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KARL-LEISNER-JUGEND |
von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2004)
Liebe Gemeinde!
Das heutige Fest hat den Namen Fronleichnam. Wahrscheinlich wissen viele gar nicht, was dieses Wort bedeutet: Vron heißt auf den Herrn bezogen, ihm geweiht, Leichnam bedeutet Leib. Gemeint ist der Herrenleib, der heilige Leib Jesu. Den also feiern wir heute.
Aber hier können wir schon ins Stutzen kommen: Wie kann man einen Leib feiern? Feste zu Ehren unseres Herrn Jesus Christus haben wir ja jede Menge, vor allem das Fest seiner Geburt und seiner Auferstehung. Aber ein eigenes Fest für seinen Leib?
Am Weihnachtsfest wird uns verkündet: Das Wort ist Fleisch geworden. Achten wir einmal genau auf den Wortlaut; es heißt ja nicht: Das Wort ist Geist geworden. Was Gott uns zu sagen hat, das sagt er uns in seinem Sohn nicht nur auf geistige Weise, sondern leibhaftig, mit seinem Fleisch und Blut. Jesu Fleisch und Blut ist wirklich eine Mitteilung Gottes, ein Wort, ein Geschenk, eine Übergabe von ganz besonderer, eben göttlicher Art. Wenn wir uns schon freuen über die alltäglichen göttlichen Gaben wie z.B. Getreide, Gemüse, Wasser, Sonne usw., wieviel mehr müssen wir uns dann freuen über diese einmalige Gabe Gottes: seinen Mensch gewordenen Sohn, der im Fleische sichtbar erschienen ist. Ja, vom heutigen Fest her gesehen, müssen wir noch einen Schritt weitergehen und sagen: Jesus ist nicht nur im Fleische sichtbar erschienen, er hält mit uns eine fortdauernde leibliche Gemeinschaft. Wir haben nicht nur geistigen Kontakt mit Jesus, etwa wenn wir zu ihm beten, sondern wir können leiblich mit ihm eins werden, dann nämlich wenn wir seinen Leib und sein Blut empfangen in der heiligen Kommunion.
Schon in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen ist es ja so, daß uns die rein geistigen Kontakte nicht genug sind. Es ist zwar schön, an einen geliebten Menschen zu denken, mit ihm zu telefonieren, aber nichts geht über eine zärtliche Berührung.
Wenn wir die Bibel aufschlagen, entdecken wir auf vielen Seiten, welch intime Gemeinschaft uns Gott anbietet. Dies wird sehr oft mit dem Bild der ehelichen Gemeinschaft ausgedrückt: Gott schließt mit seinem Volk einen Bund, der so innig ist wie der Bund der Ehegatten, ja, der von Gottes Seite her eine unverbrüchliche Treue einschließt. Dieser Bund erfährt im Neuen Testament eine Überbietung, die wir uns nie hätten ausdenken können: Gott besiegelt seinen Bund mit der Hingabe seines Sohnes, mit seinem Leib, den er für uns hingegeben hat, und mit seinem Blut, das er für uns vergossen hat. Gottes Liebe wird erwiesen durch eine leibhaftige Tat: Jesus läßt seinen Leib für alle Schuld der Welt zerbrechen und sein Blut für alle ichsüchtigen Menschen vergießen.
Von nun an können wir Gottes liebendes Wort ganz in uns aufnehmen, indem wir Jesus in uns aufnehmen in der eucharistischen Gestalt seiner Hingabe, nämlich in der Hostie. (Hostie heißt ja auf Deutsch: Opfer, Hingabe). Dann sind wir wirklich in ihm, und er ist in uns.
So haben wir wirklich allen Grund, ein Fest zu feiern, ein Fest des Leibes und Blutes Jesu, ein Fest, das das himmlische Hochzeitsmahl vorwegnimmt: Selig, die zum Hochzeitsmahl des Lammes geladen sind!
Liebe Schwestern und Brüder,
das Fronleichnamsfest ist unter den großen Festen unserer Kirche erst jüngeren Datums. Erst 1246 wird dieses Fest auf Anregung der Nonne Juliane von Lüttich in der Diözese Lüttich eingeführt, 1317 durch den Papst für die ganze Kirche.
Manche der heutigen Theologen, Priester oder auch gläubigen kritisieren dieses Fest. Sie sagen, dass es ursprünglich nicht üblich war, den Leib und das Blut Jesu nicht zu verehren. Der Leib Christi wäre zum Empfang für die Gläubigen bestimmt, nicht zur Aufbewahrung oder Anbetung. Die eucharistische Verehrung, so wie wir sie heute kennen, sei erst ein Produkt des Mittelalters.
Einmal davon abgesehen, dass allein schon das Wort "Mittelalter" einen seltsamen Klang in unseren Ohren hat (und wir immer noch das Bild vom dunklen, abergläubischen Zeitalter im Hinterkopf haben), stellt sich hier die Frage, ob es immer gut ist, zu den Ursprüngen zurückzukehren.
Es ist eine Form des Traditionalismus, alles zu Verteufeln, was erst im Laufe der Jahrhunderte entstanden ist. Der Glaube, den die Apostel empfangen und weitergegeben haben, darf selbstverständlich nicht einfach abgeändert und unserem Zeitgeschmack angepasst werden.
Aber die Tatsache, dass wir den Glauben nicht verkürzen dürfen,
heißt gerade nicht, dass er sich nicht noch entfalten lässt.
Im Laufe der Jahrhunderte ist zwar der Glaube nicht reicher geworden,
aber das Leben der Kirche. Erst viel später ist die Mönchsbewegung
entstanden, die meisten Hochfeste haben sich erst Jahrhunderte später
entwickelt, Sprache, Gebete und Gesänge haben sich entwickelt und
entfaltet - unsere Liturgie ist ein Produkt des Geistes, der in der Geschichte
der Kirche wirkt.
Das Fronleichnamsfest ist vielleicht einmal so etwas wie die "Flursegnung"
gewesen - ein Kombination aus der antiken "Besitzerneuerung durch
Umschreiten" und dem christlichen Segnungsgedanken. Auch das ist
bestimmt nicht biblisch, aber doch durchaus schön. Wir segnen unser
Dorf und unsere Felder mit dem anwesenden Herrn - und erneuern sozusagen
SEINEN Besitzanspruch auf alles, was wir haben.
Heute hat sich der Charakter der Fronleichnamsprozession wieder ein wenig geändert - angesichts der zunehmenden Entchristlichung wird die Prozession zu einem Zeugnis. Wir bekennen unseren Glauben angesichts einer verständnislosen Welt.
