Gruppenleiterschulungen  | Pädagogik für Gruppenleiter 1 - Was spielt sich in den Kindern
ab?
Pädagogik für Gruppenleiter 2 - Autorität, Regeln, Konsequenzen
Pädagogik für Gruppenleiter 3 - Ziele
Pädagogik für Gruppenleiter 4 - Gruppendynamik bei Kindern
und Leitern
Pädagogik für Gruppenleiter 5 - Praktische Hinweise
Jeder Gruppenleiter hat seine eigenen Stärken und Schwächen,
seine eigenen Vorlieben. Daraus ergibt sich oft, dass auch die Art und
Weise der Jugenarbeit in eine bestimmte Richtung geht. Das ist - wichtig!
- gut. Dennoch sollte jeder Gruppenleiter darum bemüht sein, seine
Jugendarbeit ausgewogen zu gestalten, also auch die Aspekte zu berücksichtigen,
die ihm nicht so sehr liegen.
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Rollenverhalten
In einer Gruppe finden und entwickeln sich immer bestimmte Rollen, die einzelne
Kinder wahrnehmen. Für die Gruppenleiter ist es wichtig, die Rollen,
in die ein Kind schlüpft, wahrzunehmen (und noch nicht sofort
bewerten oder steuern!). Erst auf lange Sicht kann der Gruppenleiter versuchen,
den Kindern Wege aufzuzeigen, aus einem künstlichem Rollenverhalten zur
echten Findung der eigenen Person zu gelangen.
Folgende Rollen finden sich in den meisten Gruppen:
-
Clowns: Ein Clown versucht, sich durch Späße und Lacher
beliebt zu machen. Oft steckt dahinter aber die Ansgt, ohne die Aufmerksamkeit
zum Außenseiter zu werden. Daher nimmt ein «Clowns» auch in kauf,
sich selber lächerlich zu machen - «lieber das, als unbeachtet bleiben...»
-
Außenseiter: Ein Kind kann zum Außenseiter werden,
weil es einfach nur stiller ist als die anderen, aber auch, weil es sozial
gestört ist oder durch Probleme (z.B. zu hause) gehemmt ist. Außenseiter
fühlen sich in ihrer Rolle selten wohl, haben aber noch mehr Angst
davor, ins «Rampenlicht» zu treten und sich dabei eventuell zu blamieren.
-
Meinungsmacher («Chef»): Was der Chef bestimmt, wird gemacht -
zumindest sieht der Meinungsmacher darin die Bestätigung seiner Person.
Ein Meinungsmacher lebt von seinen «Gefolgsleuten». Es gibt Meinungsmacher,
die sich so in ihrer Rolle verfestigt haben, dass sie ohne die Bestätigung
der anderen nicht mehr sein können.
-
Mitläufer: Ein Mitläufer schließt sich gerne der
Meinung und der Stimmung des Meinungsmachers an - das ist bequemer, als
sich selbst eigene Urteile zu bilden.
-
Vermittler: Ein Vermittler sieht seine Aufgabe darin, zwischen
Meinungsmachern und Außenseitern, aber auch bei sonstigen Meinungsverschiedenheiten
zu vermitteln.
-
Organisatoren: Ein Organisator tritt immer dann auf den Plan,
wenn «geschäftliche» Dinge anstehen. Sind Pläne aufzustellen
oder Abläufe zu koordinieren, so übernehmen sie die Führung,
ansonsten halten sie sich auch mal gerne im Hintergrund auf.
-
Leitfiguren: Im Gegensatz zu den Meinungsmachern haben sich Leitfiguren
nicht selber auf einen Sockel gehoben, sondern sind zum allseits akzeptierten
«Champ» geworden, ohne dass sie es darauf angelegt haben. Leitfiguren
kann eine solche Rolle auch unangenehm werden, sie können sich aber
auch daran gewöhnen und sich selbst zum «Chef» aufschwingen.
Selbstverständlich gibt es noch viele weitere Rollen, die sich mehr
oder weniger von den genannten unterscheiden. Klare Rollen sind in einer Gruppe
schnell geschaffen, lassen sich aber nur schwer wieder verändern (vor
allem in einer Jungengruppe - dazu später mehr). Darunter können
die Kinder stark leiden, vor allem auch dann, wenn die Rolle, in der sie sich
befinden, dem Kind nicht gerecht wird.
WICHTIG: Lasst den Kindern ausreichend Zeit und Freiheit, ihre Rollen
selbst zu finden bzw. zu verändern. Manche Kinder suchen sich bewußt
Rollen, die sich deutlich von ihrer Rolle zuhause oder in der Schule unterscheiden.
Sie probieren aus - und das ist extrem wichtig für ihre Persönlichkeitsentwicklung.
Unterstützt aber die Kinder, die sich aus ihrer Rolle befreien wollen
und daran von der Gruppe behindert werden!
Typen von Kindern
Eine Rolle wird innerhalb einer Gruppe bestimmt, einzelne Kinder können
so in verschiedenen Gruppen verschiedene Rollen spielen. Von den Rollen
innerhalb einer Gruppe sind die Typen von Kindern zu unterscheiden.
Was für einen Typ ein Kind entspricht, ergibt sich seinen Charaktereigenschaften,
und nicht aus der Gruppenzusammensetzung. Charaktertypen sind z.B.:
- Helfer
- Quertreiber
- Anhängliche
- Angeber
- Stille
- Geltungssüchtige
- Verspielte
- Schwätzer
- Techniker
- Schüchterne
- Ängstliche
- etc.
WICHTIG: Rollenverhalten könnt ihr steuern - was für ein
Typ ein Kind ist, könnt und dürft ihr nicht ändern! Es
grenzt an psychische Gewalt, wenn Ihr versucht, ein "stilles Kind"
durch erzieherische Maßnahmen in einen "Draufgänger"
zu verwandeln. Stille Kinde müssen nicht unbedingt daran leiden, dass
sie nicht im Mittelpunkt des Geschehens stehen - sie habe ein Recht darauf,
sich zurückzuhalten. Kinder leiden erst dann, wenn sie in einer Gruppe
eine Rolle spielen müssen, die nicht ihrem Typ entspricht!
Ihr müsst (!) also deutlich unterscheiden zwischen dem Rollenverhalten
und dem Charakter des Kindes. Oft wechselt das Kind im Laufe der Entwicklung
von einem Typ zum anderen. Dann muss sich auch die Rolle ändern...
Außenseiter
Für die Gruppenkinder und den Gruppenleiter ist es besonders belastend,
einen (oder mehrere) Außenseiter in der Gruppe zu haben. Schnell wird
versucht, ihn mit aller Macht in die Gruppe zu integrieren, herauszufordern
oder öfter mal in den Mittelpunkt zu stellen. Das kann genau der falsche
Weg sein.
Ein Außenseiter muss nicht unbedingt unter seiner Stellung in der Gruppe
leiden. Vor allem in Jungengruppen ist es oft wichtiger für ein Kind,
überhaupt einen festen Platz in der Gruppenhierarchie zu haben - mag
es auch der letzte Platz sein. Immerhin gehört derjenige nun zur Gruppe.
In der inzwischen überholten ideologischen Pädagogik der 70er und
80er Jahre glaubte man, dass alle Kinder im Grunde gleich sind und ein gleiches
Entwicklungspotential in sich tragen. Deshalb redete man dem Gruppenleiter
ein, es wäre sein Versäumnis, wenn es in der Gruppe "unterentwickelte"
und nicht integrierte Kinder gibt.
Inzwischen hat sich allgemein (wieder) durchgesetzt, dass Kinder nicht nur
durch die Umwelt (also auch durch Euch) geprägt werden, sondern mit einer
gehörigen Portion Charakter und Individualität auf die Welt kommen.
Kinder sind unterschiedlich und beanspruchen deshalb unterschiedliche Positionen
im sozialen Gefüge. Es ist also nicht Euer Fehler, wenn es in der Gruppe
Außenseiter gibt, und es ist auch nicht Eure Aufgabe, ein solches Kind
zu verändern.
