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Grundkurs des Glaubens - Maria - Bild des Heils

Wie bereits in der frühen Kirche (»Mariologie ist angewandte Christologie«), so gilt heute darüberhinaus: »Mariologie ist angewandte Theologie und Anthropologie«. Aussagen über Maria ergeben sich aus dem Gottesbild - und sind Aussagen über den Menschen in seiner Beziehung zu Gott!

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1. Abend zur Gnadenlehre: Maria - Bild des Heils

I. Maria in der Heiligen Schrift
1. Die erste Erwähnung bei Paulus
2. Maria in den Evangelien
a. Maria im Markusevangelium
b. Maria in den Evangelien: Wenn's drauf ankommt...
3. Maria ist ein echter Typ - Keine Lebens-Abschnitts-Mutter

II. Maria in den Dogmen der Kirche
1. Gottesgebärerin (431)
a. Die christologische Fragestellung
b. Gottesmutter oder Gottesgebärerin
c. Mutter und Jungfrau
2. Jungfrau und Mutter
a. V.A.P. - Die Vaterlose Schwangerschaft
b. V.P.P. - Das »Brüder-Jesu-Problem«
c. V.I.P. - Eine wunderbare Geburt?
3. Unbefleckt empfangen (1854)
4. Leiblich aufgenommen (1950)
a. Ist Maria gestorben?
b. Biblische Begründung
c. Das Privileg Mariens

III. Maria im Leben der Kirche
1. Marienverehrung
a. Die Anbetung Mariens
b. Darf man überhaupt zu den Heiligen beten?
c. Das Entzünden von Kerzen vor Marienbildern
2. Die Marienfeste
a. Die biblischen Feste
b. Die eigentlichen Marienfeste
c. Die »uneigentlichen« Marienfeste
3. Besondere Mariengebete und Marienbilder
a. Mariengebete
b. Marienbilder
c. Marienweihe

I. Maria in der Heiligen Schrift

Maria, die Mutter Jesu, steht in einer seltsamen Spannung: Während sie in der Bibel nur eine untergeordnete Rolle zu spielen scheint, steht sie in der Gunst der katholischen Kirche in hohem Ansehen (noch höhere Wertschätzung findet sie in den orthodoxen Kirchen). Nicht nur für viele Evangelische, sondern auch für Außenstehende oder Neu-Bekehrte ist diese Spannung einfach zu lösen: Sie reduzieren Maria in der Verehrung und Theologie auf die Größe eines normalen biblischen Menschen. Das heißt, Maria ist zwar eine vorbildhafte Person (wie zum Beispiel auch die Apostel oder Johannes der Täufer), aber ihre Rolle in der Heilsgeschichte ist mit ihrem Tod beendet. Aber warum hält die katholische Kirche weiterhin an einer herausragenden Rolle von Maria fest? Hat die Kirche kein Interesse an der Ökumene? Oder ist die Kirche zu sehr auf ihre Dogmen fixiert? Die Antwort ist überraschend und einfach: Wer Maria auf eine Funktion reduziert, verändert unser Gottesbild - dramatisch!

Schauen wir also erst einmal in die Bibel. Maria wird dort zwar nicht häufig erwähnt - aber es ist keineswegs so, dass Maria im Neuen Testament nur eine Randfigur ist. Die Bibel macht Aussagen von enormem Gewicht über Maria.

In der Bibel wird übrigens Maria immer Mariam genannt - mit nur einer Ausnahme in Lk 2, 19.

1. Die erste Erwähnung bei Paulus

Während sich Markus in seinem Evangelium nur auf die drei Jahre des öffentlichen Wirkens Jesu beschränkt (und deshalb Maria kaum erwähnt wird), weiten Lukas und Matthäus die Sicht auf Jesus aus und nehmen auch die Kindheit Jesu mit in den Blick - und damit Maria. Gleiches gilt für Paulus: Er erwähnt nur ein einziges Mal die Geburt Jesu (im Brief an die Galater, Kapitel 4, Vers 4); aber sofort nimmt Maria schon den Platz der Gottesmutter ein (Gal 4, 4): »Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und dem Gesetz unterstellt, damit er die freikaufe, die unter dem Gesetz stehen, und damit wir die Sohnschaft erlangen.«

Damit liefert Paulus die erste Erwähnung Mariens (um 57. n Chr.). Zwar nennt er Maria nicht beim Namen, aber seine Aussage ist theologisch bedeutsam. Außerdem ist seine Formulierung formelhaft, was nahelegt, dass es sich bereits um einen eingeprägten Satz handelt - entweder um ein Verkündigungsschema oder eine Formel aus den Gottesdiensten. Demnach wäre die Bezugnahme auf Maria bereits zu Lebzeiten zum festen Bestandteil des Gottesdienstes oder der Verkündigung geworden - und das schon innerhalb der ersten 15 Jahre nach Tod und Auferstehung Jesu.

Die Erwähnung bei Paulus ist theologisch deshalb bedeutsam, weil hier schon sehr früh zwei ganz wesentliche Aussagen über Jesus kombiniert werden: Paulus hält daran fest, dass Jesus bereits vor seiner Menschwerdung und Geburt existiert hat (Präexistenz) - und betont mit der Erwähnung der Geburt durch die Frau gleichzeitig seine wahre Menschlichkeit. »Frau« bzw. Maria steht hier, wie auch den frühchristlichen Mariendogmen, für die wahre Menschheit Jesu. (Bonaventura, ein Theologe aus dem Mittelalter, sagte dementsprechend: »Wenn Du die Mutter Gottes aus der Welt nimmst, nimmst Du auch das menschgewordene Wort weg«.)

Da an dieser Stelle nur die Mutter, aber nicht der Vater genannt wird, liegt sogar schon ein erster Hinweis auf die Jungfrauengeburt vor (denn gerade in der alten Vorstellung war die Rolle des Vaters bei der Zeugung viel wesentlicher als die der Mutter; wenn also der Vater nicht erwähnt wird, ist das für alle Hörer damals sehr ungewöhnlich gewesen - und muss einen guten Grund gehabt haben).

Es gibt immer wieder kritische Theologen, die behaupten, dass ursprünglich in der Bibel nur das öffentliche Wirken Jesu gestanden hätte - und die ganze Kindheit Jesu und damit auch die Rolle Mariens, wären nur hinzugefügt worden, um die naive Neugier des Volkes zu stillen (so, wie ja auch heute das Privatleben der Königsfamilien und Stars ganze Zeitschriften füllt - wenngleich auch nur wegen der großen Anzahl an bunten Fotos). Aber gerade diese frühe Paulusstelle im Galaterbrief (und eine andere im Brief an die Philipper (Phil 2, 6-11)) widerlegen das. Die Geburt des prä-existenten Christus von der Frau gehört in die ursprüngliche Verkündigung.
2. Maria in den Evangelien

Selbstverständlich ist hier kein Platz für eine Exegese (Auslegung) der gesamten neutestamentlichen Texte im Hinblick auf eine Mariologie. Deshalb sei es mir gestattet, nur zwei Aspekte zu erwähnen.

a. Maria im Markusevangelium. — Greifen wir nun eine Stelle aus den drei Evangelien heraus, in der Maria in Verhältnis zu Jesus erwähnt wird. Die Situation ist immer die gleiche: Jesus predigt in seiner Heimat Nazareth; die Bewohner seines Heimatdorfes sind stark beeindruckt - aber in das Staunen mischt sich auch Zweifel:

Markus 6, 3

Matthäus 13, 55-57

Lukas 4, 22

Ist das nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria und der Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon? Leben nicht seine Schwestern hier unter uns? Und sie nahmen Anstoß an ihm und lehnten ihn ab.

Ist das nicht der Sohn des Zimmermanns? Heißt nicht seine Mutter Maria, und sind nicht Jakobus, Josef, Simon und Judas seine Brüder? Leben nicht alle seine Schwestern unter uns? Woher also hat er das alles? Und sie nahmen Anstoß an ihm und lehnten ihn ab.

Seine Rede fand bei allen Beifall; sie staunten darüber, wie begnadet er redete, und sagten: Ist das nicht der Sohn Josefs?