Vielleicht kommen Sie sich in der Prozession blöd vor, fühlen sich unwohl wie in einem Schaufenster. Manche schauen ungläubig und verschlafen zwischen den Vorhängen hervor, manche spötteln offen. Dann trotzdem zu gehen, ist ein Zeugnis.
Liebe Schwestern und Brüder, wir tragen in der Monstranz den Herrn persönlich durch die Strassen. Dadurch, dass wir mitgehen und schmücken, bekennen wir diesen Glauben vor aller Welt. Fürchten wir nicht den Spott und den Unglauben - Jesus hat zu seiner Zeit mehr darunter gelitten als wir.
Bedenken wir aber vor allem, dass wir selbst zu einer Art Monstranz werden. "Erlöster sollten sie aussehen, die Erlösten" hat Nietzsche einmal gesagt. Nun, wir, die Erlösten können nicht unbedingt am Gesichtsausdruck erkannt werden. Aber doch an dem, was wir tun.
Die Fronleichnamsprozession ist sicherlich auch zu anderen Zeit (vor allem während der NS-Zeit) eine offene, öffentliche Entscheidung gewesen: "Auf welcher Seite stehe ich?" - Aber diese Entscheidungen sind auch heute notwendig.
So wandelt sich der Glaube durch die Zeiten, so wandeln sich die Formen und Bedeutungen - und doch bleibt der Kern der gleiche: Jesus hat sich ein für alle Mal entschieden, auf welcher Seite er steht. Er hat sich in unsere Hände gegeben. Und tut es immer wieder. Amen.
Liebe Schwestern und Brüder!
In der Lesung haben wir von Mose und den Bund gehört, den er mit Gott am Sinai geschlossen hat. Und im Evangelium ist die Rede von Gottes neuem Bund mit denen, die zu Christus gehören, also den Christen. Beide Male spielt das Blut eine entscheidende Rolle: Bei Mose ist es das Blut junger Stiere, den wertvollsten Opfertieren, das den Bund besiegelt; bei Jesu ist es sein eigenes Blut; das Blut, das er am Kreuz vergossen hat.
Was soll das? Warum wird da sooft vom Blut gesprochen? Warum können wir mit Gott nicht einfach einen Vertrag schließen und mit Tinte unterschreiben? Ist das nicht friedlicher?
Nun, wenn wir vom Blut in diesem Zusammenhand hören, dann denken wir vielleicht zunächst an Krieg und Verbrechen, an Blutvergießen. Damit kommen wir der tieferen Bedeutung des Wortes schon näher: Blut ist das Symbol des eigentlichen Lebens. Wenn wir von «Blutsbrüderschaft» bei Winnetou und Old Shatterhand hören, dann denken wir daran, dass sie ihr Leben für einander einsetzen. Genauso meint «Blutsverwandtschaft» mehr als nur ein Abstammungsverhältnis, es meint, dass wir zutiefst zusammengehören. Und - wir sprechen davon, dass wir bereit sind, für einen anderen Menschen unser Blut zu geben, dem wir mehr verbunden sind als anderen.
Gott schließt also seinen Bund mit uns in seinem Fleisch und seinem Blut. Mit anderen Worten: Er gibt nicht nur sein Ehrenwort, er gibt sich uns selbst. Er bindet sich an uns; eben nicht nur mit bloßen Worten oder mit einem einfachen Vertrag (den man wieder zerreißen könnte), sondern mit seinem eigenen Leben.
Also steht im neuen Bund anstelle des Opferlamms, das beim Paschamahl Gott dargebracht wird, nun Christus selbst. Er fordert eben nicht unser Blut oder das Blut irgendwelcher Tiere, sondern Jesus vollbringt selbst alles Entscheidende: Er bindet sich an uns, er schließt den Bund. Er ist es schließlich, der mit uns die Eucharistie feiert.
Als die Jünger das Paschamahl feiern wollten, finden sie alles schon
geregelt: Jesus hat bereits Ort und Zeitpunkt festgelegt, das Festgemach
ist bereitet.
Warum wird so ausdrücklich erwähnt, dass die Jünger alles
so vorfinden, ohne selbst alles zu organisieren? Weil es seine Feier ist.
Nicht die Apostel sind diejenigen, die den neuen, alles versöhnenden
Bund mit Gott schließen, sondern Jesus tut es. Er ist der Handelnde
im Gottesdienst, im Abendmahlssaal - und auch heute.
Und wir sind die Beschenkten. Wir sind diejenigen, denen der Friedensschluss gilt: All das hat er für uns getan. Unser Teil ist das Danken und das Loben, das Staunen über dieses Geschenk und die innere Bereitschaft, uns ebenfalls mit Gott versöhnen zu lassen, uns ebenfalls mit Fleisch und Blut diesem Gott zu weihen. Deshalb heißt die Messfeier auch Eucharistie - auf deutsch: Danksagung -, weil wir nicht die Macher einer Messe sind, sondern die Beschenkten.
Dieser Gedanke kann manchmal etwas zurückgedrängt werden, wenn wir zum Gottesdienst kommen, mit unseren eigenen Problemen beladen, mit Sorgen und Nöten - manchmal übermüdet oder zerstreut. Und dann bilden wir uns ein, es hänge von uns ab, ob der Gottesdienst etwas bringt oder nicht. Aber gerade davon sind wir befreit: «Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid», sagt Jesus. Wir sind befreit von dem Druck, etwas bieten zu müssen, auf Biegen und Brechen unterhaltsam sein zu müssen. Wir können uns einfach nur beschenken lassen. Dazu lädt er uns ein. Amen.
Liebe Schwestern und Brüder.
die Eucharistiefeier, das Zentrum unseres Glaubens, ist auch das Zentrum unserer Gemeinde. Hier treffen wir uns alle - ob jung oder alt, ob engagiert oder distanziert, ob modern oder eher altmodisch.
Hier kommen wir zusammen, um gemeinsam Gottesdienst zu feiern und Mahl zu halten. Wir sind geladen an den Tisch des Herrn.
Nun ist es aber kein Geheimnis, dass das gemeinsame Essen nur ein sehr dürftiges Zeichen ist: Allzuviel zu essen gibt es im Gottesdienst nicht, vom trinken ganz zu schweigen. Und gemeinsam tun wir es auch nicht: Alles geht hier schön nach der Reihe. Wir stehen eher wie im Supermarkt Schlange.
Das stört vielleicht. Viele, die einen Gottesdienst vorbereiten, sind bemüht, den Gedanken des gemeinsamen Essens, des Mahl-Halten, deutlicher herauszuheben. Aber das stößt an seine Grenzen: Was wir hier im Gottesdienst feiern, kann nicht an eine wirklich gemütliches Essen (beispielsweise nebenan) herankommen. Und ein Schnitzel mit Pommes macht allemal eher satt als ein kleines Stückchen Brot, dem sogar noch die Hefe fehlt.
