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KARL-LEISNER-JUGEND |
von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2007)
Liebe Gemeinde!
Das Ereignis der Verklärung nimmt eine ganz wichtige Stelle im Leben Jesu und seiner Jünger ein; darum nimmt Jesus auch drei Zeugen mit auf den Berg. Bevor Jesus seinen Leidensweg beginnt, sollen seine Jünger erfahren, welche Herrlichkeit ihm eigentlich zukommt und auf welches Ziel er zusteuert, wenn auch durch den Tod hindurch. Jesus weist auf seine Auferstehung voraus, damit der Glaube der Jünger gefestigt werde und sie so nicht irre werden, wenn sie ihn später werden leiden sehen.
Im zweiten Petrusbrief wird an das Geschehnis erinnert: Denn wir sind nicht irgendwelchen klug ausgedachten Geschichten gefolgt, als wir euch die machtvolle Ankunft Jesu Christi, unseres Herrn, verkündeten, sondern wir waren Augenzeugen seiner Macht und Größe. Er hat von Gott, dem Vater, Ehre und Herrlichkeit empfangen; denn er hörte die Stimme der erhabenen Herrlichkeit, die zu ihm sprach: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe. Diese Stimme, die vom Himmel kam, haben wir gehört, als wir mit ihm auf dem heiligen Berg waren. (2 Petr 1,16-18)
Die Verklärung auf dem Berg erweckt zuerst ein Gefühl des Geborgenseins, sodann Staunen und Furcht. Die Jünger sind fasziniert und erschrocken zugleich. Das ist ganz angemessen für eine Gotteserscheinung, denn Gott ist das mysterium fascinosum et tremendum, das faszinierende Geheimnis, das zugleich erzittern läßt. Diesen majestätischen Aspekt Gottes haben wir heute zu sehr abgeblendet, indem wir nur das Nette und Niedliche an Gott herausgestellt haben. Von der unendlichen Erhabenheit Gottes, von seiner majestätischen Größe, Herrlichkeit und Macht, von seiner absoluten Heiligkeit machen wir uns kaum noch eine Vorstellung. Damit geht aber eine ungeheure geistige Verarmung einher und eine falsche Selbstsicherheit, die leicht dahin führen kann, was Paulus im Brief an die Philipper so ausdrückt: Man lebt als Feind des Kreuzes Christi, alles dreht sich um Essen und Trinken und irdische Vergnügen. Daß nicht der Bauch unser Gott wird, das ist nicht zuletzt der Sinn des Fastens. Doch verstehen kann diese Anstrengung nur, wer begriffen hat, wer Gott in Wahrheit ist: der absolut heilige, Ehrfurcht gebietende Herr des Himmels und der Erde.
Das haben damals die drei Jünger verstanden und nie wieder vergessen. Die Begegnung mit der umwerfenden Wirklichkeit Gottes, die alles Bekannte in den Schatten stellt, hat sie gerüstet für die kommende Zeit, die keineswegs einfach war.
Nutzen wir diese Fastenzeit, um auch uns zu rüsten für die Aufgaben des Lebens. Auch wenn wir nicht wie die Apostel zum Martyrium berufen sind, so sollen doch auch wir Zeugnis ablegen für unseren Glauben an Jesus Christus, was mitunter viel Mut kostet. Darüber hinaus erwarten jeden von uns früher oder später allerlei Leiden oder Krankheiten, die wir besser überstehen können, wenn unsere Beziehung zu Gott vertraut und gefestigt ist. Die Verklärungsepisode wird uns nicht zuletzt auch deshalb heute verkündigt, damit wird Mut fassen und Kraft schöpfen für die Arbeit der Selbstdisziplin, zu der wir aufgerufen sind. Wir dürfen sicher sein: Alle Mühe dieses Lebens lohnt sich, keine Träne ist umsonst geweint, denn Gott hat denen Großes bereitet, die ihn lieben. (Vgl. 1 Kor 2,9)
von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2004)
Liebe Schwestern und Brüder,
gerade eben haben wir das Evangelium von der Verklärung Jesu gehört.
Und während er betete, veränderte sich das Aussehen seines Gesichtes,
und sein Gewand wurde leuchtend weiß. (...) Sie sahen Jesus in strahlendem
Licht.
Eine außergewöhnliche Erscheinung.
