.
Gott wird allerdings nicht aufhören, diese Kinder, die
Angst vor der Spritze haben, zu umwerben.
7. Der dreifaltige Gott
Gott ist in seinem ganzen Wesen Geist, Gottvater ist genauso
Geist wie der Sohn und der, den wir den "Heiligen Geist"
nennen. Denn alle drei sind absolut frei, absolut gut und
absolut liebend.
Aber die drei sind dennoch von einander verschieden; vor
allem ihre Beziehung zu uns Menschen ist dreifach verschieden:
Der Vater ist derjenige, der uns als seine Kinder annehmen
möchte - nicht nur als Geschöpfe, die er mag, sondern
als Kinder, die seinem Sohn gleichgestellt sind; er lädt
uns ein, Teil der Dreifaltigkeit zu werden.
Der Sohn ist derjenige, der sich an unserer Stelle den Folgen
der Sünde gestellt hat und seine Göttlichkeit mit
unserem Menschsein verbunden hat. Er hat den Weg zum Vater
geebnet und bietet uns seinen Leib an, damit wir mit Ihm Teil
der Dreifaltigkeit werden können.
Der Geist ist nun derjenige, der uns überhaupt erst
in die Lage versetzt, dieses Angebot anzunehmen - "Ja"
zur Erlösung zu sagen. Er ist der "Maulwurf"
in unserem Herzen, er ist die Arznei, die uns frei macht.
Er ist der Beistand, der das werden lässt, was Gottvater
uns anbietet und Gottsohn an unserer Stelle lebt: Teil der
Dreifaltigkeit zu werden.
Das klingt vielleicht sehr poetisch und vergeistigt, mag
sein. Aber es gibt innerste Geheimnisse in einer (menschlichen
und göttlichen) Liebesbeziehung, die man nur erzählen
kann, wenn man den Mut zur Poesie hat.
8. Die Gaben des Heiligen Geistes
In manchen, etwas hilflosen Fimrkursen wird die Wirkung des
Heiligen Geistes mit "Begeisterung" umschrieben
- was ja auch ziemlich nahe liegt, wenn wir auf das Pfingstereignis
schauen: Die zuvor ängstlichen Apostel und Jünger
trauen sich nach der heilenden Wirkung des Geistes auf die
Straße und predigen Jesus Christus. Aber ist diese Wirkung
an Pfingsten nicht eher mit "Mut" zu Umschreiben?
Und ist die Begeisterung bei einem Fussballspiel wirkich eine
Heilung der Seele?
Begeisterung muss nicht laut sein - gerade zwischen zwei
Liebenden kann die gegenseitige Begeisterung für einander
auch tief und still sein. Mir gefällt zum Beispiel die
Schlussszene im Film "Notting Hill" ungemein gut:
Während die Reporter sich vor Begeisterung die Seele
aus dem Leib fotografieren, stehen die beiden Verliebten absolut
still - und schauen sich nur an. Was für eine Begeisterung
kann in ruhigen Blicken liegen!
Die Wirkung des Heiligen Geistes mit (lauter) Begeisterung
gleichzusetzen, würde der Genialität des Geistes
Gottes nicht gerecht werden. Deshalb hat die Kirche immer
schon sieben Gaben unterschieden - "mindestens sieben"
sollte man hinzufügen.
Der Geist als göttlicher Homöopath will uns heilen,
damit wir in das göttliche Liebesgeschehen hineingenommen
werden können. Diese Heilung wird oft als Gabe des
Geistes bezeichnet - die klassische Theologie unterscheidet
sogar sieben Gaben. Die Gabe des Heiligen Geistes ist
zunächst nur eine: Er befähigt den Menschen, seine
eigene Geistigkeit als Gottes höchste Gabe anzuerkennen
und als geistiger Mensch zu leben; wieder frei zu werden und
"Ja" zu sagen. Das kann aber verschiedene Konsequenzen
haben:
Weisheit - Ich hatte vorhin schon die Frage gestellt,
ob Denker, die den Geist der Menschen wegdiskutieren wollen,
überhaupt noch als Philosophen bezeichnet werden können,
denn ein "Philosoph" ist ein "Freund der Weisheit".
Weisheit bedeutet aber, das Gute vom Bösen zu unterscheiden;
sich die Freiheit zu bewahren, Gott zu lieben. Denn schließlich
ist Gut nur das, was zu Gott führt (denn Gott allein
ist gut), und Böse ist das, was von Gott trennt. - Wahre
Weisheit drückt sich im Gebet der Kirche aus: "Lehre
uns das zu lieben, was Du uns befiehlst; lass uns erkennen,
das wir unsere wahre Freiheit finden, wenn wir Dir dienen."
Was nach einem Gegensatz klingt (lieben - gehorchen; Freiheit
- Dienen), ist in aller Weisheit der Schlüssel zum Glück.
Verstand - Der Geist des Menschen ist nicht nur seine
Freiheit. Immerhin muss der Mensch ja auch verstehen, was
Gut und Böse ist. Dazu hilft ihm sein Gefühl (seine
Intuition), aber auch sein Verstand. Gottes Wort zu ergreifen
und zu durchdringen, ist die tiefste Aufgabe des Verstandes.