Außenseiter ist allerdings nicht gleich Außenseiter:
-
Es gibt reife Außenseiter: Kinder, die sich am Rande der
Gruppe wohler fühlen als im Zentrum des Geschehens. Einige Kinder
sind ruhiger, stiller oder bescheidener. Manche Kinder gehen Konflikten
aus dem Weg (oder lösen sie), in dem sie auf einen Streit verzichten.
Einige Kinder nehmen bewußt in kauf, als Schwächling zu gelten,
weil sie erkennen, dass die Sache eine Auseinandersetzung nicht lohnt.
-
Es gibt unreife Außenseiter, die in der Entwicklung etwas
verzögert sind und noch Zeit brauchen. Oder Kinder, die im Elternhaus
(oder der Schule) überfordert sind und sich in der Gruppe erholen,
indem sie eine passive Rolle einnehmen. Oder Kinder, die Defizite in ihrem
Sozialverhalten haben und sich in regelmäßigen Abständen
unbeliebt machen und selbst ausgrenzen.
-
Und es gibt schließlich den unfair Ausgegrenzten, der von
der Gruppe aus nichtigen Gründen an den Rand gedrängt wird ("Mobbing"
nennt man das neuerdings). Da spielt vielleicht seine soziale Herkunft
eine Rolle, oder er ist körperlich anders (zu klein, zu dick, zu
unsportlich), vielleicht hat er einen Sprachfehler oder einen Bruder,
der keinen guten Ruf genießt. Wie auch immer: Ein solches Kind leidet
wirklich und braucht Hilfe; eine solche Gruppe braucht ebenfalls Hilfestellung,
ihr Verhalten zu erkennen und zu ändern.
Aber Vorsicht: Das ist schwieriger, als es aussieht. Es ist nicht damit
getan, "Frieden zu verordnen" und "Mobbing zu bestrafen".
Was vor allem fehlt, ist die Einsicht der Gruppe in ihr Verhalten - und
(auch wenn es ungewohnt klingt) Verständnis des Gemobbten für
die Unreife der Gruppe. Letztlich geschieht Integration nur über
die Fähigkeiten, eigene Schuld zu erkennen und die Schuld anderer
zu verzeihen.
Wenn wir in Ferienlagern oder Gruppenstunden von Außenseitern reden,
meinen wir meist den dritten Typ: Den unfair Ausgegrenzten. Aber dieser Fall
kommt kaum in Reinform vor und ist insgesamt seltener, als man glaubt.
Eigentlich ist es nicht möglich, Tipps oder Kniffe zur Lösung eines
solchen sozialen Konfliktes zu vermitteln. Viel wichtiger ist die persönliche
Zuwendung und das eigene Beispiel des Gruppenleiters. Es gibt allerdings ein
paar wesentliche Punkte, die Ihr im Auge behalten müsst, wenn Ihr auch
einem Außenseiter gerecht werden wollt:
-
Auch ein Außenseiter hat ein Recht auf faire Behandlung und Respekt.
-
Auch ein Außenseiter ist ein volles Mitglied der Gruppe. Wird nach
der Meinung der Gruppe gefragt (wenn es z.B. um die Wahl eines Spieles
geht), muss wirklich jeder gehört werden. Oft möchten Außenseiter
gar nicht zu allem ihren Senf dazu geben; das berechtigt aber nicht dazu,
ihn demnächst bei Entscheidungsfindungen zu übergehen!
-
Manche Außenseiter haben verborgene Fähigkeiten, die aber
nicht zum Zuge kommen, weil er sich nicht traut oder die Gruppe ihn nicht
läßt oder nicht wahrnimmt. Der Gruppenleiter sollte immer zur
Stelle sein, wenn es gilt, einem Kind das Einbringen seiner Fähigkeiten
zu ermöglichen (bitten keinen wohlgemeinten Zwang!).
-
Auch ein Außenseiter braucht Erfolgserlebnisse, die er sich allein
zurechnet. Hinderlich ist dann oft der Gruppenleiter, der ihn sofort plakativ
in den Mittelpunkt stellt und von anderen die Anerkennung stellvertretend
einfordert. Das Ergebnis ist kontraproduktiv: Der Außenseiter erlebt
sich nicht mehr selbst als gut, sondern nur dank des Gruppenleiters.
-
Vorbeugen ist besser als reparieren: Oft werden die unfair Ausgegrenzten
schon innerhalb der ersten Gruppenstunden an den Rand gedrängt. Wählt
also Euer Spielprogramm gerade für die den Anfang des Ferienlagers
oder den Beginn Euer Gruppenstunden mit Bedacht: Fordert nicht nur einseitig
die sportlich Begabten oder die Intelligenten und Disziplinierten.
-
Wie auch bei der Entwicklungshilfe der Vereinten Nationen oder der Caritas
gilt auch für Euch: Gebt Hilfe zur Selbsthilfe. Nehmt einem
Kind die persönliche Entwicklung nicht aus der Hand, fordert nur
soviel Entwicklung, wie das Kind selber bereit ist zu leisten. Nehmt Euch
als Gruppenleiter zurück - auch mit Euren eigenen Vorstellung von
einem glücklichen Kind.
Phasen der Persönlichkeitsentwicklung
Ein Mensch macht in seinem Leben die unterschiedlichsten Phasen durch. Für
uns sind vor allem zwei Phasen interessant: Das sogenannte Spätkindalter
und die beginnende Pubertät. Im Übergang von einer Phase zu anderen
können sich die Kinder gewaltig ändern, vom lieben «Schmusekätzchen»
zur «Streithenne» oder vom ruhigen Organisator zum lautstarken Clown - usw.
Für den Gruppenleiter ist es wichtig, die Probleme der Entwicklungsphasen
zu kennen, um sich durch ein plötzlichen Wandel bei den Kindern nicht
aus dem Gleichgewicht bringen zu lassen.
Das Spätkindalter wird allgemein zwischen 9 und 11 Jahren angesetzt,
auch «Robinsonalter» genannt: In diesem Alter wollen die Kinder die Welt erkunden,
ihre eigenen Möglichkeiten austesten, etwas «erleben». In dieser Zeit
bilden sich - vor allem bei Jungen - Banden und «Geheimclubs». Ein solcher
Club könnte auch die Gruppe sein. In vielen Fällen sind die Gruppenleiter
Vorbilder und Leitfiguren.
Die körperliche Pubertät, die schon mit 10 Jahren einsetzen kann,
spätestens aber mit 13 Jahren beginnt, führt oft zu einem schnellen
Wechsel der Interessen, einem häufigen Wechsel der Gefühle. Die
Kinder können sich selbst schlecht einordnen, das macht sie auch für
den Gruppenleiter oft undurchschaubar. Gerade in dieser Zeit lösen sich
die Kinder von der Kindheit und allem, was sie damit verbinden, Trotzphasen
treten auf. Vor allem vom Gruppenleiter wollen sie nicht mehr als «Kinder»,
sondern als «reife Jugendliche» angesprochen werden - und sehnen sich dann
doch wieder nach den Kindheitsspielen zurück. Gerade in dieser Phase
kann aber der Gruppenleiter auch zum Halt und zur Vertrauensperson werden.
Jungen / Mädchen
Es gab einmal eine Zeit, da behaupteten Pädagogen, im Grunde gäbe
es gar keine Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen - es sei denn,
ein unterschiedliches Rollenverhalten, das anerzogen ist. Inzwischen ist diese
Ansicht auf dem Müll der Pädagogikgeschichte gelandet. Die Frage,
was genau Jungen und Mädchen vor allem in ihrem Gruppenverhalten unterscheidet,
ist aber noch immer aktuell. Folgende Erfahrungen können bei der Klärung
hilfreich sein - aber Vorsicht: Auch wenn vieles von dem, was hier steht,
zutrifft, ist jedes Kind (und auch jeder Mensch) nicht in einer "Schublade"
geboren und hat ein recht darauf, von Euch unvoreingenommen wahrgenommen zu
werden. Wer weiß - einige Mädchen sind weitaus "männlicher"
als viele Jungs - und umgekehrt.
