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KARL-LEISNER-JUGEND |
Liebe Schwestern und Brüder,
...und wieder hört keiner zu. Es ist erschreckend! Jesus kündigt zu dritten Mal sein Leid an - und wieder sind die Jünger mit Machtfragen beschäftigt (beim letzten Mal - Sie erinnern sich? - ging es darum, fremde Wundertäter auszuschalten). Diesmal sind es innerkirchliche Zwistigkeiten, die die Jünger daran hindern, auf Jesus zu hören. Und wer nicht hinhört, kann auch nicht glauben. Letztlich sind die Jünger selbst schuld, dass sie durch das Kreuzesgeschehen vollkommen aus der Bahn geworfen wurden. Jesus hat sie weiß-gott-genug darauf vorbereitet.
"Glauben kommt vom Hören" hat Karl Rahner gesagt. Dementsprechend führt mangelndes Hören, Hören-wollen und Hören-können auch zum Unglauben. Eine Krankheit nicht nur unserer Zeit, wie das Evangelium darlegt. Aber weil es ein Problem aller Zeiten ist, ist es auch eines der heutigen Kirche.
Seit Donnerstag der vorletzten Woche befinden wir uns im Jahr des Glaubens,
das Papst Benedikt für die ganze Weltkirche ausgerufen hat. Nach dem
"Jahr des Priester" und dem "Paulus-Jahr" die dritte Initiative
des jetzigen Papstes.
Anlass ist sicherlich der 50. Jahrestag der Eröffnung des II. Vatikanischen
Konzils am 11. Oktober 1962; deshalb begann das Jahr des Glaubens auch am
11. Oktober, am vergangenen Donnerstag.
Aber der Anlass ist nicht gleichbedeutend mit dem Grund für dieses Jahr.
Vielmehr sorgt sich der Papst - und mit ihm die ganze Kirche - um den immer
geringer werdenden Glauben und das mangelnde Glaubenswissen.
Bis zum Konzil - so erzählt man sich (ich habe das leider aufgrund meiner
späten Geburt nicht mehr live erlebt) - habe die Kirche quasi in einer
Parallelwelt gelebt. Liturgie, Sprache und Probleme der Kirche waren nicht
mehr kompatibel zur Welt; die Welt kam (so behaupten die, die sich daran erinnern
können) in der Kirche nicht mehr vor.
Doch mit dem II. Vatikanum hat sich die Kirche geändert. "Freude
und Hoffnung, Leid und Sorge der Welt sind auch Freud und Sorge der Kirche",
hieß es. Die Kirche öffnete sich, die Liturgie wurde geändert,
die Sprache der Theologie und der Katechismus revolutioniert. Gottseidank!
(Auch wenn es manchen zuviel Änderung war und zu schnell ging).
Doch mittlerweile glauben viele, sobald ein Problem zwischen Kirche und Welt
auftauche, müsse sich die Kirche weiter ändern. Wenn die Menschen
dem Gottesdienst fernbleiben, muss die Liturgie schuld sein. Wenn die Moral
- zum Beispiel die Ehemoral - nicht mehr akzeptabel erscheint, muss die Moral
geändert werden. Wenn der Papst dem kirchenfernen Agnostiker nichts mehr
zu sagen hat, dann muss der Papst umkehren.
Aber das ist ein Trugschluss. Die Kirche muss sich nicht der Welt anpassen, sondern die Menschen dieser Welt sollen Christus nachfolgen. Damit wir gehört werden, müssen wir auf das achten, was in der Welt geschieht - aber nicht dem hinterherlaufen, was gerade politisch unkorrekt oder en vogue ist. Ja, Papst, Bischöfe und Priester müssen sich immer wieder neu ausrichten; aber das gilt auch für alle Christen - ja, für alle Menschen. Und da haben wir viele Defizite!
Das mangelnde Glaubenswissen ist nur eine von mehreren Wunden, in den der
Papst nun seinen Finger legt. Wissen wir wirklich noch, was Glauben heißt?
