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KARL-LEISNER-JUGEND |
von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2007)
Liebe Gemeinde!
Wir sind in einer bewegten Zeit. Mobilität wird großgeschrieben in unserer Gesellschaft. Sie gilt als Voraussetzung für beruflichen Erfolg, blühendes Geschäft und Spaß in der Freizeit. Überhaupt sind viele von uns unterwegs. Fortbewegungsmittel gehören zu unserem täglichen Leben: Fahrrad oder Flugzeug, Bahn oder Bus und vor allem das Auto, das ein bekannter Zeitkritiker als das rollende Sakrament der Moderne bezeichnet hat (P. Sloterdijk). Unterwegssein heißt aber noch nicht viel. Es gibt auch eine leere Bewegung, eine Betriebsamkeit, die im Grunde zu nichts führt. Von einem jüdischen Rabbi ist uns die folgende Weisheit überliefert: Wenn einer Vorsteher ist, müssen alle nötigen Dinge da sein, ein Lehrhaus und Zimmer und Tische und Stühle, und einer wird Verwalter, und einer wird Diener und so fort. Und dann kommt der böse Widersacher und reißt das innerste Pünktlein heraus. Aber alles andere bleibt wie zuvor, und das Rad dreht sich weiter, nur das innerste Pünktlein fehlt. Der Rabbi hob die Stimme: Aber Gott helfe uns, man darfs nicht geschehen lassen! Unser Problem ist nicht so sehr dies, den Betrieb an sich auf Touren zu halten, sondern darüber zu wachen, dass das innerste Pünktlein nicht abhanden kommt. Ohne es ist die Last nicht zu halten, und die Katastrophe wird um so größer, je schneller es rotiert. Die Frage ist: Wohin sind wir unterwegs? Wo ist das Ziel? Wonach streben wir? Welche Wege gehen wir als Menschen und als Christen? Auf dem Weg sind wir also in einem anderen, tieferen Sinn. Wir alle sind, durch unser Leben, durch unseren Glauben, auf dem Weg zu Gott. Mit vielen Bildern macht es die heilige Schrift immer wieder deutlich: Du zeigst mir den Pfad zum Leben; Er leitet mich auf rechten Pfaden; muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil, denn du bist bei mir. In der Geburt des Erlösers, auf die wir uns vorbereiten, und in seiner Gnade ist uns nicht nur ein äußerer Wegweiser gegeben, sondern ein innerer Helfer und Weggefährte, der uns auf dem Weg zur letzten Wahrheit unseres Lebens schon hier und jetzt führt, der uns in alle Wahrheit einführt. Nicht Betriebsamkeit und allgemeine Mobilität ist das Entscheidende, sondern der Aufbruch zu Gott. Wichtiger als alle geographischen Wege sind die Wege des Glaubens: der Weg zum Nächsten und der Weg zu Gott. Johannes der Täufer will auf den rechten Weg bringen, er will mobil machen. Er rüttelt auf, er bringt in Bewegung, er mahnt zum Aufbruch, damit wir so dem lebendigen Gott begegnen. Seine Botschaft ist markiert durch die Rufe: Kehrt um! ... Tut Buße!... Bringt Frucht hervor!... Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen! Das Wort Bereitet dem Herrn den Weg!, das von Jesaja stammt, meinte zu seiner Zeit: Gott hat sein Volk in der Verbannung in Babylon nicht verlassen; deswegen geht es darum, Jahwe in der Wüste voller Hoffnung von neuem einen Weg zu bereiten. Ja er selbst wird in der Einöde Pfade bereiten und für eine triumphale Rückkehr nach Jerusalem alle Berge zu Wegen machen. Bereitet dem Herrn den Weg!, so heißt es nun neu und definitiv bei Johannes dem Täufer, denn Gott kommt nun in seinem Sohn zu uns und geht in ihm endgültig seinen Weg zu uns Menschen. Ich bin der Weg! wird daher Christus rufen. Dieser Weg ist nicht nur Bild, nicht nur Weisung, er ist Person, in ihm haben wir Zutritt zum Vater. Der Advent macht uns den Wegcharakter unseres Lebens besonders deutlich. Er ist wesentlich Gottes Weg zu uns und unser Weg zu ihm. Wir gehen ihn gemeinsam mit der ganzen Kirche, aber er ist auch ein unübertragbar persönlicher Weg. Es gilt immer neu, einen Aufbruch auf Gott hin zu wagen, statt in bequemer Weise irgendwo stehen zu bleiben. Gott kommt auf uns zu wir gehen auf Gott zu. Um dem Herrn den Weg zu bereiten, müssen wir uns selber auf den Weg machen. Sie haben sich heute auf den Weg zur Kirche gemacht. Auch in der Woche können Sie auf Gott zugehen, indem Sie auf andere Menschen mit Liebe und Freundlichkeit zugehen.
von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2004)
Liebe Gemeinde!