Der Geist Gottes hilft uns den Irrtum zu überwinden,
die höchste Freiheit des Verstandes sei es, sich von
der Bevormundung Gottes zu befreien. Der Geist Gottes lässt
uns begreifen, dass das höchste Glück des Verstandes
darin liegt, das Gute in Gott, den Menschen und sich selbst
zu entdecken.
Rat - Der Entschluss, das Gute zu lieben und das Böse
zu meiden, ist schnell gefasst - theoretisch. In der Praxis
ist es aber nicht immer leicht, den rechten Weg vom Weg des
Unheils zu unterscheiden. Wie sieht es mit der Sterbehilfe
aus? In Kriegssituationen? Ist Klonen zu "therapeutischen"
Zwecken erlaubt? Darf ich in bestimmten Situationen lügen?
Soll ich meinen Freunden gegenüber solidarisch sein -
oder ihren Drogenkonsum anzeigen? - Viele Fragen stellen sich,
deren Antwort gelegentlich schwer fällt. Wenn Professor
Dumbeldore im vierten Teil von Harry Potter sagt: "Jetzt
ist es an der Zeit, den richtigen Weg zu wählen - nicht
den bequemen", dann braucht man einen guten Berater,
um die Wege von einander zu unterscheiden. Der beste Berater
ist Gott selbst - und seine diplomatische Vertretung in meinem
eigenen Gewissen ist der Heilige Geist.
Stärke (oder: Starkmut, Mut) - Das ist nicht
nur die Gabe, die richtige Vorgehensweise zu erkennen,
sondern auch den Mut zu haben, das Richtige zu tun
(oder auch das Falsche zu lassen - was oft noch viel schwerer
ist). Stark zu sein heißt, konsequent in Freundschaft
mit Gott, dem Nächsten und seiner eigenen Natur zu leben.
Der Geist des Menschen hat zunächst die Möglichkeit,
das Gute als Erstrebenswert zu erkennen. Der vom Heiligen
Geist geheilte menschliche Geist hat außerdem auch die
Fähigkeit, das Gute gegen alle Widerstände auch
zu ergreifen.
Erkenntnis (oder: Heilige Wissenschaft) ist die schlichte
Gabe, die Dinge so zu sehen, wie sie sind. Natürlich
hat jeder seine eigene Brille auf, die ihm vor allem das zeigt,
was er gerne hätte. Der Materialist z.B. sieht überall
Hinweise auf rein natürliche Erklärungsmechanismen,
der Wirtschaftswissenschaftler findet immer wieder volkswirtschaftliche
Kräfte am Werk, der Wundergläubige erkennt in allem
Unerklärliches. Was aber ist wirklich? - Die Fähigkeit,
auch dann die Wirklichkeit zu akzeptieren, zu ihr Ja
zu sagen, auch wenn es nicht meinen Wünschen entspricht
- in Freundschaft mit der Realität zu leben - ist eine
Gabe des Geistes.
Frömmigkeit ist die Zustimmung zu Gott. Geist
ist die Gabe, anzuerkennen und zu lieben. Und welche größere
Zustimmung kann es geben, als den Geist schlechthin - Gott
- zu mögen?
Oft ist Frömmigkeit mit dem Geruch der Frömmelei
behaftet; einige schämen sich sogar ihrer Frömmigkeit.
Aber ein kleiner Hinweis, dass Frömmigkeit nicht bedeutet,
besonders viele Kniebeugen zu machen oder lateinische Gebete
aufsagen zu können, sondern Gott zu lieben, klärt
das Missverständnis schnell.
Okay - es gibt auch Menschen, die schämen sich, Gott
zu lieben. Das ist für junge Menschen in der Pubertät
normal: Wer lief nicht im Alter von dreizehn Jahren sofort
rot an, wenn ihm ein Verhältnis zu einer Person des anderen
Geschlechts nachgesagt wurde? Aber irgendwann muss auch die
Zeit der Pubertät einmal vorbei sein. Der Geist hilft
dazu, erwachsen zu werden.
Gottesfurcht - Die letzte Gabe in der klassischen
Aufzählung der Geistesgaben - die Gottesfurcht - ist
eigentlich die grundlegende. Zunächst einmal: Mit Gottesfurcht
ist nicht etwa Angst gemeint - Furcht ist das alte
deutsche Wort für Respekt - oder eben Anerkennung.
Wieder ist die Gabe des Geistes die des "Ja-Sagens"
- diesmal zur eigenen Geschöpflichkeit. Anzuerkennen,
dass wir Geschöpfe sind und eben keine Götter, ist
der Anfang der Freundschaft mit sich selbst. Die eigenen Grenzen
anzunehmen und Gott als Gott anerkennen - das ist wahre Liebe
und Bejahung der eigenen Existenz. Letztlich kommt alles seelische
Leid - alle Sünde - aus der Unzufriedenheit des Menschen,
nicht Gott zu sein.