Es gibt - selbst unter Katholiken - erschreckende Glaubensmängel, Lücken
und Irrtümer. Viele Menschen sind immer noch davon überzeugt, Katholiken
geben beim Glaubensbekenntnis ihren Verstand ab. Dabei heißt "Glauben"
nicht in erster Linie "blinder Gehorsam", sondern "wohlüberlegte
Vertrauen".
Aber - ist unser Glaube "wohlüberlegt"? Wissen wir, was wir
glauben - und warum? Können wir Kritikern und Suchenden Rede und Antwort
stehen?
Vermutlich nicht. Firmlinge meinen auf die Frage nach dem Tod Jesu, er sei vermutlich erschossen worden; einer Umfrage zufolge glauben 30 % der Deutschen, die Kirche feiere an Pfingsten die Hochzeit Jesu; 70 % der Amerikaner halten Johanna von Orleans für die Frau von Noah (weil Joan d'Arc im Englischen auf die Arche schließen lässt); und - seien sie mal ehrlich - wer würde von ihnen noch die 10 Gebote aufzählen können?
Aber das mangelnde Glaubenswissen ist nur ein Problem. Wie sollen wir glauben,
wenn wir nicht mehr hören? Wenn wir so sind, wie die Apostel: Mit innerkirchlichen
Streitigkeiten beschäftigt, obwohl es um unser Heil geht?
Aber wie sollen wir hören, wenn wir nicht mehr beten? Wenn wir Stille
nicht mehr aushalten? Wer kommt denn noch von uns zu einer stillen Anbetungsstunde?
Und wie sollen wir unseren Glauben bezeugen, wenn wir ihn nicht leben? Wer
tritt denn noch gegen Abtreibung ein, für das Lebensrecht von Behinderten
und gegen die Ausbeutung der Ärmsten dieser Welt.
Es ist Zeit! Wir müssen dringend unseren Glauben leben; das können wir nur, wenn wir unseren Glauben auch kennen; wie aber sollen wir ihn kennen, wenn wir nicht mehr beten, hören und fragen?
Ja, es ist Zeit. Zeit für das Jahr des Glaubens. Es geht letztlich um die Frage, ob wir noch Christen sind.
Amen.
Von Krankheit gezeichneter Papst begeht sein Jubiläum
Wer wird Nachfolger von Johannes Paul II?
So oder so ähnlich lauteten Schlagzeilen in den letzten Tagen. So oder so ähnlich haben Sie sie auch wohl gehört und gelesen, liebe Schwestern und Brüder.
Seit Jahren schon wird öffentlich darüber spekuliert, wie lange Johannes Paul II. noch im Amt bleibt. Es wird weniger über die Inhalte seiner Ansprachen gesprochen als über seinen Gesundheitszustand. Manchmal scheint die Presse seinen Tod herbeischreiben zu möchten...
Dass unser Hl. Vater alt geworden ist, dass seine Gesundheit schwer angeschlagen
ist, all das ist unbestritten, weil offensichtlich.
Viele haben Mitleid mit ihm, wenn sie Fernsehbilder von ihm sehen, der Kopf
gebeugt, die Hand zitternd, sich auf einen fahrbaren Wagen stützend,
weil die Arthrose ihm das Gehen nicht mehr möglich macht.
"Kann der nicht auf sein Amt verzichten? Das tut weh, mit anzusehen, wie er
sich quält. Das geht doch über alle menschlichen Kräfte."
Ja, es stimmt. Unser Heiliger Vater hat wirklich die Grenzen seiner körperlichen Kraft erreicht. Sein Geist und sein Wille aber sind wach. Er brennt vor Glauben.
Und so ist gerade der jetzige Papst ein Zeugnis dafür, was das Amt des Nachfolgers Petri ausmacht.
Zum Petrus, zum Fels der Kirche hat sich der Herr den Simon erwählt. Einen, der leicht an seine Grenzen stößt, einen Fischer, keinen Gelehrten, einen der mutig sein kann, aber auch feige. Immerhin hat er Jesus verleugnet.
