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KARL-LEISNER-JUGEND |
von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2006)
Ich finde diesen Täufer Johannes faszinierend, ja nachahmenswert, liebe Schwestern und Brüder!
Keine Angst, ich will Sie nicht in die Wüste schicken. Auch dürfen Sie nicht erwarten, daß ich demnächst im härenden Gewand durch Grafenwald gehe. Auch will ich mich nicht ausschließlich von Insekten und wildem Honig ernähren. Dann bliebe von mir schmalen Kerlchen ja bald garnichts mehr über.
Nein, in einem anderen, wesentlich wichtigeren Punkt, finde ich den Täufer nachahmenswert: In seiner Art nämlich von Jesus Christus zu sprechen.
Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch
ihn zum Glauben kommen. Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis
ablegen für das Licht.
So heißt es über ihn in der Hl. Schrift.
Das Licht ist Jesus Christus, der Herr. Er ist die Lichtquelle, die strahlt.
Johannes verstand sich als eine Art Reflektor, als eine Art Spiegel, der das
Licht Christi wiederspiegelt.
So wie der Mond nur strahlt, weil er das Licht der Sonne reflektiert, so
leuchtet Johannes der Täufer, weil er vom Licht Christi angestrahlt wird.
Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis abgeben für das
Licht.
Dieser Johannes muß einen enormen Eindruck auf die Leute damals gehabt
haben. Ansonsten wären sie nicht so zahlreich zu ihm gepilgert.
Sicherlich, bei vielen wird auch eine gewisse Sensationslust mit im Spiel
gewesen sein: Wann sieht man schon so einen Mann, der nicht nur rein äußerlich
aus dem spießbürgerlichen Rahmen fällt.
Sein Auftreten hat für Aufregung gesorgt. Die Leute fragten sich, ob er der Messias sei. Das Volk war voller Erwartung.
Und er hat auf diese Frage ganz offen und ehrlich geantwortet.
Er hat sich nicht zum Messias gemacht: „Ich bin nicht der Messias. Nach
mir kommt einer, der stärker ist als ich, und ich bin es nicht wert ihm
die Schuhe zu öffnen.“
Er hat also nicht angegeben oder übertrieben. Er hat sich selbst nicht
überschätzt.
Er hat sich aber auch nicht unterschätzt. Er hat sich nicht unter Wert
verkauft.
Er wußte um seine Bedeutung, seinen Auftrag, den Gott ihm gegeben hatte.
Deshalb lehrte er die Menschen, was sie tun sollten und er taufte sie mit
Wasser, um sie auf die Taufe mit dem Geist vorzubereiten.
Er hat schlicht und einfach die Wahrheit über sich und über Jesus
Christus gesagt:
Christus ist der Herr, ich bin sein Diener.
Christus ist das Licht, ich spiegle nur sein Licht wieder.
Liebe Schwestern und Brüder!
Als Christen sind auch wir aufgerufen, für Christus Zeugnis abzulegen.
Aber mal ehrlich: Hat Ihnen schon jemand einmal die Frage gestellt, mit der
sich auch Johannes konfrontiert sah, die Frage: Wer bist Du?
Wenn Menschen mit uns Christen zusammenkommen – weckt das in ihnen eine
Erwartung nach mehr?
Wenn nicht? Warum nicht?
Könnte es sein, daß wir Christen, ich schließe mich da mit
ein, nicht mehr auffallen?
Kann es ein, daß wir Christen keine Fragen in den Herzen der anderen
mehr aufwerfen?
Kann es sein, daß wir in der Masse aufgegangen sind?
Oder noch anders gefragt: Sind wir vielleicht spießbürgerlich geworden,
Menschen, die so mitschwimmen?
Natürlich, wir sind normale Bürger unseres Landes. Wir haben die
gleichen Rechte und Pflichten wie die anderen.
Aber wir haben bestimmte von Gott gegebene Wertvorstellungen, die wir in die
öffentliche Diskussion einbringen sollen.
Und da heißt es auch schon einmal, sich den Zorn der öffentlichen
Meinung zuzuziehen, die mit Gott nichts mehr am Hut zu haben scheint.
Und da heißt es auch schon mal, sich auszuklinken, nicht mitzumachen
mit der Masse.
Ich kann mich als Christ nicht über die miserable moralische Qualität der Fernsehsendungen aufregen und gleichzeitig fast jeden Nachmittag irgendwelche fragwürdigen Talkshows ansehen.
