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Predigtvorschläge - 02. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B)
1. Predigtvorschlag

Wo wohnt Jesus?

Von Natur aus ist der Mensch neugierig. Er will herausfinden, was hinter den Dingen steckt. Ihn interessiert zum Beispiel auch, wie andere Menschen wohnen, wie es bei ihnen zu Hause aussieht. Als ich zum Beispiel ins Pfarrhaus einzog, da dauerte es nicht lange, da waren schon Leute aus der Gemeinde da, sich die Räumlichkeiten anzusehen. Und als ich einmal eine Besichtigung des Pfarrhauses anbot - mit deutschsprachiger Führung - da war der Andrang groß. Es entspricht einem natürlichen Bedürfnis, zu sehen: Wie lebt der andere? Womit umgibt er sich? Welchen Eindruck bietet das Haus oder die Wohnung, in der er lebt?

Bei den Jüngern, die Jesus nachfolgten, war es nicht anders. Auch sie wollen wissen, wo Jesus wohnt. Dabei werden sie sicher nicht bloß an seine Adresse gedacht haben, sondern es geht ihnen noch um viel mehr! Sie wollen vielmehr herausfinden und sehen: Wer ist dieser Mensch eigentlich, der uns so fasziniert? Vielleicht können wir das durch einen Besuch bei ihm herausfinden. Vielleicht können wir anhand seiner Wohnung erkennen, wer er ist.

Nun hat "wohnen" in der Sprache der Bibel noch eine etwas andere Bedeutung als bei uns. Eine Wohnung, das ist für uns moderne Menschen nicht mehr unbedingt das Gleiche wie Heimat und Beständigkeit. Der Rhythmus des modernen Lebens verlangt von dem, der weiterkommen will, Flexibilität und Mobilität. Menschen, die ihr Leben lang nur an einem Ort sind, werden immer seltener - zumindest hier bei uns.

Im Evangelium ist das ein bißchen anders. Da bedeutet "wohnen" dasselbe wie "bleiben". Das ist ein und dasselbe Wort! Wenn es also heißt, die Jünger, die hinter Jesus hergingen, "gingen mit und sahen, wo er wohnte" (Joh 1,39), dann bedeutet das dasselbe wie: Sie sahen, wo Jesus wirklich da war, wo er blieb, wo er Gemeinschaft anbieten konnte. Sie hatten den Ort gefunden, wo Jesus wirklich zu Hause war, wo er wirklich seine Gegenwart anbieten konnte - bei den Menschen, in dieser Welt.

Dieser Moment hat für den Evangelisten, der das berichtet, eine so tiefe, eine so verwandelnde Bedeutung, dass er noch nach Jahren und Jahrzehnten genau die Uhrzeit weiß, wann das passiert ist: "Es war um die zehnte Stunde", sagt er (Joh 1,39). - Ich habe mich beim Lesen oder Hören dieser Stelle immer gefragt, warum Johannes das so sehr betont. Wer sein Evangelium kennt, weiß, dass nichts nur zufällig oder beiläufig ist. Auch kleine Einzelheiten können da schon ihre Bedeutung haben. Die zehnte Stunde - das ist vier Uhr am Nachmittag. Und da wurde ich vor kurzem an eine alte Überlieferung, an einen Brauch erinnert, der genau mit dieser Uhrzeit zu tun hat. Nach dieser Überlieferung ist vier Uhr nachmittags die Zeit, da der Soldat zu Jesus, der schon gestorben ist und noch am Kreuz hängt, kommt, ihm die Seitenwunde mit der Lanze zufügt und das Herz öffnet.

Nach den Berichten der ersten drei Evangelisten stirbt Jesus zur neunten Stunde (Mt 27,45 parr); dazu passt es, dass ungefähr eine Stunde später der Soldat kommt und offiziell den Tod des Verurteilten feststellt.

Die zehnte Stunde: die Zeit des ersten Besuches der Jünger bei Jesus; die zehnte Stunde: die Zeit, da Jesus sein Herz für alle Menschen öffnen lässt - man mag das als Zufall ansehen, aber ich glaube das nicht. Zumal Johannes, der Evangelist, in seinem Evangelium immer wieder, an mehreren Stellen, einen Bogen spannt vom Anfang zum Ende, von der Andeutung zur Erfüllung, vom Vorausbild zur endgültigen Offenbarung.

So auch hier: Die Jünger, die Jesus besuchen dürfen, die sehen, wo er wohnt, erleben einen Menschen, der sie anzieht, der sie verwandelt. In seiner letzten öffentlichen Rede, schon nach der Salbung in Betanien, sagt Jesus: "Wenn ich über die Erde erhöht bin, werde ich alle zu mir ziehen" (Joh 12,32). - Und der Evangelist erklärt dazu: "Das sagte er, um anzudeuten, auf welche Weise er sterben werde" (Joh 12,33).

Jetzt können wir vielleicht den tieferen Sinn erfassen: Die Jünger, die in das Haus Jesu kommen, sind die ersten, die er an sich gezogen, die er für sich gewonnen hat, oder besser gesagt: für den Vater und für seine Herrlichkeit. - Doch die Wohnung, die Jesus hat, ist nur ein Vorausbild. Seine eigentliche Wohnung ist woanders: sein Thron auf Erden ist das Kreuz. Von da aus zieht er alle Menschen an sich und an sein geöffnetes Herz.

So haben wir durch diese kleine Zeitangabe schon einen wunderbaren Hinweis auf die tiefe Bedeutung dieses Besuches der ersten Jünger bei Jesus. Und Johannes berichtet dieses Ereignis so, dass auch wir spüren und erkennen: auch wir sind eingeladen. Auch wir dürfen die Einladung Jesu hören: "Kommt und seht!". Jetzt, nachdem Jesus sein Herz für alle geöffnet hat, gilt allen diese Einladung: "Kommt und seht!"