Mädchen
Die traditionellen Spiele der Mädchen sind kooperativ strukturiert;
das heißt, dass der Erfolg der einen Mitspielerin nicht unbedingt den
Misserfolg der anderen bedeutet. Mädchen spielen nicht gerne hierarchische
Spiele, es gibt keine Anführerinnen. Ausnahmen sind z.B. Vater-Mutter-Kind-Spiele,
aber die dominante Rolle wird wechselnd besetzt. Mädchen mögen häufig
keine Spiele, bei denen es echte Gewinner und echte Verlierer gibt. Mädchen
spielen meist in Paaren oder kleineren Gruppen. Im Mittelpunkt der Spiele
steht ein gemeinsames Tun. Mädchen definieren sich über Nähe
zu anderen ("andere nach dem Weg fragen"). Mädchen akzeptieren
auch eher ruhigere Gruppenstundeninhalte, z.B. Basteln oder Meditationen.
Die Sprache der Mädchen ist dialogisch orientiert ("laßt
uns", "wollen wir nicht"), dies bedeutet, dass ein gemeinsamer
Beschluß angestrebt wird; durch diese Sprache versuchen sie, Kompromisse
zu finden. Verbale Ausfälle kommen bei Mädchen kaum vor, da diese
meist auf Kosten von anderen gemacht werden, und somit das Gemeinschaftsverhältnis
stören. Mädchenbeziehungen gründen sich sehr viel mehr als
bei Jungen auf Gespräche. Sie haben keine Probleme, über sich selbst,
ihre Freunde und Freundinnen und ihre Beziehungen zu sprechen. In Gesprächen
werden von den Zuhörerinnen Parallelgeschichten erzählt, um eine
Nähe zum Erzählten zu erzeugen ("Ja, mir ist etwas ähnliches
passiert..." - "Das ist ja fast wie das, was ich erlebt habe...").
Mädchenbeziehungen gründen auf Übereinstimmung und Gemeinsamkeit.
Dieses Gleichheitsprinzip bringt dann Probleme mit sich, wenn es zu Meinungsverschiedenheiten
kommt. Mädchen können weder Dominanz noch Agressivität einsetzen,
weil sie dadurch das Gleichheitsprinzip untereinander gefährdet. (Keine
will oberlehrerinnenhaft wirken, keine will die Gemeinschaft zerstören,
jede will die Gruppe erhalten). Somit lernen Mädchen, Gruppen zu steuern,
ohne dominant zu sein (Jungs nennen das "hintenherum"), auf andere
Meinungen einzugehen und auf Aggressivität und Gemeinheiten zu vermeiden.
Falls es einmal zu einer wirklich ernsten Auseinandersetzung kommt, können
Mädchen eine Freundschaft ganz abbrechen, sie gehen dann über Monate
oder Jahre der Gegnerin aus dem Weg. Mädchen wollen dann auf gar keinen
Fall mehr miteinander sprechen, sie wirken (auf Jungen und Männer) "zickig".
Jungen
Jungen spielen eher in größeren, hierarchisch orientierten Gruppen.
Es gibt meist einen dominanten Anführer. Die Jungen die lassen sich untereinander
ihre Unterlegenheit spüren. Die Hierarchie kann sich auch verändern
(z.B. in Spielen, in verschiedenen Rollen z.B. als Clown). Somit lernt jeder
Junge mit herber Kritik umzugehen. Jungen lernen, die Gruppenstruktur zu instrumentalisieren:
Sie definieren sich und ihre Wertigkeit nicht allein durch die Position in
der Gruppe, sondern vor allem daran, ob sie mit ihrer Rolle auffallen - und
sei es als Außenseiter oder Gruppenkasper. Sie behalten dadurch ihren
Selbstwert auch in einer untergeordneten Positon.
Jungen lernen, sich mit Sprache in den Mittelpunkt zu stellen (Gags, Geschichten
erzählen usw.). In der Regel wissen Jungen genau, wie sie sich in der
Sprecher bzw. Zuhörerrolle zu verhalten haben. Das "Publikum"
verhält sich nicht wie bei den Mädchen aufmerksam unterstützend,
sondern der Junge, der gerade im Mittelpunkt steht, wird verulkt und zum Gegenstand
von Witzen gemacht. Jungen lernen also spielerisch sich gegen ein rituell
rivalisierendes Publikum durchzusetzen und mit herber Kritik umzugehen. Die
Jungen wissen, daß die Kommentare aus dem Publikum (z.B. auf ein Stichwort
"dick" kommt aus dem Publikum "selber fett"), nicht vordergründig
auf sie selbst gerichtet sind, sondern eher den Zwischenrufer selbst in den
Mittelpunkt des Geschehen stellen sollen.
Bei Jungen geht es "heftiger" zu. Streitereien sind für Jungen
teilweise sogar eine Form der Kontaktaufnahme, verbale Ausfälle werden
in Jungengruppe als normal angesehen. Jugen versuchen ständig ihre Hierarchiestufe
durch Streitereien auszuloten. Jungen scheuen sich nicht davor, Befehle zu
geben ("Wir spielen jetzt das!").
Sportliche Jungen stehen in der Regel in der Hierarchie oben, unsportliche,
unattraktivere Jungen werden meist auf die hinteren Plätze verwiesen,
was stark an dem Selbstbewußtsein der Jungen kratzen kann.
Verbale Ausfälle sind innerhalb von Jungengruppen normal. Themen, über
die mit Mädchen einfach zu diskutieren ist (z.B. Glaube, Liebe, Freundschaft)
sind Jungen eher peinlich. Ihre Verletzlichkeit kann dabei offen zu Tage treten,
und es besteht für ihre Prägung die Gefahr, dass dies von den anderen
Jungen für Rangstreitigkeiten ausgenutzt wird. Jungen untereinander reden
normalerweise nicht über Emotionales, Gefühle, Persönliches,
eben weil sie dadurch angreifbar werden.
Das Schweigen über die eigenen Probleme ist das Defizit der Jungen.
Probleme werden nicht so offen wie in Mädchenfreundschaften diskutiert.
Es gibt auch keine so engen Jungenfreundschaften wie bei Mädchen.
Autorität
Zwischen «Diktator» und «Kumpel»
Jeder Gruppenleiter ist mit seiner eigenen, ganzen Person Gruppenleiter und
hat seinen eigenen Leitungsstil. Dabei dürfte klar sein, dass ein Gruppenleiter
kein Diktator sein darf, aber eben auch nicht der Kumpel, der jeden Unsinn
mitmacht. Wo aber liegt das gesunde Mittelmaß?
Eine exakte Beschreibung des optimalen Leitungsstils lässt sich am «grünen
Tisch» bzw. in diesem Reader nicht machen. Selbst in der Praxis ist es nicht
sinnvoll, einen «Einheits-Gruppenleiter» einzufordern, da es ein «objektives
Ideal» nicht gibt. Letztlich sollen die Leiter ja auch in ihrer Verschiedenheit
bleiben. Aber es gibt ein paar Grundregeln zu beachten, die im Folgenden näher
erläutert werden.
Der Begriff "Autorität" hat in einigen Kreisen einen schlechten
Beigeschmack. Das liegt vielleicht daran, dass es auch schlechte Autoritäten
gibt: Lehrer, die sich selbst und ihre Marotten in den Mittelpunkt stellen
und von den Schülern verlangen, allem ungefragt zu folgen. Es gibt autoritäre
Eltern, die immer wieder Gehorsam einfordern, ohne zu begründen - und
das ganze oft aus Lust (oder Unlust) und Laune - usw.
In Wirklichkeit ist "Autorität" aber etwas Gutes und Notwendiges.
