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Predigtvorschläge - 14. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr C)
1. Predigtvorschlag

von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink (erstellt: 2007)

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

„Freut euch darüber, daß eure Namen im Himmel verzeichnet sind.“ Mit diesen Worten wendet sich Jesus an jene 72 Jünger, die er ausgesandt hat, damit sie ihm in die Städte und Dörfer vorhergehen, in die er selber kommen will.
Die Jünger sind gerade eben zurückgekommen, denn sie haben ihren Auftrag erfüllt und konnten in Jesu Namen viel Großes und Wunderbares wirken: Sie heilten Kranke, verkündeten das Evangelium vom Reich Gottes und trieben Dämonen aus.
Es ist verständlich, daß sie nun bei ihrer Rückkehr voll Freude von ihren Erfahrungen und Erlebnissen erzählen. Sie sind stolz auf ihre „Erfolge“.
Jesus hört sich das alles geduldig an.
Dann aber belehrt er sie darüber, daß sich die Jünger all das Große nicht selber zuzuschreiben haben. Sie sind ja gesandt worden und haben in der Vollmacht dessen gewirkt, der ihnen den Auftrag gegeben hat. Ihre Kraft kommt von Gott allein. Der himmlische Vater hat im Heiligen Geist seinen Sohn in diese Welt gesandt; und der Sohn – Jesus Christus – sendet die aus, die er erwählt hat: die Apostel, die Jünger sowie alle, die an sein Wort glauben.
Die Jünger dürfen jetzt nicht beim Äußeren stehenbleiben, so großartig ihr Wirken auch war. Wesentlich ist nicht, daß ihnen die „Geister gehorchen“, sondern daß sie von Gott geliebt und erwählt sind, daß sie berufen sind, ins Reich Gottes einzutreten, daß ihre Namen „im Himmel verzeichnet sind“.
Liebe Brüder und Schwestern!
Von uns hat niemand die Gabe der Krankenheilung und des Wirkens von Wundern erhalten – und wenn dies so wäre, dann müßte dies von der Kirche erst geprüft werden –, wir dürfen aber die Worte Jesu an die Jünger in gewissem Sinn auch auf uns anwenden, wenn er sagt: Freut euch, daß eure Namen im Himmel verzeichnet sind!
Gottes Wille ist unser Heil, unsere Rettung. Dazu ist ja der Sohn Gottes Mensch geworden, und dafür ist er gestorben und auferstanden, um uns zu erlösen von allem Bösen.
Unsere Welt ist keine „heile“ Welt: es gibt die Sünde, das Leid, den Tod. Doch die Macht des Bösen ist ein für allemal gebrochen durch das Heilswerk des Erlösers, das er in Macht und Herrlichkeit vollenden wird, wenn er wiederkommt am Ende der Zeiten. Auch uns wurde das Reich Gottes verkündet
Und wir sind bereits eingetreten in dieses Reich durch die heilige Taufe, die wir empfangen haben. Freuen wir uns also, daß wir gleichsam jetzt schon „Himmelsbürger“ sind! Im Glauben gehören wir zu Jesus Christus, und diese Gemeinschaft verbindet uns auch untereinander in der von Christus gestifteten und vom Heiligen Geist geleiteten Kirche.
Freut euch, daß eure Namen im Himmel verzeichnet sind!
Liebe Schwestern und Brüder, mal ehrlich:
Freuen Sie sich wirklich darüber? Haben Sie sich jemals darüber gefreut? Kommt Ihnen das überhaupt einmal in den Sinn: Hurra, der Herr hat mich erlöst.
Den Christen wird oft vorgeworfen, dass sie nicht einen sonderlich frohen, erlösten Gesichtsausdruck haben. Und das stimmt auch wirklich zum Teil. Es gibt Vertreter des Christentums, des Katholizismus, die alles andere als Freude ausstrahlen, vielmehr ständig mosern, gegen den Papst, die Bischöfe, den Pastor usw.
Ihnen ist die christliche Freude verlorengegangen, weil sie sich zuwenig von der eigentlichen Botschaft des Evangeliums und der Kirche beeindrucken lassen und sich fast ausschließlich auf Nebenschauplätzen austoben.
Wir aber, wir sollten den Rat des Herrn hören und ernstnehmen:
Freut euch, daß eure Namen im Himmel verzeichnet sind!
Als ich die Pilger unserer Gemeinde aus Lourdes wiederkommen gesehen habe, da sah ich diese Freude aus den Augen blitzen. Diese Freude kam vom gemeinsam erlebten Gebet zusammen mit den anderen aus der Gruppe und den Kranken und all den Pilgern aus der ganzen Welt. Ich hoffe, dass die jungen Christen, mit denen ich gleich im Anschluß an die Messe nach Assisi wallfahren werde, ähnlich froh heimkehren werden.

