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Predigtvorschläge - 04. Sonntag der Fastenzeit (Lesejahr A)
1. Predigtvorschlag

von Manfred Stücker (erstellt: 2020)

Das wahre Licht

Ist das nicht ekelig? Da geht Jesus hin und spuckt auf die Erde. Und mit diesem so entstandenen Schlamm bestreicht er das Auge des blinden Mannes. Daraufhin kann der Mann wieder sehen. Ihm ist das Augenlicht wiedergeschenkt worden.

Liebe Schwestern und Brüder,

noch vor ein paar Jahren hätten wir wohl verschämt über diese Stelle hinweggelesen und gesagt: Naja, darauf kommt es ja auch eigentlich nicht an. – Aber heute, in einer Zeit, in der Wellness-Tempel aus dem Boden sprießen, in der die Menschen die heilenden Kräfte von Schlamm und Moor, von Wasser und Düften, von Ölen und Pflanzen wiederentdeckt haben, könnten wir doch diese Stelle neu lesen und deuten. Und ich bin sicher, daß sich Johannes, der Evangelist, dabei etwas gedacht hat, als er berichtet, daß Jesus auf die Erde -spuckt.

Noch an einer anderen Stelle spielt Jesus mit dem Sand, und zwar in dem Moment, während die Ankläger einer Frau mit Steinen in der Hand bereit stehen, das Urteil zu vollstrecken: Da bückt sich Jesus und fängt an, mit dem Finger auf die Erde zu schreiben (vgl. /Joh/8,8). Also fast das Gleiche – hier wie dort.

Was kann das bedeuten?

Johannes bezeugt: /„Das Wort ist Fleisch geworden“/(/Joh/1,14). Das heißt: Gott ist wirklich in dieser Welt erschienen. Diese Welt – sie ist endlich, sie ist vergänglich. Dafür steht der Sand, dafür steht der Staub.

Am vergangenen Sonntag hörten wir, wie Jesus sich der Samariterin am Jakobsbrunnen zu erkennen gibt als lebendiges Wasser. Wasser – das ist ein Bild für Leben, für Aufblühen, für Zukunft. Wenn Jesus auf die Erde speit, verbindet sich sein Wesen mit dieser sterblichen Welt: so können wir dieses Zeichen deuten. Das Sterbliche verbindet sich mit dem Unsterblichen, das Menschliche mit dem Göttlichen.

Und so schenkt Jesus dem Blinden das Licht. Damit haben wir schon drei der elementaren Zeichen: Erde, Wasser, und das Licht – Feuer. Jesus ist das Licht der Welt. Dieses Licht leuchtet, es brennt, es verwandelt.
Es erschafft etwas Neues. Es hat Macht, diese Welt hell und neu zu machen.

In der Vorbereitung auf Ostern und an Ostern selbst spielt dieser Gedanke eine ganz wesentliche Rolle. Was wäre Ostern ohne das Osterfeuer, ohne die Osterkerze? Was wäre Ostern ohne das neue Licht?

Deshalb spielt dieses Evangelium von der Heilung des Blindgeborenen eine wichtige Rolle in der Vorbereitung auf Ostern. Seit der Zeit der frühen Kirche sollten die Taufbewerber es hören, damit sie selbst erkannten: Durch Christus komme ich zum Licht. Er selbst ist ja das Licht, das sich mir schenkt und das macht, daß ich sehen kann – mit meinem inneren Auge, mit dem Auge des Glaubens.

Denn nicht auf das äußere Sehen des Mannes kommt es an, sondern auf seinen Glauben. Als Jesus den Mann nach seiner Heilung wieder antrifft, den Mann, der wegen des offensichtlichen Wunders auf ziemliche Schwierigkeiten stößt, da fragt Jesus ihn nicht: Kannst du jetzt auch richtig gut sehen und alles unterscheiden?, sondern er fragt ihn nach dem Glauben: /„Glaubst du an den Menschensohn?“/(/Joh/9,35).