Und noch mehr: Nicht allein Jesus selbst, sondern alle, die zu ihm gefunden haben, haben die Aufgabe, diese Einladung weiterzugeben: "Kommt und seht!" Die Einladung, zu sehen, wie wir Christen leben. Wie wir glauben. Wie wir zusammenkommen, um Gottesdienst feiern. Die Menschen wollen sehen und hören, was wir tun und was wir glauben. Erst dann finden sie zu Jesus. Darum müssen auch wir den Menschen, die in unserer Zeit suchen, die Türen öffnen und sie einladen. Ganz einfach. So, wie Jesus damals die Jünger zu sich eingeladen hat.

2. Predigtvorschlag

von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2009)

Liebe Schwestern und Brüder!

Die Tannenbäume liegen auf der Straße zum Abholen bereit, der Weihnachtsfestkreis ist offiziell mit dem vorigen Sonntag „Taufe des Herrn“ abgeschlossen.
In den Kaufhäusern wird für Karneval umgerüstet, und nach den Festtagen hat auch uns der Alltag wieder.

Und Alltag scheint auch beim Täufer Johannes zu herrschen. Wie jeden Tag tauft er die Umkehrwilligen im Wasser des Jordans. Die Menschen kommen in Scharen. Sein Wort spricht sie an. Einige sind sogar seine Jünger geworden und leben eine Zeit lang bei ihm, um von ihm zu lernen.
Auch an diesem Tag, über den das heutige Evangelium berichtet, sind Jünger in seiner Nähe. Zwei stehen direkt neben ihm.
Wahrscheinlich kümmern sie sich um die Ordnung des Besucherstromes und assistieren bei den Taufhandlungen.

Doch ganz plötzlich ist es vorbei mit der Routine.
Im Evangelium heißt es dazu nur kurz:
„Als Jesus vorüberging, richtete Johannes seinen Blick auf ihn und sagte: Seht, das Lamm Gottes!“

Jesus ging also vorüber. Er war unterwegs. Es klingt so, als habe er nicht die Absicht, dort anzuhalten. Er ging vorüber. - Merkwürdig! Wer den weiten Weg durch diese Wüstenlandschaft macht, der hat normalerweise ein Ziel und auch Zeit für einen Stopp und ein Gespräch.
Hier in dieser Einöde ist weit und breit doch nichts – außer Johannes
und den Pilgern auf dem Weg. Was will uns das heutige Evangelium
also mit dieser Detail-Information erklären?

Jesus ist in Sichtweite, aber er kommt niemand zu nahe. Er ist zwar
der weitaus Größere im Vergleich zu Johannes dem Täufer, aber er ist nicht sein Konkurrent. Er nimmt ihm nichts weg. Er signalisiert Johannes nur: Wie du siehst, bin ich jetzt da. Ich bin jetzt bereit für meine Aufgabe. Ich dränge mich aber bei dir nicht auf. Entscheide du, wie du darauf reagieren willst!

Und nun sehen wir die innere Größe unseres Pfarrpatrons:
Er bindet seine Jünger nicht an sich, in die er so viel Zeit und Energie gesteckt hat. Nein, er weist sie hin auf Jesus und lässt sie frei, lässt sie gehen.
Er muss nicht sein Ego pflegen, sein Ansehen bei den Leuten. Er will nur Bote und Herold sein für den König, der da kommt. Dafür lebt und stirbt er. Für das Lamm Gottes lebt und stirbt er.

Und dann beginnt für die beiden Jünger, Andreas und Johannes, das Abenteuer, Christus zu folgen. Für beide hieß Nachfolge damals ganz ursprünglich: hinter Jesus herlaufen, ohne mehr zu wissen, als dass man geschickt worden ist.
Und als er sie entdeckt und sie bei ihm bleiben wollen, setzt Jesus sich nicht hin und breitet ein Missionskonzept aus oder hält einen Vortrag darüber welchem Anforderungsprofil seine Jünger entsprechen müssen.
Nein. Schlicht ist die Antwort: Kommt und seht!
Nur wer mitgeht, wird sehen, wer Jesus ist, dass er das Lamm Gottes ist.
Und das wird bestätigt: Die Jünger gingen mit, sahen und blieben.

Liebe Schwestern und Brüder,
diese Berufungsgeschichte der ersten beiden Jünger ist mir sehr kostbar, weil sie immer wieder neu zu mir spricht. Und mich so manches inne werden lässt.

Mir wird beim Lesen immer wieder deutlich, dass der Glaube nicht das Fürwahrhalten von Dogmen oder eine Ansammlung von Geboten ist, sondern ein Weg. Christsein ist ein Christwerden, ist ein Jesus nachgehen, ohne zu wissen, was einen erwartet.

Und da gibt es Momente, wo es mir leicht fällt, manchmal falle ich hin und meistens stolpere ich Jesus hinterher. Aber ich bin hinter ihm. und weiß ihn vor mir.
Das, was für den einzelnen gilt, gilt auch für die Kirche als Ganze und auch für unsere Gemeinde: Es gibt kein anderes Konzept, als hinter ihm her zu gehen, ihn im Blick zu halten. Und gerade deshalb ist die Feier der Eucharistie so wichtig.

Denn hier hören wir den Ruf: Seht, das Lamm Gottes. Und wir sehen es dann in den Händen des Priesters und können uns so neu ausrichten. Auf IHN hin.

Seht, das Lamm Gottes – Diesen Ruf können wir auch umsetzten, indem wir uns immer wieder in einer Kirche vor dem Tabernakel hinknien oder in die Anbetung gehen. Dann kommen wir zu ihm und sehen, wo er wohnt. Und wir spüren, dass wir bleiben möchten, weil bei ihm sein einfach Trost und Kraft spendet. Aber das spüre ich nur, wenn ich es wirklich tue. Nicht, wenn ich darüber rede oder daran denke.


Als Jesus vorüberging, richtete Johannes seinen Blick auf ihn und sagte: Seht, das Lamm Gottes!
Als Jesus VORÜBERGING – sozusagen im Vorbeigehen geschieht das Große.
Nicht nur in der Liturgie, auch im ach so flüchtigen Alltag können wir Jesus begegnen, taucht er auf, ohne sich aufzudrängen. Und da bedürfen wir oft eines Täufers Johannes, der uns die Augen öffnet und sagt: Seht, das Lamm Gottes!
Bitten wir unseren Pfarrpatron darum, dass unsere Gemeinde immer wieder auf das Lamm Gottes, auf IHN hinweist, andere das Eigentliche, das zählt, vor Augen führt.
Und bitten wir unseren Pfarrpatron darum, dass wir selber Menschen finden und einander solche Menschen werden, die im richtigen Moment ein Ereignis aufschlüsseln, damit wir den vorbeigehenden Jesus nicht verpassen.

