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Grundkurs des Glaubens - Die Erscheinungsformen der Kirche

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3. Abend zur Ekklesiologie: Die Erscheinungsform der Kirche

I. Die Kirche - Göttliches und Menschliches:
1. Die Hierarchie der Kirche
a. Die flache Hierarchie: Eigenständigkeit der Ebenen
b. Durchlässigkeit von oben nach unten
c. Die Finanzen der katholischen Kirche
2. Demokratie und Sakramentalität
a. Sakramentalität
b. Demokratie und Hierarchie
c. Das katholische Lehramt
3. Besonderheiten
a. Die Kardinäle
b. Das Konzil
c. Das Konklave

II. Alleinseligmachende Kirche
1. »Est« - »Subsistit«
2. Kommen Nicht-Christen in den Himmel?
3. Nostra Aetate

III. Die Kirche in der Kritik
1. Historische Kirchenkritik
a. In die Zeit hineinversetzen!
b. Wer hat sich versündigt?
c. Warum wurde so gehandelt?
2. Dogmatische Kirchenkritik
a. Was wird kritisiert?
b. Von wem wird kritisiert?
c. Warum wird kritisiert?
3. Moralische Kirchenkritik
a. Sachlichkeit
b. Geht es um die Abwendung von moralischer Überforderung?
c. Vorsicht vor Schlagwörtern!

I. Die Kirche - Göttliches und Menschliches:
1. Die Hierarchie der Kirche


An diesem Schaubild (das nicht alle Besonderheiten der Konkordate und des Kirchenrechts berücksichtigt) werden vor allem drei Dinge deutlich:

a. Die flache Hierarchie: Eigenständigkeit der Ebenen. — Entgegen hartnäckigen Gerüchten, der Papst habe dank seiner Unfehlbarkeit nahezu unbegrenzte Macht, spricht ein einfacher Blick auf die Struktur der Kirche: Diese zeichnet sich nämlich durch eine äußerst »flache Hierarchie« aus - und damit eine systembedingte Freiheit und Selbstverantwortlichkeit unterer Ebenen. Einen global player wie die katholische Kirche mit nur drei Hierarchie-Ebenen - das erfordert eine hohe Eigenständigkeit aller drei Ebenen (genau genommen sogar aller vier Ebenen). Nicht nur die Bischöfe und Pfarrer, sondern auch die Gläubigen können von einer Hierarchie, in der jeweils ein Leiter für mehr als 1000 Untergeordnete zuständig ist, keine detaillierten Anweisungen erwarten. Tatsächlich setzt sowohl der Papst den Bischöfen, die Bischöfe den Pfarrern als auch die Pfarrer ihren Gemeindemitgliedern nur sehr wenige Grenzen (Ausnahmen bestätigen diese Regel!). Die Grenzen, die noch gesetzt werden, sind dann allerdings in den Augen der Oberen wesentlich und notwendig, während in den anderen Fragen die Freiheit der Empfänger nicht nur systembedingt, sondern theologisch wesensnotwendig ist.

b. Durchlässigkeit von oben nach unten. — Eine flache Hierarchie erleichtert eine Informationsweitergabe von »oben« nach »unten«: Wenn der Papst den Bischöfen einen Brief schreibt, braucht dieser nur von den Bischöfe zur Verlesung an die Pfarrer weitergereicht zu werden, und schon sind 1,2 Milliarden Menschen weltweit informiert (eine wahres Informationswunder schon in der Zeit der vor-modernen Kommunikationsmittel). Eine Anordnung wäre auf diesem Wege schnell getroffen - eine Kontrolle der Durchführung dagegen ist kaum möglich. Kluge Päpste, Bischöfe und Pfarrer wissen dies und beschränken sich deshalb auf die Anordnung von notwendigen Dingen.

Umgekehrt ist eine Informationsweitergabe von unten nach oben nicht so einfach. Wenn mehrere tausend Gemeindemitglieder ihrem Pfarrer jeweils eigene Ideen unterbreiten, können einige davon (vielleicht sogar die besten?) einfach im Getöse untergehen; womöglich hat der Pfarrer einfach keine Zeit, die Vorschläge überhaupt angemessen zur Kenntnis zu nehmen. Ähnliches mag bei den Eingaben der Priester bei ihrem Bischof (in größeren Bistümern) oder der Bischöfe beim Papst geschehen. Kluge Gemeindemitglieder, Priester und Bischöfe wissen das und beschränken deshalb die Anfragen und Beschwerden auf die wirklich wichtigen Dinge.

Diese Not der schwierigen Durchreichung von Anfragen ist aber auch eine Tugend: Denn so sind die unteren Ebenen darauf angewiesen, ihren eigenen Fähigkeiten und dem Wirken des Geistes zu trauen. Das mag auf den ersten Blick wie Ironie klingen: Beschweren sich denn nicht alle Medien einheitlich über eine zu große Bedeutung des Gehorsams in der Kirche? Einen Blick in die gelebte Hierarchie zeigt jedoch, dass viel mehr Mitglieder der katholischen Kirche darunter leiden, sich nicht für jede Entscheidung im Leben die Zustimmung des jeweiligen Oberen einholen zu können - dagegen sind viel weniger Mitglieder unserer Kirche gezwungen, sich im Gehorsam in eine unliebsame Entscheidung fügen zu müssen. Die Kirche fördert durch die unverändert flache Hierarchie die Eigenständigkeit (Subsidiarität) und Selbstverantwortung (Personalität) aller Mitglieder der Kirche.

c. Die Finanzen der katholischen Kirche. — Immer wieder hört man, dass der Papst als Oberhaupt der Kirche über ein Vermögen verfügt, dass mehrere Milliarden umfasst - vielleicht sogar Billionen. Zumindest, wenn man das Vermögen aller katholischen Einrichtungen zusammenzählt. Eine solche Auffassung übersieht allerdings, dass die katholische Kirche keine Organisation ist, die auch nur annähernd einer weltlichen Firma gleich kommt. Nicht nur jedes Bistum und jede Pfarrgemeinde ist rechtlich und finanziell eigenständig, sondern innerhalb der verschiedenen Bistümer und Pfarrgemeinden gibt es eigene Stiftungen, getrennte Haushalte (in einer Pfarrgemeinde z.B. einen eigenen Friedhofshaushalt oder Kindergartenhaushalt, die nicht mit einander verrechnet werden dürfen), rechtlich selbstständige Vereine (wie z.B. die Kfd) oder Einrichtungen (wie z.B. die Caritas), Fonds und Treugut. Hinzu kommen noch die Ordensgemeinschaften, deren einzelne Klöster oft ebenso rechtlich eigenständig sind und wiederum weitere selbständige Zweckbetriebe unter sich haben.

Alles dies ist nicht etwa einer Schwäche der Leitung zuzuschreiben (so wie die internen Verflechtungen in einem Firmenkonsortium ein Zeichen von mangelnder Struktur sein kann), sondern folgt aus dem Wesen der Kirche: Die katholische Kirche versteht sich nicht als Monarchie oder Firma, sondern als lebendiger Organismus; als ein Volk Gottes, das sich aus allen Nationen der Welt zusammensetzt und die unterschiedlichsten Organisationsformen in sich vereint. Zentral und straff ist in der katholischen Kirche nur dreierlei organisiert: Die apostolische Sukzession, die Spendung der Sakramente und die Lehre.