Blicken wir noch einmal zurück auf die zweiundsiebzig Jünger, die Jesus ausgesandt hat! Welche Aussichten hat ihnen Jesus gegeben? Durften sie mit vorbehaltloser Anerkennung von Seiten der Menschen rechnen? Keineswegs! Die einen würden das Wort Gottes annehmen, die anderen es ablehnen und womöglich auch die Boten des Evangeliums schlecht behandeln. Der Jünger steht nicht über seinem Meister. Wie sie ihn verfolgt haben, so werden auch seine Jünger verfolgt werden. Wie sein Wort Aufnahme findet, so dürfen auch die Verkünder des Evangeliums Gehör und Annahme erwarten.
Wir alle, liebe Brüder und Schwestern, sollen durch unser Leben Zeugen der frohen Botschaft des Glaubens sein, die uns anvertraut worden ist. Es gehört mitunter Mut und Zivilcourage dazu, sich zum Glauben zu bekennen, wo dies aufgrund sogenannter „political correctness“ nicht erwünscht ist. Wenn wir aber nicht eintreten für die Werte, die uns als Christen verbinden, wer wird dann unsere Gesellschaft gestalten? Die Wölfe unter die wir gesandt worden sind, schlafen nicht. Der Teufel macht keinen Urlaub.
Eine „Zivilisation der Liebe“ läßt sich nur aufbauen auf dem Fundament des christlichen Glaubens, der nicht nur mit den Lippen bekannt wird, sondern auch in die Tat umgesetzt werden soll. Glaube und Leben müssen eine Einheit bilden!
Haben wir keine Angst, denn Gott ist bei uns. Seine Liebe trägt uns und wirkt in den Herzen der Menschen, die Gott im Heiligen Geist anruft, seine Botschaft im Glauben anzunehmen.

2. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2007)

Liebe Gemeinde!

„Homo homini lupus“ – „der Mensch ist für den Menschen ein Wolf“, so hat der Philosoph Thomas Hobbes gesagt und damit gemeint, daß die Menschen einander feindlich gegenüberstehen, weil sie um ihr Überleben kämpfen müssen und jeder dabei des anderen Konkurrent ist. Diese Wolfsnatur des Menschen lasse sich zwar zähmen, indem die Menschen sich einer höheren Autorität unterwerfen, die sie vor gegenseitigen Übergriffen schützt. Aber dennoch bleibe der Mensch im Grunde seines Wesens egoistisch und friedlos.

