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Predigtvorschläge - 24. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C)
1. Predigtvorschlag

von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2007)

Liebe Schwestern und Brüder,

Neben zwei anderen Gleichnissen hören wir heute im Evangelium die Erzählung vom verlorenen Sohn oder dem barmherzigen Vater.
Wir kennen dieses Gleichnis. Es ist uns seit Kindestagen vertraut. Oft haben wir es gehört.

Es gibt eine Unmenge an Schriften, Meditationen und Erklärungen dazu. Häufig wurden Szenen aus diesem Gleichnis auch gemalt. Ein ganz besonders bekannte Beispiel stammt von Rembrandt, das die Rückkehr des Sohnes in die Arme des Vaters auf ergreifende Weise illustriert.

Wir wollen gleich das Evangelium in seiner ganzen Länge hören.
Anschließend möchte ich nur wenige Deutungen geben.
Das Wichtigste wird sein, dass wir alle dieses Gleichnis auf uns und in uns wirken lassen. Es wir uns im Inneren anrühren, so wie es schon viele Menschen bewegt hat.

Während des Evangeliums können Sie sitzen bleiben

Das Gleichnis vom verlorenen Sohn zeigt,
wer wir sind,
was die Sünde ist,
wer Gott für uns ist.

Im verlorenen Sohn sehen wir uns, uns und unsere Freiheit.
Aus freiem Willen lässt sich der Sohn seinen Erbteil auszahlen.
Aus freiem Willen verlässt er das Haus des Vaters.
Aus freiem Willen verschleudert er sein Geld.

Aber es gilt auch:
Aus freiem Willen kehrt der Sohn zurück, kehrt er um.

Wir können uns entscheiden: dafür oder dagegen.
Wir unterliegen zwar manchen Zwängen, aber wir sind keine Marionetten. Weil wir frei sind, uns zu entscheiden, tragen wir Verantwortung für unser Leben, für das Gute und das Böse, das wir tun.

Um unseren Willen in die richtige Richtung zu lenken, müssen wir immer wieder das tun, was auch der verlorene Sohn getan hat: Innehalten, in sich gehen, an den Vater denken.
Freilich sollte eine solche Gewissenserforschung nicht nur dann geschehen, wenn wir schon am Boden zerstört sind, sozusagen am Schweinetrog. Nein, wir sollten jeden Tag uns ein paar Minuten dafür nehmen. Z. B. vor dem Schlafengehen oder in der Mittagspause.

Am Tiefpunkt angelangt erkennt der Sohn seinen Fehler:
Er hat die Geborgenheit, Sicherheit und Liebe bei seinem Vater aufgegeben. Er hat nur noch sich selbst, seine Begierden, seine Lust, sich zu zerstreuen, gesehen.
Er wollte, dass es niemand über ihn gibt, er wollte sich selbst genügen.
Zu meinen "Ich reiche mir. Ich habe niemanden nötig. Ich weiß allein am besten, was gut ist." – das zu meinen, heißt mit anderen Worten, sein zu wollen wie Gott.
Nur er genügt sich selbst. Nur er hat niemanden nötig. Nur er weiß, was gut, was böse ist.
Das aber nicht anerkennen zu wollen, heißt sich selber zu einer Art Gott zu erheben: Das ist die Sünde.
Die Sünde trennt uns vom Vater. Die Sünde drückt uns an den Boden, weil wir uns überfordern:
Wir sind nur Menschen, wir sind keine Götter!

Der Sohn hat sich vom Vater getrennt. Aber der Vater hat sich nie von seinem Sohn losgesagt.
Als der Sohn reumütig zurückkehrt, wird er vom Vater freudig aufgenommen. Ja, er gibt ihm alles zurück. Dem neidischen Bruder macht der Vater deutlich: Was wir feiern ist sozusagen eine Wiederauferstehungsfest. Dein Bruder war tot und nun lebt er wieder.

Durch unsere Sünden sagen auch wir uns mehr oder weniger von Gott los. Aber er bleibt unser barmherziger Vater. Wenn wir umkehren und bereuen, dann wird er uns vergeben, egal was geschehen war.