2. Demokratie und Sakramentalität

a. Sakramentalität. — Die Kirche ist keine demokratische Institution - obwohl sie sehr wohl demokratische Elemente enthält. Der kirchliche Gegenbegriff zu demokratisch ist jedoch nicht monarchisch oder gar diktatorisch; vielmehr ist die Kirche von ihrem Wesen sakramental: der Papst weiht die Bischöfe, die Bischöfe weihen die Priester und die Priester taufen die Mitglieder der Gemeinden und spenden ihnen die Sakramente. Das zentrale Leben der Kirche wird in den Sakramenten weitergeben - nämlich das Leben Jesu Christi.

Den »Mittelweg« zwischen Demokratie und Monarchie (oder Oligarchie, Ochlokratie - etc.) als sakramental zu bezeichnen, ist in der Wahrnehmung der Welt eine Verschleierung der wahren Machtverhältnisse, denn wie alle Staatsformen (oder auch Vereine und andere weltliche Institutionen) habe auch die Kirche eine klare Machtstruktur. Die Sakramentalität der Kirche ist kein »Mittelweg«: Der Ausgangspunkt der sakramentalen Gnade, die weitergegeben wird, liegt weder beim Papst oder den Bischöfen, noch bei den Priestern oder den Getauften. Der Ausgangspunkt ist Christus, der seine Kirche gestiftet hat und ihr göttliches Leben (sein Leben!) geschenkt hat. Dieses Leben wird in den Sakramenten weitergegeben - und das genauso durch die Getauften (die sich z.B. das Ehesakrament gegenseitig spenden) wie auch durch die Priester und Bischöfe. Die Struktur der Kirche ist also in erster Linie keine »von oben nach unten« oder »von unten nach oben«, sondern eine »von Christus zum Menschen« oder, wenn man so möchte, »vom Anfang der Kirche bis zu ihrer Vollendung«.

Ein wesentliches Element der sich »vom Anfang bis zur Vollendung« durchziehende Identität der Kirche ist die apostolische Sukzession. Damit ist gemeint, dass jeder, der ein Amt in der katholischen Kirche innehat, dieses auf eine namentliche Person zurückführen kann (bei einer Bischofsweihe sogar auf drei weihende Personen), die wiederum wissen, wer sie geweiht hat, und diese Reihe so ununterbrochen zurückgeführt werden kann bis hin zu den Aposteln. Natürlich kann keiner diese Reihe tatsächlich mit Namen und Weihedatum vorweisen; dennoch gibt es gute Gründe, an die Rückführbarkeit bis auf die Apostel (die apostolische Sukzession) zu glauben. Denn diese Rückführbarkeit war zu allen Zeiten der Kirche ein wichtiges Kriterium für die Legitimität einer Teilkirche; war zu irgendeinem Zeitpunkt in der Kirchengeschichte die Sukzession nicht sicher, wo wurde eine Weihe erneuert, wiederholt oder für ungültig erklärt.

Sogar wikipedia gibt an, dass zumindest ab dem 12. Jahrhundert die apostolische Sukzession als gesichert gilt; und bereits bei Irenäus findet sich die Hochschätzung der Sukzessionslinie, so dass er sie (in einem ideellen Sinn) namentlich bis auf die Apostel zurückführt. (Irenäus, Gegen die Häresien, Buch 3, Kap. 3, Nr. 1–3, Bibliothek der Kirchenväter, Kempten & München, 1912)

Mit den Kirchen, in denen die apostolische Sukzession erhalten geblieben ist, hält die katholische Kirche eine besondere und tiefe Form von Gemeinschaft, nämlich die Eucharistiegemeinschaft; das sind die meisten Kirchen der Orthodoxie, alle mit Rom unierten Kirchen und die Armenische Apostolische Kirche.

Sie berufen sich dabei z.T. auf verschiedene Apostel: Die römisch-katholische und die syrisch-orthodoxe Kirche führen ihre Sukzession auf den Apostel Simon Petrus zurück, die byzantinisch-orthodoxe (griechisch-orthodoxe) auf dessen Bruder Andreas, die koptisch-orthodoxe Kirche auf den Evangelisten Markus und die armenisch-apostolische Kirche auf Judas Thaddäus. Die sogenannten »Thomas-Christen«, die sich selbst auf den Apostel Thomas zurückführen und über Jahrhunderte in Indien ein von allen anderen Christen unabhängiges Dasein führten, sind als Syro-malabarische Kirche, als malankarische syrisch-orthodoxe und Syro-Malankara-katholische Kirche in ihrer Sukzession anerkannt.

b. Demokratie und Hierarchie. — Allerdings gibt es durchaus die beiden anderen Richtungen in der Kirche - nur transportieren sie nichts wesentliches. Denn alle Entscheidungen über den die Kernbereiche des Glaubens, der Moral und der Liturgie sind der Kirche sowieso vorenthalten. Über diese Fragen kann die Kirche überhaupt keine Macht verteilen (weder in Richtung Demokratie nach unten; noch in Richtung der Hierarchie nach oben) - weil sie in dieser Hinsicht keine Macht hat.

Die dennoch vorhandenen demokratischen und hierarchischen Strukturen gestalten vielmehr die allen Ebenen der Kirche gemeinsam aufgetragenen Aufgaben der Verkündigung, der Nächstenliebe und der liturgischen Ausformungen (auch bekannt als die Grundvollzüge der Kirche: martyria, diakonia und leiturgia). So beschäftigt sich jede Pfarrgemeinde genauso mit den sozialen Fragen wie auch die Bistümer und die Weltkirche; jedes Bistum ist verantwortlich für eine lebendige Mission und Evangelisation, ebenso wie auch die Gemeinden und die päpstlichen Initiativen; für die Gestaltung der Gottesdienste und das gemeinsame Gebet ist (mit einer jeweils konkreter werdenden Ausformung) sowohl die Weltkirche, als auch das Bistum und schließlich jede Gemeinde, ja sogar jede Familie und Einzelperson in die Pflicht genommen.

Im Austausch in diesen Fragen gibt es sowohl demokratische Elemente (Pfarrversammlungen und Räte, Synoden und Bischofskonferenzen, Konzilien und Bischofssynoden) als auch hierarchische Strukturen, die sich - ich wage das einmal zu behaupten - in einer wunderbar harmonischen Weise über Jahrhunderte gegenseitig die Waage halten.

