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Predigtvorschläge - 04. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C)
1. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2007)

Liebe Gemeinde!

Ich möchte heute zwei Fragen besprechen. 1. Warum werden die Landsleute Jesu in Nazareth so wütend auf ihn? Was erklärt ihren Stimmungsumschwung? Und 2. Was können wir tun, damit wir nicht von der Miesmacherei angesteckt werden?

Der Schlüssel zur Antwort auf die erste Frage steckt in der Bemerkung: „Ist das nicht der Sohn Josefs?“ Das heißt: Was kann er uns schon Neues sagen? – Wenn Jesus diese Einschätzung stehengelassen hätte, dann hätte er seine Sendung verraten. Er hätte sich in die viel zu engen Schubladen der Leute einsperren lassen, und man hätte ihn fortan nur nach Menschenart angesehen. Seine eigentliche Botschaft aber hätte keine aufnahmebereiten Hörer mehr finden können.

Andererseits wußte Jesus, daß die Einschätzung der Leute letztlich aus ihrem Neid stammte, der nach der Regel verfährt: „Also schloß er messerscharf, daß nicht sein kann, was nicht sein darf.“ Der neidische Mensch mißgönnt dem anderen Menschen seine Überlegenheit und seine Erfolge; überhaupt alles, was herausragt, ist ihm ein Dorn im Auge, und er muß es schlecht machen und niederhalten. „Wenn ich diese Fähigkeit schon nicht habe, dann soll sie auch kein anderer haben, dann darf sie keiner haben“, räsoniert er im stillen und schmiedet Pläne, wie er den vermeintlichen Konkurrenten zur Strecke oder wenigstens ins Wanken bringen kann. So dachten damals auch die Landsleute Jesu, die sich mit seiner neuen Rolle nicht anfreunden wollten. Der gefühlte Neid hielt Jesus vermutlich davon ab, in seiner Heimatstadt Wunder zu wirken, denn damit hätte er diesen nur noch vergrößert. Aber auch so war der Neid schon schlimm genug, er vergiftete das Klima in der Synagoge derart, daß alle weiteren Erklärungen Jesu nur noch Aggression erzeugten. Die Wahrheit hatte an jenem Tag keine Chance. Die spätere Passion Jesu zeichnet sich schon ab.

Nun zur zweiten Frage: Wie schützen wir uns vor dem verbreiteten Virus der Miesmacherei und den vielen negativen Gefühlen, die in uns und um uns herum wirksam sind? Offensichtlich bietet nicht einmal die Kirche einen durchgreifenden Schutz, war es doch damals eine Synagoge, in der sich die Aggressionen hochschaukelten, und sind es auch heute nicht selten Inhaber hoher politischer wie auch kirchlicher Ämter, die aus Mißgunst und Neid Intrigen spinnen und ihre mißliebigen Parteifreunde oder Mitbrüder verunglimpfen, demütigen und verleumden.

In der Gemeinde von Korinth etwa hat es Auswüchse dieser Art gegeben, Paulus beklagt sie eingehend in seinem Brief. Da gibt es eine Reihe von Leuten, die sich einbilden, was Besseres zu sein, vor allem deshalb, weil sie sich im Besitz gewisser Gnadengaben oder Charismen wähnen, die sie vor den anderen auszeichnen. Sie wollen diese Gaben aber nicht in den Dienst der Gemeinde stellen, sondern nur in ihrem kleinen Club pflegen, und so provozieren sie eine Spaltung der Gemeinde. Kurz: Sie wollen nicht dienen, sondern bewundert werden. Paulus legt seine ganze Persönlichkeit in die Waagschale, um gegen diese Aufgeblasenheit und Eitelkeit anzugehen.