Ich glaube nicht, daß Hobbes damit das Wesen des Menschen richtig bestimmt hat, aber ganz unrecht hatte er wohl auch nicht. Im Licht der Bibel gesehen, trifft seine Beschreibung auf den Menschen zu, so weit er von der Sünde bestimmt ist. Sie kommt jedoch an ihre Grenze, sobald es um die Erlösung geht. Für Hobbes kann die Wolfsnatur nicht geheilt, sondern allenfalls gebunden und eingeschränkt werden. Das Evangelium Jesu Christi verkündet uns dagegen die Hoffnung auf einen Frieden, der aus einem erneuerten Herzen des Menschen kommt: nicht einen, „wie die Welt ihn gibt“. (Vgl. Joh 14,27)

Zwischen der Welt mit ihrem wolfsähnlichen, unfriedlichen Verhalten und dem Reich Gottes als dem Inbegriff des Friedens gibt es keinen kontinuierlichen Übergang, denn beide sind durch einen Gegensatz getrennt. Darum sendet Jesus seine Jünger mit den Worten aus: „Ich sende euch wie Schafe unter die Wölfe.“ Hier die Wölfe, d.h. diejenigen, die sich mit Gewalt und gegen die anderen das Überleben sichern wollen, dort die Schafe, d.h. jene, die ihr Leben allein von Gott erwarten und darum keine irdische Feindschaft mehr kennen. Ein ungleicher Kampf, möchte man meinen, von vornherein aussichtslos für die Schafe! Und doch stehen wir hier vor dem Geheimnis der Erlösung, das Thomas Hobbes anscheinend nicht kannte oder jedenfalls völlig verkannt hat. Der Apostel Paulus, der ungefähr 25 Jahre nach dem Kreuzestod Jesu seinen Brief an die Galater geschrieben hat, erklärt, wie das Kreuz Jesu tatsächlich die entscheidende Wende gebracht hat: die Wende in seinem eigenen Leben und die geschichtliche Wende zu einer neuen Epoche, die seitdem nach Christi Geburt gezählt wird.

Er schreibt: „Ich aber will mich allein des Kreuzes Jesu Christi, unseres Herrn, rühmen, durch das mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt. Denn es kommt nicht darauf an, ob einer beschnitten oder unbeschnitten ist, sondern darauf, daß er neue Schöpfung ist.“ (Gal 6,14f) Die Welt ist für den Apostel tot, die „alte Welt“ nämlich, in der die Menschen einander Wolf sind, die Welt, die sich nicht um Gott und seinen Willen kümmert, sondern nur um sich selbst. Dagegen steht die „neue Schöpfung“, die Gott eingeleitet hat, indem er Jesus, den Gekreuzigten, auferweckt hat. Auf diese neue Schöpfung kommt es allein an, denn nur sie hat auf ewig Bestand, während die alte friedlose Welt sich selbst zugrunderichtet. Für den Gegensatz von alter Welt und neuer Schöpfung gilt das Wort Jesu: „Wer sein Leben zu bewahren sucht, wird es verlieren; wer es dagegen verliert, wird es gewinnen.“ (Lk 17,33) Wer Wolf bleiben will, wird als Wolf sterben. Wer sich aber wie ein wehrloses Lamm den Händen Gottes anvertraut, der wird zwar wie alle anderen aus dem irdischen Leben scheiden, um dann jedoch das Leben in Fülle haben. (vgl. Joh 10,10)

Die neue Schöpfung ist freilich noch nicht in ihrer vollendeten Gestalt sichtbar, denn sie ist mit der alten gleichsam vermischt. Alte und neue Schöpfung sind wie Unkraut und Weizen durcheinander gemischt. Unsere Gesellschaft enthält neben den christlichen Werten, die sie über Jahrhunderte durchsäuert haben, noch viel Rücksichtslosigkeit, Brutalität und Ungerechtigkeit. Und auch in jedem einzelnen kämpfen gleichsam zwei Seelen in der Brust.

