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KARL-LEISNER-JUGEND |
Grundkurs des Glaubens - Sakramente - Wege des Heils
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I. Das Wesen eines Sakramentes | ||
1. Jesus Christus - Das Ursakrament | ||
2. Die Kirche - Das Grundsakrament | ||
3. Die Sakramente | ||
a. Die zwei Seiten des Sakramentes | ||
b. Gottes Bindung an Zeit und Raum - der Stein des Anstoßes | ||
c. Sakramente als Ermöglichung der Freiheit | ||
II. Die sieben Sakramente | ||
1. Eigenschaften der Sakramente | ||
a. Form und Materie | ||
b. Spender und Empfänger | ||
c. Häufigkeit des Empfangs | ||
2. Die Wirkung der Sakramente | ||
a. Initiationssakramente | ||
b. Die Standessakramente | ||
c. Die Sakramente der Heilung | ||
3. Im Zweifelsfall zählt der Glaube | ||
a. Die Begierdetaufe | ||
b. Die Bluttaufe | ||
c. Begierdebeichte, Begierdefirmung, Begierdekommunion... | ||
III. Die Sakramente in der Diskussion | ||
1. Verweltlichung: | ||
a. Die Aufhebung des Übernatürlichen und Herabstufung zu einem religiösen Zeichen | ||
b. Neuer Inhalt in alten Formen | ||
c. Zwischen Rigorismus und Ausverkauf | ||
2. Konzepte der Wirksamkeit | ||
a. Ex opere operato | ||
b. Ex opere operantis | ||
c. Ex opere operator | ||
3. Evangelische Vorbehalte | ||
a. Die Unverfügbarkeit Gottes - Widerspruch zum Sakrament | ||
b. Die Ablehnung jeder Religion | ||
c. Missbräuche |
Wir kennen religiöse Zeichen in allen Religionen und Konfessionen; Kerzen, Kreuze, Figuren, Zeichen und Symbole. Auch die Bibel als Buch wird nicht nur als Mittel zum Lese-Zweck gebraucht, sondern auch verehrt und geschmückt. Aber religiöse Zeichen sind etwas anderes als Sakramente: Wenn ich eine Kerze anzünde, kann sie mir ein Zeichen für Jesus Christus sein; sie leuchtet mir, strahlt Wärme aus, kann weitere Kerzen entzünden und verzehrt sich dabei wie Christus selbst. Wenn ich diese Kerze auspuste, bleibt Jesus Christus dennoch mein Licht und mein Strahlen. Die Kerze ist nämlich nur ein Zeichen für Gott - sie ist nicht Gott selbst. Oder das schöne Kreuz, das in meinem Zimmer hängt: Es erinnert mich an Jesu Tod und meine Erlösung; an Gottes Gegenwart auch im Alltag und bei mir Zuhause. Aber es macht keinen Sinn, das Kreuz in eine schalldichte Kiste zu legen, wenn ich mal so richtig sündig lästern will - Gott hört es dennoch. Denn das Kreuz ist nur ein Zeichen. Das Kreuz ist nicht Gott.
Bei den Sakramenten ist das anders. Da ist das Zeichen aus dieser Welt fest verknüpft mit dem Wirken Gottes. Wer sich taufen lassen will - und Gott und die Kirche wirklich liebt und dazu gehören will - aber sich zur Taufe in der Uhrzeit und der Kirche vertut und nicht erscheint, ist einfach nicht getauft.
Das klingt unglaublich. Und für nicht-katholische Ohren auch ziemlich arrogant. Aber wenn wir etwas darüber nachdenken, wird sich diese Sichtweise des Sakrament nicht als Anmaßung, sondern als Notwendigkeit herausstellen: Zur Wahrung der Freiheit des Glaubens.
Alles hat damit angefangen, dass Jesus Christus (Gott wie auch der Vater und der Geist) ein Mensch geworden ist. Damals hat sich Gott an einen Teil dieser Welt gebunden - und zwar unwiderruflich. Menschwerdung nennen wir das oder Inkarnation. Und damit haben wir schon kurz, knapp und dennoch ziemlich vollständig beschrieben, was ein Sakrament ist: Gott bindet sich an diese Welt. Gott bindet sich - unwiderruflich - an diese Welt; er will sie heiligen und lieben und in die vollkommene Gemeinschaft mit sich führen; aber um das zu erreichen, muss er sich auch ihrer Schlechtigkeit ausliefern. Die Menschen zur Zeit Jesu konnten ihn zwar sehen, hören und berühren - und ihn auch liebhaben - aber eben auch beleidigen, verspotten und verletzen. Gott hält das alles aus; er flieht nicht, wenn es unangenehm wird. Er blieb der Gott und Mensch Jesus Christus auch am Kreuz, als der Spott der Menschen und schließlich der Tod ihn traf.
Diese Verbindung Gott-Welt, die in Jesus Christus begann, hörte nicht mit dem Tod am Kreuz auf; der Herr Jesus blieb auch über den Tod hinaus mit seinem Leib und seiner Seele verbunden; er hielt den Tod aus, weil das Beste ja noch kam: Die Auferstehung Jesu. Denn auch nach der Auferstehung - der »Wiedervereinigung von Leib und Seele Jesu« - blieben in Jesus immer noch Gott und Mensch verbunden. Für Jesus war die Verbindung mit der Welt so wichtig, dass er sogar seinen Leib in seiner Himmelfahrt behielt. Ja - die bleibenden Einheit von Leib-Seele und Göttlichkeit Jesu ist der Himmel. Und wir dürfen daran Anteil haben. »Empfangt, was ihr seid: Leib Christi. Damit ihr werdet, was ihr empfangt: Leib Christi«.
In der Gemeinschaft der Getauften besteht die Verbindung zwischen Mensch und Gott fort. Die Kirche ist der unsichtbare Leib Christi.
Deshalb sprechen wir bei der allerersten Einheit von Gott und Mensch in Jesus von Nazareth vom Ursakrament; und in der fortbestehenden Verbindung von Gott und Mensch in der Kirche vom Grundsakrament. Wieder (oder immer noch) bleibt Gott dieser Welt unlösbar verbunden; auch wenn es diese Welt nicht versteht und würdigt. Gott verbindet sich tatsächlich unwiderruflich und endgültig in der Kirche mit den Menschen. Das bedeutet aber nicht, dass die Kirche deshalb nicht von dieser Welt ist - im Gegenteil: Die Kirche ist leider allzuoft allzumenschlich. Auch wenn Gott in ihr wirkt.