Wer aber begreift, dass gerade die Zustimmung: "Ja ich
bin ein Geschöpf Gottes!" eine Gabe das Geistes
ist, der beginnt sein Glück.
9. Das Wirken des Geistes in den
Sakramenten
In allen sieben Sakramenten wirkt der Heilige Geist, in allen
sieben Sakramenten ist die Wirkung die gleiche: Sie heilt
uns - bzw. heiligt uns, was das auf das Gleiche hinausläuft.
Wie eine Salbe, die zwar immer gleich aussieht, aber auf verschiedenen
Wunden aufgetragen wird, kann die Wirkung der Sakramente allerdings
unterschiedlich sein:
Taufe - In der Taufe bietet Gott uns seine Vaterschaft
an und fragt uns, ob wir als Sein Kind leben wollen (sozusagen
anstelle Seines Sohnes): Wenn wir zustimmen, ist das
die heilende Wirkung des Geistes.
Firmung - In der Firmung bietet Gott uns an, selbst
zu heilenden Menschen zu werden: Der Heilige Geist nimmt uns
in seinen Dienst der Verkündigung und Heiligung der Welt.
Während die Taufe noch eine ziemlich persönliche
Sache war, bietet sich der Firmling an, Zeugnis vor der Welt
abzulegen. Mit der Firmung werden wir zu Mitarbeitern des
Heiligen Geistes.
Eucharistie - Das größte und wichtigste
Sakrament ist die Eucharistie: Jesus ist an unserer Stelle
gestorben und mit seinem neuen Leib von den Toten auferstanden.
Jetzt bietet er uns diesen Leib als Speise an, damit wir Teil
seines Leibes werden - und damit auch Anteil an der Auferstehung
haben. Dem Leib nach werden wir Christus ähnlich
- dem Geist nach werden wir durch Jesus Christus Teil
der göttlichen Familie. Der Heilige Geist ist dabei das
"grüne Band der Sympathie".
Beichte - Im Grunde ist die Beichte die Kehrseite
der Eucharistie. Während die Eucharistie uns in die Liebesgemeinschaft
Gottes hineinnimmt, löst uns die Beichte aus der Sklavengemeinschaft
der Gottfernen. Dabei ist die Beichte nicht nur eine "Verneinung
der Sünde" - wer nur beichtet, um fortan nicht mehr
zu sündigen, wird rückfällig. Neinsagen - auch
zur Sünde - ist immer die schwächste Form der geistigen
Tätigkeit. Der Geist kann mehr - er kann zustimmen, lieben
und anerkennen. Wer also nicht nur beichtet, um zu sich von
der Sünde abzuwenden, sondern wer beichtet, weil er Gott
neuer und reiner lieben will als je zuvor, erfährt den
Beistand des Heiligen Geistes.
Ehe - In welchem Sakrament spielt das "Jawort"
eine größere Rolle als in der Ehe? Nicht nur am
Altar sagen die Eheleute "Ja" zu einander (und,
wer die Katechese zur Sexualität gelesen hat, weiß,
dass sich die Ehepartner auch noch im Hochzeitsbett das "Ja"
schenken) - eine wirklich heilige Ehe sagt immer wieder, jeden
Tag, jede Minute, "Ja" zu dem, was im Partner gut
ist. Noch mehr: Eine Ehe ist vor allem dann geist-erfüllt,
wenn sich die Eheleute mit der Unterstützung durch den
Heiligen Geist gegenseitig dazu befähigen, nicht nur
zu einander "Ja" zusagen, sondern ihre Liebe auf
die Kinder, die Welt und auch auf Gott auszudehnen. Sich wahrhaft
zu lieben heißt, sich gegenseitig in den Himmel zu verhelfen.
Priesterweihe - Ein Priester ist das Lieblingswerkzeug
des Heiligen Geistes. Er leiht seine ganze Existenz (vor allem
aber seinen Leib) dem Heiligen Geist zur Heiligung der Menschen.
Durch seine Worte und Gesten findet der Geist Gottes den Zugang
zu den Menschen, die doch so sehr auf leibliche Zuwendung
angewiesen sind. Christus hat einen menschlichen Leib angenommen,
damit wir Zugang zum Heiligen Geist erlangen können.
Und so ist der Priester die Fortsetzung der Menschwerdung:
Der Geist nimmt sich dieser (eigentlich ziemlich unvollkommenen)
Menschen an, um den Christen Zugang zum Heiligen Geist zu
schenken.
Krankensalbung - Letzte Ölung - "Ja-Sagen"
und Zustimmen müssen wir auch zu unseren Grenzen
und Übergängen. Wir leben auf dieser Welt nicht
ewig, unser Leib ist sterblich und begrenzt. Das Anzunehmen
ist vielleicht die größte Herausforderung. Angesichts
des nahen Todes brauchen wir eine besondere "Anschubfinanzierung"
durch den Heiligen Geist. In der Krankensalbung werden wir
fähig, alles fahren zu lassen (auch unseren eigenen Leib),
um alles zu gewinnen.
Möchtest Du mir schreiben? Für diese
Katechese ist
Peter
verantwortlich.