Genauso werden auch wir gefragt, wenn wir in der Osternacht den Glauben bekennen und das Taufversprechen erneuern: Widersagt ihr – Glaubt ihr? Die Frage kann in der Mehrzahl gestellt werden, die Antwort ist immer persönlich: Ich widersage – ich glaube.

Dieses Bekenntnis ist ganz wichtig, wenn wir uns gegen manche „Einreden“ wappnen und schützen wollen – gängige Redensarten, die nur Staub aufwirbeln, die vernebeln, die einen blind machen können für die Wirklichkeit, für die Wahrheit.

Was sind das für „Einreden“?

  • Es ist ja egal, was einer glaubt, das muß jeder selbst wissen
  • Das tun doch alle …
  • Mir hat auch noch niemand geholfen …

Immer wieder, auch in unserer eigenen Umgebung, erleben wir das: scheinbare Gleichgültigkeit, Abstand vom Glauben und von der Kirche, fehlendes Interesse oder einfach auch falsches Wissen über den Glauben.
Das ist die Asche, die grau und schwarz über dem Leben liegt.

Doch dann gibt es auch immer wieder die Glut unter all dieser Asche: eine neue Sehnsucht nach Gott und seinem Segen. Der Wunsch, nach langen Jahren der Abwesenheit wieder in die Kirche einzutreten. Fragen, die nach einer Antwort verlangen und die man sich alleine nicht geben kann. Menschen, die neu den Wert der Anbetung entdecken. Gläubige und Suchende, die in einer Beichte erleben, daß sie von Gott angenommen und geliebt sind.

Diese Glut gibt es, und dann braucht es nur noch einen Windhauch, den Windhauch des Heiligen Geistes, und aus der Glut wird wieder ein lebendiges Feuer.

2. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2005)

Liebe Gemeinde!

„Licht“ und „Sehen“ sind Schlüsselwörter im Johannesevangelium. Diese Begriffe schließen die Botschaft Jesu auf und sind auch ein Schlüssel, um die Tiefenschichten unseres Lebens zu verstehen.
In der Mitte der heutigen Lesung steht das Wort: „Gott sieht nämlich nicht auf das, worauf der Mensch sieht. Der Mensch sieht, was vor den Augen ist, der Herr aber sieht das Herz.“ (1 Sam 16,7) Man kann Augen im Kopf haben und doch blind sein. Darum geht es in der Erzählung von der Heilung des Blinden und den ausführlichen Streitgesprächen. Wer meint, er sehe von sich aus schon alles richtig - auch ohne die Gnade, der ist in Wahrheit blind und wird es endgültig sein. Das sagt Jesus als letztes zu den Pharisäern, die genau diese Einstellung haben und insofern unter verdunkelter Urteilskraft leiden: „Wenn ihr blind wärt, hättet ihr keine Sünde. Jetzt aber sagt ihr: Wir sehen. Darum bleibt eure Sünde.“ (Joh 9,40f)

Vorher hatte Jesus den Sinn seines Kommens in die Welt so umschrieben: „Um zu richten, bin ich in die Welt gekommen: damit die Blinden sehend und die Sehenden blind werden.“ Das heißt, am Ende kann und wird es nur zwei Gruppen von Menschen geben: Solche, die durch Jesus zum wahren Sehen geführt werden, und solche, die geistig erblinden. Denn Jesus ist das Licht, das in die Welt gekommen ist; an seinem Licht partizipieren heißt glauben und sehen; ohne dieses Licht kann man nichts sehen, sieht man jedenfalls nichts richtig, sondern deutet alles falsch. So heißt es an anderer Stelle im Evangelium: „Denn mit dem Gericht verhält es sich so: Das Licht kam in die Welt, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht; denn ihre Taten waren böse. Jeder, der Böses tut, haßt das Licht und kommt nicht zum Licht, damit seine Taten nicht aufgedeckt werden. Wer aber die Wahrheit tut, kommt zum Licht, damit offenbar wird, daß seine Taten in Gott vollbracht sind.“ (Joh 3, 19-21)