Autorität heißt, dass die Kinder Euch zutrauen, im Zweifelsfall
die richtigen Entscheidungen zu treffen. Autorität hat nichts mit «Angst»
oder «Kadavergehorsam» zu tun, sondern mit Vertrauen. Wenn ihr für Ruhe
sorgt, weil sonst das Spiel nicht funktioniert, so erwarten die Kinder das
von Euch, weil sie spielen möchten. Wenn ihr allerdings für Ruhe
sorgt, weil ihr heute keine Lust auf laute Kinder habt, so verspielt ihr eure
Autorität. Damit ist auch schon ein Schlüsselbegriff angedeutet:
Ihr braucht Euch Eure Autorität nicht zu erarbeiten, Ihr braucht sie
Euch nur zu bewahren.
Die Bewahrung der Autorität
Im Gegensatz zu einem neuen Lehrer im Kollegium, einem jungen Professor oder
einem Au-Pair-Mädchen, die alle erst einmal beweisen müssen, dass
sie eine Autorität sind (bzw. haben), hat der Gruppenleiter es normalerweise
einfacher: Ihr habt bereits eine Autorität.
Versetzt Euch nur einmal in die Lage eines 8jährigen Gruppenkindes:
Auf dem Schulhof, in den Fussgängerzonen und Treffpunkten der älteren
Jugendlichen hat ein Kind in diesem Alter nichts bei 15-17jährigen zu
melden; besser ist es, wenn Kinder den Jugendlichen aus dem Weg gehen. Ein
"normaler" Jugendlicher wird sich auch nicht kameradschaftlich mit
Kinder abgeben, sondern ist meist vollauf damit beschäftigt, allen zu
beweisen, dass er selbst kein Kind mehr ist und zur Welt der Erwachsenen gehört.
Zumindest nehmen Kinder dies so wahr.
Und nun kommt ein Gruppenleiter, gerade in diesem "coolen" Alter
der Jugendlichen, zu denen die Kinder immer mit Neid aus der Entfernung aufschauen,
und leitet ihre Gruppe: Ein echter Jugendlicher, der sich für Kinder
interessiert! Er lacht nicht über sie, er verjagt sie nicht und läßt
sich sogar in aller Öffentlichkeit von den Kindern begrüßen!
Klar, dass die Gruppenleiter sofort - ohne überhaupt etwas getan zu haben
- bei den Kindern zur Identifikationsfigur werden. Ihr seid für die
Kinder ohne Frage eine Autorität: Was Ihr cool findet, wird auch
von den Kindern angenommen; wenn Ihr abfällig über einen Star redet,
dann werden auch die Kinder diesen Star zu den Akten legen - usw.
Eure einzige Aufgabe ist es, diese Autorität zu bewahren.
Es gibt zwei Möglichkeiten, Eure geschenkte Autorität zu verlieren:
- Wenn Ihr den großen Chef spielt und die Kinder als Eure persönlichen
Sklaven betrachtet, verliert Ihr Euren Bonus sehr schnell: Denn dann seid
Ihr (in den Augen der Kinder) ja doch genauso wie die anderen Jugendlichen,
die die Kinder nicht wirklich ernst nehmen.
Wer seine Autorität mißbraucht, zu oft beansprucht und das
freundschaftliche Verhältnis zu den Kindern durch ein herrschaftliches
Verhältnis ersetzt, verliert seine Autorität.
- Wenn Ihr selbst zu Kindern werdet, verliert Ihr Euren Bonus ebenfalls
sehr schnell. Die Kinder wollen Jugendliche zum Freund, Personen, die eigentlich
zu einer anderen (Alters-)Welt gehören und den Kindern das Gefühl
geben, durch die Gruppenleiter einen Zugang zur wirklichen großen
Welt zu bekommen. Seid Ihr aber kindisch und verantwortunglos, nehmt Ihr
Eure Rolle als "großer Freund" nicht wahr, dann ist Eure
Autorität schnell dahin.
Wer seine Autorität nicht wahrnimmt und weder für ausgleichende
Gerechtigkeit noch für ein geordnetes Spiel sorgen kann, wer eher um
die Sympathien der Kinder bemüht ist als um deren Wohl, der verliert
seine Autorität.
Die Kinder sind dankbar, wenn ihr Euch auf deren Ebene herablaßt, Euch
z.B. für ihre bunten Steine begeistert und auch Pokemons und die aktuelle
Pop-Gruppe (wer immer das auch sein wird) gut findet. Sie werden aber spüren,
dass wir unser Fell überspannen, wenn wir uns billig anbiedern (z.B.
gemeinsam mit ihnen mit den bunten Steinen Fenster einwerfen). Wer sich zu
sehr benimmt wie ein Kind, wird weniger Freund, sondern vielmehr «Freundchen».
Autorität in der Reserve
Unverzichtbar ist unsere Autorität vor allem bei wirklich gefährlichen
Situationen: Beim Fahrradfahren auf einer vielbefahrenen Straße oder
beim Klettern auf Bäumen etc. Wenn ein Kind sich selbst in Gefahr bringt,
müßt ihr «Autorität in Reserve» haben. Das heißt ganz
konkret, dass die Kinder (im Unterschied zu Eurem bisherigen Verhalten) an
Eurer Stimme, Eurem Gesichtsausdruck und Eurer Körperhaltung erkennen,
dass es Euch jetzt wirklich Ernst ist. Habt Ihr zuvor schon bei jedem
kleinsten Regelverstoß einen Aufstand gemacht, so könnt Ihr Euch
in einer ernsten, evtl. sogar lebensgefährtlichen Situation nicht mehr
steigern. Das kann fatal sein!
Natürliche Autorität
Wenn gleich (unter Regeln und Verbote) von der "natürlichen Autorität"
die Rede ist, dann ist damit diese Ausstrahlung gemeint ("Oh, jetzt meint
es unser Gruppenleiter aber ernst...") - und nicht die Drohung mit Strafe
oder die Lautstärke Eurer Stimme. Testet es einmal: Versucht, innerhalb
der Gruppe nur durch die Art und Weise, wie Ihr "Jetzt ist aber Schluß"
sagt, sofortiges Schweigen zu erreichen...
Regeln und Verbote
Regeln, Verbote und Gebote sind zwar nicht schön, aber leider notwendig.
Gerade bei einer größeren Gruppe wird es ohne diese Absprachen
und Vorschriften nicht gehen. Dabei verstehen sich viele Verhaltensmaßregeln
von selbst: Nicht dazwischenreden, wenn ein anderer gerade etwas sagt, nicht
schlagen, nicht «hänseln», etc.
Es gibt aber auch Vorschriften, die nicht immer sofort einsichtig sind: Das
Jugendschutzgesetz oder die Hausordnung etc. Aber auch hier gilt: Die Regeln
haben ihren Grund und ihren Sinn.
Um nun die Gruppe zu verantwortlichem Denken und Handeln zu führen,
sollte zunächst immer auf den Sinn und Zweck von Regeln hingewiesen werden.
Je weniger die Regel als Gebot oder Verbot bezeichnet wird, je mehr sie sich
also von selbst versteht, desto eher sind die Kinder geneigt, sie zu beachten.
Es ist es aber (leider) frommer Glaube, die Einsicht in falsches Verhalten
führe automatisch zum guten Verhalten. Kinder (und nicht nur Kinder!)
sind selten nur «kopfbestimmt». Selbst, wenn sie einsehen, dass ein bestimmtes
Verhalten nur stört oder unfair ist, reicht dies nicht immer dazu hin,
dass sie ihr Verhalten ändern. Es ist daher nötig, sich als Gruppenleiter
auch eine Autorität zu bewahren.
- Der erste Hinweis bei einem «Regelverstoß» gilt daher der Einsicht:
«Wenn ihr ständig dazwischen redet, kann ich mich nicht konzentrieren
und ihr habt auch nichts davon.»
- Wenn das nichts nützt (oder die Situation es nicht erlaubt), müßt
ihr Euch mit Eurer natürlichen Autorität einsetzen («Ruhe
jetzt!»). Das schließt nicht aus, dass ihr bei einem notorischen Störer
(etc.) im nachhinein doch wieder an die Einsicht appelliert.
- Erst in einem letzten Schritt solltet ihr die Strafe ins Spiel
bringen: «Wenn Du nicht endlich Ruhe gibst, kannst Du draußen weiter
reden!