Diese persönliche Einschätzung steht natürlich in einem harschen Widerspruch zur öffentlichen Wahrnehmung gerade in Deutschland und großen Teilen der westlichen Welt. Dort herrscht der Eindruck vor, die katholische Kirche sei überwiegend hierarchisch und autoritär aufgestellt und demokratisch vollkommen unterbelichtet. Wenn aber aus den zur Bestätigung dieses Zerrbildes angeführten Beispielen alle Forderungen aussortiert werden, die auf eine Änderung des Glaubens und der Moral abzielen (über die die Kirche sowieso keine Macht hat), werden Entscheidungen und Entscheidungsprozesse sichtbar, die oft deutlich weniger bürokratisch, dafür lebensnäher und harmonischer zustande kommen als in den meisten westlichen Staaten und Behörden.

c. Das katholische Lehramt. — Es bleibt allerdings - neben der Sakramentalität - eine weitere, sich jeder Demokratisierung widerstrebende Zug der Kirche: Das katholische Lehramt mit dem Papst als höchste Autorität an der Spitze. (Wesentliches dazu hatten wir schon unter 14.I.1.a geklärt). Dabei spielt auch hier die Subsidiarität eine entscheidende Rolle: Der Papst definiert den Glauben nicht aus sich heraus und in jeder Hinsicht; vielmehr ist zunächst jedes einzelne Mitglied der Weltkirche eigenverantwortlich zum gelebten Glauben aufgefordert (mit »jedes einzelne Mitglied« ist tatsächlich jeder Getaufte gemeint - und nicht etwas jeder Bischof!). In dieser Ausformung des Glaubenslebens haben wir Katholiken eine enorme Freiheit, die wir als geistgewirkt auch mit großer Gelassenheit bewahren und schützen müssen. Erst, wenn sich die Lebenswirklichkeit der Menschen zunehmend in Gegensatz zur gelebten Tradition der Kirche (und der Bibel) entwickelt, ist der Pfarrer aufgerufen, in den Dialog mit diesen Menschen zu treten. Letztendlich entscheidet schließlich der Pfarrer - das ist seine Aufgabe (und oft genug eine ungeliebte Aufgabe!).

Das gleiche gilt - mutatis mutantur - für die höheren Ebenen des Bistums und der Weltkirche. Der Papst ist - wie der Pfarrer und der Bischof - aufgerufen, allen Gliedern der Kirche eine größtmögliche Freiheit zu gewähren und diese zu schützen; erst bei Konflikten untereinander oder mit der überlieferten Lehre der Kirche ist seine Autorität gefragt, die zunächst im Dialog und Gespräch, letztlich aber in der autoritativen Entscheidung liegt.

Natürlich liegt in dieser Aufgabe auch eine Gefahr - die Gefahr, Autorität zu missbrauchen und neue Wege zu verbauen. Aber verkennen wir nicht, dass in der großen Freiheit der jeweiligen Ebenen ebenfalls eine Gefahr liegt: Freiheit zu missbrauchen und der betreffenden Autorität Missbrauch zu unterstellen. Es hat zwar in allen Epochen Ausschläge des Pendels sowohl in die eine als auch in der andere Richtung gegeben, solange aber die beiden Pole (Autorität und Freiheit) sich gegenseitig immer wieder korrigieren und sich nicht eine Richtung gegenseitig verstärken, scheint mir das System geeignet zur Beurteilung dessen, was Gottes Geist uns sagt...

Man verzeihe mir den Vergleich aus der Elektronik: Freiheit und Autorität verhalten sich zueinander wie ein elektronischer Schwingkreis. Dieser bremst und befeuert sich nicht nur im raschen Wechsel - er ist auch das entscheidende Schaltelement eines jeden Radios: Schwingkreise sind Empfänger! Ganz wie in der Kirche, die auf das Hören des Wortes Gottes ausgerichtet besteht.
3. Besonderheiten

a. Die Kardinäle. — In der Hierarchie der Kirche spielen die Kardinäle eine besondere Rolle. Denn während sich alle Ebenen jeweils der übergeordneten Verdanken, wird der Papst als oberster Würdenträger durch Wahl bestimmt. Ursprünglich geschah dies durch einen fast schon basis-demokratischen Akt durch das Volk von Rom beziehungsweise durch den römischen Klerus. Nach der weltkirchlichen Öffnung hielt die Kirche an dieser Tradition fest und ernannte besonders mit Rom verbundene Bischöfe pro forma zu römischen Klerikern - die »Kardinäle« - jeweils mit einer Titelkirche in Rom. Da sich der römische Klerus (wie in allen anderen Diözesen auch) in drei Gruppen gliedert - die Diakone, Priester und Bischöfe - gibt es innerhalb der Kardinäle drei Klassen (Kardinalbischöfe, Kardinalpriester und Kardinaldiakone - auch wenn die meisten Kardinäle geweihte Bischöfe sind), die vom Kardinalsdekan geleitet werden.

Seit 1059 wählen ausschließlich die Kardinäle den neuen Papst. Der jeweils dienstälteste Kardinaldiakon darf nach der erfolgten Papstwahl den neuen Papst mit den Worten »habemus papam« ankündigen.

b. Das Konzil. — Das oberste Lehramt der Kirche übt der Papst zusammen mit allen Bischöfen der Welt aus. Die Zusammenkunft aller Bischöfe zur Bestätigung und Formulierung der überlieferten Lehre nennt man Konzil; in der Geschichte der Kirche hat es bislang 21 Ökumenische Konzilien geben.

Die Apostolische Kirche des Ostens erkennt nur die ersten beiden Konzilien an, die meisten altorientalischen Kirchen erkennen die ersten sieben Konzilien an; der Protestantismus betrachtet zumindest die ersten vier Konzilien als verbindlich.

Auf einem Konzil werden Fragen des Glaubens, der Liturgie und der Ordnung der Kirche geklärt, oft aus Anlass befürchteter oder gar bestehender Glaubensspaltungen. Bis zur Definition der päpstlichen Unfehlbarkeit (1870) wurden die Dogmen der katholischen Kirche allein durch die Konzilien festgelegt und verkündet. Die Abstimmungen der Konzilsteilnehmer über die Glaubensdefinitionen sind dabei nicht etwa ein demokratisches Mittel zur Herbeiführung der Erkenntnis; die Abstimmungen dienten eher der Herstellung von Einstimmigkeit. So wurden beispielsweise auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil die Dokumente in den meisten Fällen mit einer Zustimmungsquote von 95 % beschlossen.

c. Das Konklave. — Die Wahl eines neuen Papstes ist dagegen keine Glaubensfrage und bedarf deshalb auch keiner Einstimmigkeit - aber doch (bis zu einem bestimmten Wahlgang) einer Zweidrittelmehrheit. Leider hat sich im Laufe der Geschichte die Wahl des Papstes zu einem Politikum entwickelt, weshalb zum Beispiel im Mittelalter die Wahl des Bischofs von Rom bis zu mehreren Jahren in Anspruch nehmen konnte. Bis heute streiten sich die Einwohner der Städte Perugia und Viterbo darüber, in welcher von beiden die heutige Form des Konklave zur Papstwahl erfunden wurde.

Die römische Kurie residierte 1216 in der mittelitalienischen Stadt Perugia. Als Papst Innozenz III. (1198 - 1216) starb, wurde sein Leichnam von der Bevölkerung geschändet. Aus Angst vor Übergriffen der Bevölkerung haben sich die 19 hohen Würdenträger einschließen lassen. Sie wählten Honorius III. (1216 - 1227) zum Papst. Bei der Wahl Innozenz III. (1198) wurden zum ersten Mal Stimmzettel verwendet.