Der verklärte Herr. Der König der Könige, der Herr aller Herren,
der Erlöser der Welt, der Heiland, Jesus Christus: Das ist mein auserwählter
Sohn, auf ihn sollt ihr hören.
Unfassbar schön muß das gewesen sein. Göttliches tritt in
seiner Faszination zu Tage. Überwältigend schön. So überwältigend,
dass Petrus diesen Augenblick festhalten will:
Meister, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen,
eine für Dich, eine für Mose und eine für Elija.
Monate später.
Darauf ließ Pilatus Jesus geißeln. Die Soldaten flochten einen
Kranz aus Dornen; dem setzten sie ihm auf und legten ihm einen Purpurroten
Mantel um. Sie stellten sich vor ihn hin und sagten: Heil dir, König
der Juden! Und sie schlugen ihm ins Gesicht. (...) Sie übernahmen Jesus.
Er trug sein Kreuz und ging hinaus zur sogenannten Schädelhöhe,
die auf Hebräisch Golgota heißt.
Unerträglich. All das Blut, das zerfetzte Fleisch, die blauen Flecken,
die geschwollenen Augen. Unerträglich grausam. Abstoßend. Himmelschreiendes
Leid. Ein Mensch am Ende.
Es muß schrecklich anzusehen gewesen sein. Wollte das jemand festhalten?
Diesen Augenblick?
Veronika will es.
Keiner weiß, wie sie es geschafft hat. Durch die tobende, glotzende
Menge hindurch, an den Soldaten vorbei. Hin zum Herrn. Und sie reicht ihm
das Schweißtuch. Sie will ihm eine kleine Linderung schenken. Und sie
behält Sein Antlitz. Schweiß, Dreck und Blut bilden das Gesicht
eines Geschundenen im Stoff ab.
Das ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören.
Das strahlende, göttlich leuchtende Antlitz.
Das zerschlagene, entstellte Antlitz.
Beides ist Jesus. Gott und Mensch.
Liebe Schwestern und Brüder,
von den Plakatwänden, aus den Fernsehschirmen, in den Zeitschriften blicken
uns schöne Menschen an. Man macht Werbung für alles mögliche.
Mit schönen, gesunden Menschen.
Man macht Werbung für Gesundheit und Schönheit.
Selbst, wenn man Werbung von Hilfswerken sieht, selbst da: die armen Kinder,
der behinderte Junge, die gebrechliche, alte Frau werden schön dargestellt.
Anrührend. Nett.
Werbung muß wohl so sein, ansonsten würden wir nicht hinschauen.
Ansonsten würden wir wegschauen.
Unsere Gesellschaft ist wirklich großartig im Wegschauen.
Leid, Hässliches, darf nicht vorkommen. Nicht wirklich.
Ich kenne eine Familie, die sich nicht mehr traut, ihren schwerstbehinderten Sohn im Rollstuhl tagsüber durch die Innenstadt zu schieben. "Das können wir nicht mehr aushalten. Die Leute gaffen und rennen fast weg, machen einen Bogen um uns, um ihn. Das kann er nicht verstehen. Das macht ihm Angst."
Ich habe mehrere Fotos von missgestalteten Babys gesehen. Darunter ein Zyklop.
Nur ein Auge. In der Mitte. Das gibt es. Schlimm. Und das gleiche Kind habe
ich auf einem anderen Foto gesehen. Im Arm der Mutter, umgeben vom Vater und
den Geschwistern. Es hängt in deren Wohnzimmer. "Das ist unser Bruder,
der gehört zu unserer Familie. Auch wenn er ganz früh gestorben
ist."
"Wenn meine Eltern auf die Ärzte gehört hätten, wäre
ich nicht Weltmeister geworden." So lautete einmal die Schlagzeile in
einer Zeitung. Der das gesagt hat, war gerade Weltmeister im Tischtennis für
Behinderte geworden. Eine große Leistung. Die Ärzte damals rieten
den Eltern "das da wegmachen zu lassen. Tun Sie sich das doch nicht an."
Leid, Hässliches, darf nicht vorkommen. Nicht wirklich.
Holländische Staatsbürger im Grenzgebiet fragen immer häufiger nach, ob es noch Plätze in deutschen Alten- und Pflegeheimen gibt. "Man weiß ja nicht, was die mit einem machen." sagen sie. Und denken an das Eutanasie-Gesetz in den Niederlanden.