Ausgerechnet diesem Petrus übergibt er die Schlüssel zum Himmelreich.
Ist das nicht eine totale Überforderung. Wäre nicht vielleicht der
jüngere Johannes der Bessere gewesen für dieses Amt? Oder hätte
man das nicht auf zwei, drei Leute verteilen sollen?
Diese Fragen sind müßig. Der Herr hat entschieden. Einer soll der Fels der Kirche sein. Petrus und seine jeweiligen Nachfolger, die Päpste.
Ein einziger Mann soll für die ganze Kirche, weltweit Oberhaupt sein,
die Schwestern und Brüder in Ost und West, Nord und Süd im Glauben
stärken,
die Interessen und die Sendung der Kirche gegenüber der ganzen Welt vertreten.
Ist damit ein einziger nicht überfordert?
Ja, er ist damit überfordert. Das ist nicht menschenmöglich. Das
kann man nur mit Christi Hilfe schaffen.
Und darum geht es: Im Amt des Nachfolger Petri wird deutlich, dass es Christus
ist, der diese Kirche trägt und lenkt.
In der totalen Überforderung des einen Menschen sehen wir die Kraft Gottes
am Werk.
Nicht das Menschenmögliche zählt, sondern das Gottgewollte.
Wenn es nicht Gott wäre, der ein Interesse am Papsttum und an der Kirche hätte, dann wäre beides schon längst verschwunden angesichts der zahlreichen Sünden und Sünder in der Kirche und auf der Kathedra Petri. Während das 1000jährige Reich Hitlers nach 12 Jahren zerstört war, gibt es die Kirche nach fast 2000 Jahren immer noch.
Aber warum könnte Gott ein solches Interesse am Papst und an der Kirche
haben?
Eines hat die Kirche immer getan: das Evangelium verkündet und die Sakramente
gespendet, also die Botschaft und die Nähe Christi weitergegeben.
Und darum geht es. Das ist der Dienst der Kirche an ihren Gläubigen und
an der Welt: Christus verkünden, die Sakramente spenden. Selbst ein so
moralisch heruntergekommener Papst wie Alexander VI. hat immerhin das Angelusläuten
weltweit eingeführt.
Liebe Schwestern und Brüder!
Der Papst soll Zeugnis ablegen von Christus und seiner Lehre. Es geht nicht
darum, dass er sich und seine Qualitäten in den Vordergrund rückt.
Er ist kein politischer Führer, vom Volk gewählt.
Er ist kein Manager auf Zeit für einen Global Player, Weltkonzern Kirche.
Er ist erst recht kein "Mächtiger" im üblichen Sinn. Er dient der
Kirche mit seinem ganzen Leben. Das Tagespensum und die Strapazen dieses Dienstes
würde vermutlich kein Top-Manager der Welt auf sich nehmen wollen.
Der Papst ist von Gott berufen, das Evangelium zu verkünden und Christus
in dieser Welt darzustellen.
Wir dürfen Gott sehr dankbar sein, dass er uns in diesen Jahren einen
solchen Papst geschenkt hat, der gerade in seiner körperlichen Gebrechlichkeit
ein überzeugender Prediger des Wortes Gottes ist.
Gerade an ihm sehen wir, dass es bei der Kirche auf Gott und nicht so sehr
auf die Leistung des Menschen ankommt.
Und die heutige Seligsprechung von Mutter Teresa macht deutlich, dass in den
Augen der Kirche jeder Mensch eine unveräußerliche Würde hat,
gerade die Kleinen, die Geschundenen, die Ausgestoßenen, die Kranken
und die Sterbenden.
Denn der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen Daran muss sich die Kirche messen lassen, vom Papst bis zum Neugetauften, auch wir.
Liebe Schwestern und Brüder!
Was tut die Kirche eigentlich?
