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Predigtvorschläge - 32. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C)
1. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2004)

Liebe Gemeinde!

Wenn wir uns die Todesanzeigen in der Tageszeitung anschauen, lesen wir oft: „Wir werden dich immer im Gedächtnis behalten“ und Ähnliches. Was wird mit solchen Worten ausgesagt? Sicherlich zunächst einmal die Liebe, die den schmerzlich Vermißten immer in der Erinnerung behalten will, diese Erinnerung pflegt und aus ihr noch einen gewissen Trost zu schöpfen sucht und die es für einen Frevel hält, den Geliebten einfach zu vergessen.

Es kann dahinter aber auch die weitere Meinung stehen, die Toten lebten im Gedächtnis weiter und nur im Gedächtnis. Je stärker die Erinnerung, um so mehr lebten sie; endgültiges Vergessen aber würde sie ins Nichts sinken lassen. Daran ist natürlich etwas Wahres, aber auch ein Irrtum. Die Wahrheit besteht darin, daß es in der Tat Gottes ewiges Gedächtnis ist, das die Toten ins Leben rettet. „Gott ist kein Gott der Toten, sondern der Lebenden“! ruft Jesus aus. Der „Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“ nennt sich so, weil die Genannten nicht im Tode, sondern im Leben sind. Weil Gott den Menschen seit Ewigkeit beim Namen gerufen hat, läßt er ihn nicht einfach ins Nichts sinken. Wenn wir bedenken, daß Gott das unendliche Leben selbst ist, dann ist sogleich klar, daß der Tod nicht die uneingeschränkte Macht haben kann, die wir ihm in der Regel zugestehen. Dann wird auch ersichtlich, worin der Irrtum der angeführten Meinung besteht. Sie traut Gott zu wenig zu, denn sie faßt Gottes Erinnerung nach dem Maße menschlicher Erinnerung auf. Und sie baut zu sehr auf die Kraft des menschlichen Gedächtnisses – so als hinge es von uns ab, ob die Toten leben oder nicht.

Aber nicht wir sind es, die die Toten leben lassen. Wir müssen einsehen, daß selbst die tiefste Erinnerung mit der Zeit verblaßt. Mit unseren Gedanken können wir niemanden aus dem Tod holen oder vor dem Tod bewahren. Aber Gott kann das! Darum dürfen wir sagen: Die Verstorbenen ruhen in Gottes Hand. Sie sind in Frieden.

Freilich erscheint vielen diese Vorstellung lächerlich und absurd. Wir hörten, wie die Sadduzäer sich darüber lustig machen und ein scheinbar einleuchtendes Gedankenexperiment erfinden, indem sie fragen, mit welchem Mann die mehrfach verheiratete und verwitwete Frau denn einst zusammen sein wird. Hinter der Frage steht die irrige Annahme, das Leben nach dem Tod sei so etwas wie eine Verlängerung unserer zeitlichen Existenz in irgendeiner jenseitigen Welt – eben eine zeithafte Existenz, in der geheiratet wird, Kinder gezeugt werden und schließlich gestorben wird. Aber so ist das Leben nach dem Tod nicht vorzustellen. Wir müssen alles Unvollkommene wegdenken, und zur Unvollkommenheit dieses Lebens hier gehört nicht nur der Tod, sondern auch die Notwendigkeit der Fortpflanzung, die doch nur deswegen besteht, weil es den Tod gibt.