Solche Schwarz-Weiß-Malerei gefällt nicht jedem. Wo bleiben da die Zwischentöne, die verschiedenen Grauschattierungen? Ist nicht in jedem von uns beides: Licht und Schatten? Müßten wir nicht besser sagen: manchmal sind wir blind, aber manchmal sehen wir auch ganz gut? – Das ist ganz ohne Frage richtig. Auf dieser Erde ist alles vermischt, so sehr, daß wir nicht einmal sicher wissen, was Unkraut und was Weizen ist. Davon spricht Jesus selbst im Gleichnis. Wir dürfen uns nicht einbilden, wir könnten jetzt schon die Spreu vom Weizen trennen. Tun wir es doch, dann reißen wir sicher nicht nur das Böse, sondern auch das Gute heraus. Anders gesagt: Wenn Jesus vom Gegensatz von Licht und Finsternis spricht, dann will er uns nicht ermuntern, über andere Menschen zu urteilen. Das tun gerade die Pharisäer, die sich im Licht wähnen, doch sie irren sich sehr und verlaufen sich immer mehr in die Finsternis. Das Licht, das der Glaube schenkt, hat die merkwürdige Eigenschaft, nur dann wirklich zu leuchten, wenn man es zum Dienst für den anderen einsetzt. Es geht sofort aus, wenn wir uns einbilden, es für uns selbst und aus uns selbst zu haben. Wir verlieren es, wenn wir es uns nicht immer neu geben lassen, denn es ist nie unser Besitz, unser Verdienst, unsere Leistung. Das Licht, in dem wir wahrhaft zu sehen vermögen, hat damit dieselbe Eigenschaft wie die Liebe, die gleichfalls nur Bestand hat, wenn sie sich selbstvergessen auf das Wohl des anderen richtet. Die Liebe ist das einzige Gut auf dieser Welt, das wächst, wenn man es ausgibt, und das verkümmert, wenn man es bei sich behalten will. Das Licht wahrer Erkenntnis und die Liebe sind immer Geschenk und nie Besitz, sind nur für die anderen da und können niemals gegen einen anderen eingesetzt werden. So ruft der Apostel Paulus einmal aus: „Was hast du, das du nicht empfangen hättest? Wenn du es aber empfangen hast, warum rühmst du dich, als hättest du es nicht empfangen?“ (1 Kor 4,7)

Der Evangelist Johannes betreibt keine Schwarz-Weiß-Malerei, sondern weist darauf hin, in welcher Weise Licht und Finsternis Mächte sind, zwischen denen unser Leben hin und hergerissen wird, bis wir eines Tages entweder ganz im Licht oder ganz in der Finsternis sind. Es ist ein Kampf, vor allem ein Kampf gegen uns selbst, gegen unseren Stolz, unsere Rechthaberei, unseren Egoismus, unsere Weigerung, Kritik anzunehmen. Denn in jedem von uns steckt ein kleiner Pharisäer. Wenn uns jemand die Wahrheit sagt, dann sagen wir vielleicht nicht wörtlich wie damals die Pharisäer: „Du bist ganz und gar in Sünden geboren und du willst uns belehren?“ Aber wir denken so und sagen etwa: „Du hast ja keine Ahnung!“ – „Du Grünschnabel, was bildest du dir ein!“ – „Halt du dich da raus, das geht dich gar nichts an!“ – Usw. Die Sprache bietet uns viele Möglichkeiten, den Anspruch von außen abzuwehren.
Und die Fastenzeit bietet viele Möglichkeiten, über unsere eigene Blindheit nachzudenken und uns für das Licht zu öffnen, das Gott uns schenken will.

3. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder,

man hat den Eindruck, als ob die Evangelien, die wir an den Sonntagen der Fastenzeit hören, mit ihrer jeweiligen Überlänge schon selbst eine kleine Buße darstellen sollen - oder uns vielleicht auf die langen Passionstexte der Karwoche vorbereiten wollen.