Um dem abzuhelfen, werden hier und da Tischmessen angeboten; in kleineren Gruppen wird manchmal zur Eucharistiefeier richtige, selbstgebackene Brote genommen; der Tisch wird festlich gedeckt - man tut alles, um den Mahlcharakter in den Vordergrund zu stellen und ihm gerecht zu werden.
So gutgemeint, wie diese Versuche allerdings sind: Der Mahlcharakter
steht absichtlich nicht im Vordergrund; ganz bewusst hat dieser Gottesdienst
nur nebenbei Ähnlichkeit mit einem Mahl.
Der Ursprung unseres Gottesdienstes geht ja auf das Paschamahl zurück,
kurz vor dem Auszug aus Ägypten. Da ist keine Rede von einem gemütlichem
Beisammensein: Stehend soll gegessen werden, den Mantel und Gürtel
bereits angelegt. Hastig soll gegessen werden, dann der Aufbruch ins gelobte
Land steht kurz bevor. Man sitzt nicht im Kreis: Alle sollen zur Tür
hin stehen, hintereinander, nebeneinander: Denn es ist der Vorübergang
des Herrn. Was verzehrt wird, ist ungesäuertes Brot: Denn es war
keine Zeit, die Hefe gehen zu lassen; man ist schon unterwegs.
All dieses zerstört den Mahlcharakter, ist aber wesentliches Element unserer Eucharistiefeier: Wir sind unterwegs, unser Gottesdienst dient der Stärkung auf unserer Lebensreise. Das wirklich gemütliche Mahl mit reich gedecktem Tisch erwartet uns im Himmel - hier müssen wir uns mit dem dürftigen Brot zufrieden gegeben. Wir sind kein in sich abgeschlossener Kreis, der sich um den Tisch versammelt; wir sind ein Pilgerzug auf dem Weg ins gelobte Land - wie die Israeliten. Wir sind eben noch nicht angekommen.
Das wir zu Kommunion gehen, einer nach dem anderen, dass das Essen selber nur einen kurzen Augenblick dauert; dass dabei von Gemütlichkeit gar nicht die Rede sein kann; dass der Brot, dass uns gereicht wird, nur den Geist und die Seele stärkt, den Körper aber kaum satt macht - all das ist viel wichtiger und ursprünglicher als die Form des Festmahles mit reich gedecktem Tisch.
Und dass die Gemeinschaft, die wir erfahren, nicht in erster Linie in der Tischgemeinschaft, sondern in der Weggemeinschaft zum Ausdruck kommt, ist ebenso richtig, für die heutige Zeit vielleicht sogar noch wichtiger: Denn noch sind wir nicht am Ziel unseres Lebens. Wir müssen uns immer wieder daran erinnern und auch erinnern lassen, dass wir uns hier nicht zu dauerhaft einrichten. Unsere Heimat ist im Himmel.
Deswegen hat Jesus nicht die Agapefeier, das gemütlich Ritual der Tischgemeinschaft (mit den Sündern und Zöllnern), sondern das hastige und ungemütliche Paschamahl als Form für sein Andenken gewählt. Und ganz besonders deutlich wird unser Auf-dem-Weg-sein mit dem Herrn im Zeichen der Fronleichnamsprozession. Amen.
Liebe Schwestern und Brüder,
als Geschöpfe Gottes sind wir restlos auf ihn angewiesen. Jedes Leben, das in uns wirkt, haben wir nur deshalb, weil es Gott gibt. Wir sind voll und ganz von ihm abhängig - keine Sekunde könnten wir ohne ihn existieren. Eigentlich müsste jeder Mensch, der sich von Gott trennt, augenblicklich aus dem Dasein schwinden.
Aber als Gott uns erschaffen hat, da hat er uns eine gewissen Selbstständigkeit gegeben, eine Art Lebensvorschuss. Er hat uns auf dem Weg unseres Lebens eine gehörige Portion Leben in den Rucksack gepackt - und uns damit die Freiheit gegeben, auch gegen Gott zu sein und trotzdem noch zu leben. Nur aus diesem Grunde können wir, die wir uns von Gott immer wieder lossagen, trotzdem noch atmen, uns bewegen und weiterleben.
Aber dieser Lebensvorrat ist begrenzt. Ohne Gott geht er rasch zur Neige; das Leben wird flacher und oberflächlicher ohne Gott - egoistischer und aggressiver.
Es sei denn, wir kehren zu Gott zurück, zur Quelle unseres Lebens, zum Brot unseres Lebens. Wir Katholiken glauben, dass wir unser Leben in den Sakramenten empfangen - Lebensvorrat; Lebensfreude und Tiefgang; Kraft Verzeihung zu gewähren und Kraft, um Verzeihung zu bitten.
Liebe Schwestern und Brüder, wenn wir Gottesdienst feiern, dann nicht aus einem sentimentalen Gefühl des Gedenkens heraus. Wir gedenken zwar dem Tod und der Auferstehung Jesu, gleichzeitig empfangen wir aber die Frucht des österlichen Geschehens: Leben!
Deshalb ist es kein Gleichnis, das Jesus benutzt, wenn er davon spricht, dass dieses Brot ewiges Leben schenkt. Gemeint ist auch nicht, das wir befreit sind vom irdischen Tod - der genau genommen nicht das schlimmste ist, was uns passieren kann. Nein, wir sind vielmehr befreit vom ewigen Tod, der Begrenztheit unserer Lebensreserve.
Dieses Brot ist wirklich eine Speise: So wie uns jede Kilokalorie am Leben erhält, das wir auf dieser Welt leben, so erhält uns jede einzelne Hostie am Leben, das wie hier und vor Gott leben.
Liebe Schwestern und Brüder,
schon seit langem gibt es eine immer wiederkehrende Diskussion über
die Zulassung zum Abendmahl, zur Eucharistiefeier. Da geht es zum einen
um die Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten
- eine Diskussion, die heute nicht mehr ganz so laut geführt wird,
aber vor Jahren noch die Medien beherrschte - und zum anderen um die Frage,
ob wir nichtkatholische Christen zu unserer Kommunion einladen dürfen.
Der erste gemeinsame Kirchentag in Berlin war zumindest im Vorfeld von
dieser Frage geprägt; während des Kirchentages selber spielte
diese Diskussion nur eine untergeordnete Rolle.
Auch an meiner Schule in Recke gibt es immer wieder Diskussionen, ob die
evangelischen Schüler nicht zur Messfeier der Schule eingeladen werden
sollen oder dürfen. Eine ablehnende Haltung stößt oft
auf Unverständnis.