Die Einwohner von Viterbo (90 km nordöstlich von Rom) beanspruchen dagegen für sich, das Konklave erfunden zu haben. Sie haben die Kardinäle zum ersten Mal bei einer Papstwahl „cum clave” (lat.: mit dem Schlüssel) eingesperrt. Schauplatz war der 1266 errichtete päpstliche Palast von Viterbo. Nach drei langen Jahren wurde dort Gregor X. gewählt. Von Dezember 1268 bis September 1271 dauerte das längste Konklave der Kirchengeschichte. Nur 17 Kardinale bildeten das Kollegium: 11 Italiener, 5 Franzosen und 1 Ungar. Die Wahl gestaltete sich als schwierig, weil durch die Einmischung des Königs von Neapel und Sizilien, Karl von Anjou, eine Zweidrittelmehrheit nicht zustande kam. Um die Wahl zu beschleunigen, gingen die Einwohner Viterbos hin und sperrten die Kardinäle ein. Nach weiteren langen Monaten war noch immer keine Wahl getroffen. Da ließen der Bürgermeister von Viterbo (Alberto di Montebuono) und das Oberhaupt der Wachmilizen des Konklave (Raniero Gatti) das Dach abdecken, sodass die Kardinäle der nächtlichen Kälte, den Regengüssen und ebenso der Hitze des Tages ausgesetzt waren. Die Beköstigung wurde auf Wasser und Brot beschränkt. Schließlich einigten sich die Kardinäle auf Tedaldo Visconti, dem Gregor X.

Wahlberechtigt sind heutzutage nur die Kardinäle unter 80 Jahren (»aktives Wahlrecht», nicht zu verwechseln mit dem »passiven Wahlrecht«: Wählbar ist jeder Mann, übrigens ohne dass er bereits Kleriker sein müsste, ohne Altersbeschränkung!). Keiner der wahlberechtigten Kardinäle kann von der aktiven oder passiven Wahl aus irgendeinem Grund oder Vorwand ausgeschlossen werden. Diese Verordnung geht auf Papst Paul VI. zurück; auch die Anzahl jener Kardinäle im Kardinalskollegium, die das 80. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wurde von ihm auf 120 begrenzt.

Wählbar (»passives Wahlrecht«) ist nach kanonischem Recht »jeder männliche, getaufte Christ« - er muss also nicht Kardinal sein, ja, er braucht noch nicht einmal Bischof oder Priester zu sein. Rein theoretisch ist es sogar möglich, einen evangelischen oder orthodoxen Christen zum Papst zu wählen (dagegen spricht allerdings die Aufforderung an die Kardinäle, nur einem Kandidaten die Stimme zu geben, der sich im katholischen Glauben bewährt hat).

Wird ein Kandidat zum Papst gewählt, der kein Bischof ist (bzw. kein Priester), so werden vor seiner Einführung als Papst die erforderlichen Weihen vollzogen.

Fazit

Dass die Kirche nicht vom »Haupt« (Bezeichnung für Christus) aus lebt, sondern vom Geist her, der in allen Getauften wirkt, erkennt man auch an der Struktur der Kirche: Die außerordentlich flache Hierarchie setzt notwendigerweise eine hohe Eigenständigkeit der Ebenen und ein grundsätzliches Vertrauen aller Ebenen zueinander voraus. Den Blick nur auf das Amt (oder gar nur auf das Papstamt) zu richten und von der Amtskirche zu sprechen, geht am Wesen der Kirche vorbei.

II. Der Absolutheitsanspruch der katholischen Kirche
1. »Est« - »Subsistit«

Im Verhältnis zu den anderen christlichen Konfessionen zeigt sich die katholische Kirche - überraschenderweise - bescheiden. Denn sie behauptet nicht einfach, dass die katholische Kirche die wahre Kirche ist (est). Sondern - auf den ersten Blick nur eine kleine Variante - dass die wahre Kirche Jesu Christi sich in der katholischen Kirche verwirklicht (subsistit). (So die Formulierung in der dogmatischen Konstitution über die Kirche Lumen Gentium des II. Vatikanischen Konzils, Abschnitt 8)

Man könnte dahinter ein reines Wortspiel vermuten, wenn es nicht ein langes Ringen der Bischöfe gegeben hätte, die sich zunächst nicht auf das eine oder andere Wort einigen konnten. Schließlich entschieden sie sich für das (scheinbar) abgeschwächte Wort subsistit (dt.: verwirklich) - und nicht für das klarere est (dt. ist). Und das hat seinen guten Grund.

Die katholische Kirche hat niemals geglaubt, dass alle, die sich nur taufen lassen und Mitglied der Kirche werden, automatisch gerettet werden. Die Erfahrung, die bereits die Apostel mit dem Verräter Judas machen mussten, hat sich seitdem durch alle Zeiten der Kirche wiederholt: Mit dem äußerlichen Eintritt in die Gemeinschaft der Kirche muss auch eine Herzensentscheidung verbunden sein - die aber allzu oft fehlt oder im Laufe der Zugehörigkeit zur Kirche wieder rückgängig gemacht wird und verloren geht. Es gilt aber nicht nur, dass nicht alle Taufschein-Katholiken der Kirche wirklich und auch innerlich angehören - sondern auch umgekehrt: Es gibt auch außerhalb der offiziellen Kirchenzugehörigkeit Menschen, die innerlich - im Herzen - sehr wohl der wahren Kirche Christi angehören.

Immer wieder höre ich den Vorwurf an die Kirche: »Es kann doch nicht sein, dass jemand, der ein Leben lang vorbildlich gelebt hat, am Ende verloren geht, nur weil kein Wasser für die Taufe da war!« - Oder, sinngemäß dasselbe: »Nur, weil gerade kein Priester zur Stelle ist, um einem Sterbenden durch die Beichte die Sünden zu erlassen, soll dieser auf ewig in der Hölle schmoren?«

Auch hier beruft sich die Kirche auf ein solides biblisches Fundament: Bei Markus heißt es: »Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden.« (Mk 16, 16) Es heißt nicht: »Wer sich nicht taufen lässt, wird verdammt werden…« und auch nicht: »Wer nicht glaubt und sich nicht taufen lässt...«! Das gilt nicht nur für diejenigen, die den ausdrücklichen Wunsch zur Taufe haben, dann aber an der Ausführung gehindert werden; das gilt auch für all diejenigen, die von der Taufe (ohne eigenes Verschulden) nicht erfahren haben; oder denen die Taufe nicht so dargestellt wurde, dass sie deren Bedeutung erkennen konnten. Das ist keine »kleine Ausnahme«, denn das kann sogar für den gut katholisch erzogenen Rebellen gelten, der sich von der Religion der Eltern abwendet - weil sie ihm einfach nur die Äußerlichkeit vorlebten und er so nie einen inneren Bezug zur Kirche gewinnen konnte.

»Damit nämlich jemand das ewige Heil erlange, ist nicht immer erfordert, dass er der Kirche in Wirklichkeit als Glied einverleibt sei; das aber ist wenigstens notwendig, dass er ihr im Wunsch und im Verlangen anhange. Dieser Wunsch muss nicht immer explizit sein, wie er bei den Taufbewerbern ist. Wenn nämlich der Mensch in einer unüberwindlichen Unkenntnis befangen ist, nimmt Gott auch einen einschlussweisen Wunsch an, der so genannt wird, weil er in jener seelischen Einstellung enthalten ist, in der der Mensch sein Wollen dem Willen Gottes gleichförmig haben will. Durch diese vorausschauenden Worte weißt er (der Papst) sowohl die zurück, die alle dann vom ewigen Heil ausschließen, wenn sie nur mit einem impliziten Wunsch der Kirche anhangen, als auch die, die behaupten, die Menschen könnten in jeder Religion in gleicher Weise gerettet werden. Doch darf man nicht meinen, jedwedes Votum des Kircheneintritts genüge zu Rettung des Menschen. Erfordert ist nämlich, dass das Votum, durch das jemand auf die Kirche hingeordnet ist, durch die “vollkommene Liebe” informiert sei; außerdem kann dieses implizite Votum nur dann seine Wirkung haben, wenn der Mensch übernatürlichen Glauben hat.« - Neuner-Roos, Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündigung, Nr. 37: Der Brief des Heiligen Offizium an den Erzbischof von Boston, 1949

Wenn das Entscheidende für Gott der eigentliche Glaube hinter den Sakramenten und Kirchenein- und -austritten ist - und der Glaube zudem noch unsichtbar ist - warum halten wir dann überhaupt noch an einer sichtbaren Kirche fest?

