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KARL-LEISNER-JUGEND |
von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2009)
Liebe Schwestern und Brüder,
die letzten Worte eines Menschen sind oft so etwas wie ein Vermächtnis.
Oft wird erst aus den letzten Worten ersichtlich, was das Leben davor ausgemacht
hat. Darum sind die letzten Worte Jesu, auf Erden, wie sie der Evangelist
Matthäus aufgeschrieben hat, von uns mit besonders wachem Geist zu hören.
Er sagt: „Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum
geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern;
tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes,
und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiß:
Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“
Das ist eine geballte Ladung an klärender Information und präzisem
Auftrag. Zuerst bestätigt Jesus seine Gottheit. Ihm ist alle Macht gegeben.
Alle Macht im Himmel und auf der Erde. Das Wort „gegeben“ signalisiert
aber auch die innige Verbindung mit seinem Vater. Nicht aus eigener Initiative
heraus, sondern in allerengstem Miteinander innerhalb der göttlichen
Dreifaltigkeit wirkt Jesus. „Ich und der Vater sind eins“, sagt
demgemäß Jesus an anderer Stelle (Joh 10,30). Was immer der Vater
will, das will der Sohn, das will der Heilige Geist.
Da ist absolute Harmonie, für uns unfassbar innige liebende Gemeinsamkeit,
aber auch die vollkommene Macht, die alles im Himmel und auf Erden umschließt
und in Händen hält. Gott ist Liebe und Glück in ewiger Vollendung.
Interessant ist auch, dass Jesus zu den Jüngern sagt: „Darum geht
zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern…“
Dreieinigkeit ist nichts Abstraktes. Gott hat ein Ziel, sonst hätte er
die Welt nicht erschaffen. Gott ist kein Gott, der öfter mal Langeweile
hat und deshalb die Erde von ferne lenkt wie ein Kind sein Fernlenkauto.
Er sitzt auch nicht einsam auf seinem himmlischen Vorstands-Sessel und schüttelt
dabei immer häufiger sein Haupt, wenn er die Menschheit von oben herab
betrachtet.
Die ganze Schöpfung ist von ihm aus überströmender Liebe geschaffen,
und die Menschen sind es erst recht. Jesus sagt ja im heutigen Evangelium,
darum sollten alle Menschen zu seinen Jüngern gemacht werden, weil Gott
über alle wirkliche Macht im Himmel und auf Erden verfügt.
Alle Menschen sollen zu gläubigen Jüngern Jesu werden. Das heißt
doch: Gott hat etwas vor. Jeder Mensch liegt ihm wirklich so sehr am Herzen,
als gäbe es nur ihn oder sie allein auf der ganzen Welt.
Wirklich niemand soll außen vor bleiben, wenn es um den Himmel geht.
Alle sollen das große Los ziehen dürfen, alle sollen das Glück
haben, in Gottes Angesicht sich auf ewig wie im siebten Himmel fühlen
zu dürfen, in seligem Glück ihn und sein Erbarmen lobpreisend.
Um genau das geht es: der dreieinige Gott ist die Liebe in Vollendung. Er
liebt uns so sehr, dass er sein Glück im Himmel mit uns Menschen teilen
möchte. Und das ist ja auch der Himmel: ewige Gemeinschaft mit Gott und
untereinander. Die Hölle ist genau das Gegenteil: Einsamkeit, Verlassenheit
und deshalb tiefe Traurigkeit.
Liebes Jubelpaar, ich weiß ja nicht, ob sie ihre 50jährige Gemeinschaft
in der Ehe als den siebten Himmel ansehen. Aber dass dieses treue Miteinander
etwas ist, für das Sie und wir alle hier freudig danken dürfen,
das ist klar. Den jede Gemeinschaft stärkt und trägt uns. Und sie
gibt einen kleinen Vorgeschmack auf die Gemeinschaft im der Heiligen und mit
und in der Dreifaltigkeit.
Alle Jünger Jesu bekommen im heutigen Evangelium einen ganz konkreten
Auftrag: „…macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie
auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes…“
Bei Gott ist die Erdenzeit also immer auch Erntezeit. Menschen sollen gefischt
werden für das Himmelreich. Alle Menschen sollen von Gott erfahren und
sich dann als Jünger zu ihm bekennen. Durch die Taufe im Namen des dreieinigen
Gottes werden sie dann endgültig seiner Obhut anvertraut.
Manche hören das heute mit gemischten Gefühlen, wenn zur Bekehrung
anderer Menschen aufgerufen wird. Man tut so, als sei das ein schwerer Eingriff
in die Intimsphäre fremder Menschen. Doch es gibt hier keinen Spielraum
für Verharmlosung und Abschwächung. Jesus meint es wirklich so:
Aufgabe der Jünger, also auch heute Aufgabe der Kirche und damit unsere
Aufgabe ist es, so vielen Menschen wie möglich den Weg zu Gott aufzuzeigen.
Natürlich gilt das Sprichwort: Gebranntes Kind scheut das Feuer. Es ist
traurig und wahr, dass im Namen der Mission im Laufe der Jahrhunderte auch
viel Unrecht geschehen ist. Dazu gehört z.B., dass Menschen mit Gewalt
zu Christen gemacht wurden, wie wir das auch von anderen Religionen kennen.
Wir neigen heute dazu, es jedem selbst zu überlassen, was er glaubt oder
nicht glaubt. Das klingt menschenfreundlich und tolerant. Man kommt niemanden
in die Quere und erwartet auch von anderen, gefälligst in Ruhe gelassen
zu werden. Schließlich sind wir doch keine Zeugen Jehovas, die zu zweit
von Haus zu Haus gehen und übrigens auch beim Pastor klingeln. Oder gar
bei Klarissenschwestern.
Was da so tolerant klingt, ist es in Wirklichkeit aber nicht. Wie sind wir
selbst denn zum Glauben gekommen? Na sicher – durch andere Menschen,
die uns diesen Weg gezeigt haben. Was wäre wohl aus uns geworden, wenn
die Generationen vor uns gedacht hätten wie so viele heute? Was wäre
wohl aus uns geworden, wenn nicht im Laufe der Jahrhunderte so viele ihren
Glauben an den liebenden Gott sogar mit ihrem Leben bezeugt hätten?
Und wenn ich jemanden liebhabe, möchte ich ihm dann nicht das Schönste
schenken. Weil wir andere lieben, möchten wir sie mit dem Glauben beschenken.
Das heißt natürlich nicht, dass wir sie damit erpressen oder gewaltsam
vereinnahmen wollen.
Liebes Goldpaar, der Glaube hat auch Ihr Eheleben reich beschenkt. Sie haben
gespürt, dass es Gott gibt, der sie einander geschenkt hat, der sie getragen
und zusammenhalten ließ – gerade da, wo es schwer wurde. Diesem
Gott zu danken, sind Sie hierher gekommen. So ist Ihre Ehe ein schönes
Zeugnis vor der Welt, dass der Gott, der die Liebe ist, den Liebenden auf
Erden nahe ist.