Tatsächlich hat die Auswahl der Evangelien, die wir gehört haben und noch hören werden, einen anderen Grund. In der Weltkirche ist es bis auf den heutigen Tag üblich, die Taufbewerber eines Jahres in der Osternacht zur Taufe zu führen. Die Evangelien (schon seit Jahrhunderten in dieser Reihenfolge) sind deshalb gedacht als eine Mini-Katechese, eine Einführung in die Grundlagen unseres Glaubens - auch für die, die schon getauft sind.

Und das gilt auch für das heutige Evangelium. Die Heilung des Blinden ist nicht so schnell berichtet wie die vielen anderen Wunder, die Jesus getan hat. Bei denen reichten oft schon ein paar Sätze.
Hier aber widmet Johannes der Heilung des Blinden ein ganzes Kapitel. Denn es geht ihm nicht nur um den Bericht einer Heilung. Es geht ihm um etwas anderes.

Vor der ganzen Geschichte gibt es keine festen Rollen: Die Jünger, die fragen, wer denn durch seine Sünden an der Blindheit des Mannes schuld ist, sind genauso wenig Lichtgestalten wie der Blinde, der gar nicht zu Wort kommt. Aber auch die Pharisäer sind nicht nur die Schlechten: Sie sind ja wirklich fromme Menschen gewesen, die ihr Leben ganz an den Weisungen der Schrift ausgerichtet haben. Und einige sind durchaus auf der Seite Jesu - wie im Evangelium ausdrücklich erwähnt. Gut und Böse, Schwarz und weiß ist nicht entschieden.

Nur Jesus ist sagt von sich: «Ich bin das Licht der Welt.» Und an ihm entscheiden sich jetzt die Geister. Er öffnet die Augen des Blinden und er öffnet die Augen der Pharisäer. Alle sehen klar, was Jesus kann und wer er ist. Nur: Sie entscheiden sich jeweils anders: Der ehemals Blinde schlägt sich nach und nach auf die Seite Jesu, ja, er versucht sogar die Pharisäer umzustimmen und wird selbst zum Apostel. Und die Pharisäer - obwohl sie das Wunder nicht leugnen - kehren sich von diesem Jesus ab. Nun sind die Rollen klar: Hier ist gut - und da ist böse - hier schwarz und dort weiß.

An Jesus entzünden sich die Gegensätze, weil er - wie Paulus schon in der Lesung sagt - das Verborgene an den Tag bringt. Wenn er das Licht der Welt ist, dann können wir nicht mehr grau in grau durchs Leben schleichen - dann sind wir entweder Kinder des Lichts oder der Finsternis.

Wenn wir einen neuen Christen durch die Taufe in die Kirche aufnehmen, dann ist die einzige Voraussetzung dafür die Anerkennung des Glaubensbekenntnisses, das unmittelbar vor der Taufe abgefragt wird - «Ich glaube» Zu Gott stehen und sich zu ihm bekennen macht einen Christen aus mir.
Davor jedoch gehört genauso wesentlich die Absage an das Böse - «Ich widersage.» Wer sich für das Gute entscheidet, kann nicht des Schlechte weiterführen! Wer sich zu Gott gesellt, kann nicht gleichzeitig das Widergöttliche auch noch mit nehmen.
Das krasseste Beispiel dafür ist wahrscheinlich die Mafia: Schön katholisch, regelmäßige Kirchgänger und fromm - und bringen gleichzeitig Leute um und handeln mit Drogen. Die haben sich nicht entschieden - die haben zu Gott ja gesagt und gleichzeitig dem Satan nicht widersprochen.

Vielleicht steckt ja in jedem von uns ein kleiner Mafiosi: Zu Gott gehören, aber die Annehmlichkeiten eines gottlosen Lebens nicht lassen. Lieber grau in grau. Aber, das tut mir leid, das geht nicht mehr. Wir sind Kinder des Lichtes, drum lasst uns auch so leben. Wer zu oft ein Auge zudrückt, wenn es um seine eigene Moral geht, der geht schließlich selbst wie ein Blinder durchs Leben.