Weiterhin gilt:
- Es ist für die Kinder wichtig, genau zu wissen, was erlaubt und
was verboten ist. Da darf nicht der eine Leiter etwas erlauben, was der
andere verbietet - genausowenig, wie die Regeln nicht nach Tageslaune der
Leiter geändert werden sollten.
- Es macht einen Leiter bei den Kindern sehr beliebt, wenn er etwas erlaubt,
was andere (die anderen Gruppenleiter oder der Pastor oder der Hausmeister...)
verbieten. Diese «Beliebtheit» geht aber immer auf Kosten anderer und ist
unfair. Die Leiter sollten auch vor den Kindern an einem Strang ziehen!
- Ein Verbot, auf das sich die Leiter (der Pfarrer oder der Hausmeister...)
geeinigt haben, sollte nicht nur mit der Bemerkung aufrecht erhalten werden:
«Das hat aber der Hausmeister eben so gesagt» - oder «die Leiterrunde« oder
«der Kaplan» oder... Verbote oder Gebote sollten immer mit ihrem Sinn begründet
werden (auch, wenn man mal selber anderer Meinung ist). Das ist nicht nur
für die Leiter-Gemeinschaft wichtig, sondern auch für die Kinder.
Gerade die Kinder sollen Gebote nicht deswegen akzeptieren, weil andere
es sagen, sondern weil sie einen Sinn haben.
Konsequenzen
Leider nutzt aber das Apellieren an das Verständnis der Kinder und auch
das Einsetzen der eigenen Autorität nicht immer. In solchen (hoffentlich
seltenen) Fällen bleibt einem verantwortlichen Gruppenleiter nichts anderes
übrig, als auch einmal Strafen zu verhängen. Die Annahme, dass Gruppenstunden
oder Ferienfreizeiten «straffreie Zonen» sind, ist unrealistisch.
Dabei sind aber ganz wichtige Regeln zu beachten:
- Strafe als bequemes Erziehungsmittel, als Ausdruck der Verlegenheit,
der Unbeherrschtheit oder des Gekränktseins hat in Freizeiten und Gruppenstunden
keinen Platz!
- Körperliche Züchtigung (Schläge etc) sind grundsätzlich
verboten, zudem pädagogisch indiskutabel - das gleiche gilt (z.B. im
Ferienlager) für Essensentzug, Schlafentzug oder Freiheitsentzug!!!
- Versucht, so wenig wie möglich strafen. Zu häufiges Strafen
hat den gegenteiligen Effekt: Der Leiter wird nicht mehr ernstgenommen.
- Die Strafe sollte der Tat angemessen sein; sie dient nicht zur Abschreckung,
sondern ergibt sich aus der unsozialen Tat.
- Die Strafe solte unmittelbar nach der Tat verhängt werden - nicht
erst viel später.
- Mit dem «Vollzug» der Strafe ist die Affäre beendet; wenn ihr nachtragend
seid, setzt ihr Euch selbst ins Unrecht.
- Zeigt der Bestrafte Einsicht, so sollte die Strafe weniger Strafe, sondern
vielmehr Wiedergutmachung sein. (Auch wenn's überrascht: Ganz hilfreich
zur Unterscheidung von Schuld, Wiedergutmachung und Strafe ist der Artikel
zum
Ablass auf dieser Site - auch für Gruppenleiter
sinnvoll!
Strafe und Wiedergutmachung
Ich darf hier einen kleinen, kurzen Ausflug in die Rechtswissenschaft machen,
denn auch für die Gruppenleiter empfiehlt sich, den Unterschied zwischen
Wiedergutmachung und Strafe zu verstehen und entsprechend zu handeln.
Eine Strafe (wie z.B. im Strafgesetzbuch vorgesehen der Freiheitsentzug
- oder das Fahrverbot im Strassenverkehr) dient der Erziehung und der Wiederherstellung
der Gerechtigkeit. Der Täter soll merken, dass seine Tat negative Folgen
hat. Diese negativen Folgen müssen normalerweise andere tragen (ein Dieb
schädigt das Opfer - er selbst hat ja zunächst Vorteile durch den
Diebstahl). Durch die Verhängung einer Strafe wird die Gerechtigkeit
wiederhergestellt: Jetzt hat der Täter selbst die negativen Folgen zu
tragen; er wird hoffentlich gleichzeitig lernen, dass es weh tut, Opfer zu
sein.
Eine Verzicht auf Strafe, die durch eine Wiedergutmachung ersetzt
wird, ist möglich, wenn eine Erziehung nicht nötig erscheint: Der
Täter hat nicht aus böser Absicht gehandelt oder sieht inzwischen
seinen Fehler ein. In einem solchen Fall reicht es aus, wenn er einen guten
Dienst an der Allgemeinheit leistet (z.B. Sozialstunden verrichtet oder Gelder
an eine wohltätige Einrichtung zahlen muss).
Für die kleine Welt des Gruppenleiters heißt das:
Die Konsequenz eines unsozialen Verhaltens sollte sich daher danach richten,
ob dem Kind die Tat leid tut: Sieht das Kind sein Verhalten ein, so sollte
man eine Wiedergutmachung wählen, bleibt das Kind uneinsichtig, sollte
man eine «echte» Strafe wählen.
Eine Strafe wäre z.B. der Ausschluss vom Programm, sportliche Übungen,
Übergehen des Täters beim Verteilen von Süssigkeiten oder beim
Eisessen, Ausmalen der Nullen im Telefonbuch (dient besonders der Beruhigung
bei kleinen Hitzköpfen) usw.
Wiedergutmachungen wären z.B. die sozialen Dienste im Ferienlager (wie
z.B. Spüldienst, Kloputzen oder Fegen); in Gruppenstunden Vorbereitung
eines Spiels der nächsten Gruppenstunde, Backen eines Kuchen für
die nächste Stunde, Aufräumen am Ende der Stunde usw.
Die Unterscheidung hat auch noch einen anderen positiven Effekt: Wenn diese
Dienste als Strafen verhängt werden, dann ist allen klar: Das
sind keine Dienste, sondern bloße Unannehmlichkeiten. Da braucht anschließend
kein Gruppenleiter zu fragen, ob hier oder dort mal einer freiwillig mit abtrocknet
- wer geht schon freiwillig ins Gefängnis?
Bleibt aber der soziale Charakter erhalten, indem diese Dienste nicht als
Strafe, sondern als Wiedergutmachung verhängt werden, dann werden auch
diejenigen, die regulär zum Dienst eingeteilt wurden, ihre Arbeit als
einen Beitrag zum Gelingen des Ganzen ansehen.
Gerechtigkeit üben und Maß halten!
Desweiteren sind selbstverständlich die Grundsätze zu beachten,
die allen Rechtssystemen zugrundeliegen:
- Hat ein Kind mit Absicht gehandelt?
- Wußte es von dem Verbot?
- Hat es etwas Böses gewollt?
- Ist die Tat aus Versehen oder durch eine Provokation geschehen?
- Gibt es sonstige mildernde Umstände?
Genauso wie der Leiter Grund und Sinn eines Verbotes oder einer Regelung
nahebringen sollte (soweit möglich), genauso sollte der Leiter immer
versuchen, dem Kind den Grund und die Bedeutung einer Strafe verständlich
zu machen. Allerdings gilt für beides: Man kann etwas nur dem einsichtig
machen, der etwas einsehen möchte. Lasst Euch nicht auf jede Diskussion
ein, man kann gerechtes Verhalten auch zerreden.
Bemüht Euch, nicht nur wenige Strafen zu verhängen, sondern
auch nicht zu oft mit Strafen zu drohen:
- Grundsätzlich gilt: Die Strafe, die Ihr androht, müßt
Ihr auch verhängen - sonst macht Ihr Euch unglaubwürdig. Überlegt
Euch also gut, bevor Ihr Euch in Drohungen flüchtet!
- Versucht lieber, mit Eurer eigenen Person für Ordnung zu sorgen,
als die «geliehene Autorität» einer Strafe zu benutzen.