Viele Protestanten verstehen das Verhältnis der Institution Kirche und der Gemeinschaft der wirklich Glaubenden genau so: Die eigentliche Kirche Jesu Christi ist unsichtbar; die sichtbaren Kirchen dagegen spielen für Gott keine nennenswerte Rolle. Sie sind im Grund nur kirchliche Gemeinschaften, die Ausdruck der getroffenen Glaubensentscheidung sind, aber nicht wirklich gottgewollt. Gottgewollt ist nur der Glaube. Das sieht die katholische Kirche - wie zu erwarten war - anders.

Sie hält daran fest, weil (zum Beispiel) die Taufe eben nicht nur ein Zeichen ist, das man auch weglassen könnte. Die Taufe bedeutet vielmehr den Vollzug der Entscheidung; erst durch das Sakrament wird die Entscheidung real. Ohne diesen Schritt würde es immer nur bei dem Willen zur Taufe bleiben - reine Intention - die eben noch nicht zur Tatsächlichkeit gelangt ist. Der Eintritt in die Kirche ist somit nicht nur ein sichtbares Zeichen für eine unsichtbare Wirklichkeit: Erst durch diesen Schritt wird aus einer Absicht Wirklichkeit; der Eintritt in die katholische Kirche ist die Verwirklichung einer zuvor nur beabsichtigten Zugehörigkeit. Deshalb haben die Bischöfe damals (auf dem II. Vatikanischem Konzil) gesagt: Die (unsichtbare) wahre Kirche Jesu Christi ist in der katholischen Kirche verwirklicht (subsistit). Somit gehören auch diejenigen zur Kirche, die im Herzen die (unter Umständen unbewusste oder unklare) Intention hatten, zu Christus zu gehören, aber schuldlos den Eintritt in die Kirche nicht verwirklicht haben.

2. Kommen Nicht-Christen in den Himmel?

Wenn jemand behauptet, seine Kirche wäre die wahre Kirche Christi und die gottgewollte, so denkt natürlich jeder sofort an die Frage, ob denn damit alle anderen Menschen, die dieser Kirche nicht angehören, verdammt sind. Anscheinend ist für die Frage des Heils der jeweilige »Mitgliedszustand« entscheidend.


Bild A: Vermutung: Nur die Mitglieder der katholischen (bzw. der eigenen Kirche) werden gerettet.

Aber das ist ein Missverständnis. Entgegen der Vermutung (und anders als viele Sekten) glaubt die katholische Kirche nicht, dass der jeweilige Status heils-entscheidend ist - sondern die Richtung, in der sich der Mensch bewegt.


Bild B: Richtiger: Die, die in die richtige Richtung gehen, werden gerettet.

Nach einigem Überlegen leuchtet dieser Gedanke ein: Jemand, der zwar in einem überzeugt katholischem Umfeld aufgewachsen ist, aber zeit seines Lebens zunehmend weniger davon lebte und glaubte, ist sicherlich weniger gut auf Gott zu sprechen, als jemand, der in seiner Kindheit niemals mit Gott in Berührung gekommen ist und dessen Leben eine stetige Suche und Annäherung an Gott gewesen ist. Selbst dann, wenn der erste in einem »Zustand« sein Leben beendet, der scheinbar deutlich frömmer ist als der »Zustand« des lebenslang Suchenden.

So kann es durchaus sein, dass jemand, der weit außerhalb der katholischen Kirche steht, in den Augen der Kirche weitaus heiliger ist als jemand, der im Herzen der Kirche tätig ist - weil sich beide in ihren Lebensrichtungen unterscheiden.

Halten wir also fest: Die katholische Kirche ist davon überzeugt, dass der christliche Glaube - und als dessen Verwirklichung die Taufe - heilsnotwendig ist. Sie glaubt weiterhin, dass die katholische Kirche die Verwirklichung der wahren Kirche Jesu Christi ist. Dennoch leugnet sie nicht, dass es in ihren Reihen Getaufte, aber Ungläubige gibt. Und sie verkennt auch nicht, dass es außerhalb der Kirche Ungetaufte (und sogar explizit Nicht-Christen) gibt, die aber aufgrund ihrer Lebensrichtung zu den Heiligen gerechnet werden können.

Allerdings verbietet sich die Kirche, Mitglieder anderer Religionen heilig zu sprechen (das wird gelegentlich in Bezug auf Gandhi oder Dietrich Bonhoeffer gefordert). Denn eine solche »Fremd-Heiligsprechung« wäre eine Respektlosigkeit und eine Einmischung in fremde Religionen oder Konfessionen. Es wirkt ja so, als wenn die katholische Kirche Mitglieder anderer Gemeinschaften einfach zu »den Ihren zählt«. Wenn es also keine Heiligsprechung von Nicht-Katholiken gibt (und auch nicht geben wird), ist das keine Bewertung der jeweiligen Personen.
3. Nostra Aetate

Auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) wurde die »Erklärung Nostra Aetate über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen« verabschiedet, die wohl zu einem der bedeutendsten Dokumente des Konzils gehört. Ursprünglich war geplant, unter dem Eindruck der Judenvernichtung während der nationalsozialistischen Schreckenszeit eine Solidaritätserklärung zur jüdischen Religion zu verfassen, aus der dann aber sehr schnell eine Verhältnisbestimmung zu allen nicht-christlichen Religionen wurde.

Bemerkenswert an dieser Erklärung ist vor allem der Paradigmenwechsel, der mit dieser Erklärung verbunden ist: Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die katholische Kirche sich nicht detailliert zu anderen Religionen geäußert. Jede nicht-christliche Religion schien im Grunde eines gemeinsam zu haben: Sie stehen nicht in der vollen Gemeinschaft der Kirche als dem einzigen, ordentlichen Heilsweg. Es ist zwar falsch, daraus zu schließen, dass die Kirche in den anderen Religionen alles ablehnte (oder dort keine Wahrheit vermutete), aber (abgesehen von speziellen Theologen wie z.B. den Fundamentaltheologen oder den Missionswissenschaftlern) hatte sich die Kirche nicht die Mühe gemacht, diese verstreuten Wahrheiten (logoi spermatikoi) zu benennen.

Das änderte sich mit Nostra Aetate. Anstatt aufzuzählen, was uns von den verschiedenen Religionen trennt und das Christentum als einzig wahre Religion auszeichnet, zählten die Konzilsväter nun die Gemeinsamkeiten mit den anderen Religionen auf und würdigten ausdrücklich die dort geglaubten und gelebten Wahrheiten.