Die Aussendungsrede Jesu gibt uns eine Regel an die Hand, wie wir mit dieser Spannung am besten umgehen. Das erste, was die ausgesandten Jünger tun sollten, war, den Häusern, in die sie kamen, Frieden zu wünschen. „Und wenn dort ein Mann des Friedens wohnt, wird der Friede, den ihr ihm wünscht, auf ihm ruhen.“ (Lk 10,6) Zwar gibt es auch Ablehnung und Mißerfolg, aber wo Menschen für die Botschaft der Liebe eine gewisse Aufnahmebereitschaft zeigen, da wirkt der Segen wie eine Kraft, die die Wirklichkeit positiv verändert. Der Friede ist kein unerreichbares Fernziel, denn wir Christen sind mit dem österliche Frieden Christi beschenkt und werden es immer neu: „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden geben ich euch“ (Joh 14,27). Der Friede Christi kann und soll von uns, seinen Jüngern, ausströmen wie Wasser aus der Quelle, wie der Strahl aus der Sonne. Nicht immer erreicht er sein Ziel, oft versickert unsere Friedfertigkeit in der Bosheit der Umwelt, manchmal zischt es auf, wie wenn Feuer von Wasser getroffen wird. Aber oft erreicht er auch sein Ziel, kommt an und zeigt seine umwandelnde Kraft. So wie ein Lächeln fast unwiderstehlich ein anderes Lächeln herausfordert, so ruft der Christ, der im Frieden Christi ruht, bei seinen Mitmenschen ein freundliches Echo hervor.

„Ich sende euch wie Schafe unter die Wölfe.“ – Jesus ist uns vorangegangen als das Lamm, das unschuldig am Stamm des Kreuzes geschlachtet wurde. Seine wehrlose Ohnmacht war das größte Zeichen seiner Liebe. Er hat uns damit den schlimmsten Teil der Friedensmission abgenommen. Seitdem hat die Friedensbotschaft in aller Welt Gehör gefunden und ihre verwandelnde Kraft entfaltet. Wenn wir nur ein kleines bißchen Ehre haben, dann müßte uns dies herausfordern zu einem eigenen Zeugnis des Friedens – in der sicheren Hoffnung, daß dieses Werk alle Anstrengung lohnt.

3. Predigtvorschlag

von Pfr. Dr. Axel Schmidt (erstellt: 2004)

Liebe Gemeinde!

Wir kennen alle dieses Jesus-Wort: „Die Ernte ist groß, der Arbeiter sind wenige. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter in seine Ernte zu senden.“ Warum sollen wir Gott darum bitten?

Die Bitte ist eine der Weisen, wie Gott uns an seinem Heilswerk mitarbeiten läßt. Er will nicht alles allein tun. So hat auch Jesus nicht alles selber gemacht, sondern wir hören heute, daß er Boten vor sich her gesandt hat. Sie sollten ihm den Weg bereiten. Dann will er selbst dorthin kommen. Aber der Wegbereiter sind nur wenige. Darum sollen wir den Herrn der Ernte bitten, daß er immer wieder neue Arbeiter einsetze. Wir verstehen unmittelbar, daß in erster Linie wohl die Priester gemeint sind. Dennoch sind nicht nur sie allein gemeint, sondern jeder Christ kann und soll ein Wegbereiter des Herrn sein.

Was erwartet den, der sich allen Ernstes aufmacht, um das Reich Gottes anzukündigen? Jesus sagt: „Ich sende euch wie Schafe unter die Wölfe.“ Also nicht wie einen Wolf unter Wölfen, sondern wie das Lamm unter Wölfen. Wir kämpfen nicht mit den gleichen Waffen wie der Gegner, nicht mit Gewalt gegen Gewalt, mit List gegen List, mit größeren Finanzen, sondern mit der Waffe des Friedens, des Duldens und des Opfers. In manchen Ländern ist dies unmittelbar an der Lage der Kirche zu erkennen. Bei uns in Deutschland scheint es anders zu sein, hier ist die KirA?&?I?Ð???????†?che vom Staat anerkannt und prägt die Gesellschaft mit. Aber das ist doch nur der erste Eindruck. Unter der Oberfläche sehen wir doch die Anfeindung, den Spott und die Ausgrenzung.