Gerade, weil sich die Stellen so sehr ähneln, fallen die Unterschiede auf. Bei Markus ist Jesus selbst der Zimmermann (Markus erwähnt Josef kein einziges Mal in seinem ganzem Evangelium!), während Matthäus ihn als den Sohn des Zimmermanns und Lukas als den Sohn Josefs bezeichnet. Gerade, weil Markus Josef niemals nennt, erstaunt die Erwähnung Mariens. Wie Matthäus und Lukas zeigen, ist es üblich, den Vater zu nennen. Gut - wenn Markus kein Interesse an den Eltern hat, mag er Josef weglassen. Aber dass er dann dennoch Maria erwähnt - das ist schon ein starkes Stück Theologie.

Markus hat tatsächlich ein theologisches Konzept: Die Gottessohnschaft Jesu wird in der ganzen Zeit des Wirkens Jesu von niemanden erkannt - erst nach seinem Tod ist der Hauptmann unter dem Kreuz der erste Mensch, der in Jesus den Sohn Gottes erkennt. Bis dahin wird Jesus nur von der Stimme aus dem Himmel (Mk 1, 11; 9, 7) und von den Dämonen aus der Tiefe als Sohn Gottes bezeichnet (Mk 3, 11; 5, 7). Markus will aber deutlich machen, dass Jesus von Anfang an der Sohn Gottes gewesen ist - aber eben unerkannt. Deshalb lässt er an dieser Stelle bewusst den Josef unerwähnt, aber bezeichnet Jesus ausdrücklich als Sohn der Maria. Im Zusammenhang ein eindeutiger Beleg für die Jungfrauengeburt Jesu und deren Sinn: Jungfrauengeburt und ewige Gottessohnschaft stehen in unmittelbarem Zusammenhang. Schon bei Markus.

Also auch bei Markus steht Maria im Dienste der Christologie: Durch die Erwähnung Mariens betont er, dass Jesus der Sohn Gottes ist - von Anfang an.

b. Maria in den Evangelien: Wenn's drauf ankommt... — Maria, so haben wir zu Beginn festgestellt, wird nicht häufig erwähnt - aber an entscheidenden Stellen. So steht Maria am Anfang des Wirkens Jesu (bei der Hochzeit zu Kana - Joh 2, 1-12) und am Ende seines Wirkens unter dem Kreuz (Mt 27, 55f; Mk 15, 40; Joh 19, 25); Maria steht ebenfalls am Anfang des Wirkens des Heiligen Geistes (Lk 1, 35) und am Anfang der Kirche beim Pfingstereignis (Apg 1, 14). Natürlich können wir diese entscheidenden Bibelstellen einzeln durchgehen, aber das wollen wir den Fachtheologen überlassen. Für uns ist vor allem wichtig, aus der seltenen Erwähnung Mariens nicht den Schluss zu ziehen, dass man sie auch genauso gut streichen könnte... Maria ist nicht - wie heute auch viele Katholiken meinen - ein »Sahnehäubchen« auf dem ansonsten vollständigen Glauben.

Maria hat ihre Aufgabe eben nicht mit der Geburt Jesu (und eventuell seiner Erziehung) erfüllt und tritt nun von der biblischen Bühne ab. Nein: Sie bleibt so unlösbar mit ihren Sohn verbunden, dass sie nicht nur bei allen heilsentscheidenden Momenten im Leben Jesu zugegen ist - sondern zudem auch von den Evangelisten ein jedes mal erwähnt wird. Die Evangelisten, die die Anwesenheit Mariens erwähnen, entdecken in dieser Frau ein göttliches Konzept: Maria ist die Frau des Bundes Gottes mit den Menschen.

3. Maria ist ein echter Typ - Keine Lebens-Abschnitts-Mutter

Maria ist also nicht nur ein Mensch mit einem zeitlichen Auftrag. Der Engel in Nazareth meinte also nicht: »Liebe Maria, sei so gut und empfange ein Kind, nenne es 'Jesus' und erziehe es gut jüdisch. Den Rest macht er dann schon selbst...«. Maria ist nicht nur eine Funktionärin - sie ist die bleibende Antwort des Menschen. In Maria hat der neue Bund des Menschen begonnen - und da es sich um einen ewigen Bund handelt, ist sie es auch noch heute. Die Christen haben sich mit ihrer Theologie gegen ein Gottesbild gewandt, das in vielen heidnischen Religionen vorherrschte: Gott ist nicht wirklich am Menschen interessiert, braucht aber hier und dort einen Menschen als Erfüllungsgehilfen. Ist die Mission erfüllt, hat der Mensch ausgedient - diesen heidnischen Göttern geht es nicht um Liebe.

Dagegen spricht die Bibel eine andere Sprache: Jesus Christus ist Mensch geworden - und auch Mensch geblieben, selbst im Tod und nach der Auferstehung. Leider hat der Mensch immer wieder den Hang, andere Personen auf deren Funktion zu reduzieren. Damit das nicht mit Jesus Christus, mit Maria und dann letzten Endes mit allen Menschen geschieht, gibt es die Dogmen der Kirche - vor allem die frühchristlichen Dogmen - und natürlich die Dogmen über Maria.

Fazit

Maria wird im Neuen Testament weniger häufig erwähnt, als man vermuten möchte. Dennoch ist ihre Stellung in der katholischen Theologie und Frömmigkeit der biblische Darstellung angemessen: Maria ist an allen heilsgeschichtlichen Ereignissen beteiligt und nimmt eine bleibende Aufgabe war.

II. Maria in den Dogmen der Kirche

Wir haben schon festgestellt, dass die Jungfräulichkeit Mariens bereits in den Evangelien angedeutet wird. Aber Andeutungen sind nunmal vage; so verwundert es nicht, dass verschiedene Konfessionen und Sekten, die sich auf die gleichen biblischen Texte beziehen, zu unterschiedlichen theologischen Ansichten über Maria gelangen.

Aber gerade das ist nicht der Grund, weshalb bestimmte Aussagen über Maria zu Dogmen (d.h. zu endgültigen Lehraussagen der Kirche) erhoben wurden. Alle Dogmen wurden formuliert, um Christus zu verherrlichen - bzw. um die Lehre von der Göttlichkeit Jesu zu bewahren und zugleich an seiner wahren Menschennatur festzuhalten.

Das gilt für alle vier großen Mariendogmen: Die Theotokos (Gottesgebärerin), die Jungfrauengeburt, die Unbefleckte Empfängnis und die Leibliche Aufnahme Mariens in den Himmel.

1. Gottesgebärerin (431)

Das erste Mariendogma, das Maria als Gottesgebärerin (Theotokos) bezeichnet (431), stellt wichtige Weichen für das Verständnis der nachfolgenden Mariendogmen und der Bedeutung Mariens für unseren Glauben. Denn mit der Verleihung dieses Ehrentitels durch das Konzil von Ephesos an Maria wird in erster Linie etwas über Christus ausgesagt. Maria vereint in ihrer Person Christologie (wer war Jesus Christus?), Soteriologie (was heißt Erlösung?), und Eschatologie (was ist unsere himmlische Hoffnung?) - so wie alle anderen Mariendogmen und überhaupt die gesamte Mariologie (die theologische Beschäftigung mit Maria).

a. Die christologische Fragestellung. — Wie in der Christologie bereits erwähnt, behauptet der Nestorianismus, dass in Jesus Christus mit den zwei Naturen auch zwei verschiedene Personen gegeben sein mussten: Eine göttliche und eine menschliche Person. Maria habe natürlich nur den Menschen Jesus geboren, von Maria könne man also nicht als Gottesmutter (oder Gottesgebärerin) sprechen. Die christologische Debatte brauchen wir hier nicht zu wiederholen (du findest sie am Achten Abend unter Abschnitt III. 3); interessant ist, dass das Problem der Einheit der Person Christi mit der Frage nach dem Hoheitstitel Mariens verbunden wurde. Alle Aussagen über Maria haben ihre Wurzel in der Theologie (auch die biblischen Prophezeiungen z.B. der Jungfrauengeburt bei Jesaja (Jes 7, 14) sagen etwas über das Kind aus - und nicht zuerst über die Jungfrau) und ihre Bedeutung für die Theologie (so z.B. bewahrt uns das Dogma der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel vor einer Vernachlässigung der Schöpfungstheologie und einer gefährlichen Leibfeindlichkeit). Dennoch dürfen wir die Aussagen über Marie nicht nur als theologische Metaphern verstehen: Eine Aussage über Maria macht ja nur dann eine Wahrheit über Gott deutlich, wenn sie auch tatsächlich auf Maria zutrifft. Maria selbst ist ja nicht nur eine Metapher, sondern - wie Jesus Christus - eine historische Person.