Ebenso herrscht auch bei den Engeln Gottes Freude über einen einzigen Sünder der umkehrt.
Auch wir werden dieses Auferstehungsfest miterleben. Wir können es miterleben in jeder Beichte. In diesem Sakrament werden wir, die wir uns von Gottvater getrennt haben, wieder aufs neue und noch stärker mit ihm vereint. Das Sakrament der Versöhnung ist daher das Sakrament der Freude. Freude darüber, dass die heilbringende Gemeinschaft zwischen mir und Gott wiederhergestellt ist.

Liebe Schwestern und Brüder,
das Gleichnis vom verlorenen Sohn bzw. vom barmherzigen Vater – es ist wohl eines der schönsten und tiefsten der Hl. Schrift. Lassen Sie seine befreiende Botschaft in Ihnen wirken. Vielleicht hilft dieses Gleichnis uns allen, dass wir unser Bemühen um eine gute Gewissenserforschung verstärken, dass wir das Sakrament der Buße, die Beichte neu entdecken und in Anspruch nehmen.

Dann wird schon heute im Himmel bei den Engeln Feststimmung sein. Und wir werden mit innerer Freude erfüllt werden.

2. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2007)

Liebe Gemeinde!

Ein beliebter und erfolgreicher Hochschullehrer, glücklich verheiratet mit zwei wohlgeratenen Kindern, fährt zu einem Klassentreffen und kehrt davon völlig verändert zurück: Seine ehemaligen Klassenkameraden haben ihm von ihren verschiedenen Karrieren und Erfolgen erzählt, und seitdem nagt der Neid an dem bis dahin glücklichen und zufriedenen Mann. Seine wohlgeordneten Verhältnisse kommen ihm plötzlich mittelmäßig und langweilig vor, sein Gehalt erschient ihm lächerlich im Vergleich zu dem seiner früheren Mitschüler, obwohl einige viel dümmer als er waren. „Warum haben die anderen, was ich nicht habe? – So viele Jahre schon strenge ich mich an und gönne mir kaum eine Pause – doch wie wenig wird das honoriert. Aber die trüben Tassen und Versager – die schöpfen überall den Rahm ab.“ Der Professor wird vom Neidgefühl so zerfressen, dass er zu einem Psychiater gehen muss.

„So viele Jahre schon diene ich dir, und nie habe ich gegen deinen Willen gehandelt; mir aber hast du nie auch nur einen Ziegenbock geschenkt, damit ich mit meinen Freunden ein Fest feiern konnte. Kaum aber ist der hier gekommen, dein Sohn, … da hast du für ihn das Mastkalb geschlachtet.“ (Lk 15,29f) Aus dem Lamento des älteren Sohnes im Gleichnis spricht der Neid, eine der sieben Wurzelsünden, eine Sünde, die ihre eigene Strafe im Gepäck hat, denn sie macht wie keine andere Sünde einsam und unzufrieden. Der ältere Sohn will am Fest nicht teilnehmen, der Professor kann sich seines Lebens nicht mehr freuen. „Der Neid frisst seinen eigenen Herrn.“ Er sticht, nagt und frisst, ist wie ein Wurm in uns und redet uns immer wieder ein, dass wir zu kurz kommen und benachteiligt werden. – Wie steht es mit Ihrer Lebensfreude?

Kain neidet Abel die Gunst Gottes, Geschwister belauern einander, ob der andere vielleicht mehr bekommt: mehr zu essen, mehr Aufmerksamkeit, mehr Zuwendung. Als meine kleinen Nichten in Kanada sprechen lernten, war ein Ausruf von Anfang an im Repertoire: „ Me too !“ – „Ich auch!“ Wenn ein Kind ein Spielzeug haben will, das einem anderen gehört – wie oft hört es dann: „Nein, damit will ich jetzt selbst spielen.“ Die Botschaft ist klar: Das sollst du nicht haben, du sollst nicht in den Genuss von dem kommen, was mir zusteht. Die Angst, selber zu kurz zu kommen, wandelt sich sogleich in Missgunst: Was ich nicht habe, soll der andere auch nicht haben.

Unsere moderne Konsumwelt setzt diesen Neid voraus und lebt von ihm. Permanent stimuliert die Werbung unsere Wünsche, damit wir inmitten des Überflusses das Gefühl haben, uns fehle etwas, wir hätten noch nicht, was uns glücklich machen kann.