Das ewige Leben bei Gott ist Leben pur. Ein Leben, das keine Trennung kennt, kein schmerzliches Vermissen und Vergessen. In dieser Welt sind Raum und Zeit sowohl Weisen, wie wir zusammenkommen, als auch Weisen der Trennung. Der Raum verbindet und trennt, ebenso die Zeit. Wenn ich räumlich bei einem Menschen bin, bin ich zugleich getrennt von einem anderen Menschen. Wenn ich für einen Zeit habe, dann habe ich gerade keine Zeit für einen anderen. Das ist im Himmel anders. Der himmlische Raum und die himmlische Zeit sind so, daß sie nicht mehr trennen, sondern nur noch verbinden. Gott schenkt uns in der Ewigkeit die Möglichkeit, seine Gegenwart ständig zu erfahren und so auch die Gegenwart aller existierenden Menschen. Alle werden uns dann gleich nah und gleich wichtig sein – wie es jetzt schon bei den Engeln ist. Darum gibt es im Himmel auch keine exklusive Bindung an einen Menschen mehr – so wie im irdischen Leben in der Ehe.

Das kommt uns wahrscheinlich unglaublich vor. So was kann doch nicht möglich sein!, denken wir vielleicht. Diese vielen Milliarden Menschen mit den vielen Gesichtern und Namen! Und vielleicht denken wir auch an unsympathische Menschen, an solche, die uns Böses getan haben. Mit denen wollen wir auch im Himmel nichts zu tun haben! – Wer so denkt, ist in Unvollkommenheit befangen. Gott kann alle Menschen so rein und vollkommen machen, daß sie im Glanz ihrer einzigartigen Schönheit erstrahlen, mit der sie bei der Erschaffung ausgestattet wurden – wenn sie es wollen! Gott zwingt keinen. Wer die Häßlichkeit der Sünde liebt, der wird in ihr bleiben; wer aber schon hier auf Erden versucht, ein reiner und schöner Mensch zu sein, der wird von Gott gewürdigt, ein unvorstellbares Glück im Himmel zu genießen, das kein Ende kennt. Und zu diesem Glück gehört es, nicht nur selbst heilig und rein zu sein, sondern auch alle Geretteten, Milliarden von Mitmenschen, in ähnlicher Vollkommenheit zu sehen und sich mit ihnen auf ewig an Gottes Herrlichkeit zu freuen.

2. Predigtvorschlag

von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2000)

Lieber Schwestern und Brüder!
Ich möchte Ihnen zur Erinnerung noch einmal ein paar Abschnitte aus dem zweiten Thessalonicherbrief vorlesen, den wir zur Lesung gehört haben:
Brüder! Jesus Christus, unser Herr, tröste euch und gebe euch Kraft zu jedem guten Werk und Wort.
Im übrigen, Brüder, betet für uns, damit das Wort des Herrn sich ausbreitet und verherrlicht wird, ebenso wie bei euch.

Warum ich diese Sätze zitiere?
Da betet der Apostel für die Brüder, d. h. er betet für die ganze Gemeinde in Thessalonich.
Und die ganze Gemeinde wird aufgefordert, für den Apostel Paulus und seine Mitarbeiter zu beten.

Ja und?

Setzten wir diesen Brief einmal neu auf. So als ob er heute und hier Geltung hätte. Dann könnte er ungefähr so lauten:

Schwestern und Brüder in Epe! Jesus Christus, unser Herr, tröste euch und gebe euch Kraft den Glauben in eurem Alltag zu leben und zu bekennen.
Im übrigen, liebe Christen, betet für eure Seelsorger, für die Pastöre, die Diakone, den Kaplan, damit sie ihren Dienst glaubwürdig versehen und trotz der sinkenden Zahlen die Hoffnung nicht verlieren.

So hört sich das schon anders an, nicht wahr?
Bei der Lesung ist mir aufgefallen, dass der Apostel, also der Hirte für seine Gemeindemitglieder betet. Und es fällt mir auf, dass er die Gemeinde anfleht, auch für ihn, den Hirten zu beten.

Das sagt viel über das Gemeindeleben am Anfang der Kirche aus. Das Füreinander-Beten war -scheint es- eine Selbstverständlichkeit. Etwas Grundlegendes.

