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Predigtvorschläge - 17. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr B)
1. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2006)

Liebe Gemeinde!

Alfred Delp hat einmal gesagt: „Brot ist wichtig, die Freiheit ist wichtiger, am wichtigsten ist die unge­brochene Treue und die unverratene Anbetung.“ Das sind die Stichwörter meiner heutigen Überlegungen: Brot, Freiheit und Treue.

Brot

Zunächst das Brot. Der Mensch ist auf Nahrung angewiesen. Die alten Römer gaben die Losung aus: „Panem et circenses“, d.h. „Brot und Spiele“. Diese Losung gilt auch heute noch weithin. Das Volk sucht sich die Führer aus, die für sichere Lebensversorgung mit Unterhaltungs­wert einstehen. Dabei bleibt freilich der Gruppenegoismus herrschend; sonst würden die westlichen Regierungen wesentlich mehr für die Entwicklungshilfe tun und hätten längst mehr für die Entschuldung der Länder der Dritten Welt getan. Wie viele Menschen warten darauf, daß wenigstens von dem verteilt wird, was bei uns übrig bleibt. Brot teilen bleibt auch im Neuen Jahrtausend eine zwingende Verpflichtung.

Freiheit

„Hier ist ein kleiner Junge, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische.“ Das Kind gibt einfach, gutwillig und vertrauensvoll, was es hat. In diesem Geben äußert sich Freiheit. Der Junge hängt nicht an dem, was er hat. Wie anders ist es dagegen oft bei uns, die wir im Überfluß haben und uns doch schwertun mit dem Abgeben. Der Wohlstand hat nicht nur gute Seiten. Er kann auch abhängig machen und das Herz einengen.

Leben ist mehr als Sattsein. „Der Mensch lebt nicht von Brot allein.“ Er hungert nach Liebe, nach Zuwendung, nach Ernstgenommenwerden, Wegweisung und Trost. Um dies zu erfahren, muss ich frei werden von den Dingen, die mich binden, frei werden für höhere Werte. Frei wie der kleine Junge. – Als Jesus aufblickte und vom Kind das Brot entgegennahm, als er dann das Dankgebet sprach und an die Leute aus­teilte, da war dieses Tun ein schöpferischer Akt, der uns ermöglicht, dasselbe zu tun. Unser Leben gewinnt eine neue Qualität, wenn wir frei sind zu geben, wenn wir aus uns herausgehen und uns mit dem anderen austauschen.

Treue und Anbetung

Die Menschenmenge sieht, daß Jesus ihnen Brot und Fisch im Überfluß geben kann, und will sich seiner Wunderkraft versichern, ihn zum König machen. Die Masse folgt zunächst eigennützig, und bald folgt sie gar nicht mehr.

Die Jünger Jesu aber sind bei ihm geblieben, ihm treu geblieben. Und Jesus fragt sie beim Letzten Abendmahl: „Habt ihr an etwas Mangel gelitten?“ – „Sie antworteten: „Nein!“ Ihre Treue und ihr Glaube haben sich ausgezahlt. Treue ist Festigkeit im Entschluß, zu dem zu stehen, der mich angenommen und den ich angenommen habe, sie ist gefordert, wenn die Neigung in eine andere Richtung geht, wenn Widerstände sich auftürmen und Nachteile in Kauf zu nehmen sind, wenn es (scheinbar) „nichts mehr bringt“.

Es gibt Zeiten, da ist es leicht, treu zu sein, z.B. dann, wenn das Leben gesichert erscheint, wenn sich alles im rechten Augenblick wie von selber einstellt. Dann ist es leicht, das Wort Jesu zu befolgen: „Euch aber muß es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben.“ (Mt 6,33)

Dann aber kommt wieder eine Zeit, wo sich der alte Mensch in uns meldet mit seiner Habsucht und seinem Geiz, wo das Berechnen beginnt und die Angst um das eigene Ich. Dann wird es Zeit, sich an die frühere Zeit zu er­innern, wie ein Kind auf Jesus zu schauen, der weiß, was zu tun ist. Dann ist Vertrauen angesagt, neues liebendes Sich fest machen im Herrn: „Der Herr ist mein Hirte; nichts wird fehlen.“

2. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!
Ein großes, aufsehenerregendes Wunder habe wir gerade im Evangelium gehört.
Jesus speist die Fünftausend mit nur fünf Broten und zwei Fischen.