In der Predigt am letzten Sonntag habe ich gesagt: Der Geschmack am Heiligen ist uns abhanden gekommen, zum Guten haben wir so selten Lust. Von dieser Feststellung aus betrachtet, ist die Adventszeit die große Chance, wieder Geschmack am Guten und an Gott zu gewinnen.
Vielleicht sollte ich zunächst ein mögliches Mißverständnis ausräumen: Ich möchte nicht für das Lust-und-Laune-Prinzip plädieren. Der Mensch ist mehr als die Summe seiner Lust- und Unlustzustände. Der Mensch ist ein geistiges Wesen, er besitzt Verstand und Willen. Nur durch Tätigkeiten, bei denen unser Geist angesprochen und beteiligt ist, finden wir auf die Dauer Glück und Erfüllung. Das steht fest, daran ist nicht zu rütteln. Aber es ist noch nicht alles. Der Mensch hat auch ein Herz. An diesem Herzen vorbei gibt es genausowenig Glück und Erfüllung. Das heißt: durch bloße Appelle an Willen und Verstand erreichen wir nichts, weder bei anderen noch bei uns selbst. Zur großen Kunst der Erziehung gehört es deshalb auch, die geistigen Fähigkeiten des Kindes auf eine Weise anzusprechen und zu bilden, daß es die zu lernenden Dinge gerne tut, aus ganzem Herzen, mit Freude, Hingabe und Liebe.
Aber wenn wir das so auf den Punkt bringen, merken wir schon, daß dies wahrlich eine Kunst ist. Wer vermag das schon? Wie soll man das zuwege bringen? Und ich möchte eine Vermutung wagen: Nahezu eine ganze Generation hat vor dieser Aufgabe resigniert, hat die Flinte ins Korn geworfen, ehe man überhaupt versucht hat, den jungen Menschen Geschmack am Heiligen zu vermitteln. Der Zweite Weltkrieg hat die Seelen der Menschen verwüstet und diesen Geschmack weitgehend aus ihren Herzen gerissen. Und in den Wiederaufbaujahren mußte fast alles mit eiserner Disziplin geschafft und getan werden. Da ging man eben zur Messe, zur Beichte, zur Andacht usw., weil man mußte, ohne lange zu fragen, ob man dies gerne tat oder nicht. Ich fürchte sogar, schon eine solche Frage galt in weiten Kreisen als verpönt. Für die amtlichen Prediger war es zu dieser Zeit auch viel leichter, an die Pflicht zu appellieren und gegebenenfalls vor dem Letzten Gericht zu warnen.
Heute ist es umgekehrt: da ist es verpönt, an dieses Gericht zu erinnern, von dem der Täufer so eindringlich spricht: Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gelehrt, daß ihr dem kommenden Gericht entrinnen könnt? Der Lust und dem Spaß wird ein vergleichsweise sehr hoher Stellenwert eingeräumt. Aber was meistens versäumt, ja gar nicht mehr als nötig angesehen wird, ist der Versuch, die Geschmacks- und Gefühlswelt auf das Geistige und vor allem auf das Gute auszurichten. Zwischen diesen zwei Extremen ist die Geschichte hin- und her geschwankt: Pflicht ohne Herz und Herz ohne Pflicht. Doch beidemal wird das Wichtigste - und wohl auch das Schwierigste - versäumt: darauf hinzuwirken, daß einem die Pflicht nicht eine Last, sondern eine Lust wird. Beidemal wird das Eigentümliche der Freiheit verfehlt.
Es ist sicher wahr, daß es nicht immer möglich ist, die Pflicht gerne zu tun. Immer wieder einmal wird sie querstehen zu unseren Neigungen, dann erscheint sie als Last und wird lästig. Doch das als richtig erkannte Gute, eben die Pflicht, auch gegen die Neigung tun darin äußert sich die Freiheit des Menschen. Ein Tier kann das nicht, es folgt jederzeit seiner Neigung, es flieht die Unlust und folgt dem, was Lust verspricht. Wer nur seiner Lust und Laune folgt, ist nicht frei, er verfehlt sein eigentliches Menschsein. Und in dieser Einsicht liegt ein erstes Motiv, um Geschmack am Guten zu gewinnen. Je mehr ich mich auf das Gute und auf Gott ausrichte, um so freier werde ich. Es kommt mir selbst zugute, wenn ich meine Unlust überwinde. Ich wachse über mich hinaus das kann jeder erfahren, der sich beharrlich bemüht, das Gute zu tun. Zur Freiheit hat uns Christus befreit, sagt Paulus (Gal 5,1).