Ich kann mich als Christ nicht über die Jugend beschweren, die ja gar nicht mehr zur Kirche geht, und gleichzeitig selbst immer wieder Ausnahmen für mich persönlich geltend machen, wenn es um die Einhaltung der nach wie vor verpflichtenden Sonntagspflicht geht.
Man darf sich nicht nur das Etikett „Christlich“ geben. Man muß
sich auch bemühen, danach zu leben. Das gilt für einzelne, wie für
Verbände, wie für Parteien.
Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis abgeben für das
Licht. heißt es von Johannes dem Täufer.
Er hat das Licht Christi in seine Umwelt hineingetragen. Er war wie ein Spiegel.
Auch wir sind aufgerufen in diese Welt die hell- und heilmachenden Strahlen des christlichen Glaubens zu senden.
Aber es gelingt uns nicht immer. Oft ist unser Spiegel verschmutzt, verklebt,
blind. So kann das Licht Christi von uns nicht in seiner ganzen Leuchtkraft
reflekiert werden.
Es kann sogar sein das der Spiegel unseres Herzens so verdreckt ist, daß
wir uns selber nicht mehr darin erkennen können.
Wie jeder Badezimmerspiegel bedarf auch unser innerer Spiegel einer regelmäßigen Reinigung, damit er seine Aufgabe erfüllt und nicht an die Seite gestellt oder gar weggeworfen wird.
Johannes der Täufer war die Stimme in der Wüste, die rief:
Ebnet den Weg für den Herrn! Kehrt um!
Als eine der großen Gestalten des Advent ruft er uns auch heute noch
zu Umkehr auf.
Als der künftige Pfarrpatron der großen Gemeinde ruft er uns in
Gedächtnis, wofür wir da sind: Zeugnis zu geben für Christus,
Räume eröffnen, um ihm zu begegnen, andere auf Christus hinweisen.
Die Kirche als Ganze und jede einzelne Pfarrei ist nie für sich selber
da. Es geht nicht bloß um uns. Es geht in aller erster Linie um IHN
Wer wirklich umkehrt, der strahlt vor Freude. Der strahlt aber auch das Licht
Christi aus, so wie es damals Johannes der Täufer tat.
von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2006)
Liebe Gemeinde!
Das bischöfliche Hilfswerk Adveniat, das Jahr für Jahr zu Spenden für die armen Länder aufruft, hat in diesem Jahr eine Anstecknadel herausgebracht, die es wert ist, beachtet zu werden. Sie zeigt den Kopf einer Mariendarstellung, die einzigartig in der Welt ist. Der Journalist Paul Badde hat im vorletzten Jahr ein Buch über dieses Marienbild geschrieben, das bald zum Bestseller avancierte. Das Bildnis ist bekannt als die Jungfrau von Guadalupe.
Seine Entstehungsgeschichte ist abenteuerlich, geradezu unglaublich. Es war im Jahre 1531 in der Nähe von Tenochtitlan, der heutigen Stadt Mexiko. In jener Zeit hatten die Spanier das Land der Azteken zwar erobert und die alten Herrscher entmachtet, aber sie hatten die Herzen der Einwohner nicht gewonnen. Obwohl keine heidnische Religion blutrünstiger war als die der Azteken deren Götter forderten Tausende von grausamen Menschenopfern , fand der christliche Glaube der Konquistadoren wenig Gehör.
Eine Ausnahme war der arme Bauer Juan Diego, der schon bald nach der Eroberung Mexikos getauft worden war. Auf dem Wege zur Kirche in einer weit entfernten Stadt hatte er am 9. Dezember 1531 auf dem Berg Tepeyac eine Erscheinung der Jungfrau Maria. Sie erschien ihm als Frau mit indianischem Aussehen und gab ihm in seiner Sprache den Auftrag, ihr zu Ehren auf dem Berg eine Kapelle zu errichten. Juan Diego ging zum Bischof, doch dieser glaubte ihm nicht. Drei Tage später erhielt Juan Diego bei einer weiteren Erscheinung an derselben Stelle den Auftrag, Rosen zu pflücken und sie dem Bischof als Beweis zu bringen. Er fand die blühenden Rosen mitten im Schnee und nahm sie in seinen Umhang. Als er sie vor dem Bischof ausschüttete, zeichnete sich dort, wo die Blumen waren, in seinem Mantel das Bild der Jungfrau Maria ab.