Denn auch in der Kirche wird Gott beleidigt, missbraucht, verunehrt und verspottet; die Kirche als Grundsakrament zu bezeichnen heißt nicht, alle Kirchenmitglieder heilig zu sprechen und alles in ihr zu verklären. Nein, die Kirche besteht aus Sündern, aus fehlbaren Menschen und manchmal auch aus regelrechten Bösewichtern. Aber dennoch hat sich Gott an sie gebunden - nicht wie in Jesus Christus als einem Einzelnen, sondern an die Gesamtheit der Getauften. Und in diesem Sinne, als Gemeinschaft der Glaubenden, ist sie heilig. Das gilt nicht etwa nur für den Papst oder andere Amtsträger. Es gilt vielmehr die Verheißung: »Wer Euch hört, der hört mich!« (Lk 10,16) für das Volk der Glaubenden, für alle Getauften. Deshalb wird auch die Taufe als Eingangssakrament bezeichnet.
a. Die zwei Seiten des Sakramentes. â Jedes Sakrament hat also - wie auch jede Medaille - zwei Seiten: Die göttliche und die menschliche Seite: Jesus war ein Mensch wie jeder anderer auch (außer der Sünde), und doch gab es ihn ihm die unsichtbare Seite: Er war gleichzeitig Gott. Die Kirche scheint aus der Perspektive dieser Welt ein Verein zu sein wie jede andere Religionsgemeinschaft, und doch gibt es in ihr die unsichtbare Seite: Sie ist gleichzeitig Gottes Wirken in der Welt - oder Gottes Volk. Die Taufe (und jedes andere Sakrament) scheint ein Zeichen zu sein wie viele andere (z.B. die Überreichung des Rathausschlüssels an den neuen Bürgermeister), und doch gibt es in ihr die unsichtbare Seite: In jedem Sakrament wirkt gleichzeitig Gott. Ja, jedes Sakrament ist gleichzeitig Gottes Wirken.
Dabei sind die beiden Seiten der Medaille nicht gleich groß; wir sehen zwar nur die eine, sichtbare Seite (das menschliche Gesicht Jesu, die menschliche Seite der Kirche, das sichtbare Zeichen der Sakramente), aber das unsichtbare ist unendlich größer, wichtiger und mächtiger. Deshalb glauben wir, dass auch der Mensch Jesus göttliche Wunder wirken konnte; wir glauben, dass die weltliche Institution der Kirche vom Heiligen Geist getragen niemals untergehen wird oder den Glauben verliert. Und wir glauben, dass Gott in den Sakramenten, obwohl es sich nur um einfachste Zeichen handelt, unverlierbares Heil wirkt.
b. Gottes Bindung an Zeit und Raum - der Stein des Anstoßes. â Dass Gott sich so sehr an diese Welt und auch an das Tun des Menschen bindet, ist mittlerweile zum Stein des Anstoßes geworden. Hieran scheiden sich evangelisch und katholisch (siehe auch Evangelisch-Katholisch: Der Unterschied), hieran scheiden sich die Befürworter und Kritiker der Kirche; hieran scheiden sich schließlich die Kirchenbesucher und die »Taufscheinchristen«.
Es scheint auf den ersten Blick auch seltsam: Da soll ein Mensch, der wirklich an Gott glaubt und ihn liebt, erst dann ein Kind Gottes werden, wenn er mit Wasser übergossen wird. Und was, wenn gerade kein Wasser vorhanden ist? Dann soll seine Gottesbeziehung daran scheitern? Daran entzünden sich die Geister, nicht erst in der heutigen Zeit.
Aber was für die Sakramente gilt, trifft ja auch auf die Menschwerdung Gottes in Jesus zu: Da soll jemand, der zulange am Jordan beim Kaffee gesessen hat und deshalb zu spät zur Brotvermehrung kam, Jesus - das heißt, Gott! - verpassen?
Unter uns: Nein, am mangelnden Wasser oder am langsamen Kellner im Hotel Jordan scheitert keine Gottesbeziehung. Die Sakramente sind gerade dafür da, dass alle (auch die, die am Jordan nicht dabei waren) Jesus begegnen können. Bedenklich wird es erst dann, wenn jemand ein Sakrament ignoriert, obwohl er es hätte empfangen können. Für tragische Fälle dagegen, bei denen der Sakramentenempfang unverschuldet nicht zustande kam, kennt die Kirche wunderbare Ausnahmen. Sogar für das Eingangssakrament, die Taufe - und auch für das Grundsakrament, die Kirche.
Wir hätten lieber eine ganz andere Religion: Eine, die nicht von historischen Ereignissen oder bestimmten Augenblicken abhängig wäre. Die Gnosis ist so eine angenehme Alternative; da geht es nur um überzeitliches Wissen. Für jeden zugänglich, jederzeit oder an allen Orten. Aber das Christentum ist keine gnostische Religion, keine Philosophie, keine Weltanschauung. Das liegt nicht so sehr daran, dass Gott irgendeine Abneigung gegen die Gnosis hätte - sondern einfach daran, dass wir Menschen in Raum und Zeit leben; wir sind raum-zeitliche Wesen. Alles, was wir tun, geschieht an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit. Was nicht lokalisierbar und datierbar ist, erscheint uns einfach nicht real. Mythen und Märchen haben zum Beispiel keinen Platz in Raum oder Zeit - sie sind ja auch nie passiert.
Gott aber ist real und lässt sich in unserer Realität erfahren. Deshalb ist das Christentum eine historische Religion - oder noch wichtiger: Eine persönliche Beziehung. Eine Beziehung ist aber nicht nur ein Gefühl, sondern eine Entscheidung.
c. Sakramente als Ermöglichung der Freiheit. â Das ist das Geniale an den Sakramenten: Sie ermöglichen eine Entscheidung. Natürlich - sie fordern diese Entscheidung auch, und das irritiert uns ein wenig. Aber das war bei Jesus damals auch so: Zunächst irritierte jeden Juden die Aufforderung, jetzt zur Hauptstraße zu kommen, weil sie sonst Gott verpassen würden. Ist denn Gott nur auf der Hauptstraße zu finden?
Aber umgekehrt hatte jetzt jeder die Möglichkeit, sich zu entscheiden, Nähe zu suchen oder sich zu entfernen.
Von einem Gott, der überall gleichermaßen ist, kann man sich nicht entfernen. Selbst, wenn man wollte, würde man ihn dennoch nicht los werden. Jemand, der (zumindest für einen Moment lang) Gott aus dem Weg gehen will, wird sich schnell unfrei und gefangen fühlen. Und jemand, der Gott leugnen will und sich von allem Göttlichem fern halten möchte, wäre tatsächlich unfrei und gefangen, wenn er keine Möglichkeit hat, seinen Nicht-Gott-Glauben auszudrücken.
Natürlich ist Gott tatsächlich überall. Aber damit wir wirklich mit Leib und Seele eine freie Entscheidung treffen können, erschafft uns Gott Heilige Orte, Heilige Zeiten und Heilige Handlungen. Erst dadurch haben die Möglichkeit, Gott frei zu begegnen - oder ihm aus dem Weg zu gehen. Erst durch die Menschwerdung in Jesus Christus haben wir die Möglichkeit, die Liebe zu Gott ganzheitlich auszudrücken - oder auch unseren Hass auf ihn. Wir können ihn lieben und hassen. Gottes Bindung an diese Welt in Jesus, in der Kirche und in den Sakramenten, ist die Ermöglichung eines freien, entschiedenen Glaubens.