In der Schweiz gibt es Vereine, die sich in einer rechtlichen Grauzone bewegen, aber ganz legal beim Freitod in Krankheit helfen.
Inge Meysel prahlt damit, alles parat zu haben, die entscheidende Kapsel bei sich zu tragen. "Leiden das will ich nicht. Da bring ich mich lieber rechtzeitig um."
Leid, Hässliches, darf nicht vorkommen. Nicht wirklich.
Nein, am besten schafft man es fort. Am besten man lässt es gar nicht
auf die Welt kommen.
Irgendwie sind wir alle wie Petrus. Den erhabenen Augenblick, den wollen wir festhalten, ja uns darin sonnen. Aber wo war dieser Petrus an Karfreitag? Etwa unter dem Kreuz? Nein verraten hat er Jesus. In Stich gelassen in diesem Moment
Anders Veronika. Sie traut sich das Leid, den Leidenden zu sehen. Mehr noch sie will ihm beistehen. Sicherlich, die kleine Geste wird das Ganzen der Passion Jesu kaum gelindert haben. Aber es war weiß Gott nicht umsonst.
Wir brauchen mehr Veronikas.
Aber Veronika ist ja nur eine fromme Erfindung. Die hat es ja gar nicht gegeben.
Das kann doch kein Mensch schaffen. Wirklich?
Mutter Teresa 155
Sicherlich, wir sind wohl nicht berufen, Sterbehäuser zu errichten und
einen Orden zu gründen wie Mutter Teresa.
Aber wie sie und wie Veronika sollten wir den Mut haben, hinzusehen, ja hinzugehen
zu dem, zu der Leidenden. Sei es hier im Krankenhaus oder sonst wo.
Wir werden dann nicht nur einen Menschen sehen.
Nein, die Augen Jesu werden uns anschauen. Voll Dankbarkeit.
Und wird sich und seine Liebe in unser Herz einprägen, so wie er sein
Antlitz in das Schweißtuch Veronikas eingeprägt hat.
Und wir werden spüren, dass dieser Jesus wirklich der auserwählte Sohn Gottes ist, der Herrliche, der Heiland, der König der Könige.
Und wir werden sein verklärtes Antlitz schauen, wenn wir auch in sein
leidendes Gesicht sehen.
Amen.
von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2004)
Liebe Gemeinde!
Der Apostel Paulus spart in der heutigen Lesung nicht mit deftigen Worten. Er kennt Leute, die als Feinde des Kreuzes Christi leben. Ihr Gott ist der Bauch, ihr Ruhm besteht in ihrer Schande; Irdisches haben sie im Sinn. Gegen diese totale Diesseitsorientierung stellt er das Programm der Christen auf: Unsere Heimat aber ist im Himmel.
Es wäre jetzt ein leichtes, eine Moralpredigt gegen die gottvergessene Lebensart des modernen Menschen zu halten: leicht, aber wirkungslos. Statt dessen möchte ich auf das Lied verweisen, das wir zu Anfang gesungen haben und das uns durch die diesjährige Fastenzeit begleiten wird. Da hieß es: Unser versklavtes Ich ist ein Gefängnis und ist gebaut aus Steinen unsrer Angst. Das Bild vom Gefangensein trotz aller Bewegungs- und Konsumfreiheit spricht viele Menschen an, sie finden sich darin wieder. Auch daß es die Angst ist, die einengt und lähmt, Möglichkeiten versperrt und Selbstzweifel aufkommen läßt, leuchtet fast augenblicklich ein. Von allen Seiten werden wir in Angst versetzt und so immer mehr zu Entscheidungen gezwungen, die wir unter anderen Umständen gar nicht treffen würden. Das Geld regiert die Welt immer unverhohlener. Politiker weichen zurück, soziale Errungenschaften werden Stück für Stück abgebaut oder ganz preisgegeben. Die ständige Drohung mit Entlassung zermürbt die Widerstandskraft des einzelnen. Man fühlt sich eingesperrt.