Ich bin sicher, wenn wir Christus, das Lamm Gottes, im Gottesdienst und in der Anbetung immer wieder aufsuchen, werden wir ihn immer öfter und unerwarteter entdecken.

Es Cristo que pasa – heißt eine Predigtsammlung des Heiligen Josefmaria, die mir sehr wichtig geworden ist, die viel von den kleinen Dingen, der Arbeit, den menschlichen Tugenden und Schwächen, der Familie, der Freundschaft spricht.

Es ist Christus, der vorübergeht.
Heiliger Johannes der Täufer, hilf mir ihn zu entdecken. Immer neu.

3. Predigtvorschlag

von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2006)

Es gibt Gerüchte, die sich enorm hartnäckig halten. Ein solches Gerücht lautet: „Die Kirche ist leibfeindlich.“

Man macht das gerne an der Sexualmoral und an den Fastengeboten der Kirche fest.
Sicherlich, es gab Menschen in der Kirche, die prüde und vertrocknet wirkten, die durch übertriebene Kasteiungen ihrem Körper unverhältnismäßig viel Leid zufügten.
Aber man darf von den Fehlformen nicht auf die eigentlich gültige Lehre der Kirche schließen.

„Die Kirche ist leibfeindlich.“ - Dieser Satz kann gar nicht stimmen.

Bester Beweis dafür ist die Krippe hier in der Kirche.
Wir glauben an einen Gott, der Fleisch angenommen hat in Jesus Christus. Dieser Gott ist in seinem Sohn leibhaftig unter uns gewesen.
Keine Religion kennt das. Die Inkarnation - die Menschwerdung Gottes - ist und bleibt etwas zutiefst Christliches, etwas, was andere Religionen nicht kennen und sich nicht vorstellen können.

Gott leibhaftig unter uns Menschen - Zur Zeit der ersten Christen war das ein Skandal. Alles Körperliche, Leibliche war minderwertig gegenüber dem Geistigen. „Seele gut, Leib schlecht“ lautete damals die Devise.
Und noch heute gibt es viele Formen der Abwertung des Leibes, gerade in esoterischen, ostasiatisch verbrämten Meditationsformen. Die Seele soll darin vom Leib befreit, erlöst werden.

Die Kirche hat dagegen immer die „Auferstehung des Fleisches“ gehalten.
Der Mensch wird als Ganzer erlöst, mit Leib und Seele. Der Mensch ist schließlich Leib und Seele.
So gesehen ist die Kirche nicht leibfeindlich, sondern leibfreundlich.

Der Leib hat für uns Christen eine hohe Bedeutung, er ist etwas enorm Kostbares. Das haben wir in der Lesung aus dem ersten Korintherbrief gehört, in dem es heißt:
Oder wißt ihr nicht, daß euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott habt?

Der Leib des Menschen - ein Tempel des Hl. Geistes, ein Tempel Gottes.
Er ist uns geschenkt worden, wir haben ihn nicht selber gemacht. Der menschliche Leib ist eine Schöpfung Gottes. Und was für eine.

Die verschiedenen inneren Organe in ihrer ganzen Komplexität ermöglichen erst unser Leben.
Die Sinnesorgane erlauben uns, miteinander in Kontakt zu treten.
Der Leib ermöglicht es, daß wir uns in dieser Welt bewegen, sie gestalten und formen können.
Wir haben nicht nur einen Leib, wir sind Leib.

Wenn wir diesen Leib von Gott geschenkt bekommen haben, müssen wir auch in irgendeiner Weise damit umgehen. Und zwar so, daß wir dem Geschenk und dem Schenkenden gerecht werden.
In der Lesung faßt Paulus das prägnant zusammen, indem er die Korinther damals und uns heute aufruft:
Verherrlicht Gott in eurem Leib!

Wie aber kann das konkret geschehen?

Nun, wenn der Leib wirklich Tempel Gottes also etwas Heiliges ist, dann sollten wir ihn auch heilighalten, ihn ehren, ihn pflegen.

Gott in unserem Leib verherrlichen hieße dann,
ihm die nötige Hygiene zukommen zu lassen, ihn gesund zu halten, ihm den nötigen Schlaf zu gewähren.
Alles Maßlose sollten wir von ihm fernhalten.

Verherrlicht Gott in eurem Leib!
Dazu paßt nicht, sich unkontrolliert mit allen möglichen Speisen oder Rauschmitteln vollzustopfen.
Dazu paßt nicht, sich jedes Wochenende volllaufen zu lassen und die Nacht zum Tage zu machen. Das sind keine Heldentaten, mit denen man angeben müßte.
Dazu paßt nicht, seinen Body ohne Rücksicht auf Verluste zu stählen, mit übertriebenem Training oder Einnahme von unerlaubten Mittelchen.

Verherrlicht Gott in eurem Leib!
Dazu paßt nicht, die körperliche Unversehrtheit der anderen zu gefährden, indem man sie z. B. im Verkehr oder am Arbeitsplatz unnötigen Gefahren aussetzt.
Dazu paßt nicht, andere zu einem übertriebenen Konsum von Speisen, Getränken und Drogen zu animieren.

Wer das Maß im Umgang mit seinem Leib oder dem Leib der anderen aus den Augen verliert, versündigt sich gegen Gott, versündigt sich gegen den Tempel Gottes.

Verherrlicht Gott in eurem Leib!
Der Leib hat im Christentum, in der Sicht der Kirche eine hohe Würde. Wir sind Leib. Und alles, was den Leib und seine Regungen vom ganzen Menschsein trennt, kann nicht richtig sein. Das gilt gerade im Bereich der Sexualität.