b. Gottesmutter oder Gottesgebärerin. — Die Konzilsväter in Ephesos bevorzugten den Titel der Gottesgebärerin (Mater Genitrix oder Theotokos) und vermieden die Bezeichnung Mariens als Gottesmutter (Mater Dei). Das hat zumindest zwei Gründe: Auf der einen Seite klingt Gottesmutter doch sehr nach den heidnischen Muttergottheiten - für viele Evangelikale Christen bis heute ein Grund, aller Marienverehrung ablehnend zu begegnen. Aber auch zu damaligen Zeiten war diese Gefahr bekannt, so schrieb Ambrosius von Mailand:

»Es lenke niemand auf die Jungfrau ab. Maria war der Tempel Gottes, nicht der Gott des Tempels; folglich ist allein der anzubeten, der im Tempel tätig war.« (Heiner Grote: Maria/Marienfrömmigkeit II; Theologische Realenzyklopädie, Band 22; S. 121f)

Zum anderen ist Maria nicht in ihrer Mütterlichkeit gewürdigt worden, sondern vor allem im Hinblick auf die Menschwerdung Jesu. Es geht also nicht um die Frage, ob Maria sich wie eine Mutter zu Jesus verhalten habe (das hat sie sicherlich - aber gleichzeitig hat sie auch als anbetendes Geschöpf vor ihrem Gott und Erlöser gekniet), sondern um die Person Jesu Christi zum Zeitpunkt der Geburt (oder auch zum Zeitpunkt der Empfängnis).

Im Grunde wird Maria nur im »Gegrüßet seist du Maria« als Mutter Gottes angeredet, in allen anderen Gebeten und lehramtlichen Dokumenten wird diese Bezeichnung vermieden. Diese Ausnahme ist allerdings sehr gewichtig - immerhin gehört das »Gegrüßet seist du Maria« zu den am häufigsten verwendeten Gebeten. Somit ist die Nicht-Verwendung des Titels »Mutter Gottes« nur der Klugheit und der Vermeidung von Missverständnissen geschuldet und nicht in sich falsch.

c. Mutter und Jungfrau. — Auf dem Konzil von Ephesos wurde 431 Maria als Gottesgebärerin betitelt, auch und gerade weil damals Maria schon als Jungfrau verehrt wurde. Mutter und Jungfrau gleichzeitig - das scheint ein innerer Widerspruch zu sein und führt bis heute bei vielen Zeitgenossen zur Ablehnung. Dabei ist der Glaube an die Jungfräulichkeit Mariens ebenfalls christologisch motiviert: Genauso wie mit dem Titel »Gottesgebärerin« wird mit dem Glauben an die »Jungfrau Maria« die Göttlichkeit Jesu gesichert und gefeiert. Wäre Maria nur die Mutter des Menschen Jesus und nicht wahrhaft Gottesgebärerin, so würde auch nichts gegen die leibliche Vaterschaft des Josef sprechen.

Uta Ranke-Heinemann hielt - wie andere Theologen ebenfalls - den Glauben an die Jungfrauengeburt für einen eher metaphorischen Ausdruck des Glaubens an den göttlichen Ursprung Jesu. Nach der revolutionierten Erkenntnis über die Natur des Zeugungsaktes stehe die Behauptung der Jungfrauengeburt im Widerspruch zur Biologie und müsse, so Ranke-Heinemann, deshalb aufgegeben werden; man könne ja dennoch weiter Jesus für den Sohn Gottes halten. Dass Prof. Ranke-Heinemann deshalb 1987 die Lehrerlaubnis entzogen wurde, bezeugt die andere Sichtweise der Kirche: Die Jungfrauengeburt ist demnach keine Erfindung der Theologen zur Veranschaulichung der Göttlichkeit Jesu - im Gegenteil. Von dem Zeugnis über die Jungfräulichkeit Mariens und deren starkem biblischem Fundament bestärkt, hielt die Kirche unverrückbar an dem damit innerlich verbundenen Glauben an die Göttlichkeit Jesu fest.

2. Jungfrau und Mutter

Einen biblischen Beleg dafür zu finden, dass die Evangelien davon ausgehen, dass Maria als Jungfrau schwanger wurde, ist nicht schwer - sogar bei Markus und Paulus lassen sich deutliche Hinweise finden (s.o.). Vor allem aber bei Lukas heißt es, dass die Empfängnis ein Wunder sei, das nur für Gott möglich sei (Lk 1, 37).

Trotz scharfer Angriffe und spitzer Spötteleien heidnischer Schriftsteller hat die Kirche - bereits in den ersten Jahrzehnten nach Abfassung der Evangelien - immer an der Jungfrauengeburt festgehalten.

Im gnostischen Philippus-Evangelium (aus dem 2. Jahrhundert n. Chr.) wird z.B. die Jungfrauengeburt zurückgewiesen - weil der Geist als weiblich verstanden wird: »Einige sagen, Maria habe aus dem Heiligen Geist empfangen. Sie täuschen sich. Sie wissen nicht, was sie sagen. Wann hat nämlich jemals eine Frau von einer Frau empfangen?« Das Philippus-Evangelium geht von der Vaterschaft des Josefs aus.
Dagegen hat Kelsos um 180 n Chr. ins seiner Attacke gegen die Christen eine andere Variante ins Spiel gebracht: Demnach sei Jesus der Sohn eines Soldaten Panthera gewesen - und Josef habe Maria wegen Ehebruchs verstoßen. (Diese Variante wird heute noch regelmäßig aufgewärmt, so z.B. auch in »Das Leben des Brian«.) Kelsos hielt die Christen für ungebildete Leute und glaubte, sie würden ohne nachzudenken Ideen aus der griechischen Mythologie (in der des öfteren Götter aus dem Olymp herabsteigen und irdische Frauen schwängerten) für bare Münze nehmen.
Der Neuplatoniker Porphyrius (Ende des 3. Jahrhunderts n. Chr.) sieht allerdings in der Menschwerdung eine schlimmere Verirrung als alles, was die Griechen gelehrt haben: »Ihre Erkenntnis (= die Erkenntnis der Griechen) war eine reinere, als sie der hat, der glaubt, das Göttliche sei in den Leib der Jungfrau gekommen, zum Embryo geworden, so geboren und in Windeln gewickelt worden, ganz beschmutzt...«
Dagegen kann sich der Jude Tryphon den christlichen Glauben von der Geburt Jesu von einer Jungfrau nur als Übernahme aus schändlicher Mythologie erklären: »Ihr solltet euch schämen, so etwas zu erzählen wie die Griechen. Besser wäre es, ihr würdet von diesem Jesus behaupten, dass er als Mensch von Menschen geboren wurde, und würdet, wenn ihr den Schriftbeweis für seine Messianität gebt, erklären, er sei wegen seines gesetzmäßigen und vollkommenen Lebens zum Christus berufen worden. Zu Wundergeschichten sollt ihr euch jedoch nicht versteigen, um nicht wie die Griechen der Torheit bezichtigt zu werden.«

Der Vorwurf, zur Zeit Jesu hätte man noch sehr naiv alles Wunderbare geglaubt - aber heute könne man die Schwangerschaft einer Jungfrau nicht mehr glauben - ist also absurd. Bereits bei Justin (dem Märtyrer, 2. Jahrhundert n. Chr.) finden sich auch alle modernen Einwände gegen die Jungfrauengeburt. Auch damals wusste man, dass zur Zeugung eines Kindes auch ein Vater notwendig war.

Seit Anbeginn der Kirche war die Jungfräulichkeit Mariens Bestandteil des Glaubens, sogar die Reformatoren haben daran festgehalten. Erst die moderne Leben-Jesu-Forschung, die alles aus der Bibel strich, was gegen den naturwissenschaftlichen Augenschein sprach, hat gegen 1830 (vor allem durch D. F. Strauß) die Jungfrauengeburt auch innerhalb der Kirche (zunächst in der evangelischen Kirche, ca. hundert Jahre später dann auch in der katholischen Kirche) zweifelhaft erscheinen lassen.
Das Problem der Kritiker dieser Glaubenswahrheit liegt darin, dass sie von der Unmöglichkeit einer geistgewirkten Empfängnis überzeugt sind - aber nicht erklären können, wie es denn zu einer solchen Glaubensüberzeugung kam. Obwohl verschiedenste Theorien aufgestellt wurden, konnten sich die Kritiker selbst nicht auf eine Herleitung einigen - vermutlich, weil es für alle Hypothesen keinen einzigen Beleg gibt.