Nun ist die offizielle Linie der katholischen Kirche mehr als eindeutig; der Papst hat noch vor wenigen Wochen in einer sehr persönlichen und schon fast lyrischen Enzyklika von der Schönheit und Heiligkeit der Messe geschrieben und dabei die Zulassungsbedingungen zur Eucharistiefeier bestätigt. Ein katholischer Professor, der während des ÖKT zu einer katholischen Messe ausdrücklich die evangelischen Christen eingeladen hat, wurde ebenso ermahnt wie ein katholischer Pfarrer, der an einem evangelischen Abendmahlsgottesdienst teilgenommen hat.
Zunächst ist es allerdings weniger eine Frage des Rechtes und der Sanktionen, sondern eine Frage der gegenseitigen Achtung. Ich muss nicht unbedingt verstehen, warum man in einer Moschee die Schuhe auszieht, in der Synagoge (zumindest als Mann) eine Kopfbedeckung aufsetzt und sie in der katholischen Kirche wieder absetzen soll: Ich respektiere die Vorstellungen anderer Religionen und Konfessionen nicht nur dann, wenn ich sie mit meinem eigenen Glauben vereinbaren kann. Das ist ziemlich hochmütig. Vielmehr respektiere ich andere Religionen und Konfessionen aus Hochachtung vor deren eigenen Traditionen. Genauso respektieren wir Katholiken den Wunsch der orthodoxen, nicht an deren Messfeiern teilzunehmen: Theologisch wäre das möglich, aber aus Respekt vor den Gefühlen der anderen Konfessionen sollte ich deren Wunsch nicht einfach missachten.
Es ist schade, wenn das Sakrament und die Feier unseres Glaubens zum Gegenstand von Auseinandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten wird. Wir Katholiken sehen in der Kommunion, der Vereinigung mit Gott, nicht nur ein "Hilfsmittel", sondern auch ein Sinnbild der Einheit.
In früher Zeit gab es drei Sakramente, die in die Kirche hineinführten:
Die Taufe als erstes und grundlegendes Sakrament, danach die Firmung und
zuletzt die Zulassung zur Eucharistie und Kommunion (in dieser Reihenfolge!).
Wer zur Kommunion hinzutreten durfte, war volles und akzeptiertes Mitglied
der Gemeinde. Die Feier der Messe war die Feier der Einheit mit Gott und
untereinander.
Die Eucharistiegemeinschaft war also keineswegs ein erster Schritt auf
dem Weg zur vollen Gemeinschaft, sie ist das Ziel und der Höhepunkt
des kirchlichen Lebens. So war es ja auch in den ersten Jahrhunderten
üblich, bei schwere Sünde gegen Gott oder die Einheit der Gemeinde,
der Eucharistiefeier fernzubleiben, bis eine angemessene Zeit der Buße
geleistet wurde. Die Teilnahme an der Kommunion, der Vereinigung mit Christus,
gibt Kraft für den weiteren Lebensweg - Kraft zum Glauben und Kraft
zum Leben. Aber sie ist nicht der Ausgangspunkt, um auf Christus und seine
Kirche zuzugehen, sondern sie ist Ziel für denjenigen, der sich auf
den Weg zu Christus macht.
Liebe Schwestern und Brüder, dass gerade das Sakrament der Einheit zum Zankapfel wird, ist schade und unangemessen. Aber wenn die Abendmahlgemeinschaft wirklich Bild der Einheit ist, dann müssen wir zuvor an der Einheit der Christen arbeiten und dürfen die Einheit nicht feiern, wenn sie noch nicht geschaffen wurde. Nehmen wir das Wort des Papstes ernst: Wirklich alles gemeinsam tun, was wir nicht getrennt tun müssen - und wir haben alles Hände voll zu tun. Es gibt viel zu tun - packen wir es (in der richtigen Reihenfolge) an! - Amen.
Liebe Schwestern und Brüder!
Stellen sie sich vor, sie müssten für lange Zeit Abschied nehmen
von einem geliebten Freund. Irgendeine Pflicht ruft sie weg. Sie müssen
gehen und sich trennen. Was können Sie da tun, um über den räumlichen
Abstand hinweg verbunden zu bleiben?
Wir Menschen sind da sehr erfinderisch geworden, weil solche Trennungen
schmerzlich sind. Wir schreiben zum Beispiel Briefe, seit längerem
gibt es ja auch schon das Telefon; wir tauschen Andenken aus, vor allem
Photos, die uns an den guten Freund erinnern.
Vielleicht vereinbaren wir auch einen besonderen Tag in der Woche, wo
wir besonders viel an den anderen denken und für ihn beten.
Aber das alles ersetzt noch nicht die wirkliche Gegenwart das fernen Freundes. Er bleibt von uns getrennt - und das Photo von ihm verblasst auf die Dauer, vielleicht genauso, wie die Erinnerung.
Was wir nicht können, das vermag Jesus Christus, unser göttlicher Freund. Als er seine Jünger bei seiner Himmelfahrt verlassen musste, hat er ihnen und uns nicht nur ein reines Andenken hinterlassen - irgendein Symbol für seine bleibende Liebe, ein Gedenktag oder eine reine Gedächtnisfeier, sondern er ist selbst bei uns geblieben - unter den Gestalten von Brot und Wein.
Im allerheiligsten Sakrament des Altares ist Jesus Christus wahrhaft,
wirklich und real gegenwärtig.
Wahrhaft gegenwärtig: Es ist keine Übertreibung, kein frommer
Überschwang, keine Irreführung oder Selbsttäuschung.
Wirklich gegenwärtig: Nicht bloß in Gedanken, im Zeichen oder
nur als Symbol, nicht nur als Erinnerung.
Real gegenwärtig: Christus selbst in seiner Person, mit seiner ganzen
menschlichen und göttlichen Natur. Er sieht uns und er hört
uns dort vom Tabernakel aus, er ist wirklich da. Wir können mit ihm
reden nicht nur, als wäre er da, sondern wir können mit ihm
reden, weil er da ist.
Das klingt unglaublich, nicht wahr?
Letztens habe ich mit einer jungen Frau gesprochen, die mir ganz klar sagte, dass für sie die Hostie Brot bleibt; dass das Stückchen Brot nur ein Zeichen sei, genauso, wie auch das Kreuz nur ein Zeichen ist. Das sei doch so viel einfacher und nicht so kompliziert, vor allem auch für die Kinder. Sie sagte mir allerdings auch, dass heute sowieso kaum noch ein Katholik an die wirkliche Gegenwart Christi im Altarssakrament glauben würde.
Was ist denn der Grund, weshalb die Christen seit 2000 Jahren daran glauben? Etwa irgendeine vernünftige Überlegung, die heute durch eine noch vernünftigere ersetzt werden muss?