Mich hat das im Inneren berührt. Und ich stelle mir die Frage: Sag mal ehrlich, betest Du für die Gemeinde, die Dir anvertraut ist? Für die Firmlinge, die Kommunionkinder, die Kranken, die Familien...? Oder machst Du nur einfach so Deinen Dienst, die Katechese, den Besuch und das war’s dann?
Liebe Gemeinde, ich bete für Sie alle. Abends, bevor ich schlafen gehe z. B., segne ich die ganze Gemeinde, die Alten und Jungen, die Kranken und Gesunden, die Glaubenden und Zweifelnden.
Aber ich weiß auch, dass ich zu wenig für Sie bete, weil man nie genug für die anderen beten kann.

Mich ermutigt dieser Brief des Apostels jetzt auch Sie um Ihr Gebet für uns, für Ihre Seelsorger und auch für mich zu bitten.
Ich weiß, dass Sie das schon tun. Und wir bauen auf Ihr Gebet. Wir brauchen Ihr Gebet für uns. Das trägt uns. Ich weiß auch, dass man nie genug für uns beten kann...

Das Gebet füreinander stärkt die Gemeinschaft untereinander.
Das Gebet füreinander stärkt unsere Gemeinschaft mit Gott.

Wenn wir dieses Füreinander-Beten in unserer Gemeinde pflegen, dann wird das der Gemeinde zum Segen gereichen, weil wir dann nämlich wirklich mit Gott rechnen:

Dann ist die Arbeit in der Gemeinde für die Hirten nicht nur reine Verwaltung von eingetragenen Mitgliedern, sondern Dienst an den Schwestern und Brüdern, für deren Seelen wir einmal vor Gott Rechenschaft ablegen müssen.

Dann vertrauen wir Seelsorger eben nicht nur auf unsere organisatorischen und pastoralen Fähigkeiten, sondern auf den Geist Gottes, der weht, wo er will, auch bei denen, wo wir Hirten es vielleicht nie vermutet hätten.

Dann wird der Pastor vielleicht nicht nur als einer der wichtigsten Arbeitgeber im Dorf gesehen. Und das Seelsorgeteam nicht nur als Moderator und Motivator für die vielen Gruppen und Verbände.

Dann werden die Seelsorger vielleicht auch mutiger oder sogar angefordert, sich um einzelne Seelen zu kümmern, von Gott zu erzählen, Sakramente zu spenden. Dafür sind wir nämlich hauptsächlich da.

Liebe Schwestern und Brüder!
Wer betet, bringt Gott ins Spiel.
Gott ins Spiel bringen – das ist Auftrag Jesu an alle Christen, an alle Gemeinden, auch hier in Epe, an Sie und mich.

Wenn wir wirklich diese Aufgabe erfüllen wollen, dann sollten wir weiterhin füreinander beten und dieses Gebet als etwas Grundlegendes für unser Gemeindeleben ansehen.

Wer betet, bringt Gott ins Spiel. Und ohne Gott ist unser Spiel hier auf der Erde sinnlos.

3. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder,

auf den ersten Blick klingt es im heutigen Evangelium so, als ob die Sadduzäer, die nicht an die Auferstehung glaubten, einen weniger starken Glauben hätten. Aber sie glaubten an den einen, ewigen Gott; und sie hielten das ewige Leben eines sterblichen Menschen für eine Beeinträchtigung der göttlichen Einmaligkeit. Sie waren sozusagen aus religiösen Gründen davon überzeugt, dass es kein Leben nach dem Tod gibt: Der ewig lebende Mensch wäre schon fast wie ein Gott - und das lehnten die Sadduzäer als Hüter des Tempels in Jerusalem natürlich ab.

Auch heute gibt es Menschen, die um der Idee des Christentums willen ein Glauben an den Himmel ablehnen: «Wer sich auf den Himmel freut, der wird sich wohl kaum noch auf dieser Erde engagieren.» Vertröstung auf das Jenseits wurde den Christen vorgeworfen - und um die christliche Idee, die Nächstenliebe, aufrechtzuerhalten, wollte man lieber nicht mehr von einem erfüllten Leben nach dem Tod reden.