Aber auch mit den weniger dramatischen Seiten des Lebens ist es so, selbst bei den Dingen, die eigentlich zur Freude und zum Ausgleich gedacht sind. Immer mehr Menschen stöhnen darüber, daß sie zu viele Termine haben, daß sie zu viel zu Feiern eingeladen werden und selber kaum die Wahl haben, sich die Gäste ihrer eigenen Feste selbst auszusuchen. Man kann auch nicht zu einer beliebigen Uhrzeit ein Fest verlassen, will man nicht schief angeschaut werden, und Wasser statt Alkohol trinken ist nur möglich, wenn man Auto fahren muß. Der Bauch wird zum Gott im Großen wie im Kleinen aber wohlfühlen tut sich keiner so recht dabei, außer die wenigen, die daran verdienen, und die vermutlich auch nicht wirklich. Eine allgemeine Unzufriedenheit breitet sich aus, ein wachsender Überdruß, und die Sehnsucht nach Freiheit, die sich zuvor im Konsum zu erfüllen trachtete, sucht neue Auswege und Aufbrüche. Aber wo und wohin?
"Herr du bist Richter, du nur kannst befreien. Wenn du uns freisprichst, dann ist Freiheit da." Hinter der Erkenntnis dieser Liedstrophe steht ein Bild von Gott, dem Richter, der uns gerade nicht durch Angst knechten, sondern durch Liebe freimachen will. Der grassierenden und versklavenden Menschenfurcht tritt die befreiende Gottesfurcht entgegen, die nach Auskunft der Heiligen Schrift der Anfang der Weisheit ist. Gottesfurcht oder Ehrfurcht vor Gott was sagen uns diese Ausdrücke? Wie komme ich dazu, zu sagen, daß die Gottesfurcht uns befreit? Die Ehrfurcht vor dem majestätischen Gott ist weder Angst noch Kriecherei. Gott will ja gerade, daß wir ihn lieben in Freiheit und nicht gezwungen. FRANZ VON SALES sagt: Wir sollen Gott aus Liebe fürchten, nicht aber aus Furcht lieben. Unsere Liebe zu Gott ist Antwort auf Gottes Liebe zu uns, der uns arme Geschöpfe teilhaben lassen will an seiner Herrlichkeit. Wer Gott fürchtet, bewahrt sich vor falscher Gleichgültigkeit und gefährlicher Sorglosigkeit. Wer dagegen Gott nicht fürchtet, neigt dazu, die Stimme seines Gewissens zu mißachten. Dafür hört er um so mehr auf ganz andere Stimmen: auf die Stimme seiner Leidenschaften, des Bauches; auf das Gerede der Leute, auf Schmeichelei und Anbiederung, auf die Verlockungen der Mode und der Werbung, auf ideologische Propaganda und die Einflüsterungen des Zeitgeistes, auf Verführung, Drohung und Erpressung. Wer die Gottesfurcht nicht kennt, fürchtet sich davor, wegen seiner Meinung und seines Glaubens gelästert und verspottet zu werden. Was andere denken und sagen, ist ihm wichtiger als die erkannte Wahrheit. Und gerade so sperrt er sich immer mehr ein in das Gefängnis seines eigenen Ich.
Den Jüngern, die Zeugen der Verklärung Jesu wurden, kam blitzartig die Erkenntnis der majestätischen Größe und Herrlichkeit Gottes und ihres Meisters Jesus Christus. Sie staunen, fühlen sich umgeworfen und spüren die seltsame Mischung von Furcht und Liebe angesichts der ungeheuerlichen Erhabenheit des Göttlichen. Sie brauchen Zeit, die durch Mark und Bein gehende Erfahrung mit Verstand und Herz zu durchdringen. Aber danach sind sie gefestigt, um alle Herzensenge und Menschenfurcht zu überwinden. So frei wie jetzt sind sie noch nie gewesen.
So geht es jedem, in dessen plattes Denken Gott einbricht. Auf einmal
ist er da, manchmal ganz ungefragt, und hinterläßt im Gemüt
eine Spur und reißt neue Tiefen auf, die vorher nicht da waren oder
jedenfalls nicht sichtbar waren. Das Herz wird zum Abgrund, gewinnt eine
ungeahnte Tiefe, und auf seinem Grund macht sich eine Sehnsucht kund,
die nach einer neuen Begegnung mit Gott ruft. Auf diese Begegnung mit
Gott hin sind wir geschaffen, und unruhig ist unser Herz, bis es ruht
in ihm.
Nutzen wir diese Fastenzeit, um diese Sehnsucht neu in unseren Herzen
erstehen zu lassen.
von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 1997)
Lohnt sich das denn überhaupt? Was bringt das denn noch?