Dieses Bild ist bis heute erhalten, obwohl der Stoff des Umhangs, Agavefaser, ähnlich unserem Jutestoff, normalerweise nur rund 20 Jahre hält. Sofort verbreitete sich die Nachricht von dem Wunder, und der Bischof ließ kurz darauf die Kapelle bauen. Später wurde dann eine riesige Basilika erbaut, um den immer zahlreicheren Wallfahrern Raum zu geben. Viel wichtiger und erstaunlicher aber ist die Wirkung, die das Bild auf die Ureinwohner Mexikos hatte: Die Menschen fanden in dem Bild die Wahrheit des christlichen Glaubens bestätigt.
Maria ist auf dem Bild als Mestizin dargestellt, d.h. als indiospanischer Mischling, womit angezeigt ist, daß sie die beiden Kulturwelten vermittelt. Sie steht außerhalb der Reihe der Sieger und Besiegten. Während die indianischen Götter Masken trugen, ist dieses Antlitz ohne Maske: Maria ist also keine Göttin, sondern eine menschliche Mutter. Gleichwohl ist sie größer als die einheimischen Götter, weil sie die Sonne verdeckt, sie jedoch nicht auslöscht. Sie ist mächtiger als die höchste Gottheit, der Sonnengott, mächtiger auch als der Mondgott, denn sie steht auf dem Mond, zertritt ihn aber nicht. Sonne, Mond und Sterne sind versöhnt und in Frieden zusammen ganz im Gegensatz zu den geläufigen aztekischen Vorstellungen. In deren alter Überlieferung wurde das Erscheinen von neuen Sternen als Zeichen dafür gedeutet, daß das Ende einer Epoche gekommen war. So war zehn Jahre vor der Eroberung eine Unzahl von Sternen erschienen. Wie diese das Zeichen des Endes gewesen waren, so kündigten sie auf dem Mantel der Gottesmutter den Beginn einer neuen Ära an. Die Tunika der Gottesmutter ist mattrot, die Farbe des höchsten Gottes, der dem Menschen das Leben schenkt. Rot ist auch die Farbe des Ostens, der siegreich aufgehenden Sonne, also auch Symbol des wiedergeborenen Lebens. Vor der Brust der Frau sind schwarze Bänder befestigt; sie waren bei den Frauen das Zeichen ihrer Mutterschaft. Der Mantel der Gottesmutter ist blaugrün. Blau war die Farbe des Himmels, Grün die Farbe der Jade, die für die Azteken unvergleichlich wertvoller war als Gold und Silber. Grün und Blau waren Zeichen der Göttlichkeit, sie stellen die beiden Kräfte des Universums dar. Sie bedeuten Fruchtbarkeit und Leben. Sie bezeichnen die Gottesmutter als Mutter und Königin des Universums. Ein Engel trägt die Figur der Gottesmutter in der Art, wie man bedeutende Personen auf den Schultern trug.
Das anmutige Bild und seine Symbolwelt war für das Volk wie ein Buch, ein symbolreicher Katechismus, den alle lesen konnten. Die Menschen erkannten in diesem Bild die Wahrheit der christlichen Offenbarung und bekehrten sich in unvorstellbaren Massen. Innerhalb von zehn Jahren traten 7 bis 8 Millionen Menschen zum Christentum über, und diese Bewegung ergriff auch auf die anderen lateinamerikanischen Länder.
Es ist gut, wenn wir uns acht Tage vor Weihnachten dieses Bild anschauen und in ihm die Frohe Botschaft wiederfinden, die allen Menschen verkündigt wird, die wir Europäer aber oftmals für veraltet und wertlos abtun. Gott hat auf die Niedrigkeit der armen Jungfrau Maria geschaut, und in ihrem Gesicht spiegelt sich nun die Freude über diese Erwählung und über das Erbarmen Gottes. Ähnlich schaut Gott auf jeden einzelnen von uns und will uns aus der Macht der lebensfeindlichen Mächte befreien.
Ich wünsche Ihnen, daß Sie in dem Bild der Jungfrau von Guadalupe das Frohmachende unseres Glaubens neu entdecken können. Dann können Sie erfahren, was der Apostel Paulus uns heute in der Lesung zusagt: Und der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in der Gemeinschaft mit Christus Jesus bewahren. (Phil 4,7)
Paul Badde: Maria von Guadulupe. Wie das Erscheinen der Jungfrau Weltgeschichte schrieb. München: Ullstein, 22004.