Das Wesen eines Sakramentes besteht in der Einheit von sichtbarem Element und unsichtbarer Gnade. Diese Einheit ist zum ersten Mal durch die Menschwerdung Jesu realisiert (Ursakrament) und wird durch die Kirche (Grundsakrament) jedem Menschen als Heilmittel (Sakrament) angeboten. Durch die Bindung Gottes an konkrete Zeichen in dieser Welt wird Freiheit und Gottesbeziehung überhaupt erst möglich.
a. Form und Materie. - Das (sichtbare) menschliche Tun, an das Gottes (unsichtbares) Wirken geknüpft ist, darf aber kein rein alltägliches Zeichen sein. Wenn allein schon das Übergießen mit Wasser eine Taufe wäre, dann würden wir bei jeder Dusche zu Wiedertäufern.
Aber gerade das alltägliche Zeichen (zum Beispiel das Waschen - oder das Bereuen) empfiehlt sich besonders für die Sakramente, denn je einfacher und grundlegender, um so begreiflicher ist das Zeichen für alle Menschen, egal in welcher Kultur sie aufwachsen. Also hat sich Gott doch für die ganz einfachen Zeichen entschieden, die jeder Mensch in allen Teilen der Erde und zu allen Zeiten der Erdgeschichte begreifen kann. Und fügt, um aus dieser menschlichen Grunderfahrung das Sakrament zu machen, ein bestimmtes Wort hinzu - so wird das Zeichen eindeutig. Die beiden Seiten des Zeichen nennen die Theologen Materie und Form.
Zum Beispiel die Taufe: Das Übergießen mit Wasser allein ist also die menschliche Grunderfahrung, das schöne und sich selbst erklärende Zeichen. Zum Sakrament der Taufe wird das Zeichen aber erst, wenn dazu die richtigen Worte gesprochen werden: »Ich taufe Dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes«. Das Übergießen mit Wasser ist die Materie, die gesprochenen Worte sind die Form. »Tritt die Form zum Element, fertig ist das Sakrament!«
Meistens ist die Materie wirklich etwas Anfassbares (wie z.B. Wasser, Salbe oder Öl, Wein und Brot); aber nicht immer. Die menschliche Grunderfahrung bei der Beichte ist die Reue; kommt zur Reue die Lossprechung des Priesters, wird das Sakrament der Vergebung verwirklicht. Bei der Eheschließung sind nicht die Ringe die Materie (das Anstecken der Ringe ist wohl kaum eine menschliche Grunderfahrung); vielmehr ist die Liebe der Eheleute die Materie (förmlich gesprochen: Der geäußerte Ehekonsens), die durch die gesprochenen Worte »Ich nehme Dich an als meine Frau / meinen Mann« das Ehesakrament begründen.
Gerade an der Eheschließung erkennen wir auch, dass es sich bei den Worten nicht um eine Zauberformel handelt. Die Wortlaut selber darf variieren - so können die Eheleute die Vermählungsworte selber sprechen oder auf die Fragen des Priesters mit »Ja« antworten. Es geht vielmehr darum, dass die Liebe der Eheleute, die ja schon vorher vorhanden war, durch die gesprochenen Worte sakramental eindeutig wird.
Hier findet Ihr nun eine Übersicht, welches Sakrament aus welcher Materie und Form besteht:
Sakrament |
Materie |
Form |
Taufe |
Übergießen oder Untertauchen mit Wasser |
»Ich taufe Dich im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes« |
Firmung |
Salbung mit Chrisam auf die Stirn |
»Sei besiegelt mit der Gabe Gottes, dem Heiligen Geist« |
Eucharistie |
Brot und Wein |
»Dies ist mein Leib« |
Ehe |
Ehewillen (Liebe) |
Das Ja-Wort vor dem Amtsträger |
Weihe |
Handauflegung durch den Bischof |
Gebet des Bischofs |
Beichte |
Reue und Bekenntnis der Sünden |
»Ich spreche dich los von all deinen Sünden« |
Krankensalbung |
Salbung der Stirn und der Hände |
»Durch diese heilige Salbung helfe dir der Herr in seinem reichen Erbarmen, er stehe dir bei mit der Kraft des Heiligen Geistes: Der Herr, der dich von Sünden befreit, rette dich, in seiner Gnade richte er dich auf.« |
Wenn man es genau nimmt: Natürlich muss zur Materie und der Form auch noch die richtige Absicht (die Intention) kommen. Sonst würde ein gespielte Taufe im Theater oder Kino ja unerwünscht gültig sein. Der Spender der Taufe muss also die Absicht haben, das Sakrament zu spenden.
Oft verwechseln besorgte Katholiken die rechte Absicht mit dem rechten Glauben und haben Angst, dass Sakramente ungültig sein könnten, weil sie beim Spender einen unvollständigen oder nicht mehr ganz korrekten Glauben vermuten. Daher hier zur Beruhigung: Es geht bei der rechten Absicht nicht darum, dass der Spender des Sakramentes eine vollkommen richtige Auffassung von allen theologischen Bedeutungen des Sakramentes hat oder in vollkommener inhaltlicher Übereinstimmung mit der Lehre der Kirche steht. Das ließe sich ja niemals nachprüfen und würde die Gültigkeit aller Sakramente in Frage stellen.
Vielmehr dient die Forderung, ein Sakrament müsse in der rechten Absicht oder der Intention, »das zu tun, was die Kirche tut« gespendet werden, nur der Vermeidung, dass ein Sakrament versehentlich gespendet wird - zum Beispiel bei einer Übung im Priesterseminar oder im Religionsunterricht, bei Dreharbeiten oder Theateraufführungen. Eine simulierte Sakramentenspendung kann somit niemals gültig sein.
b. Spender und Empfänger. â Nicht immer kann jeder Christ ein Sakrament spenden oder empfangen. Dass manche Sakramente dem Priester oder sogar dem Bischof vorbehalten sind, hat sich zwar zumeist historisch entwickelt; dagegen sind die Sakramente, mit denen eine Sündenvergebung verbunden ist (die Beichte und Krankensalbung), deshalb dem Priester vorbehalten, weil dazu eine besondere Beauftragung durch Gott vorausgesetzt wird.
Bemerkenswert ist, dass jeder (!) Mensch taufen kann, selbst dann, wenn er selbst gar kein Christ ist und auch nicht werden will. Im Normalfall sollte aber der Pfarrer einer Gemeinde die Taufe vollziehen. Ebenfalls bedeutsam ist, dass das Ehesakrament nicht vom Priester, sondern von den Eheleuten selbst gespendet wird - der Priester (oder Diakon) ist nur ein besondere Zeuge, der allerdings nicht fehlen darf.