Aus diesem Grunde wehrt sich die Kirche vehement gegen Einflüsse, die den Körper zu einem sexuelles Objekt degradieren.
Die körperliche Sexualität hat ihren Rahmen in der festen Liebesbindung zweier Mensch zueinander, die sich in der Ehe zwischen Mann und Frau – und nur zwischen Mann und Frau -verwirklicht. Alles andere ist in Wahrheit unmenschlich, wird dem Menschen nicht gerecht.

Deshalb verurteilt die Kirche Pornographie, Prostitution und alles, was die Trennung von Sexualität und Liebe fördert.
Dazu zählen auch künstliche Befruchtungs- und Verhütungsformen.
Dazu zählt auch das Erzählen oder Gutheißen schlüpfriger Bemerkungen oder Zoten. Der sogenannte versaute Witz hat im Mund eines Christen nichts zu suchen.

Verherrlicht Gott in eurem Leib!
Dieser Aufruf gilt auch jetzt im Gottesdienst.
Das Sitzen, das Knien, das Stehen sind körperliche Ausdrucksformen für unsere innere Haltung. Der Körper hilft uns beten.
Deshalb ist es gut, uns immer wieder zu prüfen, ob und wie wir mit unserem Leib beten.
Es geht nicht darum, sich stock und steif zu verhalten, aber die Kniebeuge sollte auch als solche erkannt werden; und das Kreuzzeichen sollten wir nicht so schlagen, als ob wir eine Fliege von unserem Gesicht vertreiben wollten.

Verherrlicht Gott in eurem Leib!
Wenn wir diesem Aufruf in unserem persönlichen Leben nachkommen, wird es demnächst vielleicht in der Gerüchteküche brodeln: „Schon gehört, die Kirche ist leibfreundlich.“

4. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Ob Sie die Eucharistiefeier bewusst mitfeiern - und ob damit der Gottesdienst für sie interessant oder langweilig erscheint, hängt in einem hohen Maße davon ab, wieviel Gebetsanliegen Sie in den Gottesdienst mitbringen. Lob und Dank, Bitte und Fürbitte, ihre eigenen Anliegen oder die Sorgen anderer Menschen - alles hat seinen Dreh- und Angelpunkt in der Messe.

Wenn Sie mit einer anderen Person ins Gespräch kommen wollen, dann müssen Sie auch selbst die Initiative ergreifen. Der feste Vorsatz, aufmerksam zu sein, nützt wenig zum Gespräch, wenn Sie kein einziges Wort sagen. Und die Beschwerde, das Gespräch hätte Ihnen nichts gebracht, ist nur dann berechtigt, wenn sie auch selbst den Mund aufgemacht haben.

Somit gestaltet sich gerade der Beginn eines Gottesdienstes als ein höchst aktiver Teil: Wir wünschen uns die Nähe des Herrn; stimmen uns auf die Begegnung mit Gott ein; bitten Gott und die Mitchristen um Verzeihung; freuen uns über die Schönheit und Größe Gottes und loben Ihn deswegen; und wir bringen unsere Anliegen, unsere Befindlichkeit vor Ihm - und das alles schon in den ersten 7 sieben Minuten. Fast so, wie auch in einem alltäglichen Gespräch. Dann aber wird es Zeit, sich zu setzen und einander zuzuhören.

Denn nicht nur wir haben etwas mitgebracht. Auch Gott möchte uns etwas sagen. Dass Gott zu den Menschen spricht, ist keine Neuigkeit. Das hat er schon immer getan, bis auf den heutigen Tag. Warum sollte er gerade bei Ihnen eine Ausnahme machen?
Gott zuzuhören ist ganz einfach. Er überlässt uns sogar die Art und Weise, wie wir ihm zuhören wollen.
Vielleicht haben Sie eine ganz bestimmte Frage, ein Problem, auf das Sie eine Antwort möchten. Hören Sie gut hin, welche Antwort Gott Ihnen gibt - in den Texten, aber vielleicht auch in den Liedern, die wir singen.
Wir sollten vor allem den Lesungen und dem Evangelium zuhören. Dort hat Gott schon einmal zu den Menschen gesprochen; er hat auch damals schon uns mit dem gemeint, was er gesagt und getan hat.
Vielleicht fällt Ihnen ein bestimmter Satz auf, eine besondere Person, ein interessanter Sachverhalt - dann lassen sie sich ruhig von diesem kleinen Teil anregen.
Oder sie versuchen, sich die Situation der Lesungen im ganzen vorzustellen: Wie sah die Landschaft aus? Wie waren die Menschen, die genannt wurden? Lassen sie ihre Fantasie spielen und seien sie nicht überrascht, wenn darin plötzlich Gott auftaucht - oder zumindest die Antwort, um die sie Gott gebeten haben.
Oder sie warten auf die Predigt. Rechnen sie nicht mit guter Unterhaltung. Warten Sie auf einen Gedanken, der ihnen weiterhilft. Seien Sie aber auch nicht zu voreingenommen: Manchmal passen die Antworten, die Gott ihnen gibt, wie die Faust aufs Auge. Aber Hauptsache, sie passen. Rechnen sie nicht immer mit Streicheleinheiten.
Und erwarten sie keinen Geistesblitz. Wie der kleine Samuel in der Lesung erfahren hat, kann Gottes Wort so einfach und banal wirken, dass wir gar nicht auf den Gedanken kommen, dass es Gott ist, der da zu uns redet.
Alles in allem ist Zuhören etwas Aktives. Sich zurückzulehnen und auf die Bedienung zu warten wird nicht sehr vielversprechend sein. Dennoch kann es ihnen passieren, dass sie wirklich in einen inneren Gesprächsverlauf hineingezogen werden, der ihnen das Heft aus der Hand nimmt. Damit müssen sie rechnen.

Ob Gott ihnen etwas zu sagen hat, liebe Schwestern und Brüder, ist keine Frage. Er versucht ja ständig, sie zu erreichen; und obwohl meistens besetzt ist, gibt er nicht auf.
Sie kommen Gott allerdings ein ganzes Stück entgegen, wenn Sie ihm ein deutliches: «Gesprächsbereit!» signalisieren.

Erwarten Sie aber nicht zu viel von sich selbst: Schon im Alltag spüren wir immer wieder, dass gutes Zuhören und echte Aufmerksamkeit gut geübt sein will. Amen.