Oder - liegt es vielleicht an der Gelehrsamkeit der Theologen und Prediger, dass so viele Christen diesen Glauben angenommen haben? Die ersten Jünger Jesu waren jedenfalls keine gelehrten Leute, sondern einfache Fischer. Sie haben auch keine tollen Beweisgründe für ihren Glauben angeführt, sondern schlicht das weitergesagt, was sie von Jesus gehört haben - nicht mehr und nicht weniger.
Unser christlicher Glaube beruht eben nicht auf Erfahrung oder eigener Einsicht, denn auf diesem Feld sind wir sehr irrtumsfähig. Augen, Mund und Hände täuschen sich oft, gerade auch vor der Hostie, die wir in der Kommunion empfangen.
Glauben bedeutet vielmehr, das, was Jesus uns geoffenbart hat, anzunehmen.
Denn unseren Glauben machen wir nicht, wir beschließen ihn auch
nicht - und wir können auch nicht darüber abstimmen. Glaube
kommt von «Hören» - und das Gehörte leben und weitersagen.
Und das ist auch meine Aufgabe hier - und auch sonst -: nichts anderes
zu sagen als das, was Christus geoffenbart hat. Nicht, weil ich dafür
bezahlt werde oder weil ich sonst Druck bekommen würde, sondern weil
es niemand anderes in der Welt gibt, der so sicher die Wahrheit sagt wie
Jesus Christus.
Das Fronleichnamsfest ist das Fest der Gegenwart Gottes in unserer Welt.
Und in der Monstranz tragen wir nicht nur ein Stückchen Brot, sondern
Gott selbst durch unsere Straßen. Dass der Glaube daran schwer fällt,
ist natürlich, weil wir normalerweise das, was wir sehen, für
wirklicher halten, als das, was wir glauben.
Aber das ist kein Problem, solange wir wissen, damit umzugehen: Gott nämlich zu bitten, unseren Glauben zu stärken und unsere Liebe zu entzünden, wie zum Beispiel in dem Lied, das Thomas von Aquin im Mittelalter getextet hat:
«Kann ich nicht wie Thomas schaun die Wunden rot,
bet ich dennoch gläubig, Du mein Herr und Gott.
Tief und tiefer werde dieser Glaube mein,
fester lass die Hoffnung, treu die Liebe sein.»
Amen.
Liebe Schwestern und Brüder,
An meine früheste Begegnung mit dem Fronleichnamsfest kann ich mich noch gut erinnern. Unser Haus stand an einer kleinen Straße, über die auch die Fronleichnamsprozession führte. Meine Mutter stellte mir einen kleinen Stuhl auf dem Rasen, damit ich dort auf das Vorbeiziehen der Prozession warten könnte. Ich war anscheinend noch zu klein, um mitgehen zu können, aber meine Mutter fand wohl auch, dass es zur religiösen Erziehung dazugehörte, dass ich mich irgendwie doch beteiligte. - Darum der Stuhl, auf dem ich nun allein wartete, darum auch die Anweisung: Wenn all die Leute kommen, und wenn der Pastor kommt - das Wort "Monstranz" und alles, was dahintersteckt, kannte ich sicher noch nicht - dann ist es Zeit, hinzuknien auf dem Rasen. Und du musst warten, bis alle vorbeigezogen sind.
Als Kind waren mir solche Anweisungen sehr wichtig; schließlich war mir klar geworden, dass es sich um eine wichtige Angelegenheit handelte. Und so befolgte ich dann auch die Anweisungen meiner Mutter genau: Die Prozession, von mir spannend erwartet, näherte sich. Ich sah Fahnen und festlich gekleidete Menschen, ich sah den Priester und höre die Schellen, und ich ging auf die Knie. - Das ist meine erste Erinnerung an Fronleichnam.
Ich habe noch des öfteren darüber nachgedacht. Es ist ja so, dass man nur recht wenige Punkte aus der eigenen frühen Kindheit in Erinnerung behält; vieles geht ins Unterbewusste oder auch verloren. Was habe ich aus diesem Erlebnis für mich gewonnen?
Zwei Dinge finde ich wichtig. Zuerst einmal: Das, was ich als Kind getan und erlebt habe, bleibt. - Nichts ist dümmer und verkehrter, als zu sagen: "Das soll mein Sohn, meine Tochter, selbst entscheiden." - Man kann nur das lieben, was man auch kennt. Und wie soll man etwas kennen, mit dem man nicht vertraut geworden ist? Darum sind Feste und Feiern und äußere Zeichen wie die Prozession an Fronleichnam so wichtig: Sie machen uns vertraut mit dem, was wir glauben. Jesus will, dass wir mit ihm vertrauten Umgang haben. Er hat darum auch die größtmögliche Weise des vertrauten Umgangs mit uns gewählt: In den Zeichen von Brot und Wein kommuniziert er mit uns und wir kommunizieren mit ihm, ja wir kommunizieren ihn, wir nehmen ihn selbst auf.
Fast jede Gemeinde noch feiert jährlich einen Erstkommunionsonntag. Die Kinder sollen vertraut werden mit der Liebe und der Freundschaft Christi. Aber ohne die Regelmäßigkeit, die die Vertrautheit erst ermöglicht, kann nichts wachsen. Ohne die sonntägliche Versammlung, die Feier des Herrentages, können wir als Gemeinde noch so viele Aktivitäten und Einfälle und Ideen und Programme entwickeln - es bleibt fruchtlos, wenn die Mitte fehlt.
Ein zweites finde ich ebenso wichtig: Ich habe gelernt, dass es recht ist, vor diesem Sakrament hinzuknien. Hinknien, sich verneigen, das bedeutet: Ich anerkenne, dass ich nicht selber das Maß aller Dinge bin. Es gibt etwas, das den Anspruch hat, größer zu sein als ich. Es gibt etwas - richtiger wäre zu sagen: Es gibt jemanden. Denn die Eucharistie, die wir feiern und die wir verehren, ist keine Sache. Die heilige Hostie, die wir in der Monstranz sehen und die wir empfangen, ist nicht einfach "heiliges Brot". Ich mag diesen Ausdruck nicht, auch wenn er gut gemeint ist. Heiliges Brot wäre wiederum nur eine, wenn auch sehr bedeutsame, Sache. Der Leib Christi ist keine Sache, er ist Fronleichnam - hingeopferter, aber als Geopferter lebendiger, auferstandener, mit Geist und Leben ganz erfüllter Leib, mit dem sich Christus selbst uns mitteilt. - In der Eucharistie ist die Begegnung mit Gott so verdichtet, dass wir niederknien dürfen. Alle knien nieder, auch die Großen, die etwas zu sagen haben, die ein wichtiges Amt haben, auf die man hört - auch das hat auf mich als Kind Eindruck hinterlassen.