Liebe Schwestern und Brüder!
Diese zwei Fragen werden oft gestellt in unserer Zeit. Vor allem, wenn’s ums Geld geht.
Lohnt sich das denn überhaupt? Was bringt das denn noch?
Diese Fragen stellen sich aber auch Menschen, die glauben.
Diese Fragen stellt sich wohl auch der Bischof, wenn er die Probleme in der Diözese sieht: die Finanzen, die gegen Null tendierenden Priester- und Ordensberufe, die vielen Klage- und Anklagebriefe jeden Tag.
Diese Fragen stellt sich der Pastor, wenn er die leerer werdenden Kirchenbänke sieht.
Diese Fragen stellen Sie sich, wenn Sie merken, dass Sie auf Ihrer Strasse die einzigen sind, die den Glauben noch ernstnehmen, den anderen es aber nicht schlechter, manchmal sogar besser geht.
Lohnt sich das denn überhaupt? Was bringt das denn noch?
Diese Fragen werden sich Petrus, Johannes und Jakobus auch gestellt haben. Damals, nachdem man Jesus ans Kreuz geschlagen hatte. Damals, als alles so unsicher war und keiner der Jünger mehr weiter wusste.
Petrus, Johannes und Jakobus haben weitergemacht. Sie haben ihr Leben eingesetzt für Jesus Christus, für seine Botschaft, seine Kirche.
Vielleicht haben sie damals nach dem Karfreitag nicht alles sofort hingeschmissen, weil sie sich an die Begebenheit aus dem heutigen Evangelium erinnert haben: an die Verklärung Jesu.
Jesus erstrahlt diesen Jüngern im göttlichen Licht, als der himmlische
Herr.
Auf diesen Jesus sollten sie hören, hat die Stimme aus der Wolke gerufen.
An diesen Jesus werden sie vielleicht auch gedacht haben, als sie ihn blutverschmiert durch die Strassen Jerusalems haben ziehen sehen, mit dem Kreuz auf der Schulter.
Die Erinnerung an diesen Jesus, an den verklärten Herrn, hat sie durchhalten
lassen.
In ihm strahlte schon etwas von dem auf, was Jesus den Jüngern und uns
verheißen hat. In ihm strahlte das ewige Leben auf, das wonach sich
jeder Mensch zuinnerst sehnt, ob er es weiß oder nicht.
Diesen Augenblick, wo das Ewige in die Zeit bricht, wo der Himmel die Erde berührt, wollte Petrus festhalten. Er wollte drei Hütten bauen, damit dieser Augenblick bleibt, der alle Sehnsucht des Lebens gestillt hat.
Die Erinnerung an den verklärten Herrn hat die Jünger aufrecht gehalten, so dass sie offen waren für die endgültige Erscheinung des Auferstandenen, für Ostern.
In dunklen Stunden – auch wenn ich erst drei Jahre Priester bin kenne ich diese Zeiten – wenn in mir die Fragen aufkommen, was das Ganze denn noch soll, ob es sich überhaupt noch lohnt, im Weinberg des Herrn zu arbeiten angesichts der Nackenschläge, die die Seelsorge für einen bereithält, dann erinnere auch ich mich.
Zwar habe ich nicht den verklärten Herrn gesehen.
Aber ich habe Augenblicke erlebt, in denen ich einen Vorgeschmack auf den
Himmel kosten durfte, Augenblicke, in denen sich Himmel nd Erde zu berühren
schienen.
Ich denke da an die Mitfeier einer Osternacht, die ein todkranker Kapuzinerpater gefeiert hat. Nichts hat er gesprochen. Alles hat er gesungen. Tage später wurde er in Krankenhaus eingeliefert, dass er dann als Toter verließ.
Oder ich erinnere mich an meine Hochzeit, an meine Diakonen- und Priesterweihe. Eine an frohmachenden Erlebnissen reiche Zeit. Eine Zeit der Freude und des inneren Friedens.
Wenn ich mir diese oder andere Ereignisse aus meinem noch jungen Leben vergegenwärtige,
dann erfüllt mich ein Gefühl tiefer Dankbarkeit.
Dann weiß ich auf einmal wieder, dass sich das Ganze lohnt, dass es
Sinn macht.
Dann schöpfe ich neue Kraft, weiterzumachen.