Zentral und bekannt geworden ist vor allem das folgende Zitat: »Die katholische Kirche lehnt nichts von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist. Mit aufrichtigem Ernst betrachtet sie jene Handlungs- und Lebensweisen, jene Vorschriften und Lehren, die zwar in manchem von dem abweichen, was sie selber für wahr hält und lehrt, doch nicht selten einen Strahl jener Wahrheit erkennen lassen, die alle Menschen erleuchtet.«

Gemeinsam mit allen Religionen stellen wir laut Nostra Aetate die wesentlichen Fragen,

»die heute wie von je die Herzen der Menschen im tiefsten bewegen: Was ist der Mensch? Was ist Sinn und Ziel unseres Lebens? Was ist das Gute, was die Sünde? Woher kommt das Leid, und welchen Sinn hat es? Was ist der Weg zum wahren Glück? Was ist der Tod, das Gericht und die Vergeltung nach dem Tode? Und schließlich: Was ist jenes letzte und unsagbare Geheimnis unserer Existenz, aus dem wir kommen und wohin wir gehen?«

Mit dem Hinduismus entdeckt die katholische Kirche vor allem eine Übereinstimmung in der Suche, durch »asketische Lebensformen oder tiefe Meditation oder liebend-vertrauende Zuflucht zu Gott Befreiung von der Enge und Beschränktheit unserer Lage« zu suchen. - »In den verschiedenen Formen des Buddhismus wird das radikale Ungenügen der veränderlichen Welt anerkannt und ein Weg gelehrt, auf dem die Menschen mit frommem und vertrauendem Sinn entweder den Zustand vollkommener Befreiung zu erreichen oder - sei es durch eigene Bemühung, sei es vermittels höherer Hilfe - zur höchsten Erleuchtung zu gelangen vermögen.«

Zum Islam schreibt das Konzil:

»Mit Hochachtung betrachtet die Kirche auch die Muslim, die den alleinigen Gott anbeten, den lebendigen und in sich seienden, barmherzigen und allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde, der zu den Menschen gesprochen hat. Sie mühen sich, auch seinen verborgenen Ratschlüssen sich mit ganzer Seele zu unterwerfen, so wie Abraham sich Gott unterworfen hat, auf den der islamische Glaube sich gerne beruft. Jesus, den sie allerdings nicht als Gott anerkennen, verehren sie doch als Propheten, und sie ehren seine jungfräuliche Mutter Maria, die sie bisweilen auch in Frömmigkeit anrufen. Überdies erwarten sie den Tag des Gerichtes, an dem Gott alle Menschen auferweckt und ihnen vergilt. Deshalb legen sie Wert auf sittliche Lebenshaltung und verehren Gott besonders durch Gebet, Almosen und Fasten.«

Besonders ausführlich geht die Erklärung auf das Verhältnis zur jüdischen Religion ein - aufgrund der ursprünglichen Absicht der Erklärung, aber auch aufgrund der besonders großen Übereinstimmung mit dem Judentum.

»So anerkennt die Kirche Christi, daß nach dem Heilsgeheimnis Gottes die Anfänge ihres Glaubens und ihrer Erwählung sich schon bei den Patriarchen, bei Moses und den Propheten finden. Sie bekennt, daß alle Christgläubigen als Söhne Abrahams dem Glauben nach in der Berufung dieses Patriarchen eingeschlossen sind und daß in dem Auszug des erwählten Volkes aus dem Lande der Knechtschaft das Heil der Kirche geheimnisvoll vorgebildet ist.«

Das kirchengeschichtlich offenkundige christliche Versagen im Verhältnis zu den Juden wird in den sich anschließenden Ermahnung deutlich:

»Wie die Schrift bezeugt, hat Jerusalem die Zeit seiner Heimsuchung nicht erkannt, und ein großer Teil der Juden hat das Evangelium nicht angenommen, ja nicht wenige haben sich seiner Ausbreitung widersetzt. Nichtsdestoweniger sind die Juden nach dem Zeugnis der Apostel immer noch von Gott geliebt um der Väter willen; sind doch seine Gnadengaben und seine Berufung unwiderruflich.«
»Obgleich die jüdischen Obrigkeiten mit ihren Anhängern auf den Tod Christi gedrungen haben, kann man dennoch die Ereignisse seines Leidens weder allen damals lebenden Juden ohne Unterschied noch den heutigen Juden zur Last legen.
Gewiß ist die Kirche das neue Volk Gottes, trotzdem darf man die Juden nicht als von Gott verworfen oder verflucht darstellen, als wäre dies aus der Heiligen Schrift zu folgern. Darum sollen alle dafür Sorge tragen, daß niemand in der Katechese oder bei der Predigt des Gotteswortes etwas lehre, das mit der evangelischen Wahrheit und dem Geiste Christi nicht im Einklang steht.
Im Bewußtsein des Erbes, das sie mit den Juden gemeinsam hat, beklagt die Kirche, die alle Verfolgungen gegen irgendwelche Menschen verwirft, nicht aus politischen Gründen, sondern auf Antrieb der religiösen Liebe des Evangeliums alle Haßausbrüche, Verfolgungen und Manifestationen des Antisemitismus, die sich zu irgendeiner Zeit und von irgend jemandem gegen die Juden gerichtet haben.«

Bis heute ist diese Erklärung und deren theologische Bedeutung kaum bekannt - selbst nicht in den angesprochenen Religionen wie zum Beispiel dem Judentum. Es ist eine dringliche Aufgabe der Kirche, diese nun veränderte Haltung zu den nicht-christlichen Religionen als die eigentlich der Kirche angemessene klar und deutlich zu vertreten.

Fazit

Der Absolutheitsanspruch der Kirche wird oft in zweierlei Hinsicht missverstanden: Es gibt eine Wahrheit auch außerhalb der Kirche (wenn auch keine vollständige), und es sind nicht alle Nicht-Katholiken oder gar Nicht-Getauften automatisch verdammt. Entscheidend ist die Beziehung zu Jesus Christus - die sich durch die Mitgliedschaft in der Kirche verwirklicht (subsistit).

III. Die Kirche in der Kritik
1. Historische Kirchenkritik

Für viele Kritiker der Kirche - und manchmal auch für die, die das gesamte Christentum oder sogar jede Religion ablehnen - sind die Vergehen der Kirche im Laufe der Geschichte gern angeführte Gründe, sich zu distanzieren. Warum soll man auch einem »Verein« beitreten, der so offensichtlich Dreck am Stecken hat? Die Antwort, die wir hier als erstes geben, mag etwas überraschen: Ja, wir haben Dreck am Stecken; die katholische Kirche ist eine Kirche bestehend aus Sündern. Nichts, was es an Bösem und Verwerflichem in der Welt gibt, macht vor den Toren der Kirche halt. Auch, wenn die Theologie zwischen der »heiligen Kirche« und den »sündigen Kirchenmitgliedern« unterscheidet, so ist doch offensichtlich, dass die Gemeinschaft der Christen in Teilen und auch als ganzes Schuld auf sich geladen hat.