Den Einwand mancher Christen, die Jungfräulichkeit Mariens sei nicht biblisch und erst später in den Glauben eingefügt worden, lässt sich leicht zurückweisen. Der Einwand mancher anderer Christen hingegen, es sei doch egal, was die Kirche oder die Evangelien berichten (»Für meinen Glauben spielt es eben keine Rolle, ob Maria Jungfrau oder Mutter einer ganzen Reihe von Kindern gewesen ist!«), stellt nun die Frage, warum die Kirche denn gerade an diesem Wunder so festgehalten hatte. Warum hält die Kirche dann daran fest, wenn die Jungfrauengeburt zu allen Zeiten der Kirchengeschichte ein Hindernis in der Verkündigung war - und heute ein Hindernis in der Ökumene?

Begriffserklärung: V.A.P. / V.I.P. / V.P.P.

V.I.P.?!? - Diese Sammlung von Kürzeln führt uns nun in den Kern der Jungfräulichkeit Mariens. Es geht nämlich einmal darum, auf welchen Zeitraum sich die Jungfräulichkeit Mariens bezieht - aber vor allem darum, wie die Jungfräulichkeit zu verstehen ist:

War Maria nur bis zur Geburt ihres Sohnes Jungfrau (virginitas ante partum - »Jungfrau bis zur Geburt« - v.a.p.)?

Hatte Maria nach der Geburt ihres Erstgeborenen Jesus noch weitere Kinder - die in der Bibel erwähnten Brüder Jesu? Oder blieb Maria auch nach der Geburt Jesu Jungfrau (virginitas post partum - »Jungfrau nach der Geburt« - v.p.p.)?

Oder ist die Jungfräulichkeit sogar so (biologisch) zu sehen, dass selbst während der Geburt Maria ihre Jungfräulichkeit bewahrt hat (virginitas in partu - »Jungfrau während der Geburt« - v.i.p.)?

a. V.A.P. - Die Vaterlose Schwangerschaft. — Wie bisher gezeigt, ist das Zeugnis der Bibel so zu verstehen, dass Maria vor der Geburt ihres Sohnes Jungfrau gewesen ist. Nicht Josef, nicht ein anderer, sondern Gott ist der Vater Jesu.

Das mag wirklich nach Mythologie, Märchen oder historischer Verklärung klingen; aber die Evangelisten sind in jeder anderen Hinsicht zu nüchtern und realitätsbezogen, dass uns als Christen keine andere Erklärungsmöglichkeit bleibt, als dieses Aussage über Maria als historische Tatsachenaussage zu nehmen. So haben es zumindest die Christen aller Zeiten (bis zum 18. Jahrhundert) verstanden.

Allerdings müssen wir bedenken, dass es sich nicht einfach um eine wundergläubige-sensationslüsternde Randnotiz handelt (so ähnlich, wie andere an Ufos oder fliegende Schweine glauben - also einfach nur deshalb, weil es so strange oder spooky ist). Marias Jungfräulichkeit ist von Anfang an (schon bei Markus, s.o.) ein Garant für die Göttlichkeit Jesu - hat also einen inneren Sinn.

Wäre Jesus z.B. erst bei seiner Taufe zum Messias erwählt worden (wie manche Theologen behaupten), so wäre eine Jungfrauengeburt überflüssig und würde dieses Erwählung nur verdunkeln. Wäre Jesus nur ein Prophet oder ein Lehrer der Weisheit und der Selbsterkenntnis, würde der Glaube an seine Vaterlosigkeit seine Akzeptanz bei seinen Hörern nur beeinträchtigen (so etwas nennt man heute absatzschädigende Legenden). Nein, es bleibt dabei: Wenn Jesus bereits von Ewigkeiten an der Sohn Gottes gewesen ist und aus der Herrlichkeit Gottes heraus Mensch geworden ist, dann ist die vaterlose Geburt durch eine Jungfrau das deutlichste und angemessenste Zeichen dafür.

b. V.P.P. - Das »Brüder-Jesu-Problem«. — Nun glauben einige, mit der Geburt hätte Maria ihre Aufgabe erfüllt. Warum nicht noch mehr Kinder bekommen? Das ändert ja nichts mehr an der Zeichenhaftigkeit der Jungfrauengeburt. Jesus ist Gottes Sohn - egal, ob es nachher noch andere Kinder gegeben hat. Nun - tatsächlich würde es unseren Glauben an Jesus Christus als Gottes Sohn nicht erschüttern, hätte Jesus noch jüngere Geschwister gehabt. Der Eifer, mit der manche Kritiker der Jungfrauengeburt auf die Existenz solcher Brüder Jesu beharren, verwundert deshalb. Wenn die Kirche auch an der v.p.p., also an der Jungfräulichkeit Mariens auch nach der Geburt Jesu festhält, so vor allem deshalb, weil wir Katholiken in der Gottesmutterschaft keine Funktion, sondern die Gottesmutter als eine Person sehen. Die Theologie nennt das den »personale Charakter der Heilsgeschichte«: Die Heilsgeschichte hat keinen funktionalen, sondern einen durchgängig personalen Charakter. Das aufzugeben wäre unmenschlich.

Denn die Kirche glaubt nicht, dass Maria nur eine »Aufgabe« zu erfüllen hatte, die auch jeder anderen Person hätte zufallen können. Es war vielmehr Glaube der Kirche von Anfang an, dass Maria in ihrem Personenkern von der Gottesmutterschaft bestimmt und geprägt wurde. Das heißt nichts anderes, als dass Maria nicht austauschbar ist, dass Gott nicht Aufgaben verteilt wie zu Beginn einer Schicht in der Fabrik. Sondern dass Gott uns erschafft und so formt, dass wir in einer Aufgabe auch unsere tiefste personale Erfüllung finden. Zur Diskussion steht mit der Jungfräulichkeit auch nach der Geburt (oder in der Sprache der Jahrhunderte: Der immerwährenden Jungfräulichkeit) also nicht die Gottheit Christi, sondern die Achtung, die Gott uns als Personen entgegenbringt. Wir sind keine Marionetten, sondern Ebenbilder Gottes.

Allerdings steht der Glaube an die immerwährende Jungfräulichkeit Mariens im Gegensatz zur Erwähnung der »Brüder und Schwestern Jesu« (z.B. in Mt 12, 46; 13, 55f; Mk 3, 31; 6,3; Lk 8, 19; Joh 2, 12; 7, 3.5; Apg 1, 14; 1 Kor 9, 5; Gal 1, 19). Dabei sollte berücksichtigt werden, dass das Hebräische keinen Ausdruck für Vetter, Cousinen und dergleichen kennt. Unter »Brüder und Schwestern« sind deshalb (neben den leiblichen Geschwistern) auch Halbbrüder (Halbschwestern), Stiefbrüder (Stiefschwestern) und Cousins und Cousinen gemeint. Der Einwand, die Griechen hätten aber ein eigenes Wort für Vetter und deshalb müsste überall, wo die griechische Übersetzung beim Wort adelphos (Bruder) bleibt, dieses im leiblichen Sinne verstanden werden, ist leicht widerlegt: Im Griechischen wird auch dort eine Verwandtschaft mit dem Wort für Bruder bezeichnet, wo der Zusammenhang eindeutig nur Vetter (oder sogar auch Onkel oder ähnliches) zulässt.

Beispiele: Abraham nennt Lot, den Sohn seines Bruders, »Bruder« (adelphos): Gen 13, 8; 14, 14.16; desweiteren werden Abraham und sein Neffe Betuel Brüder genannt: Gen 24, 15 und 24, 47f. Außerdem: Gen 29, 12.15; 31.23; 31, 32.37; Lev 10, 4; Jos 17, 4; 2 Kön 10, 13; 1 Chr 23, 2ff; Ri 9, 3; 1 Sam 20, 29 - und noch viele andere Stellen.