Den Kindern Gelegenheit bieten, in den Gruppenstunden
etc. eine sinnvolle Freizeitgestaltung kennenzulernen
Gerade in einer Zeit, wo Fernsehen, Computer, Gameboy und professionelle
Freizeitangebote dominieren, verlernen viele Kinder das selbständige
Spielen und Gestalten ihrer Freizeit. Wichtige Anregungen kommen lediglich
aus dem Kindergarten, der Schule und den Vereinen. Als Merksatz könnte
daher für die Gruppenstunden gelten: Versucht, den Kindern Spiele und
Beschäftigungen nahezubringen, mit denen sie auch ihre sonstigen Freizeit
gerne ausfüllen können.
Mit den Kindern in den Gruppenstunden soziales Verhalten
lernen
In einer Zeit, in der zunehmend Einzelkinder oder Kinder mit Geschwistern
in ganz anderen Alterstufen aufwachsen, zudem die meisten Kinder sehr viel
Eigentum haben (vom Spielzeug bis zum eigenen Kinderzimmer), wird die Fähigkeit,
Konflikte zu lösen, zu teilen, sich zu behaupten und zurückzustecken
immer weniger ausgeprägt. Aufgabe in den Gruppenstunden wäre daher,
zu lernen, Rücksicht zu nehmen, Mehrheiten zu akzeptieren und auf Minderheiten
zu achten, Kritik annehmen zu können und sich selbst zu behaupten. Der
größte Teil hiervon geschieht innerhalb einer Gruppe nahezu von
alleine. Die Aufgabe des Leiters ist es allerdings, die Prozesse zu fördern
und behutsam zu lenken.
In den Kindern die Bereitschaft wecken, Verantwortung
zu übernehmen
Das bedeutet, die Kinder dazu zu befähigen, ihre eigenen Fähigkeiten
abzuschätzen und entsprechend einzusetzen, Fähigkeiten anderer anzuerkennen,
sich selbst einzubringen und verantwortlich zu handeln, dabei zu ihren eigenen
Fehlern zu stehen. Die Kinder sollten in den Gruppenstunden nicht nur passiv
lernen, nicht nur aufnehmen und Gelerntes wiederzugeben («Schulsituation»),
sondern kreativ und aktiv an der Gestaltung mitarbeiten.
Kirchliche Jugendarbeit beinhaltet auch die Vermittlung
religiöser Themen und die Erfahrung religiösen Lebens
Im Gegensatz zu anderen Vereinen steht die Auseinandersetzung mit religiösen
Inhalten mit im Zentrum der kirchlichen Jugendarbeit. Dabei muss nicht jede
Gruppenstunde religiös gestaltet werden; Wissensvermittlung über
Glaube und Religion sind genauso interessant für Kinder wie schlichtes
religiöses Tun (Beten, Gottesdienste, Basteln im Kirchenjahr etc.) Wichtig
ist vor allem auch das persönliche Zeugnis; dass die Kinder merken: Du
stehst hinter Deinem Glauben und magst ihn.
(Diese Gruppenleiterschulung hat einen eigenen Abschnitt nur zu diesem Thema
schau einfach mal rein!)
Faustregel: Überlegt Euch einmal: Angenommen, ihr würdet jetzt
keine kirchliche Jugendarbeit machen, sondern Jugendarbeit im Auftrag der
Stadt oder einer politischen Partei: Würde sich etwas an Eurer Art und
Weise der Jugendarbeit ändern?
Gruppendynamik
In der Gruppe laufen eine ganze Menge Prozesse ab, die ihr selten bewußt
steuern braucht, aber die ihr durchschauen solltet.
- Konflikte zwischen den Kindern sollten nicht immer und überall thematisiert
werden. Die meisten Gruppen haben ein beträchtliches «Selbstreinigungsvermögen».
Ein Eingreifen ist also nur bei wirklich gravierenden Problemen notwendig.
- Der Gruppenleiter sollte immer versuchen, die Gründe und Umstände
des Konfliktes mit zu beachten. Im Notfall kann er ein spontane Entscheidung
fällen und die genaue Prüfung auf später verlegen. Das sollte
aber den Kindern deutlich gemacht werden.
- Mangelndes soziales Verhalten (Hänseln, Ausgrenzen etc.) sollte
erst besprochen, dann erst geahndet werden. Einsicht ist besser als Bestrafung.
- Persönliche Probleme (asoziales Verhalten, Trotz, Probleme durch
Eltern, im Ferienlager z.B. Heimweh etc.) sollten immer erst unter vier
Augen besprochen werden, und auch erst dann, wenn es notwendig erscheint
(also nicht jede Kleinigkeit zum Problem erheben). Erziehung heißt
nämlich nicht, dass alle perfekt sein müssen.
- Konflikte, die die ganze Gruppe / das ganze Lager angehen, haben Vorrang
vor dem Programm.
- Konflikte sind wichtig für das Reifen der Persönlichkeit. Dazu
gehört auch, dass man lernt, Ungerechtigkeiten einzustecken; auch wenn
es die Aufgabe der Leiter ist, für Gerechtigkeit zwischen den Kindern
zu sorgen. Hier gilt das Prinzip der Subsidiarität: Erst, wenn die
Kinder nicht in der Lage sind, selbst Gerechtigkeit herzustellen, darf der
Leiter einschreiten.
- Probleme, die besprochen werden, müssen nicht sofort eine glatte
Lösung haben. Habt den Mut, etwas zu vertagen oder zuzugeben, dass
Ihr im Moment auch keine Lösung habt.
- Das allerwichtigste lässt sich nicht beschreiben: Fingerspitzengefühl,
Liebe (!), Takt, Achtung der Verschiedenheit, das Recht auf Unvollkommenheit
akzeptieren. Bildet Euch selbst in diesen Punkten, gegenseitig und an den
Kindern
Teamarbeit
Teamarbeit ist ein Zusammenspiel von Gemeinschaftsarbeit und Einzelarbeit.
Teamarbeit heißt eben nicht, dass man alles gemeinsam tut!
- Achtet darauf, dass Ihr vorher klar absprecht, was von Euch gemeinsam
entschieden und erledigt wird, und welche Sachen ein Einzelner macht.
- Keiner sollte alles und keiner sollte nichts tun. Achtet auf Gerechtigkeit!
- Was einer besonders gut kann, sollte er auch zugeben. Faulheit und falsche
Rücksichtnahme sind Gift für's Team.
- Keiner sollte glauben, dass alles nur von ihm abhängt. («Das kriegen
die anderen ohne mich nie hin»)
- Haltet Euch an Absprachen!
- Eines der wichtigsten Konfliktfelder ist der Neid. Streitet Euch nicht
um die Gunst der Kinder! Die wissen oft schon ganz gut, was sie an wem haben.
Entscheidungen
Achtet einmal - in Eurer Leiterrunde und in Eurer Gruppe - darauf, wie Entscheidungen
zustande kommen: Durch Mehrheitsbeschluß? Durch das angemaßte
Recht eines Einzelnen? Durch Cliquenbildung? Durch Druck auf Widerstrebende?
Nur wenn Ihr bemerkt, welche Prozesse sich da abspielen, könnt ihr eventuell
korrigierend eingreifen.
- Ist eine Entscheidung demokratisch abgestimmt worden? Gab es Gelgenheit
zur Meinungsbildung (Sach-Diskussion)?
- Kann sich die Minderheit mit der Entscheidung abfinden? Oder rebelliert
sie?
- Ist berücksichtigt worden, dass nicht alle gleichermaßen von
der Entscheidung betroffen sind? Haben trotzdem alle mitgestimmt?
- Sind diejenigen, die für etwas stimmen, auch bereit, die Sache zu
tragen und Verantwortung zu übernehmen?
- Ist eine Abstimmung eine Sachentscheidung - oder eine Frage der Sympathie
für denjenigen, der den Antrag gestellt hat?
- Ist es wirklich sinnvoll, abzustimmen, wenn die Sachargumente eine deutlich
Sprache sprechen?