Was tut eigentlich die Kirche gegen all die Ungerechtigkeit
in der Welt? Was tun die Bischöfe, der Papst, die Priester
eigentlich zu den Problemen in Somalia, in Ruanda, in Burundi,
in China, in Haiti, in Albanien oder sonstwo auf der Welt?
Was tut eigentlich die Kirche gegen die zunehmende Umweltzerstörung?
Was tut der Papst, die Bischöfe, die Priester eigentlich
für mehr ökologisches Bewusstsein, für die
Erhaltung der Natur?
Was tut eigentlich die Kirche, was tun die Bischöfe eigentlich
für mehr soziale Gerechtigkeit, gegen Ausländerhaß,
gegen den Terror von rechts und von links?
Was tut eigentlich die Kirche, was tun die Priester und die
Bischöfe für die Belange der Arbeitnehmer, für
die Alleinerziehenden, für die Gleichberechtigung von
Mann und Frau?
Den Katalog der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen oder politischen Probleme könnten sie wahrscheinlich beliebig ergänzen. Und auf die Frage «Was tut die Kirche eigentlich?», «Was tun die Bischöfe eigentlich - und der Papst und die Priester?» fällt einigen von ihnen sicher auch etwas ein. Aber die Frage bleibt: Was tut die Kirche eigentlich? Tut sie genug? Und viele Christen wenden sich enttäuscht von den Kirchen ab, weil diese ihrer Meinung nach nicht genug tun. Sie werfen - angesichts mangelnden christlichen Engagement - der Amtskirche Untätigkeit und Bequemlichkeit vor.
Letztens las ich einem Bericht auf der Kulturseite einer
Zeitung, in dem der Mangel an echter christlicher Literatur
beklagt wurde. Aber - interessanterweise - forderte der Autor
nicht, dass nun der Papst oder die Bischöfe verstärkt
christliche Romane schreiben sollte. Er ging davon aus, dass
das die Aufgabe der ganzen christlichen Kirche sei: Alle Christen
seien dafür zuständig.
Und tatsächlich wäre es auch ziemlich albern, es
der Amtskirche zu überlassen, christliche Literatur zu
schreiben.
Genauso albern ist allerdings auch, wenn Christen angesichts der vielfältigen drängenden Probleme der Welt es der Amtskirche überlassen, für eine bessere Welt zu arbeiten.
«Der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen.» Sie sind Christ geworden, nicht, um ihre christlichen der Pflichten und die Ausübung der Nächstenliebe der Amtskirche zu überlassen. Kirche sind wir alle, sind wir auch, wenn wir uns bei Gruppierungen engagieren, die nicht der Kirche angehören: Ob bei Parteien, bei Menschenrechtsbewegungen, Selbsthilfegruppen oder sonstigen Initiativen - z.B. auch bei amnesty international.
Wer auf die Kirche wartet, auf die Amtskirche, der vergisst, dass er selbst diese Kirche ist.
Also: Was tut die Kirche eigentlich? Was tun sie eigentlich?
Liebe Schwestern und Brüder!
Wir Menschen denken in den Kategorien von Gewinn und Ertrag. Es gehört zu unserem menschlichen Wesen, so scheint es, dass wir fragen, was unser Tun uns bringt.
Das gilt auch für unseren Glauben. Viele, die aus der
Kirche austreten oder zumindest der Gottesdienstgemeinschaft
den Rücken kehren, begründen diese Haltung mit den
Worten: «Das bringt mir nichts mehr.» - «Da
fühle ich mich nicht mehr wohl» - «Da habe
ich nichts von».
Umgekehrt begründen die, die den Gottesdienst und dem
Glauben treu bleiben, ihr Verhalten ähnlich: Ihnen hat
der Glaube viel gegeben, er hilft ihnen im Leben, der Gottesdienst
in der Gemeinschaft mit Gott und den anderen Christen tut
ihnen gut.
Wahrscheinlich können wir uns nie so ganz sicher sein, dass das, was wir tun, wirklich selbstlos ist. Manchmal geht es uns um die Anerkennung durch andere, oder darum, unser eigenes Gewissen zu beruhigen. Manchmal spielt auch die Hoffnung eine Rolle, zumindest einen himmlischen Lohn für unseren Einsatz für andere zu erhalten.