In der Bibel umfasst Bruder eine breitere Verwandtschaft. Noch entscheidender ist allerdings der Zusammenhang von Mk 6, 3 (»Ist das nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria und der Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon? Leben nicht seine Schwestern hier unter uns?«) mit Mk 15, 40 und 47 (»Auch einige Frauen sahen von weitem zu, darunter Maria aus Magdala, Maria, die Mutter von Jakobus dem Kleinen und Joses, sowie Salome« - »Maria aus Magdala aber und Maria, die Mutter des Joses, beobachteten, wohin der Leichnam gelegt wurde.«) Demnach sind die zuerst genannten Brüder Jesu Söhne einer anderen Maria.

Über die Frage, ob Maria noch weitere Kinder gehabt habe (oder ob zum Beispiel Josef noch Kinder aus einer ersten Ehe mitgebracht hatte) ist ungewöhnlich viel geschrieben worden. Ein wenig überrascht das schon, wenn man bedenkt, dass es sich bei der v.p.p., der bleibenden Kinderlosigkeit Mariens ja eigentlich um ein alltägliches Phänomen handelt. (Keiner würde der Nachbarsfamilie, deren Sohn keine jüngeren Geschwister hat, ein wunderbares Geschehen unterstellen...!)

c. V.I.P. - Eine wunderbare Geburt? — Zuletzt sei noch ein Blick auf den Glauben an die Jungfräulichkeit Mariens auch während der Geburt geworfen. Eine primitive Auslegung der Jungfräulichkeit in einem rein körperlichen, also biologistischen Sinne wurde von der Kirche immer abgelehnt. Einer jungen Frau, der aus irgendeinem Grund das Hymen (das Jungfernhäutchen) reißt, verliert ja nicht ihre Jungfräulichkeit! So betont z.B. auch Origines, dass die Jungfräulichkeit einer Frau nicht durch die Geburt aufgehoben wird, sondern nur durch den Beischlaf. Anstatt um Biologie geht es der Kirche bei der Betonung der Jungfräulichkeit um Theologie: Um die wirkliche menschliche Natur Jesu zu sichern (gegen die Gnostiker, die in Jesus eine rein göttliche Lichtgestalt sahen), wurde immer wieder betont, dass auch Maria in vollem und umfassenden Sinne Mutter gewesen ist.

Dennoch blieb auch die immerwährende Jungfräulichkeit Mariens über die Jahrhunderte hinweg (auch noch während der Reformation und danach!) allgemeiner Glaubensbestandteil. Und das aus einem sehr biblischen und noblen Grund: Maria ist die neue Eva. Während Eva nach biblischem Verständnis als Folge der Sünde »unter Schmerzen gebären« (Gen 3, 16) musste, wird diese Sündenfolge für die Geburt des Erlösers und dessen Mutter aufgehoben (Maria war ja ohne Sünde). Wie genau? Tja, da legt sich die Kirche nicht wirklich fest (was nicht bedeutet, dass sie ratlos ist - sondern vielmehr, dass sie auch mal etwas offen lassen kann!). Sie hält nur fest, dass die Geburt Jesu auf der einen Seite ein wunderbares Geschehen ist (wie auch schon die Empfängnis Jesu), aber gleichzeitig Maria im vollen Sinne die menschliche Mutter Jesu war - mit allem, was eine Mutterschaft mit sich bringt.

3. Unbefleckt empfangen (1854)

Beim Dogma der unbefleckten Empfängnis handelt es sich um die Glaubensüberzeugung, dass Maria vom allersten Zeitpunkt ihres Daseins an vor jeder Sünde - ja, sogar vor der Erbsünde selbst - bewahrt geblieben ist.

Mit diesem Dogma ist nicht der Augenblick beschrieben, in dem Maria vom Heiligen Geist Jesus Christus empfing. Selbst theologisch Gebildete verwechseln das oft und setzen die Jungfräulichkeit Mariens mit der Unbefleckten Empfängnis gleich. Das klingt ja so, als schließe die Tatsache, dass erst durch den Geschlechtsverkehr zwischen Mann und Frau ein Kind entsteht, eine Befleckung mit ein! Wer so etwas behauptet, ist ganz sicher nicht katholisch. (Leider wird genau dieser Irrtum als Glaube der Kirche dargestellt, um sie anschließend als leibfeindlich zu bezeichnen...)

Zuletzt ist diese Verwechslung sogar auf einem großen Kinoplakat verewigt worden - beim Kinostart von »Star Wars - Episode I«. Anakin Skywalker wurde von seiner Mutter geboren, ohne dass diese mit einem Mann geschlafen hatte. Auf dem Kinoplakat hieß es damals: »Anakin Skywalker - Geboren durch unbefleckte Empfängnis«. So leibfeindlich hätte ich die Werbestrategen gar nicht eingeschätzt. Gehen wir einmal davon aus, dass an diesem Film keine Theologen mitgewirkt haben.

Selbstverständlich befleckt der Geschlechtsverkehr nicht die Mutter (und auch nicht den Vater). Als 1854 das Dogma der Immaculata Conceptio verkündet wurde, war damit also nicht die Jungfrauengeburt Jesu gemeint, sondern der Zeitpunkt, als die Eltern Marias (Joachim und Anna) ihre Tochter zeugten. Bei der Zeugung Marias handelt sich umgekehrt nicht um eine Jungfrauengeburt (auch dieser Gedanke spukt in manchen Köpfen herum - offensichtlich sitzt der Gedanke, dass Jungfrauen irgendwie weniger befleckt sind, so tief in den Köpfen der Menschen, dass die katholische Kirche wie gegen Windmühlen kämpft). Aber der Volkstradition nach ist die Empfängnis Mariens zumindest wunderbar: Angeblich haben Joachim und Anna Maria erst in hohem Alter empfangen, nachdem sie lange Jahre kinderlos waren. Aber diese Legende ist nirgendwo in der Bibel belegt; sie darf zwar gerne geglaubt werden, aber sollte nicht mit den biblischen Aussagen vermischt werden.

Das zweite große Mariendogma hat eine ganz besondere Geschichte, in der sich auch etwas Grundsätzliches über die Entstehung von Dogmen erkennen lässt. Dass heute viele Kritiker der Unbefleckten Empfängnis (vor allem aus den protestantischen Kirchen) behaupten, Maria käme damit zuviel Ehre zu, war lange Zeit anerkannter Grundsatz der katholischen Theologie.

Das Problem war, dass es in vielen Bereichen der Kirche (schon ab dem 4. Jahrhundert nachweisbar) eine feste Überzeugung gab, dass Maria im größtmöglichen Sinne heilig ist. Panhagia - die Ganz-Heilige - nannte man sie in der Ostkirche. Maria, so waren sich die Beter, Bischöfe und Theologen einig, ist die größte unter allen Menschen in der Ordnung Gottes.

Die größtmögliche Heiligkeit - das maximal Denkbare für ein Geschöpf - ist die persönliche Freiheit von Sünden. Aber gerade das wurde theologisch häufig in Frage gestellt. Denn: »Wäre Maria ohne Erbsünde empfangen - oder zumindest ohne persönliche Sünden geblieben -, so hätte sie die Erlösung Jesu nicht nötig gehabt«. Damit war klar: Die Obergrenze der Heiligkeit Mariens war mit der Freiheit von der Erbsünde überschritten. Maria ist auch erlöst!

Um Maria nicht aus der Schar der Erlösten herauszunehmen, nahmen viele Theologen lediglich eine Sündenfreiheit Mariens an, die zudem erst mit der Empfängnis Jesu einsetzte. Maria, so glaubte man, wurde erst durch die Menschwerdung Jesu in ihrem Schoße geheiligt.
Somit wäre Maria nicht vor der Erbsünde bewahrt geblieben (das hielt man für unmöglich), sondern als sündiger Mensch zu einem bestimmten Zeitpunkt geheiligt.
Ähnliches glaubte man auch von Johannes dem Täufer (der im Mutterleib der Elisabeth geheiligt wurde, als Maria bei ihr zu Besuch war).

Der Auffassung, dass Maria zwar das Höchstmaß der Heiligkeit zukommt, die unbefleckte Empfängnis aber Maria aus der Schar der Erlösten herauslösen wurde, blieb die katholische Kirche - nachweislich durchgehend - bis zum Auftreten eines der größten Theologen der katholischen Kirche treu: Johannes Duns Scotus (den leider kaum einer kennt). Sein großes Verdienst war nicht, einen neuen Glaubenssatz zu erfinden, sondern die Vereinbarkeit von Unbefleckter Empfängnis und Erlösung Marias aufzuzeigen. Um den nicht ganz einfachen Gedankengang des klugen Duns Scotus knapp wiederzugeben: »Maria hätte unter der Erbsünde gestanden, wenn sie nicht davor aufgrund des Todes Christi bewahrt worden wäre.« Damit war die Allgemeinheit der Erlösungstat Christi mit der Erbsündenfreiheit versöhnt.