Liebe Schwestern und Brüder!
Als Christen leben wir sehr angefochten in einer Welt, die dem Glauben teils
feindlich, teils –was noch schlimmer ist- teils interesselos gegenübersteht.
Selbst in der Kirche sind diejenigen, die es ernst meinen mit dem Glauben,
in der Minderheit. Schließlich gehen ja Dreiviertel unserer Gemeinde
nicht zur Sonntagsmesse.
Angesichts dieser Angefochtenheit kommen Ihnen Zweifel. Das weiß ich
auch aus vielen Gesprächen.
Lassen Sie sich davon nicht unterkriegen.
Versuchen Sie wie die Apostel, wie ich sich zu erinnern.
Erinnern an Momente, wo sie gemerkt haben, dass es Sinn macht zu Glauben,
an Christus und an der Kirche festzuhalten. Momente, die ewig hätten
dauern können.
Ob es nun die feierliche Oster-Liturgie in unserer Kirche war oder ein privates
Gebet an einem Bildstock in einer Bauernschaft, das sie mit Frieden erfüllt
hat.
Ob es beim Dienst am Nächsten, z. B. ein Krankenbesuch, war oder bei
der Wallfahrt nach Kevelaer oder bei einem einfachen Gespräch mit einem
Freund, einer Freundin..
Egal wann und wo! Bewahren sie diese Erinnerung in Ihrem Herzen. Rufen Sie sich diese ins Gedächtnis.
Lohnt sich das denn überhaupt? Was bringt das denn noch?
Diese Fragen, diese Zweifel sind unvermeidlich. Sie stellen auch eine Prüfung
für unseren Glauben da. Das ist so.
Die Kirche hat niemandem, weder Ihnen noch mir, den Himmel auf Erden versprochen.
Aber die Kirche hat jedem von uns, Ihnen und mir, den Himmel verheißen, den Ort, wo jeder mit sich, den anderen und mit Gott im Reinen ist; den Zustand ewiger Glückseligkeit, den jeder ersehnt.
Ab und zu gewährt uns der Herr einen himmlischen Augenblick hier schon auf Erden. Das sind kleine Geschenke an uns. So wie er Petrus, Johannes und Jakobus mit seiner Verklärung beschenkt hat.
Pflegen sie dieses Geschenke gut.
Sie zu pflegen, sich ihrer zu erinnern, hilft uns denken und sagen:
Jawohl, es lohnt sich zu glauben. Es macht wirklich Sinn. Trotz allem...
Das Thema des heutigen Sonntags ist: Glaube und Verwandlung. Glaube Gott und lass Dich verwandeln.
In der ersten Lesung: Abraham glaubte Gott - er vertraute seiner Verheißung und er wurde zu einem großen Volk verwandelt. In der zweiten Lesung der Aufruf des Paulus: steht fest in der Gemeinschaft mit dem Herrn, er wird uns verwandeln. Und im Evangelium: wir sollen auf den geliebten Sohn hören, der sich vor den Augen der Jünger verwandelt hat.
Gott glauben, das heißt: seiner Verheißung trauen, fest in der Gemeinschaft mit ihm stehen und auf ihn hören - Aufforderungen der Bibel an uns heute. So viele machen uns Versprechen in der heutigen Zeit, verheißen uns einen heißen Sommer und immer weniger Arbeitslose, versprechen uns satte Aktiengewinne und Frieden im Irak. Da werden die meisten misstrauisch gegenüber Verheißungen und Aufforderungen, jemanden blind zu vertrauen, nur weil man eine Stimme aus dem Himmel oder von der Kanzel hört. Doch wir dürfen unterscheiden zwischen gewagten Versprechen der Menschen und zugesagten Verheißungen Gottes.
Die Verwandlung, die Gott angekündigt hat, ist bisher noch immer eingetreten. Aus dem Stammvater Abraham wurde ein großes Volk, so zahlreich wie die Sterne am Himmel, Jesu Verwandlung auf dem Berg Tabor ist die endgültige Verwandlung in der Auferstehung von den Toten gefolgt, wo er Maria Magdalena und seinen Jüngern im verwandelten Leib erschien und anschließend noch mehreren Hundert. Und auch unsere Verwandlung wird folgen, wenn wir fest im Glauben stehen, wie Paulus uns auffordert.