Die Wüste und das Feuer
Waren Sie schon einmal in einer Wüste? - Sicher denken wir bei diesem
Wort zuerst an die wasserlosen Einöden, die weite Gegenden Afrikas prägen
und die sich leider immer weiter ausbreiten, an Karawanen und vielleicht an
die Rallye Paris-Dakar.
Wenn Sie noch nicht in einer solchen Wüste gewesen sind - ich bin sicher,
irgendeine Wüste haben Sie schon erlebt oder sogar erlitten! Was gibt
es nicht alles für Wüsten in unserer Zeit! Betonwüsten und
Sinnwüsten, Beziehungswüsten und andere Wüsten, die von Menschen
gemacht sind, wie etwa die ganze Gegend um Tschernobyl in Weißrußland,
wo nur noch Menschen leben, die sich nichts mehr aus der tödlichen unsichtbaren
Gefahr machen, die dort herrscht.
Heute möchte ich mit Ihnen das Bild der Wüste betrachten, das ja
ein ganz starkes, vielleicht das stärkste adventliche Bild ist, das wir
haben. - Stimmt das denn? Haben wir nicht den Kranz und die Kerzen, singen
wir nicht "Macht hoch die Tür" und "Tauet Himmel den Gerechten",
die auch wunderbare Bilder und Symbole sprechen lassen? - Das ist richtig.
Aber die Wüste ist schon ein besonderes Zeichen, denn der direkte Vorläufer
Jesu, man könnte sagen: der im wahrsten Sinne adventliche Mensch - Johannes
der Täufer - hatte seinen Wirkungsort in der Wüste.
Als Sohn eines Priesters - Zacharias - war für ihn vermutlich eine Tätigkeit
in Jerusalem vorgesehen, im kultischen und politischen Mittelpunkt des Volkes
Gottes. Doch Johannes ließ sich in die Wüste rufen, und dorthin
- an den Jordan - rief er die Menschen, damit sie sich dort von ihm taufen
ließen.
Vermutlich können wir uns heute gar nicht mehr recht vorstellen, welche
Erregung es damals bei vielen Menschen ausgelöst haben mag, als bekannt
wurde: Da ist einer, der kündigt den Kommenden an, den Messias! - Wir
können davon ausgehen, daß die Menschen wie elektrisiert waren.
Warum? Weil in dieser Gestalt, die die Menschen erlebten - eine prophetische
Gestalt, im Kamelgewand, mitten in der Wüste - sofort die Erinnerung
an eine andere prophetische Gestalt wachwurde, an den Propheten Elija. Elija,
der zur Zeit der unseligen Königin Isebel im 9. vorchristlichen Jahrhundert
leidenschaftlich für die Verehrung des einen Gottes Jahwe eintrat, dieser
Elija würde nach der Überzeugung der frommen Juden unmittelbar vor
dem Kommen des Messias wiederkommen und das Volk sammeln.
Und jetzt geschah genau dies! So waren viele, als sie von Johannes hörten
und ihn erlebten, überzeugt: Das ist niemand anderes als der Prophet
Elija!
Und noch aus einem anderen Grund löste das Auftreten Johannes des Täufers
eine Bewegung im Volk aus: Sein Stehen in der Wüste erinnerte daran,
daß die Wüste ein besonderer Ort war: das Volk Israel mußte
nach der Befreiung aus der Knechtschaft Ägyptens vierzig Jahre durch
die Wüste ziehen, bis vor seinen Augen das Gelobte Land erschien. -
Genau das gleiche mußten die Menschen jetzt auch tun: Aus den Städten
und Dörfern, die sie bewohnten, mußten sie in die Wüste ziehen,
um dort Johannes zu treffen und sich von ihm taufen zu lassen. - Gibt es ein
stärkeres, ein sprechenderes Bild für Umkehr und Erneuerung als
dieses?
Wie können wir dieses Bild der Wüste heute verstehen? -Wir können
es nur verstehen, wenn wir es auf uns beziehen, auf unsere Gemeinden, auf
unsere Kirche. Waren wir nicht über viele Jahre gewohnt, daß sichere
kirchliche und gemeindliche Strukturen da waren, daß es sozusagen überall
Städte und Dörfer gibt, die uns Geborgenheit geben, die uns die
Gewißheit vermitteln, daß es schon irgendwie weitergeht mit dem
Programm und den Angeboten und den Möglichkeiten in unseren Gemeinden
- und wir merken erst spät, ganz spät, daß Wüstenerfahrungen
in unserer Mitte immer mehr zur Wirklichkeit werden, weil es weniger Gläubige
gibt, weniger Ehrenamtliche, weniger Ordensleute, weniger Priester
und nicht nur das: Familien brechen auseinander, Menschen brechen Beziehungen
ab,
da wächst Wüste, da wird eine Einöde immer größer,
die vielen Menschen Angst macht.