Wie fließend und undurchsichtig die Grenzen sein können,
zeigt sich z.B. in der Bewertung von Lady Diana. Hat sie ihren
Einsatz für die Not der Menschen lediglich als Hobby
angesehen? War das eine Beschäftigung, um der königlichen
Langeweile zu begegnen? Ging es ihr um eine Aufwertung ihres
Images - oder das der königlichen Familie? War es ihr
wirklich ein Bedürfnis, den Ärmsten zu helfen? Ist
die Erfüllung, die sie dabei gefunden hat, ein egoistisches
Motiv?
Wahrscheinlich hätte sie diese Fragen selbst gar nicht
beantworten können. Genauso wenig, wie wir von unserem
Tun sicher sein können, dass es wirklich selbstlos ist.
Irgendwo haben wir immer auch etwas davon, wenn wir Gutes
tun.
Wenn wir uns solche Gedanken machen über die Gründe,
warum wir uns bemühen, gut zu sein, so kann man sehr
leicht zum Pessimisten werden. Sind wir nicht doch durch und
durch Egoisten? Geht es letztlich nicht bei allem, was wir
Menschen tun, darum, uns selbst ein gutes Gefühl zu verschaffen?
Sogar bei dem, was wir Liebe nennen?
Es lassen sich keine Beweise anführen, ob wir Menschen
wirklich in der Lage sind, vollkommen selbstlos zu handeln.
Es hat letztlich mit unserem Glauben zu tun: Gott ist kein
Pessimist. Er ist davon überzeugt, dass wir wirklich
lieben können. Er hat die Hoffnung nie aufgegeben, dass
der Mensch in der Lage ist, sich selbst zu vergessen oder
nicht zu wichtig zu nehmen.
Jesus hat uns den Auftrag gegeben, anders zu handeln als die
Mächtigen der Welt, weil er es uns zutraut. Weil er weiß,
dass wir es können.
Wenn wir das glauben, dann ist es im Grunde egal, warum wir etwas tun. Dann stört es nicht, dass wir bei den Spenden, die wir geben, Steuervorteile erhalten; dass wir bei den Hilfsaktionen, die wir organisieren, in der Achtung anderer steigen; dann kommt es nicht darauf an, ob wir uns selbst wohl fühlen. Alles das ist ja erlaubt und auch gut so, aber eben nicht mehr so wichtig.
Jesus hat Johannes und Jakobus den Platz im Himmel nicht verweigert. Aber eines hat er ganz deutlich angesprochen: Dass die Apostel über einander murrten. Der Neid und das sich gegenseitig vergleichen. Mehr Lohn haben wollen als der andere, der ja auch weniger gutes tut.
Liebe Schwestern und Brüder, wenn wir uns schon selten wirklich sicher sein können über unsere eigenen Motive, dann sollten wir vor allem genauso zurückhaltend und wohlwollend sein, wenn wir über die Motive anderer nachdenken. Das gilt für Lady Diana - und das gilt für unseren Banknachbarn. Amen.
Liebe Schwestern und Brüder,
wenn "Mission" bedeutet, die ganze Welt von Armut
und Elend zu befreien, dann hat sich die Kirche zwar eine
ganze Menge vorgenommen und vermutlich bis ans Ende der Zeiten
zu tun. Allerdings dürfen wir Christen damit auch bei
den anderen Religionen mit Anerkennung und vielleicht sogar
mit Mithilfe rechnen.
Wenn Weltmission aber bedeutet, die ganze Welt christlich
zu machen, alle Menschen dieser Welt zu Christus zu führen,
dann steckt dahinter eine ganze Menge Konfliktpotential. Andere
Religionen werden damit gar nicht einverstanden sein.
