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KARL-LEISNER-JUGEND |
von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2007)
Liebe Gemeinde!
Die Schriftlesungen des heutigen Sonntags empfehlen eine Tugend, die heute nur selten genannt wird und für viele sogar negativ besetzt ist: die Demut. Viele verstehen unter Demut oft nur ihr Zerrbild: sie haben einen schwachen, mit Minderwertigkeitskomple-xen beladenen Typ vor Augen oder einen schmierigen Kriechertyp, deren falsche Be-scheidenheit vorwiegend dazu dient, ihrer eigenen Verantwortung aus dem Weg zu gehen. In Wahrheit geht es jedoch um das Ideal des Menschen, der sich selbst recht ein-zuschätzen weiß und sich nichts auf seine Charaktereigenschaften, Titel und Erfolge ein-bildet.
Der hl. Pfarrer von Ars hat gesagt: Die Demut ist das Fundament aller anderen Tugen-den. Wenn sie uns fehlt, nützen uns alle anderen Tugenden nichts.
Das klingt übertrieben. Wir können es aber nachvollziehen, wenn wir uns das entge-gengesetzte Laster vergegenwärtigen, den Hochmut oder Eigendünkel. Unsre Sprache hat dafür noch weitere Ausdrücke: Überheblichkeit, Arroganz, Hybris, Eitelkeit und Aufgeblasenheit. Es gilt zwar erstens: Kein Fehler macht einen anderen so unbeliebt wie der Hochmut. Aber andererseits gibt es auch keinen Fehler, den wir so schwer bei uns selbst bemerken. Je hochmütiger wir selber sind, um so weniger fällt es uns auf, aber um so mehr verdammen wir den Hochmut bei anderen. Je mehr ich selbst im Mittelpunkt stehen will, um so mehr ärgert es mich, wenn ein anderer sich in den Mittelpunkt stellt. Je mehr ich mich in meiner eigenen Überlegenheit über andere sonne, um so mehr trifft es mich, wenn ein anderer seine Überlegenheit über mich herausstellt, mich von oben herab behandelt oder mich zurücksetzt.
Der Hochmut lebt wesensmäßig von der Konkurrenz, vom Vergleich mit anderen; er ist das Vergnügen, anderen überlegen zu sein. Er verlangt nach Wettbewerb und kennt darum keine Grenzen. Der Hochmut macht die Menschen untereinander zu Feinden, ja, er ist die Feindschaft schlechthin. Er ist der Hauptgrund für alles Elend in jedem Volk und jeder Familie. Er ist ein geistiger Krebs, der den letzten Rest von Liebe, von Zufrie-denheit und sogar von gesundem Menschenverstand zerstört. Dies sehen wir heute z.B. an einer Unterart des Hochmuts, der Eitelkeit und dem Körperkult. Studien der letzten vierzig Jahre belegen, dass die Zufriedenheit der Menschen mit ihrem eigenen Aussehen dramatisch gesunken ist, gerade weil für die Selbstverschönerung ein immer höherer Aufwand betrieben wurde. Je mehr man investiert, um so größer sind die Chancen, un-zufrieden zu sein.
Wo der Hochmut die Herzen der Menschen bestimmt, da herrscht eine Hackordnung, die keine Rücksicht kennt. Jeder benutzt den anderen als Mittel zur eigenen Selbststei-gerung, als Trittbrett um höherzukommen. Die anderen werden klein gemacht, damit man selbst als der Größere dasteht. Das gibt es schon bei Kindern, in Jugendgruppen, nicht selten auch in Ehen und Familien. Ins Maßlose gesteigert, ist der Hochmut das Strukturprinzip der Hölle.