Jesu sehnlichster Wunsch ist es, möglichst vielen seiner so geliebten
Menschen Anteil an seiner Freude, an der Gemeinschaft mit der Dreifaltigkeit
zu schenken. Unsere Aufgabe ist es, mit Gottes Hilfe das Evangelium zu verbreiten
und Wegweiser für andere zu sein.
Den schönsten Schluss für diese Predigt hat übrigens Jesus
heute selbst gesprochen. Sicher hat er dabei auch daran gedacht, wie leicht
wir Christen mutlos werden können, statt Flagge zu zeigen.
Seine Zusage sollten wir darum nie vergessen. Jesus verspricht allen seinen
Jüngern: „Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende
der Welt.“
Diesen tröstlichen und Mut machenden Satz sagt der Herr gerade auch Ihnen,
liebes Jubelpaar Hasebrink, zu. Jetzt bei Ihrem Fest. Dass er bei Ihnen bleibe
alle Tage, dazu spende ich Ihnen nun den Segen.
von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2008)
Liebe Schwestern und Brüder!
Der Sonntag nach Pfingsten hat den Namen „Dreifaltigkeitssonntag“.
Eine jüngst geführte Umfrage hat an den Tag gelegt, dass nicht einmal
die Hälfte der Deutschen Wissen, was wir an Pfingsten feiern. Gut, dass
bisher noch niemand auf die Idee gekommen ist, eine Umfrage zur Dreifaltigkeit
und deren Bedeutung zu machen. Vermutlich wären zwei Drittel der Deutschen
– der Christen einschließlich – überfordert.
Gewiß, die Lehre von der Dreifaltigkeit oder die Trinitätslehre,
ist eines der kompliziertesten Materien im Theologiestudium. Da geht es um
das filioque oder die hypostatische Union oder sonst welche abstrakten Begriffe.
Die Dreifaltigkeit scheint ein Gebiet für Spezialisten zu sein. Was hat
der normale Christ, der kein Theologieprofessor ist damit zu schaffen?
Nun eine ganze Menge. Ständig haben wir die Dreifaltigkeit im Mund, z.
B., wenn wir das Kreuzzeichen machen, das Glaubensbekenntnis sprechen oder
Kirchenlieder singen. Da ist ständig die Rede von Vater, Sohn und Heiligem
Geist. Wir sind sogar auf den Namen des dreifaltigen Gottes getauft worden.
Das unterscheidend Christliche unserer Religion ist unser Glaube an die Dreifaltigkeit.
Und dennoch: das eigentlich Entscheidende, das Normale – die Dreifaltigkeit
– ist uns Christen irgendwie flöten gegangen. Wir haben uns mit
allem möglichen beschäftigt, kaum aber damit, was wesentlich ist
und trägt.
Das ist unserer Gesellschaft auch passiert. Z. B. bei der Familie. Sie ist
der Ort, aus dem heraus die Gesellschaft wächst und Bestand haben kann.
Die Familie war aber in der Politik ein Stiefkind. Viel wichtiger schien es
für sogenannte gleichgeschlechtliche Paare, die die Würde der Ehe
und der Familie untergraben, rechtliche Verbesserungen zu erzielen. Glücklicherweise
steht mittlerweile das Wohl der Familie wieder auf der politischen Tagesordnung,
weil man gemerkt hat – zu spät gemerkt hat – dass ohne sie
unsere Gesellschaft ausstirbt und unerträglich wird. Leider wird das
Thema aber auch immer mehr zum Feld persönlicher Profiliersucht.
Liebe Schwestern und Brüder,
bleiben wir bei der Familie. Sie bietet uns einen guten Ansatz, das Entscheidende
des heutigen Festes zu verstehen. Ich wage den kühnen Satz, dass die
Dreifaltigkeit unsere Familie ist, in der wir leben und aufwachsen, in der
wir in der Wahrheit erzogen werden und Kraft für unser Leben gewinnen.
Der eine und dreifaltige Gott, an den wir glauben, ist Beziehung. Der Vater
liebt den Sohn, der Sohn den Vater und die Liebe der beiden ist der Hl. Geist.
Die drei sind eins, vollkommene Liebe. Und Liebe will sich mitteilen, will
wachsen. Deshalb hat Gott die Welt erschaffen und uns. Und er will, dass wir
mit und in ihm Leben. Deshalb hat er seinen Sohn gesandt.
Gott ist in Jesus als Mensch zu uns gekommen. So sind wir seine Brüder
und Schwestern geworden. Und auch untereinander sind wir Brüder und Schwestern,
weil wir den einen Vater, den einen Bruder haben.
Aber mehr noch: wir sind nicht nur Brüder und Schwestern. Wir sind sogar
Söhne und Töchter Gottes! Jesus hat uns seinen Geist gegeben. In
der Taufe und in der Firmung, vor allem aber auch in der Eucharistie werden
wir mit Christus eins.
Durch die Sakramente der Kirche, in denen der Hl. Geist wirkt und lebt, werden
wir sozusagen von der Dreifaltigkeit adoptiert, Teil der himmlischen Familie.
Und dieses große Geschenk wollen wir ja am Gemeindetag in den Blick
nehmen.
Als Adoptivkind erhält man dann den Namen der Familie und hat das Recht
auf das Erbe. Auch wir tragen einen Familien Namen „Christen“-
„Kirche“ und uns ist das Erbe verheißen, dass Christus erworben
hat, das ewige Leben.
Kinder die adoptiert werden, kommen oft aus schwierigen und dunklen Verhältnissen,
aus zerrütteten und verwahrlosten Familien hierzulande oder als Waisen
oder Opfer von Armut in anderen Ländern. Die Adoption ist für diese
Kinder oft die einzige Rettung. Und immer wieder höre ich von der tiefen
Dankbarkeit solche Kinder ihren Adoptiveltern gegenüber. Sie sind dankbar,
weil sie sich gerettet, geachtet, geliebt fühlen. Sie wissen auch um
die Opfer und Schwierigkeiten, die eine Adoption für die Eltern mit sich
bringen kann. Sie wissen oft auch, dass sie sich nicht immer so dankbar gezeigt
haben, wie sie es eigentlich sollten.
Sicherlich, es gibt auch auf Erden auch Adoptiveltern, die ihre Zöglinge
schlecht behandeln. Doch in unserer himmlischen Adoptivfamilie kommen die
Probleme allein von uns, den Adoptivkindern. Oft zeigen wir uns undankbar
dem dreifaltigen Gott gegenüber, manchmal wollen wir unsere Sippschaft
verleugnen, die Kirche, oder benehmen uns unseren Schwestern und Brüdern
gegenüber schlichtweg ungezogen. Dabei wissen wir zuinnerst, dass wir
der Zugehörigkeit zur Dreifaltigkeit eigentlich alles verdanken: dass
bei uns nicht Sünde und Tod, sondern Vergebung und Leben das letzte Wort
haben. Sie sind sozusagen unser familiärer „Stallgeruch“.