Wir feiern Advent. Heißt Advent nicht auch, in die Wüste hinauszuziehen?
Da wartet Johannes auf uns, da wartet der Jordan auf uns. Da müssen wir
uns entscheiden: Kann ich diesem Johannes und seinen Worten wirklich glauben?
Ist Gott wirklich so streng, wie er es sagt, daß er die Spreu vom Weizen
trennen will? Oder ist vielleicht Johannes ein bißchen durchgedreht?
Ein Öko-Freak oder eine Art biblischer Tarzan oder so? Was soll man von
dem halten?
Nicht nur damals bestand diese Frage, auch heute. Auch heute gibt es Gestalten
wie Johannes der Täufer, die mahnen und bezeugen: Gott kommt, er kommt
uns entgegen, er möchte, daß wir ihm die Straßen und Wege
bereiten! Gott ist nicht eine Idee, eine Zusammenfassung schöner Wahrheiten,
Gott kommt uns leibhaftig entgegen, er rückt uns auf die Pelle, er interessiert
sich für uns! - Solche Menschen, die das sagen, die gibt es auch heute!
Ich denke da an unseren Papst Benedikt und an seinen Vorgänger Johannes
Paul.
Jesus selbst hat ganz offensichtlich an Johannes geglaubt. Er hat ihm keine
Fragen gestellt, sondern hat sich in die Reihe der Sünder gestellt, zwischen
die Zöllner und Soldaten, zwischen kleinen und großen Gaunern,
zwischen Zweiflern und Neugierigen. Für diese Gesellschaft war er sich
nicht zu fein.
Heute feiern wir den Sonntag Gaudete, den Sonntag der Vorfreude auf Weihnachten.
Wie können wir uns wirklich auf Weihnachten freuen? Wenn wir uns von
innen her öffnen und aufbrechen dahin, wo Wüste ist - und die ist
für uns nicht in Afrika und auch nicht in einer verwahrlosten Plattenbausiedlung
- sondern die Wüste, die ist oft genug in unserem eigenen Inneren, in
mir selbst. Der große Heilige und Kirchenlehrer Bernhard von Clairvaux
sagt darum über die große Gnade, dem Kommenden entgegenzugehen:
"Du, Mensch, du brauchst keine Meere zu überqueren, keine Wolken
zu durchdringen oder die Alpen zu überschreiten. Du brauchst keinen weiten
Weg zu machen, sage ich. Geh deinem Gott entgegen zu dir selbst (
).
Geh ihm entgegen bis zur Reue des Herzens und zum Bekenntnis des Mundes, damit
du aus dem Unrat deines beklagenswerten Wissens herauskommst."
Liebe Schwestern und Brüder!
«Mache dich auf und werde Licht» - so heißt es beim Propheten Jesaja und so heißt auch ein Adventslied. «Werde Licht» - wie geht das? Wie kann ich selbst wieder mehr leuchten? Wie kann ich das, was in mir dunkel oder verloschen ist, wieder hell machen und neu entzünden?
Zu einer Kerze, die nicht mehr brennt, kann man sehr oft sagen: Brenne! Werde Licht! Und trotzdem wird sich an einer verloschen Kerze dadurch nicht viel ändern. Das könne sie gerne am Adventskranz einmal ausprobieren. Das einzige, was eine Kerze zum Brennen bringen kann, ist wiederum eine brennende Kerze - oder ein Streichholz.
Übertragen auf uns bedeutet das: Wir werden nicht dadurch leuchtende, begeisterte Menschen bekommen, indem wir immer wieder ermahnen. Wir werden auch selbst nicht zu lichtvollen, adventlichen oder sogar weihnachtlichen Menschen, indem wir uns zusammenreißen, sondern allein dadurch, dass wir uns anstecken lassen.
Augustinus hat einmal gesagt, dass die normale Art der Glaubensweitergabe die der Ansteckung ist, wie bei einer Erkältung. Damit das geschehen kann, müssen wir allerdings Abstände überwinden, müssen wir uns näher kommen.