5. Predigtvorschlag

Predigtreihe zum Jahr der Bibel - 1. Predigt - Historizität des NT

Liebe Schwestern und Brüder, wir haben es schon am Anfang des Gottesdienstes gehört: Wir wollen auch in unserer Gemeinde das Jahr der Bibel 2003 als Anlass nehmen, dem Buch der Bücher einen neuen Zugang abzugewinnen. Ich habe vor einigen Jahren schon einmal eine Predigtreihe zur Eucharistie gehalten, an den nächsten Sonntag möchte ich nun etwas zur Heiligen Schrift sagen.

Es gibt verschiedene Hürden, die es uns schwer machen, einfach mal wieder in der Bibel zu lesen. "Alles gar nicht passiert" ist so eine Hürde; "unverständliches Zeug" eine andere; "alles so weit weg" - "langweilig" - und "immer dasselbe" weitere Hürden.

Für heute möchte ich die erste Hürde in Augenschein nehmen: "Das ist alles gar nicht passiert"; die Bibel sei ein Sammelsurium von Legenden, Märchen, Gerüchten und Unwahrheiten. Wie soll Gott etwa die Welt in nur sieben Tagen erschaffen haben? Wie kann es sein, dass alle Tiere dieser Welt auf nur einem einzigen Schiff Platz gefunden haben sollen? Sollte Mose wirklich das Rote Meer mit seinem Stab geteilt haben? Kann Jesus die Zukunft vorhersagen, Menschen heilen und Tote erwecken? Wie kann jemand, der tot ist, selbst wieder lebendig werden?

Wie sollen wir die Bibel lesen? Nun, Lukas leitet sein Evangelium mit den Worten ein: «Schon viele haben es unternommen, einen Bericht über all das abzufassen, was sich unter uns ereignet und erfüllt hat. Dabei hielten sie sich an die Überlieferung derer, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes waren. Nun habe auch ich mich entschlossen, allem von Grund auf sorgfältig nachzugehen, um es für dich, hochverehrter Theophilus, der Reihe nach aufzuschreiben. So kannst du dich von der Zuverlässigkeit der Lehre überzeugen, in der du unterwiesen wurdest.» (Lk 1, 1-5)
Und Petrus schreibt in seinem zweiten Brief: «Ich halte es nämlich für richtig, euch daran zu erinnern, solange ich noch in diesem Zelt lebe, und euch dadurch wach zu halten; denn ich weiß, dass mein Zelt bald abgebrochen wird, wie mir auch Jesus Christus, unser Herr, offenbart hat. Ich will aber dafür sorgen, dass ihr auch nach meinem Tod euch jederzeit daran erinnern könnt. Denn wir sind nicht irgendwelchen klug ausgedachten Geschichten gefolgt, als wir euch die machtvolle Ankunft Jesu Christi, unseres Herrn, verkündeten, sondern wir waren Augenzeugen seiner Macht und Größe.» (2 Petr 1, 13-16)
Zumindest für das Neue Testament erheben die Autoren den Anspruch, historische Wahrheit zu überliefern, keine Mythen und keine orientalische Märchen. Moderne Theologen betonen zwar immer wieder, dass die Autoren der Bibel ihre Glaubenserfahrungen vermitteln wollen - und kein Geschichtsbuch mit historischem Anspruch schreiben wollten. Sie schließen daraus, dass vieles (vielleicht sogar alles?) nur Symbolgeschichten sind, die Glauben wecken wollen; aber ob das alles wirklich geschehen ist, bleibt unwahrscheinlich.

Einmal angenommen, sie wollen ihren Enkeln deutlich machen, wie schrecklich der Krieg ist. Deshalb sammeln sie Geschichten und Erzählungen, die sie selbst im Krieg erlebt haben oder die andere ihnen erzählen. Ihre Absicht ist es nicht, eine Geschichte des zweiten Weltkrieges zu schreiben, sondern deutlich machen, was Krieg eigentlich bedeutet. Deshalb ordnen sie die Geschichten, betonen bestimmte Details und lassen andere weg, erklären bestimmte Dinge auf, die die Kinder noch nicht verstehen können und so weiter.
Kann ein moderner Forscher daraus schließen, dass das alles erfunden ist und nie stattgefunden hat? Machen die Geschichten denn überhaupt noch einen Sinn, wenn sie alle erfunden sind? Wohl kaum.

Oder ein anderes Beispiel: Ein Biologe schreibt ein Buch, in dem er die kleinen und großen Wunderwerke der Natur beschreibt; die Schönheit und Ordnung der Pflanzen- und Tierwelt, um dadurch auf die Schönheit Gottes zu verweisen. Kann man deshalb sagen: Es geht ihm doch nur um Gott, also wird alles andere wohl erfunden sein?

Anzunehmen, dass die Bibel sich nicht um Naturwissenschaften und Geschichtswissenschaften bemüht, nur weil sie im Dienst des Glaubens steht, ist unwissenschaftlich.

Es ist klar: Wenn ich nicht an Gott glaube, werde ich auch die Bibel für ein Lügenbuch halten; denn es wird dort von den Taten Gottes erzählt. Aber auch als glaubenswilliger Mensch, der Wunder und Berufungen für möglich hält, ja sogar so etwas wie eine Menschwerdung Gottes nicht von vornherein ausschließt, sollte bei Wunderberichten skeptisch sein. Warum also der Bibel glauben?

Nun, deshalb, weil sie sogar aus historischer Sicht sehr glaubwürdig sind. Nehmen wir einmal die Auferstehung Jesu: Die Informationen über dieses Ereignis lassen sich auf die ersten fünf Jahre nach Jesu Tod datieren - viel zu wenig Zeit für eine Legendenbildung, außerdem fehlen die für eine Legende üblichen Ausschmückungen. Die Zeugen und Kritiker Jesu waren alle noch am Leben und hätten jede Unwahrheit sofort aufgegriffen, um endlich diesen lästigen christlichen Glauben zu entblößen. Außerdem werden Frauen als die ersten Zeugen der Auferstehung genannt, obwohl das Zeugnis der Frauen wurde damals als grundsätzlich unzuverlässig angesehen und war z.B. vor Gericht nicht erlaubt. Der einzige Grund, dieses eher peinliche Detail nicht zu verschweigen ist der, dass es wirklich Frauen waren, die das leere Grab entdeckten. Außerdem ist glaubten die ersten Jünger ernsthaft und ganz plötzlich an die Auferstehung Jesu, obwohl sie an das Gegenteil hätten glauben müssen; denn der jüdische Glaube kennt keine Auferstehung vor dem Jüngsten Gericht am Ende der Zeiten. Für diesen Glauben waren sie sogar bereit zu sterben.