Damit wurde keine neue Glaubenswahrheit eingeführt. Man blieb dabei, Maria die größtmögliche Heiligkeit zuzusprechen. Deren Obergrenze war nach Duns Scotus gewissermaßen nach oben verschoben. Die Grundaussage blieb jedoch die gleiche: Gott hat der Mutter Jesu die größte Gnade zukommen lassen, die denkbar ist. Der eigentlich Grund für dieses Dogma ist weder biblisch noch eine logische Folgerung der Theologie, sondern eine durchgehende Überzeugung der gesamten Kirche, dass Maria die Voll-Erlöste, die Ganz-Heilige, die Ganz-Gehorsame war. Deshalb ist die Erklärung des Johannes Duns Scotus keine Begründung für dieses Dogma, sondern nur eine Ausräumung von Hindernissen.

Das gleich gilt für Eadmer, der einen anderen Gedankengang zur »Begründung der Unbefleckten Empfängnis« anführte: Decuit, potuit, voluit, ergo fecit. Mit anderen (deutschen) Worten: Weil es der Heiligkeit Mariens angemessen (decuit) ist, weil Gott sie bewahren konnte (potuit) - und auch wollte (voluit), deshalb hat er es auch getan (fecit). In manchen kritisch-evangelikalen Schriften wird das als die eigentliche Begründung des Dogmas lächerlich gemacht. In Wirklichkeit versuchte Eadmer auf gleiche Weise wie Scotus eine nachträgliche Begründung für das, was die Kirche bereits glaubte. Allerdings stellte er sich dabei nicht ganz so intelligent an wie Scotus.

Diese Begründung (decuit, potuit, voluit - ergo fecit) gehört nicht zu den offiziellen kirchlichen Herleitungen einer Glaubenswahrheit.

4. Leiblich aufgenommen (1950)

In der (übrigens empfehlenswerten) Dogmatik von Scheffczyk und Ziegenaus wird das Kapitel über die Unbefleckte Empfängnis mit »Die Erst-Erlöste« überschrieben, das Kapitel über die Aufnahme Mariens in den Himmel mit »Die Voll-Erlöste«. Damit stellen die beiden Professoren Ziegenaus und Scheffczyk beide Dogmen in einen schönen Zusammenhang: Aus dem Gedanken der panhagia, der Ganz-Heiligen entspringt nicht nur die Freiheit von Sünde und Erbsünde, sondern auch die Vorwegnahme der Voll-Erlösung, auf die wir Christen alle noch hoffen.

Ein großes Hindernis zum Verständnis der »leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel« ist die große Unwissenheit über unsere eigene Zukunft nach unserem Tod. Was nämlich zunächst wie ein fremdartiger, überzogener Gedanke klingt (nämlich, das Maria sogar mit ihrem Leib in die ewige Herrlichkeit gelangt sein soll), ist in Wirklichkeit kein absolutes Privileg: Wir alle, ja sogar alle Menschen unabhängig von ihrer Heiligkeit und Religion, werden am Ende der Zeiten mit Seele und Leib in die Ewigkeit eingehen. Das Privileg Mariens reduziert sich also nur auf die Tatsache, dass Maria bereits jetzt schon an der Auferstehung der Toten teilhat.

a. Ist Maria gestorben? — Der offizielle Text der Definitionsbulle Munificentissimus Deus vom 1. November 1950 lautet: »Die unbefleckte, immerwährend jungfräuliche Gottesmutter Maria ist, nachdem sie ihren irdischen Lauf vollendet hatte, mit Leib und Seele zur himmlischen Herrlichkeit aufgenommen worden.« Die Formulierung »nachdem sie ihren irdischen Lauf vollendet hatte« wurde bewusst gewählt: Die Frage, ob Maria gestorben war (und die Aufnahme in den Himmel eine Vorwegnahme der allgemeinen Auferstehung ist), oder ob sie verwandelt - manche sagen auch entrückt - wurde, sollte bewusst offen gelassen werden.

b. Biblische Begründung. — Keine Frage: Für die Aufnahme Mariens in den Himmel gibt es keinerlei biblischen Befunde. Sogar für die Gesamtheit der ersten fünf Jahrhunderte finden sich keine Belege für dieses Dogma. Noch Epiphanius von Salamis (gestorben 403) stellt fest: »Ihren Ausgang (= das Ende Mariens) kennt niemand.« Der erste Beleg für diesen Glauben an das Privileg Mariens findet sich bei Gregor von Tours (gestorben 594), der erzählt, dass zunächst Maria gestorben wäre; nachdem ihr Leib von den Aposteln bestattet wurde und sie dort Wache hielten, sei ihre Seele mit ihrem Leib durch Jesus wiedervereint und ins Paradies geführt worden.

Im Laufe der Jahrhunderte setzte sich dieser Glaube jedoch mehr und mehr durch, so dass die Universität 1497 eine gegenteilige Auffassung ablehnte. »Zu sagen, die Selige Jungfrau sei nicht zugleich mit dem Leib in den Himmel aufgenommen, ist zwar in keiner Weise gegen den Glauben, aber weil es der allgemeinen Übereinstimmung der Kirche widerspricht, würde es frech und verwegen sein.«

Auf dem I. Vatikanischem Konzil (1870) wurde dann der Antrag gestellt, diese Glaubensüberzeugung zu einem Dogma zu erheben, was der damalige Papst jedoch ablehnte. Erst Pius XII. verkündet 1950 dieses letzte marianische Dogma - und begründet diesen Schritt in seinem beigefügtem Schreiben (einer Apostolischen Konstitution).

c. Das Privileg Mariens. — Aus der Verknüpfung von Eschatologie (der Lehre über die Ereignisse nach dem Tod des Menschen) ergaben sich - wie oben gesagt - auch verquere Ansichten über den Tod Mariens. Die Wahrheiten des christlichen Glaubens sind nun einmal so sehr miteinander verwoben, dass eine falsche Auffassung im Glauben das ganze Gefüge in eine Schieflage bringen kann. Umgekehrt wird aus dieser Verwobenheit die Begründung für das Dogma der »leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel«: In der katholischen Theologie wird der Zwischenzustand der leiblosen Existenz der Seele vor der allgemeinen Auferstehung angenommen. Dieser leiblose Zustand der Seele ist aber (im Gegensatz zur griechischen Philosophie des Platon und späteren Theologen, die sich darauf berufen) kein erstrebenswerter Zustand, sondern ein Zustand der Unvollkommenheit und Unerlöstheit. Der Tod als Folge der Sünde meint die Seele, die vom Leib getrennt existieren muss.

Nun ist es ein klarer und logischer Schritt von der Sündlosigkeit Mariens - und dem Tod als Sündenfolge - zur Erkenntnis, dass Maria von diesem Zwischenzustand verschont blieb. Für Maria, die ja ohne Sünde geblieben ist, wäre es nicht angemessen anzunehmen, dass sie dennoch die Folge der Sünde tragen musste. Folglich ist sie am Ende ihres Lebens - ohne die Qualen des Todes zu erleiden - in die Herrlichkeit aufgenommen worden. Daraus erschließen sich auch die beiden Antworten auf die Frage, ob Maria vor ihrer Aufnahme in den Himmel gestorben ist: Wenn der Tod Folge der Sünde ist, dann brauchte Maria nicht zu sterben - sie wurde folglich verwandelt oder entrückt.

Genauso sinnvoll und schön ist es jedoch, Maria als so sehr mit ihrem Sohn verbunden zu sehen, dass sie - in der Nachfolge Jesu - ihrem Sohn auch im Lebensende ähnlich geworden ist - und zunächst starb, um dann (nach angenommenen drei Tagen) mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen zu werden. Wie auch immer: Das Grab Mariens (es wird sowohl in Ephesus als auch in Jerusalem im Kidrontal vermutet) ist leer.