Da ist die Versuchung groß, sich zu verstecken, sozusagen ein Wolfsgewand überzulegen und vielleicht sogar mit den Wölfen zu heulen. Einige, die sich Christen nennen, haben dies getan, indem sie in das Wolfsgeheul gegen die Kirche mit eingestimmt haben – oft sogar mit dem Anspruch, besonders mutig zu sein. Aber ist der Wolf mutiger als das Schaf? Und wenn sich das Schaf als Wolf verkleidet, dann ist es höchstens listig, aber nicht mutig.

Wir wissen aus der Bibel, daß Jesus sich einerseits als Hirte für seine Schafe verantwortlich fühlte; daß er sich andererseits selbst unter die Wölfe begab und sein Leben hingab, wie ein Lamm, das geschlachtet wird. Er hat uns sozusagen das Schlimmste abgenommen. Aber wenn wir nur ein kleines bißchen Ehre haben, dann darf es uns die Möglichkeit, abgelehnt zu werden, nicht schrecken und zum Schweigen verführen. Ohne unser Zeugnis kann Jesus sein Reich nicht in unserer Welt aufbauen. Wenn die Schafe den Mut verlieren, gibt es bald nur noch Wölfe.

4. Predigtvorschlag

Als Jünger Jesu damals und heute unterwegs - Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Haben Sie in diesem Sommer auch eine Reise vor? Machen Sie es sich bequem: Sie haben die Wahl zwischen Bus, Flugzeug, Auto oder Schiff. An Komfort mangelt es nicht. Als wir vor zwei Wochen nach Lourdes gefahren sind, stand uns ein Reisebus zur Verfügung, dessen Anschaffung soviel gekostet hat wie ein Einfamilienhaus.

Trotzdem ist das Reisen auch heute noch anstrengend und nicht frei von Risiken und Gefahren. Wer in den Osten fährt, zum Beispiel in die Ukraine, und dazu den Zug nimmt, dem steht ein besonderes Erlebnis bevor: nicht nur wegen der langen Dauer, sondern auch wegen der Prozedur an der Grenze. Dort müssen nämlich alle Waggons von Normal- auf Breitspur umgebaut werden. Die Waggons werden angehoben und ein komplett neues Fahrgestell wird darunter angeschraubt. Erst dann kann die Reise weitergehen.

Machen wir jetzt einfach das gleiche: Stellen wir unsere Gedanken um von Schmalspur auf Breitspur, von den alltäglichen kleinen und großen Sorgen, die jeder hierher mitbringt, und von unseren wichtigen und weniger wichtigen Beschäftigungen auf die breite Spur, die Jesus seinen Jüngern mitgibt: er sendet sie aus und schickt sie mit einer besonderen Botschaft zu den Menschen in der Umgebung: mit der Botschaft vom Reich Gottes, das euch nahe ist, mit der Botschaft von der Ernte, die groß ist, aber für die leider nur wenige Arbeiter zur Verfügung stehen. - Das ist sozusagen die Breitspur des Evangeliums Jesu. Auf die sollen wir uns einlassen.

Diese Botschaft, mit der die Jünger loslaufen, ist so wichtig, daß sie sogar die Mahnung mitbekommen: "Grüßt niemand unterwegs!" (Lk 10,4). Nun, hier in Westfalen scheint es recht viele zu geben, die dieses Wort aus dem Evangelium kennen und danach handeln: sie scheinen es immerzu sehr eilig zu haben und kennen keinen links und rechts, der ihnen begegnet. -- Nein, im Orient, in der Umwelt Jesu, bedeutet Grüßen noch viel mehr, als sich nur die Tageszeit zu sagen oder mit halbvollem Mund "Mahlzeit" zu murmeln. Grüßen, das ist im Orient etwas besonders Wichtiges und für den Austausch unter den Menschen unerläßlich. Grüßen, das ist etwas, wofür man sich Zeit nehmen muß. Man läuft nicht weiter, sondern bleibt stehen, unterhält sich, tauscht Neuigkeiten aus, bereitet Geschäfte vor, debattiert und redet über sich und andere.