Vor allem aber kann das nur geschehen, indem wir uns wieder Gott nähern, seine Nähe suchen und das abbauen, was zwischen uns und Gott steht. Ihn vor allem darum bitten, dass er uns erleuchtet.
Versuchen Sie es doch einmal mit dem stillen Gebet. Werden Sie einfach mal
ganz ruhig, so dass Gott sich ihnen nähern kann. Ich lade Sie dazu ganz
herzlich ein - am Sonntag nachmittag in der Andacht, oder auch ganz für
sich alleine. Lass sie Gott Zeit, sich ihnen zu nähern.
Oder versuchen sie es doch einmal mit dem ruhigen, ungestörtem Lesen
in der Bibel. Nicht so, wie man einen Roman lesen würde. Sondern so,
als ob sie einen Brief vor sich hätten. Lassen sie Gott Zeit, ihnen etwas
zu sagen.
Denn Er ist es, der uns erleuchtet. Wir müssen nichts machen.
In diesem Sinne ist auch die Predigt des Johannes zu verstehen: Er zeigt
uns durch seine Mahnungen, die manchmal ganz schön hart klingen können,
den Weg, wie wir Gott begegnen können. Er ist nicht selbst der Weg, denn
wer sich so verhält, wie Johannes es den Menschen seiner Zeit rät,
der ist nicht bereits erlöst oder erleuchtet. Wir können uns nicht
dadurch befreien, indem wir uns zusammenreißen.
Aber wir können uns bereiten, um dem Erlöser zu begegnen. Das ist
die Aufgabe des Johannes: Den Weg zu zeigen, den Menschen eindringlich die
Möglichkeit vor Augen halten, sich auf den Weg zu machen, um dem zu begegnen,
der da kommt.
Wir werden Licht, wenn wir uns entzünden lassen. Gott ist es, der alleine
das tun kann. Das wäre Weihnachten: Das Gott - durch uns - die Nacht
der Menschen erleuchtet.
Und Advent ist dann vor allem die Zeit, in der wir uns diesem Gott wieder
neu nähern, ihn an uns heranlassen. Beiseite legen, was das Licht behindert.
«Wer zwei Gewänder hat, der gebe dem, der keines hat,
wer zu essen hat, der handle ebenso.»
Vielleicht wäre die Adveniat-Kollekte eine von verschiedenen Gelegenheiten dazu.
Vielleicht denken Sie aber auch noch einmal an den Empfang des Beichtsakraments. Man gönnt sich ja sonst nichts. Amen.
Liebe Schwestern und Brüder, sowohl in der Fastenzeit als auch in der Adventszeit gibt es einen Sonntag der Vorfreude; er soll uns daran erinnern, dass Jesus ja nicht erst Weihnachten 2003 auf die Welt kam - sondern dass seine Gegenwart in dieser Welt schon Realität ist. Nur unsere Antwort auf Seine Menschwerdung erneuern wir durch die Feier des Weihnachtsfestes.
"Gaudete" heißt dieser dritte Sonntag im Advent, indem wir schon einmal verhalten zum Ausdruck bringen, dass die Weihnachtsfreude schon jetzt in unser Leben ausstrahlt.
Es gibt allerdings auch so einiges, dass uns manchmal die Freude vermiesen will. Dazu gehört natürlich der übliche vorweihnachtliche Stress: Ein Fest will gut vorbereitet sein - und das nimmt uns manchmal über die Maßen in Anspruch. Besonders das Fest des Schenkens kostet uns nicht nur Geld, sondern auch Zeit und Ruhe.
Aber es gibt einen noch größeren Feind der Freude: Das sind wir selbst. Da ärgern wir uns gelegentlich über die leeren Kirchenbänke; kaum füllt sich aber wenigstens an Weihnachten die Kirche wie zu Zeiten aus dem letzten Jahrhundert - und wir klagen schon wieder. Klagen über die U-Boot-Christen, die sonst nie kommen. Anstatt uns darüber zu freuen, dass wenigstens ab und zu die kommen, die wir das Jahr über vermissen, werfen wir ihnen noch vor, dass sie uns die Plätze wegnehmen.
Warum freuen wir uns nicht einfach? Das würde uns und unseren seltenen Gästen gut tun.