Den Höhepunkt seiner Ausführungen bildet das Hohelied der Liebe, in dem er den Maßstab aufzeigt, an dem alle Gaben der Menschen gemessen werden müssen. Die Liebe ist demnach der Weg, „der alles übersteigt“. Sie ist der einzige Weg, der zum Ziel führt, während alles andere nicht ausreicht: weder die tiefste Erkenntnis noch die heroischste Ethik. Ich kann noch so glänzende Fähigkeiten haben, wenn ich nur mich selbst suche, nur mich verwirklichen will, dann laufen meine Begabungen ins Leere. Ich kann noch so fromm tun, noch so fromme Predigten halten, wenn es mir dabei nur um meine Selbstdarstellung geht, dann wächst daraus kein Segen. Ich kann alles verschenken, wenn es mir dabei nur darum geht, von den anderen bewundert zu werden, dann nützt mir das nichts. Ja, ich könnte selbst als Martyrer sterben, wenn dahinter nur eitle Ruhmsucht stünde, hätte ich nichts davon. Die Liebe ist der Prüfstein. An der Liebe entscheidet sich alles. Ohne Liebe ist alles nur klingende Schelle und lärmende Pauke – viel Lärm um nichts.

Die Liebe war der Beweggrund Gottes, in die Welt zu kommen und sie zu retten. „Gott hat die Welt so sehr geliebt, daß er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat.“ (Joh 3,16) Alle, die mit der Aufgabe betraut sind, diese Liebe Gottes vor der Welt zu leben und zu verkünden, müssen diesen Dienst selber aus Liebe und in Liebe tun, sonst sind sie keine Boten Gottes und reden nur aus sich selbst: aus ihrer Verachtung der anderen Menschen, ihrer Fehler, ihrer Wohlstandskultur, ihrem Mißbrauch der Macht oder der Natur. Solche Motive sind weit entfernt vom Niveau der christlichen Predigt. „Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Sie ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf.“ (1 Kor 13,4)

So ist die Liebe auch der wirksamste Schutz gegen mögliche Verhärtung und gegen die Gefahr, vom allgemeinen Mißmut angesteckt zu werden. „Die Liebe erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf.“ (1 Kor 13,7) Die Liebe ist ein Höhenweg, der alles übersteigt. Wer sich auf diesen Weg einläßt, der sucht nicht sich selbst, sondern Gott. Der sucht nicht sich selbst, sondern den anderen. Darum hört wahre Liebe niemals auf, denn sie ist nicht nur der Weg zum Ziel, sondern auch das, was uns am Ziel erwartet: uneingeschränkte, ewige und selig machende Liebe.

2. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2004)

Liebe Gemeinde!

Ich möchte Ihnen heute etwas sagen zum Thema Weitergabe des Glaubens.
Zunächst das Wort des Evangeliums: Jesus verkündet die Heilsbotschaft Gottes und erklärt sie für erfüllt. Aber seine Landsleute lehnen diese Botschaft ab und mit ihr auch den Verkünder, Jesus. Am letzten Sonntag haben wir darüber nachgedacht, wie sehr diese Botschaft Jesu den Sehnsüchten der Menschen entgegenkommt und wie dumm es ist, diese Botschaft nicht an sich herankommen zu lassen. Heute möchte ich den Blick auf Jesus lenken als den, der sich bemüht hat, das Herz der Menschen für diese Botschaft zu gewinnen.

Es gelang ihm nicht immer. Die Erfolglosigkeit begleitete ihn durch sein ganzes öffentliches Leben. Was tut er? Jesus geht weg, und es sieht nicht danach aus, daß er wiederkommen wird. Ihn trifft die Verwerfung nicht, sondern sie fällt auf die Ungläubigen selbst zurück. Christus schreitet weiter, auch wenn die Menschen nein sagen. Wenn sie ihn töten wollen, geht er zu anderen, um ihnen das Leben zu spenden.