Und all das wird den Jüngern von Jesus einfach untersagt.

Ist das nicht ein Widerspruch? Die Jünger sollen doch gerade zu den Menschen gehen und bei ihnen sein. Warum dann nicht grüßen, nicht Freundlichkeiten austauschen, nicht plaudern? - Darauf kann es nur eine Antwort geben: weil die Zeit extrem knapp ist. Die Zeit läuft uns davon, denn: "Das Reich Gottes ist euch nahe" (Lk 10,9). Das ist die wichtige Botschaft, um die es geht und die allen Einsatz und alle Mühe lohnt. Das heißt: die Jünger sollen sich nicht mit Nebensächlichkeiten und Belanglosigkeiten aufhalten. Sie sollen zur Sache kommen. Und die Sache, um die es geht, ist Gott selbst. Gott und sein Reich. Der Himmel, der auf die Erde herabkommt. Nicht mehr und nicht weniger.

Jetzt sind Sie vielleicht enttäuscht. Und Sie könnten sagen: Der Himmel und das Reich Gottes - schön und gut. Aber ich habe jetzt meine Sorgen und Probleme. Mit denen muß ich hier und jetzt klarkommen. Was hilft mir dann, wenn da einer kommt und mir vom Reich Gottes erzählt?
Schauen wir einmal genau hin: Die Jünger empfangen, genau besehen, einen besonderen Auftrag mit einer klaren Abstufung: sie sollen in die Städte und Häuser der Menschen gehen. Sie sollen essen und trinken, was man ihnen vorsetzt. Und dann sollen sie zweierlei tun: sie sollen die Kranken heilen. Und dann sollen sie den Leuten sagen: "Das Reich Gottes ist euch nahe."

Ist das nicht genau das, was auch unserer Zeit nottut? Die Kranken, das sind ja nicht nur die Pflegebedürftigen, die Bettlägerigen und Alten. Das sind vor allem die, die in ihrer Seele nicht mehr ein und aus wissen, die keinen Sinn mehr sehen, die kein Ziel mehr vor Augen haben. Ihnen mitzuteilen: Gott ist euer Heil, das Reich Gottes kann nicht Wirklichkeit werden ohne dich, und jedes Leben hat seinen unbedingten Sinn - das ist etwas Heilsames und Gutes, das aufrichtet und neue Zuversicht schenkt, die wir heute so nötig brauchen.

"Macht euch keine Sorgen ... euch muß es zuerst um sein Reich und seine Gerechtigkeit gehen, dann wird euch alles andere dazugegeben", sagt Jesus in der Bergpredigt (Mt 6,31.33). Einer, der diese Botschaft immer wieder vorlebt und uns zeigt, wie konkret und wie befreiend und verwandelnd diese Botschaft ist, ist unser Papst, vor allem auch auf seinen Reisen in die Länder, in denen die Menschen in ihrer Würde und in ihrem Dasein bedroht sind. Er tut genau das, was Jesus im Evangelium von den 72 Jüngern forderte: er spricht ganz einfach vom Reich Gottes und erschließt gerade dadurch den Menschen einen neuen Horizont, der ihnen in den vergangenen Jahrzehnten so oft verschlossen geblieben war. Und so stellt er das Leben dieser Menschen, um wieder das Bild vom Anfang zu gebrauchen, gewissermaßen wieder auf eine breite Spur, auf die Spur Jesu Christi, mit dem Gottes Reich zu uns Menschen gekommen ist.

5. Predigtvorschlag

Liebe Schwestern und Brüder!

«Ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe.» Das traf sicherlich auf die damaligen Christen zu, die ja bekanntlich von den Juden und den Römern und - ab und zu - auch von den Griechen verfolgt wurden.
Man hat es aber auch danach noch oft schwer gehabt als Christ, bis auf den heutigen Tag. Und wenn wir Christen nicht gerade von feindlichen Mächten verfolgt und unterdrückt werden - wie im Sudan z.B. -, dann suchen wir uns eben neue Wölfe: Dann sind es eben die kirchlichen Amtsträger, vor allem der Papst, die einem das Leben schwer machen.