Sakrament |
Spender |
Empfänger |
Taufe |
Jeder (ordentlich: Diakon, Priester o. Bischof) |
Jeder Nichtgetaufte |
Firmung |
Bischof (außerordentlich: Priester) |
Jeder Getaufte ab 7 Jahren (in der orthodoxen Kirche auch früher) |
Eucharistie |
Priester |
Jeder vorbereitete Getaufte ab 7 Jahren |
Ehe |
Eheleute |
Jeder unverheiratete Getaufte |
Weihe |
Bischof |
Jeder männlich geeignete Getaufte |
Beichte |
Priester |
Jeder Katholik |
Krankensalbung |
Priester |
Jeder Getaufte in Lebensgefahr |
c. Häufigkeit des Empfangs. â Manche Sakramente kann man nur einmal im Leben empfangen, weil sie den Menschen ein-für-alle-mal verändern und mit Gott verbinden. Da Gott seine Zusage niemals zurücknehmen wird, können diese Sakramente nicht wiederholt werden. Das gilt z.B. für die Taufe und die Firmung, aber auch für die Weihe.
Die meisten Menschen werden vermutlich nur einmal heiraten; dennoch ist es durchaus möglich, dass man erlaubterweise weitere Ehen eingehen kann: Eine Ehe besteht nämlich nur bis zum Tod eines Ehepartners. Nach dem Tod eines Ehepartner kann der verwitwete Partner wieder heiraten.
Bei der Eucharistie ist zwischen dem Messbesuch und dem Empfang der Kommunion zu unterscheiden: Während jeder Katholik an allen Sonn- und Feiertagen die Messe mitfeiern soll, ist das Minimum für den Empfang der Kommunion »einmal jährlich«. Das Sakrament der Weihe gliedert sich in drei Stufen - somit kann zwar jeder Geweihte theoretisch dreimal geweiht werden (zum Diakon, zum Priester und zum Bischof); aber keine Stufe darf wiederholt werden - deshalb spricht man auch hier vom einmaligen Empfang.
Auch das Sakrament der Krankensalbung kann mehrfach empfangen werden. Natürlich dann, wenn lebensbedrohliche Situationen erneut eintreten; aber auch dann, wenn eine schwere Krankheit längere Zeit anhält oder eine Verschlechterung des Zustandes eintritt.
Sakrament |
Häufigkeit |
Taufe |
Nur einmal |
Firmung |
Nur einmal |
Eucharistie |
Mindestens einmal im Jahr, höchsten einmal am Tag, empfohlen: Wöchentlich |
Ehe |
Zumeist nur einmal, mehrfach nach Tod des Ehepartners |
Weihe |
Nur einmal |
Beichte |
Mindesten einmal im Jahr, höchstens einmal am Tag, empfohlen: Monatlich |
Krankensalbung |
Mehrfach (in schwerer Krankheit und Todesgefahr) |
Die sieben Sakrament können auch nach ihrer Wirkung gruppiert werden; so unterscheidet man die Initiationssakramente (Taufe, Firmung, Eucharistie), die Standessakramente (Ehe und Weihe) und die Sakramente der Heilung (Beichte und Krankensalbung).
a. Initiationssakramente. â Das sind die Sakramente, durch die wir in die Kirche (und somit in die Liebesgemeinschaft mit Gott) hineingeführt werden. An erster Stelle steht natürlich die Taufe, durch die wir Kinder Gottes werden; danach die Firmung, durch die wir (im Heiligen Geist) befähigt werden, unsere Gottesbeziehung auch nach außen zu bekennen und zu leben. Schließlich die Eucharistie, die unsere Gottesbeziehung am Leben erhält. Während wir nur einmal im Leben getauft und gefirmt werden, sollten wir den Leib Christi möglichst häufig empfangen. Denn die Eucharistie ist das Sakrament, das das Leben, das wir in Taufe und Firmung erhalten haben, nährt.
Auch, wenn die Reihenfolge Taufe - Erstkommunion - Firmung in unserer Zeit üblich geworden ist, in der Tradition der Kirche folgt auf die Taufe alsbald die Firmung. Der Höhepunkt der Einführung in die Gemeinschaft mit Gott ist und bleibt die Eucharistie.
Diese Reihenfolge ist noch erhalten, wenn sich Erwachsene taufen lassen: Dann erfolgen Taufe, Firmung und Kommunion in ein und derselben Feier der Eucharistie (idealerweise: der Osternacht). Es gibt durchaus auch Überlegungen, diese ursprüngliche Reihenfolge wieder herzustellen.
Die Eucharistie zählt dennoch zu den Eingangs- oder Initiationssakramenten - auch, wenn sie nicht nur im Kindesalter empfangen wird. Denn jede Kommunion führt uns immer tiefer in das Christ-sein hinein. Und immer neu.
b. Die Standessakramente. â Im Gegensatz zu den Eingangssakramenten stärken die beiden Standessakramente nicht die persönliche Gottesbeziehung der Empfänger, sondern versetzen diese in die Lage, andere zu stärken. Wie die Eheleute eigentlich einander in den Himmel helfen sollen, versucht das der Priester für seine Gemeinde. Die Standessakramente verleihen die dazu nötige Gnade. Durch diese Sakramente sind Priester und Eheleute nun »im Stande«, einander die Liebe Gottes zu schenken.
c. Die Sakramente der Heilung. â Eigentlich sind alle Sakramente mit einer heilenden Wirkung ausgestattet. Um nichts anderes geht es ja bei jedem Tun Gottes an uns: Uns zu heilen und uns Heil zu schenken. Aber bei der Beichte und der Krankensalbung befinden wir uns in Situationen besonderer Schwäche - entweder der Seele (Sünde) oder des Leibes (Krankheit). Beide Sakramente schenken uns in dieser Situation die Vergebung der Sünden, eine neue Ausrichtung auf Gott und vor allem die Kraft, die vor uns liegende Wegstrecke zu bewältigen.
