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Die Päpstin - Legende oder Wirklichkeit?

Im Oktober 2009 startet die Verfilmung des gleichnamigen Buches von Donna Woolfolk Cross in den deutschen Kinos... und wieder stellen unvoreingenommene Betrachter des Filmes die Frage: "Stimmt das? Ist das wirklich so gewesen?"

Aus dem Kinofilm wurde die Behauptung "Dieser Film beruht auf einer wahren Geschichte" entfernt (im Trailer war sie noch eingeblendet); aber irgendetwas muss doch dran sein, oder? Jede Legende hat einen wahren Kern...!

Nun, dann wollen wir Euch an dieser Stelle einen Artikel wiedergeben, den wir im "Weinberg" gefunden haben - und im Anschluss daran eine Filmkritik von J. Garcia.

Die Päpstin - Legende oder Wirklichkeit?

Im Roman "Die Päpstin" schildert Donna Woolfolk Cross sie als historische Persönlichkeit. Sie soll unter dem Namen Johannes in der Mitte des 9. Jahrhunderts Papst geworden sein und später bei einer Prozession ein Kind zu Welt gebracht haben. Der Roman war bei den Lesern erfolgreich. Jetzt ist er verfilmt worden und erscheint im Oktober in unseren Kinos.

Beruht die Geschichte auf historischen Tatsachen oder haben wir es hier mit Legendenbildung zu tun? Der Historiker Michael Hesemann hat die historischen Fakten gesammelt und zusammengefasst. Die Erzählungen über die Päpstin gehen auf zwei Autoren zurück. Martin von Troppau († 1274) erzählt in seiner Chronik über einen Papst Johannes, der Papst Leo IV. (sein Pontifikat war 847-855) auf den Papstthron gefolgt sein soll. Er schreibt dazu: „Man behauptete, dass er eine Frau war." Nach Martin sollte ihr Geliebter sie als Mann verkleidet nach Athen bringen, wo sie studieren sollte. Anschließend sei sie nach Rom berufen worden, um dort zu lehren. Sie sei so geachtet gewesen, erzählt Martin, dass sie zum Nachfolger von Papst Leo IV. gewählt worden sei: Sie sei schwanger geworden und bei einer Prozession zur Lateranbasilika hatte sie ein Kind zur Welt gebracht und sei dabei gestorben. Ihr Pontifikat hatte zwei Jahre und sieben Monate gedauert, so behauptet es Martin von Trappau in seinen Aufzeichnungen.

In einer anderen Abschrift derselben Chronik, die in Berlin aufbewahrt wird, finden wir einen abweichenden Schluss. Danach überlebt sie die Geburt, wurde abgesetzt und tat Buße. Ihr Sohn wurde Bischof von Ostia.

Ganz anders erzählt der Dominikaner Jean de Mailly über die Päpstin. Auch er lebte im 13. Jahrhundert und wird im Werk von Etienne de Bourbon († 1261) zitiert. Demnach sei um das Jahr 1100 herum eine Frau in männlicher Verkleidung zunächst zum Kardinal und später zum Papst gemacht worden. Nach einer Geburt in der Öffentlichkeit sei sie vom römischen Volk gesteinigt worden. An der Stelle, wo sie starb, sei ein Denkmal mit der Inschrift: „Petrus, Vater, der Vater, enthülle die Niederkunft der Päpstin".

Vom 13. Jahrhundert an herrscht die Überzeugung, dass die Päpstin wirklich gelebt hat. Sie ist in der Kathedrale von Siena dargestellt, wird in zahlreichen Schriften erwähnt, und als sich Johannes Hus auf dem Konzil von Konstanz im Jahr 1413 auf dieses Ereignis berief, widersprach ihm niemand.

Allerdings: Vor dem 13. Jahrhundert existiert keine Spur dieses Vorfalls. Cross behauptet in ihrem Buch, dass die Kirche genug Zeit gehabt hatte, alle Spuren zu verwischen. Ähnliches ist schon oft behauptet worden, etwa beim Buch „Der Da Vinci Code". Das kann man so nicht gelten lassen. Hesemann beruft sich auf den Historiker Spanheim, der etwa 500 literarische Dokumente aufzählte, die über die Päpstin berichten, eines davon sei sogar in der Vatikanbibliothek zu finden. Also kann keine Säuberungsaktion stattgefunden haben.