Aber Sadduzäer und die modernen Hüter der Nächstenliebe irren. Wer nicht mehr an einen gerechten Ausgleich im Jenseits glaubt, muss sich selbst den Ausgleich hier schaffen. Zum Leistungsdruck kommt der Vergnügungsdruck: Wenn nachher nichts mehr ist, dann muss man eben hier schon nehmen, was man kriegen kann.
Wer allerdings an ein Jenseits glaubt, der ist gelassener. Der kann um der Nächstenliebe auch mal verzichten - er ist nicht verpflichtet, an sich zu denken. Er kann auch Opfer bringen, unter Umständen auch das Opfer seines eigenen Lebens. Das kann nur der, der an ein Leben nach dem Tod glaubt; in dieser Welt können wir nicht wirklich verlieren.

Aber auch für den, der vielleicht im Laufe seines Lebens zu Zweifeln beginnt, ob es diese himmlische Gerechtigkeit wirklich gibt, wird, wenn zurückschaut, auf ein erfüllteres Leben blicken können als der Ungläubige, der sich verzweifelt um dieses erfüllte Leben bemüht hat.
Denn die Gelassenheit des Christen macht ihn empfänglicher für die kleinen Freuden des Lebens. Er muss nicht unbedingt die Weltreise machen - die Augen seiner Kinder sind mehr wert; das Lächeln des Ehepartners oder das Nicken der eigenen Eltern. Der Lohn des Glaubens wartet nicht erst im Himmel auf uns, schon in dieser Welt lebt der tiefer und glücklicher, der weiß, dass das eigentliche Leben noch kommt.

Liebe Schwestern und Brüder, im Namen des Glaubens kann man auch unsinnige Dinge fordern; so wie die Sadduzäer Unsinniges fragen. Da tut es manchmal ganz gut, einfach nicht hinzuhören.

Wer nicht mehr an das ewige Leben glaubt, muss diese Welt selbst retten. Pläne zur Errichtung des Weltfriedens gibt es immer wieder. Vielleicht tut es auch ganz gut, da einfach nicht hinzuhören. Der wahre Frieden erwartet uns eben nicht in dieser Welt. Amen.

4. Predigtvorschlag

Vielleicht kennen Sie die Geschichte, in der ein junger Mann, der sich zum Glauben bekehren will, einem Rabbi bittet, das jüdischen Gesetz und den jüdischen Glauben zu erklären, und zwar - wenn's geht - in einem Satz.
Die Antwort, die der Rabbi - ohne lange zu überlegen - gegeben hat, ist einfach: «Liebe Gott und deinen Nächsten.»

Auch heute, im Gespräch mit jungen Menschen in der Schule oder auf Tagen religiöser Orientierung, stellt sich häufig eine ähnliche Frage: «Was ist eigentlich so toll am christlichen Glauben?» - «Warum sollte ich überhaupt glauben?» - Verbunden mit der Aufforderung: «Mach's kurz.»
Nun, ich bin nicht so ein weiser Rabbi, und so brauche ich zwei oder drei Sätze. Und die habe ich mir lange überlegen müssen.

Ich glaube, dass es zwei Punkte sind, die den christliche Glauben so attraktiv machen: Die erlösende Botschaft, dass wir von unseren Sünden befreit wurden. Dass wir nicht mehr für unsere Schuld abbezahlen müssen, um mit Gott ins Reine zu kommen. Darüber hatte ich ja am letzten Sonntag gesprochen.
Und vor allem ein zweiter Punkt, der im heutigen Evangelium aufgegriffen wird: Die Verheißung Gottes, dass wir bei ihm Leben dürfen - ohne vom Tod bedroht zu sein.

Nun - so können Sie jetzt einwenden - das ist ja nichts besonderes. Alle Religionen haben den Glauben an ein Leben nach dem Tod. Das scheint ja ein ganz normaler Bestandteil zu sein.
Das ist er aber nur, wenn wir nicht näher hinschauen. Denn gerade im heutigen Evangelium wird etwas Wunderbares von unserem Glauben gesagt, dass es so in keiner anderen Religion gibt.