Tun sie sich das nicht an. Amen.

4. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder,

man hat den Eindruck, als ob die Evangelien, die wir an den Sonntagen der Fastenzeit hören, mit ihrer jeweiligen Überlänge schon selbst eine kleine Buße darstellen sollen - oder uns vielleicht auf die langen Passionstexte der Karwoche vorbereiten wollen.

Tatsächlich hat die Auswahl der Evangelien, die wir gehört haben und noch hören werden, einen anderen Grund. In der Weltkirche ist es bis auf den heutigen Tag üblich, die Taufbewerber eines Jahres in der Osternacht zur Taufe zu führen. Die Evangelien (schon seit Jahrhunderten in dieser Reihenfolge) sind deshalb gedacht als eine Mini-Katechese, eine Einführung in die Grundlagen unseres Glaubens - auch für die, die schon getauft sind.

Im Evangelium des letzten Sonntags (das ebenfalls sehr lang war und von der Begegnung Jesu und der Samariterin am Jacobsbrunnen erzählte), ging es um die Frage: «Was glaubst Du?»
Die Antwort hat Jesus der Samariterin und uns Christen selbst gegeben (was übrigens ganz selten im Evangelium vorkommt): «Ich bin der Messias, der mit dem Du sprichst.» Das ist unser Glaube, der Glaube der Christen.
Glauben heißt demnach nicht: "Ich vermute, ich bin nicht sicher..." - sondern Glauben heißt: Ich vertraue darauf, dass mir jemand die Wahrheit sagt. In diesem Fall: «Ich weiß, dass Jesus der Messias ist; weil ich dem glaube, was er mir sagt.»

Und heute, im Evangelium von der Blindenheilung, geht es um die Frage: «Wieso glaubst Du ihm?» Denn es gibt ja durchaus so etwas wie einen blinden Glauben. Ich vertraue blindlings einer Person und dem, was sie mir sagt, ohne zu fragen, ob sie wirklich glaubwürdig und vertrauenswürdig ist. Das wäre aber sehr leichtsinnig, den einen blinden Glauben kann ich sowohl Gott gegenüber als auch einem Sektenführer, einem beliebigen Wissenschaftler oder sogar einem Adolf Hitler gegenüber haben - und kann ihn nicht begründen. Wer blind glaubt, der tut das vielleicht deshalb, weil er genau das hören möchte, was er hört; weil er sich selbst und seine Lebensweise bestätigt fühlt; weil er dann so bleiben kann, wie er ist.

Christus möchte aber keinen blinden Glauben, sondern dass wir sehen, nachdenken und dann dem Vertrauen, der allein vertrauenswürdig ist. Was spricht aber nun für den Glauben an Jesus Christus?

Zunächst seine Werke; er selbst sagt ja einmal: Glaubt wenigstens aufgrund der Werke, die ich tue. Damit meinte er die Taten, die in der Bibel stehen: Wunder und Zeichen. Auch der Blindgeborene im heutigen Evangelium wird nach und nach zum Christen, weil er nicht leugnen kann, was an ihm geschehen ist.
Es sind aber auch die Taten und Werke gemeint, die Jesus bis auf den heutigen Tag tut. Durch die Kirche und die Sakramente, die Heiligen, durch Menschen, die uns lieben, unsere Eltern und Freunde. Aber auch direkt: Wie oft gibt er uns Kraft, wenn wir nicht mehr damit gerechnet haben? Wie oft tröstet er und heilt, gibt Kraft zur Vergebung und zum Neuanfang?

Gut, damit können wir keinen Gottesbeweis beginnen. Das sind persönliche Erfahrungen, die wir nicht belegen können. Aber der Blindgeborene kann auch keinen Beweis antreten, dass er blind war und geheilt wurde. Die Pharisäer und Schriftgelehrten haben sich auch nicht überzeugen lassen - weil sie nicht sehen wollten. Da kann man nichts machen.