Das ist nicht etwa ein Trick (nach dem Motto: »Gib den Kritikern recht und Du hast Ruhe!«). Es ist vielmehr eine ganz wesentliche Eigenschaft der katholischen Kirche und der christlichen Gemeinschaft, dass wir gerade diejenigen, die Schuld auf sich geladen haben und auch weiterhin mit der Sünde kämpfen, in unseren Reihen aufnehmen. Demjenigen, der der Kirche ihre moralische Autorität absprechen will und deshalb auf ihre Schattenseiten verweist, können wir deshalb nur eine Antwort geben: »Wir können keine moralische Autorität beanspruchen, die auf unseren eigenen Verdiensten beruht, deshalb können wir durch unsere Fehler auch keine Autorität verlieren. Jede Autorität in der Kirche ist allein die Autorität Jesu Christi«. Ja, es ist für uns Christen sogar heilsam, auf die großen historischen Fehler der Kirche hingewiesen zu werden; diese Fehler zu leugnen, ist weder möglich noch hilfreich.

Dennoch gilt es, sich mit den historischen Vorwürfen detailliert auseinanderzusetzen. Zum einen, weil es auch nicht fair gegenüber den früheren Christen, Katholiken, Päpsten, Bischöfen und Heiligen wäre, ihnen einfach alle Schuld anzulasten. Außerdem ist die Geschichte der Kirche für uns heutige Christen nur dann lehrreich, wenn wir genau hinschauen, was denn in den jeweiligen Epochen schief gelaufen ist. Während einige die historischen Vergehen als Vorwand nehmen, der Kirche als Ganzes den Rücken zu kehren, fragen wir, was wir für die Kirche und uns selbst aus der Vergangenheit lernen können. Wir können aber nur dann lernen, wenn wir redlich sind und nach der Wahrheit suchen.

Zu den klassischen kirchenkritischen Themen der Kirchengeschichte gehören die Kreuzzüge, die Inquisition, der Prozess um Galileo Galilei, der Konflikt mit den Albigensern und Katharern, die Hexenverfolgung und -verbrennung, die Rolle der katholischen Kirche im Nationalsozialismus, die Frage nach Zwangsbekehrungen oder Zwangstaufen in der Missionsgeschichte, die Haltung der Kirche während der Entdeckung und Eroberung Amerikas und die Haltung der Kirche zur Sklaverei.

Zur Auseinandersetzung mögen folgende Kriterien bedacht werden:

a. In die Zeit hineinversetzen! — Wir machen häufig den Fehler und beurteilen das Verhalten der Menschen in früheren Zeiten nach heutigem Maßstab. Natürlich ist die Moral im Wesentlichen überzeitlich (Gut und Böse also für alle Zeiten gleich verbindlich), aber das Verhalten der Menschen innerhalb einer Zeit ist nur dann angemessen zu bewerten, wenn wir berücksichtigen, was damals gelebt, gelehrt und somit erkannt werden konnte. - Ein wichtiges für ein Fehlverhalten auch in den Maßstäben einer früheren Zeit ist die Kritik der Zeitgenossen.

b. Wer hat sich versündigt? — Die Kirche ist eine Kirche bestehend aus Sündern, oder (mit den Worten eines englischen Dichters): »Das Schlimmste an der katholischen Kirche sind die Katholiken.« Dass also einzelne oder ganze Gruppen von katholischen Christen sündigen, ist immer schwer zu ertragen und auf keinen Fall hinzunehmen - aber eben auch unvermeidlich. Die entscheidende Frage ist vielmehr, ob die Kirche selbst Urheber einer Fehlentwicklung ist - oder eher Opfer einer weltlichen Strömung? Haben sich einzelne Katholiken oder Gruppierungen angemaßt, im Namen der Kirche zu handeln - oder haben kirchliche Autoritäten dazu aufgerufen? Und: Haben die kirchlichen Autoritäten frühzeitig und klar Position gegen die Verfehlungen ihrer Mitglieder bezogen? - Ein wichtiges Indiz für ein Fehlverhalten der Kirche als solches ist das Fehlen von kritischen Stimmen innerhalb der Kirche bei gleichzeitiger Kritik durch nicht-kirchliche Zeitgenossen.

c. Warum wurde so gehandelt? — Zuletzt sollte gefragt werden, ob der christliche Glaube Ursprung eines Fehlverhaltens der Kirche war (zum Beispiel, ob der Glaube an die Existenz des Teufels ursächlich für den Hexenwahn der frühen Neuzeit war) - oder ob das Versagen der Christen durch außerkirchliche Versuchungen angeregt wurde. In einer Kirche zu leben, die zwar ein Ideal der Heiligkeit predigt, der zugleich aber Sünde, Versuchung und Versagen nicht fremd ist, ist schwer - aber auch heilsam. In einer Kirche zu leben, deren Ideal dagegen die Unterdrückung, Ungerechtigkeit oder Menschenrechtsverletzung wäre, ist unzumutbar.

2. Dogmatische Kirchenkritik

Zur dogmatischen Kirchenkritik zähle ich jede Kritik am Glauben der Kirche (ob zentrale Glaubenspunkte oder eher Randfragen). Zum Beispiel gehört für mich in diese Kategorie die Frage nach dem Verbot des Frauenpriestertums, der Unfehlbarkeit des Papstes, der Jungfräulichkeit Mariens und der Erlösung durch den Tod Jesu. Je nach Herkunft kritisieren Nicht-Christen oft die Göttlichkeit Jesu, die Dreifaltigkeitslehre, den Absolutheitsanspruch der katholischen Kirche oder die Ablehnung der Wiedergeburt.

Während die historische Kirchenkritik auf das Fehlverhalten der Christen bzw. Katholiken abzielt, richtet sich die dogmatische Kritik auf den christlichen Glauben selbst. Wir können uns also nicht damit herausreden, dass wir nun einmal alle einen schwachen Glauben haben. Allerdings sollte eine Antwort auf die dogmatische Kirchenkritik nicht einfach zum Glauben auffordern (»Das musst Du halt glauben, wenn Du Christ sein willst!»), sondern differenziert antworten. Wichtige Kriterien sind:

a. Was wird kritisiert? — Oft wird gar nicht der katholische Glaube selbst kritisiert, sondern ein Zerrbild; nicht selten liegt der Kritik auch ein einfaches Missverständnis zugrunde. Das Erste und Wichtigste im Gespräch mit Glaubenskritikern ist also, die Kritik wirklich zu verstehen - und das in der Kritik zugrunde liegende Glaubensverständnis.

Darüberhinaus sollte man feststellen, ob der kritisierte Glaubenssatz überhaupt offizielle und definierte Lehre der Kirche ist - oder vielleicht nur eine vorübergehende oder marginale Ansicht eines einzelnen Theologen. Auch wenn wir eine nicht-definierte Ansichten für nahliegend halten, sollten wir anderen die Freiheit lassen, auch anderer Überzeugung zu sein. Letztlich legt die Kirche fest, was Dogma ist - und nicht wir persönlich.

Aber auch bei definierten und zentralen Glaubensüberzeugungen, die abgelehnt und kritisiert werden, lohnt sich die Frage, ob sich die Kritik wirklich gegen diese Überzeugungen richtet - oder vielleicht doch nur die Befürchtung, ein solcher Glaube führe zu Diskriminierung und Unfreiheit.

b. Von wem wird kritisiert? — Es ist ein großer Unterschied, ob Kritik an unserem Glauben aus einer anderen konfessionellen Überzeugung heraus formuliert wird - oder aus einer atheistischen total-Ablehnung. Liegt der Kritik eine biblische Argumentation zugrunde oder bezieht sich jemand auf die historischen Ansichten eines dir unbekannten Kirchenlehrers?