Und damit die Schafe sich gegen die Wölfe auch zur Wehr setzen können, werden Erklärungen verfasst, «Kirchenvolksbegehren», es werden Kölner Erklärungen, Luzerner Erklärungen und gott-weiß-was-für-Erklärungen abgegeben. Die Schafe sind ja schließlich mündige Christen.
Ihnen allen gemein ist die verbreitete Meinung, dass die Wölfe, unter die wir armen Christen gesandt sind, vor allem in der - römischen - Kirchenleitung sitzen.

Ach, wie schlecht geht es uns doch! Wie sollen wir denn auch mit diesen vielen überholten Vorschriften noch unsres Glaubens glücklich werden? Zölibat, Empfängnisverhütung, Ehemoral, Bischofsernennungen, Auseinandersetzung mit Theologen wie Drewermann, Ranke-Heinemann oder Küng (lang ist's her) nehmen den mündigen Christen die ganze Freude an der Kirche und am Schafsein.

Mit Neid schauen wir deshalb auf die jungen Kirchen in Südamerika, Afrika, Ozeanien oder Asien. Was für eine Lebensfreude und Glaubensfreude sie an den Tag legen! Was für eine lebensfrohe und glaubensfrohe Kirche! Man könnte fast meinen, sie hätten einen anderen Papst.
Warum ist dort die Freude noch vorhanden? Die leben ja nun wirklich wie Schafe unter Wölfen, die jeden Augenblick über sie herfallen können - und das ja auch leider oft genug tun.
Liebe Schwestern und Brüder!

In der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts leitete Romano Guardini seine Vorlesung über die Kirche mit dem berühmt gewordenen Satz ein: Die Kirche erwacht in den Seelen gerade der jungen Menschen.» Heute scheint allerdings eine genau entgegengesetzte Tendenz am Werk zu sein: Die Kirche droht gerade in den Herzen der jungen Menschen zu sterben.
Das erste, was dabei stirbt, ist die Freude. Die Freude am Leben, die Freude am Glauben, die Freude in der Kirche - gerade die Elemente, die wir bei den jungen Kirchen so bewundern.

Und ich habe manchmal den ganz starken Verdacht, als wenn die ganze Kritik an der Kirche, ihre Weltfremdheit und ihr Machtgehabe nichts anderes ist, als eine dürftige Entschuldigung dafür, dass wir unsere Freude verloren haben.

Aber - warum stirbt die Freude in der Kirche zunehmend? Oder - anders gefragt - woher kommt denn die Freude, von der z.B. am Ende des heutigen Evangeliums die Rede ist? Die 72 Jünger, die Jesus auf vollkommen undemokratische Weise ausgesucht und ausgesandt hat, haben mit Sicherheit Ablehnung und Gleichgültigkeit, ja, sogar Haß sie erfahren. Aber die Freude haben sie nicht verloren - im Gegenteil: Sie kehren zurück und berichten voll Freude von dem, was sie erfüllt: Den Heilungen, den guten und helfenden Wirkungen, die sie den Menschen bringen durften.

Denn wahre Freude, so können wir von den 72 Jüngern Jesu lernen, ergibt sich nicht aus erfüllten Forderungen oder gewonnenen Kämpfen: «Freut euch nicht darüber, dass euch die Geister gehorchen, sondern freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel verzeichnet sind», weil ihr den Menschen Friede, Heilung - ja, euch selbst gebracht habt.

Vielleicht wäre das ein erster Schritt, die Freude am Glauben wiederzufinden: Wenn wir weniger Erklärungen abgeben und weniger «Begehren» veröffentlichen würden, wenn wir uns weniger bemühen würden, «mündigen Christen» zu sein, sondern vielmehr «tätige Christen».

Fürbitten