Fazit

Die großen Mariendogmen sind zwar im Kern Christusgeheimnisse - diese aber sind eben nicht denkbar ohne Maria. Die Mutter Jesu ist nicht nur ein dekoratives Detail in der Geschichte Jesu, sondern theologisch bedeutsam: Sie bereitet stellvertretend für alle Menschen die Erlösung vor; sie nimmt stellvertretend für alle Menschen die Erlösung an; sie ist die Erst-Erlöste.

III. Maria im Leben der Kirche
1. Marienverehrung

a. Die Anbetung Mariens. — Immer wieder hört man - oft aus evangelikalen Quellen -, dass wir Katholiken Maria anbeten. Als Begründung dafür werden entweder klassische Mariengebete angeführt (z.B. das »Gegrüßet seist Du Maria«) - oder es wird ein Bild vom Papst gezeigt, wie er vor einer Marienfigur kniet. Zugegeben: Wenn jemand, der den katholischen Glauben nicht kennt, Menschen vor einem Marienbild knien sieht oder mitbekommt, wie fromme Beter vor einem Marienbild Kerzen anzünden, kann leicht der falsche Eindruck einer Anbetung Mariens entstehen. Die katholische Kirche unterscheidet jedoch zwischen Anbetung, Verehrung und Gebet. Ein Gebet zu den Verstorbenen, den Heiligen oder Seligen ist in Ordnung, ja es ist sogar katholischerseits erwünscht; ebenso deren Verehrung. So spricht ja Maria selbst davon, dass sie von allen Völkern gepriesen werden wird (»Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter«, Lk 1, 68). Dabei dürfen die Verstorbenen auch um ihre Hilfe gebeten werden. - Die Anbetung gebührt alleine Gott. Der Unterschied wird im Deutschen nicht so deutlich, in anderen Sprachen unterscheiden sich die Begriffe für die beiden sehr verschiedenen Haltungen nicht nur durch eine kleine Silbe, sondern sind ganz andere Worte: z.B. im Englischen Prayer - und Worship oder Adoration. Die Adoration ist allein für Gott reserviert und beinhaltet Hingabe und Verherrlichung Gottes - das auf Maria oder andere Heilige zu übertragen, wäre tatsächlich Blasphemie oder Vielgötterei.

b. Darf man überhaupt zu den Heiligen beten? — Maria und die anderen Heiligen und Seligen um Hilfe zu bitten, in Krankheit und Nöten - das ist in Ordnung. Genauso, wie wir lebende Menschen darum bitten können, für uns zu beten und uns zu beschützen, können wir auch die Verstorbenen darum bitten, von denen wir glauben, dass sie bereits bei Gott sind. Daran ist nichts Falsches.

Sogar schon im allerersten Glaubensbekenntnis, das auf die Apostel zurückgeht, ist von der Gemeinschaft der Heiligen die Rede. Wir sind also mit den Brüdern und Schwestern im Glauben verbunden - auch dann, wenn sie bereits diese Welt verlassen haben. Und wir dürfen uns auf die Solidarität derjenigen verlassen, die - egal zu welcher Zeit - an Christus geglaubt haben.

Katholiken beten also zu Maria und bitten sie um Hilfe - die vor allem in der Fürsprache bei Jesus besteht. Wenn man es genau versteht, dann bitten wir Maria, uns beim Beten zu Jesus zu helfen. Das zeigt auch das älteste Mariengebete (»Unter Deinen Schutz und Schirm«, vermutlich aus dem 3. Jahrhundert), das schon die allerersten Christen gebetet haben:

Unter Deinen Schutz und Schirm fliehen wir, heilige Gottesgebärerin. / verschmähe nicht unser Gebet in unseren Nöten, / sondern erlöse uns jederzeit von allen Gefahren. / O, Du glorreiche und gebenedeite Jungfrau, / unsere Frau, unsere Mittlerin, unsere Fürsprecherin, / versöhne uns mit Deinem Sohn, / empfiehl uns Deinem Sohn, / stelle uns vor Deinem Sohn. / Amen.

Wenn also Katholiken deutlich erklären, dass sie nicht Maria anbeten, sondern mit Maria sprechen, dann sollte man das ihnen auch glauben - selbst, wenn sie vor einem Marienbild oder einer Marienfigur knien. Letztlich knien sie gemeinsam mit Maria vor Gott.

c. Das Entzünden von Kerzen vor Marienbildern. — In der katholischen Kirche spielen Kerzen eine große Rolle; sie brennen nicht nur beim Gottesdienst, sondern auch vor Marienbildern, auf den Gräbern der Verstorbenen oder beim Gebet zuhause. Dabei sind die Kerzen ein Teil des Gebetes - wie es so schön auf den Kerzendepots in Lourdes heißt: »Das Licht dieser Kerze ist Zeichen meines Betens«.

Die Kerzen sind Zeichen meines Gebetes und gewissermaßen die Verlängerung. Keinesfalls ist aus dem Entzünden von Kerzen auf eine Anbetung zu schließen.

Da man beim Entzünden einer Kerze meistens einen kleinen Betrag für die Kerze bezahlt, spricht man auch vom Kerzenopfer. Anstatt seine Zeit zu opfern, opfert der Beter ein wenig Geld. Man sagt ja auch: »Time is cash - time is money« - »Zeit ist Geld«. Am schönsten ist es aber, mit der Kerze sowohl etwas zu spenden als auch zu beten. Doppelt hält besser.

2. Die Marienfeste

Im Leben der Kirche gibt es zahlreiche Feste, die auf Maria verweisen oder einladen, sich gemeinsam mit ihr zu freuen. Da Maria aber immer im engsten Zusammenhang mit ihrem Sohn gedacht wird, haben diese Feste auch immer einen »Jesus-Gedanken«.

a. Die biblischen Feste

Heute wird am 1. Januar als dem Oktavtag des Geburtsfestes Jesu das Fest von Maria als Gottesmutter (Theotokos) gefeiert (vor 1969 am 11. Oktober); ursprünglich war der 1. Januar dem Fest der Beschneidung des Herrn gewidmet - acht Tage nach dem Fest der Geburt Jesu. (Lk 2, 21)

Das Fest Maria Lichtmess heißt heute wieder Darstellung des Herrn. 40 Tage nach der Geburt Jesu, also am 2. Februar, waren Maria und Josef mit ihrem Sohn wieder im Tempel, um Jesus Gott zu weihen, wie es sich für den erstgeborenen Sohn gehört (Lk 2, 22). Gefeiert wird dieses Fest schon seit ca. 400 n. Chr., seit dieser Zeit sind auch schon Lichterprozessionen in Jerusalem bezeugt - wohl in Anspielung auf Lk 2, 32.

Am 25. März, also neun Monate vor dem Fest der Geburt Jesu (Weihnachten), feiert die Kirche das Fest der Verkündigung des Herrn - also die Szene, in der der Engel Maria die Geburt Jesu ankündigt und Maria vom Heiligen Geist schwanger wird (Lk 1, 26-38). Gefeiert wird dieses Fest schon seit 550 n. Chr.

Am 2. Juli wird die Heimsuchung Mariens gefeiert - der Besuch, den Maria bei Elisabeth abgestattet hat (Lk 1, 26). Dieses Fest gibt es erst seit 1263, gefeiert ursprünglich am ersten Tag nach Abschluss der Festoktav zur Geburt Johannes des Täufers am 24. Juni.

b. Die eigentlichen Marienfeste

Am 8. September - so schon die früheste Überlieferung - wurde Maria geboren. (Gefeiert seit dem 6. Jahrhundert n. Chr.)

Dem entspricht - neun Monate zuvor - die wunderbare Empfängnis Mariens (so der Name des Festes schon im 4. Jahrhundert) am 8. Dezember; heute feiern wir diesen Tag als das Fest der unbefleckten Empfängnis Mariens.

Am 15. August feiern wir das Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel. Zunächst wurde an diesem Tag der Tod Mariens gefeiert (Heimgang Mariens oder Dormitio - »Entschlafung«) - und das bereits kurz nach 431 n. Chr. Seit 602 n. Chr. ist dieser Tag bereits staatlicher Feiertag.