Schwestern und Brüder, wir werden von unserer Adoptiv-Familie nie verstoßen.
Unser himmlischer Vater hat unendliche Geduld mit uns. Er ist Barmherzigkeit
und mütterliche Liebe. Das wird gerade auch im Sakrament der Beichte
immer neu erfahrbar.
Sie erneuert die Familienbande mit der Dreifaltigkeit. Dann wird auch die
Eucharistie wieder zu einem frohen Mahl für alle. Auch am Tisch zuhause
in unseren Häusern können wir oft erst zusammenkommen, wenn wir
uns versöhnt haben, mit den Geschwistern und vor den Eltern.
Schwestern und Brüder, ich weiß, diese Gedanken sind angesichts
der Größe des Geheimnisses der Dreifaltigkeit ein Nichts. Mir helfen
sie aber immer wieder, etwas von dem Geheimnis für mein Leben fruchtbar
zu machen. Ich hoffe Ihnen auch einige Anregungen zur Betrachtung zu geben.
Ich jedenfalls bin froh, ein solches Adoptivkind zu sein.
von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2007)
Liebe Gemeinde!
Wenn Kinder in eine neue Schulklasse kommen, dann fragen sie einander zuerst nach dem Namen. Der Name ist ein Zeichen für die einmalige Persönlichkeit. Man möchte nicht mit einem anderen verwechselt werden. Darum kann es für Kinder auch belastend sein, wenn mehrere in ihrer Klasse den gleichen Namen tragen.
Nun hört man immer wieder, die großen Weltreligionen würden im wesentlichen denselben Gott verehren, ob dieser nun Jahwe, Allah oder sonstwie heiße. Der Name sei doch nebensächlich es gebe schließlich nur einen Gott.
Ist der Name, mit dem wir Gott nennen, tatsächlich nebensächlich? Oder verbirgt sich hinter dieser Meinung eine Verwechslung, die wir unter Menschen keineswegs entschuldigen würden? Wenn ich in den Fernen Osten reise, wo ich die Menschen kaum unterscheiden kann, wäre es dann nicht ein großer Fehler, zu sagen, daß alle gleich aussehen? Sollte ich mir nicht vielmehr Mühe geben, die Unterschiede wahrzunehmen und jedem einzelnen in seiner Besonderheit gerecht zu werden?
Als Mose im brennenden Dornbusch Gott erschien, da frage Mose als erstes nach dem Namen, den er den Israeliten als Gottesnamen nennen sollte. Und er erhielt zur Antwort: Ich bin der Ich-bin-da: Jahwe, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. (Ex 3,14f) Gott hat dem Mose seinen Namen genannt, das heißt, er ist herausgetreten aus der Verborgenheit, er hat sich uns Menschen gezeigt und hat uns angesprochen. Der Name Jahwe ist das Zeichen für die unendlich reiche Persönlichkeit dieses Gottes, der mit den Menschen eine Geschichte angefangen und in Jesus Christus, seinem Sohn, in innigster Weise vertieft hat. Gott will Mit-Liebende so hat es einmal ein großer Theologe ausgedrückt.
Demgegenüber hat z.B. der Name Allah eine ganz andere Bedeutung. Zunächst einmal ist er nicht als Eigenname zu verstehen, sondern besagt schlicht der Gott. Zweitens wird von diesem Gott bei jedem Gebetsruf gesagt: Er ist Allah, der EINE Allah, der Immerwährende, ER zeugt nicht und ist nicht gezeugt und nichts ist ihm gleich. Noch klarer sagt es der Koran (4, 171): Darum glaubt an Allah und seine Gesandten und sagt nicht [von Allah, daß er] dreifaltig [sei]! Allah ist nur ein einziger Gott. Er ist darüber erhaben, einen Sohn zu haben.
Das heißt, mit dem Glauben an Allah verträgt es sich nicht, ihn als Vater, Sohn und Heiligen Geist zu bekennen. Allah kann nicht der Gott und Vater Jesu Christi sein.
Diese Erkenntnis ist freilich noch äußerst dürftig von Gott nur zu wissen, daß sein Name gleichsam ein Programm ist, eine Botschaft. Es kommt vielmehr darauf an, diese Botschaft auch zu kennen, den Gott immer besser kennenzulernen, der sich uns in Jesus Christus geoffenbart hat. Und wir hören heute im Evangelium, daß die kurze Zeit des irdischen Lebens Jesu nicht ausgereicht hat, die Menschen mit Gott, dem Vater, bekannt zu machen. Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. Erst wenn der Geist der Wahrheit kommt, wird er sie nach und nach in die ganze Wahrheit einführen.
Es ist so wie bei flüchtigen Bekanntschaften: Man kennt einander nur ganz oberflächlich, man kann sich leicht irren und den einen mit dem anderen verwechseln. Erst wenn man sich über längere Zeit hinweg kennt und eine gemeinsame Geschichte erlebt hat, kennt man den anderen wirklich. So hat uns Jesus damals einen Blick auf die vielen Facetten seiner Persönlichkeit werfen lassen, aber es bedurfte doch eines langen Nachdenkens, bis seine Jünger verstanden, wer er war und was es z.B. bedeutete, als er sagte: Ich und der Vater sind eins. (Joh 10,30)
Das heutige Fest Dreifaltigkeit macht uns in besonderer Weise deutlich, daß Gott in sich selbst lebendig ist und innere Bezüge aufweist, weil er die Gemeinschaft von Vater, Sohn und Geist ist. In Ewigkeit geht aus dem Vater der Sohn hervor, und aus der gegenseitigen Liebe beider entspringt der Heilige Geist. Indem Gott sein Wesen ausspricht, zeugt er den Sohn. Indem Gott Vater und Sohn einander lieben, hauchen sie den Heiligen Geist.
Doch es sind nicht drei Götter, sondern drei Personen, die nur ein einziges Wesen besitzen. Die Verschiedenheit zerstört die Einheit nicht, so wie auch verschiedene Stimmen in einer harmonischen Melodie eine Einheit bilden. Die einzelne Stimme gewinnt an Schönheit, wenn sie mit anderen Stimmen zusammenklingt. Gott Vater spaltet sich nicht auf, wenn er den Sohn zeugt und mit diesem den Geist haucht. Ihre Einheit ist durch eine unvorstellbare Liebe geprägt, an der wir Menschen Anteil erhalten sollen. Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Geist, der uns gegeben ist (Röm 5,5).
Wir könnten wir diesen unendlich liebenden Gott verwechseln mit einem Gott, der lediglich Unterwerfung fordert?!
von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2006)
Liebe Gemeinde!