Würde der Herr das heute tun, z. B. hier im Bocholter Langenbergpark, dann wären morgen die Zeitungen voll davon. Riesige Überschriften könnte es geben. Ungefähr so:
Unerklärliches Wunder im Park
Scharlatan oder Sohn Gottes - Wer ist dieser Jesus?
Massenspeisung im Langenbergpark - 5000 werden satt.

Vielleicht käm auch ein Team von WMW und würde Teilnehmer befragen,
oder im Heute-Journal könnte man ein Interview mit Jesus verfolgen,
und in den Tagesthemen gäbe es ein Feature über den Wundermann.

Auf jeden Fall können wir sagen: Die Speisung von Fünftausend war ein außergewöhnliches Ereignis. Und auch heute wäre diese Großtat eine Nachricht wert.

Doch mich interessiert nicht das Großartige, Aufsehenerregende dieser Episode aus dem Leben Jesu. Mich interessiert, ja mich fasziniert etwas in diesem Geschehen, das ganz nebenbei im Evangelium berichtet wird, das wahrscheinlich keine Aufmerksamkeit in den reißerischen Nachrichten von heute finden würde.
Ich meine folgende Stelle, in der es heißt:
Als die Menge satt war, sagte er zu seinen Jüngern: Sammelt die übriggebliebenen Brotstücke, damit nichts verdirbt.

Das ist doch erstaunlich. Da vollbringt der Herr ein Wunder, ein riesiges, beeindruckendes Wunder vor einer großen Menschenmenge. Man kann sich die Begeisterung, das Beeindruckt-Sein der Menschen, auch der Jünger damals vorstellen. Aber statt den Erfolg zu genießen, die Verehrung und Freude des Volkes an sich herankommen zu lassen, kümmert sich Jesus um scheinbar Unwesentliches, Unwichtiges: ums Aufräumen.

Als die Menge satt war, sagte er zu seinen Jüngern: Sammelt die übriggebliebenen Brotstücke, damit nichts verdirbt.
So öffnet der Herr den Blick der Jünger für die kleinen Dinge, den Alltag. Er will nicht, dass das Außergewöhnliche allein vorherrscht, sondern das Normale.

Diese Aufmerksamkeit für die kleinen Dinge, die Liebe, die er in den alltäglichen Kleinigkeiten des Alltags und im Umgang mit den Menschen an den Tag legt, ist etwas, was Jesu Leben auf Erden immer wieder ausgezeichnet hat.

Die Evangelien sind voll davon:
Er merkt, wenn die Jünger eine Verschnaufpause benötigen. Der auferweckten Tochter des Jairus lässt er etwas zu Essen geben;
nach der Auferweckung des Lazarus bittet er die begeisterte Menge, Lazarus von seinen Binden zu befreien und erst mal in Ruhe zu lassen;
und es gäbe noch anderes aufzuzählen.
Die kleinen Dinge zu beachten und ernst zu nehmen, das hat Jesus in den dreißig verborgenen Jahren seines Lebens in Nazareth gelernt, wo er mit Maria und Josef das alltägliche Leben einer Handwerkerfamilie gelebt hat. Ohne groß Aufsehen zu erregen.

Als die Menge satt war, sagte er zu seinen Jüngern: Sammelt die übriggebliebenen Brotstücke, damit nichts verdirbt.
Warum weist die Schrift so oft auf diese kleinen Dinge hin?
Warum war es für Jesu so wichtig, dass die übriggebliebenen Stücke eingesammelt werden?