Es gibt aber noch einen anderen Grund, diesem Jesus zu vertrauen: Die Schwachheit seiner Gegner. Wenn ein Wissenschaftler verschiedene Theorien prüft und eine nach dem anderen ausschließt, dann muss die letzte, einzig noch verbliebene Alternative die Richtige sein, so unwahrscheinlich sie auch ist.
Die Pharisäer und Schriftgelehrten verspielen im Laufe der Auseinandersetzung jede Glaubwürdigkeit. Nur, um nicht nachzugeben, greifen sie nach immer unsachlicheren Argumenten, um den Blindgeborenen schließlich auszuschließen. Für den Geheilten ist damit klar: Es gibt nur noch Jesus, dem er vertrauen kann. Alle anderen haben ihre Vertrauenswürdigkeit verloren.

Das, liebe Schwestern und Brüder, ist unser Glaube: "Jesus Christus ist Gott.". Und das der Grund, weshalb wir alle unsere Hoffnung auf Gott setzen: "Er allein tut Gutes, er allein hilft." Erzählen wir von unserem Glauben und - wie Paulus in der Lesung schreibt: "Leben wir als Kinder des Lichtes!" Denn auch durch uns können andere Menschen Gott erfahren. Amen.

5. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder,

Puh, ein langes Evangelium heute, liebe Schwestern und Brüder im Glauben. Ganz ausführlich und absolut untypisch wird uns heute die Heilung eines Blinden dargestellt. Wenn dies schon von dem Evangelisten Johannes so erzählt wird, dann wollen wir auch einmal auf die Hintergründe schauen. Und tatsächlich läßt sich ein diesem Evangelium eine Entwicklung finden, die ein jeder von uns auch durchmachen muß.

Zunächst einmal der Blinde im Evangelium: Er tut zunächst einmal nichts, er schreit nicht um Hilfe, wie es sonst schon mal vorkommt, er bekennt nicht seinen Glauben, wie es sonst auch oft üblich ist, bevor Jesus heilt, sondern er sitzt einfach nur da. Und Jesus streicht ihm Erde ins Gesicht, ohne ihn zu fragen, unaufgefordert, einfach nur damit, so sagt er: „das Wirken Gottes an ihm offenbar" wird.

Dann jedoch der erste Schritt des Blinden: er tut was Jesus gesagt hat: „Der Mann ging sofort und wusch sich". Er versteht überhaupt noch nicht, was da geschieht, aber er tut es. Und es funktioniert: er konnte sehen. Es mag überhaupt keiner verstehen und kapieren, was da geschehen ist, aber er, der von Geburt an blind war, kann nun sehen.

Dann der 2. Schritt: Der ehemals Blinde bekennt sich zu dem, was geschehen ist: „Der Mann, der Jesus heißt" hat das und das getan und gesagt und ich habe es getan und konnte sehen. Er weiß zwar noch nicht, wer dieser Jesus ist, kann ihn absolut nicht einordnen, aber er bekennt sich zu ihm, er sagt: der war es und niemand anderes. Schon ein erster wichtiger Schritt, den viele Menschen heute oft nicht tun. Doch zunächst der Blinde.

Er wird vor die Pharisäer geführt, auch die verstehen nicht, sie lassen es sich sogar zweimal erklären, weil sie mit Blindheit geschlagen sind. Und hier bekannt nun der Mann: „Er ist ein Prophet." Er bringt ihn also mit Gott in Verbindung, ein nächster wichtiger Schritt. Ein Prophet ist einer, der von Gott gesandt ist, der in Gottes Namen Gutes tut. Er bekennt sich zu Gottes Kraft und Macht, zu Gottes Gegenwart unter uns Menschen.