Aber der Neid ist nicht harmlos. Den neidischen Menschen selbst verkrüppelt er und wühlt in ihm viele andere negative Gefühle auf: Traurigkeit und Missgunst. Der neidische Mensch sucht einen Ausgleich für das eigene Unglück und findet ihn in der Herbsetzung der beneideten Menschen: („der da, dein Sohn, der dein Vermögen mit Dirnen durchgebracht hat“) oder in der Schadenfreude, in Rache durch Intrigen oder Denunziation. Im Extremfall führt der Neid zu Ressentiment und Hass, wie wir am Beispiel Kains sehen können, aber auch z.B. Hitlers, der seinen mangelnden Erfolg mit tiefem Hass auf die beneideten Juden kompensierte und in vielen Deutschen und Österreichern auch willige Neidgenossen fand.

Wie gehen wir mit aufkommendem Neid um? Der Professor, den ich eingangs erwähnt habe, konnte seinen Neid überwinden, indem er mit Hilfe des Psychiaters aufhörte, ständig auf die Besitztümer der anderen zu schauen, und sich stattdessen bewusst machte, wie viel er selbst hatte und wie gut es ihm doch eigentlich ging. Er lernte, seinen eigenen Selbstwert wieder durch das zu definieren, was er Positives geleistet und erreicht hatte, und nicht durch den Vergleich mit anderen. Überhaupt ist das Sich-Vergleichen die Wurzel von Neidattacken. Man kann es auch übertreiben mit dem Vergleichen, vor allem dann, wenn die Maßstäbe, die man dabei setzt, unpassend sind. Wenn man das Vergleichen schon nicht lassen kann, dann sollte man sich auch gleichsam nach unten vergleichen: mit Menschen, denen es schlechter geht, und davon gibt es bekanntlich mehrere Milliarden.

Zweitens sollte man sich überlegen, was einen Menschen denn in Wahrheit zufrieden macht: Sind es denn wirklich Besitz, Geld, Freizeit und Status? Sind wir neidisch, weil wir unglücklich sind, oder unglücklich, weil wir neidisch sind? Macht nicht vielmehr das Bewusstsein glücklich, lieben zu können und selbst geliebt zu sein, vor allem von Gott, der spricht „Mein Kind, du bist immer bei mir, und alles, was mein ist, ist auch dein.“ – Ist es nicht Dummheit und schnöde Undankbarkeit, das zu vergessen?

Und drittens kann es auch helfen, sich einmal zu überlegen, was es den Menschen denn womöglich gekostet hat, um die Position zu erreichen, für die ich ihn beneide. Vielleicht hat er hart arbeiten müssen und auf Freizeit, Bequemlichkeit und Beliebtheit verzichtet – während ich selber all das zur Genüge hatte und weiterhin habe.

Der ältere Sohn im Gleichnis hat seinen Bruder wegen der Barmherzigkeit beneidet, die ihm der Vater geschenkt hat. Ob er aber bereit gewesen wäre, mit ihm zu tauschen und all die Demütigungen zu ertragen, die dieser erlebt hat? Ob er selbst wohl verloren, ja seelisch tot sein wollte? Und wenn nicht – wie kann er dann neidisch sein?

Vgl. Heiko Ernst: Wie uns der Teufel reitet. Von der Aktualität der 7 Todsünden. Berlin: Ullstein, 2006, 69f.

3. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2004)

Liebe Gemeinde!

Welches Motto sollen wir über das diesjährige Pfarrfest stellen? Soweit ich mich erinnere, hatte niemand im Pfarrgemeinderat einen Vorschlag, und so lassen wir die Liturgie dieses Sonntags entscheiden: Das Evangelium bietet uns reichlich Stoff zum Nachdenken und zur Vertiefung unseres christlichen Gemeindelebens. Es führt uns den womöglich wichtigsten Charakterzug Gottes vor Augen, seine unendliche Barmherzigkeit.