Keine der bisher genannten Quellen reicht vor das 13. Jahrhundert zurück. Es gibt also eine fast vierhundert Jahre lange Lücke zwischen dem angeblichen Ereignis im 9. Jahrhundert und der Legendenentstehung im 13. Jahrhundert. Das wäre wie wenn wir uns heute etwas über den dreißigjährigen Krieg aus den Fingern saugen würden, ohne dafür historische Belege zu haben. Als sich im 15. Jahrhundert die Geschichtswissenschaft entwickelte, die mit Quellen kritisch umging, wurde die Päpstin als Legende entlarvt, die nie stattgefunden hat. Damit war das Thema noch nicht zu Ende. Martin Luther griff es im 16. Jahrhundert wieder auf, später wiederholten es die Atheisten.

  • Wäre für die Päpstin im angegebenen Zeitraum überhaupt Platz gewesen? Sie soll Papst Leo IV. gefolgt sein. Dessen Nachfolger war aber unbestritten Benedikt III. (855-858). Warum können wir sicher sein, dass er nicht nur eine ausgedachte Persönlichkeit ist, die die Lücke schließen sollte, die durch die Päpstin entstanden ist? Benedikts Pontifikat dauerte auch ungefähr zweieinhalb Jahre. Aber für diesen Papst gibt es historische Belege: Münzen, einen Rundbrief an Bischöfe, ein Schreiben an die Abtei Corvey vom 7.10.855, seine Korrespondenz mit dem Erzbischof von Rennes und vieles andere mehr.

  • Wenn es für eine Päpstin Johanna keinen historischen Beleg gibt, wie konnte dann die Legende aufkommen? Heute ist die Päpstin für Historiker kein Thema mehr. Historiker früherer Jahre haben zahlreiche Möglichkeiten vorgeschlagen, wie die Erzählung entstanden sein konnte. Vielleicht war es eine Satire auf Papst Johannes VIII. (872-882), dem man Schwäche in den Verhandlungen mit Patriarch Photios von Konstantinopel vorwarf. Vielleicht auch eine Satire auf Marozia, eine römische Adelige, die im 10. Jahrhundert sieben Päpste einsetzte und wieder absetzte.

  • Vielleicht hat die Entstehung der Legende auch etwas mit dem bereits erwähnten Denkmal zu tun. Dabei handelt es sich um eine Frauenstatue mit der Inschrift: „P P P Pap Pater Patrum". Was Jean de Mailly für ein Denkmal zur Erinnerung an die Päpstin hält, ist in Wirklichkeit eine antike Statue aus der Zeit vor dem neuntem Jahrhundert. „P P P" ist die Abkürzung für „propria pecunia posuit" - "auf eigene Kosten aufgestellt"..., „Pap" kürzt den Namen des Stifters ab (vielleicht Papirius) und „Pater Patrum - Vater der Väter" war ein Titel im Mithraskult, einer Religion im Römischen Reich.

  • Eine solche Fehlinterpretation wäre nicht der einzige Fall, bei dem die Volksfantasie im Mittelalter antiken Abkürzungen und Inschriften eine neue Bedeutung zuschreibt. Die Volksfantasie hatte sogar in der Nahe eine Päpstinnenstraße ausgemacht: die „vicus papissa". Der Name hat aber mit Päpstin nichts zu tun, sondern stammt vom Namen einer alten römischen Familie, die Papae hieß. Aber wer wusste das im 13. Jahrhundert noch?

PAVEL ZAHRADNICEK (Aus: Der Weinberg, 9/2009, S. 28/29)

Filmkritik von Jose Garcia
Roman-Beststeller üben auf Filmproduktionsgesellschaften offenkundig eine solch unwiderstehliche Anziehungskraft aus, dass kein noch so grotesker Inhalt sie davon abhalten kann, den jeweiligen Verkaufsschlager auf die Leinwand zu bringen. So zuletzt Donna Woolfolk Cross` "historischer" Roman "Die Päpstin" (1996), der unter der Regie von Sönke Wortmann im Kino angelaufen ist.

"Die Päpstin" greift eine vom 13. bis zum 15. Jahrhundert verbreitete Legende auf, laut der im 9. Jahrhundert (nach einer anderen Version um das Jahr 1100) eine Frau als Mann verkleidet den Stuhl Petri bestiegen habe.

In Sönke Wortmanns Film wird Johanna 814, im Sterbejahr Karls des Großen, geboren. Schon ihre Geburt entzürnt ihren Vater (Iain Glen), den verheirateten Priester eines sächsischen Dorfes, der Frauen für minderwertige Wesen hält. Unter seiner Obhut werden nur Jungen unterrichtet, für Mädchen ist Lesen und Schreiben schlichtweg verboten. Doch Johanna (Lotte Flack) schafft es dank der Hilfe eines griechischen Gelehrten namens Aesculapius (Edward Petherbridge), Latein und Griechisch zu beherrschen.