Es gibt aber nicht nur die Unfreiheit, die aus dem verabsolutierten Lustprinzip
folgt, sondern auch die andere Art von Unfreiheit, die dadurch entsteht,
daß ich mich vor Pflichten gestellt fühle, die mir als Lasten
auferlegt sind, die mein Leben beschweren. Es ist nur allzu verständlich,
wenn der Mensch solche Lasten abwirft, sobald er die Möglichkeit
dazu hat. Nicht zuletzt die religiösen Pflichten scheinen den Menschen
solche Lasten zu sein. Wenn der Täufer uns heute zuruft: Kehrt
um! Bereitet dem Herrn den Weg!, dann dürfen wir das nicht
als einen bloßen Appell an unser Pflichtbewußtsein verstehen.
So verstanden erreicht die Botschaft nicht unser Herz, sie prallt ab,
denn wer läßt sich schon gerne eine zusätzliche Last auflegen?!
Das nahe gekommene Himmelreich meint vielmehr, daß Gott schon etwas
von dem zu tun bereit ist, was für dieses Reich charakteristisch
ist. Der Prophet Ezechiel drückt es so aus: Ich schenke euch
ein neues Herz und lege einen neuen Geist in euch. Ich nehme das Herz
von Stein aus eurer Brust und gebe euch ein Herz von Fleisch. (Ez
36,26) Oder der Prophet Jeremia: Das wird der Bund sein, den ich
nach diesen Tagen mit dem Haus Israel schließe - Spruch des Herrn:
Ich lege mein Gesetz in sie hinein und schreibe es auf ihr Herz. Ich werde
ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein. (Jer 31,33)
Gott selber wird dies tun aber nicht ohne uns, nicht gegen unseren
Willen. Ihm den Weg bereiten zu diesem Wunder, daß unser Herz neuen
Geschmack an Gott gewinnt, bedeutet zuerst und vor allem: ihn um dieses
Wunder bitten. Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz, und gib mir
einen neuen, beständigen Geist! Verwirf mich nicht von deinem Angesicht,
und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir! Mach mich wieder froh mit
deinem Heil; mit einem willigen Geist rüste mich aus! (Ps 51,12-14)
Ein Gebet zum Heiligen Geist faßt das Anliegen genial zusammen:
Atme in mir, du Heiliger Geist, daß ich Heiliges denke.
Treibe mich, du Heiliger Geist, daß ich Heiliges tue.
Locke mich, du Heiliger Geist, daß ich Heiliges liebe.
Stärke mich, du Heiliger Geist, daß ich Heiliges hüte.
Hüte mich, du Heiliger Geist, daß ich Heiliges nimmer verliere.
Liebe Schwestern und Brüder!
Nikolaus, der gute Mann, besucht heute Abend die Kinder. Wie er es schon zu Lebzeiten getan hat, beschenkt er die, die es gebrauchen können und die sich darüber freuen können.
Wenn da nur nicht die Sache mit dem Goldenen Buch wäre - und die Tatsache, dass dieser heilige Mann wirklich alles weiß und auch noch gerade die unangenehmen Sachen nicht vergessen hat. Und dann auch noch Knecht Ruprecht mit der Rute...
Ich kann mich noch an meine Kindheit erinnern, dass wir an diesem Abend vor Spannung nicht mehr auszuhalten waren: Auf der einen Seite hatten wir enormen Respekt, sogar Furcht vor diesem Mann, auf der anderen Seite konnten wir den Abend nicht mehr erwarten. Ich hatte mich einmal hinter unserem Sofa versteckt und mir gedacht, es reicht ja, wenn ich hervorkomme, sobald die Geschenke verteilt werden. (Das hat aber nicht geklappt).
Vieles habe ich inzwischen vergessen, aber dieses seltsame Gemisch aus froher Erwartung und Furcht ist mir bis heute im Gedächtnis geblieben.
Und genau das kam mir wieder in den Sinn, als heute Abend der Nikolausabend und dieses völlig unpassende Evangelium zusammentrafen. Die Rede vom kommenden Gericht, vom Feuer, das Schimpfwort «Schlangenbrut» - also das passt doch gar nicht zum heutigen Abend - !?
«Wenn Ihr nicht werdet wie die Kinder...» sagt Jesus an einer anderen Stelle, und das passt auch für den heutigen Tag. Die Kinder, die angesichts des Nikolaus beide Gefühle auf einmal empfinden - froher Erwartung und Furcht - können uns Vorbild sein. Für sie ist es ganz klar: Jetzt wird's ernst.