Unser Leben beim Vater wird nicht etwas vollkommen anderes sein, so dass wir nichts darüber sagen könnten. Dann könnten wir uns nämlich auch nicht darauf freuen, und es wäre auch nichts erstrebenswertes. Aber der Himmel, das Paradies, ist keine simple Fortsetzung unseres bisherigen Lebens. Das wäre zwar etwas, was wir uns vorstellen könnten, aber ganz und gar nichts verheißungsvolles.

Nein, unsere christliche Überzeugung ist, dass der Himmel das sein wird, was jetzt schon Leben ausmacht, aber ungetrübt, ohne den faden Beigeschmack der Vergeblichkeit.

Wir werden hineingenommen in ein wunderbares Geschehen, dar keine Langeweile aufkommen lässt. Der Himmel wird Begegnung sein - ungetrübte Begegnung mit Menschen, die mir hier auf Erden fremd gewesen sind. Ungetrübte Begegnung mit Menschen, die mir hier so lieb gewesen sind.
Wir werden Gott sehen, wie er ist: Fassungslose Liebe, bedingungsloses Dasein für uns. Gott, der uns in diesem Leben schon immer wieder überrascht mit herrlichen Momenten des Glücks, wird als der erkennbar werden, der unser tiefstes Sehnen erfüllt. Alles, was unseren Glauben hier erschwert, wird wegfallen. Es wird einfach nur herrlich sein.

Einander begegnen, Gott begegnen, nicht mehr hin- und hergerissen, nicht mehr mit der eigenen Unzulänglichkeit kämpfen müssen - es tut uns zwischendurch ganz gut, uns den Himmel auszumalen. Eine Zeit der Stille damit zu verbringen, uns schlicht zu freuen. Einfach nur dazusitzen und uns darauf freuen, dass alle die Menschen, die mir nur flüchtig begegnen, nicht verloren sind. Dass wir ein Wiedersehen feiern werden, dass alle Vorstellungen übersteigt.

Das ist eine Form von Gebet, die uns abhanden gekommen ist. Aber was gibt es Schöneres?

Beantworten wir uns ruhig öfter die Frage, was der Grund ist, weswegen ich glaube, und weswegen mein Glaube so ergreifend ist. Amen.

5. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder, zu den Dingen, über die sich die Menschen schon ewig Gedanken gemacht haben, gehören Sterben und Tod eines Menschen. Dabei geht es nicht um Nebensächlichkeiten, sondern um die Mitte unseres Daseins. Die Art und Weise nämlich, wie man über Sterben und Tod denkt, hat massive Auswirkungen auf den Umgang, den wir miteinander pflegen. Bedenklich muss uns darum stimmen, dass offenbar immer weniger Bereitschaft da ist, den Toten und seinen Leib zu ehren und das Andenken an die Verstorbenen zu bewahren. Auf einem großen Berliner Friedhof wurden im Jahr 1996 bereits 744 Tote, das sind mehr als ein Drittel in diesem Falle, anonym beerdigt. Vor 20 Jahren waren es gerade erst 17 Fälle. In Berlin-Tegel wurden vor 2 Jahren bereits fast vier Fünftel aller Beerdigungen anonym durchgeführt. In Kopenhagen und anderen skandinavischen Großstädten ist die Beisetzung, wie wir sie kennen - mit Grabstein, Schmuck und Namen - schon die absolute Ausnahme: 90 % der Beerdigungen sind dort anonym. Aber auch in großen norddeutschen Städten wie Kiel oder Flensburg geht die Tendenz eindeutig dahin: die Trennung von den Toten ist vollständig; es gibt kein Wiedersehen; die Trauer wird ebenso verdrängt wie Krankheit oder das Sterben selbst. Man will nichts mehr damit zu tun haben.