Amen.
Liebe Schwestern und Brüder,
Erinnern sie sich noch an das getrennte Deutschland, als Ost und West noch scheinbar unüberwindbar gegenüber standen? Oder erinnern sie sich noch an die Qualen und Nöte des letzten Krieges? An die Angst ob und wie man überlebt? Erinnern sie sich noch daran, wie es ihnen das letzte mal so richtig dreckig ging? Erinnern sie sich noch, als Gott sie bis an die Grenzen ihrer Kräfte gefordert hat, bevor er sie nun dahin geführt hat, wo sie heute stehen?
das Volk Israel wird in der heutigen Lesung von Mose dazu aufgefordert, sich zu erinnern, an den ganzen Weg zu erinnern, nicht nur an die schönen Stunden, die sie momentan durchleben, sondern auch an die Stunden in der Wüste, wo sie durch Feuernattern und Skorpione, durch ausgedörrtes Land gehen mußten, wo es kein Wasser gab. Dieses Beschreibung der Not des Volkes Israels gilt auch für uns. Auch wir sollen uns an unsere schweren Stunden erinnern: als wir uns so am Ende fühlten, als wenn wir in der Wüste unter Feuernattern und Skorpionen wären, die uns nach dem leben trachten. Sich so von Gott verlassen fühlen, daß wir Angst um unser Überleben haben, wo wir uns nach Wasser lechzen, weil wir am verdursten sind, weil wir am ende sind, keinen Sinn mehr im Leben sehen, bzw. vor Schwierigkeiten nicht mehr weiter wissen. erinnern sie sich n solche Zeiten?
Das Volk Israel soll sich auch an diese schweren Stunden erinnern, weil Gott es da heraus geführt hat. Da, wo es kein Wasser gab, hat Gott Wasser aus dem Felsen hervor sprudeln lassen, er hat das Volk Israel mit Manna gespeist. genauso hat er auch sie aus ihrer not befreit und dorthin geführt, wo sie heute sind. Er hat und wird sie aus ihrem persönlichen not befreien, er hat uns aus der Knechtschaft Hitlers befreit. und er hat die friedliche Revolution im Osten Deutschland ermöglicht. "Mit meinem Gott überspringe ich Mauern" hieß der Psalm am 9. November 1989. Die Kirchen, der Papst, das Gebet, Gott haben wesentlich zur friedlichen Revolution und zur deutschen Einheit beigetragen.
"Nimm dich in acht," heißt es in der Lesung zum Volk Israel, "daß dein Herz nicht hochmütig wird und den Herrn, deinen Gott vergißt" in seinem Wohlstand, den Israel in der damaligen zeit erlebt hat, soll es nicht vergessen, wem sie dieses leben verdanken. Sie sollen nicht hochmütig werden, nicht glauben, daß man selbst alles schafft. Das gleiche gilt für uns heute. Auch wir sollen nicht vergessen, daß Gott uns das Leben schenkt, wir sollen nicht hochmütig werden, und glauben, selber alles zu können. Gott schenkt das leben.
im Evangelium verdeutlicht Jesus diesen Aspekt nochmals, wenn er sagt: "wenn ihr mein Fleisch nicht eßt und mein Blut nicht trinkt, habt ihr nicht das Leben in euch." Gott schenkt uns das Leben: er gibt uns Nahrung in der Wüste, wenn wir an die grenze unserer kraft gekommen sind, wenn wir leid erfahren, er gab dem Volk Israel das Manna in der Wüste, und er gibt uns das Leben durch die Hingabe seines Sohnes am kreuz, der uns seinen Leib opfert.
Dieser Leib ist mehr als das Manna in der Wüste, sagt Jesus selbst. Sein Leib gibt uns das ewige Leben. Er gibt es hin für das Leben der Welt, für unser Leben. Er will uns nicht nur ein bißchen stärken, sondern er sagt, dieser sein Leib ist wirklich eine Speise und sein Blut ist wirklich ein Trank. Sein Leib und sein Blut sind also wirklich Lebenshilfen, die auch dauerhaft halten, nicht nur für den Augenblick einer Zigarette. Und er sagt auch, daß diese Zigarette, beispielhaft für alle anderen sinngebenden Dinge im Leben, nichts nützt. Alle Esoterik, jeder Glaube an irgendweine übersinnliche Kraft nützt nichts. Jesus sagt: "Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht eßt und sein Blut nicht trinkt, habt ihr nicht das Leben in euch." Gott schenkt uns durch seinen Leib und Blut das wahre Leben, hier auf Erden und in Ewigkeit. Und das gilt es zu verkünden, daran gilt es sich zu erinnern, daher feiern wir Fronleichnam, um uns zu erinnern, daß Gott uns aus der Not befreit hat und den Menschen unsere Quelle, die Quelle des Lebens zu zeigen. Amen.
Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!
Der Priester lebt von der Eucharistie - Gedanken zur hl. Eucharistie und zur Enzyklika "Ecclesia de Eucharistia" von Georg Eder, Alterzbischof von Salzburg
Wer die letzte Enzyklika von Johannes Paul II. Ecclesia de Eucharistia
liest, wird von großer Freude erfüllt. Der Papst hat in seinen
vielen Weltrundschreiben, angefangen von Redemptor Hominis",
fast alle für Kirche, Menschen und Gesellschaft relevanten Themen
aufgegriffen; die letzte Enzyklika zielt in die Mitte, in das Herz der
Kirche, die Eucharistie. Sie ist der Lebensgrund der Kirche, davon lebt
sie und ohne dieses heiligste der Sakramente kann sie nicht leben. Ecclesia
de Eucharistia vivit." Die Kirche lebt von der Eucharistie.
Weit holt der Papst schon am Anfang aus. Die Eucharistie hat kosmischen
Charakter. Denn auch dann, wenn man sie auf dem kleinen Altar einer Dorfkirche
feiert, wird die Eucharistie immer, in einem gewissen Sinn, auf dem Altar
der Welt zelebriert" (Einleitung 8). Wenn es wahr ist, dass Jesus
Christus durch sein Kreuz und Leiden die ganze Welt erlöst
hat" und das bekennen wir im Hochgebet mit den Worten: Mein
Blut das für euch alle vergossen wird" dann ist jede
heilige Messe ein Missa Mundi. Die Eucharistie baut die Kirche auf",
schreibt Johannes Paul II. Aber sie muss wie das Priestertum, die Apostolizität
haben und sie muss an jener Kette hängen, die Sukzession genannt
wird, die uns mit den Aposteln verbindet, Und nur jene Eucharistie
wird als sicher erachtet, die unter dem oder dem, den er damit betraut
hat, verwirklicht wird" (Ignatius v. Antiochien, Brief an die Smyrnäer).