Wenn es aber - auch aus historisch, wissenschaftlicher Sicht - keine vernünftigere Erklärung für die Berichte von der Auferstehung gibt, als eben die Annahme, dass Jesus wirklich von den Toten auferstanden ist, dann dürften auch die restlichen Wunder keine Schwierigkeiten sein - davon abgesehen bestehen sie die historische Prüfung ebenso sicher.
Es gibt also gute Gründe, die Glaubwürdigkeit der Evangelien anzunehmen, und so gut wie keine Gründe, die Bibel für unglaubwürdig zu halten.

Liebe Schwestern und Brüder, natürlich besteht ein Unterschied zwischen den neutestamentlichen Berichten und den Erzählungen des Alten Testamentes. Die Hürde, "alles ist erfunden" lässt sich allerdings leicht nehmen: Das sagt schließlich nur der, der nicht glauben möchte.

Wir Christen, die wir von Gott berufen sind und seine Kinder heißen, sollten uns nicht beirren lassen. Lesen Sie in die Bibel in dem Geist, in dem sie geschrieben ist: Als ein aufrichtiges Zeugnis derjenigen, die Gott gesehen, gehört und erfahren haben. Amen.

6. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!

Vorhin in der Lesung haben wir meiner Meinung nach eine der schönsten Berufungsgeschichten gehört, die in der Bibel erzählt werden. Gott ruft Samuel in seine Nachfolge. Drei mal ruft er ihn, bevor er erklärt bekommt, bevor er versteht, daß es Gott ist, der ihn ruft. So wie Samuel wird ein jeder von uns gerufen. So wie er, wissen wir aber oft nicht, ob es Gott ist, der uns da ruft. Gerufen wird man viel. Jeder, der in irgendeinem Verein ist, kennt die Not, wenn die Vorstandsposten neu besetzt werden müssen. „Bin ich dazu berufen?". In diesem Jahr stehen Pfarrgemeinderatswahlen an: „Bin ich gerufen?". Da leidet jemand von meinen Verwandten oder Bekannten? „Bin ich gerufen zu helfen, zu trösten?". Gott ruft uns, jede Herausforderung, jede neue Aufgabe kann ein Ruf Gottes sein. Uns geht es ähnlich wie Samuel, der Gott zunächst nicht erkennt. Der Ruf Gottes ist nicht leicht zu verstehen. Samuel braucht den Rat eines Dritten, er ersucht den Priester Eli um Rat. Halten sie es wie er: Sprechen sie mit anderen über ihren Glauben; bitten sie den Partner um Rat, wo sie einen Ruf, eine Berufung spüren und nicht wissen, ob es Gott ist, der da ruft. Samuel wird mit seiner Antwort „Hier bin ich" zweimal von Eli verständnislos angeschaut und zurückgeschickt. So mag auch uns so manche Verständnislosigkeit begegnen, wenn wir über den Ruf Gottes reden. Vielleicht sind wir aber auch auf der anderen Seite wie Eli gefordert, anderen einen Rat zu geben und darauf hinzuweisen: „Es ist Gott, der Dich da ruft."

Die Berufungsgeschichte des Samuel zeigt uns noch viel mehr: Samuel hat bestimmte Voraussetzungen, damit er Gottes Ruf hören kann. Er wird von seiner Mutter Gott geweiht; er wird einem Priester, Eli, in die Obhut gegeben. Auch an uns ist das geschehen: wir sind von unseren Eltern in die Obhut Gottes gegeben, wir sind getauft, Pastor hat letzten Sonntag darüber gepredigt. Und auch sie wiederum haben ihre Kinder in seine Obhut gegeben, haben sie taufen lassen; aber ist uns das auch Ernst? Oder weisen wir jemanden erst einmal zurecht, wenn er sich uneigennützig engagiert ohne Geld dafür zu bekommen, oder wenn es sogar soweit kommt, daß sein christliches Handeln auffällt?


Ein weiterer Aspekt der Samuelgeschichte: Samuel hört Gott in der Stille der Nacht. Geben wir uns überhaupt die Chance, Gott zu hören? Immer ist um uns herum etwas los, stets sind wir beschäftigt. Selbst die Terminkalender der Kleinsten sind ja schon zum bersten gefüllt. Ich merk das jetzt bei der Kommunionvorbereitung, wie schwer es da ist, mit den Kindern einen gemeinsamen Termin zu finden. Hat Gott da überhaupt noch eine Chance, zu uns durch zu dringen? Bei Samuel ist es still. Still werden, um zu hören, was Gott will. In einem Handbuch für Exerzitien im Alltag heißt es. „Nimm dir jeden Tag eine halbe Stunde Zeit fürs Gebet; und wenn Du viel zu tun hast, eine ganze Stunde." Sie haben richtig gehört. Nicht in der Hektik den Kopf verlieren, sondern gerade dann in Gott die Orientierung finden.

Eine ganz ähnliche Berufungsgeschichte wie die des Samuel wird uns im heutigen Evangelium erzählt. Ich möchte nur noch kurz darauf eingehen, um einige Parallelen aufzuzeigen, die auch für unser leben mit Gott Bedeutung haben: Johannes und Andreas, die zwei Jünger Johannes des Täufers, sind auf der Suche nach Gott. Da ist ihrem Volk der Messias verheißen und es passiert nichts. Ähnlich wie Samuel finden sie Gott nicht. Sie suchen Johannes den Täufer auf, den, der von Gott erzählt, so wie Samuel zu dem Priester Eli geschickt wird. Johannes weist sie auf Jesus hin: „Seht das Lamm Gottes". Sie hören was Johannes sagt und folgen Jesus. Sie sind aufmerksam auf das, was auf Gott hinweist, sie gehen mit offenen Augen und Ohren durchs Leben, so wie Samuel hört. Und so finden sie Jesus. Sie laufen ihm hinterher, ohne überhaupt schon mehr von ihm zu wissen, einfach Christus folgen.