Wir dürfen nicht verkennen, dass auch wir selbst infiziert sind von Hochmut und Selbst-herrlichkeit. Wir haben im Herzen böse Antriebe. Aber wir können auch auf gute Erfah-rungen zurückblicken: Wenn wir z.B. ganz selbstvergessen beim anderen waren und die Sorge um unser eigenes Ich gar keine Rolle spielte ging es uns da nicht besser als bei anderen Gelegenheiten, wo wir uns fast zwanghaft mit anderen vergleichen mussten und ständig das Gefühl hatten, zu kurz zu kommen? Haben wir es nicht schon wieder-holt erlebt, dass andere Menschen uns gerade dann sympathisch fanden, wenn wir uns bescheiden zurückgehalten haben, anstatt unsere Person in den Vordergrund zu schie-ben? Zeigt uns also nicht die Selbstbeobachtung, dass der Hochmut in der Tat Unzufrie-denheit und Unfrieden erzeugt?
Jesus sagt prägnant: Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden, und wer sich selbst er-niedrigt, wird erhöht werden. Damit will er keine rein menschliche Klugheitsregel aufstel-len, in dem Sinne, wie Friedrich Nietzsche das Wort verdreht hat: Wer sich selbst er-niedrigt, will erhöht werden. Vielmehr meint er den ewigen Ausgleich durch den gött-lichen Richter, wie es im Spruch heißt: Gott tritt den Stolzen entgegen, den Demütigen aber schenkt er seine Gnade. (Jak 4,6; 1 Petr 5,5) Doch das ewige Gericht zeichnet sich schon in diesem Leben ab: die Hochmütigen sind unbeliebt und voller Verbitterung, und allein die wahrhaft demütigen Menschen haben nicht nur viele Freunde, sondern auch ein frohes Herz wie Maria, die von sich sagt: Meine Seele preist die Größe des Herrn, denn auf die Demut seiner Magd hat er geschaut. (Lk 1,46.48)
Liebe Schwestern und Brüder, sicher erinnern sie sich noch an Pater Nicholas, der hier in der Samstagsabendmesse zu Beginn die Gäste - also die Gottesdienstbesucher - von den letzten Plätzen nach vorne geholt hat. Jesus hat es vorgemacht: "Mein Freund, rück weiter hinauf!"
Aber vermutlich habe Sie sich gar nicht so geehrt gefühlt wie das in dem Gleichnis gemeint ist. Denn einem Sprichwort zufolge sind "die besten Plätze in der Kirche, im Krieg und im Kino hinten".
Warum eigentlich?
Nun, wahrscheinlich auch aus praktischen Gründen. Wer ganz hinten sitzt, ist am Ende des Gottesdienstes schneller zuhause, bei Familie und Kindern oder bei Theissen. Wer ganz hinten sitzt, fühlt sich nicht so beobachtet. Wer ganz hinten sitzt, der kann eher seiner eigenen Frömmigkeit nachgehen und ist nicht so dem direkten Blick des Priesters ausgeliefert.
Alles gute Gründe - und von mir aus dürfen Sie auch gerne - erst einmal - hinten sitzen bleiben.
Aber es gibt auch etwas anderes zu bedenken.
In einer Zeit, in der das ganze Dorf zur Kirche ging, an den Wallfahrten teilnahm, den Anbetungsstunden oder Prozessionen, war es sicher ein Zeichen von Bescheidenheit, sich nicht in den Vordergrund zu drängen. Demut und Einfachheit sind dann gefragt, wenn wir alle den gleichen Weg gehen.
In einer Zeit aber, in der es nicht mehr selbstverständlich ist, einen bestimmten Weg auch konsequent zu gehen, ist vielleicht der Mut inzwischen wichtiger. Der Mut, einfach mal mit gutem Beispiel voranzugehen. Der Mut, der erste zu sein, der sich in eine Liest einträgt. Der Mut, vielleicht der einzige zu sein, der sich für eine Anbetungsstunde einträgt. Der Mut, einer von wenigen zu sein, die zu einem Gottesdienst kommen.