Einen Hinweis gibt uns ein geistlicher Schriftsteller:
"Das Meer besteht aus lauter Tropfen, die Million aus lauter Pfennigen und das Leben aus lauter Minuten. Aber die Menschen wollen nicht mehr wissen von der Weisheit der Schöpfung, die das unendlich Große aus dem unendlichen Kleinen bestehen lässt. ... Eine Minute ist es, in der der kleine Mensch den ersten Brüller tut. Eine Minute ist es, in der er der Geliebten begegnet, und in einer Minute stirbt er. Wir gehen ganz handlich mit den Jahrhunderten um. Mit den Minuten können wir nicht hantieren."

Liebe Schwestern und Brüder, aber gerade diese Minuten machen unser Leben aus, gerade das Unscheinbare prägt unser Leben. Wir sehen selten außergewöhnlich Wunder noch vollbringen wir gewöhnlich heroische Großtaten.

Aber was wäre unser Leben ohne die Kleinigkeiten, die wir erfahren, und die wir tun? Wie arm wäre unser Leben ohne das aufmunternde Lächeln des Gegenübers, wie lieblos ohne die nette Aufmerksamkeit des Partners, wie langweilig ohne den netten Scherz des Nachbarn.

Unser Leben besteht nun mal aus Kleinigkeiten, aus den kleinen Dingen, die nahe liegen, doch leicht vergessen werden können.

Und wenn der Herr damals die Jünger und heute uns auf die kleinen Dinge aufmerksam macht, dann hat das auch etwas mit unserem Glaubensleben zu tun.

Wenn wir Christus nachfolgen wollen, dann ist unser Weg wohl weniger ein extraordinärer, dessen Etappen jeden Tag in der Zeitung zu lesen sind. Vielmehr geht es darum Gott zu loben und zu preisen in den ordinären Dingen des Alltags.
Aber wie könnte das gehen?
Hören wir das Zeugnis zweier Heiliger, der eine aus der frühen Zeit der Kirche, der andere aus dem 20. Jahrhundert.

Hören wir zuerst Augustinus, den großen Kirchenlehrer und Bischof:
"Wer kann mit der Zunge den ganzen Tag hindurch das Lob Gottes wiederholen? ... Wer kann den ganzen Tag immerfort Gott loben? Ich schlage die ein Mittel vor, wie du Gott den ganzen Tag loben kannst, wenn du willst. Tue alles, was du tust, gut, dann hast du Gott gelobt."

Das nun folgende Zitat stammt von Josefmaria Escriva, dem Gründer des Opus Dei, der einmal predigte:
"Ich versichere euch, wenn ein Christ die unbedeutendste Kleinigkeit des Alltags mit Liebe verrichtet, dann erfüllt sich diese Kleinigkeit mit der Größe Gottes."

Als die Menge satt war, sagte er zu seinen Jüngern: Sammelt die übriggebliebenen Brotstücke, damit nichts verdirbt.
Jesus hat uns ein Beispiel gegeben. Wir sollen die kleinen Dinge ernst nehmen. Sie sind der normale Weg unseres Lebens.
Wenn wir sie aber ernst nehmen, sie gut tun und mit Liebe erfüllen, dann wird dieser Alltag der Ort, in dem wir Gott preisen und begegnen können.

Dann wird aus dem alltäglichen Einerlei etwas ganz Großes, Göttliches.
Das ist ein wirkliches Wunder, auch wenn uns deshalb kein Reporter interviewen wird und sich über das keine Schlagzeilen in den Gazetten finden lassen.

3. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

Auf die Frage, was sich denn nun bei der Brotvermehrung in der Wüste wirklich abgespielt hat, finden wir in einigen Schulbüchern und auch in dem inzwischen weit verbreiteten religiösen Kinderlied vom «Kleinen Jonathan» folgende Antwort:

Die Menschen in der Wüste waren nicht bereit, irgendetwas miteinander zu teilen und erwarteten von Jesus, dass er sie versorgte. Erst als ein kleiner Junge ganz selbstlos seine Brote und Fische zur Verfügung stellte, wurden die anderen Jünger beschämt. Jeder schaut noch einmal in seinen Vorratstaschen nach, und sie teilten mit einander, was sie dort fanden - und prompt wurden alle satt. Das angebliche Wunder der Brotvermehrung ist demnach nichts anderes als die erwachte Bereitschaft der Menschenmenge, ihren Besitz zu teilen. Und so heißt es in dem Kinderlied vom kleinen Jonathan abschließend: «Wenn jeder gibt, was er hat, dann werden alle satt.»