Sakrament |
Wirkung |
Taufe |
Tilgung der Erbschuld, Annahme als Kinder Gottes, Eingliederung in die Kirche |
Firmung |
Stärkung mit der Gabe des Geistes |
Eucharistie |
Heiligung; Kräftigung der Beziehung zu Gott; Stärkung der Kirchlichkeit |
Ehe |
Verbindung der Eheleute; Bestätigung des Ehebundes; Befähigung, in der Ehe Gleichnis der Liebe Gottes zu sein |
Weihe |
Vollmacht zum Hirten (Gemeindeleiter - Seelenführer), zum Arzt (Sakramente spenden) und zum Lehrer der Kirche (Predigt, Katechese und Verkündigung) |
Beichte |
Vergebung der Sünden, Erneuerung der Taufgnade, Stärkung der Heiligkeit |
Krankensalbung |
Vergebung der Sünden, Stärkung der Heiligkeit, Kräftigung der Verbindung mit Gott |
Bei Markus heißt es: »Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden.« (Mk 16, 16) Es heißt nicht: »Wer sich nicht taufen lässt, wird verdammt werden...« und auch nicht: »Wer nicht glaubt und sich nicht taufen lässt...« Das hat die Kirche ernst genommen, und daraus geschlossen, dass im Zweifelsfall der innere Glauben zählt. Und sie hat deshalb zwei grundsätzliche Ausnahmen zugelassen: Die Begierdetaufe und die sogenannte Bluttaufe. Ausnahmen? Nein, sie sind mehr als das. Es handelt sich vielmehr um enorme Grundsatzentscheidungen!
a. Die Begierdetaufe. â »Wenn jemand, der sich auf die Taufe vorbereitet oder auch nur die feste Absicht hat, sich taufen zu lassen, vor dem Empfang des Sakramentes stirbt, dann gilt er für die Kirche als getauft.« Das klingt zunächst nach einer kleinen Ausweitung zur Beruhigung der Gemüter: Wenn jemand ohne eigene Schuld die Taufe versäumt, dann »wollen wir mal nicht so sein.« Aber diese Ausnahme offenbart etwas sehr Biblisches und Grundlegendes: Die Taufe ist die vollzogene Glaubensentscheidung - aber wesentlich für Gott ist der Glaube dahinter.
Das heißt nicht, dass die Taufe nur ein Zeichen ist, das man auch weglassen könnte. Nein: Sie ist der Vollzug der Entscheidung; erst durch das Sakrament wird die Entscheidung real. Ohne diesen Schritt würde es immer nur bei dem Willen zur Taufe bleiben - aber eben noch nicht zur Tat kommen. Wer weiß - vielleicht reicht der Wille auch gar nicht zur Tat?
Wenn nun aber der Entschluss vorhanden ist, widrige Umstände jedoch den Vollzug verhindern, so schaut Gott - und auch die Kirche - auf die Absicht. Natürlich ist der Kirche das Herz eines Menschen nicht wirklich bekannt, deshalb muss sie sich auf das beziehen, was als Willensbekundung bekannt ist. Aber Gott sieht tiefer; er sieht auch auf das Herz der Menschen, die sich taufen lassen würden, wenn jemand ihnen den Weg ebnete; wenn jemand ihnen das Sakrament erklären würde; wenn jemand mit ehrlicher Ergriffenheit von der Kirche erzählen würde...
Die Begierdetaufe ist nicht nur ein kleines Tor. Durch sie wird die Taufe - und damit auch der Himmel - grundsätzlich offen für alle Menschen, um deren Glauben niemand weiß als Gott allein.
b. Die Bluttaufe. â »Bluttaufe« - das klingt martialisch. Aber was damit gemeint ist, kommt leider öfter vor, als uns allen lieb ist: Dass jemand, der noch nicht getauft ist, für seinen Glauben (selbst, wenn er nur ansatzweise vorhanden ist) mit dem Leben bezahlt. (80 % aller Menschen, die heutzutage für ihren Glauben getötet werden, sind Christen!)
Nehmen wir zum Beispiel einen Urwaldeinwohner, der von einer Missionsstation hört, in dem ein Missionar von Gott erzählt. Dort will er hin und macht sich auf den Weg. Leider stellen sich ihm andere Mitglieder seines Stammes in den Weg und drohen, ihn zu töten, wenn er dorthin geht. Er hört nicht darauf - und wird ermordet.
Halten wir fest: Er ist weder getauft, noch weiß er, wie der christliche Glaube beschaffen ist; er kennt weder unseren Gott noch hat er etwas von der Taufe gehört. Aber da er mit seinem Blut für diesen Glauben bezahlt hat, glaubt die Kirche ihn als einen der ihren bei Gott im Himmel.
Auch die Bluttaufe ist nicht nur ein kleines Schlupfloch. Zwar sind die Fälle, in denen die Kirche die Bluttaufe ausdrücklich feststellen kann, eher selten. Denn die Kirche weiß normalerweise nichts von dem, was sich im Herzen der Menschen befindet, wenn es sich noch nicht zeigen konnte. Aber Gott kennt auch das Samenkorn des Glaubens, dass sich nicht entfalten konnte - selbst wenn es das kleinste aller Samenkörner ist.
c. Begierdebeichte, Begierdefirmung, Begierdekommunion... â Das, was wir soeben über die Taufe gesagt haben, gilt sinngemäß auch für die Beichte und die Kommunion (und die Krankensalbung und die Firmung)... Wenn es zum Empfang des Sakramentes nicht kommen konnte, obwohl der Entschluss dazu schon vorhanden war - und kein entsprechendes Versäumnis des Empfänger vorliegt - dann schaut Gott (und auch die Kirche - soweit möglich) nicht auf die fehlende Sakramentenspendung, sondern auf den vorhanden Glauben.
Grundsätzlich heißt das, dass alle, die sich wohlwissend gegen ein Sakrament entscheiden (oder eine Kenntnis über das Sakrament ablehnen), sich dafür auch vor Gott verantworten müssen. Es bedeutet aber auch, dass alle, die schuldlos durch äußere Umstände - aber auch durch unverschuldete innere Hindernisse, bspw. durch eine falsche Erziehung oder Gesellschaft - am Empfang der Sakramente gehindert wurden, deshalb nicht den Himmel verlieren.
Die Sakramente sind also zwar meistens notwendige und immer wunderbare Heilszeichen Gottes, die uns als freie Menschen mit Leib uns Seele Gottes Heil erfahren lassen. Sie grenzen aber nicht aus, auch wenn sie sehr wohl eine Entscheidung auch gegen Gott ermöglichen. Denn jedes Sakrament ist nur der Vorgeschmack für die eigentliche Begegnung mit Gott, die wir getrost als Himmel bezeichnen dürfen.
Die sieben Sakramente der katholischen Kirche sind in vielerlei Hinsicht genau und gut geregelt. Dennoch darf nicht vergessen werden, dass der Empfang eines Sakramentes dem Heil des Menschen dient - nämlich selbst zum Sakrament zu werden: Eine Einheit von Mensch und Gott, die die Eigenständigkeit Gottes und des Menschen wahrt.