Da fällt mir schon etwas auf: Angenommen, wir hätten mit ein paar Leuten stundenlang nach einem Pfarrfest-Motto gesucht – ich bin sicher, der Name Gott wäre nicht darin vorgekommen. Vielleicht hätte irgendwas von Freude, Fest, Gemeinschaft usw. darin gestanden. Haben wir etwa - unbewußt - Angst davor, in der Öffentlichkeit von Gott zu reden? Ich weiß es nicht. Aber was mir einfällt, ist, daß erst die religiöse Dimension unserem Pfarrfest Sinn und Tiefgang verleiht. Von welcher Freude sollten wir sprechen, wenn nicht von der über Gottes Barmherzigkeit? Welche Gemeinschaft wollen wir feiern, wenn nicht die der Christen, d.h. der von Gott Berufenen und Erlösten? Und welches Motiv sollte uns bewegen, ALLE einzuladen, nicht nur die Freunde und Bekannten aus der Clique, die Angesehenen und die Betuchten, wenn nicht der Glaube, daß Gott seine Barmherzigkeit und Liebe ALLEN anbietet und uns auffordert, dasselbe zu tun?

Aber schauen wir uns die Botschaft des heutigen Gleichnisses etwas genauer an. Es ist freilich unerschöpflich und unergründlich, es können heute nur einige Gesichtspunkte aufleuchten. Im März habe ich das letzte Mal darüber gesprochen und u.a. herausgestellt, daß beide Söhne verloren sind, der daheimgebliebene Ältere nicht weniger als der Jüngere, denn er hat in seiner Selbstgerechtigkeit vergessen, was Liebe und Barmherzigkeit ist. Heute möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf den Vater lenken und auf sein Verhalten beiden Söhnen gegenüber, damit wir etwas lernen für unser eigenes Verhalten gegenüber den sog. verlorenen wie auch gegenüber den vertrotzten Menschen.

Der Vater wird von tiefem Mitleid bewegt. Dieses Gefühl ist keineswegs selbstverständlich, denn er wurde ja von seinem Sohn gekränkt und verletzt; hatte dieser ihm doch zu verstehen gegeben: „Ich mag dich nicht mehr, ich will nur dein Geld und dann weg von dir!“ Wir könnten uns auch ganz andere Reaktionen des Vaters vorstellen und finden sie im älteren Sohn gespiegelt, der dem undankbaren Bruder zürnt, ihn aus seinem Herzen verstößt und mit ihm nichts mehr zu tun haben will. Alle Tage kommt es vor, daß enttäuschte Liebe in Haß und Rachsucht umschlägt. „Geschieht ihm recht, diesem Nichtsnutz!“ – „Eigene Schuld!“ – „Der soll mir fortan gestohlen bleiben!“ Aber so denkt und empfindet der Vater nicht. Nicht einen Moment kommt ihm in den Sinn, über seine verletzte Liebe zu klagen und dem Schuldigen die gerechte Strafe zu wünschen, er sieht nur, in welche Verlorenheit sein nach wie vor geliebter Sohn hineinrennt, und er hofft inbrünstig, er werde doch zurückkommen. Darauf wartet er mit unerschöpflicher Geduld, unbeirrt von den Sprüchen seines anderen Sohnes und erst recht von dem Gerede seines Gesindes, das sicherlich kein gutes Haar am Abtrünnigen läßt. Er wartet, bis der Verlorene zurückkehrt, und geht ihm dann voll Freude entgegen, um ihn wieder aufzunehmen.

Die Liebe des Vaters nimmt hier die reine Gestalt der Barmherzigkeit an, die das Elend des Verirrten am eigenen Leib spürt, mitleidet und zuzudecken bemüht ist. Das beste Gewand muß her, ein Ring sowie neue Schuhe: das Gewand gibt die Ehre zurück, der Ring stellt die verlorene Würde wieder her, die Schuhe symbolisieren die wiedergewonnene Freiheit. Nicht die geringste Demütigung wird dem Zurückgekehrten zugemutet.