So sind auch wir aufgefordert, Gott zu folgen. Er ruft uns, geben wir uns die Chance, seinen Ruf zu hören, versuchen wir, auch mit Hilfe anderer, seinen Ruf zu verstehen, um uns dann auf den Weg zu machen, Christus folgen, ihm begegnen, um dann bei ihm zu bleiben.

Dann gilt auch uns, was im letzten Satz der Lesung berichtet wird: Samuel wuchs heran, und der Herr war mit ihm.

7. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!

"Mama!" "Michael, hast Du schon ...", "Herr Müller, da ich sie gerade treffe, ...", "Marion, kannst Du mal eben ..." So werden wir gerufen, viele mehrfach täglich. So manches Mal überhören wir diese Rufe, weil wir gerade nicht in der Nähe sind, weil wir ganz und gar mit anderen Dingen beschäftigt sind, die uns voll einnehmen: Jugendliche, die vorm PC hocken, Männer, die in ihrer Werkstatt basteln. Oder um uns herum ist es so laut, dass wir gar nichts hören - nicht nur bei Jugendlichen die Musikanlage, auch vieles Andere haben wir in den Ohren, dass wir die Rufe Gottes nicht hören.

Doch selbst wenn wir Seine Rufe hören, würden wir sie als solche erkennen?

In der 1. Lesung vorhin hat Samuel zunächst nicht gewusst, dass es Gott ist, der ihn ruft. Als er Nachts im Schlaf seinen Namen hört, denkt er "Wer kann ihn schon rufen?" Das ist sicher Eli, der Priester des Tempels, sein Erzieher. Und Samuel steht auf. Seltsam, Eli hat nicht gerufen. Samuel legt sich wieder hin. Noch einmal: Er hört, geht, Eli hat nicht gerufen. Erst als Samuel zum dritten mal zu ihm kommt, merkt Eli, dass hier Gott im Spiel ist, dass ER Samuel gerufen hat. Das Kind Samuel hat mehr Gespür als der Erwachsene, der Priester Eli. Erwachsene können hier durchaus von Kindern lernen.

Aber wie er Gott antworten soll, das weiß Samuel noch nicht. Das muss er von Eli lernen: Rede Herr, Dein Diener hört. Und noch ein viertes Mal ruft Gott Samuel bei seinem Namen. Jetzt kann Samuel antworten, wie er es gelernt hat: Rede, Herr, Dein Diener hört.

Um solch einen Ruf zu hören, muss man schon sehr aufmerksam sein für das, was Gott einem zu sagen hat. Bei Samuel war es das erste Mal, dass Gott so direkt zu ihm gesprochen hat. Bestimmt hat er diese Nacht im Tempel nie mehr vergessen. Weil er auf Gott gehört hat, konnte er ihn auch immer besser kennen lernen. Als er erwachsen war, wurde er ein Prophet, er sollte dem König und dem Volk Israel Gottes Willen verkünden. Immer wieder war es für ihn daher wichtig, auf Gott zu hören und mit ihm in Verbindung zu bleiben; und als er als alter Mann gestorben war, hielt das ganze Volk Israel die Totenklage für ihn; weil sie wussten: Samuel hat uns gezeigt, wie das geht, auf Gott zu hören und ihn immer besser kennen zu lernen.

Im Evangelium wird uns eine Jüngerberufung berichtet, die parallel zur Samuelgeschichte verläuft:

1. Johannes und Andreas, die zwei Jünger Johannes des Täufers, sind auf der Suche nach Gott. Da ist ihrem Volk der Messias verheißen und es passiert nichts. Ähnlich wie Samuel finden sie Gott nicht, sie kennen ihn noch nicht.
2. Sie suchen Johannes den Täufer auf, den, der von Gott erzählt, so wie Samuel zu dem Priester Eli geschickt wird.
3. Johannes weist sie auf Jesus hin: „Seht das Lamm Gottes", so wie Eli Samuel auf Gott hinweist, der ihn da ruft.
4. Sie hören was Johannes sagt und folgen Jesus. Sie sind aufmerksam auf das, was auf Gott hinweist, sie gehen mit offenen Augen und Ohren durchs Leben, so wie Samuel hört.
Und 5. so finden sie Jesus. Sie laufen ihm hinterher, ohne überhaupt schon mehr von ihm zu wissen, einfach Christus folgen. Genau wie Samuel. Er wuchs heran, und der Herr war mit ihm.

Diese Geschichte kann auch parallel mit unserem Leben geschehen:
Für die Mehrheit in unserem Land ist Gott nicht mehr präsent - man spürt ihn kaum, ähnlich wie bei Samuel, oder auch zur zeit Jesu - es gab viele Heilspropheten, doch keiner erwies sich als der Messias - heute wird die Wirtschaft als das höchste Gut angepriesen, doch das Heil wird auch das Wachstum nicht bringen.

Da gilt es 1. Sich auf den Weg machen und suchen, das macht heute kaum jemand - den meisten gefällt es gut in ihrem Elend. Ein bischen Wohlstand - Flasche Bier, Pommes - was brauch ich mehr - und wenn einer stirbt, mein Gott, vielleicht wird er ja wiedergeboren. Die meisten sind so mit Lärm umgeben, dass sie den Ruf Gottes gar nicht vernehmen können. Also: auf den Weg machen, Gott suchen, dazu

2. jemanden aufsuchen, der Ahnung hat. Denn selbst wenn wir seine Rufe hören, würden wir sie als solche erkennen? So wie Samuel, wissen wir oft nicht, ob es Gott ist, der uns da ruft. Da leidet jemand von meinen Verwandten oder Bekannten? „Bin ich gerufen zu helfen, zu trösten?". Jede Herausforderung, jede neue Aufgabe kann ein Ruf Gottes sein. Der Ruf Gottes ist nicht leicht zu verstehen. Samuel braucht den Rat eines Dritten, er ersucht den Priester Eli um Rat. Die Jünger gehen zu Johannes den Täufer. Halten sie es wie sie: Sprechen sie mit anderen über ihren Glauben; bitten sie den Partner, den gläubigen Freund, den Priester um Rat, wo sie einen Ruf, eine Berufung spüren und nicht wissen, ob es Gott ist, der da ruft. Samuel wird mit seiner Antwort „Hier bin ich" zweimal von Eli verständnislos angeschaut und zurückgeschickt. So mag auch uns so manche Verständnislosigkeit begegnen, wenn wir über den Ruf Gottes reden.