In der letzten Predigt über die Enzyklika des Papstes habe ich über das neue Gottesbild gesprochen, das sich in dem Satz äußert: Gott ist (die) Liebe . Der heutige Dreifaltigkeitssonntag stellt uns eben diese Liebe, die Gott wesenhaft und in sich ist, heraus: Gott ist kein einsamer Monarch, sondern in sich selbst ein Gegenüber von Personen, die einander unendlich lieben und in dieser Liebe so sehr EINS sind, daß es keine Spaltung, keine Trennung, kein Zerwürfnis, keine Entfremdung, keinen Mißklang und keine Konkurrenz gibt. Die biblische Offenbarung vom Dreifaltigen Gott ist darum keine bloße Zutat zum Christentum. Sie ist vielmehr der Höhepunkt der Selbstoffenbarung Gottes. Sie besagt, daß Gott im tiefsten Wesen Liebe ist, Mitteilung seines unendlichen strömenden Lebens: vom ewigen Vater zum ewigen Sohn, von beiden zum Heiligen Geist: Austausch und Beziehung in der Einheit des göttlichen Wesens.
Heute möchte ich darüber sprechen, welche Folge diese Offenbarung Gottes für das Bild vom Menschen hat. Denn wenn der Mensch, wie es schon im ersten Buch der Bibel heißt, nach dem Bilde Gottes geschaffen ist (Gen 1,26), dann muß es einen Unterschied auch für das Menschenbild machen, ob zu Gott wesenhaft die Liebe gehört oder nicht. Und tatsächlich erzählt uns die Bibel schon ein paar Seiten später, daß es nicht gut ist, daß der Mensch allein bleibt (Gen 2,18). Wenn Gott in seinem innersten Wesen Beziehung ist, dann ist der nach seinem Bild geschaffene Mensch ohne Beziehungen unvollständig sozusagen nur ein halber Mensch. Doch kommt hier nur eine Beziehung zu einem anderen Menschen in Frage, Tiere sind dazu nicht in der Lage, dem Menschen die nötige Hilfe und Ergänzung zu sein. Als darum Gott dem Mann die Frau hinzuschafft, ruft dieser aus: Das ist endlich Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. (Gen 2,23) Und dann folgt eine Prophezeiung: Darum verläßt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau, und sie werden ein Fleisch. (Gen 2,24)
Der Papst findet an dieser Erzählung zwei Punkte bemerkenswert: Der erste betrifft die Weise der menschlichen Liebe, die Eros genannt wird. Er schreibt: Der Eros ist gleichsam wesensmäßig im Menschen selbst verankert; Adam ist auf der Suche und »verläßt Vater und Mutter«, um die Frau zu finden; erst gemeinsam stellen beide die Ganzheit des Menschseins dar, werden ,,ein Fleisch miteinander. Und dann kommt er auf den zweiten Punkt zu sprechen, den Sinn des Eros: Nicht minder wichtig ist das zweite: Der Eros verweist von der Schöpfung her den Menschen auf die Ehe, auf eine Bindung, zu der Einzigkeit und Endgültigkeit gehören. So, nur so erfüllt sich seine innere Weisung. Dem monotheistischen Gottesbild entspricht die monogame Ehe. Die auf einer ausschließlichen und endgültigen Liebe beruhende Ehe wird zur Darstellung des Verhältnisses Gottes zu seinem Volk und umgekehrt: die Art, wie Gott liebt, wird zum Maßstab menschlicher Liebe. Diese feste Verknüpfung von Eros und Ehe in der Bibel findet kaum Parallelen in der außerbiblischen Literatur. (DeC n. 11)
Fassen wir es noch einmal kurz zusammen: 1. Der Mensch ist gleichsam unvollständig, solange er ohne Beziehung in Einsamkeit lebt. 2. Die erotische Liebe zwischen Mann und Frau ist dem Menschen eingestiftet, damit die zwei sich zur Ganzheit ergänzen. Gerade in dieser Liebesbeziehung können sie Ebenbild der göttlichen Liebe sein. 3. Diese Beziehung ist exklusiv und auf Endgültigkeit angelegt; sie sagt: Nur du und du für immer! Und dies ist so, weil dies die Art ist, wie Gott liebt, und weil Gottes Liebe den Maßstab für die menschliche Liebe abgibt.
Der Eros ist freilich nicht die einzige Form der Liebe. Der Mensch steht noch in anderen Beziehungen zu seinen Mitmenschen, und auch hierin spiegelt sich sein Geschaffensein nach dem Bilde Gottes. So werden die Brautleute unmittelbar vor ihrer Trauung gefragt: Sind Sie beide bereit, als christliche Eheleute Mitverantwortung in der Kirche und in der Welt zu übernehmen? Das heißt: In dem Augenblick, in dem es um die exklusivste Bindung von Menschen aneinander geht, wird deutlich gemacht, daß diese Bindung nicht als isolierte Zweisamkeit verstanden werden darf, sondern wesentlich auf Außenbeziehungen angelegt ist. Anders gesagt: Der Mensch ist ein soziales Wesen, und diese seine Natur erschöpft sich nicht darin, einen Lebenspartner zu finden, zu heiraten und Kinder zu zeugen. So vielgestaltig die Liebe ist, so mannigfaltig können und sollen auch die Beziehungen sein, in denen der Mensch seine soziale Natur verwirklicht. In dem ganzen zweiten Teil seiner Enzyklika geht der Papst auf die christliche Caritas ein, das Liebestun der Kirche, zu dem jeder einzelne berufen ist. Und immer wieder weist er auf die eigenartige Struktur der menschlichen Sozialnatur hin, die nur dann zur Selbstverwirklichung kommt, wenn der Mensch aus der Enge seines Daseins heraus geht (n. 4; 14), wenn er den Weg aus dem in sich verschlossenen Ich zur Freigabe des Ich, zur Hingabe und so gerade zur Selbstfindung (n. 6) geht.
Das christliche Menschenbild ist somit weit entfernt von einem Individualismus, der von der Autonomie des Einzelnen ausgeht und die Gemeinschaft als etwas nur Sekundäres auffaßt. Es ist aber genauso weit vom Kollektivismus entfernt, der das einzelne Individuum mißachtet und als bloßen Teil eines großen Ganzen betrachtet, so wie in einem Ameisenhaufen alle gleichgeschaltet sind, und der einzelne nicht für sich, sondern für das Kollektiv da ist. In beiden extrem entgegengesetzten Vorstellungen wird der Liebe keine Bedeutung beigemessen: der Individualist kennt nur die Selbstliebe, der Kollektivist hat kein personales Gegenüber und verliert selbst sein persönliches Gesicht in der Masse, in der er gerne untergeht.