Die Liebe des Vaters zeigt sich aber noch in anderer Gestalt – dort nämlich, wo sie sich dem Älteren zuwendet, der seinen Bruder total abgeschrieben hat. Er ist ja im Unterschied zum anderen Sohn im Recht, er hat nichts Verwerfliches getan, was ihn in Schande und Elend gestürzt hätte. Aber trotz seiner Rechtschaffenheit ist er seinem Vater ganz und gar nicht ähnlich, denn er besitzt nichts von dessen Barmherzigkeit, kein Stück. Und so entfremdet er sich ausgerechnet in dem Moment von seinem Vater, in dem sein Bruder zuhause wieder heimisch wird. Das bereitet dem Vater ein neues Leid, denn nun trennt sich auch noch sein bisher zu Hause gebliebener Sohn von ihm und begibt sich in das Dunkel draußen vor dem Festsaal, weil er statt Freude nur Zorn und Eifersucht empfindet. Der Vater versucht es natürlich im Guten, geht hinaus und redet ihm gut zu: Er soll sein Herz doch für die Freude öffnen, den Bruder wieder annehmen und am Festmahl teilnehmen. Solange der Bruder noch ohne Bruder ist, solange empfindet der Vater Schmerz und bleibt die vollkommene Freude fern.

"Jetzt müssen wir uns doch freuen und ein Fest feiern!" Das sagt der Vater zu dem, der sich eben noch als der Unwürdigste fühlte, wie auch zu dem, der sich dem brüderlichen Mahl verweigert. Dieses Wort sollte uns heute daran erinnern, daß unser Pfarrfest von diesem Geist belebt sein müßte: vom Geist der Barmherzigkeit, der Geschwisterlichkeit und des Friedens. Es sollte heute keinen geben, der sich ausgeschlossen fühlt, und keinen, der aus Ärger über die Anwesenheit eines bestimmten anderen sich entf

4. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!

Hat Sie diese Woche jemand geärgert? Haben Sie sich aufgeregt über den Fehler oder die Bosheit eines Anderen? Freuen wir uns, dass wir diesen Menschen verzeihen können. Gott gibt uns dazu an diesem Sonntag das beste Beispiel. Die Barmherzigkeit Gottes bestimmt alle drei Lesungen: im Buch Exodus tanzt das Volk um das goldene Kalb und aufgrund einer Bitte des Mose "ließ sich der Herr das Böse reuen". Im Brief an Timotheus betont Paulus gleich zweimal, dass er vor Gott Erbarmen gefunden hat: (1) obwohl er ihn früher verfolgte, habe er ihn in den Dienst genommen und (2) Christus sei in die Welt gekommen, um die Sünder zu retten, wobei er - Paulus - der erste Sünder gewesen sei. Und auch in den Beispielen, die Jesus im Evangelium erzählt, wird deutlich, wie weit Gott Vater uns entgegen kommt: er sucht das eine Schaf - auch wenn er übertriebenermaßen die 99 dafür im Stich lässt. Er sucht die eine Drachme und feiert anschließend ein Fest, welches viel mehr kostet, als die Drachme wert ist. Gott sucht uns, auch wenn wir meinen, dass wir dessen nicht wert sind wie die Drachme, wenn wir es nicht verdient haben wie die tanzenden Israeliten, wenn unsere Sünden so groß sind, wie die Christenverfolgungen des Paulus.

Gott sucht uns, das wird auch wunderbar deutlich an dem Beispiel des verlorenen Sohnes oder besser barmherzigen Vaters, wunderbar dargestellt auf dem Gemälde von Rembrand - (ich habe es auf der Titelseite der Pfarrnachrichten abdrucken lassen - ausnahmsweise ist es dieses Mal gewünscht, wenn Sie sich diese während der Predigt zur Hand nehmen) - der Vater strahlt eine grenzenlose Güte aus. Die Sehnsucht nach dem Sohn ist ihm förmlich anzusehen, die umstehenden verstehen die Barmherzigkeit nicht - sind distanziert, erst recht der Bruder des Verlorenen - er ist nur im Halbdunkel im Hintergrund zu sehen, er kann diese Barmherzigkeit nicht teilen. Im Evangelium haben wir gehört, wie der Vater auch auf ihn zugeht - auf den Gerechten, der immer bei Gott geblieben ist. Der Vater gewinnt auch ihn für die Barmherzigkeit - lässt ihn teilhaben an seiner Freude.

Gott schenkt uns seine Barmherzigkeit - und wir? Können wir diese Liebe annehmen, wie der Sohn? Können wir auf Gott zugehen und zugeben, dass wir was falsch gemacht haben, oder tanzen wir lieber weiter um das Goldene Kalb? Können wir dem Anderen vergeben, wie der Vater es mit uns gemacht hat. Gott hat uns all unsere Sünden vergeben, können wir den Geschwistern, den Eltern, Kindern deren eine große Sünde vergeben? Oder stehen wir wie der Sohn im Hintergrund und verstehen nicht, wie Gott auch den größten Ehebrechern verzeihen kann und fühlen uns um unsere Verdienste und unserer Frömmigkeit betrogen?