Wir sind durch das heutige Evangelium herausgefordert, solche zu sein, die den Glauben ebenfalls verkünden und anderen weitergeben. Wir werden oft und oft in eine ähnliche Lage wie Jesus kommen, auf Verschlossenheit, Mißtrauen und Ablehnung stoßen. Dann gilt es, sich nicht anstecken zu lassen von der finsteren Stimmung, sich nicht zu ereifern und zum Zorn reizen zu lassen – wie Paulus sagt – sondern allem standzuhalten in Geduld und Liebe.

Viele werden sagen: Das ist doch die Aufgabe der Priester, den Glauben weiterzugeben. Das ist so nicht richtig. Sie sind dafür auch zuständig, aber alleine könnten sie überhaupt nichts bewegen. Wenn nicht die Eltern ihre Kinder im lebendigen Glauben aufwachsen lassen, dann ist alle Mühe des Pastors etwa bei der Kommunionvorbereitung umsonst.

An dieser Stelle möchte ein riesiges Dankeschön loswerden: nämlich an die Großmütter und Großväter! Sie sind für ihre Enkelkinder oft weit überzeugendere Glaubenszeugen als die Eltern. Sie haben mehr Zeit, und das religiöse Leben hat für sie oft einen größeren Stellenwert als für die mittlere Generation, die mit anderen Sorgen beschäftigt ist. In Freiburg habe ich einen netten Jungen kennengelernt, der ausschließlich von seiner Oma im Glauben unterrichtet wurde; er wurde Dommeßdiener, später Oberministrant und studiert jetzt in Rom Theologie. – Omas und Opas sind für Kinder einfach faszinierend, und wenn sie vom Glauben begeistert sind, dann springt der Funke leicht auf die Kinder über. Darum möchte ich alle hier sitzenden Großeltern ermutigen, ihren Enkeln durchaus oft von ihrem Glauben zu erzählen, mit ihnen zu singen und zu beten und sie einzuladen, mit in die Kirche zu kommen.

Aber nicht nur Eltern und Großeltern sind verantwortlich für die Weitergabe des Glaubens. Die ganze Gemeinde sollte dieses Ziel vor Augen haben. Im Augenblick bereiten sich ... Kinder auf ihre erste heilige Kommunion vor. Beten wir alle dafür, daß diese Vorbereitung auch Frucht trägt? Ist uns wirklich zur Genüge bewußt, daß das Gebet viel wichtiger ist als alle menschlichen Anstrengungen? Es ist ja der Heilige Geist, der in den Herzen der Menschen wirkt. Ohne sein unsichtbares Wirken wäre all unser Bemühen umsonst.

Schließlich ist noch unser Umgang mit dem Abwehrverhalten anderer Leute zu bedenken. Leider kommt es immer wieder vor, daß andere von unserem Glauben nichts wissen wollen; manchmal sogar die eigenen Kinder oder Enkel nicht. Dann werden wir leicht mutlos und ziehen uns in unsere Privatheit zurück. Wir werden still und verlieren mehr und mehr den Impuls, von dem zu reden, was uns eigentlich wichtig ist. Und die Folge ist, daß uns dies dann sogar nach und nach weniger wichtig werden kann. Die Resignation schlägt in Lauheit um. - Da sollte uns Jesus ein Vorbild sein. Dort, wo er nicht ankommt, geht er weiter. Aber nicht gedrückt und entmutigt, sondern in der vollen Kraft seiner Sendung.

Die Kraft, es ihm gleichzutun, gibt uns die Begegnung mit Jesus hier in der Eucharistiefeier. Hier feiern wir Jesu Sieg über die Mächte der Finsternis, den Sieg der Liebe. „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir – bis du

3. Predigtvorschlag

von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 1997)

"...hätte aber die Liebe nicht..."
Liebe Schwestern und Brüder,

Es ist wohl eine der bekanntesten Stellen, die wir in der Lesung gehört haben: Das Hohelied der Liebe aus dem ersten Korintherbrief. Es wird z. B. gerne zu Hochzeiten genommen.

"...hätte aber die Liebe nicht..."
Es gibt wohl kaum ein Wort, das so tief und schön in unseren Ohren klingt, wie das Wort Liebe. Es spricht in uns tiefe Schichten an.