Wenn Jesus kurz vor seiner Himmelfahrt den Auftrag gibt, zu allen Völkern zu gehen, alle Menschen zu seinen Jüngern zu machen, sie auf den Namen des Dreifaltigen Gottes zu taufen und sie zu lehren, alles zu befolgen, was er geboten hat (Mt 28,19f), dann wünscht er, daß alle, die die Liebe Gottes erfahren haben, diese auch weitergeben und zwar uneingeschränkt. Die Mission ist selbstverständlich für denjenigen, der von der Liebe Gottes ergriffen ist. Es wäre schnöde Undankbarkeit, wollte ich diese Liebe nur für mich allein haben, und törichter Unverstand, wenn ich nicht wünschte, daß alle Menschen gleichfalls von dieser Liebe ergriffen würden. Der Papst fordert uns auf, Menschen zu sein, die von der Liebe Christi berührt sind, deren Herz Christus mit seiner Liebe gewonnen und darin die Liebe zum Nächsten geweckt hat. Ihr Leitwort sollte der Satz aus dem Zweiten Korintherbrief sein: »Die Liebe Christi drängt uns« (2 Kor 5, 14). (n. 33)
von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2006)
Liebe Gemeinde!
Wenn ich Sie fragen würde: Was bedeutet eigentlich das Wort Hostie?, dann gäbe es vermutlich kaum jemanden, der mir die ursprüngliche Wortbedeutung nennen könnte: nämlich Opfer oder Opfertier. Wir verbinden mit der Eucharistie alles Mögliche, am wenigsten aber den Gedanken an einen Opferkult. Das war in der Urkirche anders. Da sah man ganz klar den Zusammenhang zwischen Jesus Christus, der Eucharistie und den alttestamentlichen Opferkulten.
Der Hebräerbrief zeigt uns diesen Zusammenhang auf: Denn wenn schon das Blut von Böcken und Stieren und die Asche einer Kuh die Unreinen, die damit besprengt werden, so heiligt, daß sie leiblich rein werden, wieviel mehr wird das Blut Christi unser Gewissen von toten Werken reinigen. (Hebr 9,13f) Und kurz vorher heißt es: Christus ist ein für allemal in das Heiligtum hineingegangen, nicht mit dem Blut von Böcken und jungen Stieren, sondern mit seinem eigenen Blut, und so hat er eine ewige Erlösung bewirkt. (Hebr 9,12) Was heißt das? Es heißt, kurz gesagt, erstens, daß Jesu Tod ein Opfer gewesen ist, d.h. ein Hingabeakt und eine Gabe an den Vater zum Zweck der Vergebung und Versöhnung. Zweitens: Dieses Opfer ist ein für allemal geschehen, es ist nicht wiederholbar, sondern steht einmalig in der Geschichte da, weil es eine Kraft hat, die alle bisherigen Opfer übersteigt. Und drittens: an diesem Opfer nehmen wir Anteil, wenn wir die Eucharistie feiern: Die Kommunion ist die Hostie, die Opferspeise: der geopferte Leib Jesu.
Aber warum Opfer, warum Tod, warum Blut? Wir finden die Antwort in der Enzyklika des Papstes über die Liebe Gottes. Am letzten Sonntag habe ich von der menschlichen Sozialnatur gesprochen, die nur dann zur Selbstverwirklichung kommt, wenn der Mensch den Weg aus dem in sich verschlossenen Ich zur Freigabe des Ich, zur Hingabe und so gerade zur Selbstfindung geht (DeC n. 6). Der Papst begründet diesen Gedanken mit einer Schriftstelle:
Wer sein Leben zu bewahren sucht, wird es verlieren; wer es dagegen verliert, wird es gewinnen ( Lk 17, 33)... Jesus beschreibt damit seinen eigenen Weg, der durch das Kreuz zur Auferstehung führt den Weg des Weizenkorns, das in die Erde fällt und stirbt und so reiche Frucht trägt; aber er beschreibt darin auch das Wesen der Liebe und der menschlichen Existenz überhaupt von der Mitte seines eigenen Opfers und seiner darin sich vollendenden Liebe her. (n. 6)
Liebe ist demnach wesentlich Hingabe, und als Hingabe ist sie Opfer: Verzicht auf das Eigene zum Wohle des anderen. In einer Welt, die mit Bosheit angefüllt ist, kann die Liebe sogar die Gestalt des blutigen Opfers annehmen und gerade so überwindet sie die Bosheit von innen her.
Der Papst zeigt von hier aus den Zusammenhang mit der Eucharistie auf: Diesem Akt der Hingabe hat Jesus bleibende Gegenwart verliehen durch die Einsetzung der Eucharistie während des Letzten Abendmahles. Die Eucharistie ist die Feier, in der der Opfertod Jesu immer neu gegenwärtig gesetzt wird, damit alle Menschen, eben auch wir, zugegen sein können und die Frucht der Versöhnung erhalten. Während der Alte Bund einen Kult erforderte, bei dem immer neue Opfertiere geschlachtet werden mußten, hat Christus mit seinem Blut einen neuen Bund gestiftet, der am Kreuz ein für allemal besiegelt wurde und unsererseits keine neuen Opfer erfordert, sondern lediglich die Bereitschaft, uns davon erfüllen und umwandeln zu lassen.
Und nun kommt ein sehr tiefer Gedanke in der Enzyklika:
Wenn die antike Welt davon geträumt hatte, daß letztlich die eigentliche Nahrung des Menschen das, wovon er als Mensch lebt der Logos, die ewige Vernunft sei: Nun ist dieser Logos wirklich Speise für uns geworden als Liebe. Die Eucharistie zieht uns in den Hingabeakt Jesu hinein. Wir empfangen nicht nur statisch den inkarnierten Logos, sondern werden in die Dynamik seiner Hingabe hineingenommen. (n. 13)
Wovon lebt der Mensch? Nach der Auffassung der griechischen Philosophen lebt der Mensch von der Theorie, der Schau, der Vernunft. Die christliche Lehre überbietet diese Meinung: Der Mensch lebt zwar auch von alledem, aber mehr noch lebt er von der Liebe. Ja, er kann nur leben, wenn Logik und Liebe keine Gegensätze mehr sind, wenn sie zusammengehen. Und darum darf die Kommunion auch nichts Statisches bleiben, kein bloßes Konsumieren und Besitzen; sie zielt vielmehr auf eine Dynamik, auf die Liebe Christi nämlich, an der der Kommunizierende Anteil nehmen kann und soll. Der Empfang der Opferspeise soll mich selbst bereit machen zur Liebe, zum Mitgehen mit der Liebe Christi, zum Eingehen in sein Opfer; die Kommunion soll wirklich sein, was das Wort bedeutet: Gemeinschaft.
Hieran schließt sich ein weiterer wichtiger Gedanke: Die Kommunion ist nie etwas Isoliertes, das allein einem einzelnen zukommt.
