Ein Bischof wurde gefragt, was die Aufgabe der Kirche sei. Er antwortete:
«Am Rande eines Dorfes lebte eine einsame, arme, alte
Frau. Außer ihrer bescheidenen Hütte besaß
sie nur noch eine meckernde Ziege und einen kläffenden
Hund.
Eines Tages beschloss sie, wieder einmal ihre Freundin im Nachbarort zu besuchen.
In einem Blechgeschirr hatte sie sich ein paar Fleischstückchen angebraten,
die sie nach ihrer Heimkehr verzehren wollte. Bevor sie sich auf den Weg machte,
rief sie die Ziege und den Hund und ermahnte sie, ihrem Abendessen nicht zu
nahe zu kommen. Doch kaum war die alte Frau am Horizont verschwunden, begann
der Hund die Feuerstelle zu umkreisen, an dem warmen Topf zu schnuppern, und
alle guten Vorsätze waren vergessen. Schließlich erlag er der Versuchung,
kippte mit der Schnauze die Blechschüssel von den heißen Steinen
und labte sich an den köstlichen Fleischstücken.
Als die Frau müde und hungrig von ihrem Besuch zurückkam
und den leeren Topf im Sand sah, wurde sie sehr ärgerlich
und rief nach dem Hund und der Ziege. Die kamen, die Ziege kaute
noch an einem dürren Zweig, der Hund kroch eher vorsichtig
hinterher. "Wer von euch beiden hat mein Abendessen verschlungen?
", fragte sie erbost. Die Ziege meckerte verständnislos
und wippte mit dem Hals. Doch da kläffte der Hund und sagte:
"Schau nur, die Ziege war's, die kaut ja jetzt noch!"
Die alte Frau aber ahnte den Missetäter und drohte, sie
werde die Wahrheit schnell herausbekommen. Als sie einen Stock
hob, bekam der Hund es mit der Angst, jaulte laut auf und stob
schuldbewusst davon. Er rannte und rannte, bis ihn der Horizont
verschluckte.»
Hier machte der Bischof eine kleine Pause in seiner Geschichte, um dann mit einem verschmitzten Lächeln fortzufahren:
«Aufgabe der Kirche ist es nun, ihn nach Hause zurückzuholen:
Den Hund.»