Nehmen wir den Glauben - das Beten - das Leben mit Gott denn noch ernst? Ist z.B. Weihnachten für uns nur noch ein süßliches Fest - im wahrsten Sinne das Wortes? Oder wissen wir um den Ernst, den unser Leben dadurch bekommt, das Gott Mensch wird?
Ist die Vorbereitungszeit für uns nur ein romantische
Kerzenzeit? (Dabei ist es völlig egal, ob wir jetzt Adventsfeiern
oder Weihnachtsfeiern anbieten, Hauptsache, es ist gemütlich)
Oder nehmen wir wirklich unser Leben unter die Lupe und bereiten
uns vor - indem wir uns ändern, umkehren und neu beginnen?
Das romantische Gefühl lässt sich nicht durch Weihnachtsmusik
allein erzeugen. Es gehört auch der Ernst dazu, das Bewusstsein,
dass es jetzt drauf ankommt, wie ich lebe.
Beides gehört zusammen, die kindliche Freude und die Gardinenpredigt. Beim Nikolaus genauso wie bei Johannes dem Täufer.
Erlauben sie mir noch eine Schlussbemerkung:
Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass nichts so schön
adventlich ist, wie Spekulatius, Kerzenschein und Adventsmusik
nach einer guten Beichte. Amen.
Liebe Schwestern und Brüder,
was hat der heilige Johannes eigentlich vor? Will er die Menschen damals und uns heute zum Glauben zwingen? Das ist ja schon fast beleidigend: Schlangenbrut, Natterngezücht. Gericht und Feuer - ist das denn eine Art, die Menschen zur Gottesliebe zu bewegen?
Ach ja, Gottesliebe - wir reden da ab und zu von und wissen doch oft nicht, was das überhaupt ist. Wie kann ich Gott lieben? Den sehe ich nicht, ich kann seine Stimme nicht hören und ihm nicht in die Augen schauen. Wie kann ich jemanden lieben, der mir so fremd ist?
Einen richtigen Menschen, ja, das ist kein Problem. Da fällt uns das nicht schwer. Es gibt aber Heilige (Schwester Maria Euthymia war so eine, zum Beispiel), die waren fest davon überzeugt, Gott zu lieben. Manchmal machen solche Menschen schon fast den Eindruck, sie hätten sich in Gott verliebt. - Ein klein wenig verrückt, meinen sie nicht?
Liebe Schwestern und Brüder, es gibt verschiedene Umschreibungen und Arten, "Ich liebe Dich" zu sagen. "Ich will immer bei Dir bleiben." - "Ich werde Dich auf Händen tragen." - "Du bist das Beste, was mir je passiert ist." - "Ich lasse Dich nie wieder allein." - und so weiter.
Am schönsten - finde ich - ist vielleicht folgende Umschreibung: "Ich brauche Dich. Ohne Dich kann ich nicht leben, ohne Dich komme ich nicht zurecht in meiner Welt. Ich brauche Dich mehr als alles und alle anderen."
Warum sollen wir Gott nicht die gleiche Liebeserklärung machen? "Gott, ich brauche Dich. Ohne Dich komme ich nicht zurecht. Ich weiß, dass ich es nicht schaffe, ein gutes Leben zu führen, wenn Du nicht bei mir bist. Hilf mir, ich brauche Dich."
Das ist Liebe. Und genau darum geht es dem Johannes, auch wenn er es anders ausdrückt. "Ihr glaubt, perfekt zu sein? Gott nicht nötig zu haben? Selbst zurechtzukommen, ohne ihn? Von wegen! Seht doch, was aus Euch geworden ist! Scheinheilige seid ihr! Erkennt doch endlich, dass ihr Gott braucht! Ihr sprecht von Gottesliebe und davon, dass ihr gute Christen seid. Aber keiner von Euch ist bereit sich einzugestehen, dass ihr ohne Gott nichts wäret. Nichts als hohles, wertloses Stroh, dass ruck-zuck verbrennt, seid ihr. Kommt doch zu mir und lasst Euch taufen, denn das ist das Zeichen dafür, dass Ihr Dreck am Stecken habt. Wer sich taufen lässt, der sagt Gott, er ohne ihn nicht zurecht kommt!" - Das ist Liebe.
Deswegen hat Gott diese ganze Geschichte angefangen, mit der Menschwerdung, mit Tod und Auferstehung, mit Kirche und Sakramente: Um uns, die wir Hilfe brauchen, entgegen zu kommen. Das ist seine Liebeserklärung an uns: "Ich will immer bei Euch bleiben, ich werde Euch auf Händen tragen und niemals allein lassen."
Was ist unsere Antwort darauf?