Früher, als alle kamen, war dazu keine Überwindung nötig. Da war die Bescheidenheit, die Demut wivhtiger. Heute schauen viele auf uns - das mag uns peinlich sein, wenn wir bei der Fronleichnamsprozession an Häusern vorbeigehen, in denen die Menschen hinter den Gardinen hervorschauen und uns belächeln. Was gefragt ist, ist die Bereitschaft, zurückzulächeln. Den eigenen Weg mit einer größeren Selbstverständlichkeit zu gehen und sich nicht zu schämen, nicht zu fratgen, was andere denken oder ob sie uns für frömmer halten.
Es wäre ja schon viel geholfen, wenn sie uns überhaupt nur ein wenig für fromm - für gläubig - für gottesfürchtig halten. Geben wir den Menschen Anlass dazu!
Und nicht nur denen, die wir für "ungläubig" halten. Auch denen, die mit uns zum Gottesdienst gehen, mit uns auf Wallfahrt und mit uns zu Anbetung. Wir alle brauchen das gegenseitige Zeugnis des Glaubens: "Du bist nicht allein, ich bin auch dabei. Ich stehe dazu!"
Glauben Sie mir, liebe Schwestern und Brüder: Die größere Demut hat heute der, der mehr Mut zeigt. Amen.
Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!
Am letzten Mittwoch war es soweit: unsere Kinder aus dem Ferienlager waren im Fernsehen! "Hallo Niedersachsen" war zu Gast beim Platzwart des Holdorfer Ferienlagers und hat dort den Abbau des Lagers gefilmt. Der Platzwart, so ein richtiger gemütlicher Friese, unterhält den Pfadfinderplatz seit vielen Jahren und freut sich daran, wesentlich dazu beitragen zu können, Kindern und Jugendlichen eine gute Ferienzeit zu ermöglichen; so nach dem Motto von Robert Baden-Powell, dem Gründer der Pfadfinderbewegung: "Jeden Tag eine gute Tat".
Im heutigen Sonntagsevangelium klingt es ganz ähnlich: "Wenn du ein Essen gibst, dann lade Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein. Du wirst selig sein, denn sie können es Dir nicht vergelten." Den Anderen Gutes tun, gerade dann, wenn man keinen Lohn dafür erwarten kann.
Anlässlich der Taufe besuche ich immer die jungen Familien zu Hause und spreche es dann auch an, wenn die Paare noch nicht kirchlich verheiratet sind. Immer wieder stellt sich dabei heraus, dass die Einstellung der Eltern zu Gott gar nicht das Hindernis ist, sondern das Fest soll groß gefeiert werden und man möchte alle die einladen, bei denen man selber auch schon eingeladen war, die eine Gegeneinladung erwarten. Da kommen dann so einige Freunde, Nachbarn, Verwandte, Kegelbrüder, Sportsbrüder, Arbeitskollegen, ... zusammen, so dass durch das fehlende Geld für solch eine große Feier dieselbige wohl auf den "Sankt Nimmerleinstag" verschoben wird. Jesus: "Wenn Du ein Essen gibst, so lade nicht deine Freunde oder deine Brüder, deine Verwandten oder reiche Nachbarn ein; sonst laden auch sie dich ein, und damit ist dir wieder alles vergolten."
Jesus rät dazu einzuladen, um den anderen zu beschenken, sich daran freuen, dass der andere einen schönen Abend hat, sich satt essen kann. Den anderen eine Freude bereiten, weil man selber so voller Freude ist, weil man geheiratet hat, den Partner fürs Leben gefunden hat oder weil man sich freut, 50 gemeinsame Jahre gelebt zu haben, oder 70 Jahre auf Erden ist und immer noch morgens aus dem Bett kommt. Man ist von Gott reich beschenkt worden und möchte diese Freude weitergeben. Gott hat uns beschenkt, ohne dass wir es ihm auch nur annähernd zurückgeben könnten und so selbstlos sollen auch wir schenken.
Wenn man es einmal probiert hat, merkt man wie schön es ist
Liebe Schwestern und Brüder, «Wenn Du ein Essen gibst, dann
lade Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein.»