In der Kommunion werde ich mit dem Herrn vereint wie alle anderen Kommunikanten: »Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib, denn wir alle haben teil an dem einen Brot«, sagt der heilige Paulus (1 Kor 10, 17). Die Vereinigung mit Christus ist zugleich eine Vereinigung mit allen anderen, denen er sich schenkt. Ich kann Christus nicht allein für mich haben, ich kann ihm zugehören nur in der Gemeinschaft mit allen, die die Seinigen geworden sind oder werden sollen. Die Kommunion zieht mich aus mir heraus zu ihm hin und damit zugleich in die Einheit mit allen Christen. (n. 14)
Die Liebe Gottes macht sich gerade darin kund, daß sie die von ihr Ergriffenen berührt und zu einem Leib zusammenschmilzt. In dieser Mitte des christlichen Kultgeschehens ist jeder Egoismus ausgeschlossen! Man kann nun nicht mehr Kult und Ethos getrennt praktizieren oder gegeneinander ausspielen, also das eine tun und das andere lassen. Wer ohne Liebe an der Eucharistie teilnimmt, dem fehlt das wichtigste er geht leer aus. Ich zitiere:
Im Kult selber, in der eucharistischen Gemeinschaft ist das Geliebtwerden und Weiterlieben enthalten. Eucharistie, die nicht praktisches Liebeshandeln wird, ist in sich selbst fragmentiert, und umgekehrt wird das Gebot der Liebe überhaupt nur möglich, weil es nicht bloß Forderung ist: Liebe kann geboten werden, weil sie zuerst geschenkt wird. (n. 14)
Liebe Gemeinde! Gott ist Liebe! ist kein schöner Kalenderspruch, sondern eine Wahrheit, die wir nicht genug bedenken können. Heute steht mit der Eucharistie der Aspekt dieser Liebe im Vordergrund, der darauf zielt, daß wir alle immer mehr von dieser Liebe durchdrungen werden. Und wir antworten darauf mit Dankbarkeit und hochgemuter Freude, wenn wir nun den Leib des Herrn durch unser Dorf begleiten.
von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2005)
Liebe Gemeinde!
Die drei Verse des heutigen Evangeliums gehören zu den schönsten im Neuen Testament. Sie drücken die Zusage Gottes aus, die verlorene Welt zu retten, nicht zu richten und dem Untergang preiszugeben. Dabei kommt dem Glauben die Rolle des Schlüssels zu: Wer an Christus, den Retter, glaubt, wird vor dem Gericht bewahrt und gewinnt das ewige Leben. Eigens wird gesagt, auf welche Weise wir das Leben gewinnen, nämlich dadurch, daß der Vater seinen Sohn hingibt ihn in die Welt sendet; dadurch zweitens, daß der Sohn sich senden läßt und sich seinerseits hingibt, ja, sein Leben für uns hingibt; und schließlich drittens dadurch, daß der Heilige Geist in unserem Herzen die Liebe entzündet, so daß wir lebendigen Anteil haben an der unergründlichen Liebe, die der Vater und der ewige Sohn zueinander und zur Schöpfung haben.
Daß wir an den Dreifaltigen Gott glauben, ist keine bloße Zutat zum Glauben, auf die man ohne weiteres verzichten könnte. Nur weil Gott in sich selbst lebendige Beziehung der Liebe ist, darum kann er auch uns lieben, die er geschaffen hat. Die Offenbarung, daß Gott selbst in sich Liebe ist, ist die größte Überraschung für die Menschheit, die immer wieder versucht ist, die Macht für das Wichtigste zu halten. Dann sieht Liebe beinahe aus wie Ohnmacht. Und in der Tat kann sie auch diese Gestalt annehmen, freilich nur vorübergehend. Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, daß er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat. Wenn Gott uns gefragt hätte, wie er die Welt retten soll, dann hätten wir bestimmt gesagt: Bestrafe die Bösen! Fege sie hinweg! Aber wir hätten nur unser eigenes Urteil gesprochen.
Allein die geduldige Liebe ist in der Lage, das Herz des Bösen zu erweichen. Solche Liebe hat Gott. Gottes Liebe übersteigt alle Vorstellungsmöglichkeiten von uns Menschen. Wir denken vielleicht an die Höhepunkte menschlicher Liebe, an hochzeitlichen Glanz und die süßen Freuden der Liebe. Und damit liegen wir nicht falsch. Aber wir verdrängen so gern, daß die Liebe den Egoismus ausschließt und sich erst dann bewährt, wenn sie auch im Leiden durchhält. Die egoistische Haltung bringt dem Menschen den Tod, wir sehen sie aber immer nur im andern, nicht in uns selbst. Darum machen wir immer die anderen für das Übel verantwortlich, nie uns selbst. Welche Blindheit! Was für eine Selbstgerechtigkeit!
Der einzige, der zu Recht von sich behaupten kann, er sei ohne Sünde, hat keinen Stein erhoben, denn er wußte, daß der Egoismus allein durch die vergebende Liebe aufgeschmolzen und geheilt werden kann, und er wußte dies nicht nur theoretisch, sein ganzes Handeln war von dieser Einsicht durchdrungen. Würden wir doch wenigstens dies verstehen: Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet! (Mt 7,1) Selbst derjenige, der Anspruch auf das Richteramt hat, der einzige überhaupt, verzichtet darauf: Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.
Wir müssen einsehen, daß das Böse nicht nur im andern, sondern auch in uns ist, sonst können wir nicht gerettet werden. Diese Einsicht ist der erste Teil des Glaubens, dessen zweiter Akt die Annahme der Rettung ist: Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er an den Namen des einzigen Sohnes Gottes nicht geglaubt hat.
Liebe Schwestern und Brüder!
Dreifaltigkeitssonntag - der Sonntag nach Pfingsten, der besonders der Dreifaltigkeit geweiht ist. Dreifaltigkeit - nicht nur ein seltsamer, ungewohnter Begriff, sondern ein Bestandteil unseres Glaubens, der sich so gar nicht in unser Denken einfügen will. Drei Personen - Gottvater, Gottsohn, Gott Heiliger Geist, aber nur ein Gott, nur ein Wesen - das kann man nicht begreifen. Theologen und Philosophen haben sich darüber die Köpfe zerbrochen.
Aber gerade damit sollten wir nicht zuerst an unseren Glauben herangehen - mit unserem Kopf. Gerade der Glaube an die Dreifaltigkeit ist etwas fürs Herz: Er besagt ja nichts anderes, als dass unser Gott ein Gott ist, dem es nicht nur an Gemeinschaft gelegen ist, sondern der selbst, in sich, Gemeinschaft ist. Wir haben nicht nur einen Gott, der das Leben geschaffen hat, sondern einen Gott, der in sich lebendiges Geschehen ist. Und - da müsste unser Herz tatsächlich höher schlagen - der uns in seine innigste Liebesgemeinschaft hineinnehmen will. Wir sind dazu berufen, in die Dreifaltigkeit Gottes, also in das vollkommene Leben selbst, hineingenommen zu werden.