3. den Hinweis auf Gott bekommen "Seht das Lamm Gottes",

und 4. dem Rat folgen, den verrückten Weg einschlagen, Christus folgen und fragen: "Meister, wo wohnst Du?", ihm zu antworten: "Rede Herr, dein Diener hört" Dann aufmerksam auf das, was auf Gott hinweist, mit offenen Augen und Ohren durchs Leben gehen, wie Samuel hören. In einem Buch für Exercitien im Alltag heißt es dazu: „Nimm dir jeden Tag eine halbe Stunde Zeit fürs Gebet; und wenn Du viel zu tun hast, eine ganze Stunde." Nicht in der Hektik den Kopf verlieren, sondern gerade dann in Gott die Orientierung finden,

um dann 5. Gott zu finden.
Und dann geht es erst richtig los: Samuel hört das Wort, das Gott ihm sagt. Sein Leben lang wird er nichts anderes tun als auf das Wort hören und es treu weitersagen, sei es gelegen oder ungelegen - genauso der Jünger Andreas im Evangelium: sofort geht er hin zu seinem Bruder und erzählt ihm von den Gott, den er gefunden hat.

Genauso sind wir gerufen, den Menschen von Gott zu erzählen, sei es gelegen oder ungelegen - wir dürfen mit der frohen Botschaft nicht hinterm Berg bleiben - Andreas fängt direkt in der eigenen Familie an und führt seinen Bruder zu Jesus - bestes Beispiel für uns.

Was aus diesem Bruder geworden ist, wissen wir: der erste der Apostel - Jesus nennt ihn schon hier bei seiner Berufung: "Kephas - Fels - Petrus" - er bekommt einen neuen Namen, ein Name, der Programm werden soll. Das zeigt, ähnlich wie bei Samuel - das Gott uns ganz fordert - nicht nur ein bischen berufen - sondern mein ganzes Leben gehört ihm - Samuel wurde schon als Kind Gott im Tempel geweiht und Eli zur Erziehung übergeben - Petrus hat Frau, vielleicht Kinder, zumindest Schwiegermutter verlassen, um ganz Christus zu folgen - ähnlich erwartet er es auch von uns. Denn nur dann können wir anderen glaubhaft Zeugnis ablegen von Jesus Christus.

So sind auch wir aufgefordert, Gott zu folgen. Er ruft uns, geben wir uns die Chance, seinen Ruf zu hören, versuchen wir, auch mit Hilfe anderer, seinen Ruf zu verstehen, um uns dann auf den Weg zu machen, Christus folgen, ihm begegnen, um dann bei ihm zu bleiben.

Dann gilt auch uns, was im letzten Satz der Lesung berichtet wird: Samuel wuchs heran, und der Herr war mit ihm.

Samuel hat vor über 3000 Jahren gelebt, und doch vermag er uns noch genauso zu lehren, wie das Volk Israel damals. Still zu werden, lernen auf Gott zu hören und ihn immer besser kennen lernen. Wenn ich das will, brauch ich bloß auf die Bibel zu schauen und mich so zu verhalten wie er: hören, nicht aufgeben, einem guten Rat folgen, dann mit Gott in Verbindung bleiben, immer wieder neu auf ihn hören, auch wenn ich meinen Weg gefunden habe - damit ich den anderen Glaubenden den Willen Gottes verkünden kann.

Vielleicht sind wir aber auch auf der anderen Seite wie Eli gefordert, anderen einen Rat zu geben und darauf hinzuweisen: „Es ist Gott, der Dich da ruft."

Das ist schwer in unserer hektischen Zeit. Doch es kommt ganz auf den Maßstab an, nach dem wir unser Leben ausrichte. In einem Handbuch für Exerzitien im Alltag heißt es dazu: Sie haben richtig gehört.

Die Berufungsgeschichte des Samuel zeigt uns noch viel mehr: Samuel hat bestimmte Voraussetzungen, damit er Gottes Ruf hören kann. Er wird von seiner Mutter Gott geweiht; er wird einem Priester, Eli, in die Obhut gegeben. Auch an uns ist das geschehen: wir sind von unseren Eltern in die Obhut Gottes gegeben, wir sind getauft, Pastor hat letzten Sonntag darüber gepredigt. Und auch sie wiederum haben ihre Kinder in seine Obhut gegeben, haben sie taufen lassen; aber ist uns das auch Ernst? Oder weisen wir jemanden erst einmal zurecht, wenn er sich uneigennützig engagiert ohne Geld dafür zu bekommen, oder wenn es sogar soweit kommt, dass sein christliches Handeln auffällt?

Es gibt heute keinen Tempel mehr in Israel, nicht in Schilo und nicht in Jerusalem. Wo die Bundeslade geblieben ist, weiß niemand - und doch können wir Gott ganz nahe sein: in der Anbetung der Eucharistie hier in der Kirche.

Ein weiterer Aspekt der Samuelgeschichte: Samuel hört Gott in der Stille der Nacht. Geben wir uns überhaupt die Chance, Gott zu hören? Immer ist um uns herum etwas los, stets sind wir beschäftigt. Selbst die Terminkalender der Kleinsten sind ja schon zum bersten gefüllt. Ich merk das jetzt bei der Kommunionvorbereitung, wie schwer es da ist, mit den Kindern einen gemeinsamen Termin zu finden. Hat Gott da überhaupt noch eine Chance, zu uns durch zu dringen? Bei Samuel ist es still. Still werden, um zu hören, was Gott will.

Fürbitten