Nach dieser Theologie wäre die Aussage des heutigen Evangeliums: Leute, teilt was ihr habt! Es ginge in diesem Evangelium gar nicht um ein Wunder, das wirklich geschehen ist, sondern nur um die Erfahrung der ersten Christen: Ihr müsst selbstloser leben!
Und das ist keineswegs die einzige Stelle im Evangelium, die von der modernen Theologie so gedeutet wird:
Danach ist Petrus nie wirklich über den See gegangen, sondern das ist lediglich eine Geschichte zur Ermutigung, neue Wege zu gehen.
Ebenso hat der wunderbare, reiche Fischfang nie stattgefunden, sondern diese Geschichte soll zur Missionierung ermutigen.
Und so weiter...

Und von den Wundergeschichten, die uns von Jesus überliefert sind, bleibt am Ende nichts wunderbares mehr, nur noch ein ganz großer, erhobener Zeigefinger: Ihr müsst teilen! Ihr müsst neue Wege gehen! Ihr müsst vertrauen! Ihr müsst missionieren! Ihr müsst und sollt und habt zu tun...
Wer aus dem Christentum ein Morallehre macht, aus der Lehre Jesu eine Vorschriftensammlung und aus dem Evangelium ein Aufforderung zur sozialen Verantwortung - der verdreht alles genau in sein Gegenteil.

Jesus Christus ist nicht in die Welt gekommen, um uns unsere Schlechtigkeit aufzuzeigen und mit erhobenen Zeigefinger daran zu erinnern, dass wir ja eigentlich bessere Menschen sein müssten. Er ist nicht in die Welt gekommen, um uns den Weg größerer Menschlichkeit zu zeigen.

Die Botschaft Jesu Christi ist vielmehr: Kommet zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch Ruhe verschaffen! Und wenn ihr Durst habt - ich will euch erquicken! Kommt zu mir, wenn ihr hungrig seid, ich bin das Brot des Lebens! Die Botschaft Jesu ist: Ich bin der Weg! Ich bin das Leben! Wer zu mir kommt, der soll das Leben haben in Fülle!

Nicht Gebote, Lehre und Dogmen stehen im Vordergrund des Christentums. Nicht die Moral, das bessere Lebenskonzept. Das Christentum ist keine Lehre, sondern die Beziehung zu einer Person: Jesus Christus. Zu Jesus Christus, der Gottes Sohn ist, der Gott ist und die Kraft hat, Wunder zu vollbringen.

Liebe Schwestern und Brüder, nach der Brotvermehrung wollten die Juden ihn zum König machen, weil er in diesem Wunder gezeigt hat, dass er Dinge vermag, die kein Mensch kann, dass er Wunderkräfte hat. Was Jesus aber will, ist nicht, die Menschen wie ein irdischer König regieren, sondern ihnen Gutes tun: Ihre Sehnsüchte stillen, ihren geistigen Hunger nach Wahrheit. Gott liebt die Menschen in Jesus Christus, und er will nichts anderes, als in seiner Liebe angenommen zu werden und den Menschen diese Liebe mitzuteilen.

Wer aus dem Christentum eine Lehre zur Verbesserung des Menschen macht, der macht aus der Frohbotschaft eine Drohbotschaft.
In Wirklichkeit ist das Christentum eine Art Liebesgeständnis Gottes, der nicht mit erhobenen Zeigefinger sondern mit ausgestreckten Armen auf uns, so wie wir sind, wartet.
Amen.

Fürbitten