In der Geschichte der Kirche wechseln sich Zeiten des intensiv und bewusst gelebten Glaubens mit Phasen des Glaubensschwundes ab; das ist nichts historisch Einmaliges, sondern wiederholt sich (leider) immer wieder. In solchen Epochen der Verweltlichung verschwindet der Glaube allerdings nicht einfach und vollständig, vielmehr löst sich als erstes die Beziehung zum Übernatürlichen und Unsichtbaren. Von den beiden Seiten (Gottheit und Menschheit Jesu Christi - weltliche und übernatürliche Seite der Kirche - sichtbare und unsichtbare Komponente des Sakramentes) hält der (ehemalige) Christ noch länger am sichtbaren und irdischen Anteil fest, obwohl sich der unsichtbare und übernatürliche Charakter im Bewusstsein der Gläubigen schon längst verflüchtigt hat.. Die verbleibenden »Hülsen« können - ihrer eigentlichen Dimension beraubt - entleert weiter existieren; oder sie werden mit neuen, rein menschlichen Inhalten gefüllt. Ich denke, in weiten Teilen unserer westlichen Kirche befinden wir uns in einer solchen Phase der Verweltlichung.
a. Die Aufhebung des Übernatürlichen und Herabstufung zu einem religiösen Zeichen. â In der ersten Bewegung eines sich verlierenden Glaubens wird aus einem Sakrament ein religiöses Zeichen - ein tatsächliches übernatürliches Geschehen und ein göttliches Handeln wird zunächst nicht mehr geglaubt und schließlich ausdrücklich abgelehnt. Aus der Taufe wird ein Willkommensfest für den neuen Erdenbürger (oder immerhin noch ein Dank an Gott für die glückliche Geburt und ein Segenswunsch); die Beichte wird zu einer psychotherapeutische Ersatzhandlung; die Krankensalbung zu einem psychosomatischen Placebo - und so weiter. Ich brauche das nicht weiter ausführen.
Zunächst mag das nur der Verlust der eigentlichen Dimension sein. Aber dieser Verlust bringt auch einen menschlich-profanen Vorteil mit sich: Nun ist das Sakrament nicht mehr notwendig-konstitutiv, sondern nur noch ein Ausdruck von religiösen oder menschlichen Regungen. Ein solcher Ausdruck ist schön - aber er kann auch entfallen oder in seiner Gestalt variieren. Man muss nicht mehr in die Kirche gehen, um verheiratet zu sein (»Wir brauchen eine solche Zeremonie nicht, um uns zu lieben!«); Kind Gottes ist man auch ohne Taufe und (vor allem) der Besuch der sonntäglichen Eucharistiefeier kann gegen einen Waldspaziergang getauscht werden; wenn dieser dann auch zu anstrengend ist, wird er schließlich durch ein kurzes Gedenken an den herrlichen Schöpfer beim Genuss des morgendlichen Kaffees ersetzt. So degeneriert das Sakrament zum religiösen Zeichen und anschließend zur bloßen Intention, um dann schließlich ganz zu verschwinden.
b. Neuer Inhalt in alten Formen. â Für uns Priester ist es zunächst kein besonderes Problem, wenn Gläubige um ein Sakrament bitten, aber von der großartigen und übernatürlichen Dimension nicht mehr wirklich überzeugt sind - oder vielleicht einfach noch nie etwas gehört haben. Es ist ja schließlich unsere Aufgabe als Lehrer und Katechet, die Unwissenden zu lehren und ihren Glauben zu stärken. Schwierig wird die Sakramentenspendung erst dann, wenn von denjenigen, die ein Sakrament empfangen wollen, die Leerstelle in ihrem Glauben neu besetzt wurde. Wenn aus dem Sakrament der Firmung ein Ritus der Mündigkeitsfeier (eine Art christliche Entlassfeier) geworden ist und es einige Eltern ablehnen, in dieser »Mündigkeitsfeier« das »bevormundende Glaubensbekenntnis« zu sprechen. »Die Firmanden sollen selber entscheiden, was sie glauben wollen. Ab der Firmung darf ihnen da keiner mehr hineinreden!«
Mit dieser Umwertung der Sakramente und schließlich auch des ganzen Glaubens haben wir unsere eigentlichen Schwierigkeiten. Hungrige Menschen sind schlechthin froh, wenn man ihnen etwas zu essen vorsetzt. Menschen, die unter selbstgewählter Fehlernährung leiden, sind der Horror aller Köche - nichts kann man ihnen recht machen.
Darin liegt die eigentliche Herausforderung einer erneuerten Sakramentenkatechese: Nicht die Wiederherstellung des vollen katholischen Glaubens durch eine entsprechende Glaubensinformation ist das Problem der heutigen Gemeinden, sondern die Überwindung eines profanen Ersatzglaubens, die Zurechtrückung umgedeuteter Begriffe und die Begegnung mit gelegentlich eindeutiger Ablehnung jeder tieferen und übernatürlichen Dimension des Sakramentes.
c. Zwischen Rigorismus und Ausverkauf. â Damit steht die Pastoral vor einer Herausforderung, die der Osnabrücker Pastoraltheologe Dieter Emeis schon in den 1980-er Jahre mit »Zwischen Ausverkauf und Rigorismus« betitelt hat. Die gleiche Spannung findet sich im Thema das nächsten Abends wieder, indem das II. Vatikanische Konzil die Eucharistie als »Quelle und Höhepunkt« beschreibt: Zum einen darf zum Empfang eines Sakramentes, zumal der Eucharistie, kein perfekter Glaube verlangt werden; ein vollständiger und lebendiger Glaube ist ja gerade erst die Frucht des sakramentalen Geschehens. Eine solche Hürde wäre potentiell unendlich (wann ist ein Glaube schon perfekt oder hinreichend? Wann könnte man je genug lieben?) und droht der Häresie des Pelagius zu verfallen. Zum anderen wäre ein voraussetzungsloser Ausverkauf der Sakramente nicht nur eine Entweihung des Heiligen, sondern auch gänzlich wirkungslos: Wer nicht glaubt (und vor allem: wer nicht glauben will!), empfängt jedes Sakrament vergebens.
Auf der anderen Seite ist diese Spannung für uns Menschen und für die Kirche nichts Ungewöhnliches. Wir sind es gewohnt, in vielerlei Hinsicht die Balance zu wahren (zwischen Werken und Glauben, Gottes- und Nächstenliebe, Schrift und Tradition...), ohne dass wir eine klare Linie ziehen könnte, in der sich das Gleichgewicht automatisch einstellt. Das gilt auch für die Sakramentenpastoral. Lediglich grobe Markierungen kann ich hier also geben: 1. Jeder Sakramentenempfang setzt die Offenheit für ein übernatürliches Geschehen voraus. Wer dieses ausdrücklich ablehnt, kann kein Sakrament empfangen. 2. Jeder Sakramentenempfang ist ein Erlösungsgeschehen. Wer ausdrücklich jede Erlösungsbedürftigkeit des Menschen ablehnt, kann kein Sakrament empfangen. 3. Wer (als Getaufter) um ein Sakrament bittet, sollte nicht auf »Glaubensdefizite« abgefragt werden - abgesehen von den notwendigen Klärungen z. B. beim Empfang des Ehesakramentes. 4. Wenn wesentliche Änderungen an der üblichen Form der Sakramentenspendung zur Bedingung gemacht werden (wenn z. B. die Lesung aus »Dem kleinen Prinzen« anstelle eines Schrifttextes gefordert wird), dürfte eine vertiefte Katechese angebracht sein.