Wenn Paulus damals an die Philipper geschrieben hat, so spricht er dabei durchaus auch unsere heutige Situation an: viele, die einst Christus gefolgt waren, "leben als Feinde des Kreuzes Christi - ihr Gott ist der Bauch. Irdisches haben sie im Sinn." So auch heute: viele, die getauft sind, leben nur für irdische Dinge, ihr Gott ist der Bauch - viele, die nicht nur zuerst an sich denken, sondern auch nur an sich, die nur darauf aus sind, wie es Ihnen hier auf Erden besser geht, die das ewige Leben aus dem Blick verloren haben. Paulus hat das damals schon erlebt und ermahnt seine Glaubensbrüder: "steht fest in der Gemeinschaft mit dem Herrn", denn wir erwarten "Jesus Christus, den Herrn als Retter, der unseren armseligen Leib verwandeln wird. "
Diese Verheißung des Paulus möchte ich zwar auch, aber nicht nur auf das Jenseits verstanden wissen. Wenn wir an Christi Botschaft und an der Gemeinschaft mit ihm festhalten, werden wir uns verwandeln, schon hier und jetzt. Wir sind immer wieder der Versuchung ausgesetzt, stehen jeden Tag aufs Neue in der Gefahr, vom Weg abzukommen, dass wir nur uns sehen, und Gott und die Mitmenschen aus dem Blick verlieren, nur an den eigenen Bauch denken. Jeden Tag aufs Neue müssen wir uns entscheiden, ob ich nun links rum oder rechts rum gehe, ob ich nun dies oder jenes in der nächsten Stunde tue. Und oft ist es auch eine Entscheidung für oder gegen Jesus. Im Alltag fest in der Gemeinschaft mit ihm stehen, sich bemühen, das zu tun, was er von mir will. Verbringe ich die Zeit damit, in noch einem Geschäft zu vergleichen oder besuche ich jemanden, der einsam ist, besuche ich in der Fastenzeit eine Tanzveranstaltung oder gebe ich das Geld den Armen, investiere ich die Zeit vor dem Fernseher, oder ins Gebet. Wenn ich in Christus investiere, d.h. für diese österliche Bußzeit: Fasten, Almosen geben und Gebet, dann werde ich verwandelt, auch schon hier und jetzt. Dann gelange ich zu einer tiefen Lebensfreude, zu einer innerlichen Ruhe, aus der mich so schnell nichts und niemand herausreißt.
Und das ist auch eine Botschaft des heutigen Evangeliums. Die Jünger erleben mit Jesus den Berg Tabor: die Verklärung, die Stunden des Glücks, so wie wir sie erleben können, wenn wir uns auf Gott einlassen, wenn wir seine Nähe spüren, vielleicht auch hier im Gottesdienst. Danach kommt für Jesus und seine Begleiter die Stunde der Bedrängnis, sie müssen viel Leid erfahren, bevor sie endgültig verwandelt werden. So wird es auch bei uns sein. Auch wir werden Leid erfahren, ob es der Tod eines lieben Angehörigen, eine schwere Krankheit, der Lebenswandel einzelner Familienmitglieder oder anderes persönliches Leid ist. Wir können es tragen, wenn wir uns in Jesus verwurzelt wissen, wenn wir solche Stunden des Glücks auf dem Berg Tabor erlebt haben, solche Stunden der Gottesnähe, wie sie die Jünger bei der Verklärung erlebt haben. Diese Stunden geben uns Kraft für die Stunden der Not. Bemühen wir uns um diese Standfestigkeit, um diese Verwandlung, um diese tiefe Lebensfreude, damit wir für die Stunden der Bedrängnis vorbereitet sind.
Liebe Schwestern und Brüder,
viele fabelhafte Geschichten beginnen damit, dass die Hauptperson zunächst einschläft - und dann etwas erlebt, sieht oder hört, von dem der Leser dann nicht genau weiß: Findet es im Schlaf statt? Ist es ein Traum? Bildet sich das nur jemand ein?
So ist es auch auf dem Berg der Verklärung: Petrus und seine Begleiter waren eingeschlafen - dann werden sie wach und sehen Jesus im strahlendem Licht. Hier fragen sich nicht nur wir, die wir zuhören, sonder vermutlich auch Petrus, Johannes und Jakobus: Träumen wir? Kann das sein? Ist das, was wir da erleben, Wirklichkeit?