Es gibt aber auch wohl kaum ein Wort, das so missbraucht, ja vergewaltigt wird, wie das Wort Liebe. Denken wir nur an die Illustrierten, die über die sogenannten "großen Lieben" der Promis und Stars berichten wie über Äpfel und Birnen. Liebe wird da degradiert auf ein Herz-Schmerz-und-dies-das-Niveau.

"...hätte aber die Liebe nicht..."
Was ist denn die Liebe? Was macht dieses Wort so einzigartig in unseren Ohren?

Was sagt der Mensch eigentlich, wenn er sagt: "Ich liebe dich?"
Nun, er drückt damit eine Wertschätzung des anderen aus. Er heißt das geliebte Gegenüber gut. Lobt und preist in einem gewissen Sinne dessen Existenz: "Gut, dass es Dich gibt! Wie wunderbar, wie schön, dass Du da bist!"

Liebe ist auch eine Gestalt des Wollens. Wer sagt: "Ich liebe Dich.", der sagt gleichzeitig: "Ich will, dass Du bist, dass es Dich gibt."

"Gut, dass es Dich gibt. Ich will, dass es Dich gibt."
Das sagt nicht nur die Braut zu ihrem Bräutigam, wenn sie es ernst meint.
Das sagt auch die Tochter zu ihrem Vater, die Mutter zu ihrem Sohn, wenn sie wirklich eine Familie sind.
Ohne diese Liebe bricht jede Ehe, jede Familie auseinander, weil sie dann keine Grundlage mehr hat.
Diese Liebe wird sicherlich häufig auch auf die Probe gestellt. In Zeiten der Not, der Krise, der Mißverständnisse. Aber dann zeigt sich ja erst recht, ob der Satz "Ich liebe Dich." ernst gemeint war, ob dahinter wirklich der Wille steht, den anderen zu bejahen. Oder ob das Ganze eher ein Luftschloß war, oder gar der Versuch, den anderen für sich und zu seinem Vorteil zu benutzen.

Gerade in der Glitzerwelt der Promis scheint man mir sich doch häufig einen Partner zu suchen, um die eigene Karriere zu stützen, sich im Ruhm des anderen zu baden, oder schlicht und einfach Geld abzusahnen. Und wenn der andere dazu nicht mehr nützt, dann lässt man ihn fallen wie eine heiße Kartoffel. Und sucht sich vielleicht den nächsten. Dann wird das Wort Liebe zu einer Farce.

"...hätte aber die Liebe nicht..."
Auch wir bedürfen der Liebe, jeder und jede Einzelne von uns. Das müssen wir uns immer wieder eingestehen. Wir können nicht nur lieben. Wir wollen, ja wir müssen sogar geliebt werden.

Gabriel Marcel hat das so ausgedrückt: "Sein bedeutet Geliebtsein!"

Ohne zu lieben, ist unser Leben schal und leer.
Aber ohne geliebt zu sein, ist das Leben unmöglich.

Dass wir leben, verdanken wir dem "Ich liebe Dich! Ich will, dass Du bist!" Gottes.
Unser Leben ist ein Geschenk der und ein Geschenk aus Liebe. Denn Gott ist die Liebe.
Ohne seine Liebe zu uns, wären wir nicht, gäbe es uns nicht.


"Sein bedeutet Geliebtsein."
Wie sehr das stimmt hat einmal ein interessantes Experiment herausgestellt.
Neugeborene von Frauen, die im Gefängnis eine Haftstrafe abzusitzen hatten, wurden untersucht.
Ein Teil der Kinder blieb den Müttern im Gefängnis, unter den dort nicht gerade kinderfreundlichen Umständen.
Der andere Teil wurde von geschultem Personal in gut ausgestatteten Kinderheimen betreut.
Diejenigen Kinder nun, die bei ihren Müttern bleiben durften, waren weniger anfällig für körperliche und psychische Krankheit, als die anderen Kinder.