Mit dem soeben Gesagten sind drei verschiedene Konzepte der Wirksamkeit der Sakramente verbunden, die ich hier kurz am Beispiel des Firmsakramentes illustrieren möchte.
a. Ex opere operato. â Die Diskussion um die Frage, wann das im Sakrament enthaltene göttliche Geschehen seine Wirksamkeit entfaltet, lässt sich in drei sehr ähnliche Formulierungen fassen. Der Ausdruck ex opere operato meint soviel wie »aus der Handlung heraus wirksam«. Demnach spiele dabei die Heiligkeit oder Würdigkeit des Spenders keine Rolle - wichtig sei lediglich, dass der Ritus der Sakramentenspendung korrekt vollzogen wird. Auf dem Konzil von Trient (1547) wurde beschlossen: »Wer sagt, durch die Sakramente des neuen Bundes werde die Gnade nicht aufgrund der vollzogenen (sakramentalen) Handlung (d.h. ex opere operato) verliehen, sondern zur Erlangung der Gnade genüge allein der Glaube an die göttliche Verheißung, der sei mit dem Anathema belegt.«
Das bedeutet für die Firmung, dass sich die Firmgnade nicht aus der Glaubensentscheidung der Firmlinge heraus ergibt, sondern ein Geschenk Gottes ist, dass durch den Vollzug der Firmhandlung (also der Salbung des Firmanden) geschenkt wird.
b. Ex opere operantis. â Dem gegenüber steht die Auffassung, die Wirksamkeit des Sakramentes ginge von der Heiligkeit der Beteiligten aus (operantis sind alle an der Handlung Beteiligten - sowohl der Spender als auch der Empfänger). Für das Firmsakrament hieße diese Auffassung, dass die Gnade des Firmsakramentes sich aus der Mündigkeit des Empfängers heraus speist - weshalb die Diskussion über das angemessene Firmalter gelegentlich so erbittert geführt wird. Natürlich gibt es ein Mindestalter für die Firmung (das laut Kirchenrecht bei 7 Jahre liegt); aber wenn die gnadenhaft Wirksamkeit des Sakramentes allein von der Qualität der vom Firmling getroffenen Glaubensentscheidung abhängt, wird die Altersfrage und die Auswahl des richtigen Firmvorbereitungskonzeptes zur Gültigkeitsfrage.
Die opere operantis-Variante beschreibt zudem gut das evangelische Sakramentenverständnis (vor allem in Bezug auf die Wandlung des Brotes im evangelischen Abendmahlsgottesdienst - dazu mehr am nächsten Abend), das sich inzwischen auch in einigen Teilen der katholischen Kirche etabliert hat: Das Sakrament sei vornehmlich Ausdruck einer Haltung, die der »Empfänger« des Sakramentes durch Katechese, Vorbereitung und vor allem die Gnade Gottes zur Feier des Sakramentes mitbringe. Alles, was in dieser Feier geschehe, geschieht durch den Glauben des »Empfängers«.
c. Ex opere operatoris. â Genaugenommen gibt es diese dritte Variante ex opere operatoris nicht - sie ist in der vorausgehenden Variante (ex opere operantis) mit eingeschlossen. Ich halte es jedoch für sinnvoll, die Wirksamkeits-Abhängigkeit vom Empfänger (z. B. dem Firmling) von der Wirksamkeit durch den Spender (dem »operator«, z. B. dem Bischof oder Priester) zu unterscheiden. Die dogmatisierte Formulierung ex opere operato richtete sich zunächst gegen die evangelische Auffassung, der Empfänger bewirke das Heil durch seinen Glauben; mitgemeint ist aber auch die (heute noch verbreitete) Auffassung, dass ein besonders heiliger Priester irgendwie »mehr« Gnade vermitteln würde. Die moderne, profanisierte Variante spricht einem medial besonders begabten Priester eine größere Wirksamkeit zu, vielleicht weil er in den Empfängern (oder der anwesenden Gemeinde) besonders intensive Gefühle hervorrufen könne (also ein Zusammenspiel von operator und operantis). Das ist abzulehnen - und würde jede Sakramentenspendung in letzter Konsequenz zu einer gigantischen Show verkommen lassen.
Die Dogmatisierung, dass die Gnade eines Sakramentes sich nicht aus der Würdigkeit der Beteiligten ergebe, wäre allerdings missverstanden, wenn damit ein liebloser und nachlässiger Vollzug gerechtfertigt werden soll (»Hauptsache, das Kind wird nass!«) - und genausowenig ist damit ein Verzicht auf die Vorbereitung der Empfänger gemeint. Selbstverständlich können ungläubige Spender eines Sakramentes und desinteressierte Empfänger die Mitwirkung mit der Gnade des Sakramentes hemmen oder gar verhindern - aber die Gnade selbst fließt davon unabhängig.
Die grundsätzlichen Differenzen zwischen katholischer und evangelischer Glaubenssicht habe ich bereits am 11. Abend besprochen oben beschrieben. Die Grundsatzentscheidungen der Protestanten haben in manchen Bereichen der Theologie erst spät zu Differenzen geführt (so z. B. in der Moral oder der Eschatologie); dagegen hat sich das Sakramentenverständnis schon in den Anfängen der Reformation deutlich auseinander entwickelt.
a. Die Unverfügbarkeit Gottes: Widerspruch zum Sakrament. â Der Grundansatz der protestantischen Theologie, die Wahrung der Unverfügbarkeit Gottes und seiner absoluten Jenseitigkeit, stehen im klaren Widerspruch zum katholischen Sakramentenverständnis, in dem Gottes Wirken definitiv an menschliches Handeln bindet - wenn auch in engen und definierten Grenzen. Dennoch: Dass Gott immer und jedesmal die Sünden eines Menschen vergibt, wenn der Priester die Absolution spricht, ist für einen wahrhaft lutherisch denkenden Theologen genauso abstrus wie die Behauptung, zur göttlichen Vergebung der Sünden sei ein menschliches Ritual einem Priester gegenüber notwendig.
So verwundert es nicht, dass in der Reformation die Siebenzahl der Sakramente zügig verringert wurde. Noch Luther selbst sprach von der Ehe als ein »weltlich Ding«, ebenso bald war die Beichte entsakramentalisiert. Als Frömmigkeitsübung existiert die Beichte zwar bis heute in der evangelischen Kirche (wenn sie auch kaum nachgefragt wird - ähnlich wie in der katholischen Kirche), aber sie hat keinen sakramentalen Charakter. Selbstverständlich geschieht auch dort Sündenvergebung - aber nicht aufgrund der dem Priester verliehenen Vollmacht und dem Lossprechungswort nach dem reuigen Bekenntnis des Beichtenden, sondern allein aus der im Glauben des Beichtenden angelegten Gnade.