Was unser Kopf nicht durchschauen kann, das können wir im Herzen ahnen. Vor allem, wenn wir an uns und auch an anderen feststellen, wie schwer es ist, Beziehung und Gemeinschaft zu leben, ob in der Ehe, in der Familie, zwischen den Eltern und den Kindern, in den Vereinen oder Gemeinschaft schlicht mit denen, mit denen wir gerade zusammen sind.
«Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab.» Nur so kann Gemeinschaft gelingen: In dem wir geben. Indem wir nicht nur einen kleinen Teil unseres Besitzes abgeben, etwas von unserer Zeit. Sondern, indem wir es so machen wie Gott, der die Gemeinschaft mit uns sucht: Indem wir uns selbst hingeben.
Kann es sein, dass wir bei dem vielen Reden von Selbstverwirklichung und Ich-Findung eine weitere Grundbedingung des erfüllten Lebens vergessen haben: Das Glück, das im Verzicht liegt, den Mut zur Unvollkommenheit? Kann es sein, dass es uns immer schwerer wird, uns wirklich ganz zu investieren, aus Angst vor einer Pleite?
Gott hat seinen geliebten Sohn in seine Beziehung zu uns investiert, und Er hat ihn an uns verloren. Warum halten wir uns immer wieder zurück? Was haben wir denn zu verlieren - außer unseren eigenen Stolz?
Trauen sie den Menschen, denen sie begegnen! Ob es nun der Firmenchef, der Versicherungsvertreter, ihre Tante Frieda oder ein Bettler ist, der an ihrer Türe vorbeigeht. Trauen sie den Menschen, nicht, weil sie vor Enttäuschungen gefeit wären. Sondern deshalb, weil Gott selbst uns eine Gemeinschaft verheißen hat, in der das Vertrauen und Geben, das Hinhören und Lieben wesentlich dazugehört.
Dreifaltigkeit feiern, ist die eine Sache. Das, was damit gemeint ist, zu leben, ist die andere. Amen.
Liebe Schwestern und Brüder,
war Gandhi ein Christ?
Mit der Tatsache, dass immer weniger Menschen ihren Glauben
kennen und leben, schwindet auch der Begriff von dem, was
einen Christen ausmacht.
Eigentlich waren Christen die Menschen, die daran glaubten,
dass Jesus Christus Gottes Sohn ist. Und christlich war all
das, was diesem Glauben diente. Demnach war Gandhi eben kein
Christ, sondern ein Hinduist - und er hat demnach auch nicht
christlich gehandelt.
Heute haben wir die Begriffe verbogen: "Christen"
sind gute Menschen, sagt man - egal, was sie glauben. Und
"christlich" ist etwas, das selbstlos und hochherzig
ist, sagt man.
Damit hat man natürlich die Begriffe komplett verdreht. Jetzt ist ein edler Mensch, der sich für seine Firma, seine Familie oder seinen Verein einsetzt, ein guter Christ - auch wenn er überhaupt keine Beziehung zu Jesus Christus hat. Und es ist eine Beleidigung, den islamischen Glauben als "wahrhaft unchristlich" zu bezeichnen - auch wenn er genau das ist.
Das verwirrt natürlich. Da gibt es so seltsame Aussagen wie: "Man kann doch auch ein guter Christ sein, wenn man nicht jeden Tag betet und sonntags in die Kirche geht." Kann man das wirklich?
Der heutige Dreifaltigkeitssonntag stellt das in die Mitte, was Christsein ausmacht: Den Glauben an die Göttlichkeit Jesu; den Glauben an einen Gott, der in sich Beziehung ist und die Erkenntnis, das unser Glaube weder eine Lehre - noch eine Moral ist - sondern eine Beziehung.
Liebe Schwestern und Brüder, unser Glaube vollzieht sich zuallererst im direkten Kontakt zu Gott. Unser Gebet, unser Gespräch mit Gott und sein Ruf an uns, ist der Grund unseres Glaubens.
Augustinus sagte einmal zur Kommunion: "Empfangt, was ihr seid: Leib Christi! Damit ihr werdet, was ihr empfangt: Leib Christi!" - Wir sind nur dann Kirche und somit nur dann Christen, wenn wir uns mit Christus hier im Gottesdienst vereinigen. Das ist die Quelle unseres Lebens: Die Gottesbegegnung hier. Weil wir hier dem Schöpfer, Erlöser und Vollender begegnen, können wir eine neue Wahrheit erkennen und ein neues Leben führen. Es stimmt also schon: Christen erkennt man an dem, was sie glauben und wie sie leben.
Aber Christen wissen: Was wir glauben und wie wir leben wäre sinnlos und hätte nichts mit unserem Heil zu tun, wenn wir nicht zuallererst dem begegnen, der uns das schenkt.
Liebe Schwestern und Brüder, vielleicht ist unser Glaube hohl geworden: Wir haben eine christliche Fassade errichtet, aber dahinter wohnt keiner mehr. Wir haben einen Glauben, aber keine Beziehung mehr zu dem, der ihn uns geschenkt hat.
Aber vielleicht können wir es auch positiv sehen: Wir haben gottseidank noch eine christliche Fassade oder sogar ein Glaubens-Gebäude, jetzt brauchen wir nur noch den einzulassen, für den es geschaffen ist. Wir haben einen Glauben geschenkt bekommen, kennen ihn und wissen, was gut und gottgefällig ist. Jetzt brauchen wir nur noch Gott in unser Leben lassen, damit der Glauben lebendig wird.
Auf nichts wartet der dreifaltige Gott mehr als darauf, dass Sie ihn Sonntag für Sonntag bei sich einlassen, hier im Gottesdienst - und im persönlichen Gebet Tag für Tag.
Amen.
Liebe Schwestern und Brüder!
Es ist noch nicht so lange her, da haben wir in einigen unserer Kirchen-Liedern eine kleine, aber wichtige Sprachkorrektur vorgenommen: Die sogenannte inclusive Sprache wurde eingeführt. Denn oft genug war (auch in modernen Liedern) nur von den Brüdern die Rede; von der brüderlichen Gemeinschaft, vom brüderlichen Mahl und der brüderlichen Liebe. Die Schwestern waren zwar mitgemeint, aber nicht genannt. Inzwischen wurde dieser Umstand aber korrigiert, und die textliche Vorherrschaft der Männer beendet.
Auch wenn hier und da einem Text ein klein wenig Gewalt angetan werden musste, ist es gut, die Frauen auch wirklich mitzunennen. Immerhin sind Mädchen, Frauen und Mütter bei den Kirchenbesuchern überall in der Mehrheit; dann wäre mindestens unpassend, immer nur von der Brüdergemeinde zu reden.