Dann der nächste Schritt: die Pharisäer sind so ungläubig, sind so blind, sie zitieren seine Eltern, fragen ob er ihr Sohn sei. Die Eltern haben Angst vor den Gelehrten und verweisen auf die Aussage ihres Sohnes. Und nun setzt dieser noch einen drauf: „Warum wollt ihr es noch einmal hören? Wollt auch ihr seine Jünger werden?" Er wagt im folgenden den Widerspruch zu den Ausreden der Gelehrten, er steht zu dem, der ihn geheilt hat, er läßt darüber kein Unrecht zu und wird folglich von den Juden verstoßen. Er hat den Rauswurf riskiert und in Kauf genommen.

Und nun erst, nach dieser Entwicklung, kommt er durch eine neuerliche Begegnung mit Jesus zum wahren sehen. Er erkennt, daß Jesus der Menschensohn, also der Christus ist und glaubt. Nun erst ist er wirklich sehend geworden.

Solch ein Evangelium in der Fastenzeit ermahnt auch uns zum wahren sehen zu gelangen.

Wo stehen wir?

Viele Menschen sind blind und meinen alles selbst zu können, lassen sich von niemandem etwas sagen. Haben ihren Dickkopf, und lassen niemanden an sich heran. Letztlich sind das arme Menschen, die ähnlich wie der Blinde irgendwo einsam in der Ecke sitzen.

Lassen wir uns wenigstens etwas sagen? Dürfen gute Freunde uns zur Seite nehmen und auf eingeschlichene Fehler aufmerksam machen? Sind wir bereit, auf sie zu hören und kommentarlos den Ratschlag zu befolgen wie der Blinde? Das verlangt schon ein großes Vertrauen zu unseren Mitmenschen.

Dann der nächste Schritt: Der Blinde verweist auf den Mann, der Jesus heißt. Viele Menschen bleiben heute auch dabei stehen. Sie sehen in Jesus von Nazareth einen netten Menschen, der eine paar coole Sprüche drauf hatte und der dann ans Kreuz geschlagen wurde, weil er so friedliebend war. Wer so bei dem netten Menschen Jesus stehen bleibt, der hat wesentliches nicht verstanden.

Der Blinde versteht im nächsten Schritt mehr: Er erkennt, daß Gott hinter den Dingen steht. Er versteht, daß der nette Mensch allein zu solch großen Dingen nicht fähig ist. Dieser Glaubensakt fällt vielen Menschen heute schon schwerer. Jesus - OK, aber Gottes Sohn - na ja. für uns, die wir hier versammelt sind, dürfte dieser Schritt noch selbstverständlicher sein, doch bei vielen Jugendlichen ist das heute schon eine Frage. Ich bin gespannt, wie unsere Haupt- und Realschüler das in der nächsten Woche bei den religiösen Orientierungstagen sehen.

Der 4. Schritt nun ist für viele heute immer schwerer. Der Blinde bekennt sich zu den Heilstaten Jesu und wird von der Gesellschaft verstoßen, wird aus der Clique ausgegrenzt. Auch unter uns sind das immer weniger: wer bekennt sich denn am Stammtisch noch zu einem Fastenopfer, wer spricht denn noch über die Sonntagspredigt beim nachmittäglichen Kaffeebesuch und bekennt sich dadurch zum regelmäßigen Kirchgang und nicht nur das, sondern fragt die anderen: „Wollt ihr auch seine Jünger werden?" Wer macht Freunde, Verwandte auf seinen Glauben aufmerksam? Die Eltern des Blinden haben es auch nicht riskiert. Er selbst aber wohl und dadurch ist er nun reif genug für die wahre Begegnung mit Jesus. Nun erst, wo er sich für seinen Glauben eingesetzt hat, ist er fähig, Jesus neu zu begegnen und zum Glauben an ihn, an den Christus zu gelangen.

Auch uns ist dieser Schritt möglich. Auch wir können dahin gelangen, Gott wirklich als unseren Lebensretter, als den Messias zu erkennen, daß uns die Augen geöffnet werden, daß wir sehen können.

Egal, wo wir stehen, die österliche Bußzeit lädt uns ein, den nächsten Schritt zu tun, ein Schritt weiter zu gehen, damit wir am Ende Gott schauen dürfen.

Fürbitten