Ein Blick in die Bibel zeigt, dass diese Entwicklung nicht unbedingt etwas ganz Neues ist. Das heutige Evangelium macht uns zu Zeugen einer Auseinandersetzung zwischen Jesus und einer jüdischen Gruppe, den Sadduzäern.

Schauen wir uns die Sadduzäer einmal genauer an: Sie gehörten zu den herrschenden Gruppierungen im jüdischen Volk. Als Mitglieder der alten Priestergeschlechter waren sie sehr wohlhabend. Weil sie darauf aus waren, ihren Reichtum nicht aufs Spiel zu setzen, arrangieren sie sich mit den römischen Besatzern im Land. Theologisch und was ihren Glauben angeht, sind sie sehr festgefahren auf einen "liberalen Minimalismus", d.h. sie lassen in der Bibel nur die ersten fünf Bücher des Mose gelten. So kommen für sie übernatürliche Wirklichkeiten wie Engel, Auferstehung und Unsterblichkeit nicht als Glaubenswahrheiten in Frage. Im Gegenteil, sie machen sich darüber lustig und versuchen nun, Jesus in eine peinliche Verlegenheit zu bringen und ihn vor allen Leuten zu blamieren.

Sie erzählen den konstruierten Fall einer Frau, die nacheinander sieben Männer heiratet, die alle der Reihe nach sterben. Schließlich stirbt auch die Frau. Frage: Wessen Ehefrau wird sie nun nach der Auferstehung sein?
Doch Jesus lässt sich durch diese Fangfrage nicht zu Fall bringen. Er durchschaut die Absicht derer, die ihren Spott treiben wollen. Aber zugleich liegt ihm auch an der Einsicht und der Umkehr der Menschen. Er will nicht, dass sie in ihrem Irrtum gefangen bleiben. Er will, dass sie zu Gott finden und leben.

Es ist die einfache und billigen Vorstellung der Sadduzäer, dass der Himmel nichts anderes ist als Verlängerung des irdischen Daseins: Ein ewiger Kampf um Leben und Tod. Jedes neugeborene Kind ist ein Sieg über den Tod. Wenn aber ein Mensch stirbt, hat der Tod wieder die Oberhand gewonnen. Wenn dann neues Leben entsteht, kommt wieder neue Hoffnung auf. Viele denken sich darum diesen Vorgang von Stirb und Werde, von Geburt, Ehe und Tod als einen ewigen Kreislauf: Den Gesetzen der Natur habe sich auch Gott zu fügen.

Dagegen betont Jesus, dass - wenn (nach dem Tod) dem Menschen die Auferstehung geschenkt wird - dann ein neues Leben anbricht, das nichts mehr mit dem Kampf um Leben und Überleben, den wir hier auf Erden führen, zu tun hat. Gott ist größer als alles, und er schenkt alles. Die Sehnsucht der Menschen nach Leben in Fülle enttäuscht er nicht. Denn er ist der Gott des Lebens, kein Gott des Totenreichs. Auch Abraham, Isaak und Jakob, die Stammväter des jüdischen Volkes, auf die sich auch die Sadduzäer berufen - sie leben und mit ihnen alle, die im Glauben an den lebendigen Gott gestorben sind.

Was Jesus sagt, hat er am Ende selbst bezeugt durch seine Auferstehung am dritten Tag. So bauen wir, wenn wir Christus glauben, nicht auf Hirngespinste und Phantasien, sondern auf das, was Jesus selbst getan hat für uns.

Mit dem praktischen Nichtglauben an ein Leben nach dem Tod leugnen wir auch die Macht Gottes, die alles Leben übersteigt - und sind, wenn wir konsequent sind, damit auch unser ganzes Leben alleingelassen. Wer seine Toten anonym beiseite legt, der lebt sein Leben selbst in aller Anonymität. Wer aber von sich und den Verstorbenen glaubt, dass er vor Gott einen Namen hat, der hat auch Zukunft, über den Tod hinaus. Amen.

Fürbitten