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Wie der Tod blind wurde

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Wie der Tod blind wurde

Gott schickte eines Tages den Tod, um die Seele eines armen Mannes zu holen. Der hatte eine große Familie. Der Tod trat in das Haus und grüßte die Leute. „Gott segne Dich“, antworteten sie. Und die Mutter gab Befehl, den Besuch auf das Beste zu bedienen. „Lasst das“, sagte der Tod, „ich brauche das nicht, ich komme nur, um die Seele des Mannes zu holen, um sie zu Gott zu führen.“
Bei diesen Worten weinten die Frau und die Kinder gar bitterlich und warfen sich dem Tod zu Füßen: „Wenn unser Vater stirbt, wer wird uns ernähren, wer uns kleiden? Wir sind noch klein und können nicht arbeiten.“

Der Tod dachte, dass sie recht hatten, und ging wieder. Aber Gott rief ihn vor sich und sagte: „Wo ist die Seele des Mannes, um den ich Dich fortgeschickt habe?“

„Herr“, antwortete der Tod, „es scheint mir, dass dieser Mann doch besser bei seinen Kindern bleiben sollte, sie sind noch klein, und keines kann arbeiten.“

„Geh“, sagte der Herr, „steig hinab an die tiefste Stelle des Meeres und bring mir den Stein, den Du dort findest.“

Der Tod brachte den verlangten Stein, und Gott sprach zu ihm: „Schlag den Stein entzwei und sieh, was darin ist!“

Der Tod schlug den Stein entzwei, und heraus fiel ein kleines Würmlein.

Gott sprach: „Wer hat diesen Stein erschaffen?“

„Du“, sagte der Tod.

„Wer hat diesem Wurm das Leben gegeben?“

„Du, Herr!“

„Wenn ich diesem elenden Würmlein Leben und Nahrung gegeben habe auf dem Grund des Meeres, werde ich dann nicht auch für die Menschen sorgen?“

Gott verfluchte den Tod und sagte: „In Zukunft sollst Du blind sein, damit Du nicht siehst, ob die Menschen alt oder jung, reich oder arm sind. Du sollst taub und stumm sein, damit Du mit den Menschen nicht sprechen kannst. Du sollst unsichtbar sein, damit sie nicht erschrecken bei Deinem Anblick. Endlich sollst Du unbarmherzig sein, damit Du Dich nicht wieder erweichen lässt durch die Bitten der Menschen.“

Dann hauchte Gott den Tod an, und von diesem Augenblick an wurde er blind, taub, stumm, unsichtbar und unbarmherzig.

Bulgarisches Märchen