Nicht lange danach wurde auch die Krankensalbung (aufgrund ihres ebenfalls sündenvergebenden Charakters) aus der Liste der Sakramente gestrichen; genauso wie schon zuvor die Priesterweihe und später auch die Bischofsweihe. Selbst die meist feierlich begangenen Konfirmation hat keinen sakramentalen Status mehr. Schließlich blieb nur noch die Taufe (die bis heute das einzige wirklich alle Konfessionen verbindende Sakrament ist) und bei den Lutheranern und den Unierten das Abendmahl (bei den Reformierten ist es lediglich ein Gedenken an das Tun Jesu).
b. Die Ablehnung jeder Religion. â Die Evangelikalen und Pfingstler machen kein Hehl daraus, dass sie jede Religion von Grund auf ablehnen; jede Religion sei das Bemühen des Menschen, sich vor Gott zu rechtfertigen. Das träfe ihrer Meinung nach vor allem auf die katholische Kirche zu (als »größte Sekte der Welt«) und im katholischen Glauben auf die Sakramente. Aus diesem Selbstverständnis heraus bezeichnen sich evangelikale Gruppen meist als überkonfessionell (so z. B. »Campus für Christus«).
Aber nicht nur die Evangelikalen haben diesen anti-katholischen Impetus, im Grunde ist der ganze protestantische Habitus eine Ablehnung der Vermengung von Göttlichem und Weltlichen, wie es die katholische Kirche munter glaubt. Leider schüttet diese Kritik das Kinde mit dem Bade aus: Da sich das katholische Sakramentenverständnis organisch und folgerichtig aus dem Kirchenverständnis (dem Grundsakrament) und dieses wiederum aus der Menschwerdung Jesu (dem Ursakrament) ergibt, führt eine Ablehnung der Sakramente in letzter Konsequenz auch zu einer Leugnung der Menschwerdung Gottes - oder doch zumindest zu einer Relativierung.
Das ist natürlich nicht erklärte Absicht unserer evangelischen Mitchristen - sie würden diesem Befund vehement widersprechen. Aber dieses Phänomen hatten wir schon am 11. Abend: Obwohl die evangelischen Theologen das allgemeine Priestertum als ihre ureigenste Errungenschaft hochhalten, haben sie es faktisch abgeschafft. Denn wenn der geweihte Priester kein Heil vermitteln kann, weil er eben nur ein Mensch ist und Gott sich nicht zwingen lässt, dann kann dies auch kein anderer Mensch. Dann gibt es also auch kein allgemeines Priestertum - weil es schlicht überhaupt kein Priestertum (abgesehen vom Hohenpriestertum Jesu) gibt.
c. Missbräuche. â Eine wesentliche Kritik sowohl von evangelischer Seite als auch aus der entgegengesetzten Richtung (z. B. der Piusbruderschaft Pius X.) richtet sich gegen die Missbräuche von Sakramenten.
Die Piusbrüder richten ihre Kritik vor allem gegen Abweichung von einem althergebrachten Messritus aus dem Jahre 1570; der neuer Messritus nach dem II. Vatikanischem Konzil wird als mangelhaft abgelehnt. Hinzu kommt, dass selbst von diesem »neuen Ritus, der neuen Messe« (die immerhin seit den frühen 70-er Jahren die ordentliche Messe der gesamten katholischen Kirche ist) in vielen Gemeinden ständig abgewichen wird, was von den Piusbrüdern wiederum dem neuen Ritus selbst angelastet wird. - Im Grunde ist diese Kritik aber durch die von Papst Benedikt XVI. verfügte Gleichberechtigung der neuen und alten Messe (jetzt ordentlicher und außerordentlicher Ritus genannt) hinfällig und zudem nie zentraler Punkt der Pius-Brüder-Konzilskritik gewesen. Bereits dem Gründer der Bruderschaft, Bischof M. Lefebvre, ging es weniger um die alte oder neue Liturgie, sondern um andere Bereiche der Theologie (wie z. B. die Religionsfreiheit und die Soteriologie).
Für die evangelische Theologie ist nicht der Missbrauch selbst, sondern die Tatsache, dass Missbrauch überhaupt möglich ist, ein Argument gegen die Sakramentenlehre - vor allem in Bezug auf die Sündenvergebung. Allerdings ist hier mit Missbrauch weniger die Abweichung vom vorgeschriebenen Ritus gemeint, sondern die Anwendung des sakramentalen Ritus ohne rechte Absicht - vor allem ohne rechten Glauben.
Noch heute hört man verkürzte Darstellungen wie: »Ach, die Katholiken haben es gut. Die gehen einfach beichten und können noch am gleichen Abend guten Gewissens neu sündigen...« Oder: »Wieviele Verbrechen aus Versehen vergeben wurden, weil der Beichtende sie verschwiegen oder vergessen hatte und trotzdem die Absolution bekam, weiß nicht einmal Gott.«
Auch der absichtliche Missbrauch des Sakramentes durch die Priester, die z. B. in der Beichte gegen Bestechung die Lossprechung verhökern oder aus Sympathie (mit dem Beichtenden) oder Antipathie (mit dem Geschädigten) wider besseren Wissens absolvieren, ist dem Protestanten Grund genug, ein solches Sakrament im Grunde seiner Existenz abzulehnen. »Gott lässt sich solcherweise nicht verzwecken!« Da ein solcher Missbrauch jedoch im Wesen des Menschen liegt und früher oder später sicherlich passiert, kann Gott sich nicht derart an den (fast schon magisch gedachten) Vollzug eines Rituals gebunden haben.
Auch hier haben wir die Antwort schon an verschiedenen Stellen gegeben: Genauso wie Christus sich in seiner Menschwerdung an die menschliche Natur gebunden hat und deshalb Spott, Hass und Missbrauch durch den Menschen auf sich nahm - genauso geht er die Selbst-Bindung an die Sakramente ein; wohlwissend, dass er auch hier missbraucht, verspottet und gedemütigt wird. Die kirchliche Ordnung bemüht sich nach Kräften, Sakramenten-Missbrauch wie z. B. die Simonie (die Spendung eines Sakramentes oder eines anderen geistlichen Gutes gegen Geld) zu verhindern und belegt solche Verstöße mit den strengsten Strafen. Dennoch: Unwürdig gespendete Sakramente wird es genauso geben wie unwürdige Priester, Bischöfe oder Päpste. Gott leidet darunter - aber wird sich von seiner Bindung an die sakramentale Handlung nicht lösen, ebensowenig wie Jesus vom Kreuz herabgestiegen ist. Zu unserem Heil.
Die Feier der Sakramente der katholischen Kirche ist immer wieder neu auszubalancieren: Weder ist die Feier Selbstzweck (ausufernde Erstkommunionfeiern) noch automatisch wirkendes Heilmittel (routinierter Empfang). Auch die Anforderungen an diejenigen, die um den Empfang eines Sakramentes bitten, sind dem Heil des Mensch zuliebe gut auszutarieren. Das ist eine bleibende Herausforderung der Kirche.