Die wirkliche, aufrichtige Liebe einer Mutter, ist durch nichts und niemand zu ersetzen, auch nicht durch noch so ausgefeilte Kinderkrippen und Schulsysteme.

Und auch die Liebe der Eltern untereinander ist für das Kind unendlich wichtig. Ja, man kann den Eindruck gewinnen, dass es für die Kleinen wichtig ist, dass sie wissen Mama und Papa mögen mich. Aber noch wichtiger ist es für die Kinder zu sehen, zu spüren, zu erfahren: Mama und Papa haben sich lieb. Denn das Kind weiß intuitiv, dass ohne die Liebe der Eltern untereinander, die Zukunft der Familie auf dem Spiel steht. Und damit die eigene Zukunft.

Gerade auch deshalb hat die Politik die Pflicht, die Institution der Ehe zwischen Mann und Frau, und die Institution der Familie zu stärken und zu stützen, wo es nur geht. Ansonsten wird das ganze Gemeinwesen krank. Wir beginnen das in unserem Land ja nun deutlich zu spüren, wo die Jugendkriminalität steigt, jede dritte Ehe geschieden wird, und die Singlehaushalte in einigen Städten die Familienhaushalte übersteigen.

"...hätte aber die Liebe nicht..."
Was wären wir ohne die Liebe?
Ohne die Liebe Gottes wären wir gar nicht.
Ohne die Liebe der anderen würden wir innerlich verkümmern.
Geliebt zu sein gibt Vertrauen für die Zukunft, gibt Hoffnung auf Heil.

In dieser Eucharistiefeier wollen wir Gott Dank sagen, für all die Liebe, die wir in unserem Leben erfahren durften.
Und wir halten ihm unsere Sehnsucht hin, geliebt zu werden auch in Zukunft.

Wir versprechen ihm, die anderen zu lieben, ihnen so gut es geht in Wort und Tat zu sagen: "Ich liebe Dich. Ich will, dass Du bist. Gut, dass es Dich gibt."
Wir versprechen es ihm, weil wir spüren und erfahren:
Sein bedeutet Geliebtsein.

4. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben,

Sie kennen die Lesung von vielen Hochzeiten: "Die Liebe ist langmütig; die Liebe ist gütig, ..." Aus solch einer Liebe heraus tritt Jesus im Evangelium seinen Landsleuten gegenüber und hält ihnen den Spiegel vor: Erkennt euren Unglauben und eure Heilsbedürftigkeit! Den treuen Juden in seiner Heimatstadt macht er auf wenig diplomatische Art und Weise klar, dass keiner nur, weil er zum auserwählten Volk Israels gehört, schon einen Anspruch auf Gottes Zuneigung hat. Er macht es an zwei Beispielen aus der Geschichte deutlich: "Es gab viele Witwen zur Zeit des Propheten Elija" - aber nicht den Israeliten wird geholfen, sondern einer Witwe bei den Heiden, weil sie sich ihrer Hilfsbedürftigkeit Gott gegenüber bewusst ist. "Und viele Aussätzige gab es in Israel zur Zeit des Propheten Elischa. Aber keiner von ihnen wurde geheilt, nur der Syrer Naaman." Er wusste um seine Heilsbedürftigkeit. So auch jetzt die Bewohner Nazareths: sie werden nicht deshalb schon mit Wundern überschüttet, weil Nazareth die Heimatstadt Jesu ist. Vielmehr geht es bei dem Anspruch Jesu um etwas ganz anderes als Wohnort oder Abstammung.