Acht Tage nach Mariae Himmelfahrt, am 22. August, feiert die Kirche das Fest Maria Königin (früher am 31. Mai). Nach alter Tradition ist Maria nicht nur die Erst-Erlöste, sondern auch die Vornehmste aller Erlösten - ausgedrückt als Königin. Früher wurde am 22. August das Fest des Unbefleckten Herzens Mariens gefeiert.

c. »Uneigentliche« Marienfeste

Einige Marienfeste sind aus historischem Anlass entstanden:

Am 11. Februar wird an die Erscheinung Mariens in Lourdes gedacht (seit 1907);

am Freitag vor Palmsonntag wurde der Sieben Schmerzen Mariens gedacht, das als Fest seit 1814 auf den 15. September gelegt wurde;

am 16. Juli feiert die Kirche ein Fest des Karmel-Kloster zur Ehren Mariens (Unsere liebe Frau vom Karmel);

und am 5. August das Fest zur Einweihung der bedeutendsten Marienkirche - der Santa Maria Maggiore in Rom;

am 12. September feiern wir das Fest Maria Namen - entstanden aus der als Wunder empfundenen Aufhebung der Belagerung Wiens durch die Türken (seit 1683);

dem ähnlich ist am 7. Oktober das Fest Unserer lieben Frau vom Rosenkranz als Dank für den Sieg bei der Seeschlacht von Lepanto (seit 1573 mit noch älteren Wurzeln);

zudem gibt es am 21. Oktober das Fest Unsere liebe Frau in Jerusalem, das an die Aufnahme der dreijährigen Maria in den Tempel erinnern soll (Opferung Mariens);

am Samstag nach dem 2. Sonntag nach Pfingsten wird an das Unbefleckte Herz Mariens gedacht (von 1944 bis 1969 am 22. August).

In Bayern wird am 1. Mai an die Patronin Bayerns gedacht (Patrona Bavariae).

Besonders der Mai (als Monat der aufblühenden Natur) und der Oktober (als Rosenkranzmonat) sind als ganzes marianisch geprägt.

3. Besondere Mariengebete und Marienbilder

a. Mariengebete

Das wichtigste Mariengebet ist das aus biblischen Motiven zusammengesetzte Gegrüßet seist Du Maria (Ave Maria). Zusammen mit dem Vaterunser, dem Ehre sei dem Vater und dem Glaubensbekenntnis bildet es den Rosenkranz.

Darüber hinaus gibt es die sogenannten Marianischen Antiphonen. Das sind Mariengebete, die z.T. deutlich mehr als 1000 Jahre alt sind und im Stundengebet der Kirche ihren Platz haben. Dazu gehören: Ave Regina coelorum, Salve Regina, Alma redemptoris Mater, das Regina coeli und das Sub tuum praesidium.

Auch der Angelus - ein Gebet, das zum Läuten der Kirchenglocken morgens, mittags und abends gebetet wird - ist stark marianisch geprägt.

Schließlich ist noch die Lauretanische Litanei zu nennen, die in Gebetsform die wichtigsten Namen Mariens, bzw. Titel oder Anrufungen aufzählt.

Auch andere Gebetsformen, wie z.B. der Kreuzweg, lassen sich mit Maria beten.

b. Marienbilder

In der Kunstgeschichte finden sich zahlreiche Marienbilder, die sich vornehmlich auf die biblischen Szenen beziehen (allem voran die Bilder der Geburt in Bethlehem und der Verkündigung durch den Engel Gabriel, danach die Kreuzigung mit Maria unter dem Kreuz), aber auch die thronende Maria, die uns ihren Sohn zeigt; eine Darstellung, die aus der Anbetung der drei Weisen aus dem Morgenland entstanden ist (also wieder eine biblische Szene). Maria wird sozusagen aus der Sicht der Hl. Drei Könige dargestellt.

Später wurde Maria losgelöst von jeder biblischen Szene als Mutter mit Kind dargestellt, dabei segnet entweder das Jesuskind auf ihrem Arm den Betrachter des Bildes (Segensbilder); oder Jesus schmiegt sich liebevoll an seine Mutter. Seltener findet sich auch das Bild von der stillenden Mutter (Maria lactans).

Mit dem Aufkommen der Marienerscheinungen, vor allem seit 1850, finden sich Mariendarstellungen, die den Erscheinungen Mariens nachempfunden sind (Lourdes, Fatima, Medjugorje) - oder sich auf ein geoffenbartes Bild beziehen (Guadaloupe oder die Wundertätige Medaille aus der Rue du bac in Paris).

c. Marienweihe. — Schließlich gibt es in der katholischen Kirche den alten Brauch der Marienweihe. Zum besseren Verständnis sollte man den Unterschied zwischen Segen und Weihe kennen (auch wenn die Begriffe nicht immer korrekt verwendet werden - selbst von Katholiken).

Ein Segen belässt den gesegneten Gegenstand in seiner alltäglichen Funktion und den gesegneten Menschen in seiner selbst gewählten Lebensweise; der Segen meint vielmehr, dass innerhalb der gewohnten Lebensumstände von Gott alles zum Guten geführt und Schaden abgewendet wird. Gesegnet werden kann alles - abgesehen von Dingen, die in-sich und ausschließlich moralisch verwerflichen Zwecken dienen (Schulen und Feuerwehrhäuser können gesegnet werden, Bordelle dagegen nicht; ebenso können Autos, Mähdrescher und Telefone gesegnet werden, aber keine Massenvernichtungswaffen).

Segnen kann übrigens jeder Christ - immer dann, wenn er für den Gegenstand oder die Person auch eine Verantwortung trägt; so kann die Mutter ihre Kinder segnen und die Eheleute einander, die Gemeinde dagegen wird vom Pfarrer gesegnet.

Die Weihe dagegen nimmt einen Gegenstand aus seiner alltäglichen Funktion heraus und reserviert ihn für besondere (meist gottesdienstliche, d.h. kultische) Zwecke. Ein Trinkgefäß wird zum Kelch, ein Gewand zum Messgewand, ein Kunstwerk zum Kreuz, zur Marienfigur oder zum Heiligenbild und eine Perlenschnur zum Rosenkranz. Ab der Weihe sollte der Gegenstand nicht mehr für jeden denkbaren und geeigneten Zweck verwendet werden (selbst, wenn ein Kreuz auch als Türstopper funktionieren würde): Aus Respekt vor dem Zweck, dem dieser Gegenstand gewidmet (geweiht) wurde. Nicht der Gegenstand selbst wird verwandelt, sondern seine Bestimmung.

Das gilt auch für die Weihe eines Menschen. In der sakramentalen Weihe (der Diakon-, Priester- oder Bischofsweihe) wird der Weihekandidat nun mit seiner ganzen Existenz in den Dienst der Kirche genommen; er wird nicht nur gesegnet, sondern geweiht. Neben der sakramentalen Weihe gibt es aber auch den Brauch der Marienweihe (und darüberhinaus die Weihe an das Herz Jesu, die Jungfrauenweihe und die Weihe zum Abt oder der Äbtissin). Die Marienweihe steht nicht in Konkurrenz zur Weihe des Christen an Christus, die durch die Taufe vollzogen wurde; die Marienweihe ist vielmehr eine bewusste Entscheidung, nicht für die Belange der Welt zu leben. Das Marienkind (so der übliche, etwas kitschige Ausdruck für jemanden, der sich Maria weiht), wird also nicht aus seinem Christsein, sondern aus seinem »in-und-für-die-Welt-sein« herausgelöst und bemüht sich nun, dem Beispiel Mariens folgen, die sich ganz und gar in den Dienst an ihren Sohn und seiner Erlösungstat hineingegeben hat.

Weihen kann normalerweise nur der Bischof vollziehen, so bei sakramentalen Weihen, aber auch bei Weihen für die Gottesdienste, wie z.B. Kelchweihe, Altarweihe oder eine Kirchweihe. Aber auch die Entgegennahme einer Selbstweihe (wie z.B. die Jungfrauenweihe) wird gegenüber dem Bischof vollzogen.
Gegenstände, die nicht dem Gottesdienst, sondern dem Leben der Gläubigen dienen, weiht dagegen auch der Priester: Kerzen, Rosenkränze, Kreuze und - vor allem - das Weihwasser, das die Grundlage für die Segnungen von Personen und Gegenständen darstellt.
Fazit

Im Leben der Kirche nimmt Maria eine wichtige Position wahr - sowohl im Festkalender als auch in der Liturgie, der Kunst und der Verkündigung. Ein näherer Blick auf diese Elemente zeigt, dass sie dort niemals ihre Bezogenheit auf Christus und sein Tun verliert.