- Gibt es verteilte Kompetenzen, so daß in bestimmten Bereichen jemand
zuständig ist, entscheiden kann und die Verantwortung trägt?
- Sollte nicht auch manchmal die Minderheit ihr Recht bekommen (also so
etwas wie ein Minderheitenschutz)?
Wie in vielen anderen Punkten dieser Schulung gibt es auch hier kein Patentrezept;
je nach Gruppenstruktur und gegenseitigem Vertrauen gibt es ganz unterschiedliche
Verfahrensmodelle. Hier nur ein paar Eckpunkte:
- Fragen, die nicht strittig sind, brauchen auch nicht diskutiert zu werden.
Das mag blöd klingen; aber oft wird Zeit vertan, indem zu einem Problem
einfach nochmal jeder ein Argument nennen möchte - obwohl sich längst
alle einig sind.
- Bevor Ihr in eine "heiße" Diskussion einsteigt, solltet
Ihr Euch einen Gesprächleiter (Moderator) wählen, der möglichst
neutral ist und auf die Sachlichkeit achtet - und die hier aufgeführten
Punkte durchsetzt - ohne seine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.
Meistens gibt es bereits einen Leiter (der Leiterrunde, des Lager etc.).
Nur, wenn derjenige in der Diskussion nicht neutral sein kann (oder will),
solltet IHr Euch einen anderen Moderator wählen.
- Bevor Ihr in die Diskussion einsteigt, sollte man eine kurze Abstimmung
- als Meinungsbild - machen. Dann weiß schon einmal jeder, wieviel
Gegner und Mitstreiter er hat - und auch wer welche Meinung vertritt.
Oft genug reden zwei gegeneinander, obwohl sie der gleichen Meinung sind,
nur weil sie sich nicht richtig verstehen.
- In der Diskussion sollten ständige Widerholungen der gleichen Argumente
vermieden werden.
Diese Wiederholungen kommen immer wieder vor, weil die Diskussionspartner
versuchen, andere zu überzeugen. Es mag komisch klingen: Aber
das ist nicht das Ziel der Diskussion! Wer jemand überzeugen
will, sollte es unter vier Augen tun; in der Leiterrunden-Diskussion geht
es vielmehr darum, eine verantwortbare und praktikable Entscheidung zu fällen.
Verantwortbar und praktibal ist aber meistens nicht nur ein Weg...
Konflikte
Konflikte zwischen den Leitern, in der Gruppenstunde und im Lager sind nicht
vermeidbar. Die Frage ist nur, wie wir mit Konflikten umgehen.
- Konflikte zwischen den Leitern sollten nicht vor den Kindern ausgetragen
werden. Dabei geht es nicht um ein «Verheimlichen» - die Kinder dürfen
ruhig wissen, dass auch die Leiter unterschiedliche Ansichten sind. Aber
grundsätzlich gilt, dass Konflikte zwischen Einzelnen nicht für
die Öffentlichkeit bestimmt sind. Daher muss auch mal jemand zurückstecken,
um vor den Kindern nicht in Streit zu geraten. Bei nächster Gelegenheit
kann dann die Streitfrage in Ruhe geklärt werden.
- Sollte ein Leiter mit der Lösung eines wichtigen Konfliktes beschäftig
sein, so sollten die anderen Leiter anstandslos seine Aufgaben - wenn nötig
- fortführen.
- Sprecht heimlichen Groll und verdeckte Streitigkeiten aus. Schwelende
Konflikte können eine Zusammenarbeit nachhaltiger zerstören als
kurze, heftige, aber reinigende «Gewitter».
Selbsttraining
Es ist kein Geheimnis, dass der Nachweis über eine absolvierte Gruppenleiterschulung
bei Bewerbungen eine nicht unbedeutende Rolle spielt. Das liegt daran, dass
Ihr mit Eurem Einsatz als Gruppenleiter sogenannte Schlüsselqualifikationen
erwerbt. Damit ist gemeint, dass Ihr neben Eurer Fähigkeit, eine Gruppe
zu leiten, auch noch andere Fähigkeiten erwerbt, die sich für eine
spätere Bewerbung auszahlen.
Aber nicht allen sind diese Fähigkeiten in die Wiege gelegt, einige müssen
sich erst im Laufe Eurer Laufbahn als Gruppenleiter entwickeln, anderen könnt
Ihr vielleicht durch ein wenig Training auf die Sprünge helfen. Folgende
persönliche Fähigkeiten sind für einen Gruppenleiter sehr hilfreich:
- Die Freie Rede: Es ist nicht jedermanns Sache, ohne Vorlage zu
reden. Als Gruppenleiter kommt man aber nicht daran vorbei.
- Dazu gehört auch: Erklären können. Ein Spiel selbst
beherrschen ist etwas ganz anderes, als ein Spiel zu erklären. In welcher
Reihenfolge nenne ich die Regeln? Kann ich die Ausnahmen begründen?
Fallen mir die passenden Beispiele ein? - Übt Euch in dieser Fähigkeit,
indem Ihr Euch zunächst die Spiele (vor der Gruppenstunde) gegenseitig
erklärt und dann erst den Kindern. Wechselt Euch ab im Erklären
der Spiele - und fallt Eurem Kollegen nicht sofort ins Wort, wenn Ihr meint,
er hat es nicht ganz richtig erklärt.
- Beobachten können: Wer macht eigentlich was? Und mit wem? Und
wann? Wie geht's den einzelnen Kindern? Wer fühlt sich unwohl? Warum? Seine
Beobachtungsgabe lässt sich dadurch schulen, indem man sich über die Beobachtungen
und Einschätzungen mit den anderen Gruppenleitern unterhält und austauscht.
Wer hat was woran erkannt?
- Kritisieren können (sich und andere): Kritik baut auf, wenn sie
vernünftig und aufbauend gemeint ist. Jemanden kritisieren können, ohne
dass sich dieser auf den Schlips getreten fühlt, ist eine kleine Kunst,
die jemand, der in der Erziehung tätig ist (und das bist Du als Gruppenleiter)
beherrschen sollte. Dazu gehört aber auch, sich selbst kritisieren können
und die Fähigkeit, Kritik zu vertragen.
- Argumentieren können: Warum hast Du Dich so entschieden? Was hast
Du Dir dabei gedacht? Wenn Du als Gruppenleiter für die Kinder transparent
(durchschaubar) bleiben willst, dann mußt Du auch erklären können, warum
Du so und nicht anders handelst.
- Zuhören können: Wenn Kinder ein Problem haben oder möchten,
dass IHr einen Streit schlichtet, müsst Ihr zuerst geduldig zuhören
können. Zuhören ist aber eine aktive Sache: Wen lasst Ihr als
erstes zu Wort kommen? Lenkt Ihr das Erzählte durch geschicktes Fragen
- oder zumindest durch Nicken und Stirnrunzeln? Begreift Ihr, was Euch da
erzählt wird? Versteht Ihr auch, zwischen "den Zeilen zu lesen"
- also zu erkennen, mit welcher Absicht Euch etwas erzählt wird und
ob es gefärbt, verändert oder erfunden ist?
Es gibt noch weitere Fähigkeiten, die Ihr als Gruppenleiter so ganz
nebenbei erwerbt, bewahrt also Eure Gruppenleiter-Schulungs-Urkunde gut auf
und gebt bei Bewerbungsgesprächen oder in Lebensbeschreibungen ruhig
an, wie lange Ihr was in der Jugendarbeit gemacht habt. Nicht nur soziale
Einrichtungen (wie z.B. Kindergärten), sondern jede Firma wird es schätzen,
einen ehemaligen Gruppenleiter in die Belegschaft aufzunehmen.
Typen von Gruppenstunden
Spiele
Neben dem selbstverständlichen Spaß an der Freud steht beim Spiel auch die
Förderung des sozialen Verhaltens im Vordergrund.
- Man sollte die Spiele gut vorbereiten. Nichts ist langweiliger als schlecht
gemachte oder schlecht vorbereitete Spiele.
- Überlaßt das Spielen nicht einfach den Kindern. Wenn kein Spielleiter
gebraucht wird, dann spielt selbst mit (wenn's geht).