Gott ist barmherzig - über jede Gerechtigkeit hinaus - folgen wir ihm nach - dann können auch wir diese tiefe Freude empfinden, die der Vater in dieser Geschichte erfährt - sein Sohn lebt wieder - etwas schöneres kann es für den Vater nicht geben. Wenn wir dem anderen deren Schuld verzeihen machen wir unser Herz frei. Gott freut sich wie die Frau über die verlorene Drachme, wir können uns freuen wie der Hirte, wenn das Schaf wieder da ist, auch wenn wir nicht Schuld daran sind, dass es sich verlaufen hat. Freuen wir uns, dass wir dem Anderen verzeihen können.

5. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

"Was nix kostet, ist auch nix" - ein Grundsatz, der sich vor allem in der Erziehung bewährt, der aber auch unseren Alltag prägt: Wenn sie sich einen Pullover kaufen - oder eine Jacke oder etwas ähnliches - dann sind sie davon überzeugt, dass die Qualität vom Preis abhängt - je teurer, desto besser. Und Was nix kostet, ist auch nix.

Dieser Grundsatz könnte auch die Überschrift über das heutige Evangelium sein. Der Wert, den das eine Schaf für den Hirten hat - oder die eine Drachme - steigt, weil er sich dafür verausgabt habe. Weil es etwas gekostet hat, das Verlorene wieder zu finden.
Das eine Schaf mag überhaupt nicht besser sein als die 99 anderen; wahrscheinlich ist es sogar etwas dümmer oder störrischer, sonst wäre es ja nicht verloren gegangen. Aber weil ich mich für dieses eine Schaf einsetze, wird es mir wertvoll.

Liebe Schwestern und Brüder, auch wir sind Gott wertvoll, nicht, weil wir so pflegeleicht wären, sondern weil wir ihm etwas kosten - das Leben seines Sohnes. Das gibt er für uns hin, weil wir als Menschen insgesamt Gott aus den Augen verloren haben. Weil wir uns verirrt haben. Und - weil ich das heute noch genauso immer wieder tue.
All unsere persönlichen Schwächen können uns peinlich sein. Wir können leugnen wollen, dass wir uns verirrt haben. Wir können darauf bestehen, dass wir keine Schafe sind und genau wissen, was wir tun. Und dazu stehen.

Vor Gott aber steigern unsere Schwächen und Fehler seine Beziehung zu uns. Ich bin ihm wertvoll, weil er sich für mich verausgabt hat. Weil ich persönlich Gott schon soviel gekostet habe, bin ich ihm auch so wertvoll.

Das leugnen, unsere Fehlerfreiheit betonen, das beraubt uns nicht nur dieser Wertschätzung Gottes, es kappt auch jede Verbindung zu ihm.

Stellen sie sich vor, sie sehen jemand beim Ertrinken, stürzen sich selber in die Fluten und retten unter großer Mühe den Fremden, um dann anstelle von Dankesworten zu hören: Das hätte ich auch alleine geschafft. Was soll man da sagen? Eine solche Reaktion kappt jede Verbindung, die durch den Einsatz so intensiv hätte werden können.

Manchmal bin ich genauso wie dieser Gerettete: Ich will nicht wahrhaben, dass ich Gott brauche. Ich will nicht wahrhaben, dass ich seine Verzeihung brauche. Ich bestreite, dass Jesus für mich gestorben ist.

Aber ich spüre dann auch, dass ich mir selbst damit auch meinen Retter und Erlöser beiseite schaffe, ihn ablege. Und dass ich dadurch Gott noch mehr aus den Augen verliere.

Schuld, Sünde, Fehler und Schwächen sind nichts Schönes. Sie sind aber die menschlichen Eigenschaften, die uns immer wieder zu Gott zurückführen. Die uns daran erinnern, wie wertvoll wir für Gott sind.

Denn was nichts kostet, das ist auch nichts.

Fürbitten