Nach der (anachronistischen) Auflehnung gegen ihren Vater gelangt Johanna in die Domschule von Dorstadt, wo sie in die Obhut von Graf Gerold (David Wenham), einem Edelmann am Hofe des den Reizen junger Frauen nicht abgeneigten Bischofs, gegeben wird. Als junge Frau verliebt sich Johanna (Johanna Wokalek) in den verheirateten Edelmann, der allerdings gegen die Normannen in den Krieg ziehen muss. Nach einer weiteren Volte des Drehbuchs trifft Johanna den alles entscheidenden Entschluss: Sie zieht Männerkleider an und begibt sich zum Kloster nach Fulda, wo sie viele Jahre unentdeckt als Mönch und Arzt wirkt und zum Priester geweiht wird.

Irgendwann einmal droht ihre wahre Identität aufgedeckt zu werden, weshalb sie aus dem Kloster fliehen muss. Johanna tritt als Bruder Johannes eine Pilgerfahrt nach Rom an, wo sie den an Gicht erkrankten Papst Sergius III. (John Goodman) heilt. In Rom erfährt sie nicht nur die Gunst des Papstes. Dort gibt es auch ein Wiedersehen mit ihrer alten Liebe. Just in dem Moment, in dem Gerold die inzwischen schwangere Johanna aus Rom wegbringen will, wird sie zum Papst gewählt.

"Die Päpstin" erzählt aus einer plakativen, bis in die Lächerlichkeit feministischen Sicht, wobei die Figur des frauenverachtenden Priesters in ihrer Eindimensionalität vollends zur Karikatur wird. Eigenartig in diesem Zusammenhang: Im ganzen Film ist keine einzige Ordensfrau zu sehen, obwohl im deutschsprachigen Raum bereits Benediktinerinnen-Klöster beispielsweise in Frauenwörth am Chiemsee (seit 782) bestanden.

Um die Geschichte der modern anmutenden Frau zu erzählen, deren Bildungsdrang sie gegen die Regeln einer patriarchalischen Kirche auflehnen lässt, bedient sich Regisseur Sönke Wortmann einer Überdeutlichkeit, die bald die Intelligenz des Zuschauers beleidigt: Jedes Bild wird von den teils bedeutungsschweren, teils unfreiwillig komischen Dialogen ("Ihr habt etwas an Euch, das in diesen Mauern fehlt", sagt etwa der Papst zu Johanna) und darüber hinaus von der allgegenwärtigen Offstimme erläutert.

Weil die Handlung und das Produktionsdesign - der Papstpalast besteht aus Marmor und Gold, während die Armen in schmutzigen Hütten hausen - so sehr von Klischees durchzogen, die Rom-Bilder so karikaturhaft, so erkenntlich am Computer erzeugt wurden, drängt sich die Vermutung auf, Regisseur Wortmann wollte die Romanverfilmung als unfrommes Märchen inszenieren.

Folgerichtig wurde die noch im Trailer aufgestellte Behauptung, es handele sich um "eine wahre Geschichte", aus dem fertigen Film entfernt.

Zum historischen Gehalt der Legende stellte Gernot Facius in der "Welt" vom 20. Oktober fest: "Die Mehrheit der Historiker ist sicher, dass der jetzt startende Film von Sönke Wortmann reine Fiktion ist. Er beruht schlicht auf Legenden". Der Sage um eine Päpstin Johanna widmete der Historiker und Autor Michael Hesemann bereits in seinem 2007 erschienenen Buch "Die Dunkelmänner. Mythen, Lügen und Legenden um die Kirchengeschichte" ein Kapitel. Nachdem Hesemann die zwei Versionen der Legende referiert hat, kommt er zu dem Ergebnis: "Es gibt keinen, wirklich gar keinen Beweis für die Existenz einer Päpstin Johanna." Der Autor wundert sich allerdings auch, warum diese Sage gerade in feministischen Kreisen besonders verbreitet ist, enthalte sie doch frauenfeindliche Klischees: "Das perfide Weib, das sich nur durch List und Betrug in die Männerwelt einschleicht, dann zum Opfer seiner Wollust wird und schließlich, nach der Enttarnung, die gerechte Strafe erhält: den Tod." Diesen Widerspruch haben weder die Romanautorin noch die Filmproduzenten oder Regisseur Sönke Wortmann offenkundig begriffen.