Das gleiche wurde schon Jahre vorher bei der Anrede zu Beginn der Lesung bedacht. Nicht mehr nur «Liebe Brüder», sondern «liebe Brüder und Schwestern» oder «liebe Schwestern und Brüder» heißt es nun schon seit über 15 Jahren.
Ein Ausnahme bildet dabei aber die heutige Lesung: «Ihr habt einen Geist empfangen, der euch zu Söhnen macht» heißt es dort. Wenig später spricht Paulus zwar wieder von den Kindern Gottes (und damit sind wir alle angesprochen, auch wenn wir schon aus dem schlimmsten Jahren heraus sind), aber an dieser Stelle steht da eindeutig "Söhne".
Das ist aber kein Relikt aus einer männerfeindlichen Tradition; dieser «Fauxpas» ist auch nicht einfach übersehen worden. Vielmehr hat dies einen tiefen Grund. Denn wir sind nicht schon von Geburt an Kinder Gottes, wir werden es auch nicht durch Adoption oder Bestätigung. Wir können allein deshalb Gott unseren Vater nennen, weil er in uns Christus wieder erkennt. Weil wir seinem Sohn ähnlich geworden sind. Weil wir durch das Wirken des Geistes und den Empfang der Eucharistie die gleiche Sohnschaft erhalten, wie Jesus Christus sie hat.
Ohne Jesus Christus wäre es uns nicht möglich,
Gott unseren Vater zu nennen. Er ist unser einziger Zugang
zu Gott. Denn in unserem Glauben geht es ja nicht nur darum,
von Gott zu wissen. Als Glaubender bin ich kein Schüler.
Es geht nicht nur darum, unser irdisches Leben um eine unbestimmte
Frist zu verlängern und dafür ein Bündel von
Bedingungen zu akzeptieren. Als Glaubender bin ich kein Geschäftspartner.
Es geht auch nicht darum, sich richtig zu benehmen, damit
Gott dereinst mit mir zufrieden ist und ich den versprochenen
Lohn erhalte. Als Glaubender bin ich kein Angestellter.
Es geht darum, wie Christus zu werden, seine Sohnschaft zu erlangen, wie er es ist, selber Sohn zu werden. Denn uns ist mehr verheißen als Erkenntnis, Geschäft oder Lohn: Uns ist verheißen, in das innigste Liebesgeschehen der Dreifaltigkeit einzutauchen und dabei die Stelle des Sohnes einzunehmen.
Der Geist macht uns tatsächlich zu Söhnen, wie Paulus schreibt, egal, ob wir Mann und Frau sind. Und das ist kein Ausdrucksfehler, sondern eine der größten Verheißungen unseres Glaubens. Denn nur an der Stelle Christi werden wir auch zu Miterben der Verheißung. Amen.
Liebe Schwestern und Brüder!
In der Lesung steht ein seltsamer Satz aus dem Munde Gottes: «Ich spielte auf dem Erdenrund, und meine Freude war es, bei den Menschen zu sein.» Ein Satz aus dem Munde Gottes, der davon spricht, das Gott spielt. Ein spielender Gott?
Liebe Schwestern und Brüder, schauen sie einem kleinen Kind einmal beim Spielen zu. Vollkommen versunken, die ganze Welt vergessen, vertieft es sich in sein Spiel. Dabei will es nichts herstellen, nichts gewinnen oder erreichen. Ein solches Spiel ist vollkommen zweckfrei und selbstlos; Gegenstände werden zum Leben erweckt, bekommen eine Stimme und einen Willen.
Wie Kinder miteinander spielen, die noch keine Spiele mit
Regeln gelernt haben, sondern einfach nur ihr Phantasie spielen
lassen; so versteht Gott seine Beziehung zu uns:
Er hat uns geschaffen, ja; wir sind also seine Geschöpfe.
Aber er hat uns nicht geschaffen, damit wir einen Zweck erfüllen;
damit wir ihm die Langeweile vertreiben oder ihn unterhalten.
Er will mit uns nichts erreichen oder etwas gewinnen; auch
nicht den Nobelpreis für den besten Schöpfer oder
den liebsten Gott. Er hat uns auch nicht geschaffen, weil
er uns braucht oder weil er - im schlechten Sinne - mit uns
spielen will.
Sondern er hat uns geschaffen, weil er Freude an uns hat. Vollkommene Freude einfach an unserem Dasein. Er liebt es, bei uns zu wohnen und in unserer Nähe zu sein. Er ist wie Kind, das sich in unsere Welt vertieft und Totes zum Leben erweckt; er stellt Beziehungen her, will uns Vater sein und bezeichnet uns als seine Kinder. Er verliebt sich in seine Geschöpfe.
Ja, er vertieft sich so sehr in diese seine Welt, dass er richtig schmerzlich getroffen ist, als wir, seine Schöpfung, jede Beziehung zu ihm abbrechen. Als die Menschen beschliessen, nicht mehr mitzuspielen.
Ein Kind im Sandkasten hätte dieses Spiel beendet, die
Burgen zerstört und den Erdboden gleichgemacht. Aber
Gott hatte uns zu sehr in sein Herz geschlossen, als dass
er einfach eine neue Welt erschaffen hätte. Er erlebt
Nöte und Ängste, Freuden und Feste seiner Kind mit;
trauert und jubelt mit ihnen, er wählt sich ein Volk
aus und begleitet es - und bereitet es auf ein riesiges Wunder
vor:
Er bezieht er seinen eigenen, wirklichen Sohn in das Spiel
ein und lässt ihn sich bis auf die unterste Ebene erniedrigen.
Kein Kind kann sich so sehr in ein Spiel vertiefen, kein Mensch
kann sich so sehr in einer Beziehung verlieren. Aber Gott
kann es und hat es getan.
Damit ist seine Schöpfung, sein Spiel, ein Teil seiner eigenen, göttlichen Wirklichkeit geworden. Er hat alles in dieses Spiel investiert, sich selbst, seinen Sohn und seine ganze Liebe. Jetzt ist Seine Freude vollkommen: Allen hat er das Angebot gemacht, aus dem Sandkasten dieser Welt herauszutreten und Teil der göttlichen Wirklichkeit zu werden; zu Mitspielern. Alle, die das Wunder am Kreuz gesehen haben und von der größeren Wirklichkeit außerhalb dieses Sandkasten erfahren haben, als Jesus den Tod überwunden hat; die Gott, den Schöpfer aller Dinge in Jesus erkannt haben und daran glauben, können nun aus diesem Spiel heraustreten in eine bleibende Wirklichkeit bei Gott.
«Ich spielte auf dem Erdenrund, und meine Freude war es, bei den Menschen zu sein.»
Das ist Gott, der Dreifaltige: Gott der Schöpfer, der Sohn als der Erlöser und der Heilige Geist der Liebe. Amen.