An Weihnachten wird für Adveniat gesammelt; eine schöne Sache, finde ich. "Gott liebt einen freudigen Spender" versetzt uns in die Lage, gerade durch unsere Spende Freude zu erfahren. Wir sind gottseidank wohlhabend genug, von unserem Besitz abzugeben und weiter zu schenken. Aber anstatt dass wir uns darüber freuen, haben wir ständig das Gefühl, als wenn wir uns freikaufen würden und angesichts des Leids in der Welt eigentlich nicht wirklich feiern dürfen. Als wenn es den Menschen in Afrika besser gehen würde, nur weil wir uns das Lachen verbieten!
An Weihnachten erinnert uns die Kirche daran, dass Gott nur aus einem einzigen Grund Mensch geworden ist: Um uns von unserer Schuld zu erlösen. Keinen anderen Grund gab es für Gott, unser Leid und unseren Tod zu teilen. Aber anstatt dass wir im Sakrament der Beichte diese Erlösung in Anspruch nehmen und wirklich erfahren, was Befreiung für ein schönes Gefühl sein kann, reden wir uns ein, wir hätten nichts getan und hätten auch keine Vergebung nötig - und leben weiterhin mit einem schlechten Gewissen und machen auch anderen noch eins.
Wieviel Freude könnte es uns machen, Gott wirklich in den Mittelpunkt zu stellen: Mich daran zu freuen, dass ich beten kann; dass ich in der Kirche nicht allein bin; dass Gott mir verzeiht, wenn ich um Verzeihung bitte.
Vielleicht liegt es an unserer Mentalität - sagen einige: «Die Deutschen wären nicht zufrieden, wenn sie nichts zu klagen hätten.» Nun, dann müssten wir ja hochzufrieden sein.
Dietrich Mendt schreibt in einer Geschichte von dieser Freude, die uns verlorengegangen ist:
Als ich dieses Jahr meine Pyramide und die Krippe und die zweiunddreißig Weihnachtsengel wieder einpackte, behielt ich den letzten in der Hand.
"Du bleibst", sagte ich. "Du kommst auf meinen Schreibtisch.
Ich brauche ein bisschen Weihnachtsfreude für das ganze Jahr."
"Da hast du aber ein Glück gehabt", sagte er.
"Wieso?" fragte ich ihn.
"Na, ich bin doch der einzige Engel, der reden kann."
"Wieso kannst du eigentlich reden? Das gibt es doch gar nicht. Du bist
doch aus Holz!"
"Wenn jemand einmal nach Weihnachten einen Engel zurückbehält,
nicht aus Versehen oder weil er sich nichts dabei gedacht hat, sondern wegen
der Weihnachtsfreude, wie bei dir, dann können wir reden. Aber es kommt
ziemlich selten vor. Übrigens heiße ich Heinrich."
Seitdem steht Heinrich auf meinem Schreibtisch. In seinen Händen trägt er einen goldenen Papierkorb, oder vielmehr: Einen Müllkorb. Ich dachte erst, er sei nur ein Kerzenhalter, aber da hatte ich mich geirrt. Wenn ich mich über irgendetwas ärgere, hält er mir seinen Müllkorb hin und sagt: "Wirf rein!" Ich werfe meinen Ärger hinein - und weg ist er!
Manchmal ist es ein kleiner Ärger, zum Beispiel wenn ich wieder meinen Kugelschreiber verlegt habe oder eine fremde Katze in unserer Gartenlaube vier Junge geworfen hat. Es kann aber auch ein großer Ärger sein oder eine große Not oder ein großer Schmerz, mit dem ich nicht fertig werde.
Eines Tages fiel mir auf, dass Heinrichs Müllkorb immer gleich wieder
leer war.
"Wohin bringst du das alles?"
"In die Krippe", sagte er.
"Ist denn so viel Platz in der kleinen Krippe?"
Heinrich lachte. "Pass auf! In der Krippe liegt ein Kind, das ist noch
kleiner als die Krippe. Und sein Herz ist noch viel, viel kleiner."
Er nahm seinen Kerzenhalter unter den linken Arm und zeigte mit Daumen und
Zeigefinger der rechten Hand, wie klein.
"Denn deinen Kummer lege ich in Wahrheit gar nicht in die Krippe, sondern
in das Herz dieses Kindes."
Auf einmal wollte ich Heinrich noch vieles fragen, aber er legte den Finger auf den Mund. "Psst!" sagte er. "Nicht reden! Nur sich freuen!"