Es ist richtig, dass die Zugehörigkeit zu einer Religion letztlich eine Glaubensentscheidung ist; bevor wir aber einen Kritiker auffordern, diese Glaubensentscheidung entweder selbst zu vollziehen oder uns gefälligst in Ruhe zu lassen, ist die Frage angebracht, um welche Glaubensentscheidung es sich schließlich handelt: Will der Kritiker nicht glauben, dass es so etwas wie ein Eingreifen Gottes gibt - oder lehnt er nur eine spezielle Übernatürlichkeit ab? Je nachdem, ob wir einen Atheisten, Fundamentalisten oder Rationalisten vor uns haben, sieht nämlich die implizit abgelehnte Glaubensentscheidung ganz anders aus - und damit auch unsere mögliche Vorbildfunktion.

c. Warum wird kritisiert? (weltliche Maßstäbe? - biblischer Grund? - innere Widersprüche?) — Eng mit der Herkunft des Kritikers ist seine Motivation verbunden: Wird unser Glaube aufgrund von Konflikten mit weltlichen Maßstäben, naturwissenschaftlichen Erkenntnissen oder gängigen gesellschaftlichen Übereinkünften kritisiert? Oder sieht der Kritiker innere Konflikte mit biblischen Aussagen, konfessionellen Annahmen oder besonderen Gruppeninteressen (z.B. bei Traditionalisten, Charismatikern oder politischen Parteien)? Und, nicht zuletzt, spielen immer auch persönliche Gründe eine Rolle, die z.B. aus negativen Erfahrungen mit Kirche oder kirchlichen Positionen und Stereotypen in der Erziehung herrühren können. Manchmal gibt es einen sogenannten Sekundärgewinn: Das Behaupten und Kritisieren bestimmter Positionen kann zu Erfolgserlebnissen führen (so, meine Erfahrung, oft in christlichen Sekten) oder zur Nagelprobe bestimmter Gruppen, in denen man Ansehen gewinnen möchte (dies, so ebenfalls meine Erfahrung, gilt oft für universitäre Zirkel).

Grundsätzlich sollten wir von der sachlichen Redlichkeit des Kritikers ausgehen - aber immer auch damit rechnen, dass dies nicht die einzige Motivation ist.

3. Moralische Kirchenkritik

Als letztes möchte ich hier die kirchliche Morallehre als Thema einer Kirchenkritik nennen, wobei diese sich gegen bestimmte moralische Überzeugungen richten kann (vor allem gegen die Sexualmoral, Verbot künstlicher Empfängnisverhütung, Wiederheirat von Geschiedenen, Verbot von vorehelichem Geschlechtsverkehr, Verbot der Selbstbefriedigung, Homosexualität) oder auch von der Kirche gelebte Werte (wie z.B. der Reichtum der Kirche in der Liturgie oder den Kirchengebäuden, der Zölibat und die Barmherzigkeit gegenüber Schwerkriminellen).

Vor allem eine Argumentation in moralischen Dingen ist sehr heikel und schwierig - denn die grundlegenden Werte (ebenso wie die Menschenrechte) lassen sich nur sehr mühsam oder auch gar nicht argumentativ herleiten. Besondere Herausforderungen stellen sich dem, der aus einer christlichen Position heraus abweichende moralische Konzepte kritisiert - aber auch die Rechtfertigung eigener Überzeugungen angesichts heutiger Kritik ist nicht einfach. Dennoch müssen wir auch in diesen Fragen Rede und Antwort stehen und zumindest unsere eigene moralische Überzeugung begründen können. Wichtige Kriterien dabei sind:

a. Sachlichkeit. — Gerade weil logische Argumentationen in der Morallehre so schwierig sind, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass Kirchenkritiker der sogenannten »juristischen Beweisführung« folgen. Damit ist (scherzhaft) eine Argumentation gemeint, bei der das gewünschte Ergebnis bereits fest steht und lediglich nach den Argumenten gesucht wird, die zum gewünschten Ergebnis führen. Aber Vorsicht: Das gilt auch für diejenigen, die die kirchliche Moral zu verteidigen suchen!

Dennoch ist eine moralische Argumentation (auch bei einer persönlichen Betroffenheit und einer unverrückbar feststehenden Position) sinnvoll; eine gute Diskussion baut rationale Hürden ab, zeigt neue Gründe und Konsequenzen auf und weist Denk- und Argumentationsfehler nach. Zu tatsächlichen Meinungsänderungen kommt es aber meist erst, wenn sich auch die Lebenssituationen der Diskutierenden ändern. Also: Geduld!

b. Geht es um die Abwendung von moralischer Überforderung? — Nicht immer ist der Wunsch einer moralischen Überzeugung egoistisch - was oft unterstellt wird. Sehr wohl kann die Forderung, moralische Werte aufzuheben oder zu ändern aus einer Empathie mit moralisch Überforderten resultieren. Eine solche Haltung ist zu wertschätzen: Es ist unsere Aufgabe als Christen, mit den Schwachen mitzufühlen. Hiernach aufzuzeigen, dass den moralisch Gestrauchelten nicht geholfen ist, ihre Fehler durch Änderungen der Normen nachträglich zu legalisieren, ist dann erst der zweite Schritt!

c. Vorsicht vor Schlagwörtern! — »Diskriminierung - Kriminalisierung - Freiheit - Eigenverantwortlichkeit - Gewissen - Barmherzigkeit - Menschenrecht« sind Schlagworte, deren Inhalt genauso unbestimmt ist wie die Folgerungen, die aus diesen gezogen werden. Barmherzigkeit beispielsweise heißt nicht, eine Sünde moraltheologisch abzuschaffen, sondern dem Sünder liebevoll und helfend zu begegnen; Diskriminierung setzt voraus, dass eine Handlung keine Bestrafung verdient (einen Falschparker mit einem Bußgeld zu belegen ist keine Diskriminierung, einen Farbigen von der Benutzung von Parkplätzen auszuschließen dagegen ist diskriminierend), die Frage, ob eine Diskriminierung vorliegt, setzt also eine moralische Urteilsfindung voraus, aus einer angeblichen Diskrimierung kann daher keine Moral abgeleitet werden; aus dem Menschenrecht auf Elternschaft folgt nicht, dass alle technischen Möglichkeiten, die zu einer Schwangerschaft führen, deswegen in Ordnung sind; Menschenrechte zu erfüllen ist grundsätzlich nicht einklagbar (jeder Mensch hat ein Recht auf Arbeit, aber daraus ist kein Arbeitsplatz einklagbar!). Und so weiter...: Solche Begriffe müssen, wenn sie benutzt werden, sehr sorgfältig definiert und auf ihre Aussagefähigkeit hin überprüft werden.

Fazit

Die katholische Kirche wird oft kritisiert - und das ist notwendig und gut. Denn in der Kirche wirken Menschen, die allesamt Sünder sind und Fehler machen. Diese Fehler zu benennen, ist ein Dienst an der Kirche. Eine Kirchenkritik, die Missstände in der Kirche als Vorwand für eine Ablehnung des göttlichen Anspruches nimmt - oder gar eine Kirchenkritik, die sich nicht mehr an der Wahrheit orientiert, verfehlt allerdings ihr Ziel.