Die Eucharistie ist das inaestimable donum" das unschätzbare
Geschenk des scheidenden Herrn, sein wahres Testament.
I. Teil: Der eine lebt vom anderen: Priester und Eucharistie
eine untrennbare Lebensgemeinschaft
1. Der Priester feiert die Eucharistie ohne ihn gibt es keine Eucharistie.
Der Zelebrant hält die weiße Hostie in den Händen und
spricht: Das ist mein Leib." Natürlich weiß ich,
dass damit der Leib Christi gemeint ist. Aber jetzt kommt mir bei der
heiligen Wandlung immer öfter der Gedanke, dass dies auch mein Leib
und mein Blut ist. Was ist denn das Brot wirklich? Es ist der Leib
Christi. Was werden die, welche ihn empfangen? Sie werden Leib Christi;
aber nicht viele Leiber, sondern ein einziger Leib" (Joh. Chrysostomus;
Kommentar zum 1. Korintherbrief). Die Gebete der Kirche weisen in die
selbe Richtung. Sooft wir das Gedächtnis dieses Opfers begehen,
vollzieht sich an uns das Werk der Erlösung" (Gabengebet der
Votivmesse von Jesus Christus, dem Hohenpriester). Und was soll es bedeuten,
wenn wir im 3. Hochgebet sprechen: Er mache uns auf immer zu einer
Gabe, die dir wohlgefällt" (im lateinischen Text genauer: Ipse
nos tibi perficiat munus aeternum")? Es soll also wohl zu einer Verschmelzung
der göttlichen mit der menschlichen Opfergabe und damit des Opfers
kommen: die wahre Eucharistie.
2. Der Priester teilt den Leib des Herrn aus und lässt ihn austeilen.
Bei der wunderbaren Speisung der Fünftausend nimmt Jesus die fünf
Brote und die zwei Fische, segnet sie , bricht sie; dann gibt er sie seinen
Jüngern, damit sie diese an die Leute austeilten (vgl. Lk 9,16).
Alles kommt aus seiner Hand. Analog geschieht es in der Eucharistie, Der
Priester teilt aus und lässt austeilen. Alle empfangen die heilige
Speise einzig aus den Händen des Priesters: die Diakone, die Kommunionhelfer,
... Und von ihnen alle die anderen. Niemand kann sich das eucharistische
Brot selber holen, Wo andere Gewohnheiten" bestehen, beruhen
sie auf einem grundsätzlichen Missverständnis der Eucharistie
und der Liturgie: In ihr ist alles Gnade, alles Geschenk. Wer es sich
nehmen will, wird bald draufkommen, dass er nichts mehr in den Händen
hat.
3. Der Priester lebt als erster von der Eucharistie
Wovon sollte er sonst leben? Natürlich wissen wir, dass wir von
jedem Wort leben, das aus dem Munde Gottes kommt" (vgl. Mt 4,4).
Aber der katholische Priester bracht für seine Existenz auch die
heilige Eucharistie. Man kann als Priester einfach nicht bestehen ohne
dieses Opfer Christi. So versteht man, dass die Priester in den nationalsozialistischen
Konzentrationslagern wie im kommunistischen Untergrund alles daransetzten,
um ein wenig Weizenbrot und Wein zu erhalten. Sie setzten oft dafür
ihr Leben aufs Spiel. In den Zeiten der ersten Christenverfolgungen war
es unter Todesstrafe verboten, an diesen Versammlungen" am
ersten Tag der Woche (Sonntagsmesse) teilzunehmen. Die angeklagten Christen
antworteten auf die diesbezügliche Frage des Richters: Wir
können ohne diese nicht leben." Wenn ein Priester nach und nach
die Zelebration aufgab, hat er bald darauf auch sein Priestertum aufgegeben.
Der Priester lebt von der Eucharistie, wenn nicht sein Priestertum absterben
soll.
4. Die Eucharistie wird selten weil die Priester fehlen
Wir gehen einer beispiellosen Not an Priestern entgegen. Ich spreche nicht
von einer Hungersnot" bei uns; denn viele unserer Gläubigen
hungern längst nicht mehr nach dem Brot des Lebens (siehe Sonntagsmesse!).
Aber die Eucharistiefeiern werden seltener und seltener werden. Für
viele, die von der Eucharistie leben" wird es hart werden.
Niemals aber darf der Priester ein Abstinent werden. Je geringer die Zahl
der Gläubigen wird, umso größer muss die Hirtenliebe der
Priester werden. Diese erwächst am stärksten aus dem eucharistischen
Opfer. Dieses bildet daher die Mitte und Wurzel des ganzen priesterlichen
Lebens." Man versteht so, wie wichtig es für das geistliche
Leben des Priesters und darüber hinaus für das Wohl der Kirche
wie auch der Welt ist, dass er die konziliare Empfehlung verwirklicht,
täglich die Eucharistie zu feiern;" ... sie ist auch dann, wenn
keine Gläubigen dabei sein können, ein Akt Christi und der Kirche"
(Eccl. De Eucharistia, III). (N.B. :Ich gehe hier ganz bewusst nicht auf
die Lösung des Priesterproblems durch Öffnung der Zulassungsbedingungen"
ein, denn das ist nicht das Grund-, sondern ein Folgeproblem.)
II. Teil: Der Eucharistieglaube in unserer Zeit
Dieser zweite Teil könnte eigentlich wie ein Zusatz, eine Ergänzung
erscheinen, ist aber leider die Hauptsache.
1.Was glaubt die Kirche über die Eucharistie?
Was sie immer und überall geglaubt hat. Jeder kann es jederzeit im
Katechismus der Katholischen Kirche lesen (Nr. 1322-1419). Nur ein paar
Sätze daraus. Die Eucharistie ist die Gedächtnisfeier
des Pascha Christi, d.h. des Heilswerkes, das durch das Leben, den Tod
und die Auferstehung Christi gewirkt worden ist ... Christus selbst, der
ewige Hohepriester des Neuen Bundes, bringt durch den Dienst der Priester
das eucharistische Opfer dar. Ebenso ist es Christus selbst, der bei eucharistischen
Opfer die Opfergabe ist. Er selbst ist unter den Gestalten von Brot und
Wein wirklich gegenwärtig. Nur gültig geweihte Priester können
der Eucharistiefeier vorstehen und Brot und Wein konsekrieren, damit diese
Leib und Blut des Herrn werden." Das ist unser Glaube.