- Eure Anwesenheit beim Spielen ist wichtig, damit das Spiel laufen kann.
Für sich ergebende Konflikte wäre zu beachten: Konflikte zwischen den Kindern
sollten die Kinder erst einmal selbst lösen. Erst dann, wenn Handgreiflichkeit
ins Spiel kommt, oder wenn der Konflikt nicht gelöst, sondern nur von den
Stärkeren als beendet erklärt wird (oder von einer Mehrheit), oder wenn
das Spiel kippt, sollte der Gruppenleiter aus Gerechtigkeitsgründen eingreifen.
Auch hier gilt: Konflikte sollten nur mit den besprochen werden, die davon
betroffen sind. Andere haben nach Möglichkeit dabei nichts zu suchen.
- Kinder wollen oft ein klares Ziel vor Augen haben: Gewinnen oder verlieren.
Sie nehmen dieses Ziel viel ernster, als wir manchmal glauben. Setzt Euch
also nicht leichtfertig über gemachte Spielregeln hinweg. Probiert aber
auch mal sogenannte «New Games» (Spiele ohne Gewinner und Verlierer).
- Es ist gut, wenn man sich auch einmal zurücknehmen kann. Daher sollte
man auch das sogenannte «Freie Spiel» zulassen können, («Wir bauen eine
Müllburg aus den vorhanden Mülleimern, Käptain Iglo kämpft gegen die bösen
Möhren von Bonduell...»), auch wenn man etwas anderes vorbereitet habt.
Aber nicht immer: Den Kindern tut es gut, neue Spiele zu lernen, auch wenn's
erst einmal Mühe macht.
Kreatives
Neben den Spielen ist auch die Förderung der Kreativität wichtig.
- Macht euch mit eurem Vorhaben gut vertraut! Ihr müßt nicht alles am Besten
können, aber zumindest wissen, wie man's macht.
- Man sollte auf die Kinder achten, denen die nötige Begabung fehlt. Helft
Ihnen besonders, aber nicht so auffällig. Dadurch erspart man den «Unfähigen»
das zweifelhafte Vergnügen eines kompletten Mißerfolges, nimmt ihnen auch
nicht die ganze Arbeit ab.
- Sollte das Ergebnis Einzelner der allgemeinen Kritik ausgesetzt werden,
so hebt nicht sofort auf die soziale Ebene ab («Das ist nicht fair von Euch,
ihr seid rücksichtslos...»), sondern sucht die positiven Seiten stärker
zu betonen («Schaut doch mal, die Farbwahl ist doch echt genial...») - wenn
vorhanden.
- Es ist sinnvoll, sich zu überlegen, ob das jeweilige Vorhaben dem Alter
und den Fähigkeiten Eurer Gruppenkinder entspricht. Ist's zu schwer, dann
verlieren sie die Lust (vielleicht auch auf Dauer an weiteren Vorhaben...),
ist's zu einfach, fehlt das Erfolgserlebnis («Das kann doch jedes Kleinkind»).
- Den Kindern ist wichtig, dass das Ergebnis auch einen Wert besitzt. (Nicht:
«Und nun verbrennen wir unseren schönen Drachen!», sondern: «Und nächste
Stunde machen wir einen tollen Wettflug!») Bastelt also nur wirklich schöne
oder nützliche Sachen, kocht nur etwas, was die Kinder auch essen, etc.
Bastelt nicht nur um des Tuns willen!
Inhaltliches
Die Kinder wollen auch etwas lernen. Dazu gehört allerdings nichts, was an
die Schule erinnert. Aber ein Wissen aus der Gruppenstunde, das die anderen
Kinder nicht haben, findet immer auch Interessenten. Auch besteht die Möglichkeit,
Personen und Dinge kennenzulernen, die die Kinder selbst vorschlagen oder
aussuchen. Und zum Dienst bspw. des Meßdieners gehört nicht nur das Üben,
sondern auch das Wissen über die Hintergründe.
- Wenn Ihr in den Gruppenstunden öfters (aber nicht zu häufig) Inhaltliches
aufnehmt, sind Euch die Kinder dafür auf die Dauer dankbar.
- Aufbereitete Themen sind weitaus interessanter als trockener Unterricht.
- Konzentrationsfähigkeit sinkt bei Kindern noch schnell, daher sollte
man inhaltliche Stunden mit Spielen kombinieren.
Auch wenn die Vorbereitung inhaltlicher Stunden Arbeit macht - es lohnt sich!
Es gibt da ja eine ganze Menge Ideen: Wie wär's mal mit einem Politiker-Besuch,
einen Besuch bei einer Firma, bei Onkel Heinz oder im Kino? Mit der Schärfung
des ökologischen Bewußtsein, dem Entrümpeln eines Flusses oder der Säuberung
des Stadtparkes (mit anschliessendem Bericht in der Zeitung) oder der Erkundung
der eigenen Stadt inclusive Stadtgeschichte?
Der richtige Mix
Die drei Typen von Gruppenstunden sollten gut und im richtigen Verhältnis
gemixt werden. Der richtige Mix hängt natürlich vom Charkater der
Gruppe ab (und auch von der Tatsache, ob Ihr eine Messdiener-, Pfadfinder-
und sonstige Gruppe betreut). Im Allgemeinen hat sich der Mix 4:2:1 bewährt:
Von 7 Gruppenstunden sollten 4 Gruppenstunden Spiele beinhalten, 2 Gruppenstunden
kreativ gestaltet werden und in einer Gruppenstunde etwas gelernt werden.
Naturlich hat jede Gruppe besondere Vorlieben und Abneigungen. Deshalb ist
besonders wichtig, wie die allerersten Stunden im Leben einer neuen Gruppe
gestaltet werden: Habt Ihr erst einmal einen Monat nur Fussball gespielt,
ist es schwierig, plötzlich mit einem Bastelvorschlag zu kommen. Und
die erste inhaltliche Gruppenstunde sollte nicht erst nach einem halben Jahr
angesetzt werden. Dann heißt es nämlich schnell: "Wie, Basteln,
Diskussion? Das haben wir ja noch nie gemacht!"
In den ersten Gruppenstunden sind die Kinder noch offen und bereit, alles
anzunehmen. Deshalb empfiehlt es sich, bereits im ersten Monat jede Gruppenstunde
anders zu füllen, dann habt Ihr in den nächsten Monaten und Jahren
alle Möglichkeiten, daran anzuknüpfen.
Weitere Tipps für Gruppenstunde und Ferienlager
Das "zweite Gehirn"
Ein wichtiger Ratschlag: Lege Dir ein «zweites Gehirn» an, eine Mappe, in
der Du alles sammelst, das Dir zwischenzeitlich an guten Ideen und Materialien
zwischen die Finger kommt. Spielideen, Bastelanleitungen, Vorschläge für Fahrten,
Themen für Diskussionen oder thematische Gruppenstunden. Eine solche Mappe
wird Dir unschätzbare Dienste leisten - und eventuell auch noch anderen Gruppenleitern.
Lagerzeit
Für ein Ferienlager kann es sinnvoll sein, eine eigene Lagerzeit einzuführen.
Für ein Ferienlager, des in freier Natur stattfindet und abends den Reiz
der Dunkelheit erleben möchte (z.B. für häufige Lagerfeuer),
kann die Zeit eine Stunde zurückgestellt werden (also die Sommerzeit
aufgehoben werden). Dann wird es früher dunkel, und ein Lagerfeuer braucht
nicht erst für 23.00 Uhr angesetzt werden.
Für ein Ferienlager in einem besiedelten Gebiet empfiehlt sich genau
das Gegenteil: Wenn Ihr die Uhr eine Stunde vorstellt, dann könnt Ihr
abends bis 23.00 Uhr Radau machen - und für die Nachbarn macht Ihr schon
um 22.00 Uhr Feierabend. Noch besser ist dann natürlich ein Vorstellen
der Uhr um 2 Stunden, dann könnt Ihr bis 24.00 Uhr feiern - und außerdem
bleibt es länger hell.