Jesus hat in der Synagoge verkündet - wir haben es am letzten Sonntag gehört -: "Ich bin gekommen, damit ich den Armen eine gute Nachrichte bringe, den Gefangenen Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht". Und die Nazarener haben ihm zugejubelt, - so hörten wir es ja auch gerade am Anfang des Evangeliums noch - zugejubelt, ohne zu verstehen, dass sie selbst mit den Armen, den Gefangenen und den Blinden gemeint sind. Sie müssen erkennen, dass sie heilsbedürftig sind! Jesu zeitlose Botschaft fordert auch heute jeden auf, in sich selber nachzuspüren, wo eigentlich die Wurzeln der Lieblosigkeit zu finden sind. Egal, welche Abstammung, welche Rasse oder welchen sozialen Status jemand hat, notwendig, unverzichtbar ist das Eingeständnis: "Ja Herr, ich bin arm, arm im Geiste. Du kannst mich reich machen." - "Ja Herr, ich bin gefangen. Gefangen in meiner eigenen Selbstsucht, meiner Faulheit, meiner Schuld und in den Verstrickungen dieser Welt. Du kannst mich frei machen." - "Ja Herr, ich bin blind - blind für die Liebe Gottes, wie sie in der 1. Lesung beschrieben worden ist, blind für meine eigenen Begabungen und Schwächen. Du Herr, kannst mich sehend machen." - Wer meint, dieses Eingeständnis nicht nötig zu haben - "Was soll ich mich erlösen lassen, mir geht's doch gut?" - der lehnt Jesus und seine Erlösung ab.
So erging es den Nazarenern damals: sie wollten nicht erkennen, dass sie die Erlösung bedürfen. Und ähnlich ergeht es auch uns heute. Viele berufen sich auf den Taufschein, auf die Zugehörigkeit zum Volke Gottes und wiegen sich in erlöster Sicherheit. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass wir dieser Liebe Christi bedürfen - und zwar tagtäglich aufs Neue. Konnten sie vorhin zu Beginn der Messe aus ganzem Herzen sagen, dass sie gesündigt haben in "Gedanken, Worten und Werken"? Und wenn wir dann dreimal wiederholen: "Durch meine Schuld, durch meine Schuld, durch meine große Schuld" - gestehen wir uns ein, dass wir Fehler haben? Wir haben einen liebenden Gott - aber brauchen wir die verzeihende Liebe noch, wenn wir uns doch einreden, ohne Sünde zu sein?

Oder wenn wir nachher vor der Kommunion beten: "Herr, ich bin nicht würdig, dass Du eingehst unter mein Dach" - glauben wir das wirklich? Halten wir uns tatsächlich für "nicht würdig"? Oder ist das mehr oder weniger leeres Gerede?

Die Nazarener sind nicht schon deswegen Kinder Gottes, weil sie die Nachbarn Jesu gewesen sind. Sondern geheilt werden kann nur der, der erkennt, dass er krank ist - das sagt uns jeder Mediziner.
Es gibt Menschen, für die hat beispielsweise der Gottesdienst lediglich einen Unterhaltungswert. Und da dieser auf Dauer gesehen doch eher dürftig ist, bleiben sie schließlich Zuhause. Wer aber erkannt hat, dass er bedürftig ist, erlösungsbedürftig, ja, im eigentlichen Sinne des Wortes "hilfsbedürftig", für den geht es im Gottesdienst um mehr als nur um gute Unterhaltung. Er sehnt sich nach Erlösung, nach Hilfe und nach Stärkung. Für einen solchen Menschen geschieht Wesentliches in der Messfeier.

Jemand, der sich selbst eingesteht, dass er auf andere angewiesen ist, mag sich in unserer Gesellschaft eine peinliche Blöße geben. Jemand, der von sich behauptet, dass er auf Gott angewiesen ist, macht sich vielleicht sogar lächerlich. Und - noch schlimmer - wenn einer sogar behauptet, dass er der Hilfe der Kirche bedarf, der Gemeinschaft derer, die glauben, ist er für viele nur noch bedauernswert: Ein armer Tropf.

Selig, die so arm sind. Denn ihrer ist das Himmelreich. Amen.

5. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben,

Heute wird provoziert! Keine Bange - nicht schon wieder von mir bzgl. dem Sonntagsgebot, und auch nicht die Kirche ist hier gemeint, bzgl. der Unauflöslichkeit der Ehe oder dem Schutz des ungeborenen Lebens. Dieses Mal ist es Jesus, bzw. der Prophet Jeremias in der 1. Lesung. "Erschrick nicht vor ihnen" wird ihm gesagt. Es geht um seinen Mut, um das Ärgernis, welches seine Predigt hervorrufen wird. "Erschrick nicht" angesichts der Härte des Widerstands, welcher dir entgegen schlagen wird, welchen du aushalten musst. Er muss Gottes Widerspruch den Menschen gegenüber stellen. Und dabei wird er selbst zu einer eisernen Säule, zur ehernen Mauer, einer Mauer aus Erz. "Mögen sie dich bekämpfen, sie werden dich nicht bezwingen; denn ich bin mit dir." Dennoch kostet Jeremias dieser Auftrag Gottes viel. Sehr schön übrigens beschrieben im Roman von Franz Werfel: "Jeremias. Höret die Stimme".

Jesus im Evangelium übernimmt die Haltung des Propheten: er beginnt damit, seine Zuhörer offen zu provozieren. Dass er die Erfüllung aller Weissagung ist, hat er ihnen gesagt. Gegen jede Lobhudelei über sein "begnadetes Reden" setzt er sogleich die Aussage, dass ein Prophet in seiner Heimat nicht gehört wird. Er erwähnt das Beispiel von Elija und der Witwe, von Elischa und dem aussätzigen Syrer Náaman. Er provoziert damit, so dass sie in Wut geraten. Hätte er nicht besser damit anfangen können, ihnen Dinge zu sagen, die sie vertragen und schlucken können. Ist er nicht selber Schuld, dass sie ihn aus der Stadt schleifen und umbringen wollen?
Aber auch später wird christliche Predigt die Technik Jesu nachahmen: Petrus sagt in seiner Tempelpredigt den Juden: "Ihr habt den Heiligen verleugnet, den Urheber des Lebens getötet" Diplomatisches Leisetreten sieht anders aus. Paulus mag den Weisen von Athen heidnische Dichter zitieren, er muss letztlich doch von Jesus, der Auferstehung der Toten und vom Gericht sprechen. Und wie gesagt: son manche Lehraussage der Kirche oder Predigt von mir provoziert ähnlich.

Zwischen diesen beiden Texten heute steht als 2. Lesung das Hohelied von der Liebe, dem "Weg, der alles übersteigt", dem einzigen, der zum Ziel führt. Alles andere, auch unser tiefstes Erkennnen, auch unsere heroischste Tat: "meine ganze Habe verschenken, meinen Leib dem Feuer übergeben" reicht nicht aus. Dass Gott durch die Propheten, durch Christus und durch die Kirche heute die Menschen provoziert ist einzig ein Werk seiner Liebe. Und jede Provokation heute muss aus Liebe geschehen, muss in Liebe geschehen, sonst ist sie kein Bote Gottes und redet stattdessen nur aus sich selbst heraus. Jeder, der ohne diese Liebe provoziert, redet nur aus Verachtung gegenüber den Mitmenschen, ihrer Fehler, ihrer Wohlstandskultur, ihrem Missbrauch der Macht in Politik und Gesellschaft. Solche Motive erreichen nicht das Niveau der christlichen Predigt. Die Liebe "ereifert sich nicht, sie lässt sich nicht zum Zorn reizen, sie freut sich nicht über das Unrecht." Im härtesten Wort, welches wir im Namen Gottes an unsere Familie, unseren Schwestern und Brüdern im Glauben zu sagen haben, muss eben diesen die in uns wirksame Liebe spürbar sein. Wenn ich ohne Liebe kritisiere nützte es mir nichts!

Amen.

6. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder, da hat Jesus sich - in Nazareth - wohl ganz schön in die Nesseln gesetzt: Den treuen Juden in seiner Heimatstadt macht er auf wenig diplomatische Art und Weise klar, dass keiner nur, weil er zum auserwählten Volk Israels gehört, schon einen Anspruch auf Gottes Zuneigung hat. Auch die Bewohner Nazareths werden nicht deshalb schon mit Wundern überschüttet, weil Nazareth die Heimatstadt Jesu ist.

Nein, offensichtlich geht es Jesus um etwas ganz anderes als Wohnort oder Abstammung.

Jesus hat in der Synagoge verkündet (wir haben am letzten Sonntag gehört):
«Ich bin gekommen, damit ich den Armen eine gute Nachrichte bringe, den Gefangenen Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht». Und die Nazarener haben ihm zugejubelt, ohne zu verstehen, dass sie selbst mit den Armen, den Gefangenen und den Blinden gemeint sind.

Es ist das Besondere an der Botschaft Jesu, dass sie prinzipiell allen Menschen offen steht, egal, welche Abstammung, welche Rasse oder welchen sozialen Status jemand hat. Aber notwendig, unverzichtbar ist das Eingeständnis:
«Ja Herr, ich bin arm, arm im Gefühl und im Geiste. Du kannst mich reich machen.»
«Ja Herr, ich bin gefangen. Gefangen in meiner eigenen Selbstsucht, meiner Faulheit, meiner Schuld und in den Verstrickungen dieser Welt. Du kannst mich frei machen.»
«Ja Herr, ich bin blind. Blind für die Menschen um mich, blind für deine Liebe, blind für meine eigenen Begabungen und Fehler. Du kannst mich sehend machen.»

Wer meint, dieses Eingeständnis nicht nötig zu haben, der lehnt Jesus und seine Erlösung ab. Was soll ich mich erlösen lassen, wenn's mir in allem nur gut geht? Wenn ich einfach nur gut bin?

In der Lesung war die Rede von der Liebe - das Hohelied der Liebe aus dem Korintherbrief. Und wahrscheinlich habe viele von Ihnen genickt und gesagt: Ja, genau, das ist Liebe. Die Frage, die sich mir aber stellt, ist: Habe Ich diese Liebe? Und damit ist nicht nur die gute Absicht gemeint, sondern auch die Form: Ich kann es mit meinem Mann, meiner Frau oder meinen Kindern gut meinen - aber wie äußert sich diese Liebe?

Machen wir einen Versuch: Können Sie ohne schlechtes Gewissen die Lesung auf sich beziehen:

«Ich bin langmütig, ich bin gütig. Ich ereifere mich nicht, ich prahle nicht, ich blähe mich nicht auf. Ich handle nicht ungehörig, suche nicht meinen Vorteil. Ich lasse mich nicht zum Zorn reizen, ich trage das Böse nicht nach. Ich freue mich nicht über das Unrecht, sondern freue mich an der Wahrheit. Ich ertrage alles, glaube alles, hoffe alles, halte allem stand...»

Könne Sie das wirklich von sich sagen? Wenn ja - dann brauchen Sie keinen Gott und keinen Erlöser. Dann sind Sie bei den Bewohnern Nazareths in bester Gesellschaft.
Falls sich bei Ihnen aber bei der einen oder anderen Stelle doch das schlechte Gewissen regt - ja, dann sind Sie hier richtig. Gott weiß um unsere Schwäche; und solange wir selbst ebenfalls darum wissen, ist der erste Schritt getan.

Der nächste Schritt ist: Um Verzeihung bitten. Gott - und denen, denen wir die Liebe schuldig geblieben sind. Um Verzeihung - und um Hilfe. Wir alle brauchen Gottes Hilfe - und die Hilfe anderer Menschen.

Wenn Sie dazu bereit sind, dann sind Sie den Nazarenern einen Schritt voraus. Einen Schritt in Richtung Frieden - Erlösung - Gott.

Amen.

Fürbitten