Ein Erlebnis zwischen Träumen und Wachen, zwischen dieser Welt und einer anderen - genau das ist das, was die Jünger auf dem Berg erlebt haben. Und so etwas erleben wir auch oft. Eine Deja vu, ein Traum - ein plötzlicher, unvermittelter Eindruck, ein Gefühl - und schon ist es wieder vorbei und wir fragen uns: War das Einbildung? War das Realität?
Im Grund gilt das nicht nur für die ganz flüchtigen Eindrücke, die wir haben - die ganz hauchzarten Erlebnisse, kaum zu packen. Im Grunde gilt das für alles, was wir hinter uns lassen. Wie oft fühlen wir uns bei einem Menschen restlos geborgen - und kommen schon am nächsten Tag ins Zweifeln. Wie oft habe wir uns erbärmlich aufgeregt und geschimpft - grübeln aber wenig später, ob das wirklich gerechtfertigt war. Vielleicht kommen wir ins Zweifeln, ob die Begeisterung beim Kauf des Autos oder bei der Einrichtung der Wohnung nicht nur etwas gewesen ist, dass wir uns eingeredet haben? Vielleicht haben wir auch schon daran gezweifelt, ob die das Ja-Wort, das ich meiner Frau oder meinem Mann damals gegeben habe, wirklich aus Liebe geschah - oder ob die Liebe nicht nur Verliebtheit - oder die Verliebtheit nur eine Einbildung war.
Liebe Schwestern und Brüder - alles, was hinter uns liegt, ist mit
dem Schleier des unsicheren überzogen. Wie zwischen Traum und Wirklichkeit.
Genauso wie Petrus, Johannes und Jakobus können wir grübeln
ohne Ende: War das Wirklichkeit? - uns selbst schlaflose Nächte bereiten.
Wer - wenn auch nur für einen Augenblick - ein Taborerlebnis wie
Petrus, Johannes und Jakobus hatte, kann sich auf drei Weisen dazu verhalten:
1. Ganz leicht können wir uns einreden: Es war alles nur Trug, Lug
und Einbildung. Und nicht wenige Menschen werfen das weg, was sie Jahre
- Jahrzehnte lang geglaubt haben.
2. Wir können aber auch eine andere Entscheidung treffen: Wir können
unserer Erinnerung trauen. Das glauben, was wir erlebt haben. Das Annehmen,
was unsere Sinne uns Vermitteln.
3. Wir können einfach vergessen, was war. So tun, als hätten
wir nichts gespürt, nichts gesehen und nichts erlebt. Einfach im
jetzt leben und uns die nächste Pizza bestellen. Mit Sauce Hollandaise.
Ist doch egal, was früher mal war. "Was gehen mich die Dinge
von gestern an?"
Wir sind verantwortlich dafür, wie wir uns verhalten - denn die drei möglichen Reaktionen sind unsere Entscheidungen. Der Glaube daran, dass Jesus der Messias ist - das ist eine Entscheidung. Eine Entscheidung, die uns in dem, was auf dem Berg Tabor geschah, die Realität erkennen lässt. Genauso wie wir uns täglich neu Entscheiden müssen, an unsere Liebesentscheidungen, die vielleicht sogar Jahre zurück liegen, festhalten zu wollen.
Liebe ist eine Entscheidung. Wer diese Entscheidung trifft, entdeckt
Wunder, die andere Menschen, deren Gott der Bauch und die Pizza ist, nicht
entdecken. Wer darauf wartet, dass die Wirklichkeit ihm zeigt, dass es
Liebe wirklich gibt, kann lange warten. Und vor allem vergeblich. Wer
sich aber entscheidet, der Wirklichkeit eine Dimension der Liebe zuzutrauen,
der wird sie auch finden.
Wer darauf wartet, dass die Wirklichkeit ihm zeigt, dass es Gott gibt,
der kann lange warten. Und manchmal vergeblich. Wer sich aber entscheidet,
der Wirklichkeit und auch der eigenen Wahrnehmung Gott zuzutrauen, der
findet ihn auch.
Das schlimmste aber ist immer noch die 3. Reaktion: Sich gar nicht zu entscheiden - und sich dem Essen zuzuwenden. Lassen wir also einmal 40 Tage lang die Sauce Hollandaise beiseite und vertrauen stattdessen der Wirklichkeit. Amen.