2.Eine zweite Frage steht auf: Wie steht es um den Eucharistieglauben
unseres katholischen Volkes? Was glaubt der durchschnittliche Katholik?
Wir Priester getrauen uns kaum noch nachzufragen. Denn wir könnten
uns vielleicht bei der Kommunionsspendung am nächsten Sonntag schwer
tun ... (Übrigens würde es uns bei Begräbnissen mit der
Frage: Wer glaubt an die Auferstehung der Toten? ähnlich ergehen.)
Diese Fragen müssten uns Priestern und besonders die Bischöfe
zutiefst erschrecken und nicht mehr schlafen lassen. Die Fluten des Unglaubens
lecken bereits am Kern der Brückenpfeiler. Fast möchte ich das
berühmte Wort von F. W. Nietzsche hier anwenden: Das Eis, das
uns noch trägt, ist dünn geworden. Wir fühlen alle den
unheimlichen Atem des Tauwindes. Wo wir gehen, da wird bald niemand mehr
gehen können." <P< üNiemals maßen ich mir an,
über den Glauben eines Menschen zu urteilen. Den Glauben kann man
nicht messen. Und gerade bei sogenannten Ungläubigen
habe ich oft einen großen Glauben entdeckt, ein ernsthaftes Ringen
und Suchen. Siehe den Zweifel des Apostels Thomas, der nichts anderes
war als ein glühendes Gebet: Herr, ich möchte glauben.
Vertreibe meine Zweifel mit deinen heiligen Wunden!"
Aber wenn heute ein Priester zu mir kommt und gesteht, dass er nicht mehr an die Eucharistie glauben kann, so werde ich ihn auf den Knien bitten: Zelebriere morgen nicht mehr! Du fügst deiner Seele und der Kirche den größten Schaden zu. Erbitte dir von deinem Bischof Sabbatzeit, in der du reflektieren und zurückgehen kannst bis zu der Stelle, wo du noch den Glauben hattest. Und dann bete, bete, bete!" Der Glaube ist eine reine Gnade, das höchste Geschenk Gottes.
Ecclesia de Eucharistia vivit. Die Kirche lebt von der Eucharistie. Und der Priester ist der Erste, der davon lebt. Dieser Schatz ist unermesslich groß, ein unschätzbares Geschenk inaestimabile donum.
Plagas, sicut Thomas, non intueor,
Deum tamen meum te confiteor:
Fac me tibi havere, te diligere.
In te spem habere, te diligere.
Kann ich nicht wie Thomas schaun die Wunden rot,
bet ich dennoch gläubig: Du mein Herr und Gott!"
Tief und tiefer werde dieser Glaube mein,
fester lass die Hoffnung, treu die Liebe sein.
Georg Eder, Alterzbischof von Salzburg
Amen.
Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!
In der Lesung haben wir von Mose und den Bund gehört, den er mit Gott am Sinai geschlossen hat. Und im Evangelium ist die Rede von Gottes neuem Bund mit denen, die zu Christus gehören, also den Christen. Beide Male spielt das Blut eine entscheidende Rolle: Bei Mose ist es das Blut junger Stiere, den wertvollsten Opfertieren, das den Bund besiegelt; bei Jesu ist es sein eigenes Blut; das Blut, das er am Kreuz vergossen hat.
Was soll das? Warum wird da sooft vom Blut gesprochen? Warum können wir mit Gott nicht einfach einen Vertrag schließen und mit Tinte unterschreiben? Ist das nicht friedlicher?
Nun, wenn wir vom Blut in diesem Zusammenhang hören, dann denken wir vielleicht zunächst an Krieg und Verbrechen, an Blutvergießen. Damit kommen wir der tieferen Bedeutung des Wortes schon näher: Blut ist das Symbol des eigentlichen Lebens. Wenn wir von «Blutsbrüderschaft» bei Winnetou und Old Shatterhand hören, dann denken wir daran, dass sie ihr Leben für einander einsetzen. Genauso meint «Blutsverwandtschaft» mehr als nur ein Abstammungs-verhältnis, es meint, dass wir zutiefst zusammengehören. Und - wir sprechen davon, dass wir bereit sind, für einen anderen Menschen unser Blut zu geben, dem wir mehr verbunden sind als anderen.
Gott schließt also seinen Bund mit uns in seinem Fleisch und seinem Blut. Mit anderen Worten: Er gibt nicht nur sein Ehrenwort, er gibt sich uns selbst. Er bindet sich an uns; eben nicht nur mit bloßen Worten oder mit einem einfachen Vertrag (den man wieder zerreißen könnte), sondern mit seinem eigenen Leben.
Also steht im neuen Bund anstelle des Opferlamms, das beim Paschamahl Gott dargebracht wird, nun Christus selbst. Er fordert eben nicht unser Blut oder das Blut irgendwelcher Tiere, sondern Jesus vollbringt selbst alles Entscheidende: Er bindet sich an uns, er schließt den Bund. Er ist es schließlich, der mit uns die Eucharistie feiert.
Als die Jünger das Paschamahl feiern wollten, finden sie alles schon geregelt: Jesus hat bereits Ort und Zeitpunkt festgelegt, das Festgemach ist bereitet.
Warum wird so ausdrücklich erwähnt, dass die Jünger alles so vorfinden, ohne selbst alles zu organisieren? Weil es seine Feier ist. Nicht die Apostel sind diejenigen, die den neuen, alles versöhnenden Bund mit Gott schließen, sondern Jesus tut es. Er ist der Handelnde im Gottesdienst, im Abendmahlssaal - und auch heute.
Und wir sind die Beschenkten. Wir sind diejenigen, denen der Friedensschluss gilt: All das hat er für uns getan. Unser Teil ist das Danken und das Loben, das Staunen über dieses Geschenk und die innere Bereitschaft, uns ebenfalls mit Gott versöhnen zu lassen, uns ebenfalls mit Fleisch und Blut diesem Gott zu weihen. Deshalb heißt die Messfeier auch Eucharistie - auf deutsch: Danksagung -, weil wir nicht die Macher einer Messe sind, sondern die Beschenkten.
Dieser Gedanke kann manchmal etwas zurückgedrängt werden, wenn wir zum Gottesdienst kommen, mit unseren eigenen Problemen beladen, mit Sorgen und Nöten - manchmal übermüdet oder zerstreut. Und dann bilden wir uns ein, es hänge von uns ab, ob der Gottesdienst etwas bringt oder nicht. Aber gerade davon sind wir befreit: «Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid», sagt Jesus. Wir sind befreit von dem Druck, etwas bieten zu müssen, auf Biegen und Brechen unterhaltsam sein zu müssen. Wir können uns einfach nur beschenken lassen. Dazu lädt er uns ein. Amen.