Damit ist unser Verhalten gemeint - nicht nur in den eigenen Kreisen zu
verkehren, sondern sich zu öffnen.
Aber haben Sie es schon einmal aus dem Blickwinkel Jesu gesehen, der es uns vormacht? Der uns eingeladen hat, weil wir eben die Armen, Krüppel, Lahme und Blinde sind?
Und die Aussage: «Du wirst selig sein, denn sie können es Dir nicht vergelten» heißt dann soviel wie: Gut machen, uns Gott gegenüber revanchieren, das geht nicht.
Das mag viele ärgern. Sie möchten Gott gegenüber gerne alle Rechnungen bezahlen und frei von seinen Ansprüchen sein.
Aber das ist der Tod einer jeden Liebe - ob im menschlichen Bereich oder Gott gegenüber: Liebe kann man niemals vergelten.
Und darum geht es: Die Liebe. Im eucharistischen Mahl lädt er uns ein, um uns zu bedienen. Er dient uns in göttlicher Demut, nämlich so, dass wir es kaum bemerken, es nicht sehen. Aber der Glaube sagt uns: Es ist der Herr.
Demut ist etwas herrliches, für den, der es schon einmal ausprobiert hat. Sich das Gute nicht anzurechnen, dass man getan hat, sondern alles auf Gott zurückzuführen, ist befreiend. Ganz im Augenblick zu leben, nichts zu tun, um Punkte zu sammeln; auf Gottes Fügung zu vertrauen. Nicht in der Vergangenheit zu wühlen - was war gut, was war schlecht. Vielmehr in dem Bewusstsein den neuen Augenblick anzugehen, dass ich aus mir heraus sowieso nichts leiste, sondern wenn, dann immer nur Gott durch mich.
Demut, Bescheidenheit ist keine Selbstversklavung, sondern Befreiung. Wer auf sich selbst vertraut und sich seine eigenen Leistungen aufrechnet, der muss auch seine Schuld aufrechnen und sich selbst zuschreiben. Für alles bin ich dann verantwortlich und haftbar. Und ein gutes Ergebnis setzt mich unter Erfolgsdruck. Nicht nachlassen, jeder Stillstand ist Rückschritt. «Früher war ich ruhiger, lebendiger, zielstrebiger, energievoller.» Jetzt nicht mehr, o Gott, ich beginne zu Versagen.
Ein Mensch aber, der sich selbst sowieso nichts anrechnet, kann auch nichts verlieren.
Gut - wir brauchen unsere Streicheleinheiten, wir brauchen Zuwendung und Lob. Und wenn es uns versagt wird, dann müssen wir uns manchmal selbst sagen, dass wir etwas gut gemacht haben.
Ein von Gott geliebtes Kind hat das aber nicht nötig. Wer ernst macht mit dem Bewusstsein, dass Gott mich liebt, immer, mit tiefer Sehnsucht mich liebt - der braucht keine selbstgemachten Streicheleinheiten, keine erarbeiteten Zuwendungen und provoziertes Lob.
Demut heißt eben nicht Depression und mangelndes Selbstbewusstsein. Demut heißt, alle Lebensfreude nicht aus meinem Tun, sondern aus der Nähe Gottes zu schöpfen. Und alles Selbstbewusstsein aus der Tatsache, dass ich ein geliebtes Kind Gottes bin - und nicht aus meinen eigenen, oft zweifelhaften Leistungen.
Demut ist etwas herrliches, für den, der es einmal ausprobiert und sich darin übt. Demut ist aber auch etwas herrliches für den, der einem solchen Menschen begegnet. Denken Sie nur daran, wie heute oft Gespräche ablaufen: Ich - Ich - Und ich...
Wer seine Lebensfreude aus der Begegnung mit Gott in dieser Messe erhält, der gewinnt eine Demut, die uns sicherer und fröhlicher macht, als jede andere falsche Bescheidenheit. Amen.