Deshalb gibt es viele Stimmen in und außerhalb der Kirche, die vom alten missionarischen Gedanken abraten. Helfen wir den Menschen, so heißt es, zu einem besseren Leben in Frieden und Wohlstand, in Gesundheit und Sicherheit. Damit ist ihnen mehr geholfen, als wenn wir sie ihrer ursprünglichen Religion entfremden und aus ihnen Christen machen.
Deshalb wundert es auch nicht, dass die Erklärung der
Glaubenskongregation "Dominus Jesus" auf so schroffe
Ablehnung gestoßen ist. Da wird doch allen ernstes behauptet,
dass Gott seinen Sohn gesandt hat, um alle Menschen zum Heil
zu führen. Da werden doch unverschämter Weise die
Worte der Bibel ernstgenommen, die da heißen: "Er,
Jesus, ist der Eckstein, und in keinem anderen ist Heil zu
finden. Denn es ist uns Menschen kein anderer Name gegeben,
durch den wir gerettet werden sollen" (Apg 4, 12).
Diese Erklärung verstößt gegen die "political
correctness", gegen den guten Ton. So etwas sagt man
nicht, andere könnten es uns Übel nehmen. Und außerdem,
das wäre arrogant und vermessen, überheblich und
selbstherrlich. So, als wenn wir die Wahrheit gepachtet hätten.
Liebe Schwestern und Brüder, es mag uns vielleicht nicht
so passen, aber dieser Anspruch stammt von Jesus selbst. "Ich
bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum
Vater als durch mich!" (Joh 14, 6) Aber keiner würde
deshalb auf die Idee kommen, Jesus als arrogant, überheblich
und selbstherrlich zu bezeichnen. Wir haben als Menschen nicht
die Wahrheit gepachtet. Das stimmt. Aber Jesus darf das von
sich behaupten: "Ich bin die Wahrheit."
Als Christen wirkt es bescheiden, von der Gleichheit der Religionen
zu sprechen. Aber genau besehen, ist das keine Bescheidenheit,
den wir machen ja nicht uns damit kleiner, sondern Gott. Verleugnen
wir denn nicht Jesus, wenn wir sagen, alle hätten gleichermaßen
recht oder Unrecht und es ist egal, was man glaubt?
Wenn Jesus recht hat, dann macht das allerdings Mission notwendig. Denn davon müssen wir doch weiter erzählen, oder? Wenn es tatsächlich Gottes Wille ist, dass wir durch Jesus Christus zum Vater gelangen, dann sind alle anderen Wege doch zumindest Umwege, wenn nicht sogar Irrwege.
Liebe Schwestern und Brüder, das sind keine leichten Gedanken. Alles das ist wirklich nicht sehr populär. Und wer sich als Christ dazu bekennt, darf mit heftiger Kritik rechnen. Aber Jesus hat nie gesagt, dass es leicht sein wird, Christ zu sein. Er selbst ist wegen seines Absolutheitsanspruches hingerichtet worden; und er hat auch gesagt, dass wir als Knechte es nicht leichter haben werden als der Meister.
Aber er erinnert uns auch daran, dass wir eben nicht Christen geworden sind, um es leicht zu haben. Wir sind nicht Herren unseres Glaubens, wir können nicht das herausstreichen, was uns oder anderen nicht passt. Wir haben einen Auftrag, eine Mission, die da heißt: "Macht alle Menschen zu meinen Jüngern!"
Also doch: Mission heißt, allen Menschen das Evangelium zu bringen. Die frohe Botschaft. Keinen zu zwingen, aber allen von der Einmaligkeit unseres Glaubens zu erzählen. Unseren Dienst nicht nur an den leiblich Ärmsten, sondern auch an den Seelen der Menschen zu vollziehen, die sich nach etwas sehnen, an das sie sich halten können, das alle Zeit und Moden überdauert. Und deshalb beginnt Mission nicht erst hinterm Äquator. Mission beginnt, sobald sie die Kirche verlassen. Dort beginnt das Missionsgebiet: Weil dort die Menschen einen Halt brauchen.
Amen.